Landgericht Traunstein Urteil, 03. Aug. 2018 - KLs 470 Js 44097/17 jug

bei uns veröffentlicht am03.08.2018

Gericht

Landgericht Traunstein

Tenor

1. Der Angeklagte H... ist schuldig

- des schweren sexuellen Missbrauchs an einem Kind in zwei sachlich zusammentreffen den Fällen

- und des sexuellen Missbrauchs an einem Kind.

2. Er wird deshalb zu einer

Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten

verurteilt.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten und Auslagen des Verfahrens einschließlich der Auslagen der beiden Nebenklägerinnen.

Angewendete Vorschriften:

§ 176 Abs. 1; § 176 a Abs. 2 Nr. 1; § 53; § 54 StGB

(Datum der – letzten – Tat: 30.11.2017)

Gründe

A. Prozessgeschichte:

Am 19.04.2018 hat die Staatsanwaltschaft Traunstein, bei Gericht am 25.04.2018 eingegangen, Anklage gegen K. W. R. H1 H... wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauchs von Kindern erhoben.

Bei Anklageerhebung wurde zur Verfahrensvereinfachung der Besitz kinderpornographischer Schriften bereits nach § 154 StPO eingestellt.

Mit Eröffnungsbeschluss vom 12.06.2018 hat das Landgericht – Jugendkammer – Traunstein die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und Termin zur Hauptverhandlung bestimmt auf 31.07.2018 nebst Folgetermin.

Eine Verständigung hat weder vor noch in der Hauptverhandlung stattgefunden (§§ 202 a, 212, 257 c, 267 Abs. 3, 273 Abs. 1 a StPO).

B. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Angeklagten:

I. Lebensverlauf

Der Angeklagte K. W. R. H1 H... wurde am ...1955 in R. ehelich geboren.

Die Mutter des Angeklagten, welche aus Wien stammt und heute in der Steiermark lebt, war ehemals Jurastudentin, sein leiblicher Vater, der etwa 20 Jahre älter war als die 1934 geborene Mutter, verstarb 1990 an einem Schlaganfall; er war promovierter Chemiker und Betriebsleiter einer Firma.

Der Angeklagte H... hat eine zwei Jahre jüngere Schwester, promovierte Juristin, sowie einen 8 Jahre jüngeren Bruder, der Architekt ist und ebenfalls in Wien lebt.

Die Mutter hat nach dem Tod des Vaters nochmals geheiratet.

Der Angeklagte beschreibt seine Kindheit als glücklich und unkompliziert, seine Mutter als warmherzig; der Vater war allerdings auch etwas jähzornig, insbesondere, wenn seine – des Angeklagten – schulischen Leistungen nicht gut waren.

Der Angeklagte, der bei seinen Eltern in ... (nach einigen Jahren im späteren Tatortanwesen) aufwuchs, wurde regulär eingeschult, besuchte dann das Gymnasium in Rosenheim, wo er zweimal (wegen Mathematik und Physik) sitzen blieb. In der Oberstufe wurden seine schulischen Leistungen besser.

Nach dem Abitur im Jahre 1976 studierte er für die Dauer von zwei Semestern Wirtschaftsingenieur, brach dieses Studium dann allerdings ab, da er den naturwissenschaftlichen Erfordernissen nicht gerecht werden konnte und studierte in der Folge in Rosenheim Betriebswirtschaft. Das Studium schloss er nach 8 Semestern 1981 erfolgreich ab.

Seitdem ist der Angeklagte H... als kaufmännischer Angestellter bei der Firma B. im mittleren Management beschäftigt, wobei er etwa alle drei Jahre die Funktion wechselte: Er war zunächst als Spezialist im Marketing (Motorradsparte) beschäftigt, dann einige Jahre lang Leiter im Bereich Kommunikation, später im Eventmarketing (Sportveranstaltungen) sowie Direktmarketing; über einen kürzeren Zeitraum war er auch designierter Chef der Firma L., wäre auch ins Top-Management aufgestiegen, allerdings wurde die Firma verkauft. Zuletzt arbeitete er bei B. in einer Art Abteilungsleiterfunktion (Stabsfunktion Elektromobilität). Zuvor war er Head of operations B. Welt und damit für 300 Mitarbeiter verantwortlich.

Aufgrund der Inhaftierung hat er im Februar 2018 die Kündigung von B. erhalten, dagegen will er jedoch juristisch vorgehen.

Insgesamt war der Angeklagte mit seiner beruflichen Laufbahn stets zufrieden, hat auch über ein gutes Einkommen (zuletzt 11.000,– Euro monatlich brutto) verfügt und nie finanzielle Sorgen gehabt.

Schulden negiert er, er habe ein „gewisses Vermögen“.

Im Jahr 2016 hatte er in ..., das Anwesen seiner Eltern geerbt, seine beiden Geschwister ausbezahlt und beabsichtigt, das Haus ab Januar 2018 umzubauen. Jetzt will er es verkaufen.

Betreffend seine persönliche Entwicklung war festzustellen, dass der Angeklagte ab dem 18. Lebensjahr verschiedene Freundinnen hatte und 1991 seine erste Ehe mit einer 1959 geborenen Kindergärtnerin einging. Aus der Ehe stammt ein heute 21-jähriger Sohn, welcher noch bei der Mutter lebt (der Angeklagte zahlte ihm Unterhalt), das Gymnasium abgebrochen hat und nach Besuch der Realschule jetzt in die Fachoberschule (12. Klasse) geht. Zu seinem Sohn hat er einen „lockeren“ Kontakt, etwa einmal pro Monat. Sein Sohn hat ihn auch in der JVA T. besucht.

Die Ehe verlief unglücklich, nach Angaben des Angeklagten deshalb, weil seine Frau nicht mit ihm ins Ausland gehen wollte, wo er sich beruflich qualifizieren hätte können, aber auch weil sie sehr eifersüchtig war und viel Alkohol trank, sie bewegte sich in der „G.-Gesellschaft“.

2008 trennte sich der Angeklagte H... von seiner ersten Frau im Hinblick auf seine jetzige Frau, Dr. M. H... die er 2012 heiratete. Diese ist Österreicherin und Juristin und arbeitet auch bei B. im unteren Management.

Der Angeklagte H... konsumiert keine Drogen, Alkohol höchstens in sozial adäquatem Rahmen.

Er ist körperlich gesund, hatte nur im Jahr 1978 einen Autounfall in der Türkei und als Folge dessen eine Fraktur des Nasenbeines und der Schädelbasis. Seitdem hat er teilweise seinen Geruchssinn verloren, im Übrigen aber keine Folgeschäden.

Der Angeklagte hat sich in seinem Leben bisher nie in ambulanter oder stationärer psychiatrischer, psychotherapeutischer oder suchtmedizinischer Behandlung befunden.

Nach eigenen Angaben hat der Angeklagte seine Freizeit immer mit vielen Freunden verbracht und sich für Berge interessiert; er ist Mitglied des Alpenvereins und hat vor einigen Jahren versucht, noch einen „8000er“ im Himalaya zu besteigen.

Zudem hat er eine zweite Ausbildung zum Verkehrspiloten erfolgreich abgeschlossen, besitzt einen Pilotenschein und hat eine Fluglizenz, welche zuletzt im Dezember 2017 erneuert wurde. Bis zu seiner Inhaftierung hat er etwa zwei Mal im Monat ehrenamtlich Krankentransporte geflogen.

II. Sexualanamnese:

Der Angeklagte selbst schildert sich als sexuell aufgeschlossenen und normal veranlagten Mann. Seit seinem 18./19. Lebensjahr hatte er ausschließlich heterosexuelle intime Kontakte mit erwachsenen Frauen, nie Potenz- oder Libidostörungen.

Während seiner ersten Ehe hatte er auch mehrere andere Kontakte (Beziehungen).

Den sexuellen Kontakt zu seiner jetzigen, zweiten Ehefrau beschreibt er als normal. Sie würden beide viel arbeiten, hätten gute sexuelle Kontakte, allerdings nicht überbordend, meist würden sie an den Wochenenden intim sein, wobei weder er noch seine Ehefrau ungewöhnliche Vorlieben haben.

Vor etwa drei Jahren begann der Angeklagte H... auf einem alten Rechner Dateien nackter Frauen und Mädchen anzusehen und auch zu speichern. Über eine russische Web-Seite mit dem Namen „H.“ hat er sich die Bilder beschafft. Es hat sich um Bilder gehandelt, auf denen nicht Geschlechtsverkehr oder sexuelle Handlungen dargestellt sind, vielmehr nackte Erwachsene und zwischen 5 bis 15 Jahre alte Mädchen in aufreizenden Posen. Wenn er nachts nicht hat schlafen können, hat er sich die Bilder beim Durchzappen immer wieder angeschaut, zum Teil stundenlang. Er selbst gibt an, „ein bisschen Realitätsverlust“ gehabt zu haben, das Durchzappen der Dateien war „ein bisschen wie eine Konsumsucht“. Ihm gefielen die Körper, wenn er auch von Anfang an wusste, dass es keine Erfüllung geben kann im Sinne von Geschlechtsverkehr, wie man es mit anderen Frauen hat. Die Bilder haben ihn allerdings erregt.

III. Vorstrafen:

Der Angeklagte H... ist nicht vorbestraft.

IV. Haftdaten:

Der Angeklagte H... wurde in dieser Sache am 02.01.2018 vorläufig festgenommen und befindet sich aufgrund Haftbefehles des Amtsgerichts Rosenheim vom 03.01.2018 (Gz.: I Gs 14/18) seit dem gleichen Tage ununterbrochen in Untersuchungshaft in der JVA Traunstein.

C. Festgestellter Sachverhalt:

I. Vorgeschichte

Im März 2017 erwarben die Eheleute ... eine Doppelhaushälfte in .... Das Grundstück grenzt östlich an das Anwesen des Angeklagten H...

Beide Grundstücke sind mittels Zaun und ursprünglich durch eine etwa drei Meter hohe Thujenhecke getrennt gewesen, welche ... im April 2017 entfernte.

Bei Vornahme dieser Arbeiten lernte die Familie ... zu der neben den Eheleuten ... und ... auch die beiden Kinder ... (geb. ...2012) sowie ... (geb. ... 2010), gehören, den Angeklagten H... kennen, der über die Entfernung der Thujenhecke erfreut war. Es entwickelte sich zunächst ein gutes, nachbarschaftliches Verhältnis.

Das Anwesen ... ist der Nebenwohnsitz des Angeklagten H... und das ehemalige elterliche Wohnhaus, in welchem er an den Wochenenden anwesend war, während er unter der Woche in München, ..., wohnte.

Die Familie ... zog dann endgültig im Juli 2017 in das Anwesen im ... in ... ein.

In diesem Monat erhielt der Angeklagte Besuch von den Nichten seiner Ehefrau, der 5-jährigen ... und der 2-jährigen ...

Aus diesem Anlass lud er die Kinder der Familie ... und ... ein, damit diese mit seinen Nichten spielen könnten.

Um dies auch während des weiteren Aufenthaltes seiner Nichten im Juli 2017 zu ermöglichen, stellte der Angeklagte an den Gartenzaun eine Leiter, welche im Anschluss dort auch verblieb.

In der Folgezeit kam es wiederholt zu Kontakten zwischen der Familie ... und dem Angeklagten H... der immer wieder fragte, ob die Kinder ... und ... in seinem Garten spielen wollten, was seitens der Eltern gestattet wurde.

Im Zeitraum von 02.08.2017 bis 26.08.2017 war die Familie ... auf einer Urlaubsreise in ... dem Heimatland der Ehefrau ...

II. Eigentliches Tatgeschehen

1.)

Zu einem nicht näher bekannten Zeitraum zwischen dem 01.07.2017 und dem 02.08.2017 sowie dem 26.08.2017 und dem 03.12.2017 verbrachte der Angeklagte H... das Kind ... (geb. ....2010) in mindestens zwei Fällen – nachdem er sie zunächst eingeladen hatte, im Garten Verstecken zu spielen bzw. ihr im Haus etwas zu zeigen oder zu schenken – in das Schlaf- bzw. Arbeitszimmer seines Wohnhauses ....

In einem der beiden Fälle – vermutlich Ende Juli 2017 – zog er ihr dann die Hose herunter und berührte sie mit den Händen am Gesäß und im Genitalbereich, wobei er auch seinen Zeigefinger in die Scheide des Kindes einführte. Weiterhin küsste er das Kind sowohl im Bereich des Gesäßes als auch im Bereich der Scheide und manipulierte mit seiner Zunge im Bereich der Scheide.

Im zweiten Fall – vermutlich in der zweiten Septemberhälfte 2017 – entkleidete er das Kind, nachdem er es ins Schlafzimmer des genannten Anwesens verbracht hatte, erneut im Genitalbereich und legte es zunächst bäuchlings auf das Bett. Auch anlässlich dieser Gelegenheit berührte und küsste er das Kind zunächst wieder im Gesäßbereich und äußerte: „Du hast aber ein schönes Pipi“. Schließlich drehte er das Kind um und führte auch bei dieser Gelegenheit sowohl den Zeigefinger als auch die Zunge in die Scheide des Kindes ein.

2.)

In den genannten Zeiträumen kam es in mindestens einem Fall auch dazu, dass der Angeklagte H... dem Kind ... (geb. ....2012) im Garten in ... in die Hose griff und sodann zwischen Hose und Unterhose des Kindes seine beiden Hände an ihr Geschlechtsteil drückte, so dass ... Schmerzen verspürte.

Der Angeklagte H... setzte die Kinder im Zusammenhang mit den Taten verbal unter Druck, indem er sein Tun als „Geheimnis“ deklarierte, über das man nicht sprechen dürfe, andernfalls würden sie – die Kinder – Probleme bekommen oder bestraft werden. Außerdem beschenkte er die Kinder häufig und vielfältig.

Er handelte bei voll erhaltener Schuldfähigkeit; Anhaltspunkte, die die Annahme einer erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) rechtfertigen könnten, fehlen.

III. Tatfolgen für die Geschädigten Kinder ...

Während bei der Geschädigten ... keinerlei unmittelbar auf die Tat zurückzuführenden negativen Folgen bis jetzt feststellbar waren, hat sich die Geschädigte ... in Folge der an ihr begangenen sexuellen Übergriffe in ihrem Verhalten erheblich verändert:

Während sie vor den Vorfällen ein aktives, aufgeschlossenes und unternehmungslustiges Kind war, hat sie sich dann von ihrem Umfeld weitgehend zurückgezogen. Sie geht nicht mehr zum Spielen zu Freunden, ist empfindlicher und reizbarer geworden und kommuniziert vor allem mit ihrer Puppe, mit der sie „Babyszenen“ nachspielt.

Im unmittelbaren Tatzeitraum waren bei der Geschädigten ... auch physische Folgen feststellbar: So hat sie vermehrt über Juckreiz im After- und Geschlechtsbereich geklagt, wiederholt Bauchschmerzen angegeben, die so stark waren, dass sie nicht in die Schule gehen konnte. Dafür fanden sich – wie eine diagnostische Abklärung in Form von Bluttests und bildgebenden Verfahren ergab – keine organischen Ursachen.

Unmittelbar nach den Taten aß die Geschädigte ... zudem wenig, war körperlich insgesamt sehr dünn und auch in einem äußerst anfälligen Zustand; sie bekam eine Lungenentzündung und musste im Dezember 2017 drei bis vier Tage stationär antibiotisch behandelt werden.

Auch hat die Geschädigte ... ihre Eltern immer wieder gefragt, ob sie „böse“ sei, und im Tatzeitraum begonnen, wieder einzunässen, ein Umstand, der bis ins Jahr 2018 angehalten hat und auch aktuell – beispielsweise, wenn sie mitbekommt, dass ihre Eltern wegen der verfahrensgegenständlichen Geschehnisse zur Anwältin gehen – immer wieder auftaucht.

Die zunächst eingebrochene Leistung von ... in der Schule hat sich zwischenzeitlich wieder deutlich gebessert. Sie kommt aber etwa aus der Schule, wenn dort Streit war und erzählt, dass die Kinder so böse waren wie der Nachbar.

Eine therapeutische Behandlung der Geschädigten ... hat bisher nicht stattgefunden, da sie nach Ansicht der Therapeutin noch zu klein und nicht in der Lage ist, über die Geschehnisse in therapeutisch sinnvoller Weise zu sprechen und damit eine Be- und Verarbeitung des Erlebten herbeizuführen.

Zudem war festzustellen, dass auch die Beziehung der Eltern belastet wurde, weil sie sich massive Vorwürfe machten, sie hätten Auffälligkeiten im Umgang des Angeklagten H... mit den Kindern nicht richtig und rechtzeitig gedeutet; dadurch und durch die Verhaltensauffälligkeiten von ... war auch das gesamte Familienleben angespannt und gestört.

IV. Nachtatverhalten des Angeklagten H...

Am 24.05.2018 übersandte der anwaltschaftliche Vertreter des Angeklagten H... an die Nebenklagevertreterin den Entwurf einer TOA-Vereinbarung, in welchem neben einer Entschuldigungserklärung betreffend die verfahrensgegenständlichen Taten ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.500,00 € angeboten worden war.

Seitens der Nebenklage wurde auf dieses Schreiben nicht reagiert.

Der Angeklagte H... persönlich hat unter dem gleichen Datum (24.05.2018) an die Eltern der beiden geschädigten Kinder ein persönliches Entschuldigungsschreiben gerichtet, in welchem er sich dafür, was er der Familie ... angetan hat, entschuldigte. I.Ü. legte er dar, dass die Untersuchungshaft ein massiver Einschnitt in sein Leben und das Leben seiner Frau darstelle und existenzbedrohende Dimensionen annehme. Des Weiteren führt er aus, dass die Strafe, die er erhalten werde, darüber entscheiden werde, ob er in sein Leben zurückkehren könne und der Täter-Opfer-Ausgleich eine wesentliche Rolle für die Strafzumessung spiele. Er stellte in Aussicht, das Haus in ..., zu verkaufen.

Auch auf dieses Schreiben hat die Nebenklage bis zur Hauptverhandlung nicht reagiert.

Im Rahmen der Hauptverhandlung am 31.07.2018 erklärte der Zeuge ... dass dies für ihn keine Entschuldigung sei, da zwar das Wort „Entschuldigung“ in dem Schreiben enthalten sei, der größte Teil des Briefes sich aber damit beschäftige, wie schlecht es dem Angeklagten selbst gehe, dass er Unterhaltspflichten habe, für seine Rente sorgen müsse und wieder beruflich bei B. Fuß fassen wolle was alles durch die Untersuchungshaft unmöglich sei.

Geld – so der Zeuge ... – sei für ihn nicht bedeutsam und eine Wiedergutmachung für das, was der Angeklagte H... seiner Familie angetan hat, gebe es nicht.

Im Fortsetzungstermin am 03.08.2018 wurde dann aber zu Protokoll des Gerichts zwischen den Nebenklägerinnen und dem Angeklagten folgender Vergleich vereinbart:

Vergleich

zwischen

... geboren ...2010, und ..., geboren ...2012, beide gesetzlich vertreten durch die Eltern ... und ...

anwaltlich vertreten durch Rechtsanwältin M1 D., P.straße 2, R.

und

K. H... geboren ....1955, z. Zt. JVA T., zuletzt wohnhaft ... M.

anwaltlich vertreten durch Rechtsanwalt H2 B., K.straße 20, R.

Die Vertragsparteien schließen folgenden Vergleich:

1.

Herr K. H... verpflichtet sich, an das Kind ... geboren ....2010 ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.500,– Euro zu bezahlen.

2.

Herr Klaus H... verpflichtet sich, an das Kind ..., geboren am ....2012 ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,– Euro zu bezahlen.

3.

Die Schmerzensgeldbeträge sind binnen drei Wochen ab Abschluss des Vergleichs fällig und auf das Kanzleikonto der Rechtsanwältin D. bei der Sparkasse R. – ..., IBAN ... zu bezahlen.

4.

Die hier vereinbarten Schmerzensgelder finden Anrechnung auf ein weiter fällig werdendes Schmerzensgeld.

5.

Rechtsgrund für das Schmerzensgeld sind die der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Traunstein/Zweigstelle Rosenheim vom 19.04.2018, Aktenzeichen 470 Js 44097/17 zugrundeliegenden Tatvorwürfe. Herr K. H... erkennt an, dass den Schmerzensgeldansprüchen unerlaubte Handlungen zu Grunde liegen.

6.

Herr K. H... verpflichtet sich weiterhin, nach Haftentlassung keinen Kontakt, gleich in welcher Form, zu den Kindern ... und ... aufzunehmen oder sich ihnen bis auf 100 Meter nicht zu nähern.

7.

Herr K. H... verpflichtet sich, die Kosten dieses Vergleichs, insbesondere also die bei beiden anwaltlichen Vertretern anfallenden Gebühren auf Basis eines Gegenstandswertes von 12.500,– Euro zu tragen.

Der Abschluss einer Täter-Opfer-Ausgleichs-Vereinbarung wurde aber erneut durch die Eltern der Nebenklägerinnen ausdrücklich abgelehnt.

D. Beweiswürdigung:

I. Beweiswürdigung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen:

Die Beweiswürdigung hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten stützt sich auf folgende Aspekte und Beweismittel:

  • -Ausführungen des Angeklagten H... selbst

  • -verlesene Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 27.04.2018

II. Beweiswürdigung hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts

Die Feststellungen hinsichtlich des Sachverhaltes ergeben sich nach Überzeugung der Kammer aufgrund der insoweit geständigen Angaben der Angeklagten H...

Über eine Verteidigererklärung hat der Angeklagte den Sachverhalt im Sinne der Anklageschrift vom 19.04.2018 vollumfänglich eingeräumt.

Im Übrigen beruhen die Feststellungen, insbesondere betreffend des Coming-Out der verfahrensgegenständlichen sexuellen Übergriffe, der Tatfolgen und des Nachtatverhaltens auf den glaubhaften und glaubwürdigen Angaben der als Zeugen uneidlich einvernommenen Eltern der beiden geschädigten Kinder, ... und ... den ebenfalls glaubhaften und glaubwürdigen Angaben des unvereidigt gehörten Polizeibeamten und Zeugen Michael G... der über den Gang der Ermittlungen und den Eindruck, den er anlässlich der Vernehmung der beiden Mädchen von diesen hatte, berichtete, ebenso wie über das Verhalten des Angeklagten H... bei der Festnahme am 02.01.2018, den polizeilichen Vernehmungen am 02.01.2018 und 02.02.2018, der ermittlungsrichterlichen Vernehmung am 03.01.2018 und den Inhalt der auf dem sichergestellten Notebook (Asservat 1.3) des Angeklagten gefundenen, ca. 10.000 kinderpornographischen Bildern die zudem mit allen Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen wurden, sowie betreffend die Feststellung, dass der Angeklagte bei voll erhaltener Einsichts- und Steuerungsfähigkeit gehandelt hat, auf dem im Einverständnis mit allen Verfahrensbeteiligten auszugsweise verlesenen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S. vom 26.02.2018.

Dazu im Einzelnen:

a) Ergänzende Erklärungen des Angeklagten H...

Auf gerichtliche Nachfrage antwortete er, die Erklärung seines Verteidigers sei richtig, er mache sie sich zu eigen und habe daran nichts zu korrigieren.

Ergänzend wies der Angeklagte darauf hin, dass er habe vermeiden wollen, dass die Geschädigten nochmals aussagen und sich einer Glaubwürdigkeitsbegutachtung stellen müssten, weshalb er Mitte Januar 2018 über seinen Anwalt einen Termin zur polizeilichen Nachvernehmung erbeten habe, der dann am 02.02.2018 auch stattgefunden habe und in dem er bereits die Taten, so wie sie Gegenstand des Haftbefehles vom 03.01.2018 und dann auch später der Anklage der Staatsanwaltschaft Traunstein vom 19.4.2018 gewesen seien, in objektiver und subjektiver Hinsicht eingeräumt habe.

Auch betonte der Angeklagte H... nochmals, dass sich, nachdem die Familie ... auf das Nachbargrundstück gezogen sei, ein gutes Verhältnis, fast freundschaftlicher Art, entwickelt und er die Kinder sehr gemocht habe.

Es tue ihm sehr leid, was er den Kindern angetan habe, und er wünsche, dass er dies rückgängig machen könnte. Er werde jetzt sein Haus in ..., verkaufen.

Er bestätigte, dass von den Kindern keine Initiative zur Durchführung sexueller Handlungen ausgegangen sei, vielmehr er die treibende Kraft gewesen sei, die Übergriffe allerdings nur von kurzer Dauer und keiner hohen Intensität gewesen seien. Dies schon deshalb, weil – betreffend die Übergriffe auf ... – meist deren kleinere Schwester ... „irgendwo in der Nähe gewesen sei“, ebenso seine Ehefrau.

Die Taten hätten sich eher am Wochenende – in der Woche habe er in München gearbeitet – abgespielt; er sei im Tatzeitraum mit dem Ausräumen des elterlichen Hauses beschäftigt gewesen, sei allerdings auch nicht jedes Wochenende in ... gewesen, da er gelegentlich am Wochenende Flugbereitschaft gehabt habe. Die Taten zum Nachteil der ... seien im Juli 2017 und im September 2017 gewesen, glaublich jeweils am Ende des Monates.

Der Angeklagte H... äußerte außerdem, dass er zur Familie ... nicht wegen der Mädchen bewusst Kontakt gesucht habe, vielmehr die Mädchen ihrerseits sich gerne bei ihm auf dem Grundstück aufgehalten, Verstecken gespielt und mit ihm in den „alten Sachen“, die er habe sortieren wollen, herumgekramt hätten. Die Kinder hätten ihn gemocht. Sogar nach den Taten sei etwa die ... mal zu ihm gekommen, habe sich auf seinen Schoß gesetzt und kuscheln wollen.

Bestritten hat der Angeklagte H... dass er die Kinder, insbesondere ..., bereits mit der Absicht, an ihr sexuelle Handlungen vorzunehmen, in den Garten und/oder das Haus „gelockt“ habe.

Auch habe er zwar davon gesprochen, dass das Vorgefallene ein „Geheimnis“ sei, allerdings keinerlei Drohung dahingehend geäußert, dass ... bei Offenbarung des Geheimnisses Probleme bekommen könne. Er habe keine Gewalt angewandt und die Kinder nicht beschenkt, um sie zu beeinflussen bzw. zum Schweigen zu bringen. Es sei auch so gewesen, dass ... nie „nein“ gesagt habe.

Betreffend den Besitz kinderpornographischer Bilder äußerte der Angeklagte zunächst, er sei zufällig auf einer entsprechenden Seite gelandet und habe sich dann nur gelegentlich mal solche Bilder angeschaut, zeitlich aber nicht ausufernd. Auf Vorhalt seiner insoweit anderslautenden Angaben gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. S. räumt der Angeklagte H... dann aber den „Konsum“ der inkriminierten Bilddateien so ein, wie unter Ziffer B. II festgehalten.

b) Zeugen ... und ...

Die Eltern der geschädigten Kinder, die Eheleute ... haben insbesondere über das Coming-Out und die Tatfolgen für ihre Kinder und die Familie eindrucksvoll berichtet:

Die Mutter, die Zeugin ... schilderte, dass sie am 11.12.2017 beim Duschen ihrer beiden Kinder davon erfahren habe, dass der Nachbar, der Angeklagte H... sexuell übergriffig geworden sein soll (Coming-Out).

Die beiden Kinder hätten das vorangegangene Wochenende bei der Oma verbracht, die mit ... ein Buch angeschaut habe, in welchem es darum gegangen sei, dass Kinder nicht einfach mit fremden Erwachsenen mitgehen dürften, ohne das ihren Eltern zu sagen. Ihre Tochter habe nachgefragt, warum man das nicht dürfe, woraufhin sie ihr altersangemessen erklärt habe, dass nicht alle Erwachsenen gut zu Kindern seien und dann auch oft sagen würden, dass ein „Geheimnis“ bestehe und die Kinder ihren Eltern nichts sagen dürften.

Daraufhin habe ihre jüngere Tochter ... geäußert: „Ich habe ein Geheimnis“ und davon berichtet, dass Klaus (der Angeklagte) seine Hände wärmen wollte und diese bei ihr in die Hose gesteckt habe.

... habe dazu massiv und auch ein bisschen aggressiv erwidert: „Du ... doch nicht? Das macht Klaus (der Angeklagte) nicht, nicht mit Dir, er macht das nur mit mir“.

Sie sei dann völlig schockiert gewesen und habe nur gefragt: „Was macht denn der Klaus mit Dir?“ Als ... darauf nicht habe antworten wollen, habe sie ihr mehrfach versichert, dass sie sie lieb habe, sie ihr alles sagen könne, und sie ihr auch nicht böse sei, da sie doch ihre Mutter sei.

... habe dann noch an diesem Abend berichtet, dass Klaus (der Angeklagte) sich ab und zu mit ihr im Haus verstecke und ihr dann die Hose runterziehe. Sie habe nicht nach Details gefragt und nur gesagt: „Ich höre Dir zu“, woraufhin ... einiges berichtet habe, etwa, dass Klaus (der Angeklagte) sie (= ...) in ein Schlafzimmer getragen habe (dieses habe sie gut beschreiben können, wie sich später herausgestellt habe; sie selbst sei nie in diesem Schlafzimmer gewesen); ... habe geschildert, dass er was mit den Händen im Genitalbereich gemacht habe, auch mit der Zunge, da habe er seinen Kopf an ihrem Pipi (Genitalbereich) gehabt. Ebenso habe ... ihr erzählt, dass Klaus (der Angeklagte) sie dahingehend angewiesen habe, sie dürfe nichts sagen, da sie sonst bestraft werden würde.

Die Zeugin ... hat betont, dass ihre Tochter ... keinerlei sexuelle Erfahrungen habe und ihr auch jeglicher Wortschatz für sexuell gefärbte Handlungen fehle.

Sie habe dann ihren Mann angerufen und auf dessen Vorschlag hin noch in der Nacht vom 11.12.2017 in Spanisch ein Gedächtnisprotokoll gefertigt, welches ihr Mann dann gemeinsam mit ihr übersetzt habe.

Betreffend die Tatfolgen nach Bekanntwerden der sexuellen Übergriffe des Angeklagten äußerte die Zeugin ... zunächst deutlich erkennbar ergriffen, wie sich die familiäre Situation aufgrund dieser Vorfälle negativ verändert habe.

Bis zum Zeitpunkt der vorläufigen Festnahme des Angeklagten H... am 02.01.2018 habe sie in ständiger Angst gelebt und jeglichen Kontakt zwischen ihren Kindern und dem Angeklagten H... vermeiden wollen. Wenn ihre Kinder den Nachbarn gesehen hätten, seien sie verängstigt gewesen, hätten sich versteckt; sie habe aber auch versucht, sich nicht zu „auffällig“ zu verhalten, damit er nicht vorgewarnt werden würde.

Aus ihrer Sicht sei bereits auffällig gewesen, dass der Angeklagte unmittelbar nach ihrem Einzug im Juli 2017 häufig nachgefragt habe, ob die Kinder nicht in seinen Garten bzw. das Haus zum Spielen kommen wollten; ebenso sei ihr das überbordende Beschenken der Kinder unangenehm gewesen. Das habe sie auch ihrem Mann gegenüber geäußert, der jedoch hier keinerlei Problem gesehen habe, was dann sogar zum Streit zwischen ihr und ihrem Ehemann geführt habe.

Sie habe – wenn sie allein zu Hause mit den Kindern gewesen sei und der Angeklagte nachgefragt habe – auch immer einen Grund vorgeschoben, etwa, dass sie nun die Kinderzimmer aufräumen müssten, damit die Kinder nicht zum Angeklagten hinübergingen. Ihrer Meinung nach habe der Angeklagte gemerkt, dass er die Kinder, wenn sie allein mit diesen gewesen sei, nicht so einfach zu sich hinüberlocken könnte, weshalb er teilweise andere anwesende Kinder, mit denen ... und ... hätten spielen können und sollen, vorgeschoben habe.

Das Verhalten, insbesondere von ... habe sich im Tatzeitraum deutlich geändert: Während sie vor den Vorfällen ein aktives und unternehmungslustiges Kind gewesen sei, habe sie sich dann von ihrem Umfeld zurückgezogen. Sie gehe nicht mehr zum Spielen zu Freunden, sei empfindlicher und reizbarer geworden und kommuniziert vor allem mit ihrer Puppe, mit der sie „Babyszenen“ nachspiele.

Im unmittelbaren Tatzeitraum seien bei ... auch physische Folgen feststellbar: So habe sie vermehrt über Juckreiz im After- und Geschlechtsbereich geklagt (sie habe schon gedacht, ... hätte sich während des ... Parasiten zugezogen, was aber nicht der Fall gewesen sei), wiederholt Bauchschmerzen angegeben, die so stark gewesen seien, dass sie nicht in die Schule habe gehen können. Dafür seien auch keine organischen Ursachen gefunden worden.

Im Tatzeitraum, v.a. im Spätherbst 2017, habe ... zudem wenig gegessen, sei sehr dünn und angeschlagen gewesen; sie habe keine Immunabwehr gehabt und eine Lungenentzündung bekommen, wegen derer sie im Dezember 2017 stationär antibiotisch habe behandelt werden müssen.

Auch habe sie begonnen, wieder einzunässen, ein Umstand, der bis ins Jahr 2018 angehalten habe und auch aktuell – beispielsweise, wenn sie mitbekomme, dass ihre Eltern wegen der verfahrensgegenständlichen Geschehnisse zur Anwältin gingen – immer wieder auftauche. Zudem habe ... nach dem 11.12.2017 immer wieder gefragt, ob sie „böse“ bzw. ob sie ein gutes oder böses Mädchen sei.

Die zunächst eingebrochenen Leistungen von ... in der Schule hätten sich zwischenzeitlich wieder deutlich gebessert. Sie komme aber etwa aus der Schule, wenn dort Streit war und erzähle, dass die Kinder so böse gewesen seien wie der Nachbar.

Es sei sehr viel Geduld erforderlich, um adäquat mit den Verhaltensänderungen von ... umzugehen, dies fordere ihre gesamte Kraft.

Zudem mache sie sich erhebliche Vorwürfe, da sie ihre Kinder nicht habe beschützen können, obwohl sie doch ihren Beruf hinten angestellt habe, um ihren Kindern zunächst eine glückliche, unbeschwerte und unbelastete Kindheit zu ermöglichen.

Der Zeuge ... der sozusagen sekundär über die Geschehnisse, die seine Frau unmittelbar von den geschädigten Kindern ... und ... erfahren hatte, unterrichtet wurde, bestätigt, dass seine Frau am 11.12.2017 ein Gedächtnisprotokoll betreffend das Coming-Out der verfahrensgegenständlichen sexuellen Übergriffe gefertigt und er es gemeinsam mit ihr dann im Anschluss ins Deutsche übersetzt habe.

Betreffend eigene Wahrnehmungen gab der Zeuge an, dass er am Anfang, da ihm Harmonie sehr wichtig gewesen sei, auf eine gute Nachbarschaft bedacht gewesen, offen auf alle Nachbarn zugegangen sei, und deshalb auch gewisse Auffälligkeiten nicht habe sehen wollen, vielmehr bewusst verdrängt habe.

Auch er gab an, dass es wegen der Vermutungen seiner Frau zu einer offenen Konfrontation mit dieser gekommen sei, ein Umstand, der ihn heute sehr belaste.

Im Nachhinein sei für ihn etwa auffällig gewesen, dass der Angeklagte H... wenn er auf seinem Grundstück gewesen sei, zur Begrüßung regelmäßig an den Zaun gekommen sei (das Grundstück sei immerhin 1.700 m² groß und daher diese Begrüßungszeremonie doch auffällig), dann immer nicht nur gegenüber ihm und seiner Frau einen Handschlag eingefordert habe, sondern auch mit den Kindern. Der Angeklagte H... habe sich auch wiederholt angeboten, die Kinder zu beaufsichtigen, was er, ..., da er im Tatzeitraum durch seine Arbeit, die Renovierung des Hauses und den Umzug stark belastet gewesen sei, angenommen habe. Ihm sei aber aufgefallen, dass der Angeklagte H... eine Tendenz in Richtung vermehrter Kontakt zu den Kindern gehabt habe.

Ebenso wie seiner Ehefrau sei ihm daneben aufgefallen, dass das Beschenken der Kinder ein enormes Ausmaß angenommen habe, zum Ende des Jahres 2017 seien bereits gut eineinhalb Umzugskartons mit allem Möglichen wie Playmobil, Keramik, aber auch ganzen kleinen Geschenkboxen etc., vorhanden gewesen, ein Umstand, den er als ungewöhnlich empfunden habe.

Im Übrigen schildert der Zeuge ... als Tatfolge eine massive Verhaltensänderung seiner Tochter ...

Er gibt sich zum Teil selbst die Schuld daran, da er sie etwa am 03.12.2017, wo er ihr erlaubt habe, im Garten des Angeklagten H... einen Schneemann zu bauen, aber nicht ins Haus zu gehen, ... dann aber doch das Haus betrat und er sie nach einer halben Stunde dort aus einem Zimmer kommend wiederfand, massiv geschimpft habe, womit sich nach seiner Einschätzung indirekt die Drohung des Angeklagten H... gegenüber seiner Tochter bewahrheitet hätte, nämlich dass sie erhebliche Probleme bekäme, wenn ihr „Geheimnis“ aufkomme.

Insgesamt beschreibt er die Verhaltensänderungen seiner Tochter ... als Folge der verfahrnsgegenständlichen Taten übereinstimmend zu den Schilderungen seiner Ehefrau, insbesondere, dass ... bei maximalem Aufwand erhebliche Unterstützung brauche, um sich ruhig zu verhalten, aber auch, dass sie, wenn er etwa gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Rechtsanwältin gehe, extrem penetrant nachfrage, ob es wieder wegen des Nachbarn sei. ... sei nach der Schule oft erschöpft, wolle seit den Vorfällen keine Freunde mehr treffen und könne aufgrund mangelnder Reserven weder Sport noch Musik machen. Sie brauche viel Ruhe, trotzdem seien Auffälligkeiten, wie das erneute Einnässen, noch nicht vollständig behoben.

Auch referierte der Zeuge ..., dass die somatischen Beschwerden seiner Tochter ... die im Tatzeitraum aufgetreten seien, insbesondere die Bauchschmerzen und das starke Abnehmen, diagnostisch vom Kinderarzt abgeklärt worden seien, ohne dass ein organischer Befund sich ergeben habe. Die allgemeine Erschöpfung seiner Tochter habe Ende des Jahres 2017 zu fehlenden Abwehrkräften und als Folge dessen zu einer Lungenentzündung geführt, die drei bis vier Tage im Krankenhaus stationär und antibiotisch behandelt werden musste.

Als Folge der Taten habe sich die Familie nun auch weiter verschuldet, da sie aus Angst, der Angeklagte könnte auf das Tatortgrundstück zurückkehren, um Haus und Garten eine Umzäunung, die eines aufwendigen Fundamentes bedurft hätte, habe ziehen lassen, einfach um den Angeklagten nicht menr sehen zu müssen.

Die Zeit zwischen Coming-Out und vorläufiger Festnahme des Angeklagten (Mitte Dezember bis Anfang Januar 2018) beschreibt der Zeuge ... eindrucksvoll, teilweise kann den Tränen nahe, als äußerst große Belastung: Er und seine Frau hätten die Kinder zum Teil zu den Großeltern geschickt, auch habe man vermehrt aushausige Aktivitäten (Fahrt nach Nürnberg oder ins Playmobil-Land) durchgeführt, um nicht zu Hause sein zu müssen. Dies sei eine äußerst schwierige Zeit gewesen.

Aufgrund dieser Überforderung und Anpassungsstörung mit depressiven Zügen bei seiner Tochter ... die daher viel Zuwendung benötige, fehle auch ihm die Energie für die eigene Beziehung, aufgrund der durch die gegenständlichen Vorfälle zwischen ihm und seiner Frau entstandenen Probleme habe er oft Angst, ob er seine Familie überhaupt noch zusammenhalten könne. Das Vater-Tochter-Verhältnis zu ... sei „gestört“, sie komme nicht mehr unbefangen zu ihm.

Die Zeugin ... hat ein in rechtlicher Bewertung unauffälliges Coming-Out geschildert.

Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage der geschädigten Kinder ... und ... gegenüber ihrer Mutter auf Phantasie, Wahrnehmungsübertragung, Induktion oder Suggestion beruhen könnten, haben sich im Rahmen der Prüfung möglicher Alternativhypothesen nicht ergeben. Insbesondere fehlt es auch an Hinweisen dafür, dass eine entsprechende Motivation die Geschädigten dazu gebracht haben könnte, ihre Aussage und Anschuldigung frei zu erfinden bzw. anderweitig Erlebtes fälschlicherweise auf den Angeklagten zu übertragen.

Soweit seitens der Verteidigung eingewandt wurde, insbesondere die Tatfolgen für ... seien nicht durch ein ärztliches Attest belegt und daher nicht als objektiv festgestellt zugrundezulegen, ist die Kammer der Überzeugung dass die zwar von emotionaler Betroffenheit, aber nicht einem Belastungseifer gekennzeichneten, glaubhaften und glaubwürdigen Aussagen der Eltern kein Feststellungs-Minus darstellen: v.a. die psychischen Folgen der Tat in Form der Verhaltensänderungen bei ..., die sich nur aus einem Vergleich „Vorher-Nachher“ ergeben können, sind auch für einen Psychiater oder Psychologen, insbesondere im Hinblick auf das Alter des Kindes, nur unter Hinzuziehung der Angaben der Eltern im Sinne einer Fremdanamnese zu beurteilen, so dass auch ein Arzt seinem Attest die Angaben der Eltern und Kinder zugrunde legen und sie dann „subjektiv“ werten und beurteilen müsste.

Schließlich hat der Zeuge ... was seine Ehefrau, die Zeugin ... auch bestätigte, angegeben, dass er einen unter dem 24.05.2018 datierten Brief des Angeklagten H... erhalten habe, in dem er in den ersten drei Zeilen zwar schreibe, dass er sich entschuldige, im Übrigen aber auf den verbleibenden eineinhalb Seiten darlege, wie schlecht es ihm ginge, dass er ja seine Unterhaltspflichten, seine Rentenkasse bedienen müsse und gerne zu B. zurückkehren wolle, ein Brief, den er nicht als Entschuldigung empfinde, vielmehr eine „Geldentschuldigung“. Geld sei ihm aber „scheißegal“ und für das, was der Angeklagte seinen Töchtern und der Familie angetan habe, gäbe es keine Wiedergutmachung.

Bei dieser Einschätzungen blieben die Eheleute ... auch nach Abschluss des Vergeliches am 03.08.2018; sie erklärten, eine Täter-Opfer-Ausgleichs-Vereinbarung nach wie vor ausdrücklich abzulehnen.

c) Zeuge KK Michael G...

Der polizeiliche Sachbearbeiter und Zeuge G... hat über den Gang des Verfahrens berichtet und insbesondere über den Eindruck von der Vernehmung der beiden geschädigten Mädchen ... und ...

Die Vernehmung der ... die erst fünf Jahre alt gewesen sei, sei altersentsprechend relativ schwierig gewesen. Sie sei ihm als Fremden gegenüber recht verschlossen gewesen. Insbesondere betreffend die zeitliche Einordnung habe ... Probleme gehabt.

... die schon etwas älter gewesen sei, sei leichter zu vernehmen gewesen; sie habe aber ebenfalls altersentsprechend bei zeitlichen Einordnungen oder Fragen zur Häufigkeit – sie habe allerdings von vier bis fünf Vorfällen gesprochen –, Schwierigkeiten gehabt, weshalb letztlich von ihm die „zwei Tatzeiträume“, nämlich Juli – Anfang August 2017 (im August befand sich die Familie ... im Urlaub in ...) und nach Urlaubsrückkehr bis zum Coming-Out, also September – 11.12.2017, festgesetzt worden seien.

Insbesondere die Aussage des geschädigten Kindes ... sei für ihn glaubwürdig gewesen, da die Aussage viele Details bezüglich der Taten, etwa hinsichtlich der Räumlichkeiten oder des Feuchtwerdens im Geschlechtsbereich, als der Angeklagte H... dort mit der Zunge manipuliert habe, enthalten habe, aber auch markante Schilderungen wie das Stechen der Bartstoppeln, als der Angeklagte mit dem Gesicht im Genitalbereich gewesen sei oder, dass er Schmutzsachen (Sachen von draußen, die schmutzig sind) angehabt und er sie mit seinen Dreckfingern voll Erde von draußen angefasst habe. ... habe das Innere des Hauses und die Zimmer gut beschreiben können, beispielsweise das Vorhandensein von zwei Schreckschusspistolen, die bei der Hausdurchsuchung auch tatsächlich am angegebenen Ort gefunden worden seien. Schließlich habe ... auch den modus operandi (Einladungen zum Spielen bzw. dazu, ihr etwas im Haus zu zeigen) nachvollziehbar geschildert.

Nach „gewissen Anlaufschwierigkeiten“, die ... nachvollziehbar damit erklärt habe, dass der Angeklagte H... ihr ja bezüglich der sexuellen Übergriffe ein Schweigegebot auferlegt hätte, habe sie sich ihm gegenüber geöffnet. Man habe aber – so der Zeuge G... weiter – gemerkt, dass ihr das Thema unangenehm sei, sie habe teilweise „herumgedruckst“.

Im Übrigen hat der Zeuge G... angegeben, dass der Angeklagte H... nach Belehrung anlässlich der vorläufigen Festnahme am 02.01.2018 sich im mündlichen Gespräch teilweise zu den Vorwürfen, auch in geständiger Art, geäußert habe, nach dem Vorgespräch und Rücksprache mit einem Anwalt dann aber zu einer schriftlichen Fixierung einer Einlassung nicht mehr bereit gewesen sei.

Mitte Januar habe der Verteidiger eine weitere Vernehmung des Angeklagten H... angeregt und eine geständige Einlassung angekündigt, weshalb es am 02.02.2018 zu einer weiteren polizeilichen Vernehmung gekommen sei, in welcher der Angeklagte die Taten, die Gegenstand der späteren staatsanwaltschaftlichen Anklage vom 19.04.2018 gewesen seien, auch weitgehend eingeräumt habe.

Schließlich äußerte der Zeuge G... sich dahingehend, dass die Auswertung der anlässlich der operativen Maßnahmen und insbesondere der Hausdurchsuchung in ... am 02.01.2018 sichergestellten Datenträger nur auf dem Asservat 1.3 (Laptop) inkriminierte Daten und Dateien ergeben habe; es seien ca 10.000 kinderpornografische Bilder gesichert worden, welche im Anschluss an die Vernehmung des Zeugen G... mit allen Verfahrensbeteiligten im Sonderband, Auswertung Datenträger, in Augenschein genommen wurden und die eindeutig kinderpornografische Bilder mit Penetrationen, vaginal und oral, enthalten.

d) Sachverständiger Prof. Dr. S.:

Die Feststellung, dass der Angeklagte die Taten bei voll erhaltener Schuldfähigkeit beging, folgt aus der Einlassung des Angeklagten, dass er weder Alkohol noch Drogen vor der Tat zu sich genommen hat und dem Ergebnis des verlesenen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 26.02.2018 (Sonderband „Psychiatrisches Gutachten“), der zu dem Ergebnis kommt, dass bei dem Angeklagten H... die Diagnose der Pädophilie (ICD 10: F 65.4) zu stellen ist. Der Angeklagte, der homosexuell und in einer Beziehung lebend ist, ist bis zuletzt sexuell aktiv ohne Potenz-, Libido- oder Erektionsprobleme. Bis vor etwa 3 Jahren waren keinerlei Auffälligkeiten zu eruieren, dann der Kontakt mit einer russischen Web-Seite, auf der sich zahlreiche Nacktbilder, darunter vor allem auch Bilder junger Mädchen im Alter von 5 bis 15 Jahren befanden. Die Ästhetik und der Reiz dieser jungen Mädchen hat ihn dann zunehmend beschäftigt, er hat zahllose Bilder gespeichert, ein zunehmendes Interesse an deren schlanken, unbehaarten Körpern sowie ihrer Körpersilhouette empfunden, obwohl ihm bewusst war, dass es keine Erfüllung im Sinne von Geschlechtsverkehr geben könne. Die Mädchenbilder enthielten zum Teil Darstellungen in aufreizenden Posen, aber nicht mit explizit pornographischen Inhalten oder Geschlechtsverkehr, der Angeklagte H... hat nach eigenen Angaben in den letzten Jahren, wenn er nicht schlafen konnte, teilweise stundenlang die Bilder angeschaut. Die Bilder erregten ihn sexuell.

Der Sachverständige Prof. Dr. S. betont in seinem Gutachten weiter, dass es keine ganz einheitliche Typologie pädophilen Verhaltens oder typischer Persönlichkeitsmerkmale, die die pädophilen Handlungen prädisponieren, gibt, wobei allerdings relativ häufig in der forensisch psychiatrischen Literatur folgende Risikogruppen genannt werden:

1. Kontaktarme, retardierte Jugendliche

2. Sozial randständige Jugendliche

3. Sozial Desintegrierte mittleren Alters

4. Erotisierende pädagogische Beziehungen (Männer, die berufsmäßigen Umgang mit Kindern haben)

5. Alterspädophile, denen Mut oder Gelegenheit fehlt, adäquate sexuelle Beziehungen aufzunehmen oder zu unterhalten

oder dissoziale intelligenzgeminderte Täter.

All diese Typologien treffen – so der Sachverständige – auf den Angeklagten H... nicht zu, so dass er eher von einer lang kompensierten Pädophilie ausgeht.

Weitere Diagnosen hat der Sachverständige Prof. Dr. S. nicht gestellt.

Vielmehr ist betreffend das Persönlichkeitsbild des Angeklagten H... ansonsten von einem unauffälligen, nicht auffallend impulsiv, keineswegs dissozialen, vielmehr altersentsprechend gereiften Mann ohne Anhaltspunkte für Psychopathie auszugehen. Es war keinerlei psychopathologischer Befund zu erheben, insbesondere ergaben sich keine Hinweise auf eine psychiatrische Erkrankung wie zum Beispiel eine schizophrene Psychose, eine manisch-depressive Erkrankung. Der Angeklagte H... hat vielmehr einen völlig unauffälligen, in beruflicher Hinsicht erfolgreichen Lebenslauf und ist forensisch nie in Erscheinung getreten. Es finden sich keinerlei konkretisierbare Anhaltspunkte für ein impulsives oder explosives Temperament, ebenso spricht nichts dafür, dass bei dem Angeklagten H... eine Persönlichkeit, die auch außerhalb der vorgeworfenen Delinquenz auffallend unkontrolliert oder angespannt ist, vorläge oder von fremd- oder autoaggressivem Handeln auszugehen wäre. Auch ergaben sich keinerlei Hinweise für eine auffallende Frustrationsintoleranz oder hirnorganische Leistungsbeeinträchtigungen oder für einen sozial depravierten oder dissozialen Menschen. Suchtmittelkonsum war im Leben des Angeklagten H... und auch im Tatzeitraum nicht gegeben. Anzeichen für eine sadistische Tatmotivation oder eine hirnorganisch bedingte deviante Verhaltensweise fehlen.

Festzustellen ist aber ein Leidensdruck und eine Behandlungsbereitschaft bei dem Angeklagten H... der gegenüber dem Sachverständigen – so dessen insoweit zeugenschaftlichen Angaben – weiterhin auf die Unterstützung seiner jetzigen Frau hofft und sich dieser nahe fühlt.

In der Gesamtschau kann man daher von einer sexuell devianten Fixierung ausgehen (Nacktbilder betrachten, immerhin über einen dreijährigen Zeitraum regelmäßiger Bildkonsum), aber noch nicht von einer tief fixierten devianten Verhaltensweise und einer entsprechenden Persönlichkeitsveränderung mit Ausrichtung des sexuellen Erlebens ausschließlich auf Kontakte mit Kindern.

Der Angeklagte H... hat sich mit einer sexualtherapeutischen Behandlung einverstanden erklärt.

Der Sachverständige kommt unter Berücksichtigung der ihm zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen dazu, dass die bei dem Angeklagten H... bestehende pädophile Neigung nur Teil seiner Sexualität war. Sexualität für ihn ohne Devianz aber durchaus vorhanden war und keine ausschließlich deviante Sexualentwicklung vorlag.

Weiterhin betont der Sachverständige, dass im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung klar hervorgetreten ist, dass sich der Angeklagte H... mit seinen pädophilen Neigungen innerlich auseinandergesetzt hatte, es also durchaus auch innere Kontrollmechanismen zur Beherrschung paraphiler Impulse gab.

Aus forensisch psychiatrischer Sicht kann die Pädophilie definitionsgemäß zwar dem Eingangsmerkmal der „schweren anderen seelischen Abartigkeit“ im Sinne der Schuldfähigkeitsparagraphen 20, 21 StGB zugeordnet werden, woraus – auch darauf weist der Sachverständige besonders hin – aber nicht automatisch die Annahme einer verminderten Steuerungsfähigkeit resultiert.

Dieses Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB erfasst Veränderungen der Persönlichkeit, die – insoweit den Bewusstseinsstörungen vergleichbar – keine krankhaften seelischen Störungen darstellen; es betrifft seelische Fehlanlagen und Fehlentwicklungen, wenn diese Störungen in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen – auch sozialen – Folgen stören, belasten oder einengen wie krankhafte seelische Störungen (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 20, Rn. 36–38 b, m.w.N.).

Betreffend die konkreten, dem Angeklagten H... zur Last liegenden Taten haben sich keine ausreichenden Hinweise dafür ergeben: Vielmehr ist die bei dem Angeklagten bestehende Störung nicht als so ausgeprägt bzw. die bei ihm bestehenden Hemmmechanismen nicht als so defizitär anzusehen, dass dadurch eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB angenommen werden könnte, weshalb die Kammer, sachverständig beraten und nach eigener Prüfung, in der Gesamtschau zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Angeklagten zu den jeweiligen Tatzeitpunkten, trotz der diagnostizierten Pädophilie (in einer Nebenströmung), von voll erhaltener Einsichts- und Steuerungsfähigkeit auszugehen ist.

III. Beweiswürdigung zum Nachtatverhalten des Angeklagten

Die Feststellungen zum Nachtatverhalten des Angeklagten ergeben sich aus dem verlesenen Brief seines anwaltschaftlichen Vertreters vom 24.05.2018 nebst Entwurf einer TOA-Vereinbarung, dem verlesenen persönlichen Entschuldigungsschreiben des Angeklagten H... vom 24.05.2018, dem am 03.08.2018 gerichtlicherseits protokollierten, zwischen den Nebenklägerinnen und dem Angeklagten geschlossenen Vergleich sowie den Erklärungen der Eltern der Nebenklägerinnen, den Zeugen ... und ... dass der Abschluss einer Täter-Opfer-Ausgleichs-Vereinbarung abgelehnt wird, wie bereits dargelegt.

E. Rechtliche Einordnung:

Die festgestellten Taten zum Nachteil der ... sind strafbar als schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes gemäß §§ 176 Abs. 1, 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen (§ 53 StGB).

In Tatmehrheit (§ 53 StGB) dazu hat der Angeklagte H... zum Nachteil des Kindes ... den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs eines Kindes nach § 176 Abs. 1 StGB verwirklicht.

* Der Angeklagte kannte das Alter der Geschädigten ... und ... wusste, dass sie zu den Tatzeiten 6 Jahre (...) bzw. 5 Jahre (...) alt waren und damit – deutlich – unter der Schutzgrenze des § 176 StGB von 14 Jahren.

* Der Angeklagte hat ... in beiden ihm zur Last liegenden Fällen, nachdem er sie am Unterleib entkleidet hatte, zunächst im Bereich des Gesäßes berührt, was eindeutig als eine sexuelle Handlung im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB, die die Erheblichkeitsschwelle des § 184 h Nr. 1 StGB überschreitet, darstellt.

* Durch das dann jeweils vorgenommene Eindringen des Angeklagten mit dem Zeigefinger und der Zunge – zu den zwei genannten Gelegenheiten – in die Scheide des Kindes ist weiterhin die Voraussetzung eines Regelbeispieles nach § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt.

Denn eine solche Handlung ist nach der Rechtsprechung anerkanntermaßen grdsl. eine dem Beischlaf ähnliche, mit dem Eindringen in den Körper des Opfers verbundene, besonders erniedrigende Handlung (vgl. etwa BGH NStZ 2001, 598 und 369 f.; LG Augsburg NStZ 1999, 307 f.; Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 176 a Rn. 6–8 a).

* Dadurch, dass der Angeklagte H... betreffend ... dieser über der Unterhose an ihr Geschlechtsteil fasste und dort mit beiden Händen drückte, hat er auch an ihr unzweifelhaft eine sexuelle Handlung im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB, die die Erheblichkeitsschwelle des § 184 h Nr. 1 StGB überschreitet, vorgenommen.

* Soweit sie dabei Schmerzen empfunden hat, ist die Kammer zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass diese – mangels näherer Beschreibung durch das Kind – noch nicht von einem Ausmaß waren, welches eine Subsumtion unter den Begriff der körperlichen Misshandlung bzw. der Gesundheitsschädigung und damit den – solchenfalls in Tateinheit zum sexuellen Missbrauchs eines Kindes stehenden – Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung i.S.d. § 223 Abs. 1 StGB rechtfertigen würden.

F. Rechtsfolgenausspruch:

I. Strafrahmen

1.)

Für die Verwirklichung des Straftatbestandes des schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes – zum Nachteil der ... – i.S.d. §§ 176 Abs. 1, 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB sieht das Gesetz die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren vor, d.h. einen Strafrahmen (vgl. § 38 Abs. 2 StGB) von 2–15 Jahren.

2.) Keine Strafrahmenverschiebung wegen Annahme eines minder schweren Falles nach § 176 a Abs. 4 StGB

Nach Überzeugung der Kammer ist nicht von einer Strafrahmenverschiebung unter dem Gesichtspunkt der Annahme eines minder schweren Falles (§ 176 a Abs. 4 StGB) ausgegangen, mit der Folge, dass derAusnahmestrafrahmen von 1–10 Jahren Grundlage der Strafzumessung gewesen wäre, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Bei der Prüfung dieser Frage ist zunächst eine Gesamtbetrachtung notwendig, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Bewertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Gesetzlich vertypte Milderungsgründe bleiben in dieser Prüfungsstufe noch außer Betracht.

Erst wenn nach der Gesamtbetrachtung die Annahme eines „minder schweren Falles“ verneint wird, ist in der nächsten Prüfungsstufe zu klären, ob gesetzlich vertypte Milderungsgründe anzunehmen und bei der Frage, ob deshalb der Ausnahmestrafrahmen heranzuziehen ist, mit zu berücksichtigen sind.

(1)

Im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Gesamtbetrachtung hat die Kammer zwar zugunsten des Angeklagten H... gewertet, dass er bereits im polizeilichen Ermittlungsverfahren ein frühes Geständnis abgelegt und dies anlässlich der ermittlungsrichterlichen Einvernahme sowie in der Hauptverhandlung wiederholt hat, was vor allem dem geschädigten Kind ... eine wiederholte Vernehmung und Glaubwürdigkeitsbegutachtung, verbunden mit der Gefahr einer Retraumatisierung, erspart hat. Allerdings wurde so auch das Risiko umgangen, dass ... (und ev. auch ... detailliertere, den Rahmen des Tatvorwurfs laut Haftbefehl überschreitende Angaben hätte machen können.

Auch hat die Kammer im Rahmen der Gesamtwürdigung gesehen, dass der Angeklagte den am 03.08.2018 protokollierten Vergleich, der die Titulierung eines Schmerzensgeldanspruches des geschädigten Kindes ... im Sinne eines vollstreckbaren Titels enthält, abgeschlossen hat, den Eltern des geschädigten Kindes als gesetzlichen Vertretern ein Täter-Opfer-Ausgleichs-Angebot gemacht und sich ihnen gegenüber auch entschuldigt hat, letztmalig im letzten Wort, und, dass er bisher nicht vorbestraft ist.

Demgegenüber musste in die Gesamtbetrachtung aber eingestellt werden, dass der Angeklagte H... zum Nachteil des geschädigten Kindes ... zwei erhebliche Taten begangen hat, bei denen er jeweils zwei Varianten des Eindringens in den Körper als besonders erniedrigende Handlung verwirklicht hat, nämlich jeweils das Eindringen in die Scheide mit dem Finger und der Zunge. Sofern der Angeklagte bis zuletzt angab, dies sei nur kurz und nicht tief gewesen, ist die Kammer der Überzeugung, dass dieser Einlassung nicht vollumfänglich Glauben zu schenken ist, insbesondere etwa unter Berücksichtigung des von der Zeugin ... geschilderten Umstandes, dass das Kind ... im Tatzeitraum im Anal- und Genitalbereich vermehrten Juckreiz verspürte, was gegen ein nur minimales Eindringen spricht, vielmehr dafür, dass der Angeklagte mit seinen, wie die Geschädigte ... schilderte, schmutzigen Händen, seinem Mund (Zunge) und seinem Bart doch intensivere Handlungen vorgenommen hat. welche dann zu den genannten körperlichen Beschwerden bei dem Kind führten.

Die in §§ 176, 176 a StGB vorgesehene Schutzgrenze (14 Jahre) war bei dem geschädigten Kind... welches zur Tatzeit erst 6 Jahre alt war, zudem deutlich unterschritten, demgegenüber der Angeklagte zur Tatzeit 61 Jahre alt.

In die Gesamtbetrachtung hat die Kammer auch ganz wesentlich die von den Eltern ... und ... geschilderten Folgen für das Kind ... sowohl in physischer wie psychischer Hinsicht einbezogen, Folgen, die zum Urteilszeitpunkt noch andauerten: Im Zusammenhang mit dem stattfindenden Hauptverhandlungstermin und den insoweit erforderlichen Gesprächen der Eltern mit der Nebenklagevertreterin hat die Geschädigte beispielsweise erneut eingenässt: auch sind die langfristigen Folgen noch nicht absehbar. Auswirkungen bestehen aber auch für das gesamte Ehe- und Familienleben der Familie ... wie im Rahmen der Beweiswürdigung und des festgestellten Sachverhaltes dargelegt.

Ebenfalls in die Gesamtwürdigung eingeflossen ist der Umstand, dass der Angeklagte H... binnen kürzester Zeit – die Familie ... war erst im Juli 2017 nach ... gezogen, erste nähere Kontakte fanden ab Mitte Juli 2017 statt und bereits noch im Juli 2017 kam es zu dem ersten schweren sexuellen Übergriff auf ... – die sexuellen Handlungen an ... vornahm, was einen erheblichen Vertrauensmissbrauch gegenüber den Eltern, aber vor allem auch gegenüber dem Kind, das in dem Angeklagten H... den „guten Nachbarn“, einen „Ersatz-Opa“ sah, mit dem es lediglich spielen wollte, darstellt.

Der Angeklagte H... hat das Kind auch gezielt zur Vornahme der sexuellen Handlungen in das Arbeits- bzw. Schlafzimmer seines Hauses verbracht, somit in einen Bereich, in dem er doch vorübergehend „ungestört“ war und es dem Kind erschwert war, ggf. Hilfe zu holen.

Im Übrigen ist auf Folgendes hinzuweisen: Das Eindringen in die Scheide mit Finger und Zunge ist – abweichend von der Ansicht des Verteidigers des Angeklagten – in der gesetzlichen Regelung des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB eine dem Beischlaf gleichgestellte erhebliche sexuelle Tatbegehensweise; das Argument, dies sei „kein klassischer Fall“ des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes, wird nicht gebilligt und berücksichtigt.

Unter Würdigung dieser, in die vorzunehmende Gesamtbetrachtung eingeflossenen Aspekte ist die Kammer der Überzeugung, dass das Bild der beiden, dem Angeklagten H... zum Nachteil des geschädigten Kindes ... zur Last liegenden Taten des schweren sexuellen Missbrauches eines Kindes insgesamt vom Regelfall nicht so weit nach unten abweicht, dass die Taten dem gesetzlichen Regelbild nicht mehr entsprächen und daher der Regelstrafrahmen unangemessen erschiene.

(2)

Die Prüfung, ob daneben gesetzlich vertypte Milderungsgründe anzunehmen wären, die über § 49 Abs. 1 StGB zu einer weiteren Strafrahmenverschiebung führen könnten, verlief im Ergebnis negativ.

Dazu im Einzelnen:

a)

Anhaltspunkte für das Vorliegen des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes der verminderten oder gar aufgehobenen Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit (§§ 20, 21, 49 Abs. 1 StGB) beim Angeklagten H... zu den beiden Tatzeitpunkten sind nicht gegeben:

Wie im Rahmen der Beweiswürdigung, insbesondere unter Berücksichtigung des auszugsweise verlesenen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 26.02.2018, ausgeführt, war beim Angeklagten H... zwar eine Paraphilie in Form einer pädophilen Nebenströmung zu diagnostizieren, welche grundsätzlich unter das Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB im Sinne der „schweren anderen seelischen Abartigkeit“ zu subsumieren wäre, bei ihm aber nicht einmal zu einer erheblichen Verminderung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit führt, da es sich zum einen nicht um eine sog. Kernpädophilie handelt, also das Ausmaß der Ausprägung noch keinen vordergründigen und schwerstwiegenden Charakter hat und damit nicht anderen, unter die Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB zu subsumierenden psychiatrischen Erkrankungen im engeren Sinne vergleichbar ist; zudem verfügt der Angeklagte aufgrund seiner Persönlichkeit und Charakters über gute Kontrollmechanismen: Die bei ihm bestehenden Hemmungsmechanismen sind nicht defizitär. Er konnte, auch zu den Tatzeitpunkten, sein Verhalten steuern.

b)

Dem Angeklagten kann auch nicht der gesetzlich vertypte Milderungsgrund der sog. Aufklärungshilfe im Sinne des § 46 b Abs. 1 StGB zugute kommen, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung seines frühen Geständnisses im Sinne des Haftbefehles und der späteren Anklage der Staatsanwaltschaft Traunstein vom 19.04.2018, da er keine über diese Tatvorwürfe hinausgehenden anderen, weitergehenden Taten offenbart hat.

c)

Schließlich hat die Kammer im Ergebnis auch nicht den gesetzlich vertypten Milderungsgrund des Täter-Opfer-Ausgleiches gemäß § 46 a Nr. 1 StGB bejahen können, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Gemäß § 46 a Nr. 1 StGBkann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB mildern, wenn der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt hat (immaterieller Schadensausgleich).

Das Verhalten muss dabei Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein, unter Respektierung der Opferrolle und Bekennung der eigenen Schuld des Täters (BGH, NStZ-RR 2010, 176/177). Erforderlich ist ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer, der auf die Lösung des der Tat zugrundeliegenden Gesamtkonfliktes im Sinne des Bemühens um friedensstiftende Wirkung abzielt (BGH, StV 2008, 463/464 und StV 2010, 303; NStZ 2012, 439/440; Fischer, StGB, a.a.O., § 46 a Rn. 10 ff. m.w.N.).

aa) Im konkreten Fall ist zunächst zu betonen, dass eine Täter-Opfer-Ausgleichs-Vereinbarung weder zwischen den gesetzlichen Vertretern des geschädigten Kindes ... und dem Angeklagten noch gar zwischen dem Kind selbst und dem Angeklagten zustande gekommen ist.

Zwar hat der anwaltschaftliche Vertreter des Angeklagten H... unter dem 24.05.2018 an die Nebenklagevertreterin den Entwurf einer entsprechenden TOA-Vereinbarung geschickt. Auch hat der Angeklagte H... persönlich unter dem gleichen Datum an die gesetzlichen Vertreter des geschädigten Kindes ... ein persönliches Entschuldigungsschreiben nebst Hinweis auf die Rolle des Täter-Opfer-Ausgleiches für die Strafzumessung versandt.

Auf beide Angebote hat die Nebenklage allerdings bis zur Hauptverhandlung nicht reagiert.

Auch im Rahmen der Hauptverhandlung haben die gesetzlichen Vertreter am 31.07.2018 erklärt, dass es für das, was der Angeklagte H... dem Kind angetan habe, keine Wiedergutmachung gebe und kein Täter-Opfer-Ausgleich gewünscht ist.

Nach Vergleichsabschluss im Fortsetzungstermin vom 03.08.2018 haben die Eltern nochmals persönlich, erneut und ausdrücklich eine Täter-Opfer-Vereinbarung abgelehnt.

bb) Der Verneinung des Vorliegens einer Täter-Opfer-Ausgleichs-Vereinbarung steht nicht entgegen, dass die Eltern als gesetzliche Vertreter für das Kind ... den Vergleich abgeschlossen haben.

Denn die Annahme einer Zahlung als (Teil-) Ausgleich für Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche ist für sich alleine nicht schon als Bestätigung für einen akzeptierten Täter-Opfer-Ausgleich anzusehen (Fischer, StGB, a.a.O., § 46 a Rn. 10 b mit Hinweis auf BGH, StV 2012, 151; BGHSt 48, 134 (144)).

cc) Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass § 46 a Nr. 1 StGB es für einen Täter-Opfer-Ausgleich genügen lässt, dass der Täter die Wiedergutmachungernsthaft erstrebt, kommt die Kammer im konkreten Fall nicht zu dem Ergebnis, dass ein erfolgreicher Täter-Opfer-Ausgleich vorliegt, welcher die Möglichkeit eröffnen würde, über die Annahme des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes zu einem minder schweren Fall im Sinne des § 176 a Abs. 4 StGB zu gelangen oder zu einer isolierten Strafrahmenverschiebung über § 49 Abs. 1 StGB.

* Denn das Gericht verkennt zwar nicht, dass von Seiten des Angeklagten als Täter ein ernsthaftes Bemühen in Richtung einer Wiedergutmachung des von ihm begangenen Unrechtes angenommen werden kann:

Er hat sich nicht nur im Schreiben seines Anwaltes vom 24.05.2018, welches den Entwurf der TOA-Vereinbarung enthielt, sondern auch in seinem eigenen, handschriftlichen Schreiben vom 24.05.2018 bei den gesetzlichen Vertretern des geschädigten Kindes ... entschuldigt, worin eine Verantwortungsübernahme und ein Bekenntnis zu dem von ihm begangenen Unrecht zu sehen ist.

Zu verkennen ist aber nicht, dass vor allem das persönliche Schreiben des Angeklagten H... vom 24.05.2018 durchaus „ambivalent“ zu bewerten ist, da das Schreiben neben der Entschuldigung dominant die Verfolgung eigener Ziele zum Ausdruck bringt: Der Angeklagte verweist in dem Schreiben auf den massiven Einschnitt des Verfahrens und der Untersuchungshaft für seinen Leben und das Leben seiner Frau, den Umstand, dass dies existenzbedrohende Dimensionen annehme, da er Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinem Sohn, aber auch Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Rentenversicherung habe, zudem beruflich demontiert sei, und die Strafe entscheidend dafür sei, ob er in sein Leben zurückkehren könne, wobei der Täter-Opfer-Ausgleich eine wesentliche Rolle für die Strafzumessung spiele. Damit steht, worauf die Nebenklage nicht zu Unrecht hingewiesen hat, und was für die Eltern der geschädigten ... auch ein wesentlicher Grund für die Ablehnung des Angebotes der Täter-Opfer-Vereinbarung war, die Verfolgung eigener Ziele (vor allem betreffend das Ausmaß der strafrechtlichen Sanktion) doch wesentlich im Fokus des Schreibens vom 24.05.2018.

Zwar schließt ein teilweise bestreitendes, beschönigendes oder die eigene Betroffenheit betonendes Verhalten des Angeklagten einen Täter-Opfer-Ausgleich nicht grundsätzlich aus, solange die Opfer-Position der Geschädigten unbestritten bleibt (vgl. BGH, 1 StR 576/16, Urteil vom 09.05.2017, NStZ-RR 2017, 198/199); aber maßgeblich ist die Gesamtbetrachtung:

Wenn auch die Kammer, wie bereits erwähnt, anerkennt, dass die Entschuldigung und ein Bekenntnis zum begangenen Unrecht sowie eine Verantwortungsübernahme dem Schreiben zu entnehmen sind, so ist doch ganz wesentlich das Augenmerk darauf zu richten, dass § 46 a StGB unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte und seiner Intention primär opferschützenden Charakter hat, diese Intention aber zu einem guten Teil verfehlt wird, weil das ernsthafte Bemühen dem Angeklagten H... zwar nicht abgesprochen wird, aber doch – aus der Sicht des Opfers und im Blick auf das Opfer – nicht als absolut überzeugend, weil als eher ichbezogen statt opferbezogen anzusehen ist.

* Entscheidend für die Ablehung des § 46 a Nr. 1 StGB ist aus Sicht der Kammer jedoch der Umstand, dass auch bei der für den Täter-Opfer-Ausgleich im Gesetz vorgesehenen Variante des ernsthaften Bemühens um eine Wiedergutmachung ein einseitiges Bemühen allein des Täters nicht als ausreichend angesehen werden kann.

Vielmehr ist auch bei dieser Variante ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer erforderlich mit Verantwortungsübernahme des Täters, was in der Regel insbesondere bei schweren Gewalt- und Sexualdelikten ein Geständnis voraussetzt – dies wäre hier noch gegeben – mit dem Ziel, den der Tatbegehung zugrundeliegenden Gesamtkonflikt im Sinne einer friedensstiftenden Wirkung aufzuarbeiten. Dieses Erfordernis hat für das Opfer besonderes Gewicht, vor allem bei schweren Sexualdelikten, um es zu entlasten und ihm zu vermitteln, respektiert zu werden und so die Taten verarbeiten und sich auf den friedensstiftenden Prozess einlassen zu können. Insofern hat die obergerichtliche Rechtsprechung auch ausdrücklich (vgl. etwa BGH, Urteil vom 29.04.2015, 2 StR 405/14, Rn. 21) entschieden, dass das einseitige Wiedergutmachungsbestreben des Angeklagten ohne jegliche Einbeziehung des Opfers nicht genügt, da es dann an dem kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer (BT Drucksache 12/685, Seite 21, 22), der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss, fehlt.

Die Variante des „ernsthaften Bemühens“ schützt nämlich grundsätzlich nur zum Beispiel nicht leistungsfähige Täter, aber soll nicht Opferrechte übergehen und der primär opferschützenden Intention des § 46 a Nr. 1 StGB zuwiderlaufen: Maßgeblich ist der Opferschutz, nicht der Vorteil für den Täter.

* Die Kammer verkennt zwar nicht, dass der somit auch für diese Alternative erforderliche kommunikative Prozess grundsätzlich auch durch Vermittlung eines Verteidigers, eines gesetzlichen Vertreters, eines Therapeuten oder eines Mediators, also einer dritten Person, zustande kommen kann und keine direkte persönliche Begegnung zwischen Täter und Opfer verlangt. Jedoch stellt die Zuhilfenahme solcher Vermittlungen nur eine „Kommunikationsbrücke“ dar, d.h., die Vermittlung macht es nicht entbehrlich und kann es nicht ersetzen, dass das tatsächliche, unmittelbare Tatopfer in irgendeiner Form in den kommunikativen Prozess einbezogen wird; dieser ist anerkanntermaßen nicht als gegeben anzunehmen, wenn die Erklärungen und das Ausgleichsangebot des Täters zwar durch dritte Personen vermittelt werden, das Opfer selbst aber gar nicht erreichen (BGH, Urteil vom 24.008.2017, 3 StR 233/17, Rn. 16–18). Vertreter können die Kommunikation also nur vermitteln, aber das Einverständnis des Opfers nicht ersetzen.

Im Rahmen des hier vorliegenden Verfahrens ist in keinster Form erkennbar geworden, dass Erklärungen des Angeklagten H... das Opfer ... erreicht hätten.

* Allein der Umstand, dass es sich bei der Nebenklägerin und dem geschädigten Kind ... um eine Minderjährige handelt, die im Rechtsverkehr von ihren Eltern gesetzlich vertreten wird, lässt keine abweichende Bewertung zu, wie der BGH in der soeben genannten Entscheidung, Rn. 19, dargelegt hat (allerdings im Bezug auf ein zur Tatzeit 12-jähriges Opfer).

Dabei ist sich die Kammer bewusst, dass ein Opfer auch über die notwendige Verstandesreife verfügen muss, um die Erklärungen eines Täters, sollten sie das Opfer erreichen – was hier, wie dargelegt, noch nicht geschehen ist –, akzeptieren zu können.

Auch dieses – weitere – Erfordernis ist aus Sicht des Gerichts vorliegend gegeben, und zwar aus folgender Erwägung:

Nicht zu verkennen ist zwar, dass das geschädigte Kind ... zum Tatzeitpunkt erst 6 Jahre alt war und zum gegenwärtigen Zeitpunkt, zu dem es zu einem Täter-Opfer-Ausgleich hätte kommen können, erst 7 Jahre. Jedoch ist zu sehen, dass ... zwar über keine sexuellen Vorerfahrungen etc. verfügt, aber als organisch gesundes, kluges Kind altersentsprechend ggf. durch Vermittlung der Eltern, eines Therapeuten oder ähnlichen Personen in kindgemäßer Art und Weise hätte darüber aufgeklärt werden können, dass der Angeklagte H... das ihr zugefügte Unrecht eingeräumt hat und wiedergutmachen will. Es bestehen für die Kammer keinerlei Zweifel, dass ihr hätte vermittelt und von ihr hätte verstanden werden können, dass sie nicht sie „das böse Mädchen“ ist (was sie nach dem Aufkommen der Taten ihre Mutter immer wieder fragte), sondern das, was der Angeklagte H... ihr angetan hat. „böse war“, was für sie als Opfer eine deutliche Entlastung gebracht und in diesem Sinne einen kommunikativen Prozess mit dem Ziel friedensstiftender Wirkung in Gang gesetzt hätte.

Da insgesamt nicht feststellbar war, dass das geschädigte Kind ... in irgendeiner Form in den kommunikativen Prozess einbezogen worden wäre oder sie die Erklärungen des Angeklagten H... erreicht und sie diese akzeptiert hätte, war für die Kammer auch der Weg zu einer Annahme eines Täter-Opfer-Ausgleiches im Sinne des § 46 a Nr. 1 StGB verwehrt.

Im Ergebnis ist die Kammer damit der Überzeugung, dass bei beiden zum Nachteil des Kindes begangenen Taten kein minder schwerer Fall im Sinne de § 176 a Abs. 4 StGB angenommen werden konnte.

3.)

Aus den vorangegangenen Darlegungen und der Verneinung des Vorliegens gesetzlich vertypter Milderungsgründe im Sinne der §§ 20, 21 StGB, 46 b StGB und 46 a StGB ergibt sich auch, dass eineStrafrahmenverschiebung über § 49 Abs. 1 StGB nicht möglich ist.

Insgesamt verbleibt es daher betreffend die beiden in Tatmehrheit stehenden, vom Angeklagten H... zum Nachteil des Kindes ... begangenen Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs bei dem gesetzlichen Regelstrafrahmen von 2 Jahren bis zu 15 Jahren als Ausgangspunkt der Strafzumessung.

4.)

Für die Verwirklichung des Straftatbestandes des sexuellen Missbrauchs eines Kindes – zum Nachteil der ... – i.S.d. § 176 Abs. 1 StGB sieht das Gesetz die Verhängung eines Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vor.

§ 176 StGB sieht das Vorliegen eines minder schweren Falles nicht vor.

Nach Überzeugung der Kammer schied auch insoweit eine Strafrahmenverschiebung unter Berücksichtigung des möglichen Vorliegens gesetzlich vertypter Milderungsgründe aus:

Wie bereits dargelegt, ist bei dem Angeklagten H... trotz vorliegender Paraphilie in Form einer pädophilen Nebenströmung nicht von einer erheblichen Verminderung, geschweige denn Aufhebung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt auszugehen. Aus den bereits erörterten Erwägungen hat er auch keine Aufklärungshilfe im Sinne des § 46 b StGB geleistet.

Es war auch betreffend ... nicht vom Vorliegen eines Täter-Opfer-Ausgleiches ausgehen. Die Kammer hat dies – da bei Vorliegen mehrerer Opfer die Voraussetzungen für jedes Opfer isoliert zu prüfen sind – eigenständig überprüft, kommt aber aus den gleichen, bereits betreffend ... geschilderten Umständen zum gleichen Ergebnis.

Gesondert ist nur zu betonen, dass selbst bei ... die zum Tatzeitpunkt und heute erst 5 Jahre ist. die notwendige Verstandesreife dafür, dass der Angeklagte H... eine Wiedergutmachung erstrebt, nicht grundsätzlich von der Hand zu weisen gewesen wäre: Sie hat, wie ihre Mutter, die Zeugin ... eindrucksvoll geschildert hat, durchaus begriffen, dass der Angeklagte H... ihr gegenüber eine inadäquate Verhaltensweise an den Tag gelegt hat. Sie hat – seiner Weisung entsprechend – das (schlechte) „Geheimnis“ für sich bewahren können und erst aufgrund des geschilderten Gespräches beim Duschen am 11.12.2017 im Hinblick auf das am vorangegangenen Wochenende bei der Oma wahrgenommene Buch offenbart. Ihr wäre es daher aus Sicht der Kammer ebenso möglich, in kind- und altersgemäßer Form – ggf. ebenso wie bzgl. ... Vermittlung der gesetzlichen Vertreter oder eines Therapeuten – zu verstehen, dass dem Angeklagten H... sein inadäquates Verhalten leid tut und er ihr zu Unrecht auferlegt hat, das als „Geheimnis“ auch gegenüber den Eltern nicht zu erwähnen.

Es fehlt im Ergebnis aber an einem kommunikativen Prozess zwischen dem Angeklagten und dem geschädigten Kind ... – eine Kommunikation, die durch einen Opferanwalt, gesetzlichen Vertreter. Mediator oder Therapeuten hätte vermittelt werden können, aber durch solche „Mittelspersonen“ das Einverständnis des Opfers nicht gänzlich hätte ersetzt werden können.

Insgesamt verbleibt es daher betreffend den sexuellen Missbrauch eines Kindes zum Nachteil der ... bei dem gesetzlichen Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB von 6 Monaten bis zu 10 Jahren als Ausgangspunkt der Strafzumessung.

II. Strafzumessung im engeren Sinne (§ 46 StGB):

Zugunsten des Angeklagten fiel nach Überzeugung der Kammer wesentlich sein von Einsicht und Reue geprägte Geständnis – welches im Sinne der Anklage bereits in einem frühen Verfahrensstadium abgegeben wurde – ins Gewicht. Der Angeklagte hat damit beiden Geschädigten eine erneute Aussage, verbunden mit der Gefahr einer Retraumatisierung, erspart.

Zudem hat er sich in seinem letzten Wort nochmals dahingehend geäußert, dass ihm alles wahnsinnig leid tue und er keine Worte finde. Er hoffe, dass seine Taten für die Kinder keine langfristigen Folgen hätten. Er wolle noch einmal betonen, dass er die volle Verantwortung übernehme, aber nicht von vorneherein vor gehabt habe, betreffend ... und ... sexuell übergriffig zu werden.

Der Angeklagte H... hat dies bereits auch in dem persönlichen Entschuldigungsschreiben vom 24.05.2018, gerichtet an die gesetzlichen Vertreter der geschädigten Kinder ... und ... erklärt gehabt, verbunden mit dem Angebot eines TOAs, welcher auch durch seinen anwaltschaftlichen Vertreter mit Schreiben vom 24.05.2018 als Entwurf an die Eltern gerichtet worden war. Wie bereits erwähnt, hat die Kammer dabei aber nicht verkannt, da das eigene persönliche Entschuldigungsschreiben des Angeklagten vom 24.05.2018 durchaus einen „ambivalenten“ Charakter hat, da es ebenso die Verfolgung eigener Ziele betreffend seine Zukunft und das zu erwartende Strafmaß enthält, insgesamt also nicht (rein oder überwiegend) opferschützenden Charakter hat.

Zudem hat die Kammer gewertet, dass der Angeklagte H... durch den am 03.08.2018 zu Protokoll erklärten Vergleich bereits – im Sinne eines vollstreckbaren Titels – eine Schadenswiedergutmachungsleistung herbeigeführt und in Aussicht gestellt hat, sein Haus in ... zu veräußern, was für den Familienfrieden der Fam. ... von großer Bedeutung ist.

Auch war nicht zu verkennen, dass – jedenfalls bis zum heutigen Zeitpunkt – für das geschädigte Kind ... keine weitergehenden Tatfolgen feststellbar waren.

Schließlich waren zugunsten des Angeklagten H... die persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Konsequenzen, die die Taten, das Strafverfahren und die Strafvollstreckung für ihn gezeitigt haben und noch zeitigen werden, in die Waagschale zu werfen; insoweit handelt es sich um existenzverändernde Umstände.

Der Angeklagte ist zudem bisher in seinem Leben nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.

- Zugunsten des Angeklagten H... konnte die Kammer entgegen der Ansicht der Verteidigung nicht berücksichtigen, dass er sich bereits 7 Monate in Untersuchungshaft befindet.

Eine Berücksichtigung konnte unter Heranziehung der von der Rechtsprechung insoweit entwickelten Grundsätze (vgl. BGH StV 2009, 80; NJW 2006, 2645) deshalb nicht stattfinden, weil bei ihm keine erhöhte Haftempfindlichkeit vorliegt: Er hat während der Untersuchungshaft vielfältige persönlichen Kontakte zu Familienangehörigen und Freunden, sowohl brieflich wie durch Besuche (sogar sein Sohn hat ihn besucht), es besteht auch sprachlich keine Isolationssituation zu Mitgefangenen, ebensowenig eine gesundheitliche Gefährdung, so dass keinerlei Aspekte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass ihn die Untersuchungshaft über das gewöhnlich mit ihr einhergehende Maß besonders belastet.

- Weitere Strafmilderungsaspekte konnte die Kammer nicht berücksichtigen, insbesondere lagen, wie bereits ausgeführt, keine gesetzlich vertypten Milderungsgründe vor.

Zulasten des Angeklagten H... musste demgegenüber berücksichtigt werden, dass die beiden geschädigten Kinder ... und ... die den Strafvorschriften zum Schutze der sexuellen Selbstbestimmung zu entnehmende Schutzgrenze von 14 Jahren deutlich unterschritten haben: ... war zu den Tatzeiten 6 Jahre, ... zur Tatzeit 5 Jahre alt. Der Angeklagte H... war zu den Tatzeiten 61 Jahre alt.

Er hat sowohl gegenüber den beiden Kindern, die lediglich bei ihm im Garten spielen wollten, aber auch in erheblichem Umfang gegenüber den Eltern der beiden Kinder, den Zeugen ... und ... einen massiven Vertrauensmissbrauch begangen.

Der Vertrauensmissbrauch gegenüber der Geschädigten ... war auch mit der Ausübung eines gewissen psychischen Druckes verbunden; der Angeklagte äußerte, das sei ein „Geheimnis“, über das man nicht sprechen dürfe, andernfalls würde sie bestraft werden. Auch durch die vielfältigen und häufigen Geschenke schaffte er ein Klima, in dem es dem Kind nicht möglich war, sich über das erteilte Schweigegebot hinwegzusetzen und sich etwa ihren Eltern gegenüber anzuvertrauen. Auch ... belegte er mit einem Schweigegebot betreffend das inkriminierte Verhalten.

Zudem sind, wie im einzelnen oben festgestellt, vor allem betreffend das Kind ... doch erhebliche, bis heute andauernde und in zeitlicher Hinsicht nicht abschätzbare Tatfolgen eingetreten, sowohl physischer als auch psychischer Art, daneben nicht unerhebliche Tatfolgen für die gesamte Familie ... (Vater-Tochter-Verhältnis, Ehebeziehung) festzustellen.

Von Bedeutung war weiterhin, dass der Angeklagte betreffend das Kind ... im Rahmen des schweren sexuellen Missbrauches bei beiden Taten jeweils zwei Varianten des Eindringens in den Körper (Einführen von Finger und Zunge) verwirklicht hat.

Schließlich hat die Kammer auf der Negativseite berücksichtigt, dass mit Anklageerhebung bereits zur Verfahrensvereinfachung der vom Angeklagten H... ebenfalls erfüllte Tatbestand des Besitzes kinderpornografischer Schriften zwar nach § 154 StPO eingestellt wurde, jedoch das inkriminierte Bildmaterial einen erheblichen Umfang gehabt hat, wie der Zeuge G... nochmals berichtete: Es wurden mehr als 10.000 Bilder kinderpornografischer Couleur gesichert, insbesondere auch mit Darstellungen zu Penetrationen oraler, analer und vaginaler Art. Diese Bilder waren, wie der Angeklagte H... gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. S. einräumte, mit „tatanbahnend“; der Angeklagte hatte gegenüber dem Sachverständigen angegeben, er habe das einmal erleben wollen, was er auf den Bildern gesehen habe. Insoweit ist aus Sicht der Kammer auch anzuführen, dass der Angeklagte selbst in der Hauptverhandlung noch der Meinung war. dies sei nicht so schlimm, das machten doch viele, ohne sich bewusst zu machen, dass hinter jedem einzelnen Bild das Schicksal eines Kindes, welches für derartige Bilder missbraucht wurde, steckt.

Unter Berücksichtigung der für die einzelnen Taten jeweils oben genannten Strafrahmen, die Ausgangspunkt der Strafzumessung sind, sowie der zugunsten und zulasten des Angeklagten H... sprechenden Gesichtspunkte ist die Kammer der Überzeugung, dass die Verhängung folgender Einzelstrafen tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich ist, um auf den Angeklagten einzuwirken:

Für die 2 Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zum Nachteil der ...

jeweils

eine Freiheitsstrafe von 2 Jahre 9 Monaten

und

für den Fall des sexuellen Missbrauchs eines Kindes zum Nachteil der ...

eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten

Aus diesen Einzelstrafen war gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden.

Dabei war die Einsatzstrafe von 2 Jahren 9 Monaten angemessen zu erhöhen. Die Kammer hat neben den für und gegen den Angeklagten H... sprechenden Gesichtspunkten nochmals abgewogen, dass zwischen den Taten ein motivationaler und situativer Zusammenhang bestand.

Im Ergebnis hielt die Kammer daher unter Berücksichtigung des Gesamtstrafübels, aber auch der gesetzlichen Strafzwecke sowie der Vollstreckungsfolgen (BGH, Beschluss vom 29.11.2012, 5 StR 522/12, NStZ-RR 2013, 108) eine

Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 3 Monaten

für tat- und schuldangemessen, aber auch geboten.

G. Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464, 465 StPO und § 472 StPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Traunstein Urteil, 03. Aug. 2018 - KLs 470 Js 44097/17 jug

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Traunstein Urteil, 03. Aug. 2018 - KLs 470 Js 44097/17 jug

Referenzen - Gesetze

Landgericht Traunstein Urteil, 03. Aug. 2018 - KLs 470 Js 44097/17 jug zitiert 16 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

Strafgesetzbuch - StGB | § 54 Bildung der Gesamtstrafe


(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener

Strafprozeßordnung - StPO | § 464 Kosten- und Auslagenentscheidung; sofortige Beschwerde


(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

Strafprozeßordnung - StPO | § 472 Notwendige Auslagen des Nebenklägers


(1) Die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Die notwendigen Auslagen für einen psychosozialen Prozessbegleiter des Nebenklägers kön

Strafgesetzbuch - StGB | § 38 Dauer der Freiheitsstrafe


(1) Die Freiheitsstrafe ist zeitig, wenn das Gesetz nicht lebenslange Freiheitsstrafe androht. (2) Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Traunstein Urteil, 03. Aug. 2018 - KLs 470 Js 44097/17 jug zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landgericht Traunstein Urteil, 03. Aug. 2018 - KLs 470 Js 44097/17 jug zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2012 - 5 StR 522/12

bei uns veröffentlicht am 29.11.2012

5 StR 522/12 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 29. November 2012 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2012 beschlossen: Auf die Revision des

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Aug. 2017 - 3 StR 233/17

bei uns veröffentlicht am 24.08.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 233/17 vom 24. August 2017 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. ECLI:DE:BGH:2017:240817U3STR233.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in de

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2017 - 1 StR 576/16

bei uns veröffentlicht am 09.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 576/16 vom 9. Mai 2017 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung ECLI:DE:BGH:2017:090517U1STR576.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 20

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2015 - 2 StR 405/14

bei uns veröffentlicht am 29.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 2 StR 405/14 vom 29. April 2015 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April 2015, an der teilg

Referenzen

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Freiheitsstrafe ist zeitig, wenn das Gesetz nicht lebenslange Freiheitsstrafe androht.

(2) Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 576/16
vom
9. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2017:090517U1STR576.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Bellay, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener und der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, der Nebenkläger persönlich - in der Verhandlung -, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Nebenklägervertreter, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 8. Juli 2016 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt undihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit ihrer auf den Strafausspruch beschränkten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung sachlichen Rechts, vornehmlich die Annahme der Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts stach die Angeklagte am 6. September 2015 in alkohol- und drogenbedingt enthemmtem Zustand ihren Arbeitgeber in dem von ihm als Mitinhaber betriebenen Café mit einem Messer fünfmal mit bedingtem Tötungsvorsatz in den Brust- und Bauchbereich. Vorausgegangen war ein Streitgespräch über einen Vorfall im Jahr 2014, bei dem der Geschädigte die Angeklagte sexuell belästigt hatte. Im Rahmen des Disputs forderte der Geschädigte die Angeklagte auf, auf ihn (doch) mit einem im Arbeitsbereich liegenden Messer einzustechen, was diese dann auch tat. Vier der mit leichter und mittlerer Wucht geführten Stiche drangen maximal ein bis eineinhalb Zentimeter in den Bauch- und Brustbereich ein; ein Stich wurde von der Jacke des Geschädigten abgehalten. Trotz des starken Blutverlustes bestand für den Geschädigten keine konkrete Lebensgefahr. Er hätte auch ohne ärztliche Hilfeleistung überlebt. Die Verletzungen sind weitgehend folgenlos verheilt. Lediglich beim Heben schwerer Gewichte treten Schmerzen auf. Wegen der psychischen Folgen der Tat hat sich der Geschädigte in psychiatrische Behandlung begeben.
3
2. Die Schwurgerichtskammer hat aufgrund der entfalteten Rettungsbemühungen der Angeklagten einen strafbefreienden Rücktritt vom Totschlagsversuch angenommen. Mit Blick auf die abstrakte Lebensgefährlichkeit der Messerstiche hat sie die Voraussetzungen der gefährlichen Körperverletzung in den Tatvarianten nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB als verwirklicht angesehen.
4
3. Bei der Strafrahmenwahl hat das Landgericht das Vorliegen eines minder schweren Falls nach § 224 Abs. 1 StGB verneint. Es hat jedoch eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen, weil es die Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs als erfüllt angesehen hat. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass die in Untersuchungshaft befindliche, geständige Angeklagte Kontakt zum Geschädigten gesucht, ihm einen Brief geschrieben und sich darin und anschließend in der Hauptverhandlung nochmals beim Geschädigten für die Tat entschuldigt hatte. Der nahm die Entschuldigung in der Hauptverhandlung an, auch wenn ihm dies nach seinem Bekunden schwer fiel. Zudem hat die vermögenslose Angeklagte, die zuvor beim Geschädigten nur geringfügige Einkünfte von monatlich 200 bis 300 Euro erzielt hatte, diesem aus ihrem Verdienst in der Untersuchungshaft von monatlich etwa 80 Euro einen Betrag von 420 Euro zukommen lassen, den sie angespart hatte. Der Geschädigte hat den Geldbetrag angenommen (UA S. 13).

II.

5
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die wirksam auf den Strafausspruch beschränkt ist, hat keinen Erfolg.
6
1. Zwar hat die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel nachträglich lediglich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) beanstandet sie jedoch nicht.
7
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 – 5 StR 545/16 mwN). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat hier die Beschwerdeführerin klar zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den Strafausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht angreifen will.
8
2. Der Strafausspruch begegnet keinen Bedenken. Insbesondere hat das Landgericht die Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB ohne Rechtsfehler als gegeben angesehen.

9
a) § 46a Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutmacht oder dieses Ziel jedenfalls ernsthaft erstrebt hat. Dies erfordert grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer, bei dem das Bemühen des Täters Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein und das Opfer die Leistung des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptieren muss. Die Wiedergutmachung muss auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 1995 – 1 StR 205/95, BGHR StGB § 46a Wiedergutmachung 1; Urteile vom 31. Mai 2002 – 2 StR 73/02, NStZ 2002, 646 und vom 27. August 2002 – 1 StR 204/02, NStZ 2003, 29).
10
b) Gemessen daran hat das Landgericht rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB bejaht. Entgegen der Ansicht der Revision hat die Angeklagte im Rahmen ihres Geständnisses die Verantwortung für die Tat uneingeschränkt übernommen. Dass sie – ebenso wie der Geschädigte – keine konkrete Erinnerung an das unmittelbare Tatgeschehen hatte, ändert daran nichts. Der Umstand, dass die Angeklagte bestritten hat, dass sie die Videokamera , die das Tatgeschehen (visuell) hätte aufzeichnen können, vor der Tatbegehung gezielt umgestoßen hat, lässt ihre Verantwortungsübernahme für die Tat nicht entfallen. Sie hat nämlich das Tatgeschehen gleichwohl eingeräumt und somit ihr Tun und die daraus resultierenden Folgen nicht in Abrede gestellt, insbesondere aber auch nicht die „Opfer-Position“ des Geschädigten bestritten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 2015 – 2 StR 307/15).
11
c) Dem Urteil ist zudem hinreichend zu entnehmen, dass zwischen der Angeklagten und dem Geschädigten ein kommunikativer Prozess während ihrer Untersuchungshaft begonnen wurde. Sie hat in dem an den Geschädigten gerichteten Entschuldigungsschreiben die Verantwortung für die Tat übernommen und dies in der Hauptverhandlung wiederholt. Der Geschädigte hat die Entschuldigung – ebenso wie den von der Angeklagten angesparten und überreichten Geldbetrag – auch angenommen. Die Ansicht der Revision, der Geschädigte habe die Entschuldigung und den Geldbetrag nicht als friedensstif- tenden Ausgleich angesehen, weil er das Geld ohne „weitere Erklärung entgegen“ genommen habe und es ihm auch schwer gefallen sei, die Entschuldigung zu akzeptieren, stellt lediglich eine eigene, revisionsrechtlich unbeachtliche Bewertung der friedensstiftenden Wirkung – wie sie vom Tatgericht angenommen wurde – dar. Weitergehender Ausführungen des Landgerichts hierzu bedurfte es vorliegend nicht.
12
Schließlich hat das Landgericht die geleistete Zahlung der Angeklagten ohne Rechtsfehler als ernsthaftes Erstreben einer Wiedergutmachung bewertet. Es hat dabei zutreffend darauf abgestellt, dass der Geldbetrag zwar objektiv nicht hoch genug sei, um ihn als überwiegende Wiedergutmachung des immateriellen Schadens anzusehen. Jedoch sei der Betrag gemessen an den finanziellen Möglichkeiten der Angeklagten eine ganz erhebliche Leistung, die ihren Wiedergutmachungswillen belege. Raum Graf Bellay Cirener Radtke
21
Nach § 46a Nr. 1 StGB kann zwar schon das ernsthafte Bemühen des Täters um Wiedergutmachung, das darauf gerichtet ist, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, genügen. Die Vorschrift setzt aber nach der gesetzgeberischen Intention einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus (BT-Drucks. 12/6853, S. 21, 22), der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben des Angeklagten ohne Einbeziehung der Opfer genügt daher nicht. Wenn auch ein Wiedergutmachungserfolg nicht zwingende Voraussetzung für eine Strafrahmenmilderung nach § 46a Nr. 1 StGB ist, so muss sich dafür doch das Opfer freiwillig zu einem Ausgleich bereitfinden und sich darauf einlassen. Ein erfolgreicher TäterOpfer -Ausgleich im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB setzt grundsätzlich voraus, dass das Opfer die erbrachten Leistungen oder Bemühungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert. Das ergibt sich aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 5. November2014 - 1 StR 327/14, BGHR StGB § 46a Nr. 1 Ausgleich 12).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 233/17
vom
24. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240817U3STR233.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. August 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 23. Januar 2017 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sieben Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel ist unbegründet.

I.


2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
a) Die am 28. November 2003 geborene Nebenklägerin, die Nichte der Ehefrau des Angeklagten, unterhielt zu diesem eine sehr vertrauensvolle Be- ziehung. Sie hielt sich häufig im Haushalt seiner Familie auf und übernachtete mehrfach dort. Im Zeitraum von Sommer 2015 bis zum 15. Juli 2016 nahm der Angeklagte während solcher Übernachtungsbesuche im Wohnzimmer oder im getrennten Schlafzimmer der Ehefrau siebenmal sexuelle Handlungen an der - damals elf- bzw. zwölfjährigen - Nebenklägerin vor:
4
In sämtlichen Fällen streichelte er die schlafende Nebenklägerin unter dem Schlafanzug an der Brust sowie im Genitalbereich und drang mit dem Finger in ihre Vagina ein. In drei der Fälle zog er - zusätzlich - im Anschluss daran ihre Schlafanzughose ein Stück herunter und leckte an ihrer Scheide. Im zeitlich letzten Fall vollzog er mit ihr - nach dem Einführen des Fingers - den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss. Die Nebenklägerin wurde stets vor Beendigung der sexuellen Handlungen wach, stellte sich jedoch, vom Angeklagten unbemerkt, weiter schlafend.
5
b) Nach Bekanntwerden der Taten noch am 15. Juli 2016 wurde der Angeklagte für 48 Tage in Untersuchungshaft genommen; mit der Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 1. September 2016 wurde er angewiesen, keine Verbindung zu der Nebenklägerin aufzunehmen. Deren Vater, der selbst die Verbindung zur Familie des Angeklagten abbrach, untersagte auch der Nebenklägerin jeglichen Kontakt.
6
Mit Schreiben vom 13. September 2016 wandte sich der Angeklagte über seinen Verteidiger an den Vater der Nebenklägerin und führte aus, er bereue das Geschehene und ihm sei bewusst, dass seine Taten unentschuldbar seien und einen groben Missbrauch des Vertrauens innerhalb der Familie und gegenüber der Nebenklägerin darstellten. Zugleich bot er eine Entschädigungszahlung von 5.000 € an. Mit Verteidigerschreiben vom 12. Januar 2017 bekundete der Angeklagte nochmals, dass ihm die Taten leidtäten, und machte ein Ange- bot über ein weiteres Schmerzensgeld von 5.000 €. Beide Beträge wurden gezahlt. Im Hauptverhandlungstermin am 23. Januar 2017 schlossen der Angeklagte und die von ihren Eltern vertretene Nebenklägerin einen Vergleich, in dem er sich verpflichtete, ihr über die bereits geleisteten 10.000 € hinaus sämtliche zukünftigen tatbedingten materiellen oder immateriellen Schäden zu ersetzen und ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die Kosten des Adhäsionsverfahrens zu übernehmen.
7
2. Das Landgericht hat auf Grund folgender Wertungen die Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB bejaht:
8
Der Angeklagte, der sich in der Hauptverhandlung geständig eingelassen und reuig gezeigt habe, habe Verantwortung für seine Taten übernommen und die "Opfersituation" der Nebenklägerin anerkannt. Im Abschluss des Vergleichs einschließlich der geleisteten Zahlungen sei "eine Maßnahme von friedensstiftender Wirkung" zu sehen. Einem nachhaltigen Streben nach Wiedergutmachung stehe nicht entgegen, dass es einen unmittelbaren Kontakt zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin, etwa im Sinne einer Aussprache oder ihr persönlich gegenüber erklärten Entschuldigung, nicht gegeben habe. Eine direkte Kontaktaufnahme sei dem Angeklagten schon auf Grund des in dieser Sache ergangenen Haftverschonungsbeschlusses untersagt und darüber hinaus auch vom Vater der Nebenklägerin "nicht gewünscht" gewesen. Die Möglichkeiten des Angeklagten seien daher von vornherein auf "einen indirekten Kontakt" über seinen Verteidiger und "ein Handeln finanzieller Art" beschränkt gewesen. In dem Geschehen sei ein "kommunikativer Prozess" zu erblicken.
9
Infolgedessen hat das Landgericht die Einzelstrafen dem nach § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 176a Abs. 2 StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu elf Jahren und drei Monaten) ent- nommen. Zwar hat es nach einer Gesamtschau aller strafzumessungsrelevanten Umstände - erst - unter Heranziehung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 46a Nr. 1 StGB minder schwere Fälle nach § 176a Abs. 4 Alternative 2 StGB angenommen, indes nach einer Gesamtabwägung den dort normierten Strafrahmen (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) nicht angewandt. Denn die jeweilige Einzelstrafe sei eher am unteren Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens auszurichten; insoweit sei die Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB für den Angeklagten günstiger.

II.


10
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Die Nachprüfung des Rechtsfolgenausspruchs auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil (vgl. § 301 StPO) des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedürfen lediglich die Annahme eines TäterOpfer -Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB und die - hierauf beruhende - Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB:
11
1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB werden durch die Feststellungen hinreichend belegt.
12
a) Im rechtlichen Ausgangspunkt gilt:
13
Ob das Tatgericht die Voraussetzungen des § 46a StGB annimmt, hat es in wertender Betrachtung zu entscheiden (vgl. nur BGH, Urteil vom 6. Februar 2008 - 2 StR 561/07, NStZ 2008, 452). Die - vorrangig den Ausgleich immaterieller Tatfolgen betreffende - Alternative des § 46a Nr. 1 StGB macht die Milderungsmöglichkeit davon abhängig, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Tatopfer zu erreichen, die Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder dieses Ziel jedenfalls ernsthaft erstrebt hat. Das erfordert - in beiden Varianten - grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer, im Rahmen dessen das Bemühen des Täters Ausdruck der Übernahme von Verantwortung ist und das Opfer die Leistungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert. Die Wiedergutmachung muss auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein (BGH, Urteil vom 9. Mai 2017 - 1 StR 576/16, NStZ-RR 2017, 198, 199; Beschluss vom 28. Januar 2016 - 3 StR 354/15, NStZ 2016, 401, 402, jew. mwN). Bloß einseitige Bemühungen des Täters ohne den Versuch einer Einbindung des Opfers sind dagegen nicht ausreichend (vgl. BGH, Urteile vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, BGHSt 48, 134, 142 f. mwN; vom 28. Mai 2015 - 3 StR 89/15, juris Rn. 11).
14
Demnach ist ein kommunikativer Prozess grundsätzlich auch erforderlich , soweit es § 46a Nr. 1 StGB genügen lässt, dass der Täter die Wiedergutmachung seiner Tat ernsthaft erstrebt. Auch für diese Variante des TäterOpfer -Ausgleichs kommt es darauf an, inwieweit der Täter das Opfer an diesem beteiligt und es sich auf freiwilliger Grundlage hierzu bereitfindet (vgl. BGH, Urteile vom 7. Dezember 2005 - 1 StR 287/05, NStZ 2006, 275, 276; vom 28. Mai 2015 - 3 StR 89/15, aaO, Rn. 13; Beschluss vom 8. Juli 2014 - 1 StR 266/14, NStZ-RR 2014, 304, 305). Lässt sich der Verletzte auf einen kommunikativen Prozess nicht ein, so hat dies der Täter - trotz der herabgesetzten Anforderungen an einen erfolgreichen Ausgleich - prinzipiell hinzunehmen; denn ohne Zustimmung des Opfers fehlt bereits die Basis für seine Bemühungen. Gegen den ausdrücklichen Willen des Verletzten darf die Eignung des Verfahrens für die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs - zumindest im Grundsatz - nicht angenommen werden. Allein auf die Sicht "eines vernünftigen Dritten" kommt es nicht an (vgl. BGH, Urteile vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, aaO, S. 142 f.; vom 26. August 2003 - 1 StR 174/03, NStZ-RR 2003, 363; vom 7. Dezember 2005 - 1 StR 287/05, aaO; vom 28. Mai 2015 - 3 StR 89/15, aaO, Rn. 13; einschränkend, indes nicht tragend BGH, Urteil vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02, NJW 2002, 3264, 3265).
15
Deshalb hat das Tatgericht regelmäßig insbesondere Feststellungen dazu zu treffen, wie sich das Opfer zu den Bemühungen des Täters gestellt hat (vgl. BGH, Urteile vom 9. September 2004 - 4 StR 199/04, juris Rn. 9; vom 28. Mai 2015 - 3 StR 89/15, aaO, Rn. 11). Im Hinblick auf Erfolg oder Misserfolg des Täter-Opfer-Ausgleichs sind dabei insbesondere ein Wille des Verletzten zur Versöhnung und eine für ihn erzielte Genugtuung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, aaO, S. 140 mwN). So können eine geständige Einlassung des Täters und seine Entschuldigung in der Hauptverhandlung, deren Annahme durch das Opfer sowie die Übergabe eines vergleichsweise geringen Geldbetrages für einen erfolgreichen Täter-OpferAusgleich ausreichend sein (so BGH, Urteil vom 9. Mai 2017 - 1 StR 576/16, aaO), wohingegen ein reumütiges Geständnis des Täters und die bloße Annahme dessen Schmerzensgeldangebots durch den Verletzten - für sich gesehen - noch kein ausreichendes Indiz für einen kommunikativen Prozess sein müssen, das sachlichrechtlich zur Erörterung der Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB in den Urteilsgründen zwingt (so BGH, Urteil vom 3. November 2011 - 3 StR 267/11, NStZ-RR 2002, 43 f.).
16
b) Nach alledem war für einen Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB die persönliche Beteiligung der Nebenklägerin erforderlich. Sie war auch nicht deswegen - ausnahmsweise - entbehrlich, weil bei den Vergleichsverhandlungen und dem Vergleichsschluss die Eltern in ihrem Namen handelten und sie über die gegenständlichen Missbrauchstaten nicht sprechen wollte:
17
aa) Dass die Eltern als gesetzliche Vertreter an dem Zustandekommen der Einigung mitwirkten, kann eine Einbeziehung der Nebenklägerin in den Täter -Opfer-Ausgleich nicht ersetzen.
18
Zwar setzt der kommunikative Prozess keine persönliche Begegnung des Täters mit seinem Opfer voraus. Eine Verständigung über vermittelnde Dritte , etwa - wie hier - den Verteidiger und die gesetzlichen Vertreter, genügt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2005 - 1 StR 287/05, aaO; Beschluss vom 8. Juli 2014 - 1 StR 266/14, aaO; MüKoStGB/Maier, 3. Aufl., § 46a Rn. 29) und wird bei schwerwiegenden Sexualdelikten, wie vorliegend abgeurteilt, vielfach als opferschonendes Vorgehen ratsam sein (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02, aaO). Jedoch ist ein solcher vermittelter kommunikativer Prozess nicht gegeben, wenn die Erklärungen des Täters das Opfer erst gar nicht erreichen.
19
Allein der Umstand, dass es sich bei der Nebenklägerin um eine Minderjährige handelt, die im Rechtsverkehr von ihren Eltern gesetzlich vertreten wird, lässt keine abweichende Wertung zu. Die Vorschrift des § 46a StGB will einen Anreiz für Bemühungen um einen friedensstiftenden Ausgleich seitens des Täters mit dem Ziel schaffen, dem durch die Straftat Geschädigten Genugtuung zu gewähren (vgl. BGH, Urteile vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, aaO, S. 137 f.; vom 7. Dezember 2005 - 1 StR 287/05, aaO). Adressat dieser Bemühungen - gleichviel, ob durch Vermittlung eines Dritten oder unvermittelt - kann daher grundsätzlich nur das Tatopfer selbst sein. Dabei kann es nicht auf die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit ankommen; dies folgt nicht nur aus dem Zweck des § 46a StGB, sondern auch aus den Regelungen der § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 45 Abs. 2 Satz 2 JGG, die den Täter-Opfer-Ausgleich im Jugendstrafrecht für Jugendliche vorsehen und an denen sich der Gesetzgeber bei dessen erstmaliger Normierung im Erwachsenenstrafrecht orientiert hat (vgl. BT-Drucks. 12/6853, S. 21; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, aaO, S. 137, 139). Hiervon unberührt bleibt, dass es - umgekehrt - regelmäßig nicht angezeigt sein wird, die Kommunikation gleichsam über die Köpfe der gesetzlichen Vertreter hinweg zu führen.
20
Inwieweit anderes zu gelten hat, wenn das Opfer nicht über die notwendige Verstandesreife für einen Täter-Opfer-Ausgleich verfügt, kann hier dahinstehen. Dass die zur Zeit der Hauptverhandlung 13-jährige Nebenklägerin keine genügende Vorstellung von dem seitens des Angeklagten beabsichtigten Ausgleich hatte und nicht imstande war, einen gegenüber den Bemühungen des Angeklagten befürwortenden oder ablehnenden Willen zu bilden, ist gerade nicht festgestellt.
21
bb) Dass die Nebenklägerin Gesprächen über die gegenständlichen Missbrauchstaten ablehnend gegenüberstand, führt nicht dazu, dass von ihrer Einbindung in den kommunikativen Prozess gänzlich abgesehen werden durfte. Die Strafkammer hat in der Hauptverhandlung die Überzeugung gewonnen, dass die Nebenklägerin über die Taten "nicht reden will und sie dies augenscheinlich sehr belastet" (UA S. 17). So haben ihre Eltern etwa ausgesagt, auch sie hätten mit ihr weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart darüber gesprochen (UA S. 10).
22
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollte eine Strafrahmenmilderung gemäß § 46a Nr. 1 StGB nicht ausgeschlossen sein, wenn "die Geschädigten eine für einen Ausgleich erforderliche Mitwirkung verweigern" (BTDrucks. 12/6853, S. 21; s. BGH, Urteil vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02, aaO), soweit - auch in diesen Fällen - unter "Anleitung eines Dritten ... eine Lösung des der Tat zugrundeliegenden Gesamtkonflikts" erstrebt wird (BT-Drucks.
12/6853, S. 22). In der Literatur wird zu einer vom Tatopfer abgelehnten Mitwirkung vertreten, dessen Einbeziehung sei nicht zwingend erforderlich, wenn sich seine Weigerung nicht mehr als Wahrnehmung rechtlich schützenswerter Interessen darstelle (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 46a Rn. 10d; Schädler, NStZ 2005, 366, 368 f.) oder bei objektiver Wertung als nicht billigenswert erscheine (vgl. Meier, JuS 1996, 436, 440; kritisch ["zu weitgehend bzw. zu pauschal"] MüKoStGB/Maier aaO, Rn. 28).
23
Inwieweit derartige Einschränkungen anzuerkennen sind, braucht der Senat freilich für den vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Insbesondere kommt es auch nicht darauf an, ob die Regelung des § 155a Satz 3 StPO, wonach gegen den ausdrücklichen Willen des Verletzten die Eignung eines Verfahrens für den Täter-Opfer-Ausgleich nicht angenommen werden "darf", ausnahmslos auf das materielle Strafrecht übertragbar ist (in diesem Sinne allerdings BGH, Urteile vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, aaO, S. 142; vom 26. August 2003 - 1 StR 174/03, aaO). Im Hinblick auf die Schwere der im Schuldspruch rechtskräftig abgeurteilten Taten sowie der durch diese hervorgerufenen , anhaltenden erheblichen psychischen Belastungen für die Nebenklägerin liegt eine solche ausnahmebegründende Fallkonstellation hier völlig fern.
24
c) Die Annahme des Landgerichts, es habe der für den Täter-Opfer-Ausgleich erforderliche "kommunikative Prozess" zwischen Angeklagtem und Nebenklägerin stattgefunden (UA S. 15) und der Vergleich habe friedensstiftende Wirkung gehabt (UA S. 14), hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand. Aus dem Verhalten des Angeklagten während des Verfahrens, insbesondere der frühzeitigen geständigen Einlassung und dem Verzicht auf die Einvernahme der Nebenklägerin, den beiden Entschuldigungsschreiben, den nicht unbeträchtlichen Schmerzensgeldzahlungen sowie dem Zustandekommen des - umfas- senden - Vergleichs über künftigen materiellen und weiteren immateriellen Schadensersatz durfte die Strafkammer auf einen Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB einschließlich des durch Übernahme von Verantwortung geprägten kommunikativen Prozesses und einer gewissen Akzeptanz auf Seiten der Nebenklägerin schließen.
25
aa) Es begründet keinen Rechtsfehler, dass die Strafkammer nicht explizit festgestellt hat, der Inhalt der Entschuldigungsschreiben, die Schmerzensgeldzahlungen und das Vergleichsangebot seien der Nebenklägerin zur Kenntnis gelangt. Die Strafkammer ist generalisierend von einem "indirekten Kontakt" ausgegangen (UA S. 15). Eine Kenntnisnahme liegt auch auf der Hand. Aus dem Umstand, dass die Nebenklägerin wegen der damit einhergehenden psychischen Belastungen - nachvollziehbar - keine Gespräche über die Missbrauchstaten führen wollte, lässt sich nicht schließen, dass, was lebensfremd wäre, die Eltern ihr sämtliche hiermit in irgendeinem Zusammenhang stehenden Geschehnisse verschwiegen und sie über ihr Geldvermögen betreffende Vorgänge im Unklaren gelassen hätten. Zu derartigen - gegebenenfalls knapp gefassten - Mitteilungen bedurfte es keines Gedankenaustauschs über die Taten selbst.
26
bb) Ebenso wenig begegnet es hier durchgreifenden rechtlichen Bedenken , dass das Landgericht davon abgesehen hat, ausdrückliche Feststellungen zu den Vorstellungen der Nebenklägerin in Bezug auf die Wiedergutmachungsbemühungen des Angeklagten zu treffen.
27
Die Strafkammer hat zunächst ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass, anders als der Generalbundesanwalt meint, die Eltern aus freien Stücken die Zahlungen akzeptierten und den Vergleich schlossen. Für eine durch Zwang und Druck geprägte Motivlage besteht kein Anhalt. Weder war zu befürchten, dass ohne die Einigung in finanzieller Hinsicht eine Vernehmung der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung erforderlich werden würde, noch dass vom Angeklagten ansonsten keine oder nur unzureichende Ersatzleistungen zu erwarten gewesen wären (s. hierzu BGH, Urteil vom 6. Februar 2008 - 2 StR 561/07, aaO, S. 453; ferner BGH, Urteile vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02, aaO; vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, aaO, S. 146 f.). Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte bereits im Ermittlungsverfahren ein umfassendes Geständnis abgelegt (UA S. 14). Die Zahlungen wurden ebenfalls bereits vor der Hauptverhandlung geleistet; die Initiative hierzu ging vom Angeklagten aus. Erst auf dieser Grundlage wurde der Vergleich geschlossen.
28
Bei dieser Art des Zustandekommens des Vergleichs war das Landgericht darüber hinaus von Rechts wegen nicht gehindert, auf eine friedensstiftende Wirkung, mithin eine Anerkennung der Verantwortungsübernahme und eine partiell erzielte Genugtuung nicht nur auf Seiten der Eltern, sondern auch der Nebenklägerin zu schließen. Findet Kommunikation statt, äußert sich das Opfer indes nicht zu einem vereinbarten Ausgleich oder Bemühungen des Täters, so kann daraus nicht in jedem Fall, insbesondere nicht im Rahmen von persönlichen Beziehungen, auf eine Zurückweisung durch das Opfer mit der Konsequenz eines nicht erfolgreichen Ausgleichs geschlossen werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Schweigen des Verletzten als eine solche inhaltliche Ablehnung zu beurteilen ist (s. auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, aaO, S. 144 f.; Schädler, aaO, S. 368). Das Landgericht hat dies rechtsfehlerfrei verneint und ist letztlich von einer jedenfalls annähernd gelungenen Konfliktlösung ausgegangen. Hierbei hat es berücksichtigen dürfen, dass eine direkte Kontaktaufnahme des Angeklagten zur Nebenklägerin von ihrem Vater nachdrücklich abgelehnt wurde und ihm vom Haftgericht untersagt war.
29
Auch ein Erörterungsmangel liegt nicht vor. Da - wie oben dargelegt - ausgeschlossen werden kann, dass die Nebenklägerin im Hinblick auf die Bemühungen des Angeklagten uninformiert geblieben ist, war die Strafkammer sachlichrechtlich nicht gehalten, weitere Feststellungen zu den Vorstellungen der Nebenklägerin zu treffen. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt es keinen auf die Sachrüge zu beachtenden Rechtsfehler dar, dass das Landgericht nicht über die Eltern der Nebenklägerin - gegebenenfalls auch unter Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe - deren Willen erforscht hat. Ihr ablehnender Wille liegt weder auf der Hand, noch finden sich hierfür zureichende Anhaltspunkte. Eine Aufklärungsrüge mit dem Ziel, festzustellen, der Ausgleich habe für die Nebenklägerin keine friedensstiftende Wirkung gehabt, ist nicht erhoben (s. auch BGH, Beschlüsse vom 2. August 2012 - 3 StR 276/12, BGHR StGB § 46a Wiedergutmachung 10; vom 28. Januar 2016 - 3 StR 354/15, aaO).
30
2. Die Strafkammer hat weiterhin ermessensfehlerfrei von der durch § 46a StGB eröffneten Möglichkeit der Strafrahmenmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht.
31
Ohne Erfolg rügt die Beschwerdeführerin, die Strafkammer habe rechtsfehlerhaft von der Anwendung des Sonderstrafrahmens des § 176a Abs. 4 Alternative 2 StGB für minder schwere Fälle abgesehen und ohne Gesamtabwägung bereits deshalb eine - den Angeklagten besser stellende - Strafrahmenverschiebung (§ 49 Abs. 1 StGB) vorgenommen, weil die jeweilige Einzelstrafe am unteren Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens auszurichten sei.
32
a) Das Vorgehen der Strafkammer entspricht gefestigter Rechtsprechung :
33
Sieht das Gesetz den Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falls vor und ist zugleich ein vertypter Milderungsgrund gegeben, so ist vorrangig der minder schwere Fall zu prüfen. Im Rahmen der dabei gebotenen Gesamtwürdigung aller strafzumessungserheblichen Umstände kann auch der vertypte Milderungsgrund - zu festgestellten sonstigen Milderungsgründen hinzutretend oder auch für sich - einen minder schweren Fall begründen. Erst wenn das Tatgericht die Anwendung des milderen Sonderstrafrahmens auch unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes nicht für gerechtfertigt hält, darf es seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen dieses Milderungsgrundes herabgesetzten Regelstrafrahmen zugrunde legen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2015 - 1 StR 629/14, NStZ 2015, 696; vom 3. März 2015 - 3 StR 612/14, juris Rn. 7; vom 4. April 2017 - 3 StR 516/16, NStZ 2017, 524 mwN). Ist der nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen für den Angeklagten günstiger als derjenige des minder schweren Falls, ist dies in die Gesamtwürdigung miteinzubeziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. August 1987 - 3 StR 341/87, BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Strafrahmenwahl 4; vom 17. Juni 2010 - 5 StR 206/10, NStZ-RR 2010, 305; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 50 Rn. 5).
34
b) Zu Unrecht beanstandet die Revision, die Strafkammer habe keine Gesamtabwägung vorgenommen.
35
In den Urteilsgründen sind die einerseits für eine Anwendung des Sonderstrafrahmens und die andererseits für eine Strafrahmenverschiebung sprechenden Umstände im Einzelnen dargestellt. Die Strafkammer hat sie sämtlich in ihre Gesamtwürdigung eingestellt (UA S. 15 f.), wobei sie es für ausschlaggebend erachtet hat, dass der nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 176a Abs. 2 StGB für den Angeklagten günstiger ist als derjenige des § 176a Abs. 4 Alternative 2 StGB (UA S. 16). Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
Becker Gericke Spaniol
Berg Hoch

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

5 StR 522/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 29. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19. Juni 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 32 Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf weiteren Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte in der Zeit zwischen Januar 2008 und Oktober 2011 in insgesamt 36 Fällen sexuelle Handlungen mit seiner neun bis dreizehn Jahre alten Tochter aus. In einem weiteren Fall bot er einer anderen Zwölfjährigen 50 € dafür an, dass er vor ihr masturbieren könne, was sie jedoch ablehnte.
3
2. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts, dass die auf Video- und Bilddateien bezogenen Rügen an der mangelnden Mitteilung der hierzu gefertigten polizeilichen Inhaltsprotokolle scheitern.
4
3. Während der Schuldspruch rechtsfehlerfrei ist, halten die Einzelstrafaussprüche und der Gesamtstrafausspruch sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat das Tatgericht die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für oder gegen den Täter sprechen. Außergewöhnlich hohe Strafen bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen , die die Abweichung vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich machen (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 – 5 StR 264/12, StraFo 2012, 419, und vom 20. September 2010 – 4 StR 278/10, NStZ-RR 2011, 5 mwN). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Angesichts der gravierenden mildernden Faktoren – derAngeklagte war umfassend geständig, hat sich den Ermittlungsbehörden freiwillig gestellt und ist nicht vorbestraft – hätte die Festsetzung der hieran gemessen ungewöhnlich hohen Einzelstrafen eingehender Begründung bedurft. Dies gilt auch eingedenk des ganz erheblichen Unrechtsgehalts der Gesamtheit der – freilich nicht gewaltbegleiteten – Sexualstraftaten. Zudem begegnet es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht dem Geständnis mit der Begründung, Teile der das Tatgeschehen dokumentierenden Videodateien seien auf einer beim Angeklagten sichergestellten Festplatte gespeichert gewesen, nur eine verminderte strafmildernde Wirkung zukommen lässt (UA S. 17). Ferner berücksichtigt die Jugendkammer nicht hinreichend, dass der Angeklagte das Ermittlungsverfahren auch hinsichtlich der seine Tochter betreffenden Taten letztlich selbst in Gang gesetzt hat, indem er dem Vater der weiteren Geschädigten den Übergriff auf diese sogleich berichtet und anschließend mit diesem gemeinsam sich bei der Polizei angezeigt hat, was – für den Angeklagten absehbar – die Aufdeckung der Taten zum Nachteil seiner Tochter zur Folge hatte.
5
Hinsichtlich der Bemessung der Gesamtstrafe führt das Landgericht zwar zutreffend den engen situativen und zeitlichen Zusammenhang und die wiederholte Verwirklichung von gleichartigen Taten mit mutmaßlich geringer werdender Hemmschwelle als strafmildernde Faktoren an (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2003 – 5 StR 199/03, NStZ-RR 2003, 272, und vom 2. Oktober 2001 – 4 StR 381/01; Urteil vom 18. September 1995 – 1 StR 463/95, NStZ 1996, 187; Beschluss vom 24. Februar 1989 – 3StR 13/89, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 2; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 662, 664 mwN). Hieraus zieht es jedoch keine erkennbaren Konsequenzen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 5 StR 269/12, NStZ-RR 2012, 306). Die trotz dieser für eine enge Zusammenfassung der Einzelstrafen sprechenden Gesichtspunkte erfolgte Verhängung einer Gesamtstrafe im oberen Bereich des zur Verfügung stehenden Gesamtstrafrahmens lässt im vorliegenden Fall besorgen, das Gericht habe sich in zu starkem Maße von der Summe der Einzelstrafen leiten lassen (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, aaO, Rn. 661 mwN).
6
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da lediglich Wertungsfehler vorliegen. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisherigen nicht widersprechen.
Basdorf Schaal Dölp König Bellay

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.

(1) Die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Die notwendigen Auslagen für einen psychosozialen Prozessbegleiter des Nebenklägers können dem Angeklagten nur bis zu der Höhe auferlegt werden, in der sich im Falle der Beiordnung des psychosozialen Prozessbegleiters die Gerichtsgebühren erhöhen würden. Von der Auferlegung der notwendigen Auslagen kann ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(2) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, ein, so kann es die in Absatz 1 genannten notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Angeschuldigten auferlegen, soweit dies aus besonderen Gründen der Billigkeit entspricht. Stellt das Gericht das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig ein, gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen, die einem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsen sind. Gleiches gilt für die notwendigen Auslagen eines Privatklägers, wenn die Staatsanwaltschaft nach § 377 Abs. 2 die Verfolgung übernommen hat.

(4) § 471 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.