Bundesgerichtshof Urteil, 03. März 2008 - II ZR 310/06

bei uns veröffentlicht am03.03.2008
vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 16 O 1/04, 11.05.2004
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 5 U 147/04, 17.01.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 310/06 Verkündet am:
3. März 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROADVIII"
BGB § 826 H; BörsG § 47 Abs. 2
Zur haftungsbegründenden Kausalität fehlerhafter Ad-hoc-Publizität auf dem Sekundärmarkt
und falscher Prospektangaben im Bereich des Primärmarktes für den Willensentschluss
des Anlegers.
BGH, Urteil vom 3. März 2008 - II ZR 310/06 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. Januar 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger machen im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt kapitalmarktrechtlicher Informationsdeliktshaftung gegen die ComROAD AG (Beklagte zu 1) sowie deren vormaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter, den Beklagten zu 2, geltend.
2
Die Aktien der Beklagten zu 1 wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im Neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,13 € nach dem späteren Aktiensplitt 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splittbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger zu 1 erwarb am 7. Mai 2000 insgesamt 1.703 Aktien der Beklagten zu 1 für 31.329,34 €, der Kläger zu 2 am 11. August 2000 insgesamt 48 Aktien für 2.499,36 €.
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte zu 1 über den Beklagten zu 2 bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten zu 1 beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass der Beklagte zu 2 - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten zu 1 mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass der im Verkaufsprospekt für 1998 ausgewiesene Umsatz zu 63 % auf fingierten Geschäften beruhte, während von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten zu 1 von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekanntwerden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1 überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangen die Kläger von den Beklagten - Zug um Zug gegen Übereignung der noch von ihnen gehaltenen Aktien, bei gleichzeitiger Feststellung des Annahmeverzugs - Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien. Zur Begründung berufen sie sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Beklagten zu 2 habe am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu ihrem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten zu 1 geführt. Bei Angabe wahrheitsgemäßer Zahlen wäre es nicht zu einem Börsengang der Beklagten zu 1 und damit auch nicht zu ihrem Engagement in deren Aktien gekommen. Für das sittenwidrige Fehlverhalten des Beklagten zu 2 habe die Beklagte zu 1 einzustehen. Demgegenüber bestreiten die Beklagten die Ursächlichkeit des fehlerhaften Verkaufsprospektes sowie der die fingierten Zahlen enthaltenden Ad-hoc-Mitteilungen für die Kaufentschlüsse der Kläger. Die Beklagte zu 1 stellt weiterhin eine Verantwortlichkeit für das Handeln des Beklagten zu 2 im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Auf die hiergegen von beiden Klägern eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den Klagen auch in der Sache stattgegeben und die Revision beschränkt auf die Frage der Zulässigkeit der Klage zugelassen. Mit der vom Senat - auf die weitergehenden Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten - darüber hinaus umfassend zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revisionen der Beklagten sind begründet und führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren der Kläger sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die vom Beklagten zu 2 als Organ der Beklagten zu 1 zur Täuschung des Börsenpublikums in den Verkaufsprospekt aufgenommenen, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe der Kläger ursächlich geworden. Ohne dass es auf eine Kenntnis der Kläger von diesem Verkaufsprospekt ankomme , wäre es bei Angabe zutreffender Umsatzzahlen im Prospekt zu keinem Börsengang der Beklagten zu 1 gekommen, da sich dann keine Bank bereit gefunden hätte, die - in diesem Falle nicht Erfolg versprechende - Emission zu begleiten. Auf eine Kenntnis der Kläger von den nachfolgenden Ad-hocMitteilungen komme es danach nicht an. Die Beklagte zu 1 müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden, des Beklagten zu 2, nach § 31 BGB einstehen und könne den Klägern weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität des fehlerhaften Verkaufsprospekts als Grundlage für die späteren Kaufentscheidungen der Kläger nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Kapitalmarktpublikums durch Mitteilung grob unrichtiger Unternehmenskennzahlen - wie sie hier unzweifelhaft in Form des Verkaufsprospekts wie auch der späteren Ad-hocMitteilungen vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen. Rspr. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von dem Beklagten zu 2 - als verfassungsmäßig berufenem Vertreter der Beklagten zu 1 - durch die falschen Angaben in dem Verkaufsprospekt sowie den Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat bereits durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision der Beklagten zu 1 gibt dem Senat zu einer Änderung seiner Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III; Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1561 Tz. 11 - ComROAD IV; Urt. v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 11 - ComROAD VI und VII). Dies gilt gleichermaßen für einen von der Revision gerügten Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53 a AktG), da auch insoweit die Ersatzforderungen der in sittenwidriger Weise geschädigten Anleger gegen die Gesellschaft in erster Linie nicht auf ihrer - durch die unerlaubten Handlungen des Vorstands erst begründeten - mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger beruhen. Das Integritätsinteresse der durch vorsätz- lich sittenwidriges oder strafbares - der Gesellschaft zurechenbares - Handeln des Vorstandes geschädigten Anleger auf Herbeiführung eines Zustandes, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt, hat daher Vorrang vor dem Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre (vgl. Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 aaO S. 1273).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Angaben in dem Verkaufsprospekt und dem Erwerb der Aktien durch die Kläger.
13
a) Täuschungshandlungen der Beklagten im Rahmen des Börsenzulassungsverfahrens ("im Vorfeld des Börsenganges") führen unter dem Blickwinkel des § 826 BGB jedenfalls nicht ohne den - auch insoweit - von den Klägern als Anspruchstellern im Rahmen des Delikts zu führenden Nachweis (BGHZ 160, 134, 145 m.w.Nachw.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast § 826 Rdn. 1) der konkreten haftungsbegründenden Kausalität für ihre Willensentschließung zur Schadensersatzpflicht der Beklagten im Wege der Naturalrestitution durch Rückerstattung des Erwerbspreises gegen Rückgabe der Aktien (§ 249 BGB).
14
b) Die vom Berufungsgericht in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellte Annahme, die unrichtige Umsatzangabe im Verkaufs- bzw. Emissionsprospekt könne nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg in Gestalt des späteren Aktienerwerbs des jeweiligen Käufers entfiele, greift zu kurz.
15
Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 62 m.w.Nachw.; st. Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität (Sen.Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1563 Tz. 30 - ComROAD IV; v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 15 - ComROAD VI und

VII).

16
aa) Dem entspricht es, dass der Senat bei der fehlerhaften Ad-hocPublizität des Sekundärmarktes im Rahmen des Tatbestandes des § 826 BGB auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet und dementsprechend das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht ausreichend sein lässt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III; Sen.Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1562 Tz. 16 - ComROAD IV; v. 4. Juni 2007 - II ZR 173/05, ZIP 2007, 1564, 1565 Tz. 16 - ComROAD V; v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 16 - ComROAD VI und VII).
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bb) Diese zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung unabdingbare , aus dem Schutzzweck der Norm abzuleitende Tatbestandseingrenzung gilt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch insoweit, als es im Bereich des Primärmarktes um die Haftung für Prospektmängel nach den §§ 45, 46 BörsG a.F. (nunmehr §§ 44, 45 BörsG n.F.) und die gemäß § 48 Abs. 2 BörsG a.F. (nunmehr § 47 Abs. 2 BörsG n.F.) nicht ausgeschlossene weitergehende Deliktshaftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB geht.
18
Das Börsengesetz verzichtet für die spezialgesetzliche - nach § 13 VerkProspG auch für das hier einschlägige Segment des Neuen Marktes entsprechend geltende - Prospekthaftung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. nicht auf das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität, weil danach die Prospekthaftung nur eingreift, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Wertpapiere besteht. Für die weitergehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die kraft ausdrücklicher Normierung in § 48 Abs. 2 BörsG a.F. nicht ausgeschlossen sind, gilt in Bezug auf den haftungsrelevanten, weil das Anlegerpublikum des Primärmarktes irreführenden Prospektfehler unter dem Blickwinkel des Schutzzwecks der Norm nichts anderes.
19
cc) Soweit das Berufungsgericht - in prozessual zweifelhafter Weise, da es an einem entsprechenden Vortrag der Kläger mangelt - den Kausalitätsansatz noch weiter in das Vorfeld des Börsenganges verlegen will, indem es meint, bei zutreffender Angabe der geringeren Umsatzzahlen im Verkaufsprospekt hätte sich keine Bank bereit gefunden, die Emission, die in diesem Fall nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, zu begleiten, gilt dies erst recht. Denn geschützt wird auch insoweit im Rahmen des § 826 BGB nicht das allgemeine Vertrauen in die Zuverlässigkeit des der Neuemission an der Börse vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank, sondern die konkrete Anlageentscheidung kaufwilliger Anleger vor unzutreffenden Angaben des Prospekts selbst, der als direkte Informationsquelle für die Börsenpreisbildung maßgeblich ist und daher die Anlageentscheidung unmittelbar beeinflusst (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2015 - zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 399 AktG: Erfordernis eines bewussten Verhaltens im - konkreten - Vertrauen in die Richtigkeit relevanter Angaben; Sen.Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1562 Tz. 34 - ComROAD IV; v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 19 - ComROAD VI und VII).
20
Auch im Übrigen erscheint unter Schutznormaspekten die vom Berufungsgericht konstruierte "generelle" - also unabhängig von der Kenntnis des potentiellen späteren Anlegers postulierte - Kausalität eines Prospektmangels unvertretbar, weil sie im Sinne einer "Dauerkausalität" auf unabsehbare Zeit auch jedem beliebigen späteren Aktienerwerber auf dem Sekundärmarkt - wie hier - stets zugute kommen würde ohne Rücksicht darauf, ob das Schutzgut der Norm - hier die Integrität seiner Willensentschließung - überhaupt berührt wird (Sen.Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1564 Tz. 35 - ComROAD IV; v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 20 - ComROAD VI und VII).
21
3. Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht gemäß § 561 ZPO unter Rückgriff auf die fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 1 aufrechterhalten. Feststellungen, die eine konkrete Kausalität zwischen einem Fehlverhalten der Beklagten und den Aktienkäufen der Kläger begründen könnten, hat das Berufungsgericht nämlich nicht getroffen.
22
III. Aufgrund des unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
23
1. Zwar kann auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen - nur für seinen unzutreffenden Rechtsstandpunkt ausreichenden - Feststellungen nicht angenommen werden, dass die falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 1 kausal für die Aktienkäufe der Kläger waren. Ebenso mangelt es insoweit bislang an einem hinreichenden Vortrag der Kläger. Dennoch verbietet sich eine abschließende, klageabweisende Entscheidung durch den Senat.
24
Der bisherige Verfahrensablauf in den Vorinstanzen lässt nämlich erkennen , dass die Kläger diesen rechtlichen Gesichtspunkt - trotz entsprechender Rügen der Beklagten - ersichtlich für unerheblich gehalten haben, so dass sowohl das Land- als auch das Oberlandesgericht bei zutreffender Beurteilung der Rechtslage den Klägern einen entsprechenden rechtlichen Hinweis hätten erteilen müssen. Stattdessen hat das Landgericht sich auf eine Verhandlung über die örtliche Zuständigkeit beschränkt, während das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung offenbar nur seine dann auch in das Berufungsurteil als Begründung aufgenommene verfehlte, aber den Klägern günstige Rechtsauffassung erörtert hat. Bei einer solchen Verfahrenssituation bestand für die Kläger kein Anlass, ihren Vortrag zu einer Kausalität der Ad-hocMitteilungen für ihre Kaufentschlüsse zu vertiefen.
25
2. Unabhängig davon, dass beide Revisionen insoweit keine Rüge erheben , hatte der Senat nicht zu prüfen, ob das Berufungsgericht zu Recht eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main angenommen hat. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass § 545 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung der erstinstanzlichen Zuständigkeit selbst dann entgegensteht, wenn das Berufungsgericht zur Klärung einer insoweit aufgetretenen Rechtsfrage die Revision zugelassen hat (Sen.Beschl. v. 5. März 2007 - II ZR 287/05, WM 2007, 1678, 1679; BGH, Urt. v. 7. März 2006 - VI ZR 42/05, MDR 2006, 1126; BGH, Beschl. v. 26. Juni 2003 - III ZR 91/03, WM 2003, 2251 f.).
26
3. Eine Zurückverweisung der Sache unmittelbar an das Landgericht (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) scheidet aus. Gegen die vom Berufungsgericht getroffene Ermessensentscheidung, von der Möglichkeit der Zurückverweisung keinen Gebrauch zu machen, werden von den Revisionen mit Recht keine Einwände erhoben.
27
In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht den Klägern Gelegenheit zu geben haben, ihren Sachvortrag zum Kausalzusammenhang zu konkretisieren. Den - ergänzten - Sachvortrag wird es sodann - für jeden Kläger gesondert - auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Vernehmung der Kläger als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben. Von einer - nur ausnahmsweise in Betracht kommenden - Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises wird das Berufungsgericht allenfalls nach vorheriger Einholung eines Sachverständigengutachtens ausgehen können (Sen.Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1562 Tz. 14 f. - ComROAD IV; v. 4. Juni 2007 - II ZR 173/05, ZIP 1564, 1565 Tz. 14 f. - ComROAD V; v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 24 - ComROAD VI und

VII).


Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 11.05.2004 - 3/16 O 1/04 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 17.01.2006 - 5 U 147/04 -

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Referenzen

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Den Aktionären dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden. Als Rückgewähr gilt nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Aktionärsdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Aktionärsdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Den Aktionären dürfen Zinsen weder zugesagt noch ausgezahlt werden.

(3) Vor Auflösung der Gesellschaft darf unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 287/02 Verkündet am:
9. Mai 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 31, 249 Fb, Hd, 826 A, E; AktG §§ 57, 71

a) Im Rahmen der persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft
nach § 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen ist nicht
etwa nur der Differenzschaden des Kapitalanlegers in Höhe des Unterschiedsbetrages
zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem
Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, zu ersetzen
; der Anleger kann vielmehr Naturalrestitution in Form der Erstattung
des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder
- sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden
sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises
verlangen (vgl. Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593; 1597
- z.V.b. in BGHZ 160, 149).

b) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die
Aktiengesellschaft, die für die von ihrem Vorstand durch falsche Ad-hocMitteilungen
begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen analog
§ 31 BGB einzustehen hat. Die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs
ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften
über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das
Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Mai 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Münke und Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Kläger zu 1, 3, 4, 9, 10, 11, 15, 16, 17, 22, 23, 24, 25, 29, 35, 36, 43, 44, 45, 48, 49, 50, 52, 54, 55, 58 und 59 wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als deren Klagen abgewiesen worden sind.
II. Auf die Revisionen der Kläger zu 7, 8, 12, 19 und 20, 30, 32, 33 und 34, 39, 41 und 42, 46, 51 und 56 wird das vorbezeichnete Urteil weiter im Kostenpunkt und im nachfolgend näher bezeichneten Umfang der Abweisung ihrer Klagen aufgehoben : 1. Klägerin zu 7 in Höhe von insgesamt 8.075,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. April 2000 über 3.775,00 € und vom 9. Oktober 2000 über 4.300,00 €); 2. Kläger zu 8 in Höhe von insgesamt 15.245,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 29. Juni 2000 über 6.120,00 € und vom 10. Oktober 2000 über 9.125,00 €); 3. Kläger zu 12 in Höhe von insgesamt 81.834,20 € nebst Zinsen (sämtliche Aktienkäufe mit Ausnahme desjenigen vom 11. November 1999 über 4.345,52 € abzüglich anteiliger Verkauf von 1.158,18 €); 4. Kläger zu 19 und 20 gemeinsam in Höhe von insgesamt 29.468,17 € nebst Zinsen (31.793,17 € abzüglich Nettoverkaufserlös von 2.325,00 €); 5. Kläger zu 30 in Höhe von insgesamt 19.327,27 € nebst Zinsen (Kauf vom 9. Oktober 2000 über 15.771,56 € sowie vom 22. November 2000 über 8.552,13 € abzüglich Verkauf vom 14. Dezember 2000 über 4.996,42 €); 6. Kläger zu 32 in Höhe von insgesamt 12.068,60 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 12.651,90 € abzüglich entsprechender Verkauf vom 28. Dezember 2000 über 583,30 €); 7. Kläger zu 33 und 34 gemeinsam in Höhe von 569,50 € nebst Zinsen (Kauf vom 28. November 2000); 8. Kläger zu 39 in Höhe von 2.454,73 € nebst Zinsen (Kauf vom 27. November 2000); 9. Kläger zu 41 und 42 gemeinsam in Höhe von 1.638,13 € nebst Zinsen (Kauf vom 30. August 2000); 10. Kläger zu 46 in Höhe von 1.286,35 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. November 2000); 11. Kläger zu 51 in Höhe von insgesamt 15.460,07 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 7.981,32 € sowie vom 27. April 2000 über 8.352,09 € abzüglich Verkauf vom 9. Januar 2001 über 873,34 €); 12. Kläger zu 56 in Höhe von 2.381,61 € nebst Zinsen (Kauf vom 19. Mai 2000).
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsund Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger - soweit noch am Revisionsverfahren beteiligt - erwarben in der Zeit von Anfang März 2000 bis 1. Dezember 2000 Aktien der Beklagten zu 1, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2 und deren Finanzvorstand der Beklagte zu 3 war. Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1 lag am 30. Oktober 1997 (Börseneinführung) bei 18,15 €, stieg bis Februar 2000 auf knapp 116,00 € und sank in der Folgezeit - von gewissen Spitzen abgesehen - bis Ende November 2000 auf ca. 20,00 € ab, ehe er nach einer von der Beklagten zu 1 am 1. Dezember 2000 herausgegebenen Gewinnwarnung auf deutlich unter 10,00 € abstürzte. Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz mit der Behauptung, Aktien der Beklagten zu 1 aufgrund bewußt falscher
Ad-hoc-Mitteilungen und anderer öffentlicher Informationen der Beklagten zu 2 und 3 zu Geschäftsvorgängen der Gesellschaft erworben bzw. nicht verkauft zu haben. Die angeblichen Falschinformationen betreffen folgende Sachverhaltskomplexe :
- Ad-hoc-Mitteilung vom 21. Februar 2000 über den Erwerb der J. Company (J.), der als wichtigster Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens bezeichnet wurde.
- Ad-hoc-Mitteilung vom 22. März 2000 zur Übernahme der S. Investment Ltd. (F.-Gruppe) für 1,8 Mrd. US-Dollar, die der wichtigste Abschluß in der Geschichte des Unternehmens gewesen sei.
- Als Ad-hoc-Mitteilung vom 24. August 2000 bekannt gegebener Quartalsbericht über die Halbjahreszahlen des Unternehmens, in die zu Unrecht Umsatz- und Ergebnisbeiträge der J. und der F.-Gruppe eingestellt waren und die danach u.a. eine Steigerung des Konzernumsatzes um 195 % auswiesen; die diesbezügliche Korrekturmeldung vom 9. Oktober 2000 führte zu einem starken Kurssturz der Aktie.
- Wiederholte öffentliche Prognosen der Beklagten zu 2 und 3 in der Zeit vom 8. Mai 2000 bis zum 28. November 2000, nach denen für das Jahr 2000 ein Umsatz von ca. 1,6 Mrd. DM und ein Gewinn vor Steuern von ca. 600 Mio. DM zu erwarten sei.
In der Gewinnwarnung vom 1. Dezember 2000 wurde die Umsatzerwartung auf 1,38 Mrd. DM bei einem Fehlbetrag von 350 Mio. DM korrigiert. Am
2. Mai 2001 bezifferte der Vorstand der Beklagten zu 1 schließlich den Konzernverlust mit 2,8 Mrd. DM.
Das Landgericht hat die auf § 826 BGB und die Verletzung von Schutzgesetzen i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (darunter § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) gestützte Schadensersatzklage abgewiesen; dabei hat es - neben anderen Erwägungen - insbesondere darauf abgestellt, daß die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Naturalrestitution, sondern allenfalls den Kursdifferenzschaden beanspruchen könnten, den sie jedoch nicht hinreichend dargelegt hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der 55 in dieser Instanz noch beteiligten Kläger zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Den dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat nur insoweit stattgegeben , als den Klagen Aktienkäufe ab Anfang März 2000 zugrunde lagen. Die danach am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger verfolgen - im Umfang der Zulassung ihrer Rechtsmittel durch den Senat - ihre Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revisionen der Kläger sind im Umfang ihrer Zulassung begründet und führen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht (NZG 2002, 1110) hat ausgeführt:
Es brauche nicht geklärt zu werden, ob die Beklagten zu 2 und 3 - der Beklagten zu 1 zurechenbar - durch vorsätzlich unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen und sonstige öffentliche Meldungen über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 gegen § 826 BGB oder gegen Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2
BGB verstoßen und dadurch die Kläger zum Erwerb von Aktien der Beklagten zu 1 veranlaßt oder sie vom Verkauf solcher Aktien abgehalten hätten. Denn selbst wenn man dies zugunsten der Kläger als wahr unterstelle, so hätten sie gleichwohl nicht hinreichend dargelegt, daß ihnen ein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Die von ihnen allein begehrte Naturalrestitution in Form der Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien oder unter Anrechnung eines zwischenzeitlich erhaltenen niedrigeren Verkaufspreises könnten sie nicht beanspruchen. Der Schadensersatz sei in diesen Fällen auf die Differenz zwischen dem infolge einer unrichtigen Meldung zu hohen Kurs und dem im Falle des Unterbleibens der Mitteilung hypothetischen angemessenen Kurs beschränkt. Die Kläger seien jedoch der ihnen insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des konkreten Einflusses einer als unwahr zu unterstellenden, beschönigenden Mitteilung durch die Beklagten zu 2 und 3 auf den Kurswert der Aktie unter Angabe eines konkreten Euro-Betrages nicht nachgekommen. Ohnehin sei der konkrete Schaden nicht meßbar, weil der Kurswert einer Aktie zeitgleich von einer Vielzahl von Faktoren beeinflußt werde, deren genaue Auswirkungen sich nicht exakt feststellen ließen. Daher komme weder eine Schadensberechnung durch Sachverständige noch eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO in Betracht.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ausschluß der Naturalrestitution - selbst in dem von ihm unterstellten Fall des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB wie auch des vorsätzlichen Verstoßes gegen ein die Individualinteressen des einzelnen Kapitalanlegers schützenden Gesetzes i.S. von § 823 Abs. 2
BGB - liegt ein offenbar unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 249 ff. BGB zugrunde.
1. a) Auf der Grundlage der - für das Revisionsverfahren maßgeblichen - Wahrunterstellung können die Kläger, die durch die verschiedenen bewußt unwahren , kursrelevanten Ad-hoc-Mitteilungen der beklagten Vorstandsmitglieder über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft vorsätzlich veranlaßt wurden, nach § 826 BGB nicht etwa nur den Differenzschaden in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, verlangen; die Anleger können vielmehr - wie der Senat nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils bereits für einen vergleichbaren Fall entschieden hat - Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder - sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises beanspruchen (Sen.Urteile v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724 = ZIP 2004, 1593, 1597 - z.V.b. in BGHZ 160, 149; II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729; - Infomatec). § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung. Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 - wie im vorliegenden Fall zu unterstellen ist - enttäuschte Anleger im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen
Mitteilung nachgekommen wären. Da die am Revisionsverfahren beteiligten Kläger in diesem Fall - wie ebenfalls zu unterstellen ist - die Aktien nicht erworben hätten, können sie nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger , die Beklagten zu 2 und 3, verlangen.

b) Schadensersatz in Form der Naturalrestitution können die Kläger nach den vorstehenden Grundsätzen von den Beklagten zu 2 und 3 auch insoweit verlangen, als diese aufgrund der Wahrunterstellung des Berufungsgerichts durch die ihnen vorgeworfenen Handlungen vorsätzlich gegen ein dem Schutz der Anleger dienendes Gesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen haben. Hier stellt insbesondere der in Form einer Ad-hoc-Mitteilung von den Beklagten zu 2 und 3 zu verantwortende Quartalsbericht vom 24. August 2000 über die Konzern-Halbjahreszahlen einen schuldhaften Verstoß gegen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dar, wenn er - wie in dem gegen die Beklagten zu 2 und 3 geführten Strafverfahren festgestellt wurde - ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichte und den Eindruck der Vollständigkeit erweckte (vgl. BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, ZIP 2005, 78, 79 ff.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dient als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB dem Schutz des Vertrauens potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse (Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, aaO S. 1723; dem folgend: BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, aaO S. 79 - jeweils m.w.Nachw.).
2. a) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die Beklagte zu 1, die als juristische Person für die von ihrem Vorstand als ver-
fassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen (§ 826 BGB) und vorsätzlichen Verstöße gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB, § 400 AktG) analog § 31 BGB einzustehen hat. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG in der hier einschlägigen ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1994 (im folgenden: a.F.) eine besondere Schadensersatzhaftung des Emittenten für die Verletzung der ihm gemäß § 15 Abs. 1-3 WpHG a.F. auferlegten Ad-hoc-Publizität ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Jedoch bleiben gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. ausdrücklich Schadensersatzansprüche , die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Dabei wurde im Gesetzgebungsverfahren besonders hervorgehoben (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), daß ein Haftungsausschluß zugunsten des Emittenten in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre und eine sachlich nicht vertretbare Bevorzugung des Emittenten gegenüber anderen Unternehmen darstellen würde, die für betrügerisches Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters - gegebenenfalls mit existenzbedrohenden Konsequenzen für das Unternehmen - haften müßten. Danach ist es gerechtfertigt, die juristische Person über § 31 BGB (vgl. dazu: BGHZ 99, 298, 302) grundsätzlich für vorsätzliche Falschinformationen ihrer Organe gegenüber dem Anlegerpublikum des Sekundärmarktes, sofern dadurch - wie hier - § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG verletzt sind, auf Schadensersatz haften zu lassen.

b) Die dabei als Schadensausgleich gemäß § 249 BGB vorrangig geschuldete Naturalrestitution ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57
AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
aa) Allerdings lehnte das Reichsgericht in seiner frühen Rechtsprechung zunächst die Haftung einer Aktiengesellschaft nach §§ 823 ff., 31 BGB in Fällen , in denen ihr Vorstand Anleger durch Täuschung zum Erwerb ihrer Aktien verleitet hatte, ab und räumte damit dem Grundsatz der Kapitalerhaltung zum Schutze von Drittgläubigern der Gesellschaft den Vorrang vor den allgemeinen Haftungsnormen des BGB ein (vgl. RGZ 54, 128, 132; RGZ 62, 29, 31; ähnlich auch RGZ 72, 290, 293); jedoch differenzierte es später nach der Art des Aktienerwerbs: Nur für solche Aktionäre, die ihre Aktien durch Zeichnung oder in Ausübung eines (primären) Bezugsrechts erworben hätten, sei sowohl eine allgemeine bürgerlich-rechtliche Haftung des Emittenten als auch dessen Prospekthaftung nach dem Börsengesetz ausgeschlossen, während die Gesellschaften nach diesen Normen hafteten, wenn der Wertpapiererwerb auf einem gewöhnlichen (derivativen) Umsatzgeschäft beruhe und der Aktionär der Gesellschaft wie ein außenstehender Gläubiger gegenüberstehe (RGZ 71, 97 ff.; 88, 271, 272). Ob es dieser - bis in neuere Zeit sowohl von obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Frankfurt ZIP 1999, 1005, 1007 f.) als auch von der herrschenden Lehre im Schrifttum (vgl. nur Henze in GroßkommAktG 4. Aufl. § 57 Rdn. 18 ff.; ders. in: NZG 2005, 115 - jew. m. umfangr. Nachw.) angewandten - Unterscheidung zur Lösung des Problems der Konkurrenz zwischen kapitalmarktrechtlicher (Prospekt-) Haftung und dem aktienrechtlichen Grundsatz der Vermögensbindung (§ 57 AktG) im Hinblick auf die eindeutig in die Richtung auf eine uneingeschränkte Haftung der Aktiengesellschaft weisenden Äußerungen des historischen Gesetzgebers (vgl. zum Sekundärmarkt: BT-Drucks. 12/7918 S. 102 - zu § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG, neuerdings zudem: §§ 37 b, 37 c WpHG; zum Primärmarkt: Begr.RegE BT-Drucks. 13/8933 S. 78, sowie §§ 44 f., 47
Abs. 2 BörsG) noch bedarf, kann dahinstehen. Denn auch auf der Grundlage dieser bislang herrschenden Meinung muß jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB und eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 400 AktG als anlegerschützendes Gesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB der Kapitalschutzgedanke des § 57 AktG zu Lasten der Beklagten zu 1 zurückstehen. Die Kläger haben - infolge der vorsätzlich falschen Ad-hoc-Mitteilungen des Vorstandes der Beklagten zu 1 - die Aktien der Beklagten zu 1 durch derivative Umsatzgeschäfte auf dem Sekundärmarkt, und zwar nicht einmal unmittelbar von der Beklagten zu 1, sondern von dritten Marktteilnehmern, erworben. Die Ersatzforderungen der in sittenwidriger Weise geschädigten Kläger gegen die Gesellschaft beruhen daher in erster Linie nicht auf ihrer - durch die unerlaubten Handlungen des Vorstands erst begründeten - mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger; die deliktische Haftung der Aktiengesellschaft knüpft an die Verletzung von gesetzlichen Publizitätspflichten (§ 15 WpHG) an, die ihr in erster Linie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des (sekundären) Kapitalmarktes auferlegt wurden (vgl. Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hocPublizität 1999, S. 141 f.; Schwark/Zimmer, KMRK 3. Aufl. § 37 b, § 37 c WpHG Rdn. 12 m.w.Nachw.). Das Gesellschaftsvermögen wird also durch die Belastung mit einer derartigen Schadensersatzverbindlichkeit nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen außenstehender Gläubiger in Anspruch genommen. Angesichts dessen besteht bei der kapitalmarktbezogenen sittenwidrigen Beeinträchtigung der Willensfreiheit des Anlegers durch das Leitungsorgan kein Anlaß, die Gesellschaft wegen des aktienrechtlichen Vermögensbindungsgrundsatzes von jeglicher Ersatzverpflichtung freizustellen oder auch nur die Haftung auf das sog. freie Vermögen, d.h. auf einen das Grundkapital und die gesetzliche Rücklage übersteigenden Betrag, zu beschränken (vgl.
Schwark/Zimmer aaO Rdn. 14 m.w.Nachw.; a.A. Henze, NZG 2005, 109, 120 f.).
bb) Einem Schadensausgleich in Form der Naturalrestitution steht auch nicht entgegen, daß diese unter Umständen dazu führt, daß die Beklagte zu 1 gegen Erstattung des von den geschädigten Klägern aufgewendeten Kaufpreises die von diesen erworbenen Aktien übernehmen muß und dadurch formal gesehen - entgegen § 71 AktG - eigene Aktien "erwirbt". Auch insoweit hat das Integritätsinteresse der durch vorsätzlich sittenwidriges oder strafbares - der Gesellschaft zurechenbares - Handeln des Vorstandes geschädigten Anleger auf Herbeiführung eines Zustandes, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt (§ 249 Abs. 1 BGB), Vorrang vor dem - ähnlich wie § 57 AktG auch der Kapitalerhaltung bzw. Vermögensbindung dienenden - Verbot des Erwerbs eigener Aktien (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG). Ohnehin ist die Tatsache, daß es im Rahmen des gebotenen Schadensausgleichs zu einer Übernahme eigener Aktien durch die Gesellschaft kommen kann, lediglich Folge der Besonderheiten der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und als solche von der ersatzpflichtigen Gesellschaft hinzunehmen: Während die eigentliche Belastung des Vermögens der Gesellschaft durch die Pflicht zur Erstattung des von den Anlegern aufgewendeten Kaufpreises stattfindet, beruht die Verpflichtung des Geschädigten , die etwa noch in seinem Besitz befindlichen Aktien Zug um Zug an den am Erwerb nicht beteiligten Schädiger herausgeben zu müssen, vor allem darauf, daß ihm aus Anlaß der Schädigung kein über den Ersatz des Schadens hinausgehender Vorteil ("Bereicherungsverbot") verbleiben soll. Haben die geschädigten Anleger etwa die Aktien schon (wieder) veräußert, so findet aus demselben Grunde bei der Schadensabwicklung eine wertmäßige Anrechnung des aus dem Verkauf der Aktien erlangten Kaufpreises statt. Auch unter Wertungsaspekten wäre eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallkon-
stellationen - Schadensersatz bei zwischenzeitlichem Verkauf der Aktien, Ausschluß des Ersatzes bei deren Vorhandensein im Hinblick auf § 71 AktG - nicht gerechtfertigt, zumal der nur in der zweiten Variante auftretende Gesichtspunkt des "Erwerbs eigener Aktien" mehr oder minder zufällig ist und im übrigen durch den getäuschten Anleger durch jederzeit zulässigen Verkauf der Aktien vermieden werden kann. Entsprechendes gilt im übrigen, sofern sich der geschädigte Anleger - was zulässig wäre - auf die alternativ bestehende Möglichkeit der Geltendmachung des Differenzschadens beschränken würde. Auch deshalb gebührt dem Grundsatz der Naturalrestitution, sofern er im Zuge der Schadensabwicklung mit dem formalen Aspekt des faktischen Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) in Widerstreit gerät, der Vorrang.
3. Soweit im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt wird, die Kläger verlangten als Folge der den Beklagten angelasteten falschen Ad-hocMitteilungen Schadensersatz hinsichtlich des Erwerbs "bzw." des Nichtverkaufs von Aktien, finden sich bezüglich der zweiten Konstellation im Urteil keine weiteren quantitativen oder qualitativen Ausführungen oder Differenzierungen hinsichtlich der Form des Schadensersatzes. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts machen sämtliche Kläger jedoch konkret allein Naturalrestitution für den aufgewendeten Kaufpreis geltend; in Übereinstimmung damit ergibt sich aus dem von den vorinstanzlichen Entscheidungen in Bezug genommenen Schriftsatz der Kläger vom 18. Juli 2001, daß solche Kläger, die mehrfach Aktien der Beklagten zu 1 erworben haben, vortragen, durch die Äußerungen der Beklagten zu 2 und 3 zum "Halten" der bisherigen Aktien und zum Erwerb weiterer Aktien veranlaßt worden zu sein; gesonderte schadensersatzrechtliche Konsequenzen werden daraus neben oder anstelle des begehrten Ersatzes für den Erwerb von Aktien (bislang) nicht gezogen. Damit bleiben die Ausführungen des Berufungsgerichts für diese Konstellation derzeit ohne prozessuale
Relevanz. Insoweit merkt der Senat lediglich an, daß solche Altanleger, die durch eine unerlaubte Handlung des Vorstandes nachweisbar von dem zu einem bestimmten Zeitpunkt fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen haben, selbstverständlich nicht den Erwerbspreis als Schadensersatz beanspruchen könnten, sondern den hypothetischen Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin (gegen Überlassung der etwa noch vorhandenen Aktien oder unter Anrechnung des zwischenzeitlich etwa tatsächlich erzielten Verkaufserlöses). Auch insoweit würde es sich allerdings um eine Form der Naturalrestitution, nicht hingegen um einen Differenzschaden handeln.
4. Darauf, daß auch die Annahme des Berufungsgerichts, ein etwaiger Differenzschaden lasse sich in Bezug auf den Aktienkurs nicht feststellen, durchgreifenden Bedenken begegnet (vgl. dazu unter III 3), kommt es danach nicht mehr entscheidend an.
III. Der unter II 1 f. aufgezeigte Rechtsfehler macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Berufungsurteil läßt sich nicht etwa durch abschließende Endentscheidung des Senats mit anderer Begründung aufrechterhalten (vgl. § 561 ZPO). Als hinreichende Beurteilungsgrundlage reicht dem Senat insoweit hinsichtlich der am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger die bloße Bezugnahme des Oberlandesgerichts auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils nicht aus. Zwar hat das Landgericht abgesehen von der nicht tragfähigen , auf einer Wahrunterstellung beruhenden Verneinung des geltend gemachten Schadens die Klageabweisung auch darauf gestützt, daß die meisten Kläger nicht substantiiert vorgetragen hätten, aufgrund welcher konkreten Hand-
lung der Beklagten sie zu einem Kauf der Aktien veranlaßt worden seien; selbst der Vortrag der übrigen Kläger sei letztlich nicht hinreichend, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Das Berufungsurteil läßt aber nicht erkennen , inwiefern es sich mit den Einwänden der Berufung gegen die beiden Argumentationslinien des Landgerichts konkret auseinandergesetzt hätte. Da es sich bei den Anlageentscheidungen der zahlreichen Kläger um individuell geprägte Willensentschlüsse handelt, die im Regelfall nicht durch typisierende Betrachtungsweise erfaßt werden können (vgl. zur grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit des Anscheinsbeweises: Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, WM 2004, 1731, 1734 f. = ZIP 2004, 1599, 1602 ff., z.V.b. in BGHZ 160, 134; II ZR 217/03 aaO S. 1731 - Infomatec), eignen sich die Klagen der einzelnen Kläger, auch wenn sie hier im Wege der Klagehäufung - wenig zweckmäßig - zu einem Prozeß verbunden sind, grundsätzlich nicht für eine pauschalierende Behandlung wie in einem Massenverfahren.
2. Das Berufungsgericht wird sich daher in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung jeweils im einzelnen mit den Klagen der diversen nach Durchführung der Revision noch verbliebenen Kläger zu befassen haben; nur soweit die Klagen tatsächlich gleichgelagert sind, bestehen gegen eine zusammengefaßte Behandlung unter Darlegung der vergleichbaren Umstände in einer erneuten Berufungsentscheidung keine Bedenken.
Im übrigen wird für das weitere Verfahren auf die bereits erwähnten, zu vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen drei Grundsatzentscheidungen des Senats vom 19. Juli 2004 (aaO - Infomatec) hingewiesen.
Abgesehen von einem Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB kommt hier in bezug auf den in Form einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichten Quartalsbericht vom 24. August 2000 eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2 und 3
- für die die Beklagte zu 1 einzustehen hätte - nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Betracht; auf die diesbezüglichen Feststellungen des 1. Strafsenats in dem die Beklagten zu 2 und 3 betreffenden Revisionsverfahren (1 StR 420/03 aaO S. 78) wird nochmals ergänzend hingewiesen. Soweit es für die Beurteilung der individuellen Anlageentscheidungen der Kläger im weiteren Verfahren auf das Zeitmoment der Nähe der jeweiligen Kaufentschlüsse zu den behaupteten unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 ankommt , weist der Senat darauf hin, daß u.a. der Kläger zu 35 nach seinem Vorbringen die entsprechende Anlageentscheidung noch am Tag der Veröffentlichung des Halbjahresberichtes vom 24. August 2000 und der Kläger zu 22 seine diesbezügliche Entscheidung am Folgetage getroffen hat. Ein derartiges Zeitmoment kann auch ausschlaggebend für die erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit im Rahmen der beantragten Parteivernehmung nach § 448 ZPO sein, zumal dann, wenn die Kläger - wie sie in den Vorinstanzen vorgetragen haben - hinsichtlich ihrer individuellen Anlageentscheidung über keine anderen Beweismittel als ihre eigene Vernehmung als Partei verfügen.
3. Sofern Kläger in der neu eröffneten Berufungsinstanz etwa im Rahmen ihres Schadensersatzbegehrens von der Naturalrestitution zu der alternativ möglichen Differenzschadensberechnung übergehen sollten, weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Der Differenzschaden in Form des Unterschiedsbetrages zwischen dem tatsächlich gezahlten Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich ermittelbar. Bei der Berechnung der Wertdifferenz steht zunächst der von dem getäuschten Anleger gezahlte Kaufpreis fest, während sich lediglich der wahre Wert bei Geschäftsabschluß im Falle pflichtgemä-
ßem Publizitätsverhaltens als eine hypothetische Größe der unmittelbaren Wahrnehmung entzieht. Selbst wenn - wie das Oberlandesgericht meint - Kursbewegungen niemals monokausal sind (vgl. dazu Groß, WM 2002, 477, 486), so besteht doch in der herrschenden Meinung der Literatur Übereinstimmung, daß sich trotz aller Schwierigkeiten der hypothetische Transaktionspreis mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft durchaus mit der erforderlichen Sicherheit errechnen läßt, um - ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen - zumindest eine richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu ermöglichen (vgl. insbesondere zur vergleichbaren Problematik im Rahmen der Schadensberechnung zu §§ 37 b, 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff. m. umfangr. rechtsvergleichenden Nachw.; Steinhauer aaO S. 272 ff., 281 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Rützel, AG 2003, 69, 76 f.; Reichert/ Weller, ZRP 2002, 49, 55; Sethe, WpHG § 37 b, 37 c Rdn. 60 ff.). Als geeignete Hilfsgröße zur Ermittlung des hypothetischen Preises kann auf die Kursveränderung unmittelbar nach Bekanntwerden der wahren Sachlage zurückgegriffen und sodann "vermittels rückwärtiger Induktion" auf den wahren Wert des Papiers am Tage des Geschäftsabschlusses näherungsweise geschlossen werden (vgl. Fleischer aaO S. 1873 m.w.Nachw.). Auch wenn es dabei - ähnlich wie bei der Unternehmensbewertung - im Detail unterschiedliche methodische Ansätze für die Näherungsrechnung geben mag, so wird dadurch die Berechenbarkeit als solche nicht in Frage gestellt. Der Tatrichter ist auf der Grundlage entsprechenden Vortrags der geschädigten Anleger zu den hier relevanten Zeitpunkten in der Lage, sich mit sachverständiger Hilfe zumindest
die gebotene wissenschaftlich abgesicherte Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Vermögensschadens der Kapitalanleger i.S. von § 287 ZPO zu verschaffen.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Caliebe

(1) Den Aktionären dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden. Als Rückgewähr gilt nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Aktionärsdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Aktionärsdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Den Aktionären dürfen Zinsen weder zugesagt noch ausgezahlt werden.

(3) Vor Auflösung der Gesellschaft darf unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden.

(1) Die Gesellschaft darf eigene Aktien nur erwerben,

1.
wenn der Erwerb notwendig ist, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden,
2.
wenn die Aktien Personen, die im Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen, zum Erwerb angeboten werden sollen,
3.
wenn der Erwerb geschieht, um Aktionäre nach § 305 Abs. 2, § 320b oder nach § 29 Abs. 1, § 125 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Abs. 1, § 207 Abs. 1 Satz 1, § 313 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 327, oder § 340 Absatz 1 des Umwandlungsgesetzes abzufinden,
4.
wenn der Erwerb unentgeltlich geschieht oder ein Kreditinstitut oder Wertpapierinstitut mit dem Erwerb eine Einkaufskommission ausführt,
5.
durch Gesamtrechtsnachfolge,
6.
auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals,
7.
wenn sie ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut, ein Wertpapierinstitut oder ein Finanzunternehmen ist, aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung zum Zwecke des Wertpapierhandels. Der Beschluß muß bestimmen, daß der Handelsbestand der zu diesem Zweck zu erwerbenden Aktien fünf vom Hundert des Grundkapitals am Ende jeden Tages nicht übersteigen darf; er muß den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegen. Die Ermächtigung darf höchstens fünf Jahre gelten; oder
8.
aufgrund einer höchstens fünf Jahre geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung, die den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital, der zehn vom Hundert nicht übersteigen darf, festlegt. Als Zweck ist der Handel in eigenen Aktien ausgeschlossen. § 53a ist auf Erwerb und Veräußerung anzuwenden. Erwerb und Veräußerung über die Börse genügen dem. Eine andere Veräußerung kann die Hauptversammlung beschließen; § 186 Abs. 3, 4 und § 193 Abs. 2 Nr. 4 sind in diesem Fall entsprechend anzuwenden. Die Hauptversammlung kann den Vorstand ermächtigen, die eigenen Aktien ohne weiteren Hauptversammlungsbeschluß einzuziehen.

(2) Auf die zu den Zwecken nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 erworbenen Aktien dürfen zusammen mit anderen Aktien der Gesellschaft, welche die Gesellschaft bereits erworben hat und noch besitzt, nicht mehr als zehn vom Hundert des Grundkapitals entfallen. Dieser Erwerb ist ferner nur zulässig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4, 7 und 8 ist der Erwerb nur zulässig, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag voll geleistet ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 8 hat der Vorstand die nächste Hauptversammlung über die Gründe und den Zweck des Erwerbs, über die Zahl der erworbenen Aktien und den auf sie entfallenden Betrag des Grundkapitals, über deren Anteil am Grundkapital sowie über den Gegenwert der Aktien zu unterrichten. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 sind die Aktien innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb an die Arbeitnehmer auszugeben.

(4) Ein Verstoß gegen die Absätze 1 oder 2 macht den Erwerb eigener Aktien nicht unwirksam. Ein schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb eigener Aktien ist jedoch nichtig, soweit der Erwerb gegen die Absätze 1 oder 2 verstößt.

Abschrift

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 80/04
vom
20. Februar 2006
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer,
Dr. Strohn und Dr. Reichart

beschlossen:
Der Kläger wird, nachdem er die Revision gegen das am 16. März 2004 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt. Die Kosten der Revision werden ihm auferlegt (§ 26 Nr. 7 EGZPO, §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO). Streitwert: 8.689,29 € Goette Kurzwelly Kraemer Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 26.06.2003 - 3 O 12098/02 -
OLG München, Entscheidung vom 16.03.2004 - 18 U 3910/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 153/05
vom
2. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer,
Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Reichart

beschlossen:
I. Die Beklagte zu 3 wird, nachdem sie die Revision gegen das am 28. April 2005 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt. II. Die Kosten des dritten Rechtszuges werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch 40 % und die Beklagte zu 3 60 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch 50 % und die Beklagte zu 3 50 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.05.2004 - 20 O 8814/02 -
OLG München, Entscheidung vom 28.04.2005 - 23 U 4675/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 147/05 Verkündet am:
4. Juni 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROAD IV“
BGB § 826 H; BörsG § 47 Abs. 2

a) Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter
Ad-hoc-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten
Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser
Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher
das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung
nicht aus.

b) Auch im Bereich des Primärmarktes ist für die nach § 47 Abs. 2 BörsG neben der
spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung (§§ 44 f. BörsG) nicht ausgeschlossene
Deliktshaftung gemäß § 826 BGB vom klagenden Anleger der Nachweis der
konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität falscher Prospektangaben für seine
Willensentschließung zu führen. Hierfür genügt das enttäuschte allgemeine
Anlegervertrauen in die Integrität des vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens
einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank nicht.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 - II ZR 147/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 12.834,54 € nebst Zinsen an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung von 260 Aktien der ComROAD AG verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung gegen die beklagte ComROAD AG geltend.
2
Die Aktien der Beklagten wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,17 € nach dem späteren Aktiensplit 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splitbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger erwarb am 9. Oktober 2000 zum Aktienkurs von 49,98 €, am 9. Januar 2001 zum Kurs von 30,00 €, am 16. Februar 2001 zum Kurs von 43,00 €, am 21. Februar 2001 zum Kurs von 33,00 € und am 12. April 2001 zum Kurs von 20,00 € insgesamt 410 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 12.869,90 €. In der Folgezeit sank der Kurs der Aktie weiter. Am 11. April 2002 verkaufte der Kläger 150 der von ihm gehaltenen ComROADAktien für insgesamt 35,10 € (Kurs: 0,30 €).
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte über ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter B. S. bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass S. - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekanntwerden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien abzüglich des aus dem Teilverkauf erzielten Erlöses. Zur Begründung beruft er sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten hätten am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu seinem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten geführt; für dieses sittenwidrige Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden habe die Beklagte einzustehen. Demgegenüber bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adhoc -Mitteilungen für die Kaufentschlüsse des Klägers und stellt eine Verantwortlichkeit für das Handeln ihres Vorstandes im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr nach Parteivernehmung des Klägers stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der von diesem noch gehaltenen Aktien. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die von B. S. als Organ der Beklagten zur Täuschung des Börsenpublikums veröffentlichten, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe des Klägers ursächlich geworden. S. sei es gelungen, durch seine falschen Ad-hoc-Mitteilungen die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu veranlassen, die unabhängig von allen Kursschwankungen von 1999 bis Anfang 2002 angedauert habe. Wie der als Partei vernommene Kläger sachlich glaubhaft und persönlich überzeugend bestätigt habe, sei er "ersichtlich der allgemeinen Linie gefolgt". Die Beklagte müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden nach § 31 BGB einstehen und könne dem Kläger weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die Kaufentscheidungen des Klägers nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen - wie sie auch im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen.Rspr. seit BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/05, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision gibt dem Senat zu einer Änderung seiner neuen Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Erwerb ihrer Aktien.
13
a) Das Berufungsgericht referiert zwar im Ansatz noch zutreffend die Senatsrechtsprechung zu den Anforderungen an den Kausalitätsnachweis dahingehend , dass die Anlageentscheidung eines potentiellen Aktienerwerbers einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss darstellt, so dass es bei derartigen individuell geprägten Willensentschlüssen grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis für sicher bestimmbare Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt (BGHZ 160, 134, 144 ff. m.w.Nachw. - Infomatec I). Dementsprechend lassen sich auch nicht die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz a.F. entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Denn der Informationsgehalt der Ad-hoc-Mitteilung beschränkt sich im Allgemeinen ausschnittartig auf wesentliche aktuelle, neue Tatsachen aus dem Unternehmensbereich, die zumeist für eine individuelle zeitnahe Entscheidung zum Kauf oder Verkauf der Aktien relevant sein können, jedoch in der Regel nicht geeignet sind, eine sog. Anlagestimmung hervorzurufen. Zwar ist denkbar, dass sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann; jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise (BGHZ 160, 134, 146 f.).
14
b) Die Voraussetzungen einer derartigen, nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises hat das Berufungsgericht indessen nicht - jedenfalls nicht revisionsrechtlich einwandfrei - festgestellt. Es beschränkt sich auf die - in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt unklar bleibende - Feststellung, es sei "indes S. gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte".
15
Sofern das Berufungsgericht gemeint haben sollte, es könne die besondere Art und das Ausmaß der Irreführung des Börsenpublikums durch die Falschmitteilungen B. S. s sowie die Dauer der Fehleinschätzung des Marktes bis zur Aufdeckung der Machenschaften mit einer permanenten konkreten Anlagestimmung gleichsetzen, mangelte es einer solchen Hypothese an einer tragfähigen Begründung. Die Feststellung des Oberlandesgerichts erschöpft sich nämlich in einer lapidaren, oberflächlichen Zustandsbeschreibung; ihr fehlt jegliche, durch konkrete Anknüpfungstatsachen belegte, fundierte markttechnische Analyse und Einordnung der Entwicklung der ComRoad-Aktie, aus der sich etwa eine Anlagestimmung für den vorliegenden Fall - zumal ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. ohne die notwendige Darlegung der eigenen Fachkunde des Gerichts - (revisions-)rechtlich einwandfrei ableiten ließe. Das gilt insbesondere für die fern liegende Annahme des Berufungsgerichts, eine etwaige Anlagestimmung habe ununterbrochen von der Börseneinführung der Aktie bis zur Aufdeckung der Manipulationen, d.h. über mindestens zwei Jahre trotz der extremen Volatilität der Aktie mit Kurseinbrüchen bereits kurz nach dem erstmaligen Erreichen des Höchststandes im Februar 2000, angedauert (vgl. zur Vielfältigkeit kursbeeinflussender Faktoren des Kapitalmarkts bereits BGHZ 160, 134, 146 m.Nachw.).
16
Der Aussagewert der Feststellung des Berufungsgerichts beschränkt sich freilich ohnehin darauf, dass die extrem unseriösen Kapitalmarktinformationen des Vorstands der Beklagten das Börsenpublikum generell in der Einschätzung und Bewertung des Unternehmens bzw. der Aktie über einen langen Zeitraum irregeführt und trotz der Volatilität der Aktie zu deren Kauf und Verkauf bewogen hat und dass auch der Kläger "dieser allgemeinen Linie gefolgt" ist. Wenn das Berufungsgericht allein die allgemeine Marktsituation für den konkreten Kausalitätsnachweis genügen lassen will, so ist diese Argumentation genauso wenig tragfähig wie diejenige eines anderen Senats des Berufungsgerichts , der gemeint hat, bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation reiche das dadurch hervorgerufene Vertrauen des potentiellen Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über die Beklagte und der daraus resultierende Glaube an die wirtschaftliche Substanz und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zur Bejahung der haftungsbegründenden Kausalität aus (vgl. dazu bereits: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 10 - ComROAD I). Derartige Ansichten liefen darauf hinaus, im Rahmen des § 826 BGB auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers zu verzichten und stattdessen - in Anlehnung an die sog. fraud-on-the-market-theory des USamerikanischen Kapitalmarktrechts - an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz , der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität nicht gefolgt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III); hieran hält er weiterhin fest. Danach muss im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.
17
3. Der Mangel tragfähiger Feststellungen zum Kausalzusammenhang zwischen den falschen Kapitalmarktinformationen und den Anlageentscheidungen des Klägers wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Berufungsgericht den Kläger als Partei vernommen und dieser - wie es ohne nähere Begründung angenommen hat - "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Wei- se bestätigt" hat, dass er bei seinen Anlageentscheidungen "der allgemeinen Linie gefolgt" sei und die Aktie nicht erworben hätte, wenn er das Ausmaß der Täuschungen durch den Vorstand der Beklagten gekannt hätte. Denn diese Beweisaufnahme ging ersichtlich nicht über den - unzureichenden - allgemeinen Rahmen hinaus, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zur Kausalitätsfrage zugrunde gelegt hat.
18
4. Inwieweit die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten - zumindest teilweise - geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch des Klägers grundsätzlich auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen , bedarf keiner weiteren Erörterung. Auch insoweit sind nämlich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine konkrete Kausalität zwischen einem eventuellen Fehlverhalten der Beklagten im Sinne dieser Bestimmungen und den Aktienkäufen des Klägers anzunehmen. Der zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich entsprechend auch auf etwaige Ansprüche aus der etwaigen Verletzung des Schutzgesetzes des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus.
19
5. Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht gemäß § 561 ZPO mit der von der Revisionserwiderung angeführten Argumentation aufrechterhalten, dass die Beklagte bereits in dem Verkaufsprospekt anlässlich ihrer Börsenzulassung übertriebene Umsatzangaben gemacht habe, so dass es auf der Grundlage richtiger Angaben zu den Umsatzzahlen gar nicht erst zu einem Börsengang der Beklagten und infolgedessen auch nicht zu einem Aktienerwerb durch den Kläger gekommen wäre. Dieses Vorbringen des Klägers, das in den Vorinstanzen allenfalls eine nebensächliche Rolle gespielt hat und in den Entscheidungen des Land- und des Berufungsgerichts nicht einmal ausdrücklich erwähnt worden ist, kann schon deshalb nicht Grundlage einer das angefochtene Urteil aufrechterhaltenden Entscheidung gemäß § 561 ZPO sein, weil die dem zugrunde liegenden Tatsachen von der Beklagten substantiiert bestritten worden sind.
20
III. Aufgrund des unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
21
1. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die falschen Ad-hocMitteilungen der Beklagten kausal für die Aktienkäufe des Klägers waren. Nach dem vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen folgerichtig - nicht geprüften weitergehenden Vortrag des Klägers ist es zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium jedoch nicht von vornherein als gänzlich unwahrscheinlich anzusehen, dass diesem der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen den Täuschungshandlungen der Beklagten und seinen Aktienkäufen noch gelingen könnte.
22
a) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10. April 2005 vorgetragen, er habe stets "nicht nur beim Kauf der Aktien, sondern auch während des Haltens des Titels seine Investitionsentscheidung an den regelmäßigen falschen Ad-hocMitteilungen zeitnah überprüft" und diesbezüglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Im Rahmen der vom Berufungsgericht durchgeführten Parteivernehmung hat er zudem bekundet, er habe "ständig die Ad-hoc-Mitteilungen studiert , morgens aus der Zeitung und dann aus dem Internet im Büro und abends auch noch". Hinzu kommt, dass der Kläger jedenfalls einen Teil der Aktien sogar am Tag der Bekanntgabe von Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten bzw. nur wenige Tage danach gekauft hat und diese Mitteilungen grundsätzlich geeignet waren, den Kaufentschluss eines potentiellen Anlegers zu wecken. Berücksichtigt man ferner, dass das Berufungsgericht andere - für seine Entscheidung maßgebliche - Angaben des Klägers als Partei als "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Weise bestätigt" angesehen hat, so ist jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit seines Vortrags hinsichtlich der Kenntnisnahme von einzelnen konkreten Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und deren sein eigenes Anlageverhalten beeinflussende Wirkung nicht völlig von der Hand zu weisen.
23
b) Allerdings hat das Berufungsgericht die Parteivernehmung - auf der Basis seines bisherigen, freilich unzutreffenden Rechtsstandpunkts - nur darauf erstreckt, ob und inwieweit der Kläger in seinen Entscheidungen "der allgemeinen Linie" des Börsenpublikums bezüglich der ComROAD-Aktien gefolgt ist, ihn indessen nicht zu weiteren maßgeblichen Punkten seiner Willensentschlüsse vernommen bzw. solche nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen.
24
c) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt danach nicht in Betracht.
25
2. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht daher den - ggf. ergänzten - konkreten Sachvortrag des Klägers zum Kausalzusammenhang erneut auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des (weiteren ) Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Vernehmung als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat, BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben.
26
3. Für die wiedereröffnete Berufungsverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
27
Soweit der Kläger nunmehr erstmals in der Revisionsinstanz unter Berufung auf die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7. November 2003 - 5 W 31/03, AG 2004, 453 sowie weitere Entscheidungen, die derzeit im Revisionsverfahren vor dem Senat - II ZR 229/05 und II ZR 68/06 - anhängig sind) neue Kausalitätsaspekte zu entwickeln versucht, die das Erfordernis des Kausalitätsnachweises zwischen den konkreten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Aktienkauf überflüssig machen sollen, vermag der Senat dem aus Rechtsgründen nicht zu folgen.
28
a) Die vom Kläger so bezeichneten angeblichen Täuschungshandlungen "im Vorfeld des Börsenganges" führen unter dem Blickwinkel des § 826 BGB jedenfalls nicht ohne den - auch insoweit - vom Kläger als Anspruchsteller im Rahmen des Delikts zu führenden Nachweis (BGHZ 100, 134, 145 m.w.Nachw.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast § 826 Rz. 1) der konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität für seine Willensentschließung zur Schadensersatzpflicht des Vorstandes sowie der Gesellschaft im Wege der Naturalrestitution durch Rückerstattung des Erwerbspreises gegen Rückgabe der Aktien (§ 249 BGB).
29
b) Die vom Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellte Annahme , die unrichtige Umsatzangabe im Verkaufs- bzw. Emissionsprospekt könne nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg in Gestalt des späteren Aktienerwerbs des jeweiligen Käufers entfiele, greift zu kurz.
30
Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 63 m.w.Nachw.; st.Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität.
31
aa) Dem entspricht es, dass der Senat - wie oben bereits dargelegt - bei der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität des Sekundärmarktes im Rahmen des Tatbestandes des § 826 BGB auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet und dementsprechend das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht ausreichend sein lässt.
32
bb) Diese zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung unabdingbare , aus dem Schutzzweck der Norm abzuleitende Tatbestandseingrenzung gilt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch insoweit, als es im Bereich des Primärmarktes um die Haftung für Prospektmängel nach den §§ 45, 46 BörsG a.F. (nunmehr §§ 44, 45 BörsG n.F.) und die gemäß § 48 Abs. 2 BörsG a.F. (nunmehr § 47 Abs. 2 BörsG n.F.) nicht ausgeschlossene weitergehende Deliktshaftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB geht.
33
Das Börsengesetz verzichtet für die spezialgesetzliche - nach § 13 VerkProspG auch für das hier einschlägige Segment des Neuen Marktes entsprechend geltende - Prospekthaftung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. nicht auf das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität, weil danach die Prospekthaftung nur eingreift, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Wertpapiere besteht. Für die weitergehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die kraft ausdrücklicher Normierung in § 48 Abs. 2 BörsG a.F. nicht ausgeschlossen sind, gilt in Bezug auf den haftungsrelevanten, weil das Anlegerpublikum des Primärmarktes irreführenden Prospektfehler unter dem Blickwinkel des Schutzzwecks der Norm nichts anderes.
34
cc) Soweit der Kläger den Kausalitätsansatz noch weiter in das Vorfeld des Börsenganges verlegen will, indem er meint, bei zutreffender Angabe der geringeren Umsatzzahlen im Verkaufsprospekt hätte sich keine Bank bereit gefunden , die Emission, die in diesem Fall nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, zu begleiten, gilt dies erst recht. Denn geschützt wird auch insoweit im Rahmen des § 826 BGB nicht das allgemeine Vertrauen in die Zuverlässigkeit des der Neuemission an der Börse vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank, sondern die konkrete Anlageentscheidung kaufwilliger Anleger vor unzutreffenden Angaben des Prospekts selbst, der als direkte Informationsquelle für die Börsenpreisbildung maßgeblich ist und daher die Anlageentscheidung unmittelbar beeinflusst (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2015 - zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 399 AktG: Erfordernis eines bewussten Verhaltens im - konkreten - Vertrauen in die Richtigkeit relevanter Angaben).
35
Auch im Übrigen erscheint unter Schutznormaspekten die von dem Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt konstruierte "generelle" - also unabhängig von der Kenntnis des potentiellen späteren Anlegers postulierte - Kausalität eines Prospektmangels unvertretbar, weil sie im Sinne einer "Dauerkausalität" auf unabsehbare Zeit auch jedem beliebigen späteren Aktienerwerber auf dem Sekundärmarkt - wie hier - stets zugute kommen würde ohne Rücksicht darauf, ob das Schutzgut der Norm - hier die Integrität seiner Willensentschließung - überhaupt berührt wird.
Goette Kurzwelly Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.09.2004 - 5 HKO 14438/04 -
OLG München, Entscheidung vom 20.04.2005 - 7 U 5303/04 -

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 147/05 Verkündet am:
4. Juni 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROAD IV“
BGB § 826 H; BörsG § 47 Abs. 2

a) Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter
Ad-hoc-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten
Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser
Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher
das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung
nicht aus.

b) Auch im Bereich des Primärmarktes ist für die nach § 47 Abs. 2 BörsG neben der
spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung (§§ 44 f. BörsG) nicht ausgeschlossene
Deliktshaftung gemäß § 826 BGB vom klagenden Anleger der Nachweis der
konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität falscher Prospektangaben für seine
Willensentschließung zu führen. Hierfür genügt das enttäuschte allgemeine
Anlegervertrauen in die Integrität des vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens
einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank nicht.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 - II ZR 147/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 12.834,54 € nebst Zinsen an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung von 260 Aktien der ComROAD AG verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung gegen die beklagte ComROAD AG geltend.
2
Die Aktien der Beklagten wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,17 € nach dem späteren Aktiensplit 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splitbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger erwarb am 9. Oktober 2000 zum Aktienkurs von 49,98 €, am 9. Januar 2001 zum Kurs von 30,00 €, am 16. Februar 2001 zum Kurs von 43,00 €, am 21. Februar 2001 zum Kurs von 33,00 € und am 12. April 2001 zum Kurs von 20,00 € insgesamt 410 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 12.869,90 €. In der Folgezeit sank der Kurs der Aktie weiter. Am 11. April 2002 verkaufte der Kläger 150 der von ihm gehaltenen ComROADAktien für insgesamt 35,10 € (Kurs: 0,30 €).
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte über ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter B. S. bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass S. - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekanntwerden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien abzüglich des aus dem Teilverkauf erzielten Erlöses. Zur Begründung beruft er sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten hätten am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu seinem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten geführt; für dieses sittenwidrige Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden habe die Beklagte einzustehen. Demgegenüber bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adhoc -Mitteilungen für die Kaufentschlüsse des Klägers und stellt eine Verantwortlichkeit für das Handeln ihres Vorstandes im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr nach Parteivernehmung des Klägers stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der von diesem noch gehaltenen Aktien. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die von B. S. als Organ der Beklagten zur Täuschung des Börsenpublikums veröffentlichten, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe des Klägers ursächlich geworden. S. sei es gelungen, durch seine falschen Ad-hoc-Mitteilungen die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu veranlassen, die unabhängig von allen Kursschwankungen von 1999 bis Anfang 2002 angedauert habe. Wie der als Partei vernommene Kläger sachlich glaubhaft und persönlich überzeugend bestätigt habe, sei er "ersichtlich der allgemeinen Linie gefolgt". Die Beklagte müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden nach § 31 BGB einstehen und könne dem Kläger weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die Kaufentscheidungen des Klägers nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen - wie sie auch im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen.Rspr. seit BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/05, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision gibt dem Senat zu einer Änderung seiner neuen Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Erwerb ihrer Aktien.
13
a) Das Berufungsgericht referiert zwar im Ansatz noch zutreffend die Senatsrechtsprechung zu den Anforderungen an den Kausalitätsnachweis dahingehend , dass die Anlageentscheidung eines potentiellen Aktienerwerbers einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss darstellt, so dass es bei derartigen individuell geprägten Willensentschlüssen grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis für sicher bestimmbare Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt (BGHZ 160, 134, 144 ff. m.w.Nachw. - Infomatec I). Dementsprechend lassen sich auch nicht die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz a.F. entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Denn der Informationsgehalt der Ad-hoc-Mitteilung beschränkt sich im Allgemeinen ausschnittartig auf wesentliche aktuelle, neue Tatsachen aus dem Unternehmensbereich, die zumeist für eine individuelle zeitnahe Entscheidung zum Kauf oder Verkauf der Aktien relevant sein können, jedoch in der Regel nicht geeignet sind, eine sog. Anlagestimmung hervorzurufen. Zwar ist denkbar, dass sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann; jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise (BGHZ 160, 134, 146 f.).
14
b) Die Voraussetzungen einer derartigen, nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises hat das Berufungsgericht indessen nicht - jedenfalls nicht revisionsrechtlich einwandfrei - festgestellt. Es beschränkt sich auf die - in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt unklar bleibende - Feststellung, es sei "indes S. gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte".
15
Sofern das Berufungsgericht gemeint haben sollte, es könne die besondere Art und das Ausmaß der Irreführung des Börsenpublikums durch die Falschmitteilungen B. S. s sowie die Dauer der Fehleinschätzung des Marktes bis zur Aufdeckung der Machenschaften mit einer permanenten konkreten Anlagestimmung gleichsetzen, mangelte es einer solchen Hypothese an einer tragfähigen Begründung. Die Feststellung des Oberlandesgerichts erschöpft sich nämlich in einer lapidaren, oberflächlichen Zustandsbeschreibung; ihr fehlt jegliche, durch konkrete Anknüpfungstatsachen belegte, fundierte markttechnische Analyse und Einordnung der Entwicklung der ComRoad-Aktie, aus der sich etwa eine Anlagestimmung für den vorliegenden Fall - zumal ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. ohne die notwendige Darlegung der eigenen Fachkunde des Gerichts - (revisions-)rechtlich einwandfrei ableiten ließe. Das gilt insbesondere für die fern liegende Annahme des Berufungsgerichts, eine etwaige Anlagestimmung habe ununterbrochen von der Börseneinführung der Aktie bis zur Aufdeckung der Manipulationen, d.h. über mindestens zwei Jahre trotz der extremen Volatilität der Aktie mit Kurseinbrüchen bereits kurz nach dem erstmaligen Erreichen des Höchststandes im Februar 2000, angedauert (vgl. zur Vielfältigkeit kursbeeinflussender Faktoren des Kapitalmarkts bereits BGHZ 160, 134, 146 m.Nachw.).
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Der Aussagewert der Feststellung des Berufungsgerichts beschränkt sich freilich ohnehin darauf, dass die extrem unseriösen Kapitalmarktinformationen des Vorstands der Beklagten das Börsenpublikum generell in der Einschätzung und Bewertung des Unternehmens bzw. der Aktie über einen langen Zeitraum irregeführt und trotz der Volatilität der Aktie zu deren Kauf und Verkauf bewogen hat und dass auch der Kläger "dieser allgemeinen Linie gefolgt" ist. Wenn das Berufungsgericht allein die allgemeine Marktsituation für den konkreten Kausalitätsnachweis genügen lassen will, so ist diese Argumentation genauso wenig tragfähig wie diejenige eines anderen Senats des Berufungsgerichts , der gemeint hat, bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation reiche das dadurch hervorgerufene Vertrauen des potentiellen Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über die Beklagte und der daraus resultierende Glaube an die wirtschaftliche Substanz und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zur Bejahung der haftungsbegründenden Kausalität aus (vgl. dazu bereits: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 10 - ComROAD I). Derartige Ansichten liefen darauf hinaus, im Rahmen des § 826 BGB auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers zu verzichten und stattdessen - in Anlehnung an die sog. fraud-on-the-market-theory des USamerikanischen Kapitalmarktrechts - an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz , der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität nicht gefolgt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III); hieran hält er weiterhin fest. Danach muss im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.
17
3. Der Mangel tragfähiger Feststellungen zum Kausalzusammenhang zwischen den falschen Kapitalmarktinformationen und den Anlageentscheidungen des Klägers wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Berufungsgericht den Kläger als Partei vernommen und dieser - wie es ohne nähere Begründung angenommen hat - "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Wei- se bestätigt" hat, dass er bei seinen Anlageentscheidungen "der allgemeinen Linie gefolgt" sei und die Aktie nicht erworben hätte, wenn er das Ausmaß der Täuschungen durch den Vorstand der Beklagten gekannt hätte. Denn diese Beweisaufnahme ging ersichtlich nicht über den - unzureichenden - allgemeinen Rahmen hinaus, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zur Kausalitätsfrage zugrunde gelegt hat.
18
4. Inwieweit die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten - zumindest teilweise - geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch des Klägers grundsätzlich auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen , bedarf keiner weiteren Erörterung. Auch insoweit sind nämlich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine konkrete Kausalität zwischen einem eventuellen Fehlverhalten der Beklagten im Sinne dieser Bestimmungen und den Aktienkäufen des Klägers anzunehmen. Der zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich entsprechend auch auf etwaige Ansprüche aus der etwaigen Verletzung des Schutzgesetzes des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus.
19
5. Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht gemäß § 561 ZPO mit der von der Revisionserwiderung angeführten Argumentation aufrechterhalten, dass die Beklagte bereits in dem Verkaufsprospekt anlässlich ihrer Börsenzulassung übertriebene Umsatzangaben gemacht habe, so dass es auf der Grundlage richtiger Angaben zu den Umsatzzahlen gar nicht erst zu einem Börsengang der Beklagten und infolgedessen auch nicht zu einem Aktienerwerb durch den Kläger gekommen wäre. Dieses Vorbringen des Klägers, das in den Vorinstanzen allenfalls eine nebensächliche Rolle gespielt hat und in den Entscheidungen des Land- und des Berufungsgerichts nicht einmal ausdrücklich erwähnt worden ist, kann schon deshalb nicht Grundlage einer das angefochtene Urteil aufrechterhaltenden Entscheidung gemäß § 561 ZPO sein, weil die dem zugrunde liegenden Tatsachen von der Beklagten substantiiert bestritten worden sind.
20
III. Aufgrund des unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
21
1. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die falschen Ad-hocMitteilungen der Beklagten kausal für die Aktienkäufe des Klägers waren. Nach dem vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen folgerichtig - nicht geprüften weitergehenden Vortrag des Klägers ist es zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium jedoch nicht von vornherein als gänzlich unwahrscheinlich anzusehen, dass diesem der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen den Täuschungshandlungen der Beklagten und seinen Aktienkäufen noch gelingen könnte.
22
a) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10. April 2005 vorgetragen, er habe stets "nicht nur beim Kauf der Aktien, sondern auch während des Haltens des Titels seine Investitionsentscheidung an den regelmäßigen falschen Ad-hocMitteilungen zeitnah überprüft" und diesbezüglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Im Rahmen der vom Berufungsgericht durchgeführten Parteivernehmung hat er zudem bekundet, er habe "ständig die Ad-hoc-Mitteilungen studiert , morgens aus der Zeitung und dann aus dem Internet im Büro und abends auch noch". Hinzu kommt, dass der Kläger jedenfalls einen Teil der Aktien sogar am Tag der Bekanntgabe von Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten bzw. nur wenige Tage danach gekauft hat und diese Mitteilungen grundsätzlich geeignet waren, den Kaufentschluss eines potentiellen Anlegers zu wecken. Berücksichtigt man ferner, dass das Berufungsgericht andere - für seine Entscheidung maßgebliche - Angaben des Klägers als Partei als "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Weise bestätigt" angesehen hat, so ist jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit seines Vortrags hinsichtlich der Kenntnisnahme von einzelnen konkreten Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und deren sein eigenes Anlageverhalten beeinflussende Wirkung nicht völlig von der Hand zu weisen.
23
b) Allerdings hat das Berufungsgericht die Parteivernehmung - auf der Basis seines bisherigen, freilich unzutreffenden Rechtsstandpunkts - nur darauf erstreckt, ob und inwieweit der Kläger in seinen Entscheidungen "der allgemeinen Linie" des Börsenpublikums bezüglich der ComROAD-Aktien gefolgt ist, ihn indessen nicht zu weiteren maßgeblichen Punkten seiner Willensentschlüsse vernommen bzw. solche nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen.
24
c) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt danach nicht in Betracht.
25
2. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht daher den - ggf. ergänzten - konkreten Sachvortrag des Klägers zum Kausalzusammenhang erneut auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des (weiteren ) Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Vernehmung als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat, BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben.
26
3. Für die wiedereröffnete Berufungsverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
27
Soweit der Kläger nunmehr erstmals in der Revisionsinstanz unter Berufung auf die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7. November 2003 - 5 W 31/03, AG 2004, 453 sowie weitere Entscheidungen, die derzeit im Revisionsverfahren vor dem Senat - II ZR 229/05 und II ZR 68/06 - anhängig sind) neue Kausalitätsaspekte zu entwickeln versucht, die das Erfordernis des Kausalitätsnachweises zwischen den konkreten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Aktienkauf überflüssig machen sollen, vermag der Senat dem aus Rechtsgründen nicht zu folgen.
28
a) Die vom Kläger so bezeichneten angeblichen Täuschungshandlungen "im Vorfeld des Börsenganges" führen unter dem Blickwinkel des § 826 BGB jedenfalls nicht ohne den - auch insoweit - vom Kläger als Anspruchsteller im Rahmen des Delikts zu führenden Nachweis (BGHZ 100, 134, 145 m.w.Nachw.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast § 826 Rz. 1) der konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität für seine Willensentschließung zur Schadensersatzpflicht des Vorstandes sowie der Gesellschaft im Wege der Naturalrestitution durch Rückerstattung des Erwerbspreises gegen Rückgabe der Aktien (§ 249 BGB).
29
b) Die vom Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellte Annahme , die unrichtige Umsatzangabe im Verkaufs- bzw. Emissionsprospekt könne nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg in Gestalt des späteren Aktienerwerbs des jeweiligen Käufers entfiele, greift zu kurz.
30
Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 63 m.w.Nachw.; st.Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität.
31
aa) Dem entspricht es, dass der Senat - wie oben bereits dargelegt - bei der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität des Sekundärmarktes im Rahmen des Tatbestandes des § 826 BGB auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet und dementsprechend das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht ausreichend sein lässt.
32
bb) Diese zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung unabdingbare , aus dem Schutzzweck der Norm abzuleitende Tatbestandseingrenzung gilt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch insoweit, als es im Bereich des Primärmarktes um die Haftung für Prospektmängel nach den §§ 45, 46 BörsG a.F. (nunmehr §§ 44, 45 BörsG n.F.) und die gemäß § 48 Abs. 2 BörsG a.F. (nunmehr § 47 Abs. 2 BörsG n.F.) nicht ausgeschlossene weitergehende Deliktshaftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB geht.
33
Das Börsengesetz verzichtet für die spezialgesetzliche - nach § 13 VerkProspG auch für das hier einschlägige Segment des Neuen Marktes entsprechend geltende - Prospekthaftung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. nicht auf das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität, weil danach die Prospekthaftung nur eingreift, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Wertpapiere besteht. Für die weitergehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die kraft ausdrücklicher Normierung in § 48 Abs. 2 BörsG a.F. nicht ausgeschlossen sind, gilt in Bezug auf den haftungsrelevanten, weil das Anlegerpublikum des Primärmarktes irreführenden Prospektfehler unter dem Blickwinkel des Schutzzwecks der Norm nichts anderes.
34
cc) Soweit der Kläger den Kausalitätsansatz noch weiter in das Vorfeld des Börsenganges verlegen will, indem er meint, bei zutreffender Angabe der geringeren Umsatzzahlen im Verkaufsprospekt hätte sich keine Bank bereit gefunden , die Emission, die in diesem Fall nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, zu begleiten, gilt dies erst recht. Denn geschützt wird auch insoweit im Rahmen des § 826 BGB nicht das allgemeine Vertrauen in die Zuverlässigkeit des der Neuemission an der Börse vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank, sondern die konkrete Anlageentscheidung kaufwilliger Anleger vor unzutreffenden Angaben des Prospekts selbst, der als direkte Informationsquelle für die Börsenpreisbildung maßgeblich ist und daher die Anlageentscheidung unmittelbar beeinflusst (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2015 - zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 399 AktG: Erfordernis eines bewussten Verhaltens im - konkreten - Vertrauen in die Richtigkeit relevanter Angaben).
35
Auch im Übrigen erscheint unter Schutznormaspekten die von dem Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt konstruierte "generelle" - also unabhängig von der Kenntnis des potentiellen späteren Anlegers postulierte - Kausalität eines Prospektmangels unvertretbar, weil sie im Sinne einer "Dauerkausalität" auf unabsehbare Zeit auch jedem beliebigen späteren Aktienerwerber auf dem Sekundärmarkt - wie hier - stets zugute kommen würde ohne Rücksicht darauf, ob das Schutzgut der Norm - hier die Integrität seiner Willensentschließung - überhaupt berührt wird.
Goette Kurzwelly Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.09.2004 - 5 HKO 14438/04 -
OLG München, Entscheidung vom 20.04.2005 - 7 U 5303/04 -

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 287/02 Verkündet am:
9. Mai 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 31, 249 Fb, Hd, 826 A, E; AktG §§ 57, 71

a) Im Rahmen der persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft
nach § 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen ist nicht
etwa nur der Differenzschaden des Kapitalanlegers in Höhe des Unterschiedsbetrages
zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem
Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, zu ersetzen
; der Anleger kann vielmehr Naturalrestitution in Form der Erstattung
des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder
- sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden
sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises
verlangen (vgl. Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593; 1597
- z.V.b. in BGHZ 160, 149).

b) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die
Aktiengesellschaft, die für die von ihrem Vorstand durch falsche Ad-hocMitteilungen
begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen analog
§ 31 BGB einzustehen hat. Die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs
ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften
über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das
Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Mai 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Münke und Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Kläger zu 1, 3, 4, 9, 10, 11, 15, 16, 17, 22, 23, 24, 25, 29, 35, 36, 43, 44, 45, 48, 49, 50, 52, 54, 55, 58 und 59 wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als deren Klagen abgewiesen worden sind.
II. Auf die Revisionen der Kläger zu 7, 8, 12, 19 und 20, 30, 32, 33 und 34, 39, 41 und 42, 46, 51 und 56 wird das vorbezeichnete Urteil weiter im Kostenpunkt und im nachfolgend näher bezeichneten Umfang der Abweisung ihrer Klagen aufgehoben : 1. Klägerin zu 7 in Höhe von insgesamt 8.075,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. April 2000 über 3.775,00 € und vom 9. Oktober 2000 über 4.300,00 €); 2. Kläger zu 8 in Höhe von insgesamt 15.245,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 29. Juni 2000 über 6.120,00 € und vom 10. Oktober 2000 über 9.125,00 €); 3. Kläger zu 12 in Höhe von insgesamt 81.834,20 € nebst Zinsen (sämtliche Aktienkäufe mit Ausnahme desjenigen vom 11. November 1999 über 4.345,52 € abzüglich anteiliger Verkauf von 1.158,18 €); 4. Kläger zu 19 und 20 gemeinsam in Höhe von insgesamt 29.468,17 € nebst Zinsen (31.793,17 € abzüglich Nettoverkaufserlös von 2.325,00 €); 5. Kläger zu 30 in Höhe von insgesamt 19.327,27 € nebst Zinsen (Kauf vom 9. Oktober 2000 über 15.771,56 € sowie vom 22. November 2000 über 8.552,13 € abzüglich Verkauf vom 14. Dezember 2000 über 4.996,42 €); 6. Kläger zu 32 in Höhe von insgesamt 12.068,60 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 12.651,90 € abzüglich entsprechender Verkauf vom 28. Dezember 2000 über 583,30 €); 7. Kläger zu 33 und 34 gemeinsam in Höhe von 569,50 € nebst Zinsen (Kauf vom 28. November 2000); 8. Kläger zu 39 in Höhe von 2.454,73 € nebst Zinsen (Kauf vom 27. November 2000); 9. Kläger zu 41 und 42 gemeinsam in Höhe von 1.638,13 € nebst Zinsen (Kauf vom 30. August 2000); 10. Kläger zu 46 in Höhe von 1.286,35 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. November 2000); 11. Kläger zu 51 in Höhe von insgesamt 15.460,07 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 7.981,32 € sowie vom 27. April 2000 über 8.352,09 € abzüglich Verkauf vom 9. Januar 2001 über 873,34 €); 12. Kläger zu 56 in Höhe von 2.381,61 € nebst Zinsen (Kauf vom 19. Mai 2000).
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsund Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger - soweit noch am Revisionsverfahren beteiligt - erwarben in der Zeit von Anfang März 2000 bis 1. Dezember 2000 Aktien der Beklagten zu 1, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2 und deren Finanzvorstand der Beklagte zu 3 war. Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1 lag am 30. Oktober 1997 (Börseneinführung) bei 18,15 €, stieg bis Februar 2000 auf knapp 116,00 € und sank in der Folgezeit - von gewissen Spitzen abgesehen - bis Ende November 2000 auf ca. 20,00 € ab, ehe er nach einer von der Beklagten zu 1 am 1. Dezember 2000 herausgegebenen Gewinnwarnung auf deutlich unter 10,00 € abstürzte. Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz mit der Behauptung, Aktien der Beklagten zu 1 aufgrund bewußt falscher
Ad-hoc-Mitteilungen und anderer öffentlicher Informationen der Beklagten zu 2 und 3 zu Geschäftsvorgängen der Gesellschaft erworben bzw. nicht verkauft zu haben. Die angeblichen Falschinformationen betreffen folgende Sachverhaltskomplexe :
- Ad-hoc-Mitteilung vom 21. Februar 2000 über den Erwerb der J. Company (J.), der als wichtigster Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens bezeichnet wurde.
- Ad-hoc-Mitteilung vom 22. März 2000 zur Übernahme der S. Investment Ltd. (F.-Gruppe) für 1,8 Mrd. US-Dollar, die der wichtigste Abschluß in der Geschichte des Unternehmens gewesen sei.
- Als Ad-hoc-Mitteilung vom 24. August 2000 bekannt gegebener Quartalsbericht über die Halbjahreszahlen des Unternehmens, in die zu Unrecht Umsatz- und Ergebnisbeiträge der J. und der F.-Gruppe eingestellt waren und die danach u.a. eine Steigerung des Konzernumsatzes um 195 % auswiesen; die diesbezügliche Korrekturmeldung vom 9. Oktober 2000 führte zu einem starken Kurssturz der Aktie.
- Wiederholte öffentliche Prognosen der Beklagten zu 2 und 3 in der Zeit vom 8. Mai 2000 bis zum 28. November 2000, nach denen für das Jahr 2000 ein Umsatz von ca. 1,6 Mrd. DM und ein Gewinn vor Steuern von ca. 600 Mio. DM zu erwarten sei.
In der Gewinnwarnung vom 1. Dezember 2000 wurde die Umsatzerwartung auf 1,38 Mrd. DM bei einem Fehlbetrag von 350 Mio. DM korrigiert. Am
2. Mai 2001 bezifferte der Vorstand der Beklagten zu 1 schließlich den Konzernverlust mit 2,8 Mrd. DM.
Das Landgericht hat die auf § 826 BGB und die Verletzung von Schutzgesetzen i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (darunter § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) gestützte Schadensersatzklage abgewiesen; dabei hat es - neben anderen Erwägungen - insbesondere darauf abgestellt, daß die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Naturalrestitution, sondern allenfalls den Kursdifferenzschaden beanspruchen könnten, den sie jedoch nicht hinreichend dargelegt hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der 55 in dieser Instanz noch beteiligten Kläger zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Den dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat nur insoweit stattgegeben , als den Klagen Aktienkäufe ab Anfang März 2000 zugrunde lagen. Die danach am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger verfolgen - im Umfang der Zulassung ihrer Rechtsmittel durch den Senat - ihre Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revisionen der Kläger sind im Umfang ihrer Zulassung begründet und führen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht (NZG 2002, 1110) hat ausgeführt:
Es brauche nicht geklärt zu werden, ob die Beklagten zu 2 und 3 - der Beklagten zu 1 zurechenbar - durch vorsätzlich unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen und sonstige öffentliche Meldungen über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 gegen § 826 BGB oder gegen Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2
BGB verstoßen und dadurch die Kläger zum Erwerb von Aktien der Beklagten zu 1 veranlaßt oder sie vom Verkauf solcher Aktien abgehalten hätten. Denn selbst wenn man dies zugunsten der Kläger als wahr unterstelle, so hätten sie gleichwohl nicht hinreichend dargelegt, daß ihnen ein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Die von ihnen allein begehrte Naturalrestitution in Form der Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien oder unter Anrechnung eines zwischenzeitlich erhaltenen niedrigeren Verkaufspreises könnten sie nicht beanspruchen. Der Schadensersatz sei in diesen Fällen auf die Differenz zwischen dem infolge einer unrichtigen Meldung zu hohen Kurs und dem im Falle des Unterbleibens der Mitteilung hypothetischen angemessenen Kurs beschränkt. Die Kläger seien jedoch der ihnen insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des konkreten Einflusses einer als unwahr zu unterstellenden, beschönigenden Mitteilung durch die Beklagten zu 2 und 3 auf den Kurswert der Aktie unter Angabe eines konkreten Euro-Betrages nicht nachgekommen. Ohnehin sei der konkrete Schaden nicht meßbar, weil der Kurswert einer Aktie zeitgleich von einer Vielzahl von Faktoren beeinflußt werde, deren genaue Auswirkungen sich nicht exakt feststellen ließen. Daher komme weder eine Schadensberechnung durch Sachverständige noch eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO in Betracht.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ausschluß der Naturalrestitution - selbst in dem von ihm unterstellten Fall des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB wie auch des vorsätzlichen Verstoßes gegen ein die Individualinteressen des einzelnen Kapitalanlegers schützenden Gesetzes i.S. von § 823 Abs. 2
BGB - liegt ein offenbar unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 249 ff. BGB zugrunde.
1. a) Auf der Grundlage der - für das Revisionsverfahren maßgeblichen - Wahrunterstellung können die Kläger, die durch die verschiedenen bewußt unwahren , kursrelevanten Ad-hoc-Mitteilungen der beklagten Vorstandsmitglieder über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft vorsätzlich veranlaßt wurden, nach § 826 BGB nicht etwa nur den Differenzschaden in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, verlangen; die Anleger können vielmehr - wie der Senat nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils bereits für einen vergleichbaren Fall entschieden hat - Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder - sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises beanspruchen (Sen.Urteile v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724 = ZIP 2004, 1593, 1597 - z.V.b. in BGHZ 160, 149; II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729; - Infomatec). § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung. Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 - wie im vorliegenden Fall zu unterstellen ist - enttäuschte Anleger im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen
Mitteilung nachgekommen wären. Da die am Revisionsverfahren beteiligten Kläger in diesem Fall - wie ebenfalls zu unterstellen ist - die Aktien nicht erworben hätten, können sie nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger , die Beklagten zu 2 und 3, verlangen.

b) Schadensersatz in Form der Naturalrestitution können die Kläger nach den vorstehenden Grundsätzen von den Beklagten zu 2 und 3 auch insoweit verlangen, als diese aufgrund der Wahrunterstellung des Berufungsgerichts durch die ihnen vorgeworfenen Handlungen vorsätzlich gegen ein dem Schutz der Anleger dienendes Gesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen haben. Hier stellt insbesondere der in Form einer Ad-hoc-Mitteilung von den Beklagten zu 2 und 3 zu verantwortende Quartalsbericht vom 24. August 2000 über die Konzern-Halbjahreszahlen einen schuldhaften Verstoß gegen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dar, wenn er - wie in dem gegen die Beklagten zu 2 und 3 geführten Strafverfahren festgestellt wurde - ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichte und den Eindruck der Vollständigkeit erweckte (vgl. BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, ZIP 2005, 78, 79 ff.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dient als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB dem Schutz des Vertrauens potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse (Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, aaO S. 1723; dem folgend: BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, aaO S. 79 - jeweils m.w.Nachw.).
2. a) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die Beklagte zu 1, die als juristische Person für die von ihrem Vorstand als ver-
fassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen (§ 826 BGB) und vorsätzlichen Verstöße gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB, § 400 AktG) analog § 31 BGB einzustehen hat. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG in der hier einschlägigen ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1994 (im folgenden: a.F.) eine besondere Schadensersatzhaftung des Emittenten für die Verletzung der ihm gemäß § 15 Abs. 1-3 WpHG a.F. auferlegten Ad-hoc-Publizität ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Jedoch bleiben gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. ausdrücklich Schadensersatzansprüche , die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Dabei wurde im Gesetzgebungsverfahren besonders hervorgehoben (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), daß ein Haftungsausschluß zugunsten des Emittenten in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre und eine sachlich nicht vertretbare Bevorzugung des Emittenten gegenüber anderen Unternehmen darstellen würde, die für betrügerisches Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters - gegebenenfalls mit existenzbedrohenden Konsequenzen für das Unternehmen - haften müßten. Danach ist es gerechtfertigt, die juristische Person über § 31 BGB (vgl. dazu: BGHZ 99, 298, 302) grundsätzlich für vorsätzliche Falschinformationen ihrer Organe gegenüber dem Anlegerpublikum des Sekundärmarktes, sofern dadurch - wie hier - § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG verletzt sind, auf Schadensersatz haften zu lassen.

b) Die dabei als Schadensausgleich gemäß § 249 BGB vorrangig geschuldete Naturalrestitution ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57
AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
aa) Allerdings lehnte das Reichsgericht in seiner frühen Rechtsprechung zunächst die Haftung einer Aktiengesellschaft nach §§ 823 ff., 31 BGB in Fällen , in denen ihr Vorstand Anleger durch Täuschung zum Erwerb ihrer Aktien verleitet hatte, ab und räumte damit dem Grundsatz der Kapitalerhaltung zum Schutze von Drittgläubigern der Gesellschaft den Vorrang vor den allgemeinen Haftungsnormen des BGB ein (vgl. RGZ 54, 128, 132; RGZ 62, 29, 31; ähnlich auch RGZ 72, 290, 293); jedoch differenzierte es später nach der Art des Aktienerwerbs: Nur für solche Aktionäre, die ihre Aktien durch Zeichnung oder in Ausübung eines (primären) Bezugsrechts erworben hätten, sei sowohl eine allgemeine bürgerlich-rechtliche Haftung des Emittenten als auch dessen Prospekthaftung nach dem Börsengesetz ausgeschlossen, während die Gesellschaften nach diesen Normen hafteten, wenn der Wertpapiererwerb auf einem gewöhnlichen (derivativen) Umsatzgeschäft beruhe und der Aktionär der Gesellschaft wie ein außenstehender Gläubiger gegenüberstehe (RGZ 71, 97 ff.; 88, 271, 272). Ob es dieser - bis in neuere Zeit sowohl von obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Frankfurt ZIP 1999, 1005, 1007 f.) als auch von der herrschenden Lehre im Schrifttum (vgl. nur Henze in GroßkommAktG 4. Aufl. § 57 Rdn. 18 ff.; ders. in: NZG 2005, 115 - jew. m. umfangr. Nachw.) angewandten - Unterscheidung zur Lösung des Problems der Konkurrenz zwischen kapitalmarktrechtlicher (Prospekt-) Haftung und dem aktienrechtlichen Grundsatz der Vermögensbindung (§ 57 AktG) im Hinblick auf die eindeutig in die Richtung auf eine uneingeschränkte Haftung der Aktiengesellschaft weisenden Äußerungen des historischen Gesetzgebers (vgl. zum Sekundärmarkt: BT-Drucks. 12/7918 S. 102 - zu § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG, neuerdings zudem: §§ 37 b, 37 c WpHG; zum Primärmarkt: Begr.RegE BT-Drucks. 13/8933 S. 78, sowie §§ 44 f., 47
Abs. 2 BörsG) noch bedarf, kann dahinstehen. Denn auch auf der Grundlage dieser bislang herrschenden Meinung muß jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB und eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 400 AktG als anlegerschützendes Gesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB der Kapitalschutzgedanke des § 57 AktG zu Lasten der Beklagten zu 1 zurückstehen. Die Kläger haben - infolge der vorsätzlich falschen Ad-hoc-Mitteilungen des Vorstandes der Beklagten zu 1 - die Aktien der Beklagten zu 1 durch derivative Umsatzgeschäfte auf dem Sekundärmarkt, und zwar nicht einmal unmittelbar von der Beklagten zu 1, sondern von dritten Marktteilnehmern, erworben. Die Ersatzforderungen der in sittenwidriger Weise geschädigten Kläger gegen die Gesellschaft beruhen daher in erster Linie nicht auf ihrer - durch die unerlaubten Handlungen des Vorstands erst begründeten - mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger; die deliktische Haftung der Aktiengesellschaft knüpft an die Verletzung von gesetzlichen Publizitätspflichten (§ 15 WpHG) an, die ihr in erster Linie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des (sekundären) Kapitalmarktes auferlegt wurden (vgl. Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hocPublizität 1999, S. 141 f.; Schwark/Zimmer, KMRK 3. Aufl. § 37 b, § 37 c WpHG Rdn. 12 m.w.Nachw.). Das Gesellschaftsvermögen wird also durch die Belastung mit einer derartigen Schadensersatzverbindlichkeit nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen außenstehender Gläubiger in Anspruch genommen. Angesichts dessen besteht bei der kapitalmarktbezogenen sittenwidrigen Beeinträchtigung der Willensfreiheit des Anlegers durch das Leitungsorgan kein Anlaß, die Gesellschaft wegen des aktienrechtlichen Vermögensbindungsgrundsatzes von jeglicher Ersatzverpflichtung freizustellen oder auch nur die Haftung auf das sog. freie Vermögen, d.h. auf einen das Grundkapital und die gesetzliche Rücklage übersteigenden Betrag, zu beschränken (vgl.
Schwark/Zimmer aaO Rdn. 14 m.w.Nachw.; a.A. Henze, NZG 2005, 109, 120 f.).
bb) Einem Schadensausgleich in Form der Naturalrestitution steht auch nicht entgegen, daß diese unter Umständen dazu führt, daß die Beklagte zu 1 gegen Erstattung des von den geschädigten Klägern aufgewendeten Kaufpreises die von diesen erworbenen Aktien übernehmen muß und dadurch formal gesehen - entgegen § 71 AktG - eigene Aktien "erwirbt". Auch insoweit hat das Integritätsinteresse der durch vorsätzlich sittenwidriges oder strafbares - der Gesellschaft zurechenbares - Handeln des Vorstandes geschädigten Anleger auf Herbeiführung eines Zustandes, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt (§ 249 Abs. 1 BGB), Vorrang vor dem - ähnlich wie § 57 AktG auch der Kapitalerhaltung bzw. Vermögensbindung dienenden - Verbot des Erwerbs eigener Aktien (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG). Ohnehin ist die Tatsache, daß es im Rahmen des gebotenen Schadensausgleichs zu einer Übernahme eigener Aktien durch die Gesellschaft kommen kann, lediglich Folge der Besonderheiten der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und als solche von der ersatzpflichtigen Gesellschaft hinzunehmen: Während die eigentliche Belastung des Vermögens der Gesellschaft durch die Pflicht zur Erstattung des von den Anlegern aufgewendeten Kaufpreises stattfindet, beruht die Verpflichtung des Geschädigten , die etwa noch in seinem Besitz befindlichen Aktien Zug um Zug an den am Erwerb nicht beteiligten Schädiger herausgeben zu müssen, vor allem darauf, daß ihm aus Anlaß der Schädigung kein über den Ersatz des Schadens hinausgehender Vorteil ("Bereicherungsverbot") verbleiben soll. Haben die geschädigten Anleger etwa die Aktien schon (wieder) veräußert, so findet aus demselben Grunde bei der Schadensabwicklung eine wertmäßige Anrechnung des aus dem Verkauf der Aktien erlangten Kaufpreises statt. Auch unter Wertungsaspekten wäre eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallkon-
stellationen - Schadensersatz bei zwischenzeitlichem Verkauf der Aktien, Ausschluß des Ersatzes bei deren Vorhandensein im Hinblick auf § 71 AktG - nicht gerechtfertigt, zumal der nur in der zweiten Variante auftretende Gesichtspunkt des "Erwerbs eigener Aktien" mehr oder minder zufällig ist und im übrigen durch den getäuschten Anleger durch jederzeit zulässigen Verkauf der Aktien vermieden werden kann. Entsprechendes gilt im übrigen, sofern sich der geschädigte Anleger - was zulässig wäre - auf die alternativ bestehende Möglichkeit der Geltendmachung des Differenzschadens beschränken würde. Auch deshalb gebührt dem Grundsatz der Naturalrestitution, sofern er im Zuge der Schadensabwicklung mit dem formalen Aspekt des faktischen Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) in Widerstreit gerät, der Vorrang.
3. Soweit im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt wird, die Kläger verlangten als Folge der den Beklagten angelasteten falschen Ad-hocMitteilungen Schadensersatz hinsichtlich des Erwerbs "bzw." des Nichtverkaufs von Aktien, finden sich bezüglich der zweiten Konstellation im Urteil keine weiteren quantitativen oder qualitativen Ausführungen oder Differenzierungen hinsichtlich der Form des Schadensersatzes. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts machen sämtliche Kläger jedoch konkret allein Naturalrestitution für den aufgewendeten Kaufpreis geltend; in Übereinstimmung damit ergibt sich aus dem von den vorinstanzlichen Entscheidungen in Bezug genommenen Schriftsatz der Kläger vom 18. Juli 2001, daß solche Kläger, die mehrfach Aktien der Beklagten zu 1 erworben haben, vortragen, durch die Äußerungen der Beklagten zu 2 und 3 zum "Halten" der bisherigen Aktien und zum Erwerb weiterer Aktien veranlaßt worden zu sein; gesonderte schadensersatzrechtliche Konsequenzen werden daraus neben oder anstelle des begehrten Ersatzes für den Erwerb von Aktien (bislang) nicht gezogen. Damit bleiben die Ausführungen des Berufungsgerichts für diese Konstellation derzeit ohne prozessuale
Relevanz. Insoweit merkt der Senat lediglich an, daß solche Altanleger, die durch eine unerlaubte Handlung des Vorstandes nachweisbar von dem zu einem bestimmten Zeitpunkt fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen haben, selbstverständlich nicht den Erwerbspreis als Schadensersatz beanspruchen könnten, sondern den hypothetischen Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin (gegen Überlassung der etwa noch vorhandenen Aktien oder unter Anrechnung des zwischenzeitlich etwa tatsächlich erzielten Verkaufserlöses). Auch insoweit würde es sich allerdings um eine Form der Naturalrestitution, nicht hingegen um einen Differenzschaden handeln.
4. Darauf, daß auch die Annahme des Berufungsgerichts, ein etwaiger Differenzschaden lasse sich in Bezug auf den Aktienkurs nicht feststellen, durchgreifenden Bedenken begegnet (vgl. dazu unter III 3), kommt es danach nicht mehr entscheidend an.
III. Der unter II 1 f. aufgezeigte Rechtsfehler macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Berufungsurteil läßt sich nicht etwa durch abschließende Endentscheidung des Senats mit anderer Begründung aufrechterhalten (vgl. § 561 ZPO). Als hinreichende Beurteilungsgrundlage reicht dem Senat insoweit hinsichtlich der am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger die bloße Bezugnahme des Oberlandesgerichts auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils nicht aus. Zwar hat das Landgericht abgesehen von der nicht tragfähigen , auf einer Wahrunterstellung beruhenden Verneinung des geltend gemachten Schadens die Klageabweisung auch darauf gestützt, daß die meisten Kläger nicht substantiiert vorgetragen hätten, aufgrund welcher konkreten Hand-
lung der Beklagten sie zu einem Kauf der Aktien veranlaßt worden seien; selbst der Vortrag der übrigen Kläger sei letztlich nicht hinreichend, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Das Berufungsurteil läßt aber nicht erkennen , inwiefern es sich mit den Einwänden der Berufung gegen die beiden Argumentationslinien des Landgerichts konkret auseinandergesetzt hätte. Da es sich bei den Anlageentscheidungen der zahlreichen Kläger um individuell geprägte Willensentschlüsse handelt, die im Regelfall nicht durch typisierende Betrachtungsweise erfaßt werden können (vgl. zur grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit des Anscheinsbeweises: Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, WM 2004, 1731, 1734 f. = ZIP 2004, 1599, 1602 ff., z.V.b. in BGHZ 160, 134; II ZR 217/03 aaO S. 1731 - Infomatec), eignen sich die Klagen der einzelnen Kläger, auch wenn sie hier im Wege der Klagehäufung - wenig zweckmäßig - zu einem Prozeß verbunden sind, grundsätzlich nicht für eine pauschalierende Behandlung wie in einem Massenverfahren.
2. Das Berufungsgericht wird sich daher in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung jeweils im einzelnen mit den Klagen der diversen nach Durchführung der Revision noch verbliebenen Kläger zu befassen haben; nur soweit die Klagen tatsächlich gleichgelagert sind, bestehen gegen eine zusammengefaßte Behandlung unter Darlegung der vergleichbaren Umstände in einer erneuten Berufungsentscheidung keine Bedenken.
Im übrigen wird für das weitere Verfahren auf die bereits erwähnten, zu vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen drei Grundsatzentscheidungen des Senats vom 19. Juli 2004 (aaO - Infomatec) hingewiesen.
Abgesehen von einem Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB kommt hier in bezug auf den in Form einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichten Quartalsbericht vom 24. August 2000 eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2 und 3
- für die die Beklagte zu 1 einzustehen hätte - nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Betracht; auf die diesbezüglichen Feststellungen des 1. Strafsenats in dem die Beklagten zu 2 und 3 betreffenden Revisionsverfahren (1 StR 420/03 aaO S. 78) wird nochmals ergänzend hingewiesen. Soweit es für die Beurteilung der individuellen Anlageentscheidungen der Kläger im weiteren Verfahren auf das Zeitmoment der Nähe der jeweiligen Kaufentschlüsse zu den behaupteten unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 ankommt , weist der Senat darauf hin, daß u.a. der Kläger zu 35 nach seinem Vorbringen die entsprechende Anlageentscheidung noch am Tag der Veröffentlichung des Halbjahresberichtes vom 24. August 2000 und der Kläger zu 22 seine diesbezügliche Entscheidung am Folgetage getroffen hat. Ein derartiges Zeitmoment kann auch ausschlaggebend für die erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit im Rahmen der beantragten Parteivernehmung nach § 448 ZPO sein, zumal dann, wenn die Kläger - wie sie in den Vorinstanzen vorgetragen haben - hinsichtlich ihrer individuellen Anlageentscheidung über keine anderen Beweismittel als ihre eigene Vernehmung als Partei verfügen.
3. Sofern Kläger in der neu eröffneten Berufungsinstanz etwa im Rahmen ihres Schadensersatzbegehrens von der Naturalrestitution zu der alternativ möglichen Differenzschadensberechnung übergehen sollten, weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Der Differenzschaden in Form des Unterschiedsbetrages zwischen dem tatsächlich gezahlten Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich ermittelbar. Bei der Berechnung der Wertdifferenz steht zunächst der von dem getäuschten Anleger gezahlte Kaufpreis fest, während sich lediglich der wahre Wert bei Geschäftsabschluß im Falle pflichtgemä-
ßem Publizitätsverhaltens als eine hypothetische Größe der unmittelbaren Wahrnehmung entzieht. Selbst wenn - wie das Oberlandesgericht meint - Kursbewegungen niemals monokausal sind (vgl. dazu Groß, WM 2002, 477, 486), so besteht doch in der herrschenden Meinung der Literatur Übereinstimmung, daß sich trotz aller Schwierigkeiten der hypothetische Transaktionspreis mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft durchaus mit der erforderlichen Sicherheit errechnen läßt, um - ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen - zumindest eine richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu ermöglichen (vgl. insbesondere zur vergleichbaren Problematik im Rahmen der Schadensberechnung zu §§ 37 b, 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff. m. umfangr. rechtsvergleichenden Nachw.; Steinhauer aaO S. 272 ff., 281 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Rützel, AG 2003, 69, 76 f.; Reichert/ Weller, ZRP 2002, 49, 55; Sethe, WpHG § 37 b, 37 c Rdn. 60 ff.). Als geeignete Hilfsgröße zur Ermittlung des hypothetischen Preises kann auf die Kursveränderung unmittelbar nach Bekanntwerden der wahren Sachlage zurückgegriffen und sodann "vermittels rückwärtiger Induktion" auf den wahren Wert des Papiers am Tage des Geschäftsabschlusses näherungsweise geschlossen werden (vgl. Fleischer aaO S. 1873 m.w.Nachw.). Auch wenn es dabei - ähnlich wie bei der Unternehmensbewertung - im Detail unterschiedliche methodische Ansätze für die Näherungsrechnung geben mag, so wird dadurch die Berechenbarkeit als solche nicht in Frage gestellt. Der Tatrichter ist auf der Grundlage entsprechenden Vortrags der geschädigten Anleger zu den hier relevanten Zeitpunkten in der Lage, sich mit sachverständiger Hilfe zumindest
die gebotene wissenschaftlich abgesicherte Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Vermögensschadens der Kapitalanleger i.S. von § 287 ZPO zu verschaffen.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Caliebe
Abschrift

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 80/04
vom
20. Februar 2006
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer,
Dr. Strohn und Dr. Reichart

beschlossen:
Der Kläger wird, nachdem er die Revision gegen das am 16. März 2004 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt. Die Kosten der Revision werden ihm auferlegt (§ 26 Nr. 7 EGZPO, §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO). Streitwert: 8.689,29 € Goette Kurzwelly Kraemer Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 26.06.2003 - 3 O 12098/02 -
OLG München, Entscheidung vom 16.03.2004 - 18 U 3910/03 -
Abschrift

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 246/04
vom
15. Februar 2006
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke,
Dr. Strohn und Dr. Reichart einstimmig

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8. Oktober 2004 wird nach § 552 a ZPO i.V.m. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 28. November 2005 Bezug genommen. Die Stellungnahme des Klägers vom 6. Februar 2006 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Streitwert: 9.665,00 € Goette Kurzwelly Münke Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 02.02.2004 - 33 O 1213/03 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 08.10.2004 - 5 U 749/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 153/05
vom
2. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer,
Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Reichart

beschlossen:
I. Die Beklagte zu 3 wird, nachdem sie die Revision gegen das am 28. April 2005 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt. II. Die Kosten des dritten Rechtszuges werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch 40 % und die Beklagte zu 3 60 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch 50 % und die Beklagte zu 3 50 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.05.2004 - 20 O 8814/02 -
OLG München, Entscheidung vom 28.04.2005 - 23 U 4675/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 147/05 Verkündet am:
4. Juni 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROAD IV“
BGB § 826 H; BörsG § 47 Abs. 2

a) Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter
Ad-hoc-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten
Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser
Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher
das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung
nicht aus.

b) Auch im Bereich des Primärmarktes ist für die nach § 47 Abs. 2 BörsG neben der
spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung (§§ 44 f. BörsG) nicht ausgeschlossene
Deliktshaftung gemäß § 826 BGB vom klagenden Anleger der Nachweis der
konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität falscher Prospektangaben für seine
Willensentschließung zu führen. Hierfür genügt das enttäuschte allgemeine
Anlegervertrauen in die Integrität des vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens
einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank nicht.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 - II ZR 147/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 12.834,54 € nebst Zinsen an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung von 260 Aktien der ComROAD AG verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung gegen die beklagte ComROAD AG geltend.
2
Die Aktien der Beklagten wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,17 € nach dem späteren Aktiensplit 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splitbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger erwarb am 9. Oktober 2000 zum Aktienkurs von 49,98 €, am 9. Januar 2001 zum Kurs von 30,00 €, am 16. Februar 2001 zum Kurs von 43,00 €, am 21. Februar 2001 zum Kurs von 33,00 € und am 12. April 2001 zum Kurs von 20,00 € insgesamt 410 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 12.869,90 €. In der Folgezeit sank der Kurs der Aktie weiter. Am 11. April 2002 verkaufte der Kläger 150 der von ihm gehaltenen ComROADAktien für insgesamt 35,10 € (Kurs: 0,30 €).
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte über ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter B. S. bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass S. - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekanntwerden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien abzüglich des aus dem Teilverkauf erzielten Erlöses. Zur Begründung beruft er sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten hätten am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu seinem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten geführt; für dieses sittenwidrige Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden habe die Beklagte einzustehen. Demgegenüber bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adhoc -Mitteilungen für die Kaufentschlüsse des Klägers und stellt eine Verantwortlichkeit für das Handeln ihres Vorstandes im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr nach Parteivernehmung des Klägers stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der von diesem noch gehaltenen Aktien. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die von B. S. als Organ der Beklagten zur Täuschung des Börsenpublikums veröffentlichten, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe des Klägers ursächlich geworden. S. sei es gelungen, durch seine falschen Ad-hoc-Mitteilungen die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu veranlassen, die unabhängig von allen Kursschwankungen von 1999 bis Anfang 2002 angedauert habe. Wie der als Partei vernommene Kläger sachlich glaubhaft und persönlich überzeugend bestätigt habe, sei er "ersichtlich der allgemeinen Linie gefolgt". Die Beklagte müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden nach § 31 BGB einstehen und könne dem Kläger weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die Kaufentscheidungen des Klägers nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen - wie sie auch im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen.Rspr. seit BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/05, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision gibt dem Senat zu einer Änderung seiner neuen Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Erwerb ihrer Aktien.
13
a) Das Berufungsgericht referiert zwar im Ansatz noch zutreffend die Senatsrechtsprechung zu den Anforderungen an den Kausalitätsnachweis dahingehend , dass die Anlageentscheidung eines potentiellen Aktienerwerbers einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss darstellt, so dass es bei derartigen individuell geprägten Willensentschlüssen grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis für sicher bestimmbare Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt (BGHZ 160, 134, 144 ff. m.w.Nachw. - Infomatec I). Dementsprechend lassen sich auch nicht die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz a.F. entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Denn der Informationsgehalt der Ad-hoc-Mitteilung beschränkt sich im Allgemeinen ausschnittartig auf wesentliche aktuelle, neue Tatsachen aus dem Unternehmensbereich, die zumeist für eine individuelle zeitnahe Entscheidung zum Kauf oder Verkauf der Aktien relevant sein können, jedoch in der Regel nicht geeignet sind, eine sog. Anlagestimmung hervorzurufen. Zwar ist denkbar, dass sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann; jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise (BGHZ 160, 134, 146 f.).
14
b) Die Voraussetzungen einer derartigen, nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises hat das Berufungsgericht indessen nicht - jedenfalls nicht revisionsrechtlich einwandfrei - festgestellt. Es beschränkt sich auf die - in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt unklar bleibende - Feststellung, es sei "indes S. gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte".
15
Sofern das Berufungsgericht gemeint haben sollte, es könne die besondere Art und das Ausmaß der Irreführung des Börsenpublikums durch die Falschmitteilungen B. S. s sowie die Dauer der Fehleinschätzung des Marktes bis zur Aufdeckung der Machenschaften mit einer permanenten konkreten Anlagestimmung gleichsetzen, mangelte es einer solchen Hypothese an einer tragfähigen Begründung. Die Feststellung des Oberlandesgerichts erschöpft sich nämlich in einer lapidaren, oberflächlichen Zustandsbeschreibung; ihr fehlt jegliche, durch konkrete Anknüpfungstatsachen belegte, fundierte markttechnische Analyse und Einordnung der Entwicklung der ComRoad-Aktie, aus der sich etwa eine Anlagestimmung für den vorliegenden Fall - zumal ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. ohne die notwendige Darlegung der eigenen Fachkunde des Gerichts - (revisions-)rechtlich einwandfrei ableiten ließe. Das gilt insbesondere für die fern liegende Annahme des Berufungsgerichts, eine etwaige Anlagestimmung habe ununterbrochen von der Börseneinführung der Aktie bis zur Aufdeckung der Manipulationen, d.h. über mindestens zwei Jahre trotz der extremen Volatilität der Aktie mit Kurseinbrüchen bereits kurz nach dem erstmaligen Erreichen des Höchststandes im Februar 2000, angedauert (vgl. zur Vielfältigkeit kursbeeinflussender Faktoren des Kapitalmarkts bereits BGHZ 160, 134, 146 m.Nachw.).
16
Der Aussagewert der Feststellung des Berufungsgerichts beschränkt sich freilich ohnehin darauf, dass die extrem unseriösen Kapitalmarktinformationen des Vorstands der Beklagten das Börsenpublikum generell in der Einschätzung und Bewertung des Unternehmens bzw. der Aktie über einen langen Zeitraum irregeführt und trotz der Volatilität der Aktie zu deren Kauf und Verkauf bewogen hat und dass auch der Kläger "dieser allgemeinen Linie gefolgt" ist. Wenn das Berufungsgericht allein die allgemeine Marktsituation für den konkreten Kausalitätsnachweis genügen lassen will, so ist diese Argumentation genauso wenig tragfähig wie diejenige eines anderen Senats des Berufungsgerichts , der gemeint hat, bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation reiche das dadurch hervorgerufene Vertrauen des potentiellen Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über die Beklagte und der daraus resultierende Glaube an die wirtschaftliche Substanz und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zur Bejahung der haftungsbegründenden Kausalität aus (vgl. dazu bereits: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 10 - ComROAD I). Derartige Ansichten liefen darauf hinaus, im Rahmen des § 826 BGB auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers zu verzichten und stattdessen - in Anlehnung an die sog. fraud-on-the-market-theory des USamerikanischen Kapitalmarktrechts - an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz , der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität nicht gefolgt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III); hieran hält er weiterhin fest. Danach muss im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.
17
3. Der Mangel tragfähiger Feststellungen zum Kausalzusammenhang zwischen den falschen Kapitalmarktinformationen und den Anlageentscheidungen des Klägers wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Berufungsgericht den Kläger als Partei vernommen und dieser - wie es ohne nähere Begründung angenommen hat - "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Wei- se bestätigt" hat, dass er bei seinen Anlageentscheidungen "der allgemeinen Linie gefolgt" sei und die Aktie nicht erworben hätte, wenn er das Ausmaß der Täuschungen durch den Vorstand der Beklagten gekannt hätte. Denn diese Beweisaufnahme ging ersichtlich nicht über den - unzureichenden - allgemeinen Rahmen hinaus, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zur Kausalitätsfrage zugrunde gelegt hat.
18
4. Inwieweit die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten - zumindest teilweise - geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch des Klägers grundsätzlich auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen , bedarf keiner weiteren Erörterung. Auch insoweit sind nämlich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine konkrete Kausalität zwischen einem eventuellen Fehlverhalten der Beklagten im Sinne dieser Bestimmungen und den Aktienkäufen des Klägers anzunehmen. Der zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich entsprechend auch auf etwaige Ansprüche aus der etwaigen Verletzung des Schutzgesetzes des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus.
19
5. Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht gemäß § 561 ZPO mit der von der Revisionserwiderung angeführten Argumentation aufrechterhalten, dass die Beklagte bereits in dem Verkaufsprospekt anlässlich ihrer Börsenzulassung übertriebene Umsatzangaben gemacht habe, so dass es auf der Grundlage richtiger Angaben zu den Umsatzzahlen gar nicht erst zu einem Börsengang der Beklagten und infolgedessen auch nicht zu einem Aktienerwerb durch den Kläger gekommen wäre. Dieses Vorbringen des Klägers, das in den Vorinstanzen allenfalls eine nebensächliche Rolle gespielt hat und in den Entscheidungen des Land- und des Berufungsgerichts nicht einmal ausdrücklich erwähnt worden ist, kann schon deshalb nicht Grundlage einer das angefochtene Urteil aufrechterhaltenden Entscheidung gemäß § 561 ZPO sein, weil die dem zugrunde liegenden Tatsachen von der Beklagten substantiiert bestritten worden sind.
20
III. Aufgrund des unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
21
1. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die falschen Ad-hocMitteilungen der Beklagten kausal für die Aktienkäufe des Klägers waren. Nach dem vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen folgerichtig - nicht geprüften weitergehenden Vortrag des Klägers ist es zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium jedoch nicht von vornherein als gänzlich unwahrscheinlich anzusehen, dass diesem der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen den Täuschungshandlungen der Beklagten und seinen Aktienkäufen noch gelingen könnte.
22
a) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10. April 2005 vorgetragen, er habe stets "nicht nur beim Kauf der Aktien, sondern auch während des Haltens des Titels seine Investitionsentscheidung an den regelmäßigen falschen Ad-hocMitteilungen zeitnah überprüft" und diesbezüglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Im Rahmen der vom Berufungsgericht durchgeführten Parteivernehmung hat er zudem bekundet, er habe "ständig die Ad-hoc-Mitteilungen studiert , morgens aus der Zeitung und dann aus dem Internet im Büro und abends auch noch". Hinzu kommt, dass der Kläger jedenfalls einen Teil der Aktien sogar am Tag der Bekanntgabe von Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten bzw. nur wenige Tage danach gekauft hat und diese Mitteilungen grundsätzlich geeignet waren, den Kaufentschluss eines potentiellen Anlegers zu wecken. Berücksichtigt man ferner, dass das Berufungsgericht andere - für seine Entscheidung maßgebliche - Angaben des Klägers als Partei als "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Weise bestätigt" angesehen hat, so ist jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit seines Vortrags hinsichtlich der Kenntnisnahme von einzelnen konkreten Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und deren sein eigenes Anlageverhalten beeinflussende Wirkung nicht völlig von der Hand zu weisen.
23
b) Allerdings hat das Berufungsgericht die Parteivernehmung - auf der Basis seines bisherigen, freilich unzutreffenden Rechtsstandpunkts - nur darauf erstreckt, ob und inwieweit der Kläger in seinen Entscheidungen "der allgemeinen Linie" des Börsenpublikums bezüglich der ComROAD-Aktien gefolgt ist, ihn indessen nicht zu weiteren maßgeblichen Punkten seiner Willensentschlüsse vernommen bzw. solche nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen.
24
c) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt danach nicht in Betracht.
25
2. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht daher den - ggf. ergänzten - konkreten Sachvortrag des Klägers zum Kausalzusammenhang erneut auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des (weiteren ) Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Vernehmung als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat, BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben.
26
3. Für die wiedereröffnete Berufungsverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
27
Soweit der Kläger nunmehr erstmals in der Revisionsinstanz unter Berufung auf die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7. November 2003 - 5 W 31/03, AG 2004, 453 sowie weitere Entscheidungen, die derzeit im Revisionsverfahren vor dem Senat - II ZR 229/05 und II ZR 68/06 - anhängig sind) neue Kausalitätsaspekte zu entwickeln versucht, die das Erfordernis des Kausalitätsnachweises zwischen den konkreten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Aktienkauf überflüssig machen sollen, vermag der Senat dem aus Rechtsgründen nicht zu folgen.
28
a) Die vom Kläger so bezeichneten angeblichen Täuschungshandlungen "im Vorfeld des Börsenganges" führen unter dem Blickwinkel des § 826 BGB jedenfalls nicht ohne den - auch insoweit - vom Kläger als Anspruchsteller im Rahmen des Delikts zu führenden Nachweis (BGHZ 100, 134, 145 m.w.Nachw.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast § 826 Rz. 1) der konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität für seine Willensentschließung zur Schadensersatzpflicht des Vorstandes sowie der Gesellschaft im Wege der Naturalrestitution durch Rückerstattung des Erwerbspreises gegen Rückgabe der Aktien (§ 249 BGB).
29
b) Die vom Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellte Annahme , die unrichtige Umsatzangabe im Verkaufs- bzw. Emissionsprospekt könne nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg in Gestalt des späteren Aktienerwerbs des jeweiligen Käufers entfiele, greift zu kurz.
30
Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 63 m.w.Nachw.; st.Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität.
31
aa) Dem entspricht es, dass der Senat - wie oben bereits dargelegt - bei der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität des Sekundärmarktes im Rahmen des Tatbestandes des § 826 BGB auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet und dementsprechend das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht ausreichend sein lässt.
32
bb) Diese zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung unabdingbare , aus dem Schutzzweck der Norm abzuleitende Tatbestandseingrenzung gilt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch insoweit, als es im Bereich des Primärmarktes um die Haftung für Prospektmängel nach den §§ 45, 46 BörsG a.F. (nunmehr §§ 44, 45 BörsG n.F.) und die gemäß § 48 Abs. 2 BörsG a.F. (nunmehr § 47 Abs. 2 BörsG n.F.) nicht ausgeschlossene weitergehende Deliktshaftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB geht.
33
Das Börsengesetz verzichtet für die spezialgesetzliche - nach § 13 VerkProspG auch für das hier einschlägige Segment des Neuen Marktes entsprechend geltende - Prospekthaftung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. nicht auf das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität, weil danach die Prospekthaftung nur eingreift, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Wertpapiere besteht. Für die weitergehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die kraft ausdrücklicher Normierung in § 48 Abs. 2 BörsG a.F. nicht ausgeschlossen sind, gilt in Bezug auf den haftungsrelevanten, weil das Anlegerpublikum des Primärmarktes irreführenden Prospektfehler unter dem Blickwinkel des Schutzzwecks der Norm nichts anderes.
34
cc) Soweit der Kläger den Kausalitätsansatz noch weiter in das Vorfeld des Börsenganges verlegen will, indem er meint, bei zutreffender Angabe der geringeren Umsatzzahlen im Verkaufsprospekt hätte sich keine Bank bereit gefunden , die Emission, die in diesem Fall nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, zu begleiten, gilt dies erst recht. Denn geschützt wird auch insoweit im Rahmen des § 826 BGB nicht das allgemeine Vertrauen in die Zuverlässigkeit des der Neuemission an der Börse vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank, sondern die konkrete Anlageentscheidung kaufwilliger Anleger vor unzutreffenden Angaben des Prospekts selbst, der als direkte Informationsquelle für die Börsenpreisbildung maßgeblich ist und daher die Anlageentscheidung unmittelbar beeinflusst (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2015 - zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 399 AktG: Erfordernis eines bewussten Verhaltens im - konkreten - Vertrauen in die Richtigkeit relevanter Angaben).
35
Auch im Übrigen erscheint unter Schutznormaspekten die von dem Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt konstruierte "generelle" - also unabhängig von der Kenntnis des potentiellen späteren Anlegers postulierte - Kausalität eines Prospektmangels unvertretbar, weil sie im Sinne einer "Dauerkausalität" auf unabsehbare Zeit auch jedem beliebigen späteren Aktienerwerber auf dem Sekundärmarkt - wie hier - stets zugute kommen würde ohne Rücksicht darauf, ob das Schutzgut der Norm - hier die Integrität seiner Willensentschließung - überhaupt berührt wird.
Goette Kurzwelly Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.09.2004 - 5 HKO 14438/04 -
OLG München, Entscheidung vom 20.04.2005 - 7 U 5303/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 173/05 Verkündet am:
4. Juni 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROADV"
Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter Adhoc
-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten Kausalität
für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation
nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher das enttäuschte
allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht
aus.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 - II ZR 173/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 11.708,81 € nebst Zinsen an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung von 175 Aktien der ComROAD AG verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung gegen die beklagte ComROAD AG geltend.
2
Die Aktien der Beklagten wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,17 € nach dem späteren Aktiensplit 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splitbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger erwarb am 26. September 2000 zum Aktienkurs von 61,00 €, am 29. September 2000 zum Kurs von 60,10 € und am 17. Mai 2001 zum Kurs von 15,25 € insgesamt 300 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 12.671,64 €. In der Folgezeit sank der Kurs der Aktie weiter. Am 27. August 2001 verkaufte der Kläger 125 der von ihm gehaltenen ComROADAktien für insgesamt 963,00 € (Kurs: 7,95 €).
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte über ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter B. S. bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass S. - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekannt werden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien abzüglich des aus dem Teilverkauf erziel- ten Erlöses. Zur Begründung beruft er sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten hätten am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu seinem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten geführt; für dieses sittenwidrige Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden habe die Beklagte einzustehen. Demgegenüber bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adhoc -Mitteilungen für die Kaufentschlüsse des Klägers und stellt eine Verantwortlichkeit für das Handeln ihres Vorstandes im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr nach Parteivernehmung des Klägers stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Kläger noch gehaltenen Aktien; außerdem hat es die Revision zugelassen. Gegen das Berufungsurteil haben zunächst beide Parteien Revision eingelegt. Während der Kläger sein Rechtsmittel zurückgenommen hat, verfolgt die Beklagte mit der Revision ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die von B. S. als Organ der Beklagten zur Täuschung des Börsenpublikums veröffentlichten, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe des Klägers ursächlich geworden. S. sei es gelungen, durch seine falschen Ad-hoc-Mitteilungen die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu veranlassen, die unabhängig von allen Kursschwankungen von 1999 bis Anfang 2002 angedauert habe. Wie der als Partei vernommene Kläger sachlich glaubhaft und persönlich überzeugend bestätigt habe, sei er "ersichtlich der allgemeinen Linie gefolgt". Die Beklagte müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden nach § 31 BGB einstehen und könne dem Kläger weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die Kaufentscheidungen des Klägers nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen - wie sie auch im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen.Rspr. seit BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/05, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision gibt dem Senat zu einer Änderung seiner neuen Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Erwerb ihrer Aktien.
13
a) Nach der Senatsrechtsprechung - die das Berufungsgericht noch im Ansatz zutreffend referiert - stellt die Anlageentscheidung des potentiellen Aktienerwerbers einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss dar, für den es grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis für sicher bestimmbare Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt (BGHZ 160, 134, 144 ff. m.w.Nachw. - Infomatec I). Dementsprechend lassen sich auch nicht die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz a.F. entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad- hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Denn der Informationsgehalt der Ad-hoc-Mitteilung beschränkt sich im Allgemeinen ausschnittartig auf wesentliche aktuelle, neue Tatsachen aus dem Unternehmensbereich , die zumeist für eine individuelle zeitnahe Entscheidung zum Kauf oder Verkauf der Aktien relevant sein können, jedoch in der Regel nicht geeignet sind, eine sog. Anlagestimmung hervorzurufen. Zwar ist denkbar, dass sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Adhoc -Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann; jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise (BGHZ 160, 134, 146 f.).
14
b) Die Voraussetzungen einer derartigen, nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises hat das Berufungsgericht indessen nicht - jedenfalls nicht revisionsrechtlich einwandfrei - festgestellt. Es beschränkt sich auf die - in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt unklar bleibende - Feststellung, es sei "indes S. gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte".
15
Sofern das Berufungsgericht gemeint haben sollte, es könne die besondere Art und das Ausmaß der Irreführung des Börsenpublikums durch die Falschmitteilungen B. S. s sowie die Dauer der Fehleinschätzung des Marktes bis zur Aufdeckung der Machenschaften mit einer permanenten konkreten Anlagestimmung gleichsetzen, mangelte es einer solchen Hypothese an einer tragfähigen Begründung. Die Feststellung des Oberlandesgerichts erschöpft sich nämlich in einer lapidaren, oberflächlichen Zustandsbeschreibung; ihr fehlt jegliche, durch konkrete Anknüpfungstatsachen belegte, fundierte markttechnische Analyse und Einordnung der Entwicklung der ComRoad-Aktie, aus der sich etwa eine Anlagestimmung für den vorliegenden Fall - zumal ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. ohne die notwendige Darlegung der eigenen Fachkunde des Gerichts - (revisions-)rechtlich einwandfrei ableiten ließe. Das gilt insbesondere für die fern liegende Annahme des Berufungsgerichts, eine etwaige Anlagestimmung habe ununterbrochen von der Börseneinführung der Aktie bis zur Aufdeckung der Manipulationen, d.h. über mindestens zwei Jahre trotz der extremen Volatilität der Aktie mit Kurseinbrüchen bereits kurz nach dem erstmaligen Erreichen des Höchststandes im Februar 2000, angedauert (vgl. zur Vielfältigkeit kursbeeinflussender Faktoren des Kapitalmarkts bereits BGHZ 160, 134, 146 m.Nachw.).
16
Der Aussagewert der Feststellung des Berufungsgerichts beschränkt sich freilich ohnehin darauf, dass die extrem unseriösen Kapitalmarktinformationen des Vorstands der Beklagten das Börsenpublikum generell in der Einschätzung und Bewertung des Unternehmens bzw. der Aktie über einen langen Zeitraum irregeführt und trotz der Volatilität der Aktie zu deren Kauf und Verkauf bewogen hat und dass auch der Kläger "dieser allgemeinen Linie gefolgt" ist. Wenn das Berufungsgericht allein die allgemeine Marktsituation für den konkreten Kausalitätsnachweis genügen lassen will, so ist diese Argumentation genauso wenig tragfähig wie diejenige eines anderen Senats des Berufungsgerichts , der gemeint hat, bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation reiche das dadurch hervorgerufene Vertrauen des potentiellen Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über die Beklagte und der daraus resultierende Glaube an die wirtschaftliche Substanz und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zur Bejahung der haftungsbegründenden Kausalität aus (vgl. dazu bereits: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 10 - ComROAD I). Derartige Ansichten liefen darauf hinaus, im Rahmen des § 826 BGB auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers zu verzichten und stattdessen - in Anlehnung an die sog. fraud-on-the-market-theory des USamerikanischen Kapitalmarktrechts - an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz , der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität nicht gefolgt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III); hieran hält er weiterhin fest. Danach muss im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.
17
3. Der Mangel tragfähiger Feststellungen zum Kausalzusammenhang zwischen den falschen Kapitalmarktinformationen und den Anlageentscheidungen des Klägers wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Berufungsgericht den Kläger als Partei vernommen und dieser - wie es ohne nähere Begründung angenommen hat - "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Weise bestätigt" hat, dass er bei seinen Anlageentscheidungen "der allgemeinen Linie gefolgt" sei und die Aktie nicht erworben hätte, wenn er das Ausmaß der Täuschungen durch den Vorstand der Beklagten gekannt hätte. Denn diese Beweisaufnahme ging ersichtlich nicht über den - unzureichenden - allgemei- nen Rahmen hinaus, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zur Kausalitätsfrage zugrunde gelegt hat.
18
4. Inwieweit die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten - zumindest teilweise - geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch des Klägers grundsätzlich auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen , bedarf keiner weiteren Erörterung. Auch insoweit sind nämlich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine konkrete Kausalität zwischen einem eventuellen Fehlverhalten der Beklagten im Sinne dieser Bestimmungen und den Aktienkäufen des Klägers anzunehmen. Der zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich entsprechend auch auf etwaige Ansprüche aus der etwaigen Verletzung des Schutzgesetzes des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus.
19
III. Aufgrund des vorstehend unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
20
1. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die falschen Ad-hocMitteilungen der Beklagten kausal für die Aktienkäufe des Klägers waren. Nach dem vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen folgerichtig - nicht geprüften weitergehenden Vortrag des Klägers ist es zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium jedoch nicht von vornherein als gänzlich unwahrscheinlich anzusehen, dass diesem der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen den Täuschungshandlungen der Beklagten und seinen Aktienkäufen noch gelingen könnte.
21
a) Der Kläger hat bislang mit Schriftsatz vom 10. August 2004 u.a. vorgetragen , er habe "die Kursentwicklung der ComROAD-Aktien seit ihrer Emittierung ständig beobachtet und auch ... die zahlreichen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten aus den Jahren 2000 und 2001 mit besonders hohen Umsatzzahlen und Gewinnsteigerungen berücksichtigt" und diesbezüglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Im Rahmen der vom Berufungsgericht durchgeführten Parteivernehmung hat er zudem bekundet, sich über Ad-hoc-Mitteilungen bei der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität informiert zu haben. Zumindest der letzte Aktienerwerb des Klägers vom 17. Mai 2001 fand - mag dies auch in einer Phase fallender Kurse geschehen sein - nur wenige Tage nach der Bekanntgabe einer Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten über eine neuerliche Umsatzsteigerung statt, wobei der Kläger zudem für diesen Erwerb auch vorausgegangene allgemeine Recherchen im Internet, die sich ihrerseits mit der damals aktuellsten Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten befassten, belegt hat. Hinsichtlich der beiden ersten Käufe des Klägers Ende September 2000 lag zwar eine - im Vergleich zur dritten Kaufentscheidung - verhältnismäßig größere Distanz zu den vorangegangenen Ad-hoc-Mitteilungen vom 26. Juli und 7. August 2000, jedoch steht dies nicht von vornherein der Möglichkeit eines Kausalitätsnachweises entgegen.
22
Insoweit kann der Senat derzeit nicht unberücksichtigt lassen, dass das Berufungsgericht immerhin eine Parteivernehmung des Klägers durchgeführt hat, nach deren Ergebnis es den Kläger als persönlich glaubwürdig und dessen Bekundungen als sachlich glaubhaft bezeichnet hat.
23
b) Allerdings hat das Berufungsgericht die Parteivernehmung - auf der Basis seines bisherigen, freilich unzutreffenden Rechtsstandpunkts - nur darauf erstreckt, ob und inwieweit der Kläger in seinen Entscheidungen "der allgemeinen Linie" des Börsenpublikums bezüglich der ComROAD-Aktien gefolgt ist, ihn indessen nicht zu weiteren maßgeblichen Punkten seiner Willensentschlüsse vernommen bzw. solche nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen.
24
c) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt danach nicht in Betracht.
25
2. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht daher den - ggf. ergänzten - konkreten Sachvortrag des Klägers zum Kausalzusammenhang erneut auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des (weiteren ) Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Vernehmung als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat, BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben.
Goette Kurzwelly Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 28.10.2004 - 5 HKO 16393/04 -
OLG München, Entscheidung vom 27.04.2005 - 7 U 5667/04 -

(1) Für Wertpapiere, die weder zum Handel im regulierten Markt zugelassen noch zum Handel in den regulierten Markt einbezogen sind, kann die Börse den Betrieb eines Freiverkehrs durch den Börsenträger zulassen, wenn durch eine Handelsordnung sowie durch Geschäftsbedingungen des Börsenträgers, die von der Geschäftsführung gebilligt wurden, eine ordnungsmäßige Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung gewährleistet erscheint. Die Handelsordnung regelt den Ablauf des Handels. Die Geschäftsbedingungen regeln die Teilnahme am Handel und die Einbeziehung von Wertpapieren zum Handel. Emittenten, deren Wertpapiere ohne ihre Zustimmung in den Freiverkehr einbezogen worden sind, können durch die Geschäftsbedingungen nicht dazu verpflichtet werden, Informationen in Bezug auf diese Wertpapiere zu veröffentlichen.

(2) Die Börsenaufsichtsbehörde kann den Handel im Freiverkehr untersagen, wenn ein ordnungsgemäßer Handel für die Wertpapiere nicht mehr gewährleistet erscheint.

(3) Der Betrieb eines Freiverkehrs bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Börsenaufsichtsbehörde. Der Freiverkehr gilt als multilaterales Handelssystem. Der Börsenträger legt der Börsenaufsichtsbehörde eine ausführliche Beschreibung der Funktionsweise des Handelssystems, einschließlich etwaiger Verbindungen zu einem anderen multilateralen oder organisierten Handelssystem oder einem systematischen Internalisierer in seinem Eigentum, sowie eine Liste der Handelsteilnehmer vor. Die Börsenaufsichtsbehörde stellt diese Informationen der Bundesanstalt und auf deren Verlangen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zur Verfügung und teilt diesen jede Erteilung einer Erlaubnis eines Freiverkehrs mit. Auf den Betrieb des Freiverkehrs sind unbeschadet der Absätze 4 und 5 die Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme der §§ 27 bis 43 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Börsenträger hat sicherzustellen, dass der Freiverkehr über mindestens drei aktive Handelsteilnehmer verfügt, denen es jeweils möglich ist, mit allen übrigen Handelsteilnehmern zum Zwecke der Preisbildung zu interagieren.

(5) Der Börsenträger kann von einem Emittenten die Übermittlung von Referenzdaten in Bezug auf dessen Finanzinstrumente verlangen, soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen aus Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 erforderlich ist.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Für Wertpapiere, die weder zum Handel im regulierten Markt zugelassen noch zum Handel in den regulierten Markt einbezogen sind, kann die Börse den Betrieb eines Freiverkehrs durch den Börsenträger zulassen, wenn durch eine Handelsordnung sowie durch Geschäftsbedingungen des Börsenträgers, die von der Geschäftsführung gebilligt wurden, eine ordnungsmäßige Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung gewährleistet erscheint. Die Handelsordnung regelt den Ablauf des Handels. Die Geschäftsbedingungen regeln die Teilnahme am Handel und die Einbeziehung von Wertpapieren zum Handel. Emittenten, deren Wertpapiere ohne ihre Zustimmung in den Freiverkehr einbezogen worden sind, können durch die Geschäftsbedingungen nicht dazu verpflichtet werden, Informationen in Bezug auf diese Wertpapiere zu veröffentlichen.

(2) Die Börsenaufsichtsbehörde kann den Handel im Freiverkehr untersagen, wenn ein ordnungsgemäßer Handel für die Wertpapiere nicht mehr gewährleistet erscheint.

(3) Der Betrieb eines Freiverkehrs bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Börsenaufsichtsbehörde. Der Freiverkehr gilt als multilaterales Handelssystem. Der Börsenträger legt der Börsenaufsichtsbehörde eine ausführliche Beschreibung der Funktionsweise des Handelssystems, einschließlich etwaiger Verbindungen zu einem anderen multilateralen oder organisierten Handelssystem oder einem systematischen Internalisierer in seinem Eigentum, sowie eine Liste der Handelsteilnehmer vor. Die Börsenaufsichtsbehörde stellt diese Informationen der Bundesanstalt und auf deren Verlangen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zur Verfügung und teilt diesen jede Erteilung einer Erlaubnis eines Freiverkehrs mit. Auf den Betrieb des Freiverkehrs sind unbeschadet der Absätze 4 und 5 die Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme der §§ 27 bis 43 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Börsenträger hat sicherzustellen, dass der Freiverkehr über mindestens drei aktive Handelsteilnehmer verfügt, denen es jeweils möglich ist, mit allen übrigen Handelsteilnehmern zum Zwecke der Preisbildung zu interagieren.

(5) Der Börsenträger kann von einem Emittenten die Übermittlung von Referenzdaten in Bezug auf dessen Finanzinstrumente verlangen, soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen aus Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 erforderlich ist.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 380/03 Verkündet am:
26. September 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 399 Abs. 1 Nr. 1, 4
AktG setzt voraus, dass der Geschädigte durch ein Verhalten im Vertrauen
auf die Richtigkeit von bereits zum Handelsregister gemachten Angaben
einen Schaden erleidet (vgl. BGHZ 96, 231, 243; 105, 121, 126). Ein Vertrauen
auf die Ordnungsmäßigkeit künftiger Maßnahmen genügt dafür ebenso
wenig wie die allgemeine Vorstellung, es sei "alles in Ordnung".

b) Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 399 Abs. 1 Nr. 4
AktG kann nicht darauf gestützt werden, dass im Fall eines Unterbleibens einer
Registereintragung gemäß § 189 AktG ein Anspruch auf Rückabwicklung
eines Zeichnungsvorvertrages entstanden wäre.

c) Die Angabe darüber, dass der auf eine Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft
eingezahlte Betrag sich endgültig in der freien Verfügung des Vorstandes
befinde (§§ 188 Abs. 2, 37 Abs. 1 AktG), bezieht sich nur auf die
Voraussetzungen für die Erfüllung der Einlageschuld und besagt nicht, dass
die Einlage noch unverändert im Gesellschaftsvermögen vorhanden sei (vgl.
BGHZ 150, 197; BGH, Beschl. v. 30. November 1995 - 1 StR 358/95, NStZ
1996, 238).
BGH, Urteil vom 26. September 2005 - II ZR 380/03 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 30. Mai 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly, Kraemer, Münke und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. November 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin unterzeichnete am 23. September 1996 einen formularmäßigen "Vorvertrag" zum Erwerb von Aktien der T. AG gegen Zahlung einer "Einlage" von 23.000,00 DM, zahlbar auf das Konto der T. AG bei deren Hausbank, der Beklagten zu 2. In dem Vertragsformular heißt es: "Der Unterzeichner beteiligt sich als Aktionär, indem er verbindlich Aktien aus der nächsten Kapitalerhöhung der T. ... AG i.G. ... erwirbt." Nach Einzahlung der 23.000,00 DM erhielt die Klägerin von der T. AG ein "Zertifikat über den Kauf von 230 Stück Inhaberstammaktien
zum Preis von 23.000,00 DM". Ob die Klägerin in der Folge Aktionärin der T. AG wurde, ist unter den Parteien streitig.
Die T. AG, deren Vorstand der vormalige Beklagte zu 3 angehörte, war eine von mehreren Tochtergesellschaften der W. und wurde von dieser am 3. November 1995 gegründet. Am selben Tag wurde die T. AG unter Beifügung eines Kontoauszugs der Beklagten zu 2 (Bank) über das am Tag zuvor einbezahlte Grundkapital zum Handelsregister angemeldet. Mit Schreiben an den vormaligen Beklagten zu 3 vom 7. November 1995 bestätigte die Beklagte zu 2 durch ihr damaliges Vorstandsmitglied K., dass auf dem Konto der T. AG i.G. (Nr. 8) "am 3. November 1995 DM 100.000,00 zur freien Verfügung des Vorstandes standen". Aufgrund von zwei Überweisungsaufträgen, die am 9. November 1995 bei der Beklagten zu 2 eingingen, wurden von diesem Konto 99.150,00 DM an die W. zurücküberwiesen. Am 6. März 1996 wurde die T. AG im Handelsregister eingetragen. Am 28. Mai 1996 beschloss ihre Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung um 12,45 Mio. DM, die am gleichen Tag zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde. Der Kapitalerhöhungsbeschluss wurde durch die Hauptversammlung am 28. Februar und am 15. Mai 1997 bestätigt. Am 15. Oktober 1997 zeichnete die W. sämtliche 249.000 neuen Aktien. Am 15. Dezember 1997 meldete der Vorstand der T. AG die Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister an. Beigefügt war ein Schreiben der Beklagten zu 2 vom gleichen Tag, in dem es heißt:
"Sehr geehrter Herr … (vormaliger Beklagter zu 3), wunschgemäß bestätigen wir Ihnen, daß auf dem vorgenannten Konto (Nr. 8) der Firma T. AG seit Kontoeröffnung bis 15. Dezember 1997 Geldeingänge über DM 15.562.500 zu verzeichnen waren und diese Mittel dem Vorstand endgültig zur freien Verfügung standen."
In der Handelsregisteranmeldung des Vorstands der T. AG heißt es, dass der o.g. Betrag "endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes steht". Tatsächlich befanden sich auf dem Bankkonto der T. AG nur noch ca. 50.000,00 DM. Im Mai 2000 wurde die T. AG insolvent. Die Gelder der Klägerin und zahlreicher Anleger, von denen die T. AG mittels betrügerischer Angaben in ihren Emissionsprospekten mehr als 40 Mio. DM eingeworben hatte, sind verloren. Das ehemalige Vorstandsmitglied K. der Beklagten zu 2 wurde durch - nicht rechtskräftiges - Urteil des Amtsgerichts München vom 3. Juni 2003 wegen Beihilfe zu falschen Angaben gemäß § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG zu einer Geldstrafe verurteilt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin u.a. die Beklagte zu 2 auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe ihrer Einlage von 23.000,00 DM in Anspruch genommen. Sie meint, das ehemalige Vorstandsmitglied K. der Beklagten zu 2 habe durch die ihrer Ansicht nach unrichtigen Bankbestätigungen vom 7. November 1995 und vom 15. Dezember 1997 Beihilfe zum Gründungs- und Kapitalerhöhungsschwindel des Vorstands der T. AG (§§ 399 Abs. 1 Nr. 1, 4 AktG, 27 StGB) geleistet, weshalb die Beklagte für den daraus entstandenen Schaden aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB hafte.
Das Landgericht hat die Klage gegenüber sämtlichen Beklagten abgewiesen. In zweiter Instanz hat die Klägerin zunächst ihre Ansprüche gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 weiterverfolgt, mit dem Beklagten zu 3 aber dann einen Prozessvergleich über die Zahlung von 1/ 10 der Klagesumme geschlossen. Der noch verbliebenen Klage gegenüber der Beklagten zu 2 hat das Berufungsgericht entsprochen und die Revision zugelassen. Dagegen richtet sich das Rechtsmittel der Beklagten zu 2.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten zu 2 (im Folgenden: die Beklagte) führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
I. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte schulde der Klägerin Schadensersatz aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. §§ 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG, 27 StGB, weil ihr ehemaliges Vorstandsmitglied K. mit dem von ihm unterzeichneten Bestätigungsschreiben vom 15. Dezember 1997 einen Kapitalerhöhungsschwindel der T. AG zumindest bedingt vorsätzlich gefördert habe. Die - im übrigen auf Wunsch der T. AG zuvor mehrfach geänderte - Bestätigung sei jedenfalls in ihrem zweiten Teil falsch gewesen, weil zum Zeitpunkt ihrer Abgabe nicht der angegebene Betrag von 15.562.500,00 DM, sondern nur noch ein Rest von 50.222,43 DM endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes gestanden habe. Hätte K. die Bestätigung nicht ausgestellt, die - wie er gewusst habe - als Nachweis i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG habe Verwendung finden sollen, wäre die Kapitalerhöhung nicht in das Handelsregister eingetragen worden und somit nichtig gewesen, was zu einer Rückabwicklung der mit den Anlegern abgeschlossenen Verträge hätte führen müssen. Somit hätte die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt den geleisteten Betrag von 23.000,00 DM gemäß § 812 BGB von der T. AG zurückverlangen können. Soweit die Beklagte einwende, die T. AG sei auch schon damals zur Rückzahlung außerstande gewesen, sei die Beklagte für diese "Reserveursache" beweispflichtig, habe aber keinen Beweis angetreten. Der Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des § 399 Abs. 1 AktG stehe nicht entgegen, dass sie ihre Einlage aufgrund des "Vorvertrages" vom 23. September 1996 schon längere Zeit vor Abgabe der falschen Bestätigung und der anschließen-
den Eintragung im Handelsregister geleistet habe. Denn das Vertrauen des Anlegers in eine ordnungsgemäße zukünftige Kapitalerhöhung sei unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG ebenso zu schützen wie das Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit einer bereits durchgeführten und im Handelsregister eingetragenen Kapitalerhöhung, zumal die Einwerbung von Anlegern der Durchführung und Eintragung einer Kapitalerhöhung regelmäßig vorangehe.
II. Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht geht allerdings noch zutreffend davon aus, dass § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist, das die Aufbringung des Grundkapitals gewährleisten und - weitergehend - den Rechtsund Wirtschaftsverkehr davor bewahren soll, dass Aktien in Umlauf gesetzt werden , die nur Scheinwerte darstellen. Ziel der Vorschrift ist es auch, die Täuschung von Personen zu verhüten, die zu der Gesellschaft rechtliche und wirtschaftliche Beziehungen unterhalten oder infolge der Durchführung der Kapitalerhöhung in solche eintreten (Senat, BGHZ 105, 121, 124). Geschützt werden insbesondere Personen, die im Vertrauen auf die Richtigkeit der zum Handelsregister gemachten Angaben aus einer Kapitalerhöhung hervorgegangene neue Aktien erwerben (Senat aaO S. 125 f.).
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts waren aber weder die Angaben in der Registeranmeldung noch - erst recht - die auch in ihrem zweiten Teil in Vergangenheitsform gefasste Bankbestätigung der Beklagten schon deshalb objektiv falsch oder unvollständig i.S. von § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG, weil die dort genannten Kapitaleinzahlungen auf dem dafür vorgesehenen Bankkonto bei der Beklagten großenteils nicht mehr vorhanden waren.

a) Schon nach der früheren Rechtsprechung des Senats (BGHZ 113, 335, 348; 119, 177) brauchten die für eine beschlossene Kapitalerhöhung eingezahlten Beträge, um der Gesellschaft bereits deren Verwendung für Investitionen u.ä. zu ermöglichen, nicht bis zur Handelsregisteranmeldung (§§ 188 Abs. 2, 36 Abs. 2 AktG) thesauriert zu werden; sie mussten in diesem Zeitpunkt nur noch wertmäßig zur freien Verfügung des Vorstandes stehen (BGHZ 119, 177, 187 f.). Nach der jetzigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 150, 197 ff.) genügt es für eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung in diesem Zusammenhang sogar, dass der Einlagebetrag für die Zwecke der Gesellschaft zur endgültigen freien Verfügung der Geschäftsleitung eingezahlt wird, solange er in der Folge nicht an den Einleger zurückfließt. Diese Beurteilung ist im Rahmen des blankettartigen Straftatbestandes des § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG auch für die Frage heranzuziehen, ob die zum Handelsregister gemachten Angaben über die "Einbringung des neuen Kapitals" falsch oder unvollständig sind. Danach betrifft die Angabe darüber, dass der Leistungsgegenstand sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsleitung befinde, allein die Erfüllungswirkung der fraglichen Leistung in Bezug auf die Einlageschuld, sagt jedoch nichts darüber aus, dass die Einlage bei der Registeranmeldung noch unverändert, d.h. gegenständlich oder wertmäßig im Gesellschaftsvermögen oder gar unangetastet auf dem Einlagenkonto vorhanden sei (so schon BGH, Beschl. v. 30. November 1995 - 1 StR 358/95, NStZ 1996, 238 mit Hinweis auf BGHZ 113, 335, 348; Otto in GroßkommAktG 4. Aufl. § 399 Rdn. 72). Die ältere Kommentarliteratur zu diesem Thema (z.B. Geilen in Kölner Komm.z.AktG 1. Aufl. § 399 Rdn. 64) ist nicht erst seit der Rechtsprechungsänderung in BGHZ 150, 197 - erst recht aber mit dieser - überholt.

b) Einen Kapitalrückfluss an Einlageschuldner hat das Berufungsgericht ebensowenig festgestellt wie das sonstige Fehlen einer Erfüllungswirkung der
Einlagenzahlungen. Dass die neuen Aktien - entgegen dem ursprünglichen Vorhaben der Verantwortlichen der T. AG nicht von den einzelnen Anlegern, sondern - nach dem Vortrag der Klägerin aus Vereinfachungsgründen - von der W. mit der Maßgabe ihrer Zuteilung an die Anleger gezeichnet wurden und die Einzahlungen nicht von ihr stammten, steht einer Erfüllungswirkung nicht entgegen. Die Einlageschuld des Zeichners kann auch durch eine Drittleistung erfüllt werden (vgl. Bayer, GmbHR 2004, 445, 454 m.w.Nachw.). Die gegenüber den Anlegern verwendeten Vorvertragsformulare lassen offen, ob die eingezahlten Beträge zum Erwerb eines unmittelbaren oder eines nur mittelbaren Bezugsrechts auf Aktien durch Einschaltung einer "Abwicklungsstelle" als Zeichnerin (vgl. BGHZ 105, 121, 132 sowie zu § 186 Abs. 5 AktG BGHZ 118, 83, 95 ff.; 122, 180, 185 f.) und somit zur Erfüllung der Einlagenschuld dieser Zeichnerin, welche die neuen Aktien treuhänderisch zu übernehmen und an die Anleger weiterzuleiten hatte, eingesetzt werden sollten. Soweit die Einzahlungen - wie hier - zeitlich nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss (§ 182 AktG) mit der Zweckbestimmung als "Einlagen" geleistet worden sind, liegt darin (anders als im Fall BGHZ 51, 157) auch keine unwirksame Vorausleistung auf eine künftige Einlageschuld (vgl. BGHZ 150, 197, 201; Sen.Urt. v. 15. März 2004 - II ZR 210/01, ZIP 2004, 849). Der potentielle - auch dem Aktienzeichner zustehende - Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB im Fall eines Scheiterns der Kapitalerhöhung (vgl. Lutter in Kölner Komm.z.AktG 2. Aufl. § 189 Rdn. 15) steht einer Leistung zur freien Verfügung des Vorstandes ebenfalls nicht entgegen und führt nicht zu einer Thesaurierungspflicht der Gesellschaft bis zur Durchführung der Kapitalerhöhung. Schließlich hindern auch etwaige Willensmängel auf Seiten der Einzahler wegen irreführender Prospektangaben die Erfüllungswirkung im Sinne des Kapitalaufbringungsrechts nicht.
3. Selbst wenn die Bankbestätigung der Beklagten unrichtig wäre und ihr - wofür es allerdings an tragfähigen Feststellungen fehlt - eine Beihilfe zu einer Haupttat gemäß § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG im Zusammenhang mit der Registeranmeldung vom 15. Dezember 1997 zur Last fiele, könnte die Klägerin den geltend gemachten Schadensersatzanspruch hierauf nicht stützen.

a) Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB wegen Schutzgesetzverletzung setzt zumindest deren Kausalität für den geltend gemachten Schaden voraus. Die angeblich gegen § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG verstoßenden Angaben in der Registeranmeldung vom 15. Dezember 1997 können aber - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - denkgesetzlich nicht dafür ursächlich geworden sein, dass die Klägerin geraume Zeit vorher, nämlich am 23. September 1996, den "Vorvertrag" unterzeichnet und ihr - inzwischen verlorenes - Kapital zum Erwerb von Aktien "aus der nächsten Kapitalerhöhung der T. AG i.G." eingezahlt hat. Soweit sie dabei auf eine ordnungsgemäße künftige Durchführung der Kapitalerhöhung vertraut haben mag, ist dies nur ein allgemeines Vertrauen in das rechtmäßige Verhalten Dritter. Dies ändert nichts daran, dass nur eine konkret schadensursächliche Schutzgesetzverletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB auslösen kann. Auch § 399 Abs. 1 AktG schützt nicht das Vertrauen auf die Ordnungsmäßigkeit künftiger Maßnahmen; geschützt ist vielmehr nur ein Vertrauen, das sich auf bereits zum Handelsregister gemachte Angaben gründet (vgl. Otto in GroßkommAktG 4. Aufl. § 399 Rdn. 5; Brandes, WM 1992, 477). Dementsprechend setzt ein Schadensersatzanspruch wegen falscher Angaben i.S. von § 399 AktG voraus, dass der Geschädigte im Vertrauen auf deren Richtigkeit z.B. Aktien erworben oder sonstige Vermögensdispositionen getroffen und dadurch einen Schaden erlitten hat (vgl. Senat, BGHZ 96, 231, 243; 105, 121, 126). In dieser Hinsicht unterscheidet sich der vorliegende Fall von demjenigen in BGHZ 105, 121 ff.,
wo der Vertrag über den (derivativen) Erwerb von Aktien erst nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister und im Vertrauen auf die Richtigkeit der dazu von der Gesellschaft gemachten Angaben abgeschlossen worden war. Die unterschiedliche Beurteilung der beiden Fallkonstellationen beruht auf allgemeinen Kausalitätsgrundsätzen und berührt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - Art. 3 GG nicht.

b) Ebenso wenig kann die Klägerin den geltend gemachten Schadensersatzanspruch darauf stützen, dass die Durchführung der Kapitalerhöhung ohne die angeblich falsche Bankbestätigung der Beklagten gescheitert wäre und die Klägerin dann ihre Einlage von der T. AG gemäß § 812 Abs. 1 BGB hätte zurückerhalten müssen.
aa) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen schon nicht dessen Annahme einer entsprechenden Schadenskausalität. Voraussetzung dafür wäre der Nachweis, dass die Klägerin ihre Einlage ohne die angeblich falsche Handelsregisteranmeldung (§ 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG) tatsächlich von der T. AG zurückerhalten hätte (vgl. auch BGH, Urt. v. 18. März 2004 - IX ZR 255/00, NJW 2004, 1521 f. zu III 2). Das Berufungsgericht verkennt, dass der Einwand der Beklagten, die T. AG sei schon zur Zeit der Registeranmeldung im Dezember 1997 zu einer Rückzahlung der Einlagen außerstande gewesen, nicht eine - von der Beklagten nachzuweisende - "Reserveursache" betrifft, sondern ein Bestreiten der Kausalität darstellt. Nur wenn diese erwiesen ist, obliegt dem Schädiger ggf. der Nachweis, dass der Schaden über kurz oder lang durch eine andere Ursache eingetreten wäre (vgl. BGH, Urt. v. 17. Oktober 2002 - IX ZR 3/01, NJW 2003, 295 f.).
Die Registereintragung der (durchgeführten) Kapitalerhöhung hatte auf die Vermögenslage der T. AG und damit auf die Werthaltigkeit von ihr
gegenüber bestehenden Ansprüchen der Klägerin keinen Einfluss. Die Anlegergelder waren schon vorher von dem Bankkonto abgezogen. Ob und wie lange die T. AG vor ihrer Insolvenz noch über ausreichendes Vermögen zur Erfüllung von Rückabwicklungsansprüchen zahlreicher Anleger, welche im Falle eines Scheiterns der Kapitalerhöhung auf sie zugekommen wären, verfügte, und ob es der Klägerin gelungen wäre, ihren Rückabwicklungsanspruch frühzeitig und mit Erfolg gegenüber der T. AG geltend zu machen, ist völlig offen.
bb) Davon abgesehen wird die genannte Schadenskonstruktion vom Schutzzweck des § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG ohnehin nicht erfasst. Sie basiert nicht auf einem irgendwie gearteten Vertrauen der Klägerin auf die Richtigkeit von zum Handelsregister gemachten Angaben (vgl. Senat, BGHZ 105, 121, 125 f.), sondern auf rein hypothetischen Kausalitätserwägungen für den Fall, dass die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister unterblieben wäre, ohne dass umgekehrt die Klägerin im Vertrauen auf eine tatsächliche Registereintragung die Geltendmachung eines Rückabwicklungsanspruchs unterlassen hat. Zwar bedarf es für einen Vertrauenstatbestand hinsichtlich der zum Handelsregister gemachten Angaben nicht der Einsichtnahme in das Register, sondern genügt eine mittelbare Kenntnis desjenigen, dem bekannt ist, dass der betreffende Vorgang, z.B. die Durchführung einer Kapitalerhöhung, in das Handelsregister eingetragen worden ist (BGHZ 105, 121, 126 f.). Einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB hat aber auch er nur, wenn er durch ein (bewusstes) Verhalten im Vertrauen auf die Richtigkeit der relevanten Angaben einen Schaden erlitten hat (vgl. Otto aaO § 399 Rdn. 5 m.w.Nachw.). Die allgemeine Vorstellung, es sei "alles in Ordnung", genügt dafür nicht, weil es in diesem Fall an einem Zusammenhang mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 399 AktG fehlt.
III. Die Sache ist gleichwohl nicht zugunsten der Beklagten entscheidungsreif , weil die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch auch darauf stützt, dass das Vorstandsmitglied K. der Beklagten durch eine bewusst falsche Bestätigung über die Einzahlung des Gründungskapitals (100.000,00 DM) vom 7. November 1995 Beihilfe zu einem Gründungsschwindel (§ 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG) der T. AG geleistet habe. Das Berufungsgericht hat dazu - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Die Sache ist daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
1. Ein Zurechnungszusammenhang zwischen einer etwaigen Beihilfe der Beklagten zum Gründungsschwindel (§§ 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG, 27 StGB) und dem geltend gemachten Schaden scheidet hier (anders als oben II 3 a) nicht von vornherein aus, weil die Gründung der T. AG bereits im Handelsregister eingetragen war, als die Klägerin den "Vorvertrag" unterzeichnete und ihre "Einlage" an die T. AG leistete. Offen ist aber, ob der Klägerin dabei die Tatsache der Registereintragung bekannt war und sie daher im Vertrauen auf die Richtigkeit der dazu gemachten Angaben gehandelt hat (vgl. BGHZ 105, 121, 126 f.). Daran bestehen jedenfalls Zweifel, weil sowohl in dem Vertragsformular als auch in dem vorgelegten Emissionsprospekt vom November 1995 (S. 6, 38) die "T. AG i.G.", mithin eine noch nicht im Handelsregister eingetragene Vorgesellschaft (vgl. dazu BGHZ 117, 323, 326) genannt ist. Nach den Prospektangaben soll zwar die in der Eröffnungsbilanz als "ausstehend" bezeichnete Einlage von 100.000,00 DM am 2. November 1995 einbezahlt und die Eintragung der Gesellschaft zum Handelsregister am 3. November 1995
beantragt worden sein. Beides begründet aber noch keinen hinreichend sicheren , der Valenz einer Registereintragung gleichkommenden Vertrauenstatbestand dafür, dass tatsächlich die für eine Registereintragung erforderlichen Angaben i.S. von §§ 37 Abs. 1, 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG in der vorgeschriebenen Weise gemacht worden sind. Dies schließt allerdings nicht aus, dass der Klägerin die bereits erfolgte Registereintragung der T. AG anderweitig bekannt war. Dies sowie die Frage, ob die ordnungsgemäße Aufbringung des Gründungskapitals für den Entschluss der Klägerin zur Beteiligung an dem erhöhten Kapital überhaupt eine Rolle spielte, wird ggf. tatrichterlich zu klären sein.
2. Der objektive Tatbestand einer Haupttat i.S. von § 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG dürfte vorliegen, weil in der Registeranmeldung der T. AG verschwiegen wurde, dass das von der W. einbezahlte Gründungskapital wenige Tage später an sie zurückfließen sollte, es sich also um bloßes "Vorzeigegeld" und nicht um eine endgültige Erfüllung der Einlageschuld handelte. Insofern dürfte die Erklärung des Vorstandes der T. AG gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1, 2 AktG selbst nach den - unmittelbar nur für die Kapitalerhöhung geltenden - Grundsätzen in BGHZ 150, 197 ff. (dazu oben II 2 a) unrichtig i.S. von § 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG gewesen sein.
Für den subjektiven Tatbestand des § 399 AktG ist Vorsatz (des Haupttäters ) erforderlich, der auch die (laienhafte) Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit (Verschweigen) der gemachten Angaben umfassen muss (vgl. Scholz/Tiedemann, GmbHG 9. Aufl. § 82 Rdn. 174) und z.B. bei einem Rechtsirrtum über die Voraussetzungen endgültiger freier Verfügbarkeit des eingezahlten Kapitals (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AktG) fehlen kann (§ 16 Abs. 1 StGB; vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 1977 - 5 StR 626/76, GA 1977, 340; Otto aaO § 399 Rdn. 98). Feststellungen dazu fehlen bisher.
3. Eine der Beklagten entsprechend § 31 BGB zuzurechnende Beihilfe zu einer - unterstellten - Haupttat gemäß § 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG käme in Betracht , wenn ihr Vorstandsmitglied K. bei Erteilung seiner Einzahlungsbestätigung deren Zweck zur Vorlage bei dem Registergericht (§ 37 Abs. 1 Satz 3 AktG) kannte und wenn er wusste, dass das Gründungskapital absprachegemäß wieder an die W. zurücküberwiesen wurde oder werden sollte (vgl. auch BGHZ 113, 335 zu § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG). In diesem Fall läge objektiv auch ein Verschweigen eines "erheblichen Umstandes" i.S. von § 399 Abs. 1 AktG vor, wobei sich allerdings der Vorsatz auch des Gehilfen auf die "Erheblichkeit" dieses Umstandes als wesentlichen Merkmals der Haupttat (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 27 Rdn. 8) erstrecken muss (vgl. Otto aaO § 399 Rdn. 96 m.w.Nachw.).
Gegen eine bei Erteilung der Bankbestätigung vorhandene Kenntnis K.s von den Rücküberweisungen bzw. von entsprechenden Absichten der Gesellschaftsgründer spricht, dass die Rücküberweisungsaufträge erst zwei Tage später (am 9. November 1995) bei der Beklagten eingingen. Abgesehen davon, dass eine Kenntnisnahme K.s hiervon nicht festgestellt ist, ist eine Bank zu nachträglicher Berichtigung einer Erklärung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG gegenüber dem Registergericht nicht verpflichtet (vgl. Pentz in MünchKomm/AktG 2. Aufl. § 37 Rdn. 37; Röhricht in Großkomm. AktG 4. Aufl. § 37 Rdn. 29), auch nicht aus vorangegangenem Tun (Ingerenz), weil dies eine Pflichtwidrigkeit voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 13 Rdn. 11 a m.w.Nachw.) und eine nach dem Kenntnisstand der Bank bei ihrer Erteilung richtige Bestätigung keine Pflichtwidrigkeit darstellt.
Allerdings behauptet die Klägerin, die Bankbestätigung vom 7. November 1995 sei erst später rückdatiert erstellt worden. Auch wenn sich dies erweisen
sollte, wäre aber noch zusätzlich aufzuklären, ob das Vorstandsmitglied der Beklagten das Bewusstsein hatte, mit der auf den 3. November 1995 bezogenen und insofern richtigen Bestätigung zu einer unrichtigen Registeranmeldung beizutragen.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Strohn

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
als Gründer oder als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft oder eines Vertrags nach § 52 Absatz 1 Satz 1 über die Übernahme der Aktien, die Einzahlung auf Aktien, die Verwendung eingezahlter Beträge, den Ausgabebetrag der Aktien, über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sachübernahmen oder in der nach § 37a Absatz 2, auch in Verbindung mit § 52 Absatz 6 Satz 3, abzugebenden Versicherung,
2.
als Gründer oder als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats im Gründungsbericht, im Nachgründungsbericht oder im Prüfungsbericht,
3.
in der öffentlichen Ankündigung nach § 47 Nr. 3,
4.
als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Grundkapitals (§§ 182 bis 206) über die Einbringung des bisherigen, die Zeichnung oder Einbringung des neuen Kapitals, den Ausgabebetrag der Aktien, die Ausgabe der Bezugsaktien, über Sacheinlagen, in der Bekanntmachung nach § 183a Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 37a Abs. 2 oder in der nach § 184 Abs. 1 Satz 3 abzugebenden Versicherung,
5.
als Abwickler zum Zweck der Eintragung der Fortsetzung der Gesellschaft in dem nach § 274 Abs. 3 zu führenden Nachweis oder
6.
als Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft oder des Leitungsorgans einer ausländischen juristischen Person in der nach § 37 Abs. 2 Satz 1 oder § 81 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung oder als Abwickler in der nach § 266 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung
falsche Angaben macht oder erhebliche Umstände verschweigt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Grundkapitals die in § 210 Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebene Erklärung der Wahrheit zuwider abgibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 147/05 Verkündet am:
4. Juni 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROAD IV“
BGB § 826 H; BörsG § 47 Abs. 2

a) Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter
Ad-hoc-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten
Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser
Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher
das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung
nicht aus.

b) Auch im Bereich des Primärmarktes ist für die nach § 47 Abs. 2 BörsG neben der
spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung (§§ 44 f. BörsG) nicht ausgeschlossene
Deliktshaftung gemäß § 826 BGB vom klagenden Anleger der Nachweis der
konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität falscher Prospektangaben für seine
Willensentschließung zu führen. Hierfür genügt das enttäuschte allgemeine
Anlegervertrauen in die Integrität des vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens
einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank nicht.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 - II ZR 147/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 12.834,54 € nebst Zinsen an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung von 260 Aktien der ComROAD AG verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung gegen die beklagte ComROAD AG geltend.
2
Die Aktien der Beklagten wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,17 € nach dem späteren Aktiensplit 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splitbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger erwarb am 9. Oktober 2000 zum Aktienkurs von 49,98 €, am 9. Januar 2001 zum Kurs von 30,00 €, am 16. Februar 2001 zum Kurs von 43,00 €, am 21. Februar 2001 zum Kurs von 33,00 € und am 12. April 2001 zum Kurs von 20,00 € insgesamt 410 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 12.869,90 €. In der Folgezeit sank der Kurs der Aktie weiter. Am 11. April 2002 verkaufte der Kläger 150 der von ihm gehaltenen ComROADAktien für insgesamt 35,10 € (Kurs: 0,30 €).
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte über ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter B. S. bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass S. - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekanntwerden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien abzüglich des aus dem Teilverkauf erzielten Erlöses. Zur Begründung beruft er sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten hätten am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu seinem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten geführt; für dieses sittenwidrige Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden habe die Beklagte einzustehen. Demgegenüber bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adhoc -Mitteilungen für die Kaufentschlüsse des Klägers und stellt eine Verantwortlichkeit für das Handeln ihres Vorstandes im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr nach Parteivernehmung des Klägers stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der von diesem noch gehaltenen Aktien. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die von B. S. als Organ der Beklagten zur Täuschung des Börsenpublikums veröffentlichten, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe des Klägers ursächlich geworden. S. sei es gelungen, durch seine falschen Ad-hoc-Mitteilungen die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu veranlassen, die unabhängig von allen Kursschwankungen von 1999 bis Anfang 2002 angedauert habe. Wie der als Partei vernommene Kläger sachlich glaubhaft und persönlich überzeugend bestätigt habe, sei er "ersichtlich der allgemeinen Linie gefolgt". Die Beklagte müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden nach § 31 BGB einstehen und könne dem Kläger weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die Kaufentscheidungen des Klägers nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen - wie sie auch im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen.Rspr. seit BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/05, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision gibt dem Senat zu einer Änderung seiner neuen Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Erwerb ihrer Aktien.
13
a) Das Berufungsgericht referiert zwar im Ansatz noch zutreffend die Senatsrechtsprechung zu den Anforderungen an den Kausalitätsnachweis dahingehend , dass die Anlageentscheidung eines potentiellen Aktienerwerbers einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss darstellt, so dass es bei derartigen individuell geprägten Willensentschlüssen grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis für sicher bestimmbare Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt (BGHZ 160, 134, 144 ff. m.w.Nachw. - Infomatec I). Dementsprechend lassen sich auch nicht die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz a.F. entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Denn der Informationsgehalt der Ad-hoc-Mitteilung beschränkt sich im Allgemeinen ausschnittartig auf wesentliche aktuelle, neue Tatsachen aus dem Unternehmensbereich, die zumeist für eine individuelle zeitnahe Entscheidung zum Kauf oder Verkauf der Aktien relevant sein können, jedoch in der Regel nicht geeignet sind, eine sog. Anlagestimmung hervorzurufen. Zwar ist denkbar, dass sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann; jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise (BGHZ 160, 134, 146 f.).
14
b) Die Voraussetzungen einer derartigen, nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises hat das Berufungsgericht indessen nicht - jedenfalls nicht revisionsrechtlich einwandfrei - festgestellt. Es beschränkt sich auf die - in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt unklar bleibende - Feststellung, es sei "indes S. gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte".
15
Sofern das Berufungsgericht gemeint haben sollte, es könne die besondere Art und das Ausmaß der Irreführung des Börsenpublikums durch die Falschmitteilungen B. S. s sowie die Dauer der Fehleinschätzung des Marktes bis zur Aufdeckung der Machenschaften mit einer permanenten konkreten Anlagestimmung gleichsetzen, mangelte es einer solchen Hypothese an einer tragfähigen Begründung. Die Feststellung des Oberlandesgerichts erschöpft sich nämlich in einer lapidaren, oberflächlichen Zustandsbeschreibung; ihr fehlt jegliche, durch konkrete Anknüpfungstatsachen belegte, fundierte markttechnische Analyse und Einordnung der Entwicklung der ComRoad-Aktie, aus der sich etwa eine Anlagestimmung für den vorliegenden Fall - zumal ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. ohne die notwendige Darlegung der eigenen Fachkunde des Gerichts - (revisions-)rechtlich einwandfrei ableiten ließe. Das gilt insbesondere für die fern liegende Annahme des Berufungsgerichts, eine etwaige Anlagestimmung habe ununterbrochen von der Börseneinführung der Aktie bis zur Aufdeckung der Manipulationen, d.h. über mindestens zwei Jahre trotz der extremen Volatilität der Aktie mit Kurseinbrüchen bereits kurz nach dem erstmaligen Erreichen des Höchststandes im Februar 2000, angedauert (vgl. zur Vielfältigkeit kursbeeinflussender Faktoren des Kapitalmarkts bereits BGHZ 160, 134, 146 m.Nachw.).
16
Der Aussagewert der Feststellung des Berufungsgerichts beschränkt sich freilich ohnehin darauf, dass die extrem unseriösen Kapitalmarktinformationen des Vorstands der Beklagten das Börsenpublikum generell in der Einschätzung und Bewertung des Unternehmens bzw. der Aktie über einen langen Zeitraum irregeführt und trotz der Volatilität der Aktie zu deren Kauf und Verkauf bewogen hat und dass auch der Kläger "dieser allgemeinen Linie gefolgt" ist. Wenn das Berufungsgericht allein die allgemeine Marktsituation für den konkreten Kausalitätsnachweis genügen lassen will, so ist diese Argumentation genauso wenig tragfähig wie diejenige eines anderen Senats des Berufungsgerichts , der gemeint hat, bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation reiche das dadurch hervorgerufene Vertrauen des potentiellen Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über die Beklagte und der daraus resultierende Glaube an die wirtschaftliche Substanz und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zur Bejahung der haftungsbegründenden Kausalität aus (vgl. dazu bereits: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 10 - ComROAD I). Derartige Ansichten liefen darauf hinaus, im Rahmen des § 826 BGB auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers zu verzichten und stattdessen - in Anlehnung an die sog. fraud-on-the-market-theory des USamerikanischen Kapitalmarktrechts - an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz , der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität nicht gefolgt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III); hieran hält er weiterhin fest. Danach muss im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.
17
3. Der Mangel tragfähiger Feststellungen zum Kausalzusammenhang zwischen den falschen Kapitalmarktinformationen und den Anlageentscheidungen des Klägers wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Berufungsgericht den Kläger als Partei vernommen und dieser - wie es ohne nähere Begründung angenommen hat - "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Wei- se bestätigt" hat, dass er bei seinen Anlageentscheidungen "der allgemeinen Linie gefolgt" sei und die Aktie nicht erworben hätte, wenn er das Ausmaß der Täuschungen durch den Vorstand der Beklagten gekannt hätte. Denn diese Beweisaufnahme ging ersichtlich nicht über den - unzureichenden - allgemeinen Rahmen hinaus, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zur Kausalitätsfrage zugrunde gelegt hat.
18
4. Inwieweit die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten - zumindest teilweise - geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch des Klägers grundsätzlich auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen , bedarf keiner weiteren Erörterung. Auch insoweit sind nämlich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine konkrete Kausalität zwischen einem eventuellen Fehlverhalten der Beklagten im Sinne dieser Bestimmungen und den Aktienkäufen des Klägers anzunehmen. Der zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich entsprechend auch auf etwaige Ansprüche aus der etwaigen Verletzung des Schutzgesetzes des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus.
19
5. Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht gemäß § 561 ZPO mit der von der Revisionserwiderung angeführten Argumentation aufrechterhalten, dass die Beklagte bereits in dem Verkaufsprospekt anlässlich ihrer Börsenzulassung übertriebene Umsatzangaben gemacht habe, so dass es auf der Grundlage richtiger Angaben zu den Umsatzzahlen gar nicht erst zu einem Börsengang der Beklagten und infolgedessen auch nicht zu einem Aktienerwerb durch den Kläger gekommen wäre. Dieses Vorbringen des Klägers, das in den Vorinstanzen allenfalls eine nebensächliche Rolle gespielt hat und in den Entscheidungen des Land- und des Berufungsgerichts nicht einmal ausdrücklich erwähnt worden ist, kann schon deshalb nicht Grundlage einer das angefochtene Urteil aufrechterhaltenden Entscheidung gemäß § 561 ZPO sein, weil die dem zugrunde liegenden Tatsachen von der Beklagten substantiiert bestritten worden sind.
20
III. Aufgrund des unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
21
1. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die falschen Ad-hocMitteilungen der Beklagten kausal für die Aktienkäufe des Klägers waren. Nach dem vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen folgerichtig - nicht geprüften weitergehenden Vortrag des Klägers ist es zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium jedoch nicht von vornherein als gänzlich unwahrscheinlich anzusehen, dass diesem der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen den Täuschungshandlungen der Beklagten und seinen Aktienkäufen noch gelingen könnte.
22
a) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10. April 2005 vorgetragen, er habe stets "nicht nur beim Kauf der Aktien, sondern auch während des Haltens des Titels seine Investitionsentscheidung an den regelmäßigen falschen Ad-hocMitteilungen zeitnah überprüft" und diesbezüglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Im Rahmen der vom Berufungsgericht durchgeführten Parteivernehmung hat er zudem bekundet, er habe "ständig die Ad-hoc-Mitteilungen studiert , morgens aus der Zeitung und dann aus dem Internet im Büro und abends auch noch". Hinzu kommt, dass der Kläger jedenfalls einen Teil der Aktien sogar am Tag der Bekanntgabe von Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten bzw. nur wenige Tage danach gekauft hat und diese Mitteilungen grundsätzlich geeignet waren, den Kaufentschluss eines potentiellen Anlegers zu wecken. Berücksichtigt man ferner, dass das Berufungsgericht andere - für seine Entscheidung maßgebliche - Angaben des Klägers als Partei als "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Weise bestätigt" angesehen hat, so ist jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit seines Vortrags hinsichtlich der Kenntnisnahme von einzelnen konkreten Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und deren sein eigenes Anlageverhalten beeinflussende Wirkung nicht völlig von der Hand zu weisen.
23
b) Allerdings hat das Berufungsgericht die Parteivernehmung - auf der Basis seines bisherigen, freilich unzutreffenden Rechtsstandpunkts - nur darauf erstreckt, ob und inwieweit der Kläger in seinen Entscheidungen "der allgemeinen Linie" des Börsenpublikums bezüglich der ComROAD-Aktien gefolgt ist, ihn indessen nicht zu weiteren maßgeblichen Punkten seiner Willensentschlüsse vernommen bzw. solche nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen.
24
c) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt danach nicht in Betracht.
25
2. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht daher den - ggf. ergänzten - konkreten Sachvortrag des Klägers zum Kausalzusammenhang erneut auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des (weiteren ) Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Vernehmung als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat, BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben.
26
3. Für die wiedereröffnete Berufungsverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
27
Soweit der Kläger nunmehr erstmals in der Revisionsinstanz unter Berufung auf die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7. November 2003 - 5 W 31/03, AG 2004, 453 sowie weitere Entscheidungen, die derzeit im Revisionsverfahren vor dem Senat - II ZR 229/05 und II ZR 68/06 - anhängig sind) neue Kausalitätsaspekte zu entwickeln versucht, die das Erfordernis des Kausalitätsnachweises zwischen den konkreten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Aktienkauf überflüssig machen sollen, vermag der Senat dem aus Rechtsgründen nicht zu folgen.
28
a) Die vom Kläger so bezeichneten angeblichen Täuschungshandlungen "im Vorfeld des Börsenganges" führen unter dem Blickwinkel des § 826 BGB jedenfalls nicht ohne den - auch insoweit - vom Kläger als Anspruchsteller im Rahmen des Delikts zu führenden Nachweis (BGHZ 100, 134, 145 m.w.Nachw.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast § 826 Rz. 1) der konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität für seine Willensentschließung zur Schadensersatzpflicht des Vorstandes sowie der Gesellschaft im Wege der Naturalrestitution durch Rückerstattung des Erwerbspreises gegen Rückgabe der Aktien (§ 249 BGB).
29
b) Die vom Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellte Annahme , die unrichtige Umsatzangabe im Verkaufs- bzw. Emissionsprospekt könne nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg in Gestalt des späteren Aktienerwerbs des jeweiligen Käufers entfiele, greift zu kurz.
30
Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 63 m.w.Nachw.; st.Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität.
31
aa) Dem entspricht es, dass der Senat - wie oben bereits dargelegt - bei der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität des Sekundärmarktes im Rahmen des Tatbestandes des § 826 BGB auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet und dementsprechend das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht ausreichend sein lässt.
32
bb) Diese zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung unabdingbare , aus dem Schutzzweck der Norm abzuleitende Tatbestandseingrenzung gilt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch insoweit, als es im Bereich des Primärmarktes um die Haftung für Prospektmängel nach den §§ 45, 46 BörsG a.F. (nunmehr §§ 44, 45 BörsG n.F.) und die gemäß § 48 Abs. 2 BörsG a.F. (nunmehr § 47 Abs. 2 BörsG n.F.) nicht ausgeschlossene weitergehende Deliktshaftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB geht.
33
Das Börsengesetz verzichtet für die spezialgesetzliche - nach § 13 VerkProspG auch für das hier einschlägige Segment des Neuen Marktes entsprechend geltende - Prospekthaftung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. nicht auf das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität, weil danach die Prospekthaftung nur eingreift, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Wertpapiere besteht. Für die weitergehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die kraft ausdrücklicher Normierung in § 48 Abs. 2 BörsG a.F. nicht ausgeschlossen sind, gilt in Bezug auf den haftungsrelevanten, weil das Anlegerpublikum des Primärmarktes irreführenden Prospektfehler unter dem Blickwinkel des Schutzzwecks der Norm nichts anderes.
34
cc) Soweit der Kläger den Kausalitätsansatz noch weiter in das Vorfeld des Börsenganges verlegen will, indem er meint, bei zutreffender Angabe der geringeren Umsatzzahlen im Verkaufsprospekt hätte sich keine Bank bereit gefunden , die Emission, die in diesem Fall nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, zu begleiten, gilt dies erst recht. Denn geschützt wird auch insoweit im Rahmen des § 826 BGB nicht das allgemeine Vertrauen in die Zuverlässigkeit des der Neuemission an der Börse vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank, sondern die konkrete Anlageentscheidung kaufwilliger Anleger vor unzutreffenden Angaben des Prospekts selbst, der als direkte Informationsquelle für die Börsenpreisbildung maßgeblich ist und daher die Anlageentscheidung unmittelbar beeinflusst (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2015 - zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 399 AktG: Erfordernis eines bewussten Verhaltens im - konkreten - Vertrauen in die Richtigkeit relevanter Angaben).
35
Auch im Übrigen erscheint unter Schutznormaspekten die von dem Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt konstruierte "generelle" - also unabhängig von der Kenntnis des potentiellen späteren Anlegers postulierte - Kausalität eines Prospektmangels unvertretbar, weil sie im Sinne einer "Dauerkausalität" auf unabsehbare Zeit auch jedem beliebigen späteren Aktienerwerber auf dem Sekundärmarkt - wie hier - stets zugute kommen würde ohne Rücksicht darauf, ob das Schutzgut der Norm - hier die Integrität seiner Willensentschließung - überhaupt berührt wird.
Goette Kurzwelly Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.09.2004 - 5 HKO 14438/04 -
OLG München, Entscheidung vom 20.04.2005 - 7 U 5303/04 -

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 42/05 Verkündet am:
7. März 2006
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Durch § 545 Abs. 2 ZPO ist die Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz
der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen, auch wenn das Berufungsgericht
die Revision zur Klärung der von ihm vertretenen Auffassung zur sachlichen
Zuständigkeit zugelassen hat.
BGH, Urteil vom 7. März 2006 - VI ZR 42/05 - LG Frankfurt (Oder)
AG Strausberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6(a) Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Februar 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Das klagende Land verlangt aus übergegangenem Recht wegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten vom 7. April 1993 die Erstattung von Krankengeld und Versicherungsbeiträgen sowie der Kosten des Krankentransports und der stationären Krankenhausbehandlung des Opfers.
2
Am 30. September 2003 beantragte der Kläger beim Amtsgericht C. den Erlass eines Mahnbescheids, mit welchem er die Erstattung von Krankengeld sowie von Versicherungsbeiträgen begehrte. In dem Mahnbescheidantrag bezeichnete er das Amtsgericht S. als das zuständige Gericht für ein streitiges Verfahren. Mit Schreiben vom 10. November 2003 teilte der Kläger eine neue Anschrift des Beklagten mit und benannte nunmehr das Amtsgericht F. als Streitgericht. Nach Eingang des Widerspruchs gab das Mahngericht das Verfahren jedoch an das Amtsgericht S. ab.
3
Am 21. Oktober 2003 beantragte der Kläger beim Amtsgericht C. einen weiteren Mahnbescheid gegen den Beklagten, mit dem er aus demselben Vorfall die Erstattung von Krankentransport- und Krankenhauskosten begehrte. Er benannte das Amtsgericht F. als Streitgericht. Mit Schreiben vom 7. November 2003 teilte er die Anschrift des Beklagten mit und bat um Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht S.. Nach Eingang des Widerspruchs gab das Mahngericht das Verfahren an dieses Gericht ab.
4
Das Amtsgericht S. hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Nachdem es auf Bedenken gegen die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts wegen Überschreitens der Wertgrenze nach Verbindung der Verfahren hingewiesen und der Beklagte die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gerügt hatte, hat es die Klage mit Urteil vom 23. Juni 2004 als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Berufungsbegehren weiter, die Sache unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Verfahrens an das Amtsgericht S. zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe die Klage nach Verbindung der Verfahren zu Recht wegen der fehlenden sachlichen Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen.
6
Die nach § 147 ZPO vorgenommene, im Ermessen des Gerichts stehende Verbindung der Verfahren sei zulässig gewesen. Der Kläger begehre aus übergegangenem Recht aus demselben Haftungsgrund von dem Beklagten die Erstattung von Leistungen, die er an die Krankenkasse des Verletzten bezahlt habe, und beide Verfahren seien zum Zeitpunkt der Verbindung beim Amtsgericht S. anhängig gewesen.
7
Zwar werde die bis dahin bestehende sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts durch einen Verbindungsbeschluss grundsätzlich nicht berührt. Etwas anderes gelte aber, wenn der Kläger erkennbar durch eine willkürliche Zerlegung seines Gesamtanspruchs in mehrere Verfahren die Zuständigkeit des Amtsgerichts wider Treu und Glauben erschleichen wolle. Ein solcher Fall liege hier vor, insbesondere weil der Vertreter des Klägers im Termin vor dem Amtsgericht eingeräumt habe, dass die Geltendmachung der Ansprüche in zwei Klagen allein deshalb erfolgt sei, um die Zuständigkeit des Amtsgerichts zu erreichen und die Kosten eines Rechtsanwalts zu sparen.

II.

8
Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts gerichtete Revision ist zwar statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch als unbegründet zurückzuweisen.
9
1. Das Amtsgericht hat die Klage wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit abgewiesen, weil nach Verbindung beider Verfahren wegen Überschreitung der Wertgrenze des § 23 Nr. 1 GVG die Zuständigkeit des Landgerichts gegeben sei. Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung bestätigt, jedoch die Revision zugelassen, offenbar um eine Überprüfung der Erwägungen zu ermögli- chen, mit denen es ausnahmsweise in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Gericht eine Änderung der sachlichen Zuständigkeit nach Verbindung der Verfahren angenommen hat. Die Revision wendet sich gegen diese Auffassung und möchte eine Zurückverweisung an das Amtsgericht S. erreichen.
10
2. Mit diesem Begehren hat sie keinen Erfolg, weil die hier maßgebliche Frage der sachlichen Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht der Prüfung durch das Revisionsgericht unterliegt.
11
Nach § 545 Abs. 2 ZPO kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Nach der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift sollen dadurch im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des Revisionsgerichts Rechtsmittelstreitigkeiten vermieden werden, die allein auf die Frage der Zuständigkeit des Gerichts gestützt werden. Zugleich soll die Neuregelung vermeiden, dass die von den Vorinstanzen geleistete Sacharbeit wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig wird (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 106). Da die Vorschrift nach der Gesetzesbegründung insbesondere auch eine Verfahrensbeschleunigung und eine Entlastung des Revisionsgerichts im Auge hat, ist durch sie die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz der Nachprüfung durch das Revisionsgericht schlechthin entzogen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2005 - KZR 28/03 - NJW 2005, 1660, 1661 und Beschluss vom 26. Juni 2003 - III ZR 91/03 - NJW 2917; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 545 Rn. 16). Dies gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die Revision zur Klärung der von ihm vertretenen Auffassung zur Zuständigkeit zugelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1988 - I ZR 27/87 - NJW 1988, 3267, 3268 und Beschluss vom 26. Juni 2003 - III ZR 91/03 - aaO). Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur für die internationale Zuständigkeit (vgl. BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02 -, WM 2003, 1542). Im vorliegenden Fall wäre eine revisionsrechtliche Prüfung im Übrigen auch nach einer im Schrifttum vertretenen einschränkenden Auffassung (vgl. MünchKomm/Wenzel, ZPO-Reform, § 545 Rn. 15; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl., § 545 Rn. 12) ausgeschlossen, weil das Berufungsgericht die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt hat.
12
Demnach ist die Revision zwar statthaft, aber unbegründet (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1979 - I ZR 6/79 - MDR 1980, 203; vom 28. April 1988 - I ZR 27/87 - aaO; Beschluss vom 26. Juni 2003 - III ZR 91/03 - aaO).
13
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Strausberg, Entscheidung vom 23.06.2004 - 25 C 405/03 -
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 08.02.2005 - 6a S 179/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 91/03
vom
26. Juni 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 545 Abs. 2 ZPO erweitert die Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts
hinsichtlich der (örtlichen und sachlichen) Zuständigkeit trotz seines insoweit
mißverständlichen Wortlauts gegenüber der früheren Rechtslage
(§ 549 Abs. 2 ZPO a.F.) nicht.
BGH, Beschluß vom 26. Juni 2003 - III ZR 91/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2003 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Dem Beklagten wird für die Revisionsinstanz Prozeßkostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt Dr. Nassall beigeordnet.
Die Partei hat auf die Prozeßkosten monatlich 135 uständige Landeskasse zu zahlen.

Gründe


I.


Die Klägerin, Trägerin einer Kieferklinik in Düsseldorf, macht vor dem Landgericht Düsseldorf Honoraransprüche wegen ambulanter zahnprothetischer Behandlung gegen den in Duisburg wohnhaften Beklagten geltend. Das Landgericht hat seine örtliche Zuständigkeit verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen, weil es dessen örtliche Zuständigkeit für gegeben hält. Da die Rechtsprechung zur Frage uneinheitlich ist, ob bei einem Arzt- oder Krankenhausvertrag der Schwerpunkt des Vertrags am Sitz des Behandlers liegt mit
der Folge, daß dort die beiderseitigen Leistungspflichten zu erfüllen sind (§ 29 ZPO), hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen. Der Beklagte begehrt Prozeßkostenhilfe für die von ihm eingelegte Revision.

II.


Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Denn die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozeßkostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02 - NJW 2003, 1192). Der Senat bewilligt dem Beklagten Prozeßkostenhilfe, weil gemessen an diesen Grundsätzen im Hauptsacheverfahren zu entscheiden ist, ob dem Revisionsgericht nach § 545 Abs. 2 ZPO die Überprüfung der örtlichen Zuständigkeit überhaupt offensteht.
Ungeachtet dessen nimmt der Senat im Hinblick auf die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Mai 2003 geäußerte Bitte um Erteilung eines Hinweises zu dieser Rechtsfrage wie folgt Stellung:
Wäre für die rechtliche Beurteilung § 549 Abs. 2 ZPO a.F. heranzuziehen , ginge die Zulassung des Berufungsgerichts ins Leere. Denn nach dieser Vorschrift prüfte das Revisionsgericht nicht, ob das Gericht des ersten Rechtszuges sachlich oder örtlich zuständig war. Die Vorschrift sprach also – anders
als § 545 Abs. 2 n.F. - nicht davon, worauf sich ein Revisionskläger stützen konnte, sondern sie regelte die Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts. Darüber hinaus knüpfte sie nicht daran an, wie die erste Instanz entschieden hatte, sondern hatte nur die Zuständigkeit selbst im Auge. Dies hatte zur Folge, daß eine angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts in dieser Frage einer Überprüfung nicht zugänglich war, unabhängig davon, ob sie die erstinstanzliche Entscheidung bestätigte oder sie abänderte (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., §§ 549, 550 Rn. 53; wohl auch MünchKomm/Wenzel, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 549 Rn. 15). Der Bundesgerichtshof hat zu diesem Rechtszustand entschieden, daß eine zugelassene Revision in einem Rechtsstreit mit einem Wert der Beschwer unter 40.000 DM, bei dem es nur um die Frage der örtlichen Zuständigkeit geht, zwar statthaft, aber unbegründet sei (Urteile vom 26. Oktober 1979 - I ZR 6/79 - MDR 1980, 203; vom 28. April 1988 - I ZR 27/87 - NJW 1988, 3267, 3268; bestätigt durch Urteil vom 5. Oktober 2000 - I ZR 189/98 - GRUR 2001, 368) bzw. daß ein auf diese Frage beschränktes Rechtsmittel unzulässig sei (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 2000 - III ZR 300/99 - NJW 2000, 2822 f; Urteil vom 10. November 1997 - II ZR 336/96 - NJW 1998, 1230).
Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) ist § 545 Abs. 2 ZPO an die Stelle von § 549 Abs. 2 ZPO a.F.getreten. In der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift heißt es (BT-Drucks. 14/4722 S. 106):
"Absatz 2 übernimmt die Regelungen in den bisherigen §§ 10, 549 Abs. 2 und bestimmt - entsprechend dem neu gefaßten § 513 Abs. 2 E (bisher: § 512a) - darüber hinaus, daß die Revision nicht darauf gestützt werden kann, das erstinstanzliche Gericht habe seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint. Da-
mit werden künftig Rechtsmittelstreitigkeiten, die allein auf die Frage der Zuständigkeit des Gerichts gestützt werden, vermieden. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des Revisionsgerichts. Die Neuregelung vermeidet zugleich, daß die von den Vorinstanzen geleistete Sacharbeit wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig wird."
Vor diesem Hintergrund geht die Neufassung insofern weiter, als sie ohne jede Differenzierung von "Zuständigkeit" spricht, also auch die funktionelle Zuständigkeit einschließt, die von der Regelung des § 549 Abs. 2 ZPO a.F. nicht erfaßt war. Da die Gesetzesbegründung darüber hinaus eine Verfahrensbeschleunigung und eine Entlastung des Revisionsgerichts im Auge hat, hält es der Senat nicht für denkbar, daß der Gesetzgeber die Überprüfungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts gegenüber dem Rechtszustand in § 549 Abs. 2 ZPO a.F. erweitern wollte. Wenn daher auch zuzugeben ist, daß dem Gesetzgeber die Umsetzung dieser Regelungsabsicht sprachlich nicht überzeugend geglückt ist - nach dem Wortlaut der Vorschrift könnte man annehmen , das Revisionsgericht sei zu einer Überprüfung befugt, weil die Revision nicht darauf gestützt werde, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht (angenommen oder) verneint habe (in diesem Sinn etwa MünchKomm/Wenzel, ZPO-Reform, § 545 Rn. 15; Musielak/Ball, 3. Aufl. 2002, § 545 Rn. 12; a.A. wohl Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 545 Rn. 16); tatsächlich greift der Beklagte nämlich die gegenteilige Entscheidung des Berufungsgerichts an -, sind die Hinweise auf eine Entlastung des Revisionsgerichts und die geleistete Sacharbeit der Vorinstanzen, die durch Zuständigkeitsrügen nicht in Frage gestellt werden soll, so eindeutig, daß der Senat eine revisionsrechtliche Überprüfung nicht für möglich hält. Dies wird für den Fall, daß das Berufungsgericht die fehlerhafte Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, ganz allgemein angenommen, obwohl auch in diesem Fall der Revi-
sionskläger seine Revision nicht darauf stützen muß, die erste Instanz habe ihre Zuständigkeit zu Unrecht verneint (vgl. MünchKomm/Wenzel, ZPOReform , § 545 Rn. 15; Musielak/Ball, 3. Aufl. 2002, § 545 Rn. 12). Der Senat sieht keine von der Sache her gebotenen Gründe, die hier vorliegende Konstellation anders zu beurteilen. Das alleinige Abstellen auf den Wortlaut der Vorschrift würde außer acht lassen, daß es im Revisionsverfahren in aller Regel um die Überprüfung einer Berufungsentscheidung geht und daß § 545 Abs. 2 ZPO keine Spezialregelung ist, die nur für die Sprungrevision Bedeutung hätte.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 287/02 Verkündet am:
9. Mai 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 31, 249 Fb, Hd, 826 A, E; AktG §§ 57, 71

a) Im Rahmen der persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft
nach § 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen ist nicht
etwa nur der Differenzschaden des Kapitalanlegers in Höhe des Unterschiedsbetrages
zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem
Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, zu ersetzen
; der Anleger kann vielmehr Naturalrestitution in Form der Erstattung
des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder
- sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden
sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises
verlangen (vgl. Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593; 1597
- z.V.b. in BGHZ 160, 149).

b) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die
Aktiengesellschaft, die für die von ihrem Vorstand durch falsche Ad-hocMitteilungen
begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen analog
§ 31 BGB einzustehen hat. Die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs
ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften
über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das
Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Mai 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Münke und Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Kläger zu 1, 3, 4, 9, 10, 11, 15, 16, 17, 22, 23, 24, 25, 29, 35, 36, 43, 44, 45, 48, 49, 50, 52, 54, 55, 58 und 59 wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als deren Klagen abgewiesen worden sind.
II. Auf die Revisionen der Kläger zu 7, 8, 12, 19 und 20, 30, 32, 33 und 34, 39, 41 und 42, 46, 51 und 56 wird das vorbezeichnete Urteil weiter im Kostenpunkt und im nachfolgend näher bezeichneten Umfang der Abweisung ihrer Klagen aufgehoben : 1. Klägerin zu 7 in Höhe von insgesamt 8.075,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. April 2000 über 3.775,00 € und vom 9. Oktober 2000 über 4.300,00 €); 2. Kläger zu 8 in Höhe von insgesamt 15.245,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 29. Juni 2000 über 6.120,00 € und vom 10. Oktober 2000 über 9.125,00 €); 3. Kläger zu 12 in Höhe von insgesamt 81.834,20 € nebst Zinsen (sämtliche Aktienkäufe mit Ausnahme desjenigen vom 11. November 1999 über 4.345,52 € abzüglich anteiliger Verkauf von 1.158,18 €); 4. Kläger zu 19 und 20 gemeinsam in Höhe von insgesamt 29.468,17 € nebst Zinsen (31.793,17 € abzüglich Nettoverkaufserlös von 2.325,00 €); 5. Kläger zu 30 in Höhe von insgesamt 19.327,27 € nebst Zinsen (Kauf vom 9. Oktober 2000 über 15.771,56 € sowie vom 22. November 2000 über 8.552,13 € abzüglich Verkauf vom 14. Dezember 2000 über 4.996,42 €); 6. Kläger zu 32 in Höhe von insgesamt 12.068,60 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 12.651,90 € abzüglich entsprechender Verkauf vom 28. Dezember 2000 über 583,30 €); 7. Kläger zu 33 und 34 gemeinsam in Höhe von 569,50 € nebst Zinsen (Kauf vom 28. November 2000); 8. Kläger zu 39 in Höhe von 2.454,73 € nebst Zinsen (Kauf vom 27. November 2000); 9. Kläger zu 41 und 42 gemeinsam in Höhe von 1.638,13 € nebst Zinsen (Kauf vom 30. August 2000); 10. Kläger zu 46 in Höhe von 1.286,35 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. November 2000); 11. Kläger zu 51 in Höhe von insgesamt 15.460,07 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 7.981,32 € sowie vom 27. April 2000 über 8.352,09 € abzüglich Verkauf vom 9. Januar 2001 über 873,34 €); 12. Kläger zu 56 in Höhe von 2.381,61 € nebst Zinsen (Kauf vom 19. Mai 2000).
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsund Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger - soweit noch am Revisionsverfahren beteiligt - erwarben in der Zeit von Anfang März 2000 bis 1. Dezember 2000 Aktien der Beklagten zu 1, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2 und deren Finanzvorstand der Beklagte zu 3 war. Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1 lag am 30. Oktober 1997 (Börseneinführung) bei 18,15 €, stieg bis Februar 2000 auf knapp 116,00 € und sank in der Folgezeit - von gewissen Spitzen abgesehen - bis Ende November 2000 auf ca. 20,00 € ab, ehe er nach einer von der Beklagten zu 1 am 1. Dezember 2000 herausgegebenen Gewinnwarnung auf deutlich unter 10,00 € abstürzte. Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz mit der Behauptung, Aktien der Beklagten zu 1 aufgrund bewußt falscher
Ad-hoc-Mitteilungen und anderer öffentlicher Informationen der Beklagten zu 2 und 3 zu Geschäftsvorgängen der Gesellschaft erworben bzw. nicht verkauft zu haben. Die angeblichen Falschinformationen betreffen folgende Sachverhaltskomplexe :
- Ad-hoc-Mitteilung vom 21. Februar 2000 über den Erwerb der J. Company (J.), der als wichtigster Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens bezeichnet wurde.
- Ad-hoc-Mitteilung vom 22. März 2000 zur Übernahme der S. Investment Ltd. (F.-Gruppe) für 1,8 Mrd. US-Dollar, die der wichtigste Abschluß in der Geschichte des Unternehmens gewesen sei.
- Als Ad-hoc-Mitteilung vom 24. August 2000 bekannt gegebener Quartalsbericht über die Halbjahreszahlen des Unternehmens, in die zu Unrecht Umsatz- und Ergebnisbeiträge der J. und der F.-Gruppe eingestellt waren und die danach u.a. eine Steigerung des Konzernumsatzes um 195 % auswiesen; die diesbezügliche Korrekturmeldung vom 9. Oktober 2000 führte zu einem starken Kurssturz der Aktie.
- Wiederholte öffentliche Prognosen der Beklagten zu 2 und 3 in der Zeit vom 8. Mai 2000 bis zum 28. November 2000, nach denen für das Jahr 2000 ein Umsatz von ca. 1,6 Mrd. DM und ein Gewinn vor Steuern von ca. 600 Mio. DM zu erwarten sei.
In der Gewinnwarnung vom 1. Dezember 2000 wurde die Umsatzerwartung auf 1,38 Mrd. DM bei einem Fehlbetrag von 350 Mio. DM korrigiert. Am
2. Mai 2001 bezifferte der Vorstand der Beklagten zu 1 schließlich den Konzernverlust mit 2,8 Mrd. DM.
Das Landgericht hat die auf § 826 BGB und die Verletzung von Schutzgesetzen i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (darunter § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) gestützte Schadensersatzklage abgewiesen; dabei hat es - neben anderen Erwägungen - insbesondere darauf abgestellt, daß die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Naturalrestitution, sondern allenfalls den Kursdifferenzschaden beanspruchen könnten, den sie jedoch nicht hinreichend dargelegt hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der 55 in dieser Instanz noch beteiligten Kläger zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Den dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat nur insoweit stattgegeben , als den Klagen Aktienkäufe ab Anfang März 2000 zugrunde lagen. Die danach am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger verfolgen - im Umfang der Zulassung ihrer Rechtsmittel durch den Senat - ihre Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revisionen der Kläger sind im Umfang ihrer Zulassung begründet und führen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht (NZG 2002, 1110) hat ausgeführt:
Es brauche nicht geklärt zu werden, ob die Beklagten zu 2 und 3 - der Beklagten zu 1 zurechenbar - durch vorsätzlich unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen und sonstige öffentliche Meldungen über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 gegen § 826 BGB oder gegen Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2
BGB verstoßen und dadurch die Kläger zum Erwerb von Aktien der Beklagten zu 1 veranlaßt oder sie vom Verkauf solcher Aktien abgehalten hätten. Denn selbst wenn man dies zugunsten der Kläger als wahr unterstelle, so hätten sie gleichwohl nicht hinreichend dargelegt, daß ihnen ein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Die von ihnen allein begehrte Naturalrestitution in Form der Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien oder unter Anrechnung eines zwischenzeitlich erhaltenen niedrigeren Verkaufspreises könnten sie nicht beanspruchen. Der Schadensersatz sei in diesen Fällen auf die Differenz zwischen dem infolge einer unrichtigen Meldung zu hohen Kurs und dem im Falle des Unterbleibens der Mitteilung hypothetischen angemessenen Kurs beschränkt. Die Kläger seien jedoch der ihnen insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des konkreten Einflusses einer als unwahr zu unterstellenden, beschönigenden Mitteilung durch die Beklagten zu 2 und 3 auf den Kurswert der Aktie unter Angabe eines konkreten Euro-Betrages nicht nachgekommen. Ohnehin sei der konkrete Schaden nicht meßbar, weil der Kurswert einer Aktie zeitgleich von einer Vielzahl von Faktoren beeinflußt werde, deren genaue Auswirkungen sich nicht exakt feststellen ließen. Daher komme weder eine Schadensberechnung durch Sachverständige noch eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO in Betracht.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ausschluß der Naturalrestitution - selbst in dem von ihm unterstellten Fall des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB wie auch des vorsätzlichen Verstoßes gegen ein die Individualinteressen des einzelnen Kapitalanlegers schützenden Gesetzes i.S. von § 823 Abs. 2
BGB - liegt ein offenbar unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 249 ff. BGB zugrunde.
1. a) Auf der Grundlage der - für das Revisionsverfahren maßgeblichen - Wahrunterstellung können die Kläger, die durch die verschiedenen bewußt unwahren , kursrelevanten Ad-hoc-Mitteilungen der beklagten Vorstandsmitglieder über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft vorsätzlich veranlaßt wurden, nach § 826 BGB nicht etwa nur den Differenzschaden in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, verlangen; die Anleger können vielmehr - wie der Senat nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils bereits für einen vergleichbaren Fall entschieden hat - Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder - sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises beanspruchen (Sen.Urteile v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724 = ZIP 2004, 1593, 1597 - z.V.b. in BGHZ 160, 149; II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729; - Infomatec). § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung. Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 - wie im vorliegenden Fall zu unterstellen ist - enttäuschte Anleger im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen
Mitteilung nachgekommen wären. Da die am Revisionsverfahren beteiligten Kläger in diesem Fall - wie ebenfalls zu unterstellen ist - die Aktien nicht erworben hätten, können sie nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger , die Beklagten zu 2 und 3, verlangen.

b) Schadensersatz in Form der Naturalrestitution können die Kläger nach den vorstehenden Grundsätzen von den Beklagten zu 2 und 3 auch insoweit verlangen, als diese aufgrund der Wahrunterstellung des Berufungsgerichts durch die ihnen vorgeworfenen Handlungen vorsätzlich gegen ein dem Schutz der Anleger dienendes Gesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen haben. Hier stellt insbesondere der in Form einer Ad-hoc-Mitteilung von den Beklagten zu 2 und 3 zu verantwortende Quartalsbericht vom 24. August 2000 über die Konzern-Halbjahreszahlen einen schuldhaften Verstoß gegen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dar, wenn er - wie in dem gegen die Beklagten zu 2 und 3 geführten Strafverfahren festgestellt wurde - ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichte und den Eindruck der Vollständigkeit erweckte (vgl. BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, ZIP 2005, 78, 79 ff.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dient als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB dem Schutz des Vertrauens potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse (Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, aaO S. 1723; dem folgend: BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, aaO S. 79 - jeweils m.w.Nachw.).
2. a) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die Beklagte zu 1, die als juristische Person für die von ihrem Vorstand als ver-
fassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen (§ 826 BGB) und vorsätzlichen Verstöße gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB, § 400 AktG) analog § 31 BGB einzustehen hat. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG in der hier einschlägigen ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1994 (im folgenden: a.F.) eine besondere Schadensersatzhaftung des Emittenten für die Verletzung der ihm gemäß § 15 Abs. 1-3 WpHG a.F. auferlegten Ad-hoc-Publizität ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Jedoch bleiben gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. ausdrücklich Schadensersatzansprüche , die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Dabei wurde im Gesetzgebungsverfahren besonders hervorgehoben (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), daß ein Haftungsausschluß zugunsten des Emittenten in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre und eine sachlich nicht vertretbare Bevorzugung des Emittenten gegenüber anderen Unternehmen darstellen würde, die für betrügerisches Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters - gegebenenfalls mit existenzbedrohenden Konsequenzen für das Unternehmen - haften müßten. Danach ist es gerechtfertigt, die juristische Person über § 31 BGB (vgl. dazu: BGHZ 99, 298, 302) grundsätzlich für vorsätzliche Falschinformationen ihrer Organe gegenüber dem Anlegerpublikum des Sekundärmarktes, sofern dadurch - wie hier - § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG verletzt sind, auf Schadensersatz haften zu lassen.

b) Die dabei als Schadensausgleich gemäß § 249 BGB vorrangig geschuldete Naturalrestitution ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57
AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
aa) Allerdings lehnte das Reichsgericht in seiner frühen Rechtsprechung zunächst die Haftung einer Aktiengesellschaft nach §§ 823 ff., 31 BGB in Fällen , in denen ihr Vorstand Anleger durch Täuschung zum Erwerb ihrer Aktien verleitet hatte, ab und räumte damit dem Grundsatz der Kapitalerhaltung zum Schutze von Drittgläubigern der Gesellschaft den Vorrang vor den allgemeinen Haftungsnormen des BGB ein (vgl. RGZ 54, 128, 132; RGZ 62, 29, 31; ähnlich auch RGZ 72, 290, 293); jedoch differenzierte es später nach der Art des Aktienerwerbs: Nur für solche Aktionäre, die ihre Aktien durch Zeichnung oder in Ausübung eines (primären) Bezugsrechts erworben hätten, sei sowohl eine allgemeine bürgerlich-rechtliche Haftung des Emittenten als auch dessen Prospekthaftung nach dem Börsengesetz ausgeschlossen, während die Gesellschaften nach diesen Normen hafteten, wenn der Wertpapiererwerb auf einem gewöhnlichen (derivativen) Umsatzgeschäft beruhe und der Aktionär der Gesellschaft wie ein außenstehender Gläubiger gegenüberstehe (RGZ 71, 97 ff.; 88, 271, 272). Ob es dieser - bis in neuere Zeit sowohl von obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Frankfurt ZIP 1999, 1005, 1007 f.) als auch von der herrschenden Lehre im Schrifttum (vgl. nur Henze in GroßkommAktG 4. Aufl. § 57 Rdn. 18 ff.; ders. in: NZG 2005, 115 - jew. m. umfangr. Nachw.) angewandten - Unterscheidung zur Lösung des Problems der Konkurrenz zwischen kapitalmarktrechtlicher (Prospekt-) Haftung und dem aktienrechtlichen Grundsatz der Vermögensbindung (§ 57 AktG) im Hinblick auf die eindeutig in die Richtung auf eine uneingeschränkte Haftung der Aktiengesellschaft weisenden Äußerungen des historischen Gesetzgebers (vgl. zum Sekundärmarkt: BT-Drucks. 12/7918 S. 102 - zu § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG, neuerdings zudem: §§ 37 b, 37 c WpHG; zum Primärmarkt: Begr.RegE BT-Drucks. 13/8933 S. 78, sowie §§ 44 f., 47
Abs. 2 BörsG) noch bedarf, kann dahinstehen. Denn auch auf der Grundlage dieser bislang herrschenden Meinung muß jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB und eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 400 AktG als anlegerschützendes Gesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB der Kapitalschutzgedanke des § 57 AktG zu Lasten der Beklagten zu 1 zurückstehen. Die Kläger haben - infolge der vorsätzlich falschen Ad-hoc-Mitteilungen des Vorstandes der Beklagten zu 1 - die Aktien der Beklagten zu 1 durch derivative Umsatzgeschäfte auf dem Sekundärmarkt, und zwar nicht einmal unmittelbar von der Beklagten zu 1, sondern von dritten Marktteilnehmern, erworben. Die Ersatzforderungen der in sittenwidriger Weise geschädigten Kläger gegen die Gesellschaft beruhen daher in erster Linie nicht auf ihrer - durch die unerlaubten Handlungen des Vorstands erst begründeten - mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger; die deliktische Haftung der Aktiengesellschaft knüpft an die Verletzung von gesetzlichen Publizitätspflichten (§ 15 WpHG) an, die ihr in erster Linie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des (sekundären) Kapitalmarktes auferlegt wurden (vgl. Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hocPublizität 1999, S. 141 f.; Schwark/Zimmer, KMRK 3. Aufl. § 37 b, § 37 c WpHG Rdn. 12 m.w.Nachw.). Das Gesellschaftsvermögen wird also durch die Belastung mit einer derartigen Schadensersatzverbindlichkeit nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen außenstehender Gläubiger in Anspruch genommen. Angesichts dessen besteht bei der kapitalmarktbezogenen sittenwidrigen Beeinträchtigung der Willensfreiheit des Anlegers durch das Leitungsorgan kein Anlaß, die Gesellschaft wegen des aktienrechtlichen Vermögensbindungsgrundsatzes von jeglicher Ersatzverpflichtung freizustellen oder auch nur die Haftung auf das sog. freie Vermögen, d.h. auf einen das Grundkapital und die gesetzliche Rücklage übersteigenden Betrag, zu beschränken (vgl.
Schwark/Zimmer aaO Rdn. 14 m.w.Nachw.; a.A. Henze, NZG 2005, 109, 120 f.).
bb) Einem Schadensausgleich in Form der Naturalrestitution steht auch nicht entgegen, daß diese unter Umständen dazu führt, daß die Beklagte zu 1 gegen Erstattung des von den geschädigten Klägern aufgewendeten Kaufpreises die von diesen erworbenen Aktien übernehmen muß und dadurch formal gesehen - entgegen § 71 AktG - eigene Aktien "erwirbt". Auch insoweit hat das Integritätsinteresse der durch vorsätzlich sittenwidriges oder strafbares - der Gesellschaft zurechenbares - Handeln des Vorstandes geschädigten Anleger auf Herbeiführung eines Zustandes, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt (§ 249 Abs. 1 BGB), Vorrang vor dem - ähnlich wie § 57 AktG auch der Kapitalerhaltung bzw. Vermögensbindung dienenden - Verbot des Erwerbs eigener Aktien (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG). Ohnehin ist die Tatsache, daß es im Rahmen des gebotenen Schadensausgleichs zu einer Übernahme eigener Aktien durch die Gesellschaft kommen kann, lediglich Folge der Besonderheiten der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und als solche von der ersatzpflichtigen Gesellschaft hinzunehmen: Während die eigentliche Belastung des Vermögens der Gesellschaft durch die Pflicht zur Erstattung des von den Anlegern aufgewendeten Kaufpreises stattfindet, beruht die Verpflichtung des Geschädigten , die etwa noch in seinem Besitz befindlichen Aktien Zug um Zug an den am Erwerb nicht beteiligten Schädiger herausgeben zu müssen, vor allem darauf, daß ihm aus Anlaß der Schädigung kein über den Ersatz des Schadens hinausgehender Vorteil ("Bereicherungsverbot") verbleiben soll. Haben die geschädigten Anleger etwa die Aktien schon (wieder) veräußert, so findet aus demselben Grunde bei der Schadensabwicklung eine wertmäßige Anrechnung des aus dem Verkauf der Aktien erlangten Kaufpreises statt. Auch unter Wertungsaspekten wäre eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallkon-
stellationen - Schadensersatz bei zwischenzeitlichem Verkauf der Aktien, Ausschluß des Ersatzes bei deren Vorhandensein im Hinblick auf § 71 AktG - nicht gerechtfertigt, zumal der nur in der zweiten Variante auftretende Gesichtspunkt des "Erwerbs eigener Aktien" mehr oder minder zufällig ist und im übrigen durch den getäuschten Anleger durch jederzeit zulässigen Verkauf der Aktien vermieden werden kann. Entsprechendes gilt im übrigen, sofern sich der geschädigte Anleger - was zulässig wäre - auf die alternativ bestehende Möglichkeit der Geltendmachung des Differenzschadens beschränken würde. Auch deshalb gebührt dem Grundsatz der Naturalrestitution, sofern er im Zuge der Schadensabwicklung mit dem formalen Aspekt des faktischen Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) in Widerstreit gerät, der Vorrang.
3. Soweit im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt wird, die Kläger verlangten als Folge der den Beklagten angelasteten falschen Ad-hocMitteilungen Schadensersatz hinsichtlich des Erwerbs "bzw." des Nichtverkaufs von Aktien, finden sich bezüglich der zweiten Konstellation im Urteil keine weiteren quantitativen oder qualitativen Ausführungen oder Differenzierungen hinsichtlich der Form des Schadensersatzes. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts machen sämtliche Kläger jedoch konkret allein Naturalrestitution für den aufgewendeten Kaufpreis geltend; in Übereinstimmung damit ergibt sich aus dem von den vorinstanzlichen Entscheidungen in Bezug genommenen Schriftsatz der Kläger vom 18. Juli 2001, daß solche Kläger, die mehrfach Aktien der Beklagten zu 1 erworben haben, vortragen, durch die Äußerungen der Beklagten zu 2 und 3 zum "Halten" der bisherigen Aktien und zum Erwerb weiterer Aktien veranlaßt worden zu sein; gesonderte schadensersatzrechtliche Konsequenzen werden daraus neben oder anstelle des begehrten Ersatzes für den Erwerb von Aktien (bislang) nicht gezogen. Damit bleiben die Ausführungen des Berufungsgerichts für diese Konstellation derzeit ohne prozessuale
Relevanz. Insoweit merkt der Senat lediglich an, daß solche Altanleger, die durch eine unerlaubte Handlung des Vorstandes nachweisbar von dem zu einem bestimmten Zeitpunkt fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen haben, selbstverständlich nicht den Erwerbspreis als Schadensersatz beanspruchen könnten, sondern den hypothetischen Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin (gegen Überlassung der etwa noch vorhandenen Aktien oder unter Anrechnung des zwischenzeitlich etwa tatsächlich erzielten Verkaufserlöses). Auch insoweit würde es sich allerdings um eine Form der Naturalrestitution, nicht hingegen um einen Differenzschaden handeln.
4. Darauf, daß auch die Annahme des Berufungsgerichts, ein etwaiger Differenzschaden lasse sich in Bezug auf den Aktienkurs nicht feststellen, durchgreifenden Bedenken begegnet (vgl. dazu unter III 3), kommt es danach nicht mehr entscheidend an.
III. Der unter II 1 f. aufgezeigte Rechtsfehler macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Berufungsurteil läßt sich nicht etwa durch abschließende Endentscheidung des Senats mit anderer Begründung aufrechterhalten (vgl. § 561 ZPO). Als hinreichende Beurteilungsgrundlage reicht dem Senat insoweit hinsichtlich der am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger die bloße Bezugnahme des Oberlandesgerichts auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils nicht aus. Zwar hat das Landgericht abgesehen von der nicht tragfähigen , auf einer Wahrunterstellung beruhenden Verneinung des geltend gemachten Schadens die Klageabweisung auch darauf gestützt, daß die meisten Kläger nicht substantiiert vorgetragen hätten, aufgrund welcher konkreten Hand-
lung der Beklagten sie zu einem Kauf der Aktien veranlaßt worden seien; selbst der Vortrag der übrigen Kläger sei letztlich nicht hinreichend, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Das Berufungsurteil läßt aber nicht erkennen , inwiefern es sich mit den Einwänden der Berufung gegen die beiden Argumentationslinien des Landgerichts konkret auseinandergesetzt hätte. Da es sich bei den Anlageentscheidungen der zahlreichen Kläger um individuell geprägte Willensentschlüsse handelt, die im Regelfall nicht durch typisierende Betrachtungsweise erfaßt werden können (vgl. zur grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit des Anscheinsbeweises: Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, WM 2004, 1731, 1734 f. = ZIP 2004, 1599, 1602 ff., z.V.b. in BGHZ 160, 134; II ZR 217/03 aaO S. 1731 - Infomatec), eignen sich die Klagen der einzelnen Kläger, auch wenn sie hier im Wege der Klagehäufung - wenig zweckmäßig - zu einem Prozeß verbunden sind, grundsätzlich nicht für eine pauschalierende Behandlung wie in einem Massenverfahren.
2. Das Berufungsgericht wird sich daher in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung jeweils im einzelnen mit den Klagen der diversen nach Durchführung der Revision noch verbliebenen Kläger zu befassen haben; nur soweit die Klagen tatsächlich gleichgelagert sind, bestehen gegen eine zusammengefaßte Behandlung unter Darlegung der vergleichbaren Umstände in einer erneuten Berufungsentscheidung keine Bedenken.
Im übrigen wird für das weitere Verfahren auf die bereits erwähnten, zu vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen drei Grundsatzentscheidungen des Senats vom 19. Juli 2004 (aaO - Infomatec) hingewiesen.
Abgesehen von einem Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB kommt hier in bezug auf den in Form einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichten Quartalsbericht vom 24. August 2000 eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2 und 3
- für die die Beklagte zu 1 einzustehen hätte - nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Betracht; auf die diesbezüglichen Feststellungen des 1. Strafsenats in dem die Beklagten zu 2 und 3 betreffenden Revisionsverfahren (1 StR 420/03 aaO S. 78) wird nochmals ergänzend hingewiesen. Soweit es für die Beurteilung der individuellen Anlageentscheidungen der Kläger im weiteren Verfahren auf das Zeitmoment der Nähe der jeweiligen Kaufentschlüsse zu den behaupteten unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 ankommt , weist der Senat darauf hin, daß u.a. der Kläger zu 35 nach seinem Vorbringen die entsprechende Anlageentscheidung noch am Tag der Veröffentlichung des Halbjahresberichtes vom 24. August 2000 und der Kläger zu 22 seine diesbezügliche Entscheidung am Folgetage getroffen hat. Ein derartiges Zeitmoment kann auch ausschlaggebend für die erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit im Rahmen der beantragten Parteivernehmung nach § 448 ZPO sein, zumal dann, wenn die Kläger - wie sie in den Vorinstanzen vorgetragen haben - hinsichtlich ihrer individuellen Anlageentscheidung über keine anderen Beweismittel als ihre eigene Vernehmung als Partei verfügen.
3. Sofern Kläger in der neu eröffneten Berufungsinstanz etwa im Rahmen ihres Schadensersatzbegehrens von der Naturalrestitution zu der alternativ möglichen Differenzschadensberechnung übergehen sollten, weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Der Differenzschaden in Form des Unterschiedsbetrages zwischen dem tatsächlich gezahlten Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich ermittelbar. Bei der Berechnung der Wertdifferenz steht zunächst der von dem getäuschten Anleger gezahlte Kaufpreis fest, während sich lediglich der wahre Wert bei Geschäftsabschluß im Falle pflichtgemä-
ßem Publizitätsverhaltens als eine hypothetische Größe der unmittelbaren Wahrnehmung entzieht. Selbst wenn - wie das Oberlandesgericht meint - Kursbewegungen niemals monokausal sind (vgl. dazu Groß, WM 2002, 477, 486), so besteht doch in der herrschenden Meinung der Literatur Übereinstimmung, daß sich trotz aller Schwierigkeiten der hypothetische Transaktionspreis mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft durchaus mit der erforderlichen Sicherheit errechnen läßt, um - ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen - zumindest eine richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu ermöglichen (vgl. insbesondere zur vergleichbaren Problematik im Rahmen der Schadensberechnung zu §§ 37 b, 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff. m. umfangr. rechtsvergleichenden Nachw.; Steinhauer aaO S. 272 ff., 281 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Rützel, AG 2003, 69, 76 f.; Reichert/ Weller, ZRP 2002, 49, 55; Sethe, WpHG § 37 b, 37 c Rdn. 60 ff.). Als geeignete Hilfsgröße zur Ermittlung des hypothetischen Preises kann auf die Kursveränderung unmittelbar nach Bekanntwerden der wahren Sachlage zurückgegriffen und sodann "vermittels rückwärtiger Induktion" auf den wahren Wert des Papiers am Tage des Geschäftsabschlusses näherungsweise geschlossen werden (vgl. Fleischer aaO S. 1873 m.w.Nachw.). Auch wenn es dabei - ähnlich wie bei der Unternehmensbewertung - im Detail unterschiedliche methodische Ansätze für die Näherungsrechnung geben mag, so wird dadurch die Berechenbarkeit als solche nicht in Frage gestellt. Der Tatrichter ist auf der Grundlage entsprechenden Vortrags der geschädigten Anleger zu den hier relevanten Zeitpunkten in der Lage, sich mit sachverständiger Hilfe zumindest
die gebotene wissenschaftlich abgesicherte Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Vermögensschadens der Kapitalanleger i.S. von § 287 ZPO zu verschaffen.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 147/05 Verkündet am:
4. Juni 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROAD IV“
BGB § 826 H; BörsG § 47 Abs. 2

a) Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter
Ad-hoc-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten
Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser
Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher
das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung
nicht aus.

b) Auch im Bereich des Primärmarktes ist für die nach § 47 Abs. 2 BörsG neben der
spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung (§§ 44 f. BörsG) nicht ausgeschlossene
Deliktshaftung gemäß § 826 BGB vom klagenden Anleger der Nachweis der
konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität falscher Prospektangaben für seine
Willensentschließung zu führen. Hierfür genügt das enttäuschte allgemeine
Anlegervertrauen in die Integrität des vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens
einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank nicht.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 - II ZR 147/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 12.834,54 € nebst Zinsen an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung von 260 Aktien der ComROAD AG verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung gegen die beklagte ComROAD AG geltend.
2
Die Aktien der Beklagten wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,17 € nach dem späteren Aktiensplit 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splitbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger erwarb am 9. Oktober 2000 zum Aktienkurs von 49,98 €, am 9. Januar 2001 zum Kurs von 30,00 €, am 16. Februar 2001 zum Kurs von 43,00 €, am 21. Februar 2001 zum Kurs von 33,00 € und am 12. April 2001 zum Kurs von 20,00 € insgesamt 410 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 12.869,90 €. In der Folgezeit sank der Kurs der Aktie weiter. Am 11. April 2002 verkaufte der Kläger 150 der von ihm gehaltenen ComROADAktien für insgesamt 35,10 € (Kurs: 0,30 €).
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte über ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter B. S. bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass S. - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekanntwerden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien abzüglich des aus dem Teilverkauf erzielten Erlöses. Zur Begründung beruft er sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten hätten am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu seinem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten geführt; für dieses sittenwidrige Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden habe die Beklagte einzustehen. Demgegenüber bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adhoc -Mitteilungen für die Kaufentschlüsse des Klägers und stellt eine Verantwortlichkeit für das Handeln ihres Vorstandes im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr nach Parteivernehmung des Klägers stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der von diesem noch gehaltenen Aktien. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die von B. S. als Organ der Beklagten zur Täuschung des Börsenpublikums veröffentlichten, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe des Klägers ursächlich geworden. S. sei es gelungen, durch seine falschen Ad-hoc-Mitteilungen die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu veranlassen, die unabhängig von allen Kursschwankungen von 1999 bis Anfang 2002 angedauert habe. Wie der als Partei vernommene Kläger sachlich glaubhaft und persönlich überzeugend bestätigt habe, sei er "ersichtlich der allgemeinen Linie gefolgt". Die Beklagte müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden nach § 31 BGB einstehen und könne dem Kläger weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die Kaufentscheidungen des Klägers nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen - wie sie auch im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen.Rspr. seit BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/05, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision gibt dem Senat zu einer Änderung seiner neuen Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Erwerb ihrer Aktien.
13
a) Das Berufungsgericht referiert zwar im Ansatz noch zutreffend die Senatsrechtsprechung zu den Anforderungen an den Kausalitätsnachweis dahingehend , dass die Anlageentscheidung eines potentiellen Aktienerwerbers einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss darstellt, so dass es bei derartigen individuell geprägten Willensentschlüssen grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis für sicher bestimmbare Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt (BGHZ 160, 134, 144 ff. m.w.Nachw. - Infomatec I). Dementsprechend lassen sich auch nicht die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz a.F. entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Denn der Informationsgehalt der Ad-hoc-Mitteilung beschränkt sich im Allgemeinen ausschnittartig auf wesentliche aktuelle, neue Tatsachen aus dem Unternehmensbereich, die zumeist für eine individuelle zeitnahe Entscheidung zum Kauf oder Verkauf der Aktien relevant sein können, jedoch in der Regel nicht geeignet sind, eine sog. Anlagestimmung hervorzurufen. Zwar ist denkbar, dass sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann; jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise (BGHZ 160, 134, 146 f.).
14
b) Die Voraussetzungen einer derartigen, nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises hat das Berufungsgericht indessen nicht - jedenfalls nicht revisionsrechtlich einwandfrei - festgestellt. Es beschränkt sich auf die - in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt unklar bleibende - Feststellung, es sei "indes S. gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte".
15
Sofern das Berufungsgericht gemeint haben sollte, es könne die besondere Art und das Ausmaß der Irreführung des Börsenpublikums durch die Falschmitteilungen B. S. s sowie die Dauer der Fehleinschätzung des Marktes bis zur Aufdeckung der Machenschaften mit einer permanenten konkreten Anlagestimmung gleichsetzen, mangelte es einer solchen Hypothese an einer tragfähigen Begründung. Die Feststellung des Oberlandesgerichts erschöpft sich nämlich in einer lapidaren, oberflächlichen Zustandsbeschreibung; ihr fehlt jegliche, durch konkrete Anknüpfungstatsachen belegte, fundierte markttechnische Analyse und Einordnung der Entwicklung der ComRoad-Aktie, aus der sich etwa eine Anlagestimmung für den vorliegenden Fall - zumal ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. ohne die notwendige Darlegung der eigenen Fachkunde des Gerichts - (revisions-)rechtlich einwandfrei ableiten ließe. Das gilt insbesondere für die fern liegende Annahme des Berufungsgerichts, eine etwaige Anlagestimmung habe ununterbrochen von der Börseneinführung der Aktie bis zur Aufdeckung der Manipulationen, d.h. über mindestens zwei Jahre trotz der extremen Volatilität der Aktie mit Kurseinbrüchen bereits kurz nach dem erstmaligen Erreichen des Höchststandes im Februar 2000, angedauert (vgl. zur Vielfältigkeit kursbeeinflussender Faktoren des Kapitalmarkts bereits BGHZ 160, 134, 146 m.Nachw.).
16
Der Aussagewert der Feststellung des Berufungsgerichts beschränkt sich freilich ohnehin darauf, dass die extrem unseriösen Kapitalmarktinformationen des Vorstands der Beklagten das Börsenpublikum generell in der Einschätzung und Bewertung des Unternehmens bzw. der Aktie über einen langen Zeitraum irregeführt und trotz der Volatilität der Aktie zu deren Kauf und Verkauf bewogen hat und dass auch der Kläger "dieser allgemeinen Linie gefolgt" ist. Wenn das Berufungsgericht allein die allgemeine Marktsituation für den konkreten Kausalitätsnachweis genügen lassen will, so ist diese Argumentation genauso wenig tragfähig wie diejenige eines anderen Senats des Berufungsgerichts , der gemeint hat, bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation reiche das dadurch hervorgerufene Vertrauen des potentiellen Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über die Beklagte und der daraus resultierende Glaube an die wirtschaftliche Substanz und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zur Bejahung der haftungsbegründenden Kausalität aus (vgl. dazu bereits: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 10 - ComROAD I). Derartige Ansichten liefen darauf hinaus, im Rahmen des § 826 BGB auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers zu verzichten und stattdessen - in Anlehnung an die sog. fraud-on-the-market-theory des USamerikanischen Kapitalmarktrechts - an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz , der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität nicht gefolgt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III); hieran hält er weiterhin fest. Danach muss im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.
17
3. Der Mangel tragfähiger Feststellungen zum Kausalzusammenhang zwischen den falschen Kapitalmarktinformationen und den Anlageentscheidungen des Klägers wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Berufungsgericht den Kläger als Partei vernommen und dieser - wie es ohne nähere Begründung angenommen hat - "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Wei- se bestätigt" hat, dass er bei seinen Anlageentscheidungen "der allgemeinen Linie gefolgt" sei und die Aktie nicht erworben hätte, wenn er das Ausmaß der Täuschungen durch den Vorstand der Beklagten gekannt hätte. Denn diese Beweisaufnahme ging ersichtlich nicht über den - unzureichenden - allgemeinen Rahmen hinaus, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zur Kausalitätsfrage zugrunde gelegt hat.
18
4. Inwieweit die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten - zumindest teilweise - geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch des Klägers grundsätzlich auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen , bedarf keiner weiteren Erörterung. Auch insoweit sind nämlich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine konkrete Kausalität zwischen einem eventuellen Fehlverhalten der Beklagten im Sinne dieser Bestimmungen und den Aktienkäufen des Klägers anzunehmen. Der zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich entsprechend auch auf etwaige Ansprüche aus der etwaigen Verletzung des Schutzgesetzes des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus.
19
5. Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht gemäß § 561 ZPO mit der von der Revisionserwiderung angeführten Argumentation aufrechterhalten, dass die Beklagte bereits in dem Verkaufsprospekt anlässlich ihrer Börsenzulassung übertriebene Umsatzangaben gemacht habe, so dass es auf der Grundlage richtiger Angaben zu den Umsatzzahlen gar nicht erst zu einem Börsengang der Beklagten und infolgedessen auch nicht zu einem Aktienerwerb durch den Kläger gekommen wäre. Dieses Vorbringen des Klägers, das in den Vorinstanzen allenfalls eine nebensächliche Rolle gespielt hat und in den Entscheidungen des Land- und des Berufungsgerichts nicht einmal ausdrücklich erwähnt worden ist, kann schon deshalb nicht Grundlage einer das angefochtene Urteil aufrechterhaltenden Entscheidung gemäß § 561 ZPO sein, weil die dem zugrunde liegenden Tatsachen von der Beklagten substantiiert bestritten worden sind.
20
III. Aufgrund des unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
21
1. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die falschen Ad-hocMitteilungen der Beklagten kausal für die Aktienkäufe des Klägers waren. Nach dem vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen folgerichtig - nicht geprüften weitergehenden Vortrag des Klägers ist es zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium jedoch nicht von vornherein als gänzlich unwahrscheinlich anzusehen, dass diesem der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen den Täuschungshandlungen der Beklagten und seinen Aktienkäufen noch gelingen könnte.
22
a) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10. April 2005 vorgetragen, er habe stets "nicht nur beim Kauf der Aktien, sondern auch während des Haltens des Titels seine Investitionsentscheidung an den regelmäßigen falschen Ad-hocMitteilungen zeitnah überprüft" und diesbezüglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Im Rahmen der vom Berufungsgericht durchgeführten Parteivernehmung hat er zudem bekundet, er habe "ständig die Ad-hoc-Mitteilungen studiert , morgens aus der Zeitung und dann aus dem Internet im Büro und abends auch noch". Hinzu kommt, dass der Kläger jedenfalls einen Teil der Aktien sogar am Tag der Bekanntgabe von Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten bzw. nur wenige Tage danach gekauft hat und diese Mitteilungen grundsätzlich geeignet waren, den Kaufentschluss eines potentiellen Anlegers zu wecken. Berücksichtigt man ferner, dass das Berufungsgericht andere - für seine Entscheidung maßgebliche - Angaben des Klägers als Partei als "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Weise bestätigt" angesehen hat, so ist jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit seines Vortrags hinsichtlich der Kenntnisnahme von einzelnen konkreten Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und deren sein eigenes Anlageverhalten beeinflussende Wirkung nicht völlig von der Hand zu weisen.
23
b) Allerdings hat das Berufungsgericht die Parteivernehmung - auf der Basis seines bisherigen, freilich unzutreffenden Rechtsstandpunkts - nur darauf erstreckt, ob und inwieweit der Kläger in seinen Entscheidungen "der allgemeinen Linie" des Börsenpublikums bezüglich der ComROAD-Aktien gefolgt ist, ihn indessen nicht zu weiteren maßgeblichen Punkten seiner Willensentschlüsse vernommen bzw. solche nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen.
24
c) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt danach nicht in Betracht.
25
2. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht daher den - ggf. ergänzten - konkreten Sachvortrag des Klägers zum Kausalzusammenhang erneut auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des (weiteren ) Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Vernehmung als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat, BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben.
26
3. Für die wiedereröffnete Berufungsverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
27
Soweit der Kläger nunmehr erstmals in der Revisionsinstanz unter Berufung auf die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7. November 2003 - 5 W 31/03, AG 2004, 453 sowie weitere Entscheidungen, die derzeit im Revisionsverfahren vor dem Senat - II ZR 229/05 und II ZR 68/06 - anhängig sind) neue Kausalitätsaspekte zu entwickeln versucht, die das Erfordernis des Kausalitätsnachweises zwischen den konkreten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Aktienkauf überflüssig machen sollen, vermag der Senat dem aus Rechtsgründen nicht zu folgen.
28
a) Die vom Kläger so bezeichneten angeblichen Täuschungshandlungen "im Vorfeld des Börsenganges" führen unter dem Blickwinkel des § 826 BGB jedenfalls nicht ohne den - auch insoweit - vom Kläger als Anspruchsteller im Rahmen des Delikts zu führenden Nachweis (BGHZ 100, 134, 145 m.w.Nachw.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast § 826 Rz. 1) der konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität für seine Willensentschließung zur Schadensersatzpflicht des Vorstandes sowie der Gesellschaft im Wege der Naturalrestitution durch Rückerstattung des Erwerbspreises gegen Rückgabe der Aktien (§ 249 BGB).
29
b) Die vom Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellte Annahme , die unrichtige Umsatzangabe im Verkaufs- bzw. Emissionsprospekt könne nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg in Gestalt des späteren Aktienerwerbs des jeweiligen Käufers entfiele, greift zu kurz.
30
Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 63 m.w.Nachw.; st.Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität.
31
aa) Dem entspricht es, dass der Senat - wie oben bereits dargelegt - bei der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität des Sekundärmarktes im Rahmen des Tatbestandes des § 826 BGB auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet und dementsprechend das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht ausreichend sein lässt.
32
bb) Diese zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung unabdingbare , aus dem Schutzzweck der Norm abzuleitende Tatbestandseingrenzung gilt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch insoweit, als es im Bereich des Primärmarktes um die Haftung für Prospektmängel nach den §§ 45, 46 BörsG a.F. (nunmehr §§ 44, 45 BörsG n.F.) und die gemäß § 48 Abs. 2 BörsG a.F. (nunmehr § 47 Abs. 2 BörsG n.F.) nicht ausgeschlossene weitergehende Deliktshaftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB geht.
33
Das Börsengesetz verzichtet für die spezialgesetzliche - nach § 13 VerkProspG auch für das hier einschlägige Segment des Neuen Marktes entsprechend geltende - Prospekthaftung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F. nicht auf das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität, weil danach die Prospekthaftung nur eingreift, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Wertpapiere besteht. Für die weitergehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die kraft ausdrücklicher Normierung in § 48 Abs. 2 BörsG a.F. nicht ausgeschlossen sind, gilt in Bezug auf den haftungsrelevanten, weil das Anlegerpublikum des Primärmarktes irreführenden Prospektfehler unter dem Blickwinkel des Schutzzwecks der Norm nichts anderes.
34
cc) Soweit der Kläger den Kausalitätsansatz noch weiter in das Vorfeld des Börsenganges verlegen will, indem er meint, bei zutreffender Angabe der geringeren Umsatzzahlen im Verkaufsprospekt hätte sich keine Bank bereit gefunden , die Emission, die in diesem Fall nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, zu begleiten, gilt dies erst recht. Denn geschützt wird auch insoweit im Rahmen des § 826 BGB nicht das allgemeine Vertrauen in die Zuverlässigkeit des der Neuemission an der Börse vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens einschließlich der Begleitung des Börsengangs durch eine Bank, sondern die konkrete Anlageentscheidung kaufwilliger Anleger vor unzutreffenden Angaben des Prospekts selbst, der als direkte Informationsquelle für die Börsenpreisbildung maßgeblich ist und daher die Anlageentscheidung unmittelbar beeinflusst (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2015 - zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 399 AktG: Erfordernis eines bewussten Verhaltens im - konkreten - Vertrauen in die Richtigkeit relevanter Angaben).
35
Auch im Übrigen erscheint unter Schutznormaspekten die von dem Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt konstruierte "generelle" - also unabhängig von der Kenntnis des potentiellen späteren Anlegers postulierte - Kausalität eines Prospektmangels unvertretbar, weil sie im Sinne einer "Dauerkausalität" auf unabsehbare Zeit auch jedem beliebigen späteren Aktienerwerber auf dem Sekundärmarkt - wie hier - stets zugute kommen würde ohne Rücksicht darauf, ob das Schutzgut der Norm - hier die Integrität seiner Willensentschließung - überhaupt berührt wird.
Goette Kurzwelly Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.09.2004 - 5 HKO 14438/04 -
OLG München, Entscheidung vom 20.04.2005 - 7 U 5303/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 173/05 Verkündet am:
4. Juni 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"ComROADV"
Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter Adhoc
-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten Kausalität
für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation
nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher das enttäuschte
allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht
aus.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2007 - II ZR 173/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von 11.708,81 € nebst Zinsen an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung von 175 Aktien der ComROAD AG verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem Erwerb von ComROADAktien Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung gegen die beklagte ComROAD AG geltend.
2
Die Aktien der Beklagten wurden im November 1999 zum geregelten Markt mit Handel im neuen Markt zugelassen und am 26. November 1999 mit dem Emissionskurs von 20,50 € (entsprechend 5,17 € nach dem späteren Aktiensplit 1:4) notiert. Der Kurs der Aktie stieg binnen weniger Wochen bis Ende Februar 2000 auf den Höchststand von - splitbereinigt - 64,00 €, der - nach zwischenzeitlich reduzierten Kursen von ca. 25,00 € - im September 2000 erneut erreicht wurde. Der Kläger erwarb am 26. September 2000 zum Aktienkurs von 61,00 €, am 29. September 2000 zum Kurs von 60,10 € und am 17. Mai 2001 zum Kurs von 15,25 € insgesamt 300 Aktien der Beklagten zum Gesamtpreis von 12.671,64 €. In der Folgezeit sank der Kurs der Aktie weiter. Am 27. August 2001 verkaufte der Kläger 125 der von ihm gehaltenen ComROADAktien für insgesamt 963,00 € (Kurs: 7,95 €).
3
Nach der ersten Aktiennotierung trat die Beklagte über ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsgesellschafter B. S. bis zum Ende des Jahres 2001 mit mehr als 40 Ad-hoc-Mitteilungen an die Öffentlichkeit. In diesen Mitteilungen wurden im Wesentlichen neue Geschäftspartner und aktualisierte Unternehmenszahlen bekannt gegeben; dabei wurde für jedes Quartal eine erhebliche Erhöhung von Umsatz und Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Quartal mitgeteilt. Nachdem am 20. Februar 2002 die von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Mandat niedergelegt hatte, stellte sich heraus, dass S. - der aufgrund dieser Vorgänge zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist - wesentliche Teile der angeblichen Umsätze der Beklagten mit Hilfe von Scheinfirmen fingiert hatte. Im Rahmen einer Sonderprüfung wurde u.a. nachgewiesen, dass von den zuletzt durch Ad-hoc-Mitteilungen bekannt gegebenen Umsätzen der Beklagten von 93,6 Mio. € für das Kalenderjahr 2001 in Wirklichkeit nur 1,4 % getätigt worden waren. Seit Bekannt werden dieser Umstände liegt der Kurs der Aktie der Beklagten überwiegend deutlich unter 1,00 €.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises der Aktien abzüglich des aus dem Teilverkauf erziel- ten Erlöses. Zur Begründung beruft er sich darauf, die Bekanntgabe der weitgehend fingierten Umsatz- und Ergebniszahlen durch den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten hätten am Markt zu einer Kaufstimmung und auch zu seinem eigenen Engagement in Aktien der Beklagten geführt; für dieses sittenwidrige Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden habe die Beklagte einzustehen. Demgegenüber bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adhoc -Mitteilungen für die Kaufentschlüsse des Klägers und stellt eine Verantwortlichkeit für das Handeln ihres Vorstandes im Hinblick auf die §§ 57, 71 ff. AktG in Abrede.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr nach Parteivernehmung des Klägers stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Kläger noch gehaltenen Aktien; außerdem hat es die Revision zugelassen. Gegen das Berufungsurteil haben zunächst beide Parteien Revision eingelegt. Während der Kläger sein Rechtsmittel zurückgenommen hat, verfolgt die Beklagte mit der Revision ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) gerechtfertigt. Die von B. S. als Organ der Beklagten zur Täuschung des Börsenpublikums veröffentlichten, überwiegend frei erfundenen Unternehmenszahlen seien für die Aktienkäufe des Klägers ursächlich geworden. S. sei es gelungen, durch seine falschen Ad-hoc-Mitteilungen die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu veranlassen, die unabhängig von allen Kursschwankungen von 1999 bis Anfang 2002 angedauert habe. Wie der als Partei vernommene Kläger sachlich glaubhaft und persönlich überzeugend bestätigt habe, sei er "ersichtlich der allgemeinen Linie gefolgt". Die Beklagte müsse für das Fehlverhalten ihres Vorstandsvorsitzenden nach § 31 BGB einstehen und könne dem Kläger weder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) entgegenhalten.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt der Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die Kaufentscheidungen des Klägers nicht stand.
10
1. Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen - wie sie auch im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegt - gegen die Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt und im Falle der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des potentiellen Aktienerwerbers diesem gegenüber eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (st. Sen.Rspr. seit BGHZ 160, 134 - Infomatec I; 160, 149 - Infomatec II).
11
Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen auch die beklagte Gesellschaft analog § 31 BGB - gesamtschuldnerisch mit diesem - einzustehen hat. Dabei ist - wie der Senat zwischenzeitlich durch Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/05, ZIP 2005, 1270, 1272 f. - EM.TV) entschieden hat - die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen; die hiergegen gerichtete Kritik der Revision gibt dem Senat zu einer Änderung seiner neuen Rechtsprechung keine Veranlassung (vgl. dazu schon: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04, ZIP 2007, 681 Tz. 3 - ComROAD I; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05, ZIP 2007, 326, 327 Tz. 9 - ComROAD III).
12
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Begründung des Berufungsgerichts für die von ihm bejahte Kausalität zwischen den falschen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten und den Willensentschlüssen des Klägers zum Erwerb ihrer Aktien.
13
a) Nach der Senatsrechtsprechung - die das Berufungsgericht noch im Ansatz zutreffend referiert - stellt die Anlageentscheidung des potentiellen Aktienerwerbers einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss dar, für den es grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis für sicher bestimmbare Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt (BGHZ 160, 134, 144 ff. m.w.Nachw. - Infomatec I). Dementsprechend lassen sich auch nicht die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz a.F. entwickelten Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung ohne weiteres auf die Deliktshaftung nach § 826 BGB im Hinblick auf fehlerhafte Ad- hoc-Mitteilungen i.S. des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. übertragen. Denn der Informationsgehalt der Ad-hoc-Mitteilung beschränkt sich im Allgemeinen ausschnittartig auf wesentliche aktuelle, neue Tatsachen aus dem Unternehmensbereich , die zumeist für eine individuelle zeitnahe Entscheidung zum Kauf oder Verkauf der Aktien relevant sein können, jedoch in der Regel nicht geeignet sind, eine sog. Anlagestimmung hervorzurufen. Zwar ist denkbar, dass sich im Einzelfall - je nach Tragweite der Information - aus positiven Signalen einer Adhoc -Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann; jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise (BGHZ 160, 134, 146 f.).
14
b) Die Voraussetzungen einer derartigen, nur ausnahmsweise in Betracht kommenden Anlagestimmung mit der Folge einer Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises hat das Berufungsgericht indessen nicht - jedenfalls nicht revisionsrechtlich einwandfrei - festgestellt. Es beschränkt sich auf die - in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt unklar bleibende - Feststellung, es sei "indes S. gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte".
15
Sofern das Berufungsgericht gemeint haben sollte, es könne die besondere Art und das Ausmaß der Irreführung des Börsenpublikums durch die Falschmitteilungen B. S. s sowie die Dauer der Fehleinschätzung des Marktes bis zur Aufdeckung der Machenschaften mit einer permanenten konkreten Anlagestimmung gleichsetzen, mangelte es einer solchen Hypothese an einer tragfähigen Begründung. Die Feststellung des Oberlandesgerichts erschöpft sich nämlich in einer lapidaren, oberflächlichen Zustandsbeschreibung; ihr fehlt jegliche, durch konkrete Anknüpfungstatsachen belegte, fundierte markttechnische Analyse und Einordnung der Entwicklung der ComRoad-Aktie, aus der sich etwa eine Anlagestimmung für den vorliegenden Fall - zumal ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. ohne die notwendige Darlegung der eigenen Fachkunde des Gerichts - (revisions-)rechtlich einwandfrei ableiten ließe. Das gilt insbesondere für die fern liegende Annahme des Berufungsgerichts, eine etwaige Anlagestimmung habe ununterbrochen von der Börseneinführung der Aktie bis zur Aufdeckung der Manipulationen, d.h. über mindestens zwei Jahre trotz der extremen Volatilität der Aktie mit Kurseinbrüchen bereits kurz nach dem erstmaligen Erreichen des Höchststandes im Februar 2000, angedauert (vgl. zur Vielfältigkeit kursbeeinflussender Faktoren des Kapitalmarkts bereits BGHZ 160, 134, 146 m.Nachw.).
16
Der Aussagewert der Feststellung des Berufungsgerichts beschränkt sich freilich ohnehin darauf, dass die extrem unseriösen Kapitalmarktinformationen des Vorstands der Beklagten das Börsenpublikum generell in der Einschätzung und Bewertung des Unternehmens bzw. der Aktie über einen langen Zeitraum irregeführt und trotz der Volatilität der Aktie zu deren Kauf und Verkauf bewogen hat und dass auch der Kläger "dieser allgemeinen Linie gefolgt" ist. Wenn das Berufungsgericht allein die allgemeine Marktsituation für den konkreten Kausalitätsnachweis genügen lassen will, so ist diese Argumentation genauso wenig tragfähig wie diejenige eines anderen Senats des Berufungsgerichts , der gemeint hat, bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation reiche das dadurch hervorgerufene Vertrauen des potentiellen Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über die Beklagte und der daraus resultierende Glaube an die wirtschaftliche Substanz und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zur Bejahung der haftungsbegründenden Kausalität aus (vgl. dazu bereits: Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 10 - ComROAD I). Derartige Ansichten liefen darauf hinaus, im Rahmen des § 826 BGB auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers zu verzichten und stattdessen - in Anlehnung an die sog. fraud-on-the-market-theory des USamerikanischen Kapitalmarktrechts - an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz , der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität nicht gefolgt (vgl. BGHZ 160, 134 - Infomatec I; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1274 - EM.TV; Sen.Beschl. v. 28. November 2005 - II ZR 80/04 aaO S. 682 Tz. 11 - ComROAD I; v. 28. November 2005 - II ZR 246/04, ZIP 2007, 680 Tz. 8 - ComROAD II; v. 26. Juni 2006 - II ZR 153/05 aaO S. 326 Tz. 5 - ComROAD III); hieran hält er weiterhin fest. Danach muss im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.
17
3. Der Mangel tragfähiger Feststellungen zum Kausalzusammenhang zwischen den falschen Kapitalmarktinformationen und den Anlageentscheidungen des Klägers wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Berufungsgericht den Kläger als Partei vernommen und dieser - wie es ohne nähere Begründung angenommen hat - "auf sachlich glaubhafte und persönlich überzeugende Weise bestätigt" hat, dass er bei seinen Anlageentscheidungen "der allgemeinen Linie gefolgt" sei und die Aktie nicht erworben hätte, wenn er das Ausmaß der Täuschungen durch den Vorstand der Beklagten gekannt hätte. Denn diese Beweisaufnahme ging ersichtlich nicht über den - unzureichenden - allgemei- nen Rahmen hinaus, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zur Kausalitätsfrage zugrunde gelegt hat.
18
4. Inwieweit die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten - zumindest teilweise - geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch des Klägers grundsätzlich auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen , bedarf keiner weiteren Erörterung. Auch insoweit sind nämlich die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine konkrete Kausalität zwischen einem eventuellen Fehlverhalten der Beklagten im Sinne dieser Bestimmungen und den Aktienkäufen des Klägers anzunehmen. Der zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich entsprechend auch auf etwaige Ansprüche aus der etwaigen Verletzung des Schutzgesetzes des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus.
19
III. Aufgrund des vorstehend unter II 2 aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
20
1. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die falschen Ad-hocMitteilungen der Beklagten kausal für die Aktienkäufe des Klägers waren. Nach dem vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen folgerichtig - nicht geprüften weitergehenden Vortrag des Klägers ist es zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium jedoch nicht von vornherein als gänzlich unwahrscheinlich anzusehen, dass diesem der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen den Täuschungshandlungen der Beklagten und seinen Aktienkäufen noch gelingen könnte.
21
a) Der Kläger hat bislang mit Schriftsatz vom 10. August 2004 u.a. vorgetragen , er habe "die Kursentwicklung der ComROAD-Aktien seit ihrer Emittierung ständig beobachtet und auch ... die zahlreichen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten aus den Jahren 2000 und 2001 mit besonders hohen Umsatzzahlen und Gewinnsteigerungen berücksichtigt" und diesbezüglich seine Vernehmung als Partei beantragt. Im Rahmen der vom Berufungsgericht durchgeführten Parteivernehmung hat er zudem bekundet, sich über Ad-hoc-Mitteilungen bei der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität informiert zu haben. Zumindest der letzte Aktienerwerb des Klägers vom 17. Mai 2001 fand - mag dies auch in einer Phase fallender Kurse geschehen sein - nur wenige Tage nach der Bekanntgabe einer Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten über eine neuerliche Umsatzsteigerung statt, wobei der Kläger zudem für diesen Erwerb auch vorausgegangene allgemeine Recherchen im Internet, die sich ihrerseits mit der damals aktuellsten Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten befassten, belegt hat. Hinsichtlich der beiden ersten Käufe des Klägers Ende September 2000 lag zwar eine - im Vergleich zur dritten Kaufentscheidung - verhältnismäßig größere Distanz zu den vorangegangenen Ad-hoc-Mitteilungen vom 26. Juli und 7. August 2000, jedoch steht dies nicht von vornherein der Möglichkeit eines Kausalitätsnachweises entgegen.
22
Insoweit kann der Senat derzeit nicht unberücksichtigt lassen, dass das Berufungsgericht immerhin eine Parteivernehmung des Klägers durchgeführt hat, nach deren Ergebnis es den Kläger als persönlich glaubwürdig und dessen Bekundungen als sachlich glaubhaft bezeichnet hat.
23
b) Allerdings hat das Berufungsgericht die Parteivernehmung - auf der Basis seines bisherigen, freilich unzutreffenden Rechtsstandpunkts - nur darauf erstreckt, ob und inwieweit der Kläger in seinen Entscheidungen "der allgemeinen Linie" des Börsenpublikums bezüglich der ComROAD-Aktien gefolgt ist, ihn indessen nicht zu weiteren maßgeblichen Punkten seiner Willensentschlüsse vernommen bzw. solche nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen.
24
c) Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt danach nicht in Betracht.
25
2. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht daher den - ggf. ergänzten - konkreten Sachvortrag des Klägers zum Kausalzusammenhang erneut auf seine Schlüssigkeit auch unter dem Blickwinkel der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Frage des (weiteren ) Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Vernehmung als Partei nach § 448 ZPO gemäß den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. dazu Senat, BGHZ 160, 134, 147 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 aaO S. 1274) zu prüfen haben.
Goette Kurzwelly Gehrlein Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 28.10.2004 - 5 HKO 16393/04 -
OLG München, Entscheidung vom 27.04.2005 - 7 U 5667/04 -