Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Dez. 2018 - L 7 AS 977/18 B ER

bei uns veröffentlicht am05.12.2018
vorgehend
Sozialgericht München, S 41 AS 2407/18 ER, 16.10.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg.) Leistungen nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Am 20.09.2018 beantragte der 1988 geborene alleinstehende Bf. beim Bg. Leistungen nach dem SGB II. Dazu gab der Bf. am 20.09.2018 das Hauptantragsformular zur Beantragung von Leistungen nach dem SGB II, die Anlage zur Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (Anlage KdU), den Mietvertrag sowie ein Mieterhöhungsschreiben seiner Vermieterin vom 22.06.2018 persönlich beim Antragsgegner ab. Aus den vorgelegten Unterlagen ergab sich, dass der Bf. seit 16.10.2017 im Leistungsbezug nach dem Arbeitslosengeld I steht und eine ca. 54 qm große Zweizimmerwohnung bewohnt, für die er monatlich insgesamt 680,00 EUR zahlt (535,00 EUR Grundmiete, 110,00 EUR Nebenkosten, 35,00 EUR Kfz-Stellplatz).

Als der Bf. bei seiner Antragsabgabe am 20.09.2018 in einem Gespräch mit der zuständigen Teamleitung des Bg. gebeten wurde, seinen Personalausweis sowie eine Meldebestätigung vorzulegen, verweigerte er dies und wollte wissen, aus welchen Vorschriften sich eine solche Verpflichtung ergebe. Er erklärte ferner, er erkenne die „BRD“ nicht in den aktuellen Grenzen an. Hierüber wurde ein Gesprächsvermerk angefertigt und zu den Akten genommen.

Mit Schreiben vom 20.09.2018 übersandte der Bg. dem Bf. die vorgelegten Antragsunterlagen, da diese nicht vollständig seien. Zwingend seien beizulegen

- Kopie des Lichtbildausweises,

- aktuelle Meldebestätigung,

- Kontoauszüge der letzten drei Monate.

Am 08.10.2018 stellte der Bf. Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München. Er befinde sich in einer schweren existenziellen Notlage und benötige dringend Hilfe zur „Lebenserhaltung und zur Abänderung und Vermeidung schwerwiegender Schäden in seinem Wesen und sonstigen Nachteilen“. Er habe alle notwendigen Daten an den Bg. übermittelt.

Mit Beschluss vom 16.10.2018 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Der Bf. habe weder einen Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Es fehle an einem Anordnungsgrund, weil es der Bf. selber in der Hand habe, durch Vorlage der vom Bg. angeforderten Unterlagen eine unverzügliche Prüfung seines Antrags herbeizuführen.

Auch sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden. Aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Bf. könne nicht geprüft werden, ob der Bf. zum berechtigten Personenkreis des SGB II gehöre. Leistungen könnten nicht an beliebige nicht identifizierbare Personen erbracht werden, so dass grundsätzlich der Nachweis der Identität durch Vorlage des Personalausweises erforderlich sei. Hierzu sei der Bg. berechtigt, die Vorlage eines Personalausweises zu verlangen (vgl. LSG Baden-Württemberg Urteil 17.05.2018 L 7 AS 4682/17 und LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.05.2014, L 31 AS 762/14 B ER). Auch könnten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. nicht überprüft werden, nachdem dieser die angeforderten Kontoauszüge der letzten drei Monate nicht vorgelegt habe.

Für die Zeit vor Antragstellung beim Sozialgericht am 08.10.2018 könnten Leistungen ohnehin nicht erbracht werden.

Hiergegen hat der Bf. Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Zur „Begründung mit Glaubhaftmachung“ führt der Beschwerdeführer unter dem Namen „, Herr der angedichteten Person A.“ u. a. aus:

„Der Schutzbefohlene wird seit September 2018 in seiner Daseinsberechtigung und somit in seiner unantastbaren Würde sowie seinem unverletzlichen und unveräußerlichen Grund- und Menschenrecht schwerstens von den genannten Restschuldsubjekten (Jobcenter Ebersberg, Sozialgericht München) behindert und beeinträchtigt, wodurch dem Leistungsberechtigten eine grundrechtsverletzende Benachteiligung entgegen Art. 3 Grundgesetz in der Daseinsvorsorge entsteht. Der Grundrechtberechtigte muss zwangsweise sich verschulden, um eine langfristige Beeinträchtigung im Mietverhältnis abzuwehren, da er sonst seine Aufenthaltsräume verliert und von Obdachlosigkeit bedroht wird sowie körperliche Schäden im Notstand durch Unterversorgung an sich abzuwenden. Ohne Versorgung kann ein existenzielles Dasein in der Daseinsberechtigung gewährleistet werden, womit auf Dauer geistige, seelische und körperliche Schäden entstehen und eine Gefahr von langfristiger Behinderung droht … Die Rechtsschuldsubjekte Jobcenter Ebersberg und Sozialgericht München verweigern sich ihrer vertraglichen völkerrechtlichen Pflichten gemäß dem Recht der Verträge SR-0.111 i. V. m. Art. 25 EG, Art. 73 UN-Charta und Art. 1, 132 bis 149 Genfer Abkommen IV nachzukommen, obwohl die Interessen der Einwohner des Hoheitsgebietes Vorrang haben und diese auf das Äußerste gefördert werden müssen sowie … geschützte Personen in der Freilassung, Heimschaffung und Hospitalisierung besonders zu behandeln sind.“

Weiter führt der Bf. in seiner Beschwerdeschrift aus, er fordere „eine einstweilige Schutzverfügung vom Bayer. Landessozialgericht gegenüber dem Sozialleistungsträger, um die Viktimisierung des Betroffenen durch Aussetzung und Behinderung im Vollzug seines Völkerrechts und seines Lebens zu stoppen, um damit weitere Gefahren und Bedrohungen abzuwenden“. Die Beschwerdeschrift endet mit einer handschriftlichen Unterschrift "„unter dem Hinweis “ von Zittau, der geistig-lebendige Mensch, der ich bin! Herr über die Person A.“.

Der Bg. hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zutreffend hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes abgelehnt. Die Beschwerde wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts München zurückgewiesen und gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Begründung abgesehen.

Anzumerken ist noch Folgendes:

Der Bf. hat am 20.09.2018 beim Bg. einen wirksamen Antrag gestellt, über den der Bg. noch zu entscheiden haben wird. Denn die Verweigerung einer Identitätsfeststellung führt nicht automatisch dazu, dass es sich um einen unzulässigen Antrag handelt (vgl. aber BSG Beschluss vom 06.02.2018, B 5 1/17 BH Rz. 5 zu der Mindestanforderung eines Antrags im gerichtlichen Verfahren). Vielmehr muss eine Behörde bei wirksamer Antragsstellung trotz verweigerter Identitätsfeststellung gegebenenfalls Leistungen versagen (so auch der Sachverhalt in den Entscheidungen LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.05.2018, L 7 AS 4682/17 und LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.04.2014, L 31 AS 762/14 B ER). Hierzu ist von der Behörde ein ordnungsgemäßes Verfahren zum Erlass eines Versagensbescheids durchzuführen, bei der der Bf. nochmals Gelegenheit hat, die angeforderten Unterlagen vorzulegen.

Der Bf. wird seinen Identitätsnachweis führen müssen, damit der Bg. die Identität des Bf. prüfen (zur Bedeutung der Identitätsfeststellung für die Leistungserbringung vgl. BSG Beschluss vom 06.02.2018, B 5 12/17 BH einerseits, zur Notwendigkeit von Leistungen „in Höhe des unabweisbar Gebotenen“ bei fehlender Identitätsfeststellung BSG Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R andererseits; vgl. auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.05.2018, L 7 AS 4682/17 Rz 37 zur Verweigerung von Leistungen im Rahmen der erstmaligen Identitätsfeststellung und Rz 38 ff, wenn letztlich keine Zweifel an der Identität eines Antragsstellers bestehen) Der Bf. wird auch eine Meldebescheinigung vorlegen müssen, damit der Bg. seine örtliche Zuständigkeit feststellen kann.

Der Bf. wird vor allem aber auch die Kontoauszüge der letzten drei Monate vor Antragstellung vorlegen müssen. Ohne die Vorlage der angeforderten Kontoauszüge ist eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit des Bf. nicht möglich.

Sollten die Kontoauszüge trotz aller Bemühungen des Bg. vom Bf. nicht vorgelegt werden, wird der Bg. zu prüfen haben, ob er anstelle eines Versagensbescheides einen Ablehnungsbescheid erlässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Bf. mit seinem Begehren erfolglos blieb.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17

bei uns veröffentlicht am 17.05.2018

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Tatbestand   1 Zwischen de

Bundessozialgericht Urteil, 12. Mai 2017 - B 7 AY 1/16 R

bei uns veröffentlicht am 12.05.2017

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 23. März 2016 wird zurückgewiesen. A

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Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Versagung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015 streitig.
Der 1964 geborene Kläger lebt zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen 2007 und 2010 geborenen Kindern L. und Y.. Die Ehefrau und die Kinder sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Im Mai 2011 beantragte der Kläger für sich, seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder Leistungen nach dem SGB II. Hierbei legte er seinen am 22. Oktober 2002 durch die Stadt B. ausgestellten, bis 21. Oktober 2012 gültigen deutschen Personalausweis vor. In der Folgezeit bezog der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt wurden ihm auf den Weiterbewilligungsantrag vom 21. Mai 2014 mit Bewilligungsbescheid vom 26. Mai 2014 und Änderungsbescheid vom 22. August 2014 vorläufige Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis 30. November 2014 bewilligt.
Mit Schreiben vom 10. November 2014 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von 200,00 EUR als Zusatzbedarf für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kindern L. und Y. oder ersatzweise die Ausstellung entsprechender Gutscheine. Mit Bescheid vom 18. November 2014 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2014 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 4. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben (S 3 AS 3065/14).
Ab Sommer 2013 führten die Schreiben des Klägers u.a. folgenden Briefkopf:
„A.: a. d. H. K. mit Familiennamen G.
Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen
Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)
Für mich gilt das Völkerrecht auf Basis Artikel 25 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949.“
Am 29. Mai 2014 legte der Kläger einen am 8. April 2014 von der „administrativen Regierung Freistaat Preußen“ ausgestellten „Staatsangehörigkeitsausweis“ vor. Am 14. November 2014 stellte der Kläger für sich und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beim Beklagten den Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 1. Dezember 2014. Mit Schreiben vom 18. November 2014 forderte ihn der Beklagte zur Vorlage von Personalausweisen bzw. Reisepässen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf. Für den Fall, dass die genannten Dokumente nicht bis zum 25. November 2014 vorgelegt würden, seien die Geldleistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen. Vorgelegt wurden daraufhin die russischen Personenstandsdokumente der Ehefrau und der beiden Kinder; der Kläger legte lediglich eine Kopie seiner Geburtsurkunde vor. Mit Schreiben vom 21. November 2014 erklärte der Kläger, aus Gründen völkerrechtlicher Vereinbarungen nicht der Meldepflicht und auch nicht einer Personalausweispflicht zu unterliegen.
Mit Bescheid vom 25. November 2014 und Änderungsbescheid vom 2. Dezember 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015, wobei für den Kläger lediglich die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt wurden, nicht jedoch Leistungen für den Regelbedarf.
Mit weiterem Bescheid vom 25. November 2014 versagte der Beklagte dem Kläger den Regelbedarf für Dezember 2014 bis Mai 2015. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei aufgefordert worden, seinen Personalausweis vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, indem er lediglich einen „Staatsangehörigkeitsausweis des Freistaates Preußen“ sowie einen nicht beglaubigten Auszug aus dem Geburtenregister der Stadt W. vorgelegt habe. Die eingereichten Unterlagen stellten nicht den erforderlichen Identitätsnachweis dar. Die Vorlage eines Identitätsnachweises in Form der Vorlage des Personalausweises sei eine stillschweigende Anspruchsvoraussetzung im SGB II. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Der Anspruch auf den Regelbedarf bleibe deshalb solange versagt, bis er einen Identitätsnachweis vorlege, der den Anforderungen des Mitwirkungsschreibens vom 18. November 2014 i. V. m. § 1 Satz 2 Personalausweisgesetz (PAuswG) entspreche. Die Entscheidung beruhe auf §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Das in § 66 Abs. 1 SGB I eingeräumte Ermessen sei dahin ausgeübt worden, dass das öffentliche Interesse an der Rechtmäßigkeit der Verwaltung und einer ordnungsgemäßen Entscheidung höher bewertet werde als die Belastung des Klägers. Es widerspräche dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung und dem Einsatz von Mitteln der Grundsicherung für Erwerbsfähige, wenn dem Kläger Leistungen gewährt würden, ohne dass seine Zugangsvoraussetzungen für einen Leistungsbezug im Sinne des SGB II geprüft werden könnten.
Hiergegen legte der Kläger am 2. Dezember 2014 Widerspruch ein mit der Begründung, eine Personalausweispflicht bestehe nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die Vorlage eines Identitätsnachweises sei eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorausgesetzte Anspruchsvoraussetzung. Die Identität des Widerspruchsführers sei keinesfalls eindeutig nachgewiesen. Insbesondere genüge die Vorlage einer nicht beglaubigten Geburtsurkunde nicht als Identitätsnachweis. Die Erbringung von SGB II-Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen sei vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt. Dadurch, dass kein Identifikationsnachweis vorgelegt worden sei, sei die Existenz des Widerspruchsführers auch nicht eindeutig nachgewiesen. Deutsche Staatsangehörige müssten ab Vollendung des 16. Lebensjahres einen Ausweis zur Feststellung der Identität besitzen. Dies ergebe sich aus § 1 PAuswG. Er diene der Feststellung der Person im Sinne des § 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde – hier dem Jobcenter – vorzulegen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 PAuswG). Der Kläger habe bislang auch keinen ausreichenden Identitätsnachweis vorgelegt. Einen solchen stelle insbesondere der von der „administrativen Regierung des Freistaates Preußen“ ausgestellte „Staatsangehörigkeitsausweis“ nicht dar. Es reiche zum Nachweis der eigenen Identität nicht aus, dass man von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten hergestellte Schriftstücke übersende, die die „Staatsangehörigkeit“ zu einem nicht existierenden Land behaupteten.
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Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 10. Dezember 2014, beim SG Konstanz am 12. Dezember 2014 eingegangen, Klage erhoben (Az. S 3 AS 3177/14). Der Kläger hat ein von ihm verfasstes, an die „Firma Bundesverwaltungsgericht“ adressiertes Schreiben vom 30. Dezember 2014 vorgelegt, in welchem u. a. ausgeführt wird, von den Mitarbeitern der „privaten Firma Bürgermeisteramt B.“ sei die Rückgabe und Vernichtung der Personalausweise gemäß § 27 Abs. 11 PAuswG wegen ungültiger Erklärungen im Sinne von § 28 Abs. 12 i. V. m. § 5 Abs. 2 Nrn. 1 und 10 PAuswG und die unwiderrufliche Löschung der erhobenen personenbezogenen Daten nach §§ 4, 4a, 20 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gefordert worden. Er hat dort weiter vorgetragen, weder der Personalausweis noch der deutsche Reisepass seien ein Nachweis über den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Abs. 1 Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 oder der Staatsangehörigkeit zu den Bundesstaaten nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949. Sie begründeten lediglich die Vermutung, dass der Ausweisinhaber die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Tatsächlich sei dies aber rechtlich nur möglich über einen Staatsangehörigkeitsausweis. Da die Bundesrepublik Deutschland als „Verwaltung der Vereinten Wirtschaftsgebiete ausweislich des Firmenregisters mit der Registrierungsnummer X Hauptverantwortlicher J. G. mit der (SIC) Nr. Y Geschäftssitz: Platz der Republik 1 in 11011 Berlin“ eine private Firma sei, gebe sie folgerichtig Personalausweise aus, die nicht den Menschen, sondern die juristische Person titulierten, ohne dass damit eine Staatsangehörigkeit bescheinigt werde. Da er jedoch Mensch und kein Personal einer privaten Firma sei, bestehe er auf seinem Völkerrecht und allen seinen Abstammungsrechten und fordere nach der Rücknahme auch die Vernichtung der ihm unter Täuschung im Rechtsverkehr als behauptete amtliche Dokumente aufgenötigten Dienstausweise der „privaten Firma“ unter Verletzung der genannten Pflicht. Er fordere die unverzügliche Abmeldung der „privaten Firma“, der er fristlos gekündigt habe. Dazu gehöre auch die Information des Einwohnermeldeamts, dass er jetzt nicht mehr deutsch sei und somit entsprechend der Genfer Konventionen, unter deren Schutz stehend, die gleichen Rechte garantiert bekomme wie die Ausländer auch, die nachweisen könnten, dass sie als Staatsangehörige eines Drittstaats unter dem Schutz der Genfer Konvention stünden; dazu gehöre das bedingungslose Grundeinkommen nach der Haager Landkriegsordnung (HLKO), welches die wissenden Ausländer selbstverständlich alle vom Sozialamt gezahlt bekämen, so wie es die „BRD“ im Pakt für bürgerliche und politische Rechte garantiert habe. Weiter vorgelegt wurde eine „Generalanordnung“ der „administrativen Regierung Freistaat Preußen“ vom 13. Dezember 2014, auf die Bezug genommen wird.
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Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 hat der Kläger erneut den „Staatsangehörigkeitsausweis“ des „Freistaates Preußen“ vom 8. April 2014, einen unter dem gleichen Datum ausgestellten „Heimatschein“ des „Freistaates Preußen“ für den Aufenthalt im Ausland, sowie erneut eine Geburtsurkunde vorgelegt.
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Der Kläger hat weiter ein an die „private Firma Staatsanwaltschaft Abteilung Wirtschaftskriminalität“ K. gerichtetes Schreiben vom 24. Februar 2015 vorgelegt, in welchem er u. a. ausgeführt hat, er sei nach den für ihn gültigen Gesetzen als Staatsangehöriger eines Bundesstaates nach Artikel 116 Abs. 2 GG, und zwar des Bundesstaats „Freistaat Preußen“, ordnungsgemäß bei der für ihn zuständigen Verwaltung des „Freistaats Preußen“ gemeldet. Eine Begründung mit Vorlage der Gesetze, welche den Mitarbeitern des Jobcenters und des Sozialamtes die an ihm angeführten Straftaten, Rechtsübertretungen und Eigenermächtigungen erlaubten, sei nicht nachgewiesen. Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte vollziehe eine Rechtsbeugung durch Verlangen eines Personalausweises, der rechtlich für Staatsangehörige nach Artikel 116 Abs. 1 GG Anwendung finde. Er sei nachweislich Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 GG in Verbindung mit Artikel 25 GG Völkerrecht und weder berechtigt noch befugt, den Ausweis zu tragen.
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Am 10. August 2015 hat der Kläger eine beglaubigte Kopie seines am 6. Dezember 2006 ausgestellten, bis 5. Dezember 2016 gültigen deutschen Reisepasses vorgelegt. Der Beklagte teilte ihm daraufhin mit, die Kopie des Reisepasses stelle keinen gültigen Identitätsnachweis dar und sei somit auch kein gültiger Nachweis über die Staatsangehörigkeit. Der Kläger wurde aufgefordert, den gültigen Reisepass im Original vorzulegen.
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Mit Schreiben vom 14. Februar 2016 hat der Kläger vorgetragen, er habe seinen entgegengesetzten Willen nach Artikel 116 Abs. 2 des „(Militär-)Grundgesetzes“ für die Bundesrepublik Deutschland erklärt, alle invisiblen Verträge gekündigt und seine wahre Staatsangehörigkeit nach Abstammung, gemäß Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) 1913, hier „Freistaat Preußen“ als Gliedstaat des Deutschen Reiches/Kaiserreich, angenommen. Entsprechend § 5 EGBGB gehe seine Rechtsstellung als Staatsangehöriger des „Freistaats Preußen“ und somit als Deutscher vor.
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Im Februar 2017 hat der Kläger einen von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass mit der Nr. Z vorgelegt. Ausweislich der in den Akten befindlichen Kopie ist dieser am 18. Januar 2017 mit einer Gültigkeit bis 17. Januar 2018 ausgestellt worden. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er habe im Rahmen einer Auslandsreise für seinen Arbeitgeber einen vorläufigen Reisepass beantragen müssen, die Botschaft in Ungarn habe ihm diesen nach kurzer Bestätigung seiner Wohngemeinde am gleichen Tag ausgestellt. Es sei deshalb nicht verständlich, dass es ihn nicht gegeben haben solle. Der Beklagte hat hierzu vorgetragen, an seiner Rechtsauffassung ändere sich durch die Vorlage des vorläufigen Reisepasses nichts, da das anhängige Klageverfahren den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 betreffe.
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Mit Beschluss vom 9. Mai 2017 hat das SG Konstanz die Rechtsstreitigkeiten S 3 AS 3177/14 und S 3 AS 3065/14 unter dem Aktenzeichen S 3 AS 3065/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
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Der Beklagte hat vorgetragen (Schriftsätze vom 11. Mai 2017 und 19. Juni 2017), im streitgegenständlichen Zeitraum habe kein gültiges Ausweisdokument vorgelegen, sodass in dieser Zeit weder die Identität noch die Staatsangehörigkeit des Klägers habe geklärt werden können, da dieser ja selbst in seinem Schreiben vom 2. März 2015 angegeben habe, nicht fälschlich die Nationalität bzw. das Adjektiv „deutsch“ zu besitzen, sondern Angehöriger des „Freistaates Preußen“ zu sein. Der Kläger habe selbst angegeben, dass er seinen alten (abgelaufenen) Personalausweis wegen Rechtsungültigkeit bzw. falscher Eintragungen der Gemeindeverwaltung B. zurückgegeben habe. Eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auf der Grundlage eines abgelaufenen bzw. zurückgegebenen Personalausweises sei ausgeschlossen, wenn selbst der Kläger angebe, dass die Eintragungen im Personalausweis fehlerhaft seien. Zur Klärung der Anspruchsberechtigung nach dem SGB II sei es außerdem zwingend erforderlich, dass die Staatsangehörigkeit nachgewiesen sei. Diese sei aber keinesfalls geklärt, nachdem der Kläger selbst angegeben habe, nicht die Nationalität „deutsch“ zu besitzen. Die erforderliche Mitwirkung habe der Kläger erst im Februar 2017 mit der Vorlage des vorläufigen Reisepasses und des dadurch erfolgten Nachweises von Identität und Staatsangehörigkeit nachgeholt. Bei Erlass des angefochtenen Bescheides sei damit weder die Identität noch die Staatsangehörigkeit des Klägers nachgewiesen gewesen.
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Mit Gerichtsbescheid vom 10. November 2017 hat das SG Konstanz den Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben und im Übrigen die Klagen abgewiesen. Hinsichtlich des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die Kinder des Klägers als Geldzuschuss oder Gutschein sei die Klage jedenfalls unbegründet, da hierfür keine Rechtsgrundlage existiere. Die geltend gemachten Leistungen seien von der Regelleistung umfasst. Gegenstand des Klageverfahrens sei weiter der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014. Die Bewilligungsbescheide vom 25. November 2014 und 2. Dezember 2014 seien nicht Klagegegenstand. In zeitlicher Hinsicht sei der Streitgegenstand befristet auf den vom Beklagten verbeschiedenen Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015. Für den Folgezeitraum habe der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015 die Gewährung der Regelleistung an den Kläger versagt. Dieser Bescheid sei nicht angegriffen und somit bestandskräftig geworden. Die Klage sei unzulässig, soweit mit ihr die Gewährung der Regelleistung nach § 20 SGB II geltend gemacht werde. Der vorliegende Versagungsbescheid könne allein mit der isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angefochten werden. Die Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Es könne dahinstehen, ob der Kläger durch Vorlage eines gültigen Reisepasses Anfang Februar 2017 seine Mitwirkungspflicht nachgeholt habe, da bereits in der unterlassenen Vorlage eines gültigen Personalausweises im streitigen Zeitraum keine Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I liege. Weder im SGB I noch im SGB II habe der Gesetzgeber die Pflicht eines Antragstellers normiert, einen Nachweis seiner Identität zu erbringen. Dennoch könne der Nachweis der Identität, auch durch entsprechende Vorlage amtlicher Dokumente, eine auf der Grundlage des § 60 SGB I zu fordernde Mitwirkungshandlung sein, wenn die Identität eines Antragstellers der Behörde nicht bekannt sei. Bei dem Erfordernis des Identitätsnachweises eines Antragstellers handle es sich um eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorausgesetzte Anspruchsvoraussetzung, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit nicht normiert worden sei. Vorliegend sei die Identität des Klägers dem Beklagten jedoch nicht unbekannt gewesen. Durch die Vorlage eines gültigen Personalausweises bei der ersten Antragstellung im Jahr 2011 sei die Identität des Klägers durch den Beklagten festgestellt worden. Die wiederholte Vorlage eines Personalausweises oder eines anderen von einer staatlichen Stelle ausgestellten Legitimationspapieres habe in diesem Fall nicht als Mitwirkungshandlung nach § 60 SGB I gefordert werden dürfen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der sich als Kopie in den Verwaltungsakten des Beklagten befindliche Personalausweis des Klägers seine Gültigkeit durch Zeitablauf verloren habe. Die Gültigkeit des Ausweises sei nach § 6 Abs. 1 PAuswG bis zum 31. Oktober 2012 befristet gewesen. Ob der Kläger auch in der Zwischenzeit bis zur Ausstellung des Reisepasses im Januar 2017 über einen gültigen Personalausweis oder Reisepass verfügt habe, sei weder bekannt noch streitentscheidend. Ersichtlich sei die Vorlage des „Staatsangehörigkeitsausweises“, ausgestellt von der „administrativen Regierung des Freistaates Preußen“ nicht geeignet, die Identität des Klägers nachzuweisen. Entgegen der Ansicht des Klägers handle es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Es reiche zum Nachweis der eigenen Identität nicht aus, dass man von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten hergestellte Schriftstücke übersende, die die „Staatsangehörigkeit“ zu einem nicht existierenden Land behaupteten. Darauf komme es hier aber ebenso wenig an wie darauf, ob der Kläger den Nachweis seiner Identität auch in zulässiger Weise durch die Vorlage einer notariell beglaubigten Kopie des Auszugs aus dem Geburtenregister habe führen können. Denn der Nachweis der Identität sei durch die Vorlage des bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweises erfolgt. Der Gesetzgeber wolle (lediglich) keine Leistungen an beliebige Personen gewähren, sondern die Existenz identifizierbarer Personen sichern. Dafür sei es aber nicht erforderlich, in regelmäßigen Abständen die Legitimation zu wiederholen. Im vorliegenden Falle habe der Beklagte, auch für den streitigen Zeitraum, dem Kläger sowohl einen Zuschuss zur Krankenversicherung wie auch seinen Anteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihm mit seiner Familie bewohnten Wohnung gewährt. Damit setze sich der Beklagte schon zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch. Auch habe der Beklagte zu keiner Zeit Zweifel an der Identität des Klägers vorgebracht. Die Ansicht des Beklagten führe dazu, dass demjenigen, der einen gültigen Personalausweis nicht besitze oder nicht vorlege, die Regelleistung entzogen werden könne. Hierin liege die Sanktionierung eines Verstoßes gegen das PAuswG, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage bestehe. Neben einer Geldbuße sehe das PAuswG einen Entzug der Regelleistungen nach dem SGB II als mögliche Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Ausweispflicht aber nicht vor.
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Gegen den dem Kläger am 15. November 2017 und dem Beklagten am 17. November 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat allein der Beklagte am 11. Dezember 2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, der Identitätsnachweis als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II könne nur durch die Vorlage eines gültigen Ausweisdokuments geführt werden. Da ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliere, müsse auch bei jedem Folgeantrag ein Identitätsnachweis durch Vorlage eines Ausweisdokuments geführt werden.
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Der Beklagte beantragt,
21 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 aufzuheben, soweit der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 zurückzuweisen.
24 
Er hält die Entscheidung für zutreffend.
25 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
27 
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Versagung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 in Höhe von mehr als 750,00 Euro streitig ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
28 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch der Bescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014, mit dem der Beklagte die Gewährung der Regelleistung nach dem SGB II an den Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 versagt hat. Nachdem der Kläger den Gerichtsbescheid nicht angefochten hat, soweit das SG Konstanz die auf die Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kinder gerichtete Klage abgewiesen hat, ist der Gerichtsbescheid insoweit rechtskräftig geworden.
29 
Die vorliegende Leistungsversagung ist zeitlich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 und inhaltlich auf die Versagung der Regelleistung beschränkt. Dies folgt zum einen daraus, dass der Versagungszeitraum im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf diesen Zeitraum beschränkt worden ist, zum anderen auch daraus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015, der nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, die Gewährung der Regelleistung für den Folgezeitraum erneut versagt hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 - L 7 SO 1138/17 - juris Rdnr. 23). Gleiches gilt für die Bescheide vom 20. Februar 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 2017, mit denen der Beklagte die nachträgliche Erbringung des Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015, 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016, 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 und 1. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 abgelehnt hat.
30 
Zutreffende Klageart ist vorliegend die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG). Der Beklagte hat den Gerichtsbescheid des SG nur insoweit angefochten, als der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist. Der Kläger hat die durch das SG erfolgte Klageabweisung seiner Leistungsklage auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 nicht mit einer (Anschluss-)Berufung angegriffen.
31 
3. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
32 
a) Rechtsgrundlage für die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Versagung ist § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (Bundessozialgericht , Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 R - juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnrn. 13 f.; BSG, Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 42/12 R - juris Rdnr. 14). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bestehen gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
33 
b) Der Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 2014 zwar hinreichend klar die geforderte Mitwirkungshandlung des Klägers, nämlich die Vorlage des Personalausweises, benannt. Auch die hierfür gesetzte Frist bis zum 25. November 2014 war noch ausreichend bemessen, da eine Frist von einer Woche für die Vorlage eines solchen Dokuments ausreichend ist.
34 
c) Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig geworden, weil der Kläger zwischenzeitlich im Februar 2017 seinen am 18. Januar 2017 von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass vorgelegt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Versagung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, somit der Erlass des Widerspruchsbescheides am 3. Dezember 2014 (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - juris Rdnr. 19; Senatsurteil vom 22. September 2016 - L 7 AS 3613/15 - juris Rdnr. 23; Senatsurteil vom 23. Februar 2017 - L 7 SO 2952/16 - n.v.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - juris Rdnr. 45). Die Rechtmäßigkeit der Versagung nach § 66 SGB I ist allein danach zu beurteilen, ob bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die Mitwirkungshandlung vorgenommen worden ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - BVerwGE 71, 8 - juris Rdnr. 14; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl. 2014, § 67 Rdnr. 4 ff.; Rdnr. 15; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 67 Rdnr. 5). Insoweit ist maßgeblich für die nachfolgende Behördenentscheidung über den Leistungsantrag, ob die Versagung zu Recht erfolgt ist. War dies der Fall, so hat die Behörde - nachdem die Mitwirkungshandlung erfolgt ist - gem. § 67 SGB I eine Ermessensentscheidung über die nachträgliche Leistungserbringung zu treffen. War die Versagung hingegen rechtswidrig, so hat sie über den ursprünglichen Leistungsantrag eine gebundene Entscheidung zu treffen.
35 
d) Allerdings hat insoweit keine Mitwirkungspflicht des Klägers bestanden, so dass auch die Voraussetzungen für eine Leistungsversagung nicht vorgelegen haben.
36 
aa) Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehört zwar auch der Nachweis der Identität einer Person, die Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Gesetzgeber des SGB II wollte nicht die Erbringung von Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen regeln. Der Zweck der Leistung - die Existenzsicherung - setzt voraus, dass eine solche Existenz überhaupt besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, dass bestimmte Existenzbedingungen einer bestimmten konkretisierbaren natürlichen Person im Sinne des § 1 BGB als Subjekt von Rechten und Pflichten zugeordnet werden können (vgl. SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris Rdnr. 29).
37 
Grundsätzlich ist zum Nachweis der Identität auch die Vorlage des Personalausweises erforderlich. Dieser dient gem. § 1 Satz 2 PAuswG der Feststellung der Person im Sinne des § 1 BGB und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde vorzulegen. Deshalb ist die zuständige Behörde auch berechtigt, vor der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II die Vorlage von Identitätsnachweisen bzw. Personalausweisen zu verlangen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris Rdnr. 26). Dies gilt jedenfalls bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen. Der Beklagte führt zutreffend aus, dass Zweck des Identitätsnachweises ist, dass derjenige, der einen Bewilligungsantrag stellt, auch derjenige ist, für den er sich ausgibt, da Leistungen der Existenzsicherung nicht an beliebige, nicht identifizierbare Personen erbracht werden sollen.
38 
bb) Das SG Konstanz hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Pflicht zum Nachweis der eigenen Identität einen Antragsteller nicht zur - erneuten - Vorlage von Legitimationspapieren für jeden Bewilligungsabschnitt verpflichtet, wenn keine Zweifel an dessen Identität bestehen.
39 
Eine Verpflichtung, bei jeder erneuten Antragstellung für Folgezeiträume einen gültigen Identitätsnachweis in Form eines Personalausweises oder Reisepasses vorzulegen, besteht nicht, wenn bezüglich der Identität des Antragstellers kein Zweifel besteht (vgl. SG Bremen, Beschluss vom 4. Mai 2009 - S 23 AS 795/09 ER). Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Verpflichtung zur Vorlage eines Personenstandsdokuments bejaht worden ist, hat dies jeweils die erstmalige Beantragung von Leistungen betroffen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris; SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris) oder der Antragsteller war nicht persönlich bekannt, da er die Leistungen in der Vergangenheit nur schriftlich beantragt und schriftlich mit dem Jobcenter verkehrt hatte (SG Bremen, Beschluss vom 24. Februar 2010 - S 18 AS 286/10 ER - juris Rdnr. 11).
40 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliert. Dadurch werden für nachfolgende Bewilligungszeiträume nur jeweils neue Mitwirkungs- bzw. Mitteilungspflichten begründet bezüglich von für die Leistungsgewährung relevanten Umständen, die regelmäßig Veränderungen unterliegen, wie z.B. den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft oder der örtlichen Zuständigkeit. Die Identität einer Person ist aber von solchen Veränderungen regelmäßig nicht betroffen. Dem entspricht auch die Verwaltungspraxis des Beklagten. Danach sind zwar im Formantrag (dort „Hauptantrag“ genannt) auf - erstmalige - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Angaben zur Staatsangehörigkeit zu machen, nicht jedoch im Formularantrag für eine Weiterbewilligung. Dort sind nur unter Ziff. 5 Angaben zu Änderungen zu machen, wobei unter den exemplarisch aufgeführten anzugebenden Änderungen eine Änderung der Staatsangehörigkeit nicht aufgeführt ist.
41 
Solche Zweifel haben vorliegend nicht bestanden. Bei der erstmaligen Antragstellung im Mai 2011 - damals noch bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten - hatte der Kläger seinen damals noch bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweis vorgelegt. Ihm waren darauf vom zuständigen Leistungsträger Leistungen bewilligt worden. Mit Schreiben vom 8. März 2012 wurde dem Umzug des Klägers von B. nach ... B., H. ... zugestimmt und der Kläger hat die Anmeldebestätigung der Gemeinde B. vorgelegt. Dem Kläger wurden in der Folgezeit - auch über das Ablaufdatum seines Personalausweises am 22. Oktober 2012 hinaus - Leistungen bewilligt. Am 28. November 2012 hat der Kläger zudem eine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet, die u.a. den Hinweis enthält, diese sei mit ihm besprochen und unklare Punkte seien erläutert worden. Dies setzt voraus, dass auch ein persönlicher Kontakt von Mitarbeitern des Beklagten mit dem Kläger bestanden hat. Die Zahlungen an den Kläger sind regelmäßig auf das Konto seiner Ehefrau bei der H.bank K. erfolgt. Am 2. April 2013 ist zudem eine Barauszahlung an den Kläger erfolgt (vgl. Bl. 189 der Verwaltungsakten). Es hat damit kein Wechsel der Bankverbindung, der Krankenversicherung und der personellen Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft des Klägers und lediglich ein genehmigter Wechsel des Wohnsitzes vorgelegen. Die Identität des Klägers war dem Beklagten danach bekannt. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte Leistungen an den Kläger nicht völlig versagt hat, sondern ihm Leistungen für die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt hat.
42 
cc) Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn die (erneute) Vorlage des Personalausweises erforderlich ist, etwa weil Zweifel an der Identität des Antragstellers bestehen oder dies zur Feststellung weiterer Tatbestandsvoraussetzungen der beantragten Leistung erforderlich ist. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn fraglich ist, ob ein Antragsteller weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, da Leistungen an Ausländerinnen und Ausländer nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II erbracht werden. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist in § 17 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. In Betracht käme danach allein der Verlust der Staatsangehörigkeit gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 StAG durch Entlassung (§§ 18 bis 24 StAG), gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 StAG durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 StAG) oder gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 StAG durch Verzicht (§ 26 StAG). Nach § 18 StAG wird ein Deutscher auf seinen Antrag aus der Staatsangehörigkeit entlassen, wenn der den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat. Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde (§ 23 StAG). Gem. § 25 Abs. 1 StAG verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Gem. § 26 Abs. 1 StAG kann ein Deutscher auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Gem. § 26 Abs. 3 StAG tritt der Verlust der Staatsangehörigkeit mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde ein.
43 
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der bei der erstmaligen Antragstellung unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat, in der Folgezeit aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden ist, auf diese verzichtet oder auf seinen Antrag eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, haben jedoch nicht vorgelegen. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger in seinen Schreiben als „Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen“ bezeichnet und entsprechende „Staatsangehörigkeitsausweise“ vorgelegt hat. Wie das SG Konstanz zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Bei den vom Kläger vorgelegten Papieren handelt hat es sich vielmehr um von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten ausgestellte Schriftstücke, die keinerlei amtliche Nachweisfunktion haben. Auch soweit der Kläger angegeben hat, er sei „Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)“ handelt es sich offensichtlich um eine von ihm in Verkennung der Realität und der tatsächlichen historischen Entwicklung vertretene Fehlvorstellung, die jeglicher verständigen Grundlage entbehrt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 2016 - L 20 SO 35/15 - juris Rdnr. 46). Es haben auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger die Staatsangehörigkeit eines tatsächlich existierenden Staates - z.B. der Russischen Föderation, deren Staatsangehörige seine Ehefrau und seine Kinder sind - erworben und in diesem Zusammenhang die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben könnte. Schließlich kann allein aus der - im Übrigen zutreffenden - Mitteilung des Klägers vom November 2015, keinen Personalausweis zu besitzen, nicht auf den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geschlossen werden. Damit haben auch insoweit keine Mitwirkungspflichten des Klägers in Bezug auf den Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit bestanden.
44 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
26 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
27 
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Versagung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 in Höhe von mehr als 750,00 Euro streitig ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
28 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch der Bescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014, mit dem der Beklagte die Gewährung der Regelleistung nach dem SGB II an den Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 versagt hat. Nachdem der Kläger den Gerichtsbescheid nicht angefochten hat, soweit das SG Konstanz die auf die Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kinder gerichtete Klage abgewiesen hat, ist der Gerichtsbescheid insoweit rechtskräftig geworden.
29 
Die vorliegende Leistungsversagung ist zeitlich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 und inhaltlich auf die Versagung der Regelleistung beschränkt. Dies folgt zum einen daraus, dass der Versagungszeitraum im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf diesen Zeitraum beschränkt worden ist, zum anderen auch daraus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015, der nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, die Gewährung der Regelleistung für den Folgezeitraum erneut versagt hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 - L 7 SO 1138/17 - juris Rdnr. 23). Gleiches gilt für die Bescheide vom 20. Februar 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 2017, mit denen der Beklagte die nachträgliche Erbringung des Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015, 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016, 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 und 1. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 abgelehnt hat.
30 
Zutreffende Klageart ist vorliegend die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG). Der Beklagte hat den Gerichtsbescheid des SG nur insoweit angefochten, als der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist. Der Kläger hat die durch das SG erfolgte Klageabweisung seiner Leistungsklage auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 nicht mit einer (Anschluss-)Berufung angegriffen.
31 
3. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
32 
a) Rechtsgrundlage für die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Versagung ist § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (Bundessozialgericht , Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 R - juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnrn. 13 f.; BSG, Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 42/12 R - juris Rdnr. 14). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bestehen gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
33 
b) Der Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 2014 zwar hinreichend klar die geforderte Mitwirkungshandlung des Klägers, nämlich die Vorlage des Personalausweises, benannt. Auch die hierfür gesetzte Frist bis zum 25. November 2014 war noch ausreichend bemessen, da eine Frist von einer Woche für die Vorlage eines solchen Dokuments ausreichend ist.
34 
c) Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig geworden, weil der Kläger zwischenzeitlich im Februar 2017 seinen am 18. Januar 2017 von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass vorgelegt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Versagung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, somit der Erlass des Widerspruchsbescheides am 3. Dezember 2014 (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - juris Rdnr. 19; Senatsurteil vom 22. September 2016 - L 7 AS 3613/15 - juris Rdnr. 23; Senatsurteil vom 23. Februar 2017 - L 7 SO 2952/16 - n.v.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - juris Rdnr. 45). Die Rechtmäßigkeit der Versagung nach § 66 SGB I ist allein danach zu beurteilen, ob bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die Mitwirkungshandlung vorgenommen worden ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - BVerwGE 71, 8 - juris Rdnr. 14; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl. 2014, § 67 Rdnr. 4 ff.; Rdnr. 15; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 67 Rdnr. 5). Insoweit ist maßgeblich für die nachfolgende Behördenentscheidung über den Leistungsantrag, ob die Versagung zu Recht erfolgt ist. War dies der Fall, so hat die Behörde - nachdem die Mitwirkungshandlung erfolgt ist - gem. § 67 SGB I eine Ermessensentscheidung über die nachträgliche Leistungserbringung zu treffen. War die Versagung hingegen rechtswidrig, so hat sie über den ursprünglichen Leistungsantrag eine gebundene Entscheidung zu treffen.
35 
d) Allerdings hat insoweit keine Mitwirkungspflicht des Klägers bestanden, so dass auch die Voraussetzungen für eine Leistungsversagung nicht vorgelegen haben.
36 
aa) Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehört zwar auch der Nachweis der Identität einer Person, die Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Gesetzgeber des SGB II wollte nicht die Erbringung von Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen regeln. Der Zweck der Leistung - die Existenzsicherung - setzt voraus, dass eine solche Existenz überhaupt besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, dass bestimmte Existenzbedingungen einer bestimmten konkretisierbaren natürlichen Person im Sinne des § 1 BGB als Subjekt von Rechten und Pflichten zugeordnet werden können (vgl. SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris Rdnr. 29).
37 
Grundsätzlich ist zum Nachweis der Identität auch die Vorlage des Personalausweises erforderlich. Dieser dient gem. § 1 Satz 2 PAuswG der Feststellung der Person im Sinne des § 1 BGB und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde vorzulegen. Deshalb ist die zuständige Behörde auch berechtigt, vor der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II die Vorlage von Identitätsnachweisen bzw. Personalausweisen zu verlangen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris Rdnr. 26). Dies gilt jedenfalls bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen. Der Beklagte führt zutreffend aus, dass Zweck des Identitätsnachweises ist, dass derjenige, der einen Bewilligungsantrag stellt, auch derjenige ist, für den er sich ausgibt, da Leistungen der Existenzsicherung nicht an beliebige, nicht identifizierbare Personen erbracht werden sollen.
38 
bb) Das SG Konstanz hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Pflicht zum Nachweis der eigenen Identität einen Antragsteller nicht zur - erneuten - Vorlage von Legitimationspapieren für jeden Bewilligungsabschnitt verpflichtet, wenn keine Zweifel an dessen Identität bestehen.
39 
Eine Verpflichtung, bei jeder erneuten Antragstellung für Folgezeiträume einen gültigen Identitätsnachweis in Form eines Personalausweises oder Reisepasses vorzulegen, besteht nicht, wenn bezüglich der Identität des Antragstellers kein Zweifel besteht (vgl. SG Bremen, Beschluss vom 4. Mai 2009 - S 23 AS 795/09 ER). Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Verpflichtung zur Vorlage eines Personenstandsdokuments bejaht worden ist, hat dies jeweils die erstmalige Beantragung von Leistungen betroffen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris; SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris) oder der Antragsteller war nicht persönlich bekannt, da er die Leistungen in der Vergangenheit nur schriftlich beantragt und schriftlich mit dem Jobcenter verkehrt hatte (SG Bremen, Beschluss vom 24. Februar 2010 - S 18 AS 286/10 ER - juris Rdnr. 11).
40 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliert. Dadurch werden für nachfolgende Bewilligungszeiträume nur jeweils neue Mitwirkungs- bzw. Mitteilungspflichten begründet bezüglich von für die Leistungsgewährung relevanten Umständen, die regelmäßig Veränderungen unterliegen, wie z.B. den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft oder der örtlichen Zuständigkeit. Die Identität einer Person ist aber von solchen Veränderungen regelmäßig nicht betroffen. Dem entspricht auch die Verwaltungspraxis des Beklagten. Danach sind zwar im Formantrag (dort „Hauptantrag“ genannt) auf - erstmalige - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Angaben zur Staatsangehörigkeit zu machen, nicht jedoch im Formularantrag für eine Weiterbewilligung. Dort sind nur unter Ziff. 5 Angaben zu Änderungen zu machen, wobei unter den exemplarisch aufgeführten anzugebenden Änderungen eine Änderung der Staatsangehörigkeit nicht aufgeführt ist.
41 
Solche Zweifel haben vorliegend nicht bestanden. Bei der erstmaligen Antragstellung im Mai 2011 - damals noch bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten - hatte der Kläger seinen damals noch bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweis vorgelegt. Ihm waren darauf vom zuständigen Leistungsträger Leistungen bewilligt worden. Mit Schreiben vom 8. März 2012 wurde dem Umzug des Klägers von B. nach ... B., H. ... zugestimmt und der Kläger hat die Anmeldebestätigung der Gemeinde B. vorgelegt. Dem Kläger wurden in der Folgezeit - auch über das Ablaufdatum seines Personalausweises am 22. Oktober 2012 hinaus - Leistungen bewilligt. Am 28. November 2012 hat der Kläger zudem eine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet, die u.a. den Hinweis enthält, diese sei mit ihm besprochen und unklare Punkte seien erläutert worden. Dies setzt voraus, dass auch ein persönlicher Kontakt von Mitarbeitern des Beklagten mit dem Kläger bestanden hat. Die Zahlungen an den Kläger sind regelmäßig auf das Konto seiner Ehefrau bei der H.bank K. erfolgt. Am 2. April 2013 ist zudem eine Barauszahlung an den Kläger erfolgt (vgl. Bl. 189 der Verwaltungsakten). Es hat damit kein Wechsel der Bankverbindung, der Krankenversicherung und der personellen Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft des Klägers und lediglich ein genehmigter Wechsel des Wohnsitzes vorgelegen. Die Identität des Klägers war dem Beklagten danach bekannt. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte Leistungen an den Kläger nicht völlig versagt hat, sondern ihm Leistungen für die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt hat.
42 
cc) Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn die (erneute) Vorlage des Personalausweises erforderlich ist, etwa weil Zweifel an der Identität des Antragstellers bestehen oder dies zur Feststellung weiterer Tatbestandsvoraussetzungen der beantragten Leistung erforderlich ist. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn fraglich ist, ob ein Antragsteller weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, da Leistungen an Ausländerinnen und Ausländer nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II erbracht werden. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist in § 17 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. In Betracht käme danach allein der Verlust der Staatsangehörigkeit gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 StAG durch Entlassung (§§ 18 bis 24 StAG), gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 StAG durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 StAG) oder gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 StAG durch Verzicht (§ 26 StAG). Nach § 18 StAG wird ein Deutscher auf seinen Antrag aus der Staatsangehörigkeit entlassen, wenn der den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat. Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde (§ 23 StAG). Gem. § 25 Abs. 1 StAG verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Gem. § 26 Abs. 1 StAG kann ein Deutscher auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Gem. § 26 Abs. 3 StAG tritt der Verlust der Staatsangehörigkeit mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde ein.
43 
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der bei der erstmaligen Antragstellung unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat, in der Folgezeit aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden ist, auf diese verzichtet oder auf seinen Antrag eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, haben jedoch nicht vorgelegen. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger in seinen Schreiben als „Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen“ bezeichnet und entsprechende „Staatsangehörigkeitsausweise“ vorgelegt hat. Wie das SG Konstanz zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Bei den vom Kläger vorgelegten Papieren handelt hat es sich vielmehr um von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten ausgestellte Schriftstücke, die keinerlei amtliche Nachweisfunktion haben. Auch soweit der Kläger angegeben hat, er sei „Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)“ handelt es sich offensichtlich um eine von ihm in Verkennung der Realität und der tatsächlichen historischen Entwicklung vertretene Fehlvorstellung, die jeglicher verständigen Grundlage entbehrt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 2016 - L 20 SO 35/15 - juris Rdnr. 46). Es haben auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger die Staatsangehörigkeit eines tatsächlich existierenden Staates - z.B. der Russischen Föderation, deren Staatsangehörige seine Ehefrau und seine Kinder sind - erworben und in diesem Zusammenhang die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben könnte. Schließlich kann allein aus der - im Übrigen zutreffenden - Mitteilung des Klägers vom November 2015, keinen Personalausweis zu besitzen, nicht auf den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geschlossen werden. Damit haben auch insoweit keine Mitwirkungspflichten des Klägers in Bezug auf den Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit bestanden.
44 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 23. März 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für Januar 2013; der Kläger wendet sich insbesondere gegen die Gewährung nur eingeschränkter Leistungen gemäß § 1a AsylbLG.

2

Der Kläger reiste im Jahr 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Er gab an, kamerunischer Staatsangehöriger zu sein; einen Pass oder Passersatz legte er nicht vor. Das Land Brandenburg wies ihn dem Zuständigkeitsbereich des beklagten Landkreises zu (Zuweisungsbescheid vom 5.11.2002), wo er mittlerweile in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt. Sein Asylantrag wurde abgelehnt und der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen; sollte er dem nicht nachkommen, werde er nach Kamerun abgeschoben (Bescheid vom 27.8.2003). Eine hiergegen erhobene Klage beim Verwaltungsgericht Cottbus blieb erfolglos; das Urteil ist seit dem 17.3.2004 rechtskräftig. Der Kläger ist seit Beendigung des Asylverfahrens im Besitz einer Duldung (vgl § 60a Abs 2 Satz 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz). Noch im Jahr 2003 wurde seine Abschiebung, im Jahr 2009 zudem seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet verfügt. In der Zeit von Juni 2004 bis April 2013 forderte die Ausländerbehörde den Kläger mindestens 19 Mal auf, bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes mitzuwirken und führte ihn hierzu in den Jahren 2008 und 2010 der kamerunischen Botschaft vor. Im Rahmen beider Vorführungen schwieg der Kläger auf alle an ihn gerichteten Fragen.

3

Seit November 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger lediglich eingeschränkte Leistungen nach § 1a AsylbLG, ua für Januar 2013 in Höhe von 168,12 Euro in Form von Wertgutscheinen. Dabei berücksichtigte er einen notwendigen Bedarf nach § 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG (in der bis zum 28.2.2015 geltenden Fassung) in Höhe von 168,12 Euro (217 Euro abzüglich eines "Energiekostenanteils" von 32,06 Euro sowie einer in der Zeit von Januar bis Juni 2013 einbehaltenen "monatlichen Rate" von 16,82 Euro für im Oktober 2012 gewährte Winterbekleidung), den Barbetrag nach § 3 Abs 1 Satz 4 AsylbLG hingegen nicht(Bescheid vom 18.12.2012; Widerspruchsbescheid vom 25.9.2013).

4

Seine dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Cottbus abgewiesen (Urteil vom 23.3.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger gehöre als Inhaber einer Duldung zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG; zudem lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 1a Nr 2 AsylbLG in der bis zum 28.2.2015 geltenden Fassung (im Folgenden: alte Fassung ) vor. Er habe selbst zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht durchgeführt werden könnten, weil er seiner nach § 48 Abs 3 AufenthG bestehenden Verpflichtung, an der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes mitzuwirken, nicht nachgekommen sei. Dies bedinge das einzige Abschiebehindernis; die Republik Kamerun sei bereit, eigene Staatsangehörige nach Klärung ihrer Identität wieder einreisen zu lassen und ggf die notwendigen Dokumente (Pass, Passersatz oder Laissez-passer) auszustellen. Die Anspruchseinschränkung nach § 1a Nr 2 AsylbLG aF verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz (GG). Der dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zustehende Spielraum lasse es zu, bei Pflichtverletzungen wie der Nichtmitwirkung bei der Ausreise niedrigere Leistungen zu gewähren. Einer zeitlichen Begrenzung der Einschränkung bedürfe es nicht. Auch die Höhe der bewilligten Leistungen sei nicht zu beanstanden.

5

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung von § 1a Nr 2 AsylbLG aF. Die Vorschrift verstoße gegen die Verfassung; sie teile die Menschenwürde unzulässig in einen unabweisbaren und einen abweisbaren Teil (physisches bzw soziokulturelles Existenzminimum) auf. Dies sei auch nicht auf der Grundlage einer Sanktion gerechtfertigt, die der Durchsetzung der ausländerrechtlichen Ausreisepflicht diene. Migrationspolitische Erwägungen seien dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verwehrt; im Sozialrecht sei kein Platz für "verstecktes Ausländerrecht". Zudem gälten bei Sanktionsnormen strenge Anforderungen an die Bestimmtheit, weshalb Sanktionen bestenfalls für einen begrenzten Zeitraum und in einer klar bestimmten Höhe gerechtfertigt sein könnten. § 1a Nr 2 AsylbLG aF verlange im Übrigen eine umfassende Bedarfsermittlung im konkreten Einzelfall, weshalb die Anwendung von Pauschalen ausscheide.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 23.3.2016 aufzuheben und den Bescheid vom 18.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.9.2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm für Januar 2013 höhere Leistungen nach dem AsylbLG zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn dem Kläger standen höhere als die bewilligten Leistungen für den streitbefangenen Zeitraum nicht zu. Zu Recht und in richtiger Höhe hat der Beklagte ihm gemäß § 1a Nr 2 AsylbLG aF(in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des AsylbLG vom 25.8.1998 ) Leistungen nur in Höhe des unabweisbar Gebotenen gewährt. Dies begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

10

Gegenstand des Verfahrens ist nach Abschluss eines sog Überprüfungsvergleichs im Revisionsverfahren (nur noch) der Bescheid vom 18.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.9.2013 (§ 95 SGG), der ausschließlich die Bewilligung von Leistungen für den Monat Januar 2013 regelt. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG), mit dem Ziel, höhere ("ungekürzte") Leistungen für Januar 2013 zu erlangen. Sein Antrag ist auf die Bewilligung von weiteren Leistungen als Geldleistungen gerichtet. Für die Vergangenheit können Sachleistungen und ihnen zuzuordnende (vgl Holzhey in juris Praxiskommentar -SGB XII, 2. Aufl 2014, § 10 RdNr 25) Wertgutscheine nicht mehr erbracht werden, weil mit ihnen das ursprüngliche Ziel der tatsächlichen Bedarfsdeckung in der Vergangenheit nicht mehr erreicht werden kann (vgl mit diesem Maßstab Holzhey, aaO, § 10 RdNr 71).

11

Der Bescheid vom 18.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.9.2013 ist formell rechtmäßig. Die sachliche Zuständigkeit des beklagten Landkreises für die Erbringung der beanspruchten Leistungen ergibt sich dabei aus § 10 Abs 1 AsylbLG(in der Fassung, die die Norm mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des AsylbLG <1. AsylbLGÄndG> vom 5.8.1997 erhalten hat) iVm § 1 Abs 1 des Gesetzes über die Aufnahme von Flüchtlingen, spätausgesiedelten und weiteren aus dem Ausland zugewanderten Personen im Land Brandenburg sowie zur Durchführung des AsylbLG(in der Fassung des Gesetzes vom 17.12.1996, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg I 1996, Nr 27, zuletzt geändert durch Art 1 des Gesetzes vom 26.4.2005, GVBl I 2005, Nr 11); seine örtliche Zuständigkeit aus § 10a Abs 1 Satz 1 AsylbLG(in der Fassung des 1. AsylbLGÄndG), weil ihm der Kläger mit Bescheid des Landes Brandenburg vom 5.11.2002 zugewiesen worden ist und er, der Kläger, nach den bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) im Januar 2013 auch im Kreisgebiet wohnte.

12

Auch in der Sache sind die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Dem Kläger stand ein Anspruch auf weitere Geldleistungen nicht zu. Er war im streitbefangenen Zeitraum als Inhaber einer Duldung nach § 60a Abs 2 AufenthG (hier in der Fassung, die die Norm mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften vom 23.6.2011 erhalten hat) leistungsberechtigt nach § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG(insoweit unverändert in der Fassung des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - Zuwanderungsgesetz - vom 30.7.2004, BGBl I 1950). Zutreffend hat der Beklagte entschieden, dass ihm lediglich eingeschränkte Ansprüche nach § 1a Nr 2 AsylbLG aF iVm § 3 Abs 2 AsylbLG(hier in der Fassung, die die Norm mit Art 82 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 erhalten hat), letztere mit dem Inhalt der Übergangsregelung, wie sie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 18.7.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BGBl I 2012, 1715 f = BVerfGE 132, 134 ff = SozR 4-3520 § 3 Nr 2)durch 3. des Tenors in Gesetzeskraft angeordnet hat (im Folgenden: § 3 AsylbLG aF), zustanden. Auf der Grundlage von § 2 AsylbLG(hier in der Fassung, die die Norm mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007 erhalten hat) kann der Kläger höhere Leistungen wegen seines vorsätzlich rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (dazu sogleich) ebenfalls nicht beanspruchen; die Tatbestände von § 1a Nr 2 AsylbLG aF und § 2 Abs 1 AsylbLG aF überschneiden sich insoweit (vgl BSGE 101, 49 ff RdNr 46 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2).

13

§ 1a AsylbLG aF ist dabei keine eigene Anspruchsgrundlage(vgl BSGE 114, 302 ff RdNr 24 = SozR 4-3520 § 1a Nr 1). Der Anspruch des Klägers, der in einer Gemeinschaftsunterkunft iS des § 53 des Gesetzes über das Asylverfahren (jetzt: § 53 Asylgesetz) wohnte und nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des SG nicht über Einkommen oder Vermögen(vgl § 7 AsylbLG) verfügte, ergibt sich aus § 3 Abs 2 AsylbLG aF in (wertmäßiger) Höhe von 354 Euro(217 Euro Grundleistungen und 137 Euro Geldbetrag zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums nach § 3 Abs 2 Satz 2 und Abs 1 Satz 4 AsylbLG aF unter Anwendung und Fortschreibung der Übergangsregelung des BVerfG vom 18.7.2012, aaO; vgl zur Fortschreibung auch den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie in Brandenburg vom 26.11.2012). Diesen Anspruch hat der Beklagte aber zu Recht gemäß § 1a Nr 2 AsylbLG aF auf das unabweisbar Gebotene in Höhe von wertmäßig 168,12 Euro eingeschränkt.

14

Nach § 1a Nr 2 AsylbLG aF erhalten ua Leistungsberechtigte nach § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG, also Personen mit einer Duldung, bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist.

15

Der Tatbestand dieser Vorschrift ist erfüllt. Bei dem (lediglich) geduldeten Kläger können aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, denn allein durch seine fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes hat er die Vollziehung seiner bestandskräftigen Abschiebung (§ 58 AufenthG) als aufenthaltsbeendende Maßnahme iS des § 1a Nr 2 AsylbLG aF verhindert. Er hat damit gegen die in § 48 Abs 3 AufenthG (in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 25.2.2008, BGBl I 162) normierte Pflicht eines Ausländers ohne gültigen Pass oder Passersatz verstoßen, an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken (zu diesen Pflichten im Einzelnen Winkelmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl 2016, § 48 AufenthG RdNr 5; Möller in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl 2016, § 48 AufenthG RdNr 31). Diese fehlende Mitwirkung stellt ein vom Gesetzgeber als typisch ins Auge gefasstes leistungsmissbräuchliches Verhalten iS des § 1a Nr 2 AsylbLG aF dar(vgl BT-Drucks 13/10155 S 5 ; ausführlich dazu Hohm, Gemeinschaftskomm-AsylbLG, § 1a RdNr 281 ff, Stand Mai 2016; Oppermann in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 1a AsylbLG RdNr 76 ff, Stand 12.1.2017).

16

Der Kläger hat weder auf Aufforderungen der Ausländerbehörde noch des für die Leistungserbringung zuständigen Sozialamts des Beklagten, an der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes mitzuwirken, reagiert. Den ihm aufgezeigten Möglichkeiten etwa der Beibringung einer Geburtsurkunde, eines Ehenachweises, seines Personalausweises oder ähnlicher Dokumente (Schreiben des Beklagten vom 30.9.2005, 8.2.2006, 22.5.2006, 14.3.2007 und 8.1.2008) ist er nicht nachgekommen. Seinem Verhalten bei der kamerunischen Botschaft im Rahmen zweier Vorführungen in den Jahren 2008 und 2010 ist es zuzurechnen, dass ein Gespräch über seine Person und seine Herkunft nicht geführt werden konnte.

17

Der Kläger hat das Fehlen eines Passes oder Passersatzes als den Grund, der den Vollzug seiner Abschiebung hindert, auch selbst zu vertreten. Erforderlich aber auch ausreichend hierfür ist, dass die den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen hindernden Gründe in den Verantwortungsbereich des Leistungsberechtigten fallen (BSGE 101, 49 ff RdNr 48 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2). Insoweit ist zumindest ein persönliches (im Sinne von: eigenes) Fehlverhalten des Leistungsberechtigten zu verlangen, wie dies der nunmehr geltenden Fassung des § 1a Nr 2 AsylbLG ausdrücklich zu entnehmen ist(dazu BT-Drucks 18/2592 S 19 ). Einerseits muss also ein dem Ausländer vorwerfbares Verhalten und andererseits die Ursächlichkeit zwischen dem vorwerfbaren Verhalten und der Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen vorliegen (vgl BSGE 114, 302 ff RdNr 25 = SozR 4-3520 § 1a Nr 1). Inwieweit dabei die Vorwerfbarkeit Vorsatz oder Fahrlässigkeit verlangt (vgl dazu Hohm, aaO, § 1a RdNr 269), kann dahinstehen. Der Kläger handelte vorsätzlich; infolge der wiederholten Aufforderungen zur Mitwirkung (Schreiben vom 30.9.2005, 8.2.2006, 22.5.2006, 14.3.2007 und 8.1.2008, s zuvor) wusste er, welche konkreten Mitwirkungshandlungen ihm abverlangt wurden.

18

Die erforderliche Kausalität zwischen dem vorwerfbaren Verhalten und dem Nichtvollzug (BSGE 114, 302 ff RdNr 25 = SozR 4-3520 § 1a Nr 1) liegt ebenfalls vor, weil die von ihm verhinderte Identitätsfeststellung nach den bindenden Feststellungen des SG der Ausstellung der notwendigen Dokumente durch die Republik Kamerun und damit der Abschiebung des Klägers allein entgegenstand. Die Republik Kamerun ist danach nur bereit, eigene Staatsangehörige nach Klärung von deren Identität wieder einreisen zu lassen; in einem solchen Fall ist die Abschiebung tatsächlich unmöglich (dazu Martini-Emden, JM 2017, 151, 152 ff; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 60a RdNr 264.1, Stand März 2015, mwN; s auch Nr 60a.2.1.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG vom 26.10.2009). Die Republik Kamerun ist nach den Feststellungen des SG allerdings auch bereit, dem Kläger nach erfolgreicher Identitätsfeststellung ohne Weiteres die zur Einreise notwendigen Dokumente (Pass, Passersatz oder Laissez-passer) auszustellen. Damit war die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf das Verhalten des Klägers ursächlich zurückzuführen; andere Ausreisebeschränkungen bestanden im streitbefangenen Zeitraum nach den Feststellungen des SG nicht. Dass überdies das durchgängig ernsthafte Bestreben der Behörde vorlag, den Kläger in sein Heimatland zurückzuführen (vgl zu diesem Kausalitätserfordernis nur Oppermann, aaO, RdNr 76 f, Stand 12.1.2017), ergibt sich schon aufgrund der Vielzahl der Aufforderungen zur Mitwirkung, der Verfügung der Ausweisung des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland und den Vorführungen bei der Botschaft.

19

Nach den Feststellungen des SG hat der Beklagte den Kläger zudem (unter Fristsetzung bis zum 14.12.2012) darauf hingewiesen, dass es von der Erfüllung seiner ausländerrechtlichen Pflicht abhänge, ob eine Leistungseinschränkung vorgenommen werde (Schreiben vom 14.11.2012). Ob eine solche Belehrung Voraussetzung für eine Leistungseinschränkung nach § 1a Nr 2 AsylbLG aF ist(so Oppermann, aaO, RdNr 157, Stand 12.1.2017; ähnlich auch Hohm, aaO, § 1a RdNr 278, sowie in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 1a AsylbLG RdNr 50 und Decker in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 1a AsylbLG RdNr 36)oder ob eine Anhörung ausreichend gewesen wäre (Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 1a AsylbLG RdNr 33; Herbst in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 1a AsylbLG RdNr 32, Stand August 2015; Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 1 AsylbG RdNr 38; vgl auch OVG NRW Urteil vom 22.8.2007 - 16 A 1158/05 - RdNr 28 ff), braucht damit vorliegend nicht entschieden zu werden.

20

Verwirklicht der Kläger also den typischen Fall eines von § 1a Nr 2 AsylbLG aF erfassten Verhaltens(vgl zu ähnlich gelagerten Sachverhalten nur: Thüringer LSG Beschluss vom 17.1.2013 - L 8 AY 1801/12 B ER; Bayerisches LSG Beschluss vom 24.1.2013 - L 8 AY 4/12 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.3.2013 - L 8 AY 59/12 B ER; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 19.8.2013 - L 8 AY 3/13 B ER), standen ihm im hier streitbefangenen Monat Leistungen nur in Höhe des unabweisbar Gebotenen zu, ohne dass das Gesetz der Behörde insoweit Entscheidungsfreiräume einräumte; die gesetzliche Anspruchseinschränkung ist zwingend (vgl dazu Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 1a AsylbLG RdNr 29).

21

Inhalt und Umfang des unabweisbar Gebotenen sind durch den zuständigen Leistungsträger anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls allein bedarfsorientiert festzulegen (vgl zu § 1a AsylbLG in der nunmehr geltenden Fassung auch BT-Drucks 18/8615 S 35). Dabei stellt das Tatbestandsmerkmal des unabweisbar Gebotenen einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine generalisierende, auf typische Bedarfslagen abstellende Bestimmung eingeschränkter Leistungsansprüche ist im Anwendungsbereich von § 1a AsylbLG von vornherein unzulässig(vgl bereits BSGE 114, 302 ff RdNr 23 = SozR 4-3520 § 1a Nr 1).

22

Nach Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck der Vorschrift und ihrem eindeutigen Wortlaut ist das so beschriebene Leistungsniveau nicht mit dem in § 3 AsylbLG normierten und durch das BVerfG auch für den hier streitbefangenen Zeitraum mit Gesetzeskraft auf bestimmte Mindestbeträge angehobenen (typisierend festgelegten) Leistungsniveau zur Sicherung des physischen und soziokulturellen Existenzminimums gleichzusetzen. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich eine Einschränkung des nach § 3 AsylbLG grundsätzlich zustehenden Leistungsanspruchs normieren(vgl BT-Drucks 13/10155 S 5) und ist davon im Übrigen ausweislich der in den Neufassungen des AsylbLG nach der Entscheidung des BVerfG erweiterten Tatbestandsvarianten des § 1a AsylbLG(vgl § 1a AsylbLG in der Fassung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20.10.2015 sowie in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.7.2016 ) auch zwischenzeitlich nicht abgerückt. Maßgeblich ist daher, welche Leistungen trotz leistungsmissbräuchlicher Verhinderung des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen durch geduldete oder vollziehbar ausreisepflichtige Leistungsberechtigte als "unumgänglich" und nicht mehr "von der Hand zu weisen" anzusehen sind (vgl Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, aaO, RdNr 31 mwN; Petersen, ZFSH/SGB 2014, 669, 671 ff; mit ähnlichem Ansatz Wahrendorf, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 44).

23

Die dem Kläger für den Monat Januar 2013 bewilligten Leistungen entsprechen dem unabweisbar Gebotenen iS des § 1a Nr 2 AsylbLG, denn auf der Grundlage der Feststellungen des SG waren höhere Leistungen nicht unumgänglich. Der Kläger hat alle durch das BVerfG vorgegebenen Leistungen zur Deckung des physischen Existenzminimums (vgl dazu die Vorgaben in BVerfGE 132, 134 RdNr 104 und 108 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 130 und 134) erhalten. Der Sicherung der physischen Existenz dienen insoweit die Ausgaben für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke, Bekleidung und Schuhe, Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung sowie die Gesundheitspflege im Sinne der Abteilungen 1, 3, 4 und 6 nach § 5 Abs 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII(Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz vom 24.3.2011 ), wobei dem Kläger die Unterkunft einschließlich des Haushaltsstroms als Sachleistung kostenfrei zur Verfügung stand. Zu Recht hat der Beklagte ferner berücksichtigt, dass dem Kläger für Winterbekleidung und -schuhe für das Winterhalbjahr bereits im Oktober 100,90 Euro bewilligt worden waren (Bescheid vom 20.10.2012) und insoweit der Bedarf an Kleidung und Schuhen im Monat Januar 2013 im Wesentlichen gedeckt war. Neben dem deshalb "einbehaltenen" Betrag in Höhe von 16,82 Euro, der etwas mehr als der Hälfte des in § 5 Abs 1 RBEG 2011 festgelegten und nach den Vorgaben des BVerfG fortgeschriebenen Betrags(32,23 Euro; vgl Erlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie in Brandenburg vom 26.11.2012) entspricht, erweist sich der noch zur Deckung weiterer laufender Bedarfe für Bekleidung verbleibende Betrag (15,41 Euro) als ausreichend. Mit den Gutscheinen, die dem vom BVerfG für die Übergangszeit vorgegebenen Betrag damit wertmäßig entsprachen, konnte der Kläger die genannten Bedarfe vollständig decken. Weitere unabweisbare Bedarfe, die wegen der Deckung der physischen Existenz im Einzelfall angefallen wären (etwa gesundheitsbedingte Bedarfe oder einmalige Bedarfe zB wegen weiterer Bekleidung), hat das SG für den hier streitbefangenen Monat nicht festgestellt. Ob und inwieweit das in § 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG aF festgelegte Niveau zur Sicherung der physischen Existenz hätte unterschritten werden können, ist damit vorliegend nicht zu entscheiden.

24

Die Bedarfe "zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens" iS von § 3 Abs 1 Satz 4 AsylbLG aF, für deren Bemessung nach der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012 sämtliche in § 5 Abs 1 RBEG 2011 aufgeführten Ausgaben für Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Freizeit, Unterhaltung und Kultur, Bildung, Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen und andere Waren- und Dienstleistungen (vgl dort die Abteilungen 7 bis 12) maßgeblich waren (sog "soziokulturelles Existenzminimum") und die nach den Übergangsregelungen im Grundsatz durch einen monatlichen Geldbetrag zur freien Verfügung (im Januar 2013 in Höhe von 137 Euro) zu decken waren(vgl BVerfGE 132, 134 RdNr 108 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 134), waren dagegen für den Kläger in diesem Monat nicht von vornherein unverzichtbar. Die Beschränkung auf das "unabweisbar Gebotene" verlangt gerade auch wegen des soziokulturellen Existenzminimums abweichend die Prüfung, welche besonderen persönlichen Lebensumstände es zwingend erforderlich machen, im Einzelfall weitere Leistungen zu gewähren, die nicht die physische Existenzsicherung betreffen. Wie bereits herausgestellt, verbieten sich im Anwendungsbereich des § 1a Nr 2 AsylbLG aF typisierende Festlegungen auf ein bestimmtes Leistungsniveau. Die auf den Einzelfall bezogene Prüfung auf Grundlage der Feststellungen des SG, ob und ggf welche Bedarfe dieser Art unabweisbar sind, ergibt aber, dass beim Kläger solche Ausgaben für Freizeit, Unterhaltung, Kultur und ähnliche Aktivitäten zur Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben nicht zwingend notwendig waren. Als Folge des von ihm zu vertretenden rechtsmissbräuchlichen Verhaltens musste er diese Einschränkungen hinnehmen, die - als vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge - vor allem seiner weitergehenden Integration entgegenstehen. Von Fall zu Fall werden sich zwar auch angesichts eines rechtsmissbräuchlichen Fehlverhaltens nach § 1a Nr 2 AsylbLG aF die von den genannten regelsatzrelevanten Positionen erfassten Ausgaben (insbesondere für Mobilität und Nachrichtenübermittlung) als unabweisbar darstellen(im Einzelnen später). Vorliegend hat das SG solche besonderen Bedarfslagen des Klägers für Januar 2013 aber weder festgestellt noch wurden sie vom Kläger behauptet.

25

Verfassungsrecht gebietet keine abweichende Auslegung des § 1a AsylbLG. Die an ein persönliches Fehlverhalten anknüpfende Anspruchseinschränkung nach dieser Vorschrift begegnet weder aufgrund der Bindungswirkung des Urteils des BVerfG vom 18.7.2012 noch aufgrund der dort entwickelten verfassungsrechtlichen Maßstäbe durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl zu Art 100 Abs 1 GG nur zB BVerfG Beschluss vom 4.6.2012 - 2 BvL 9/08 ua - BVerfGE 131, 88 RdNr 90 f mwN).

26

Die Bindungswirkung der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012 (aaO) umfasst lediglich die im Tenor enthaltene Feststellung der Gültigkeit oder Ungültigkeit eines Gesetzes (vgl BVerfG Beschluss vom 27.6.2014 - 2 BvR 429/12 - RdNr 18; vgl auch Lenz/Hansel, BVerfGG, 1. Aufl 2013, § 31 RdNr 42), hier also von § 3 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 3 und Satz 3 iVm Abs 1 Satz 4 Nr 1 und 2 AsylbLG in der bis zur Entscheidung geltenden Fassung. Die Regelung des § 1a Nr 2 AsylbLG aF war jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem BVerfG. Solche Sachverhalte waren von den seinerzeitigen Vorlagebeschlüssen (LSG NRW Beschlüsse vom 26.7.2010 - L 20 AY 13/09 - und 22.11.2010 - L 20 AY 1/09) nicht erfasst; von der Möglichkeit, weitere Bestimmungen eines Gesetzes, dessen Verfassungsmäßigkeit es zu beurteilen hat, gleichfalls für nichtig zu erklären, wenn diese aus denselben Gründen mit dem GG oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar sind (§ 78 Satz 2 BVerfGG), hat das BVerfG keinen Gebrauch gemacht.

27

§ 1a Nr 2 AsylbLG aF verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Dieses durch Art 1 Abs 1 GG begründete und nach dem Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG auf Konkretisierung durch den Gesetzgeber angelegte Grundrecht verpflichtet den Staat dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen zur Verfügung stehen, wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann (vgl BVerfGE 125, 175, 222 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 134; BVerfGE 132, 134 ff RdNr 62 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 88; BVerfGE 137, 34 ff RdNr 74). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums umfasst als einheitliche grundrechtliche Garantie sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl BVerfGE 125, 175, 223 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 mwN; BVerfGE 132, 134 ff RdNr 64 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 90). Der Leistungsanspruch aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG ist von der Verfassung jedoch nur dem Grunde nach vorgegeben. Sein Umfang kann nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. Er hängt von den gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, der konkreten Lebenssituation der Hilfebedürftigen sowie den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist danach vom Gesetzgeber konkret zu bestimmen (BVerfGE 125, 175, 224 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; BVerfGE 132, 134 ff RdNr 67 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 93).

28

Bei der Bestimmung des Umfangs der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums kommt dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Dieser Gestaltungsspielraum umfasst die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs und ist zudem von unterschiedlicher Weite: Er ist enger, soweit der Gesetzgeber das zur Sicherung der physischen Existenz eines Menschen Notwendige konkretisiert, und weiter, wo es um Art und Umfang der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht (BVerfGE 125, 175, aaO; BVerfGE 132, 134 ff RdNr 67 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 93). Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist demnach kein Abwehrgrundrecht, sondern ein "Leistungsgrundrecht", dessen zentraler Gehalt durch den Gesetzgeber auszugestalten ist (vgl nur Jarass zum Schutzgehalt von Leistungsgrundrechten und des Grundrechts auf Gewährleistung eines Existenzminimums in Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl 2016, Vorb vor Art 1, RdNr 10 und Art 1 RdNr 23).

29

Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum eröffnet aber auch die Möglichkeit, die Leistungsgewährung an Voraussetzungen zu knüpfen (vgl ebenso zur Berücksichtigung von Einkommen BVerfG SozR 4-4200 § 11 Nr 33 = BVerfGK 17, 375 RdNr 13). Weder das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum noch das Sozialstaatsprinzip fordern eine voraussetzungslose Sicherung des Existenzminimums (vgl Berlit, info also 2013, 195, 200 ff; Lauterbach, ZFSH/SGB 2011, 584 ff; Spellbrink, JZ 2007, 28, 30; vgl weiter Eicker-Wolf, SF 2013, 172 ff; Opielka, SF 2004, 114 ff). Leistungseinschränkungen sind daher gegenüber dem durch den Menschenwürdeschutz und das Sozialstaatsprinzip vorgegebenen Niveau nicht generell und als solche unzulässig (vgl Petersen, ZFSH/SGB 2014, 669, 671 ff; Berlit, aaO, 198; ähnlich Rothkegel, ZAR 2012, 357, 360). Sofern diese an die Nichteinhaltung rechtlich zulässiger Voraussetzungen geknüpft sind, wird die staatliche Verantwortung gelockert; sie rechtfertigt eine Absicherung auf einem niedrigeren Niveau (vgl Berlit, aaO, 198; Wahrendorf, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 12, 14 f; Hohm, aaO, § 1a RdNr 29 ff).

30

Dies gilt insbesondere für ein System eingeschränkter Leistungen als Reaktion auf festgestellte Obliegenheitsverletzungen oder Verletzungen anderweitiger gesetzlicher Mitwirkungspflichten. Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, die Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Einhaltung solcher Pflichten zu knüpfen und bei deren Verletzung leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen (so aber Gerloff, Humboldt Forum Recht, 2014, 24, 29 ff; wie hier dagegen Petersen, aaO; Wahrendorf, aaO; Birk in LPK-SGB XII, 10. Aufl 2015, § 1a AsylbLG RdNr 7 ff; Hohm, aaO, § 1a RdNr 29). Er darf die uneingeschränkte Leistungsgewährung von der Rechtstreue des einzelnen abhängig machen. Wo Leistungen rechtsmissbräuchlich bezogen werden, ist daher von Verfassungs wegen nicht grundsätzlich zu beanstanden, dass diese Leistungen auch unterhalb das Niveau des typisierend bestimmten Existenzminimums abgesenkt oder mit Einschränkungen ausgestaltet werden (vgl Wahrendorf, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 14; vgl ähnlich auch Thym, NVwZ 2015, 1625, 1631). Die verfassungsrechtliche Grenze bildet dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Gesetzes- und Obliegenheitsverletzungen eines Leistungsberechtigten entlassen den Staat nicht vollständig aus seiner leistungsrechtlichen Verpflichtung.

31

Diesen Anforderungen wird § 1a Nr 2 AsylbLG aF gerecht(im Ausgangspunkt wie hier LSG Hamburg, Beschluss vom 29.8.2013 - L 4 AY 5/13 B ER, L 4 AY 6/13 B PKH; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.3.2013 - L 8 AY 59/12 B ER; Thüringer LSG Beschluss vom 17.1.2013 - L 8 AY 1801/12 B ER; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 19.8.2013 - L 8 AY 3/13 B ER; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.7.2013 - L 23 AY 10/13 B ER im vom Kläger geführten Eilverfahren; jetzt auch Bayerisches LSG Beschluss vom 8.7.2016 - L 8 AY 14/16 B ER; aA im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung des § 1a Nr 2 AsylbLG, nach der eine Leistungsabsenkung unter das Niveau der Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht in Betracht kommt, LSG NRW Beschluss vom 24.4.2013 - L 20 AY 153/12 B ER; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 27.3.2013 - L 3 AY 2/13 B ER; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 6.2.2013 - L 15 AY 2/13 B ER; Hessisches LSG Beschluss vom 6.1.2014 - L 4 AY 19/13 B ER).

32

Durch die Anspruchseinschränkung nach § 1a Nr 2 AsylbLG aF werden die existenzsichernden Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht generell-abstrakt herabgesetzt; deshalb folgt - anders als der Kläger meint - aus der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012, die lediglich die verfassungsrechtliche Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums im Grundsatz betrifft, nicht schon (auch nicht mittelbar) ihre Verfassungswidrigkeit. Der Gesetzgeber knüpft allein an einen persönlich zurechenbaren Verstoß gegen eine gesetzlich normierte Pflicht (vgl § 48 Abs 3 AufenthG) die Minderung von Leistungen; damit wird der Maßstab der Existenzsicherung als solcher gerade nicht verändert und auch nicht - im Sinne des BVerfG (vgl BVerfGE 132, 134 ff RdNr 95 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 121) - "migrationspolitisch relativiert". Dem Gesetz ist nicht die Wertung zu entnehmen, für die gesamte Personengruppe der "nur" geduldeten Ausländer kämen, weil es ihnen möglich und zumutbar wäre, nach erfolglosem Abschluss des Asylverfahrens auszureisen, nur abgesenkte Leistungen in Betracht. Selbst wenn mit der Tatbestandsalternative des § 1a Nr 2 AsylbLG aF, über die hier zu entscheiden ist(vgl die Gesetzesbegründung zu diesem Tatbestand in BT-Drucks 13/10155 S 5 sowie die Ausschussbegründung BT-Drucks 13/11172 S 7 f), auch migrationspolitische Belange in den Blick genommen worden sein sollten (vgl Wahrendorf, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 10; s dazu anstelle vieler auch die Stellungnahme von Pro Asyl vom 29.9.2015 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes, Ausschuss-Drucks 18(4)417, S 7 f), knüpft die Vorschrift allein an ein missbräuchliches Verhalten in der Verantwortung des Einzelnen an, dessen Aufgabe dieser jederzeit in der Hand hat, nicht dagegen an generell-abstrakt gefasste migrationspolitische Erwägungen, das Leistungsniveau niedrig zu halten.

33

Ziel der Vorschrift ist damit in erster Linie die Verhinderung eines rechtsmissbräuchlichen Leistungsbezugs im Einzelfall (so schon Hohm, NVwZ 1998, 1045, 1046 ff; Wahrendorf, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 10; so ausdrücklich auch BT-Drucks 13/11172 S 7). Den Leistungsberechtigten trifft eine individuelle Obliegenheit, die Voraussetzungen für eine Rückkehr in sein Heimatland durch die von seiner Seite erforderlichen Handlungen zu schaffen (vgl auch Rothkegel, aaO, 357, 360 f; kritisch demgegenüber Gerloff, aaO, S 24, 30); allein an den Verstoß hiergegen ist die eingeschränkte Gewährung von Leistungen geknüpft. Dass dadurch ausländerrechtliche Pflichten mit dem Leistungsrecht des AsylbLG verknüpft werden, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Das AsylbLG war von Beginn an "im Kern" als "Regelung des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts von Ausländern nach dem Asylverfahrensgesetz" verstanden und konzipiert worden (vgl BT-Drucks 12/4451 S 5; vgl auch B 12 RdNr 1; Wahrendorf, aaO, Einleitung RdNr 2). Seine Ansprüche sind unmittelbar an den aufenthaltsrechtlichen Status eines Ausländers geknüpft (vgl § 1 AsylbLG). Daher darf im Einzelfall eine Leistungseinschränkung an die Verletzung der aus einem Aufenthaltsstatus folgenden Verpflichtungen geknüpft werden.

34

Die Anspruchseinschränkung in § 1a Nr 2 AsylbLG aF erweist sich dabei als verhältnismäßig. Die in § 48 Abs 3 AufenthG normierte Mitwirkungspflicht verlangt dem Leistungsberechtigten im Grundsatz nichts Unzumutbares ab; ihm steht insoweit auch vor Augen, dass und welches Verhalten von ihm verlangt wird und welche Handlungsmöglichkeiten bestehen. Die Mitwirkung an der Beschaffung von Ausreisepapieren als Voraussetzung für die Ausreise entspricht zwar regelmäßig nicht seinem Willen, zwingt ihn jedoch auch nicht dazu, eine entsprechende "Willensbildung" vorzutäuschen oder zu entwickeln (vgl zur Grenze zulässiger Mitwirkungspflichten im Fall einer sog "Ehrenerklärung" BSGE 114, 302 ff = SozR 4-3520 § 1a Nr 1), sondern zu einem Verhalten, das anknüpft an den Ausgang eines nach rechtsstaatlichen Maßstäben geführten Asylverfahrens; nach dessen erfolglosem Ausgang ist dem lediglich noch geduldeten Leistungsberechtigten aber die Pflicht auferlegt, das in seiner Sphäre Liegende zur Ausreise beizutragen (vgl auch BVerfG vom 12.9.2005 - 2 BvR 1361/05 - RdNr 18 = NVwZ 2006, 80, 81 zur Verfassungsmäßigkeit der Strafbarkeit eines geduldeten Ausländers bei Verstoß gegen die Passpflicht). Der Gesetzgeber knüpft mit der Leistungseinschränkung ferner nicht an den Erfolg einer endgültigen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung des jeweiligen Leistungsberechtigten an, sondern an das "Ob" der Erfüllung der individuell geforderten Mitwirkungshandlung: Die erforderliche Kausalität des Fehlverhaltens für die an diese Obliegenheit geknüpfte Leistungseinschränkung entfällt in dem Moment, in welchem der Betreffende seinen Mitwirkungspflichten nachkommt (vgl dazu auch die Ausschussbegründung in BT-Drucks 13/11172, aaO), oder andere, nicht in seiner Sphäre liegenden Gründe die Abschiebung verhindern. Eine Leistungsminderung auf das unabweisbar Gebotene kann dann nicht mehr auf § 1a Nr 2 AsylbLG aF gestützt werden (so schon OVG Lüneburg Beschluss vom 30.7.1999 - 12 M 2997/99; Streit, ZAR 1998, 266, 271; Hohm, aaO, § 1a RdNr 306 ff). Durch Einhaltung der gesetzlichen Pflichten erlangt der Leistungsberechtigte also unmittelbar wieder einen Anspruch auf Leistungen in voller Höhe.

35

§ 1a Nr 2 AsylbLG aF ermöglicht es auch hinreichend, das Interesse des Leistungsberechtigten an uneingeschränkten Leistungen mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Verhinderung rechtsmissbräuchlichen Leistungsbezugs in Einklang zu bringen. Die Norm ist anspruchseinschränkend, nicht anspruchsausschließend ausgestaltet (Herbst in Mergler/Zink, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 24, Stand 2016; Hohm, aaO, § 1a RdNr 140; Birk, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 5). Indem auch in Fällen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens die unabweisbar gebotene Hilfe geleistet wird, wird dem verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzip Rechnung getragen (BT-Drucks 13/10155 S 5 - zum Ganzen s auch Hohm, aaO, § 1a RdNr 115 ff; Fasselt in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl 2009, § 1a AsylbLG RdNr 17; OVG NRW Beschluss vom 31.5.2001 - 16 B 388/01 - RdNr 10 ff; aA OVG Berlin Beschluss vom 12.11.1999 - 6 SN 203.99 - RdNr 14 ff). Die Norm ist - ausdrücklich - eine Regelung jeweils des konkreten Einzelfalls ("das im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar Gebotene"; vgl dazu auch Oppermann, aaO, RdNr 100); gerade durch die Bezugnahme des konkreten Sachverhalts verlangt sie, die Besonderheiten der Lebenssituation des jeweiligen Leistungsberechtigten in den Blick zu nehmen und so spezifische Bedarfslagen jederzeit abzudecken. Auch Leistungen zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums sind nach der oben geschilderten Prüfung des Einzelfalls nicht von vornherein ausgeschlossen; insbesondere verbleibt die Möglichkeit zur Gewährung von Leistungen zur Aufrechterhaltung von Kontakten im nahen persönlichen Umfeld (in erster Linie also mit der Familie) je nach den Umständen, die der Leistungsberechtigte insoweit geltend macht. Ob und inwieweit aus dem Bedürfnis zu regelmäßiger Kommunikation mit der Familie, begründeten Besuchsanliegen, unerlässlichen Fahrtkosten oder ähnlichen Lebenslagen ggf unabweisbare Bedarfe entstehen, lässt sich anhand der vom Gesetz vorgegebenen differenzierenden Einzelfallbeurteilung entscheiden.

36

Einen Verstoß gegen das Wesentlichkeitsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) stellt die Ausgestaltung des § 1a Nr 2 AsylbLG aF als Einzelfallregelung nicht dar. Zwar bedarf der verfassungsrechtliche Leistungsanspruch stets, sowohl mit Blick auf die Anspruchsvoraussetzungen als auch auf den Umfang der Leistungen, der Ausgestaltung durch ein Parlamentsgesetz (Aubel in Emmenegger/ Wiedmann, Linien der Rspr des BVerfG, Band 2, 2011, S 273, 287). Der Gesetzgeber hat insoweit das Wesentliche selbst zu regeln (sog Wesentlichkeitstheorie - dazu Axer in Anderheiden/ Keil/Kirste/Schaefer, Gedächtnisschrift für Winfried Brugger, 2013, S 335, 343; Aubel, aaO, S 279). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Höhe von grundsätzlich gegebenen Leistungsansprüchen, sondern um die Anspruchsminderung infolge eines persönlichen Fehlverhaltens. Die wesentliche Entscheidung, dass und vor welchem tatbestandlichen Hintergrund Leistungen zu mindern sind, hat insoweit bereits der Gesetzgeber selbst getroffen. Er hat entschieden, dass der Leistungsberechtigte nur dasjenige erhält, was er unbedingt braucht. Weitergehendes bleibt den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall vorbehalten. Dabei ist der Begriff des unabweisbar Gebotenen aus sich heraus verständlich und der Auslegung und Kontrolle durch die Gerichte zugänglich.

37

Auch im konkreten Einzelfall ist die Anwendung des § 1a Nr 2 AsylbLG aF verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere wahrt sie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, obwohl die Leistungsminderung im streitbefangenen Monat Januar 2013 bereits über mehrere Jahre hinweg erfolgt war. Ausreichend unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten im Einzelfall war auch insoweit die Prüfung, ob sich der Leistungsberechtigte durchgehend seiner Möglichkeiten zur Abkehr von der Leistungsminderung bewusst und die Abkehr möglich war. Dies war hier aufgrund der umfänglichen Belehrungen (s zuvor) der Fall. Eine Begrenzung der Leistungseinschränkung auf eine bestimmte Dauer im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung (etwa von vier Jahren, vgl Petersen, aaO, S 669, 674 ff) ist jedenfalls in einem solchen Fall nicht geboten (vgl dazu Birk, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 10; entsprechend wohl auch Deibel, Sozialrecht aktuell 2013, 103, 109; aA Oppermann, aaO, RdNr 121; Classen, Flüchtlingsrat Berlin, Ausschuss-Drucks 18(11)220 S 21 im Rahmen der Anhörung von Sachverständigen zum Gesetz zur Änderung des AsylbLG und des SGG vom 10.12.2014). Insbesondere verfängt insoweit das Argument nicht, dass nach einer gewissen Frist von einem "Scheitern" des Ziels der nur eingeschränkten Leistungsgewährung auszugehen sei (so aber Petersen, aaO). Aus Verhältnismäßigkeitsgründen ist die Frage nach der "erzieherischen Wirksamkeit" nicht zu stellen; denn § 1a Nr 2 AsylbLG aF knüpft - wie bereits ausgeführt - nicht an die tatsächliche Schaffung der Voraussetzungen einer Abschiebung als Erfolg an. Eine einschränkende Auslegung der Regelung je nach der Dauer des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bedeutete im Übrigen eine Besserstellung derjenigen Leistungsberechtigten, die sich im Ergebnis lange genug rechtsstaatlich gerechtfertigten Anforderungen wiedersetzten. Schließlich liefe der Anwendungsbereich der Norm von vornherein leer, wenn - in Konsequenz eines solchen Normverständnisses aber zwingend - schon eine endgültige und ernsthafte Weigerung der Mitwirkung die Erreichung des Ziels ausgeschlossen erscheinen lassen würde.

38

Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob Art 3 Abs 1 GG im Kontext bezogener Fürsorgeleistungen überhaupt einen eigenen Schutzgehalt aufweist (vgl dazu Frerichs/Greiser in 60 Jahre Sozialgerichtsbarkeit Niedersachsen und Bremen, 2014, 157, 197 ff). Verstößt die Absenkung auf das unabweisbar Gebotene nicht gegen den aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG abgeleiteten Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines Existenzminimums, wäre bejahendenfalls auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten die Rechtsmissbräuchlichkeit von Leistungen ein hinreichendes Differenzierungskriterium, um Leistungsansprüche im konkreten Einzelfall zu mindern (ebenso Wahrendorf, aaO, § 1a AsylbLG RdNr 15). Dies gälte auch für einen möglichen Leistungsanspruch nach § 2 AsylbLG.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Versagung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015 streitig.
Der 1964 geborene Kläger lebt zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen 2007 und 2010 geborenen Kindern L. und Y.. Die Ehefrau und die Kinder sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Im Mai 2011 beantragte der Kläger für sich, seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder Leistungen nach dem SGB II. Hierbei legte er seinen am 22. Oktober 2002 durch die Stadt B. ausgestellten, bis 21. Oktober 2012 gültigen deutschen Personalausweis vor. In der Folgezeit bezog der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt wurden ihm auf den Weiterbewilligungsantrag vom 21. Mai 2014 mit Bewilligungsbescheid vom 26. Mai 2014 und Änderungsbescheid vom 22. August 2014 vorläufige Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis 30. November 2014 bewilligt.
Mit Schreiben vom 10. November 2014 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von 200,00 EUR als Zusatzbedarf für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kindern L. und Y. oder ersatzweise die Ausstellung entsprechender Gutscheine. Mit Bescheid vom 18. November 2014 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2014 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 4. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben (S 3 AS 3065/14).
Ab Sommer 2013 führten die Schreiben des Klägers u.a. folgenden Briefkopf:
„A.: a. d. H. K. mit Familiennamen G.
Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen
Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)
Für mich gilt das Völkerrecht auf Basis Artikel 25 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949.“
Am 29. Mai 2014 legte der Kläger einen am 8. April 2014 von der „administrativen Regierung Freistaat Preußen“ ausgestellten „Staatsangehörigkeitsausweis“ vor. Am 14. November 2014 stellte der Kläger für sich und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beim Beklagten den Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 1. Dezember 2014. Mit Schreiben vom 18. November 2014 forderte ihn der Beklagte zur Vorlage von Personalausweisen bzw. Reisepässen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf. Für den Fall, dass die genannten Dokumente nicht bis zum 25. November 2014 vorgelegt würden, seien die Geldleistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen. Vorgelegt wurden daraufhin die russischen Personenstandsdokumente der Ehefrau und der beiden Kinder; der Kläger legte lediglich eine Kopie seiner Geburtsurkunde vor. Mit Schreiben vom 21. November 2014 erklärte der Kläger, aus Gründen völkerrechtlicher Vereinbarungen nicht der Meldepflicht und auch nicht einer Personalausweispflicht zu unterliegen.
Mit Bescheid vom 25. November 2014 und Änderungsbescheid vom 2. Dezember 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015, wobei für den Kläger lediglich die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt wurden, nicht jedoch Leistungen für den Regelbedarf.
Mit weiterem Bescheid vom 25. November 2014 versagte der Beklagte dem Kläger den Regelbedarf für Dezember 2014 bis Mai 2015. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei aufgefordert worden, seinen Personalausweis vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, indem er lediglich einen „Staatsangehörigkeitsausweis des Freistaates Preußen“ sowie einen nicht beglaubigten Auszug aus dem Geburtenregister der Stadt W. vorgelegt habe. Die eingereichten Unterlagen stellten nicht den erforderlichen Identitätsnachweis dar. Die Vorlage eines Identitätsnachweises in Form der Vorlage des Personalausweises sei eine stillschweigende Anspruchsvoraussetzung im SGB II. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Der Anspruch auf den Regelbedarf bleibe deshalb solange versagt, bis er einen Identitätsnachweis vorlege, der den Anforderungen des Mitwirkungsschreibens vom 18. November 2014 i. V. m. § 1 Satz 2 Personalausweisgesetz (PAuswG) entspreche. Die Entscheidung beruhe auf §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Das in § 66 Abs. 1 SGB I eingeräumte Ermessen sei dahin ausgeübt worden, dass das öffentliche Interesse an der Rechtmäßigkeit der Verwaltung und einer ordnungsgemäßen Entscheidung höher bewertet werde als die Belastung des Klägers. Es widerspräche dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung und dem Einsatz von Mitteln der Grundsicherung für Erwerbsfähige, wenn dem Kläger Leistungen gewährt würden, ohne dass seine Zugangsvoraussetzungen für einen Leistungsbezug im Sinne des SGB II geprüft werden könnten.
Hiergegen legte der Kläger am 2. Dezember 2014 Widerspruch ein mit der Begründung, eine Personalausweispflicht bestehe nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die Vorlage eines Identitätsnachweises sei eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorausgesetzte Anspruchsvoraussetzung. Die Identität des Widerspruchsführers sei keinesfalls eindeutig nachgewiesen. Insbesondere genüge die Vorlage einer nicht beglaubigten Geburtsurkunde nicht als Identitätsnachweis. Die Erbringung von SGB II-Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen sei vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt. Dadurch, dass kein Identifikationsnachweis vorgelegt worden sei, sei die Existenz des Widerspruchsführers auch nicht eindeutig nachgewiesen. Deutsche Staatsangehörige müssten ab Vollendung des 16. Lebensjahres einen Ausweis zur Feststellung der Identität besitzen. Dies ergebe sich aus § 1 PAuswG. Er diene der Feststellung der Person im Sinne des § 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde – hier dem Jobcenter – vorzulegen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 PAuswG). Der Kläger habe bislang auch keinen ausreichenden Identitätsnachweis vorgelegt. Einen solchen stelle insbesondere der von der „administrativen Regierung des Freistaates Preußen“ ausgestellte „Staatsangehörigkeitsausweis“ nicht dar. Es reiche zum Nachweis der eigenen Identität nicht aus, dass man von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten hergestellte Schriftstücke übersende, die die „Staatsangehörigkeit“ zu einem nicht existierenden Land behaupteten.
10 
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 10. Dezember 2014, beim SG Konstanz am 12. Dezember 2014 eingegangen, Klage erhoben (Az. S 3 AS 3177/14). Der Kläger hat ein von ihm verfasstes, an die „Firma Bundesverwaltungsgericht“ adressiertes Schreiben vom 30. Dezember 2014 vorgelegt, in welchem u. a. ausgeführt wird, von den Mitarbeitern der „privaten Firma Bürgermeisteramt B.“ sei die Rückgabe und Vernichtung der Personalausweise gemäß § 27 Abs. 11 PAuswG wegen ungültiger Erklärungen im Sinne von § 28 Abs. 12 i. V. m. § 5 Abs. 2 Nrn. 1 und 10 PAuswG und die unwiderrufliche Löschung der erhobenen personenbezogenen Daten nach §§ 4, 4a, 20 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gefordert worden. Er hat dort weiter vorgetragen, weder der Personalausweis noch der deutsche Reisepass seien ein Nachweis über den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Abs. 1 Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 oder der Staatsangehörigkeit zu den Bundesstaaten nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949. Sie begründeten lediglich die Vermutung, dass der Ausweisinhaber die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Tatsächlich sei dies aber rechtlich nur möglich über einen Staatsangehörigkeitsausweis. Da die Bundesrepublik Deutschland als „Verwaltung der Vereinten Wirtschaftsgebiete ausweislich des Firmenregisters mit der Registrierungsnummer X Hauptverantwortlicher J. G. mit der (SIC) Nr. Y Geschäftssitz: Platz der Republik 1 in 11011 Berlin“ eine private Firma sei, gebe sie folgerichtig Personalausweise aus, die nicht den Menschen, sondern die juristische Person titulierten, ohne dass damit eine Staatsangehörigkeit bescheinigt werde. Da er jedoch Mensch und kein Personal einer privaten Firma sei, bestehe er auf seinem Völkerrecht und allen seinen Abstammungsrechten und fordere nach der Rücknahme auch die Vernichtung der ihm unter Täuschung im Rechtsverkehr als behauptete amtliche Dokumente aufgenötigten Dienstausweise der „privaten Firma“ unter Verletzung der genannten Pflicht. Er fordere die unverzügliche Abmeldung der „privaten Firma“, der er fristlos gekündigt habe. Dazu gehöre auch die Information des Einwohnermeldeamts, dass er jetzt nicht mehr deutsch sei und somit entsprechend der Genfer Konventionen, unter deren Schutz stehend, die gleichen Rechte garantiert bekomme wie die Ausländer auch, die nachweisen könnten, dass sie als Staatsangehörige eines Drittstaats unter dem Schutz der Genfer Konvention stünden; dazu gehöre das bedingungslose Grundeinkommen nach der Haager Landkriegsordnung (HLKO), welches die wissenden Ausländer selbstverständlich alle vom Sozialamt gezahlt bekämen, so wie es die „BRD“ im Pakt für bürgerliche und politische Rechte garantiert habe. Weiter vorgelegt wurde eine „Generalanordnung“ der „administrativen Regierung Freistaat Preußen“ vom 13. Dezember 2014, auf die Bezug genommen wird.
11 
Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 hat der Kläger erneut den „Staatsangehörigkeitsausweis“ des „Freistaates Preußen“ vom 8. April 2014, einen unter dem gleichen Datum ausgestellten „Heimatschein“ des „Freistaates Preußen“ für den Aufenthalt im Ausland, sowie erneut eine Geburtsurkunde vorgelegt.
12 
Der Kläger hat weiter ein an die „private Firma Staatsanwaltschaft Abteilung Wirtschaftskriminalität“ K. gerichtetes Schreiben vom 24. Februar 2015 vorgelegt, in welchem er u. a. ausgeführt hat, er sei nach den für ihn gültigen Gesetzen als Staatsangehöriger eines Bundesstaates nach Artikel 116 Abs. 2 GG, und zwar des Bundesstaats „Freistaat Preußen“, ordnungsgemäß bei der für ihn zuständigen Verwaltung des „Freistaats Preußen“ gemeldet. Eine Begründung mit Vorlage der Gesetze, welche den Mitarbeitern des Jobcenters und des Sozialamtes die an ihm angeführten Straftaten, Rechtsübertretungen und Eigenermächtigungen erlaubten, sei nicht nachgewiesen. Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte vollziehe eine Rechtsbeugung durch Verlangen eines Personalausweises, der rechtlich für Staatsangehörige nach Artikel 116 Abs. 1 GG Anwendung finde. Er sei nachweislich Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 GG in Verbindung mit Artikel 25 GG Völkerrecht und weder berechtigt noch befugt, den Ausweis zu tragen.
13 
Am 10. August 2015 hat der Kläger eine beglaubigte Kopie seines am 6. Dezember 2006 ausgestellten, bis 5. Dezember 2016 gültigen deutschen Reisepasses vorgelegt. Der Beklagte teilte ihm daraufhin mit, die Kopie des Reisepasses stelle keinen gültigen Identitätsnachweis dar und sei somit auch kein gültiger Nachweis über die Staatsangehörigkeit. Der Kläger wurde aufgefordert, den gültigen Reisepass im Original vorzulegen.
14 
Mit Schreiben vom 14. Februar 2016 hat der Kläger vorgetragen, er habe seinen entgegengesetzten Willen nach Artikel 116 Abs. 2 des „(Militär-)Grundgesetzes“ für die Bundesrepublik Deutschland erklärt, alle invisiblen Verträge gekündigt und seine wahre Staatsangehörigkeit nach Abstammung, gemäß Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) 1913, hier „Freistaat Preußen“ als Gliedstaat des Deutschen Reiches/Kaiserreich, angenommen. Entsprechend § 5 EGBGB gehe seine Rechtsstellung als Staatsangehöriger des „Freistaats Preußen“ und somit als Deutscher vor.
15 
Im Februar 2017 hat der Kläger einen von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass mit der Nr. Z vorgelegt. Ausweislich der in den Akten befindlichen Kopie ist dieser am 18. Januar 2017 mit einer Gültigkeit bis 17. Januar 2018 ausgestellt worden. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er habe im Rahmen einer Auslandsreise für seinen Arbeitgeber einen vorläufigen Reisepass beantragen müssen, die Botschaft in Ungarn habe ihm diesen nach kurzer Bestätigung seiner Wohngemeinde am gleichen Tag ausgestellt. Es sei deshalb nicht verständlich, dass es ihn nicht gegeben haben solle. Der Beklagte hat hierzu vorgetragen, an seiner Rechtsauffassung ändere sich durch die Vorlage des vorläufigen Reisepasses nichts, da das anhängige Klageverfahren den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 betreffe.
16 
Mit Beschluss vom 9. Mai 2017 hat das SG Konstanz die Rechtsstreitigkeiten S 3 AS 3177/14 und S 3 AS 3065/14 unter dem Aktenzeichen S 3 AS 3065/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
17 
Der Beklagte hat vorgetragen (Schriftsätze vom 11. Mai 2017 und 19. Juni 2017), im streitgegenständlichen Zeitraum habe kein gültiges Ausweisdokument vorgelegen, sodass in dieser Zeit weder die Identität noch die Staatsangehörigkeit des Klägers habe geklärt werden können, da dieser ja selbst in seinem Schreiben vom 2. März 2015 angegeben habe, nicht fälschlich die Nationalität bzw. das Adjektiv „deutsch“ zu besitzen, sondern Angehöriger des „Freistaates Preußen“ zu sein. Der Kläger habe selbst angegeben, dass er seinen alten (abgelaufenen) Personalausweis wegen Rechtsungültigkeit bzw. falscher Eintragungen der Gemeindeverwaltung B. zurückgegeben habe. Eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auf der Grundlage eines abgelaufenen bzw. zurückgegebenen Personalausweises sei ausgeschlossen, wenn selbst der Kläger angebe, dass die Eintragungen im Personalausweis fehlerhaft seien. Zur Klärung der Anspruchsberechtigung nach dem SGB II sei es außerdem zwingend erforderlich, dass die Staatsangehörigkeit nachgewiesen sei. Diese sei aber keinesfalls geklärt, nachdem der Kläger selbst angegeben habe, nicht die Nationalität „deutsch“ zu besitzen. Die erforderliche Mitwirkung habe der Kläger erst im Februar 2017 mit der Vorlage des vorläufigen Reisepasses und des dadurch erfolgten Nachweises von Identität und Staatsangehörigkeit nachgeholt. Bei Erlass des angefochtenen Bescheides sei damit weder die Identität noch die Staatsangehörigkeit des Klägers nachgewiesen gewesen.
18 
Mit Gerichtsbescheid vom 10. November 2017 hat das SG Konstanz den Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben und im Übrigen die Klagen abgewiesen. Hinsichtlich des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die Kinder des Klägers als Geldzuschuss oder Gutschein sei die Klage jedenfalls unbegründet, da hierfür keine Rechtsgrundlage existiere. Die geltend gemachten Leistungen seien von der Regelleistung umfasst. Gegenstand des Klageverfahrens sei weiter der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014. Die Bewilligungsbescheide vom 25. November 2014 und 2. Dezember 2014 seien nicht Klagegegenstand. In zeitlicher Hinsicht sei der Streitgegenstand befristet auf den vom Beklagten verbeschiedenen Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015. Für den Folgezeitraum habe der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015 die Gewährung der Regelleistung an den Kläger versagt. Dieser Bescheid sei nicht angegriffen und somit bestandskräftig geworden. Die Klage sei unzulässig, soweit mit ihr die Gewährung der Regelleistung nach § 20 SGB II geltend gemacht werde. Der vorliegende Versagungsbescheid könne allein mit der isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angefochten werden. Die Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Es könne dahinstehen, ob der Kläger durch Vorlage eines gültigen Reisepasses Anfang Februar 2017 seine Mitwirkungspflicht nachgeholt habe, da bereits in der unterlassenen Vorlage eines gültigen Personalausweises im streitigen Zeitraum keine Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I liege. Weder im SGB I noch im SGB II habe der Gesetzgeber die Pflicht eines Antragstellers normiert, einen Nachweis seiner Identität zu erbringen. Dennoch könne der Nachweis der Identität, auch durch entsprechende Vorlage amtlicher Dokumente, eine auf der Grundlage des § 60 SGB I zu fordernde Mitwirkungshandlung sein, wenn die Identität eines Antragstellers der Behörde nicht bekannt sei. Bei dem Erfordernis des Identitätsnachweises eines Antragstellers handle es sich um eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorausgesetzte Anspruchsvoraussetzung, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit nicht normiert worden sei. Vorliegend sei die Identität des Klägers dem Beklagten jedoch nicht unbekannt gewesen. Durch die Vorlage eines gültigen Personalausweises bei der ersten Antragstellung im Jahr 2011 sei die Identität des Klägers durch den Beklagten festgestellt worden. Die wiederholte Vorlage eines Personalausweises oder eines anderen von einer staatlichen Stelle ausgestellten Legitimationspapieres habe in diesem Fall nicht als Mitwirkungshandlung nach § 60 SGB I gefordert werden dürfen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der sich als Kopie in den Verwaltungsakten des Beklagten befindliche Personalausweis des Klägers seine Gültigkeit durch Zeitablauf verloren habe. Die Gültigkeit des Ausweises sei nach § 6 Abs. 1 PAuswG bis zum 31. Oktober 2012 befristet gewesen. Ob der Kläger auch in der Zwischenzeit bis zur Ausstellung des Reisepasses im Januar 2017 über einen gültigen Personalausweis oder Reisepass verfügt habe, sei weder bekannt noch streitentscheidend. Ersichtlich sei die Vorlage des „Staatsangehörigkeitsausweises“, ausgestellt von der „administrativen Regierung des Freistaates Preußen“ nicht geeignet, die Identität des Klägers nachzuweisen. Entgegen der Ansicht des Klägers handle es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Es reiche zum Nachweis der eigenen Identität nicht aus, dass man von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten hergestellte Schriftstücke übersende, die die „Staatsangehörigkeit“ zu einem nicht existierenden Land behaupteten. Darauf komme es hier aber ebenso wenig an wie darauf, ob der Kläger den Nachweis seiner Identität auch in zulässiger Weise durch die Vorlage einer notariell beglaubigten Kopie des Auszugs aus dem Geburtenregister habe führen können. Denn der Nachweis der Identität sei durch die Vorlage des bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweises erfolgt. Der Gesetzgeber wolle (lediglich) keine Leistungen an beliebige Personen gewähren, sondern die Existenz identifizierbarer Personen sichern. Dafür sei es aber nicht erforderlich, in regelmäßigen Abständen die Legitimation zu wiederholen. Im vorliegenden Falle habe der Beklagte, auch für den streitigen Zeitraum, dem Kläger sowohl einen Zuschuss zur Krankenversicherung wie auch seinen Anteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihm mit seiner Familie bewohnten Wohnung gewährt. Damit setze sich der Beklagte schon zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch. Auch habe der Beklagte zu keiner Zeit Zweifel an der Identität des Klägers vorgebracht. Die Ansicht des Beklagten führe dazu, dass demjenigen, der einen gültigen Personalausweis nicht besitze oder nicht vorlege, die Regelleistung entzogen werden könne. Hierin liege die Sanktionierung eines Verstoßes gegen das PAuswG, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage bestehe. Neben einer Geldbuße sehe das PAuswG einen Entzug der Regelleistungen nach dem SGB II als mögliche Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Ausweispflicht aber nicht vor.
19 
Gegen den dem Kläger am 15. November 2017 und dem Beklagten am 17. November 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat allein der Beklagte am 11. Dezember 2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, der Identitätsnachweis als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II könne nur durch die Vorlage eines gültigen Ausweisdokuments geführt werden. Da ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliere, müsse auch bei jedem Folgeantrag ein Identitätsnachweis durch Vorlage eines Ausweisdokuments geführt werden.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 aufzuheben, soweit der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 zurückzuweisen.
24 
Er hält die Entscheidung für zutreffend.
25 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
27 
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Versagung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 in Höhe von mehr als 750,00 Euro streitig ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
28 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch der Bescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014, mit dem der Beklagte die Gewährung der Regelleistung nach dem SGB II an den Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 versagt hat. Nachdem der Kläger den Gerichtsbescheid nicht angefochten hat, soweit das SG Konstanz die auf die Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kinder gerichtete Klage abgewiesen hat, ist der Gerichtsbescheid insoweit rechtskräftig geworden.
29 
Die vorliegende Leistungsversagung ist zeitlich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 und inhaltlich auf die Versagung der Regelleistung beschränkt. Dies folgt zum einen daraus, dass der Versagungszeitraum im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf diesen Zeitraum beschränkt worden ist, zum anderen auch daraus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015, der nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, die Gewährung der Regelleistung für den Folgezeitraum erneut versagt hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 - L 7 SO 1138/17 - juris Rdnr. 23). Gleiches gilt für die Bescheide vom 20. Februar 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 2017, mit denen der Beklagte die nachträgliche Erbringung des Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015, 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016, 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 und 1. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 abgelehnt hat.
30 
Zutreffende Klageart ist vorliegend die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG). Der Beklagte hat den Gerichtsbescheid des SG nur insoweit angefochten, als der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist. Der Kläger hat die durch das SG erfolgte Klageabweisung seiner Leistungsklage auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 nicht mit einer (Anschluss-)Berufung angegriffen.
31 
3. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
32 
a) Rechtsgrundlage für die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Versagung ist § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (Bundessozialgericht , Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 R - juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnrn. 13 f.; BSG, Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 42/12 R - juris Rdnr. 14). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bestehen gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
33 
b) Der Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 2014 zwar hinreichend klar die geforderte Mitwirkungshandlung des Klägers, nämlich die Vorlage des Personalausweises, benannt. Auch die hierfür gesetzte Frist bis zum 25. November 2014 war noch ausreichend bemessen, da eine Frist von einer Woche für die Vorlage eines solchen Dokuments ausreichend ist.
34 
c) Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig geworden, weil der Kläger zwischenzeitlich im Februar 2017 seinen am 18. Januar 2017 von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass vorgelegt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Versagung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, somit der Erlass des Widerspruchsbescheides am 3. Dezember 2014 (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - juris Rdnr. 19; Senatsurteil vom 22. September 2016 - L 7 AS 3613/15 - juris Rdnr. 23; Senatsurteil vom 23. Februar 2017 - L 7 SO 2952/16 - n.v.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - juris Rdnr. 45). Die Rechtmäßigkeit der Versagung nach § 66 SGB I ist allein danach zu beurteilen, ob bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die Mitwirkungshandlung vorgenommen worden ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - BVerwGE 71, 8 - juris Rdnr. 14; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl. 2014, § 67 Rdnr. 4 ff.; Rdnr. 15; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 67 Rdnr. 5). Insoweit ist maßgeblich für die nachfolgende Behördenentscheidung über den Leistungsantrag, ob die Versagung zu Recht erfolgt ist. War dies der Fall, so hat die Behörde - nachdem die Mitwirkungshandlung erfolgt ist - gem. § 67 SGB I eine Ermessensentscheidung über die nachträgliche Leistungserbringung zu treffen. War die Versagung hingegen rechtswidrig, so hat sie über den ursprünglichen Leistungsantrag eine gebundene Entscheidung zu treffen.
35 
d) Allerdings hat insoweit keine Mitwirkungspflicht des Klägers bestanden, so dass auch die Voraussetzungen für eine Leistungsversagung nicht vorgelegen haben.
36 
aa) Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehört zwar auch der Nachweis der Identität einer Person, die Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Gesetzgeber des SGB II wollte nicht die Erbringung von Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen regeln. Der Zweck der Leistung - die Existenzsicherung - setzt voraus, dass eine solche Existenz überhaupt besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, dass bestimmte Existenzbedingungen einer bestimmten konkretisierbaren natürlichen Person im Sinne des § 1 BGB als Subjekt von Rechten und Pflichten zugeordnet werden können (vgl. SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris Rdnr. 29).
37 
Grundsätzlich ist zum Nachweis der Identität auch die Vorlage des Personalausweises erforderlich. Dieser dient gem. § 1 Satz 2 PAuswG der Feststellung der Person im Sinne des § 1 BGB und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde vorzulegen. Deshalb ist die zuständige Behörde auch berechtigt, vor der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II die Vorlage von Identitätsnachweisen bzw. Personalausweisen zu verlangen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris Rdnr. 26). Dies gilt jedenfalls bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen. Der Beklagte führt zutreffend aus, dass Zweck des Identitätsnachweises ist, dass derjenige, der einen Bewilligungsantrag stellt, auch derjenige ist, für den er sich ausgibt, da Leistungen der Existenzsicherung nicht an beliebige, nicht identifizierbare Personen erbracht werden sollen.
38 
bb) Das SG Konstanz hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Pflicht zum Nachweis der eigenen Identität einen Antragsteller nicht zur - erneuten - Vorlage von Legitimationspapieren für jeden Bewilligungsabschnitt verpflichtet, wenn keine Zweifel an dessen Identität bestehen.
39 
Eine Verpflichtung, bei jeder erneuten Antragstellung für Folgezeiträume einen gültigen Identitätsnachweis in Form eines Personalausweises oder Reisepasses vorzulegen, besteht nicht, wenn bezüglich der Identität des Antragstellers kein Zweifel besteht (vgl. SG Bremen, Beschluss vom 4. Mai 2009 - S 23 AS 795/09 ER). Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Verpflichtung zur Vorlage eines Personenstandsdokuments bejaht worden ist, hat dies jeweils die erstmalige Beantragung von Leistungen betroffen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris; SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris) oder der Antragsteller war nicht persönlich bekannt, da er die Leistungen in der Vergangenheit nur schriftlich beantragt und schriftlich mit dem Jobcenter verkehrt hatte (SG Bremen, Beschluss vom 24. Februar 2010 - S 18 AS 286/10 ER - juris Rdnr. 11).
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Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliert. Dadurch werden für nachfolgende Bewilligungszeiträume nur jeweils neue Mitwirkungs- bzw. Mitteilungspflichten begründet bezüglich von für die Leistungsgewährung relevanten Umständen, die regelmäßig Veränderungen unterliegen, wie z.B. den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft oder der örtlichen Zuständigkeit. Die Identität einer Person ist aber von solchen Veränderungen regelmäßig nicht betroffen. Dem entspricht auch die Verwaltungspraxis des Beklagten. Danach sind zwar im Formantrag (dort „Hauptantrag“ genannt) auf - erstmalige - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Angaben zur Staatsangehörigkeit zu machen, nicht jedoch im Formularantrag für eine Weiterbewilligung. Dort sind nur unter Ziff. 5 Angaben zu Änderungen zu machen, wobei unter den exemplarisch aufgeführten anzugebenden Änderungen eine Änderung der Staatsangehörigkeit nicht aufgeführt ist.
41 
Solche Zweifel haben vorliegend nicht bestanden. Bei der erstmaligen Antragstellung im Mai 2011 - damals noch bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten - hatte der Kläger seinen damals noch bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweis vorgelegt. Ihm waren darauf vom zuständigen Leistungsträger Leistungen bewilligt worden. Mit Schreiben vom 8. März 2012 wurde dem Umzug des Klägers von B. nach ... B., H. ... zugestimmt und der Kläger hat die Anmeldebestätigung der Gemeinde B. vorgelegt. Dem Kläger wurden in der Folgezeit - auch über das Ablaufdatum seines Personalausweises am 22. Oktober 2012 hinaus - Leistungen bewilligt. Am 28. November 2012 hat der Kläger zudem eine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet, die u.a. den Hinweis enthält, diese sei mit ihm besprochen und unklare Punkte seien erläutert worden. Dies setzt voraus, dass auch ein persönlicher Kontakt von Mitarbeitern des Beklagten mit dem Kläger bestanden hat. Die Zahlungen an den Kläger sind regelmäßig auf das Konto seiner Ehefrau bei der H.bank K. erfolgt. Am 2. April 2013 ist zudem eine Barauszahlung an den Kläger erfolgt (vgl. Bl. 189 der Verwaltungsakten). Es hat damit kein Wechsel der Bankverbindung, der Krankenversicherung und der personellen Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft des Klägers und lediglich ein genehmigter Wechsel des Wohnsitzes vorgelegen. Die Identität des Klägers war dem Beklagten danach bekannt. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte Leistungen an den Kläger nicht völlig versagt hat, sondern ihm Leistungen für die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt hat.
42 
cc) Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn die (erneute) Vorlage des Personalausweises erforderlich ist, etwa weil Zweifel an der Identität des Antragstellers bestehen oder dies zur Feststellung weiterer Tatbestandsvoraussetzungen der beantragten Leistung erforderlich ist. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn fraglich ist, ob ein Antragsteller weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, da Leistungen an Ausländerinnen und Ausländer nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II erbracht werden. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist in § 17 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. In Betracht käme danach allein der Verlust der Staatsangehörigkeit gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 StAG durch Entlassung (§§ 18 bis 24 StAG), gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 StAG durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 StAG) oder gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 StAG durch Verzicht (§ 26 StAG). Nach § 18 StAG wird ein Deutscher auf seinen Antrag aus der Staatsangehörigkeit entlassen, wenn der den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat. Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde (§ 23 StAG). Gem. § 25 Abs. 1 StAG verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Gem. § 26 Abs. 1 StAG kann ein Deutscher auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Gem. § 26 Abs. 3 StAG tritt der Verlust der Staatsangehörigkeit mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde ein.
43 
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der bei der erstmaligen Antragstellung unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat, in der Folgezeit aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden ist, auf diese verzichtet oder auf seinen Antrag eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, haben jedoch nicht vorgelegen. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger in seinen Schreiben als „Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen“ bezeichnet und entsprechende „Staatsangehörigkeitsausweise“ vorgelegt hat. Wie das SG Konstanz zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Bei den vom Kläger vorgelegten Papieren handelt hat es sich vielmehr um von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten ausgestellte Schriftstücke, die keinerlei amtliche Nachweisfunktion haben. Auch soweit der Kläger angegeben hat, er sei „Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)“ handelt es sich offensichtlich um eine von ihm in Verkennung der Realität und der tatsächlichen historischen Entwicklung vertretene Fehlvorstellung, die jeglicher verständigen Grundlage entbehrt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 2016 - L 20 SO 35/15 - juris Rdnr. 46). Es haben auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger die Staatsangehörigkeit eines tatsächlich existierenden Staates - z.B. der Russischen Föderation, deren Staatsangehörige seine Ehefrau und seine Kinder sind - erworben und in diesem Zusammenhang die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben könnte. Schließlich kann allein aus der - im Übrigen zutreffenden - Mitteilung des Klägers vom November 2015, keinen Personalausweis zu besitzen, nicht auf den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geschlossen werden. Damit haben auch insoweit keine Mitwirkungspflichten des Klägers in Bezug auf den Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit bestanden.
44 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
26 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
27 
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Versagung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 in Höhe von mehr als 750,00 Euro streitig ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
28 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch der Bescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014, mit dem der Beklagte die Gewährung der Regelleistung nach dem SGB II an den Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 versagt hat. Nachdem der Kläger den Gerichtsbescheid nicht angefochten hat, soweit das SG Konstanz die auf die Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kinder gerichtete Klage abgewiesen hat, ist der Gerichtsbescheid insoweit rechtskräftig geworden.
29 
Die vorliegende Leistungsversagung ist zeitlich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 und inhaltlich auf die Versagung der Regelleistung beschränkt. Dies folgt zum einen daraus, dass der Versagungszeitraum im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf diesen Zeitraum beschränkt worden ist, zum anderen auch daraus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015, der nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, die Gewährung der Regelleistung für den Folgezeitraum erneut versagt hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 - L 7 SO 1138/17 - juris Rdnr. 23). Gleiches gilt für die Bescheide vom 20. Februar 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 2017, mit denen der Beklagte die nachträgliche Erbringung des Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015, 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016, 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 und 1. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 abgelehnt hat.
30 
Zutreffende Klageart ist vorliegend die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG). Der Beklagte hat den Gerichtsbescheid des SG nur insoweit angefochten, als der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist. Der Kläger hat die durch das SG erfolgte Klageabweisung seiner Leistungsklage auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 nicht mit einer (Anschluss-)Berufung angegriffen.
31 
3. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
32 
a) Rechtsgrundlage für die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Versagung ist § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (Bundessozialgericht , Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 R - juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnrn. 13 f.; BSG, Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 42/12 R - juris Rdnr. 14). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bestehen gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
33 
b) Der Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 2014 zwar hinreichend klar die geforderte Mitwirkungshandlung des Klägers, nämlich die Vorlage des Personalausweises, benannt. Auch die hierfür gesetzte Frist bis zum 25. November 2014 war noch ausreichend bemessen, da eine Frist von einer Woche für die Vorlage eines solchen Dokuments ausreichend ist.
34 
c) Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig geworden, weil der Kläger zwischenzeitlich im Februar 2017 seinen am 18. Januar 2017 von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass vorgelegt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Versagung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, somit der Erlass des Widerspruchsbescheides am 3. Dezember 2014 (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - juris Rdnr. 19; Senatsurteil vom 22. September 2016 - L 7 AS 3613/15 - juris Rdnr. 23; Senatsurteil vom 23. Februar 2017 - L 7 SO 2952/16 - n.v.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - juris Rdnr. 45). Die Rechtmäßigkeit der Versagung nach § 66 SGB I ist allein danach zu beurteilen, ob bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die Mitwirkungshandlung vorgenommen worden ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - BVerwGE 71, 8 - juris Rdnr. 14; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl. 2014, § 67 Rdnr. 4 ff.; Rdnr. 15; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 67 Rdnr. 5). Insoweit ist maßgeblich für die nachfolgende Behördenentscheidung über den Leistungsantrag, ob die Versagung zu Recht erfolgt ist. War dies der Fall, so hat die Behörde - nachdem die Mitwirkungshandlung erfolgt ist - gem. § 67 SGB I eine Ermessensentscheidung über die nachträgliche Leistungserbringung zu treffen. War die Versagung hingegen rechtswidrig, so hat sie über den ursprünglichen Leistungsantrag eine gebundene Entscheidung zu treffen.
35 
d) Allerdings hat insoweit keine Mitwirkungspflicht des Klägers bestanden, so dass auch die Voraussetzungen für eine Leistungsversagung nicht vorgelegen haben.
36 
aa) Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehört zwar auch der Nachweis der Identität einer Person, die Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Gesetzgeber des SGB II wollte nicht die Erbringung von Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen regeln. Der Zweck der Leistung - die Existenzsicherung - setzt voraus, dass eine solche Existenz überhaupt besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, dass bestimmte Existenzbedingungen einer bestimmten konkretisierbaren natürlichen Person im Sinne des § 1 BGB als Subjekt von Rechten und Pflichten zugeordnet werden können (vgl. SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris Rdnr. 29).
37 
Grundsätzlich ist zum Nachweis der Identität auch die Vorlage des Personalausweises erforderlich. Dieser dient gem. § 1 Satz 2 PAuswG der Feststellung der Person im Sinne des § 1 BGB und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde vorzulegen. Deshalb ist die zuständige Behörde auch berechtigt, vor der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II die Vorlage von Identitätsnachweisen bzw. Personalausweisen zu verlangen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris Rdnr. 26). Dies gilt jedenfalls bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen. Der Beklagte führt zutreffend aus, dass Zweck des Identitätsnachweises ist, dass derjenige, der einen Bewilligungsantrag stellt, auch derjenige ist, für den er sich ausgibt, da Leistungen der Existenzsicherung nicht an beliebige, nicht identifizierbare Personen erbracht werden sollen.
38 
bb) Das SG Konstanz hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Pflicht zum Nachweis der eigenen Identität einen Antragsteller nicht zur - erneuten - Vorlage von Legitimationspapieren für jeden Bewilligungsabschnitt verpflichtet, wenn keine Zweifel an dessen Identität bestehen.
39 
Eine Verpflichtung, bei jeder erneuten Antragstellung für Folgezeiträume einen gültigen Identitätsnachweis in Form eines Personalausweises oder Reisepasses vorzulegen, besteht nicht, wenn bezüglich der Identität des Antragstellers kein Zweifel besteht (vgl. SG Bremen, Beschluss vom 4. Mai 2009 - S 23 AS 795/09 ER). Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Verpflichtung zur Vorlage eines Personenstandsdokuments bejaht worden ist, hat dies jeweils die erstmalige Beantragung von Leistungen betroffen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris; SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris) oder der Antragsteller war nicht persönlich bekannt, da er die Leistungen in der Vergangenheit nur schriftlich beantragt und schriftlich mit dem Jobcenter verkehrt hatte (SG Bremen, Beschluss vom 24. Februar 2010 - S 18 AS 286/10 ER - juris Rdnr. 11).
40 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliert. Dadurch werden für nachfolgende Bewilligungszeiträume nur jeweils neue Mitwirkungs- bzw. Mitteilungspflichten begründet bezüglich von für die Leistungsgewährung relevanten Umständen, die regelmäßig Veränderungen unterliegen, wie z.B. den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft oder der örtlichen Zuständigkeit. Die Identität einer Person ist aber von solchen Veränderungen regelmäßig nicht betroffen. Dem entspricht auch die Verwaltungspraxis des Beklagten. Danach sind zwar im Formantrag (dort „Hauptantrag“ genannt) auf - erstmalige - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Angaben zur Staatsangehörigkeit zu machen, nicht jedoch im Formularantrag für eine Weiterbewilligung. Dort sind nur unter Ziff. 5 Angaben zu Änderungen zu machen, wobei unter den exemplarisch aufgeführten anzugebenden Änderungen eine Änderung der Staatsangehörigkeit nicht aufgeführt ist.
41 
Solche Zweifel haben vorliegend nicht bestanden. Bei der erstmaligen Antragstellung im Mai 2011 - damals noch bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten - hatte der Kläger seinen damals noch bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweis vorgelegt. Ihm waren darauf vom zuständigen Leistungsträger Leistungen bewilligt worden. Mit Schreiben vom 8. März 2012 wurde dem Umzug des Klägers von B. nach ... B., H. ... zugestimmt und der Kläger hat die Anmeldebestätigung der Gemeinde B. vorgelegt. Dem Kläger wurden in der Folgezeit - auch über das Ablaufdatum seines Personalausweises am 22. Oktober 2012 hinaus - Leistungen bewilligt. Am 28. November 2012 hat der Kläger zudem eine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet, die u.a. den Hinweis enthält, diese sei mit ihm besprochen und unklare Punkte seien erläutert worden. Dies setzt voraus, dass auch ein persönlicher Kontakt von Mitarbeitern des Beklagten mit dem Kläger bestanden hat. Die Zahlungen an den Kläger sind regelmäßig auf das Konto seiner Ehefrau bei der H.bank K. erfolgt. Am 2. April 2013 ist zudem eine Barauszahlung an den Kläger erfolgt (vgl. Bl. 189 der Verwaltungsakten). Es hat damit kein Wechsel der Bankverbindung, der Krankenversicherung und der personellen Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft des Klägers und lediglich ein genehmigter Wechsel des Wohnsitzes vorgelegen. Die Identität des Klägers war dem Beklagten danach bekannt. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte Leistungen an den Kläger nicht völlig versagt hat, sondern ihm Leistungen für die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt hat.
42 
cc) Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn die (erneute) Vorlage des Personalausweises erforderlich ist, etwa weil Zweifel an der Identität des Antragstellers bestehen oder dies zur Feststellung weiterer Tatbestandsvoraussetzungen der beantragten Leistung erforderlich ist. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn fraglich ist, ob ein Antragsteller weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, da Leistungen an Ausländerinnen und Ausländer nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II erbracht werden. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist in § 17 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. In Betracht käme danach allein der Verlust der Staatsangehörigkeit gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 StAG durch Entlassung (§§ 18 bis 24 StAG), gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 StAG durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 StAG) oder gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 StAG durch Verzicht (§ 26 StAG). Nach § 18 StAG wird ein Deutscher auf seinen Antrag aus der Staatsangehörigkeit entlassen, wenn der den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat. Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde (§ 23 StAG). Gem. § 25 Abs. 1 StAG verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Gem. § 26 Abs. 1 StAG kann ein Deutscher auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Gem. § 26 Abs. 3 StAG tritt der Verlust der Staatsangehörigkeit mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde ein.
43 
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der bei der erstmaligen Antragstellung unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat, in der Folgezeit aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden ist, auf diese verzichtet oder auf seinen Antrag eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, haben jedoch nicht vorgelegen. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger in seinen Schreiben als „Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen“ bezeichnet und entsprechende „Staatsangehörigkeitsausweise“ vorgelegt hat. Wie das SG Konstanz zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Bei den vom Kläger vorgelegten Papieren handelt hat es sich vielmehr um von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten ausgestellte Schriftstücke, die keinerlei amtliche Nachweisfunktion haben. Auch soweit der Kläger angegeben hat, er sei „Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)“ handelt es sich offensichtlich um eine von ihm in Verkennung der Realität und der tatsächlichen historischen Entwicklung vertretene Fehlvorstellung, die jeglicher verständigen Grundlage entbehrt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 2016 - L 20 SO 35/15 - juris Rdnr. 46). Es haben auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger die Staatsangehörigkeit eines tatsächlich existierenden Staates - z.B. der Russischen Föderation, deren Staatsangehörige seine Ehefrau und seine Kinder sind - erworben und in diesem Zusammenhang die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben könnte. Schließlich kann allein aus der - im Übrigen zutreffenden - Mitteilung des Klägers vom November 2015, keinen Personalausweis zu besitzen, nicht auf den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geschlossen werden. Damit haben auch insoweit keine Mitwirkungspflichten des Klägers in Bezug auf den Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit bestanden.
44 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.