Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2015 - 2 StR 405/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
I.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der Angeklagte seine am 11. August 1990 geborene Enkelin, die Nebenklägerin Ma. Mi. , im Zeitraum vom 11. August 1999 bis Oktober 2003, indem er ihr in einem Fall die Brust streichelte (Fall II.2.a der Urteilsgründe), sie im Schwimmbad an der Scheide streichelte und einen Finger einführte (Fall II.2.b), sie auf einer Couch in seinem Arbeitszimmer an die Scheide fasste, einen Finger einführte und sie dazu veranlasste, seinen Penis anzufassen (Fall II.2.c), ihr bei zwei Ge- legenheiten im Bett an die Scheide griff und einen Finger einführte (Fälle II.2.d und e), sie im Kinderzimmer an der Scheide berührte sowie einen Finger einführte (Fall II.2.f) und ihr einen Zungenkuss gab (Fall II.2.g).
- 3
- Die am 5. Mai 1993 geborene Nebenklägerin M. Mi. , eine weitere Enkelin des Angeklagten, missbrauchte er im Zeitraum zwischen dem 5. Mai 2000 und Oktober 2003, indem er ihr an die nackte Brust fasste (Fall II.2.h), sie bei drei Gelegenheiten in ihrem Zimmer an der Scheide berührte und einen oder zwei Finger einführte (Fälle II.2.j und k) sowie in einem dieser Fälle außerdem versuchte, ihr einen Zungenkuss zu geben (Fall II.2.l).
- 4
- 2. Bei einer familieninternen Aufdeckung im Jahre 2003 räumte der Angeklagte die Taten ein, entschuldigte sich und bot der Mutter der Geschädigten an, sich selbst bei der Polizei anzuzeigen. Dies lehnte die Mutter ab. Nach einer anonymen Strafanzeige im Jahre 2004 waren die Geschädigten zunächst nicht bereit, gegen den Angeklagten auszusagen, weshalb das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Der Angeklagte übernahm die Kosten einer Therapie der psychisch stark beeinträchtigten Geschädigten Ma. Mi. . Er ließ sich auf Verlangen der Eltern der Geschädigten therapeutisch behandeln, wonach er sich als "geheilt" ansah und in die Zukunft schauen wollte. Die Familie der Geschädigten war dagegen lange Zeit erfolglos damit befasst, das Geschehen aufzuarbeiten. Ein an die Nebenklägervertreterin gerichtetes Angebot einer "Wiedergutmachung" und finanzieller Leistungen lehnten die Nebenklägerinnen kategorisch ab.
- 5
- 3. Das Landgericht hat in den Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern (Fälle II.2.a, g, h) jeweils minder schwere Fälle im Sinne von § 176 Abs. 1 StGB aF angenommen, in den Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs (Fälle II.2.b bis f, j bis l) ist es davon ausgegangen, dass keine minder schweren Fälle im Sinne von § 176a Abs. 3 aF vorliegen. Auch der Milderungsgrund gemäß § 46a StGB greife nicht ein, weil eine Wiedergutmachung durch die Nebenklägerinnen abgelehnt worden sei und ein kommunikativer Prozess nicht stattgefunden habe. Die Verantwortungsübernahme durch den Angeklagten und sein Angebot von Schadenersatz seien daher im Rahmen der Strafbemessung im engeren Sinne zu berücksichtigen.
II.
- 7
- 1. Die Revision beanstandet die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts (§ 24 Abs. 1 GVG). Dem liegt folgendes Prozessgeschehen zu Grunde:
- 8
- Die Verteidigung hatte der Staatsanwaltschaft unter dem 18. Dezember 2013 eine am 20. Dezember 2013 eingegangene Erklärung des Angeklagten zur Sache übersandt und mit Bezug hierauf angeregt, Anklage zum Amtsgericht Köln zu erheben. Die Staatsanwaltschaft beantragte mit Anklageschrift vom 20. Dezember 2013, das Hauptverfahren vor dem Landgericht zu eröffnen, ohne allerdings den von ihr vorausgesetzten Grund für die Zuständigkeit zu nennen. Das Landgericht eröffnete durch Beschluss vom 21. Februar 2014 das Hauptverfahren vor der Strafkammer, ohne sich zur Frage der Zuständigkeit zu äußern.
- 9
- 2. Die Rüge ist unbegründet. Die Strafkammer hat ihre sachliche Zuständigkeit nicht willkürlich angenommen. Sie hat deshalb nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, wodurch alleine die Perpetuierung der Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung gemäß § 269 StPO durchbrochen werden könnte.
- 10
- a) Ein Richterspruch ist nur willkürlich, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Eine gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung darf sich bei Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen nicht so weit von dem Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernen, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (BGH, Beschluss vom 7. März 2012 - 1 StR 6/12, BGHSt 57, 165, 167). Objektive Willkür in diesem Sinne schließt der Senat hier aus.
- 11
- b) Jedenfalls war die Annahme einer Straferwartung, die den Strafbann des Amtsgerichts überschreiten würde, gerechtfertigt. Deshalb war die Zuständigkeit des Landgerichts gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GVG begründet.
- 12
- Dem Angeklagten ist eine Serie von Taten des sexuellen Missbrauchs von zwei Kindern zur Last gelegt worden. In der Mehrzahl handelte es sich um qualifizierte Fälle im Sinne von § 176a Abs. 2 StGB. Bei dieser Sachlage wäre nach dem für das Tatgericht bei der Strafzumessung im Urteil eröffneten Spielraum innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens auch eine Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als vier Jahren in Betracht gekommen. Es ist unbeschadet des Prozessergebnisses nicht ersichtlich, dass der für die Straferwartung bei der Eröffnungsentscheidung bestehende weite Spielraum überschritten wurde.
- 13
- Bei dem Anklagevorwurf von zwölf Taten des sexuellen Missbrauchs beziehungsweise schweren sexuellen Missbrauchs von zwei Kindern (im Fall II.2.i der Urteilsgründe wurde das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung eingestellt) ist der Grund für die Zuständigkeitsannahme auch ohne Weiteres erkennbar. Einer ausdrücklichen Begründung der Eröffnungsentscheidung bedurfte es insoweit nicht, auch wenn dies - nachdem die Verteidigung eine Anklageerhebung vor dem Amtsgericht angeregt hatte - nahe gelegen hätte.
- 14
- c) Die Staatsanwaltschaft hat nicht ausdrücklich wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Verletzten, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles ihre Anklage beim Landgericht erhoben (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GVG, Nr. 113 Abs. 2 Satz 1 RiStBV). Ob dies ebenfalls zur sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts führen konnte, kann offen bleiben.
III.
- 15
- Auch im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg.
- 16
- 1. Die Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen unzulässig.
- 17
- 2. Die Sachrüge ist unbegründet. Der Schuldspruch ist rechtsfehlerfrei. Einwände gegen die Strafzumessung greifen nicht durch.
- 18
- a) Das Landgericht hat in den Fällen des § 176 Abs. 1 StGB aF jeweils minder schwere Fälle angenommen. In den gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB qualifizierten Fällen hat es dagegen eine Einordnung als minder schwere Fälle im Sinne des Qualifikationstatbestands (§ 176a Abs. 4 StGB) abgelehnt. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden.
- 19
- Die Annahme der Strafkammer, dass die Fälle des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB wegen Eindringens in den Körper der Geschädigten und nicht umgekehrt in den Körper des Täters über die Unterschwelle des Qualifikationstatbestands hinausreiche, gibt hier keinen Anlass zur Beanstandung. Das Landgericht hat die Handlungen nach dem konkreten Tatbild bewertet und zudem berücksichtigt , dass eine Serie gleichgelagerter Taten vorliegt. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken, mögen sich die Taten auch "im unteren Bereich der Tat- bestandsverwirklichungen" bewegt haben. Die Berücksichtigung gleichartiger Taten über einen langen Zeitraum ist unbedenklich, wenn eine solche Tatbegehung - wie hier - die Beeinträchtigung der Opfer nachhaltig vergrößert. Im Übrigen ist der Hinweis der Strafkammer im Rahmen der konkreten Strafzumessung , die Geschädigten hätten vor der Tatserie über keine sexuellen Erfahrungen verfügt und seien jedenfalls zu Beginn der Übergriffe noch präpubertär gewesen , nicht rechtsfehlerhaft. Das geringe Alter der Geschädigten innerhalb der Schutzaltersgrenze von neun bzw. sieben Jahren beim jeweiligen Beginn der Tatserie und der dann noch nicht fortgeschrittene Entwicklungsstand konnten ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.
- 20
- b) Die Ablehnung einer im Ermessen des Tatgerichts stehenden Strafrahmenmilderung gemäß § 46a in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB ist nicht zu beanstanden.
- 21
- Nach § 46a Nr. 1 StGB kann zwar schon das ernsthafte Bemühen des Täters um Wiedergutmachung, das darauf gerichtet ist, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, genügen. Die Vorschrift setzt aber nach der gesetzgeberischen Intention einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus (BT-Drucks. 12/6853, S. 21, 22), der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben des Angeklagten ohne Einbeziehung der Opfer genügt daher nicht. Wenn auch ein Wiedergutmachungserfolg nicht zwingende Voraussetzung für eine Strafrahmenmilderung nach § 46a Nr. 1 StGB ist, so muss sich dafür doch das Opfer freiwillig zu einem Ausgleich bereitfinden und sich darauf einlassen. Ein erfolgreicher TäterOpfer -Ausgleich im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB setzt grundsätzlich voraus, dass das Opfer die erbrachten Leistungen oder Bemühungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert. Das ergibt sich aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 5. November2014 - 1 StR 327/14, BGHR StGB § 46a Nr. 1 Ausgleich 12).
- 22
- Nach diesem Maßstab hat die Strafkammer bei ihrem Ermessensgebrauch nicht rechtsfehlerhaft entschieden. Sie hat die Bereitschaft des Angeklagten , Verantwortung zu übernehmen und seine Bemühungen, sich mit seinen Enkelinnen auszusöhnen, nicht übersehen. Zugleich hat sie die Versagung der Strafrahmenmilderung nachvollziehbar darauf gestützt, dass die Nebenklägerinnen eine Wiedergutmachung durch den Angeklagten nachdrücklich abgelehnt haben und zwischen ihnen und dem Angeklagten ein kommunikativer Prozess nicht stattgefunden hat. Krehl Eschelbach Ott Zeng Bartel
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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
Hat der Täter
- 1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder - 2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.
(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht
- 1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist, - 2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder - 3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.
Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.
(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.
Das Gericht darf sich nicht für unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre.
(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht
- 1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist, - 2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder - 3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.
Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.
(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht
- 1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist, - 2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder - 3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.
Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.
(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
Hat der Täter
- 1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder - 2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,