Landgericht Mannheim Urteil, 09. Nov. 2007 - 7 O 115/05

bei uns veröffentlicht am09.11.2007

Tenor

1. Den Beklagte wird im Hinblick auf das Europäische Patent EP 0 402 973 (DE 690 14 422) verboten,

Empfänger eines digitalen Übertragungssystems das aus einem Sender und einem Empfänger zum Aussenden eines digitalen Breitbandsignals mit einer bestimmten Abtastfrequenz FS, beispielsweise eines digitalen Audiosignals, über ein Übertragungsmittel, und zum Empfangen dieses Signals besteht, wobei der Sender mit einer Eingangsklemme zum Empfangen des digitalen Breitbandsignals versehen und die Eingangsklemme mit einem Eingang einer zum Sender gehörenden Signalquelle gekoppelt ist, die zum Erzeugen eines zweiten Digitalsignals und zum Zuführen dieses zweiten Digitalsignals zu einem Ausgang eingerichtet ist, das aus aufeinander folgenden Rahmen aufgebaut ist, wobei jeder Rahmen aus einer Anzahl von Informationspaketen aufgebaut ist, und jedes Informationspaket N bits enthält, wobei N größer als 1 ist, der Empfänger mit einem Decoder mit einem Eingang zum Empfangen des zweiten Digitalsignals versehen ist, und der Decoder mit einem Ausgang versehen ist, der mit einer Ausgangsklemme zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals gekoppelt ist,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen – bzw. herstellen, anbieten, in Verkehr bringen und/oder gebrauchen zu lassen – oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen, einführen zu lassen und/oder zu besitzen, sofern, wenn

P in der Gleichung

eine ganze Zahl ist, wobei BR gleich der Bitgeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals und ns die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals ist, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet, die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einem Rahmen gleich P ist, und sofern wenn P keine ganze Zahl ist, die Anzahl der Informationspakete in einer Anzahl der Rahmen gleich P’ ist, wobei P’ die erste P folgende niedriger liegende Ganzzahl ist, und die Anzahl der Informationspakete in den anderen Rahmen gleich P’ +1 ist, so dass genau die Bedingung erfüllt wird, dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals im Wesentlichen gleich Fs/ns ist, und ein Rahmen aus wenigstens einem ersten Rahmenteil mit Synchronisationsinformation aufgebaut ist,

nämlich Wiedergabegeräte mit MP3-Funktion, insbesondere sogenannte

- MP3-Player,
- MP3-Recorder,
- DVD-Player mit MP3-Wiedergabefunktion,
- DVD-Recorder mit MP3-Wiedergabefunktion
- TV/DVD-Kombinationen mit MP3-Wiedergabefunktion,
- DVD/Video-Kombinationen mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Heimkinosysteme mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Audio-Systeme mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Stereo-Radios mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Autoradios mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Mobiltelefone mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Personal Digital Assistants mit MP3-Wiedergabefunktion,

(Anspruch 21 in Verbindung mit Anspruch 1 der EP 0 402 973)

insbesondere wenn der erste Rahmenteil weiter Information enthält, die zur Anzahl der Informationspakete im Rahmen in Zusammenhang steht.

(Anspruch 21 in Verbindung mit Anspruch 2 und 1 der EP 0 402 973)

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Ziffer 1 wird den Beklagten Ordnungsgeld bis EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch höchstens zwei Jahre, angedroht, wobei die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1) an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollstrecken ist.

3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über alle von ihnen seit dem 30. Dezember 1994 in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten, angebotenen, in Verkehr gebrachten, gebrauchten oder zu den genannten Zwecken eingeführten oder in Besitz gehaltenen Erzeugnisse gemäß Ziffer 1. schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, unter Angabe insbesondere

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten, und anderer Vorbesitzer, jeweils unter Angabe der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse;

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber, jeweils unter Angabe der Anzahl der ausgelieferten Erzeugnisse;

c) der einzelnen Lieferungen, jeweils (soweit zutreffend) unter Angabe

- der Einkaufsliefermengen, -zeiten und -preise,
- der Verkaufsliefermengen, -zeiten und -preise,
- der Marken der jeweiligen Erzeugnisse,
- aller Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer, Herstellerangabe (ggf. codiert) (jeweils soweit vorhanden)
- der Gestehungskosten, unter Aufschlüsselung der einzelnen Kostenfaktoren, sowie des erzielten Gewinns;

und unter Vorlage

d) der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger;

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

und zwar mit folgender Maßgabe

die Beklagten zu 2) bis 5) werden jeweils auch zur Auskunft und Rechnungslegung verurteilt bezüglich weiterer eigener vorstehenden Handlungen, insbesondere als Einzelunternehmer oder als Vorstand, Geschäftsführer oder Geschäftsführer einer persönlich haftenden Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft.

4. Die Beklagten werden verurteilt,

a) in die Vernichtung der 3.016 Stück Autoradios mit MP3-Funktion einzuwilligen, hinsichtlich derer am 4.4.2005 vom Hauptzollamt Hamburg-Hafen zu dem Aktenzeichen … die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren angeordnet wurde,

b) in die Vernichtung der 136 Stück Multimediaplayer mit MP3-Funktion einzuwilligen, hinsichtlich derer am 31.10.2005 vom Hauptzollamt Frankfurt am Main - Flughafen zu dem Aktenzeichen … die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren angeordnet wurde,

c) in die Vernichtung der 56 Stück DVD-Wechsler mit MP3-Funktion einzuwilligen, hinsichtlich derer am 21.12.2005 vom Hauptzollamt Frankfurt am Main - Flughafen zu dem Aktenzeichen … die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren angeordnet wurde,

d) die Vernichtung der vom Hauptzollamt Frankfurt/Main - Flughafen zurückgehaltenen „Autoradios W. und X. mit MP3-Funktion“ (AdÜ vom 11.9.2006 zu dulden,

e) die Vernichtung der vom Hauptzollamt Frankfurt/Main - Flughafen (ZA Fracht) zurückgehaltenen Y. und Z. (AdÜ vom 6.2.2007 zu dulden,

sowie

f) die weiteren in ihrem jeweiligen mittelbaren oder unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer 1. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin und/oder den Patentinhabern des Europäischen Patents EP 0 402 973 (DE 690 14 422) durch die in Ziffer 1 näher bezeichneten Handlungen seit dem 30. Dezember 1994 entstanden sind und noch entstehen werden, und zwar mit folgender Maßgabe:

- die Beklagten zu 1) bis 5) sind als Gesamtschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch vorstehende Handlungen der Beklagten zu 1) entstanden ist und noch entstehen wird,

- die Beklagten zu 2) bis 5) sind darüber hinaus jeweils zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch weitere eigene Handlungen – und zwar als Einzelunternehmer oder als Vorstand, Geschäftsführer oder Geschäftsführer einer persönlich haftenden Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft – entstanden ist und noch entstehen wird.

6. Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, im Inland Empfänger zur Verwendung im Inland anzubieten oder in Verkehr zu bringen,

wenn diese zur Verwendung in einem digitalen Übertragungssystems mit folgenden Merkmalen geeignet und bestimmt sind, wobei

- das digitale Übertragungssystem umfasst einen Sender und einen Empfänger, zum Aussenden eines digitalen Breitbandsignals mit einer bestimmten Abtastfrequenz Fs, beispielsweise eines digitalen Audiosignals, über ein Übertragungsmittel, und zum Empfangen dieses Signals,

- der Sender mit einer Eingangsklemme zum Empfangen des digitalen Breitbandsignals versehen ist, und die Eingangsklemme mit einem Eingang einer zum Sender gehörenden Signalquelle gekoppelt ist, die zum Erzeugen eines zweiten Digitalsignals und zum Zuführen dieses zweiten Digitalsignals zu einem Ausgang eingerichtet ist,

- das zweite Digitalsignal aus aufeinander folgenden Rahmen aufgebaut ist, wobei jeder Rahmen aus einer Anzahl von Informationspaketen (IP) aufgebaut ist, und jedes Informationspaket N bits enthält, wobei N größer als 1 ist,

- der Empfänger mit einem Decoder mit einem Eingang zum Empfangen des zweiten Digitalsignals versehen ist, und der Decoder mit einem Ausgang versehen ist, der mit einer Ausgangsklemme zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals gekoppelt ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

- wenn P in der Gleichung

eine ganze Zahl ist, wobei BR gleich der Bitgeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals und ns die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals ist, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet, die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einem Rahmen gleich P ist,

und dass

- wenn P keine ganze Zahl ist, die Anzahl der Informationspakete (IP) in einer Anzahl der Rahmen gleich P’ ist, wobei P’ die erste P folgende niedriger liegende Ganzzahl ist, und die Anzahl der Informationspakete in den anderen Rahmen gleich P’ +1 ist, so dass genau die Bedingung erfüllt wird, dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals im Wesentlichen gleich Fs/ns ist,

und dass

- ein Rahmen aus wenigstens einem ersten Rahmenteil (FD1) mit Synchro-nisationsinformation aufgebaut ist.

(Anspruch 1, EP 402 973 B1, mittelbare Verletzung),

insbesondere wenn

der erste Rahmenteil (FD 1) weiter Information enthält, die zur Anzahl der Informationspakete im Rahmen in Zusammenhang steht (Unteranspruch 2).

7. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Ziffer 6. wird den Beklagten Ordnungsgeld bis EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft im Fall der Beklagten 1 an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten 1) zu vollziehen ist.

8. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin und/oder der F. (USA) und/oder den Patentinhabern A. (Niederlande), B. (Frankreich), C. (Frankreich), D. (München) durch Handlungen gemäß Ziffer 6. seit dem 30.12.1994 entstanden ist und noch entsteht.

9. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu 6. bezeichneten Handlungen seit dem 30.12.1994 begangen haben und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen (unter Vorlage der Rechnungen und Lieferscheine) mit

aa) Liefermengen, Zeiten und Preisen,

bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufende Produktnummer,

cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote) mit

aa) Angebotsmengen, Zeiten und Preisen,

bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer,

cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der nach den einzelnen Faktoren aufgeschlüsselten Kosten sowie des erzielten Gewinns,

d) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, jeweils mit der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.

10. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

11. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

12. Das Urteil ist in Ziffern 1. und 6. (Unterlassung) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 5.000.000, in Ziffern 3. und 9. (Auskunft und Rechnungslegung) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 100.000, in Ziffer 4. (Vernichtung) in Höhe von EUR 250.000 und in Ziffer 11. (Kosten) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin nimmt die Beklagten aufgrund des Vertriebs von Audio-Wiedergabegeräten mit MP3-Funktion wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Vernichtung bzw. Einwilligung in die Vernichtung patentverletzender Gegenstände in Anspruch und begehrt Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
Die Klage ist gestützt auf das europäische Patent EP 0 402 973 B1, dessen deutsche Übersetzung vorliegt (DE 690 14 422 T2; „Klagepatent“). Inhaberin des Klagepatents war ursprünglich allein die A.; diese hat mittlerweile unter Beibehaltung eines eigenen Anteils Teilanteile an die Firmen B. (Paris/Frankreich), C. (Paris/Frankreich) und D. übertragen. Die Klägerin stützt sich auf das als Anlage K 5 vorliegende „Agreement and Acknowledgement“, das sie nach ihrer Ansicht ausschließlich zur Vergabe von Lizenzen an den in der „Enclosure – List of Non-US Patents“ aufgeführten Schutzrechten berechtigt, unter denen sich das Klagepatent befindet.
Auf der Grundlage der Anlage K 5 vergibt die Klägerin weltweit gültige Lizenzen an den in der „Enclosure“ aufgeführten Schutzrechten. Sie verwendet dabei den als Anlage vorliegenden Standard-Lizenzvertrag, der neben einer Eintrittsgebühr in Höhe von 5.000 US-$ eine mengenabhängige Stücklizenzgebühr für jedes Produkt vorsieht, das von einem der in den Anlagen zu Anlage B 4 genannten Schutzrechte Gebrauch macht (Artt. 4.01, 4.02 i.V.m. 1.02). Die Klägerin hat die Beklagte zu 1 im Jahr 2004 zum Abschluss eines solchen Standard-Lizenzvertrages aufgefordert. Die Parteien haben in 2004 und 2005 korrespondiert, ohne dass es zu einer Einigung gekommen ist.
An den in den Gruppen 1-7 und 10-15 der „Enclosure“ enthaltenen Patenten bestehen Lizenzverträge zwischen den Patentinhabern (A. und D.) und der Firma E., zu deren Konzern die Beklagte zu 1 gehört. Bei dem Vertrag zwischen A. und E. handelt es sich um einen sog. Kreuzlizenzvertrag, während der Vertrag zwischen D. und E. die Zahlung einer pauschalen Lizenzgebühr vorsieht. Diese Lizenzverträge berechtigen die Beklagte zu 1 unstreitig zur Nutzung der genannten Patente. Das Klagepatent wird von den Lizenzverträgen unstreitig nicht umfasst. Bei den Verhandlungen der Parteien über den Abschluss eines Lizenzvertrags war die Klägerin in der Vergangenheit nicht bereit, die Stücklizenzgebühr im Hinblick auf die der Beklagten zu 1 bereits zustehenden Nutzungsrechte zu reduzieren. Im Verlaufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin den Beklagten mit Rücksicht auf diese Lizenzverträge einer Herabsetzung der sonst geforderten Lizenz um 40 % angeboten.
Das Klagepatent betrifft ein digitales Übertragungssystem, Sender und Empfänger zur Verwendung im Übertragungssystem sowie einen Aufzeichnungsträger, der aus dem Sender in Form einer Aufzeichnungseinheit erhalten wird. Das Klagepatent wurde am 29.05.1990 unter Inanspruchnahme der Unionspriorität vom 02.06.1989 aus NL 8901402 und vom 13.02.1990 aus NL 9000338 angemeldet; die Anmeldung wurde am 19.12.1990, die Erteilung am 30.11.1994 veröffentlicht. Der deutsche Teil steht in Kraft.
Die Ansprüche 1, 2 und 21 des Streitpatents lauten:
„1. Digitales Übertragungssystem mit einem Sender und einem Empfänger zum Aussenden eines digitalen Breitbandsignals mit einer bestimmten Abtastfrequenz F beispielsweise eines digitalen Audiosignals über ein Übertragungsmittel und zum Empfangen dieses Signals, wobei der Sender mit einer Eingangsklemme zum Empfangen des digitalen Breitbandsignals versehen ist, und die Eingangsklemme mit einem Eingang einer zum Sender gehörenden Signalquelle gekoppelt ist, die zum Erzeugen eines zweiten Digitalsignals und zum Zuführen dieses zweiten Digitalsignals zu einem Ausgang eingerichtet ist, das aus aufeinanderfolgenden Rahmen aufgebaut ist, wobei jeder Rahmen aus einer Anzahl von Informationspaketen (lP) aufgebaut ist, jedes Informationspaket N Bits enthält, wobei N größer als 1 ist, der Empfänger mit einem Decoder mit einem Eingang zum Empfangen des zweiten Digitalsignals versehen ist, der Decoder mit einem Ausgang versehen ist, der mit einer Ausgangsklemme zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals gekoppelt ist, dadurch gekennzeichnet, daß, wenn P in der Gleichung
eine ganze Zahl ist, wobei BR gleich der Bitgeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals, und ns die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals ist, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet, die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einem Rahmen gleich P ist, und daß, wenn P keine ganze Zahl ist, die Anzahl der Informationspakete (IP) in einer Anzahl der Rahmen gleich P‘ ist, wobei P‘ die erste folgende niedrigerliegende Ganzzahl ist, und die Anzahl der Informationspakete in den anderen Rahmen gleich P‘ + 1 ist, so daß genau die Bedingung erfüllt wird, daß die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals im wesentlichen gleich Fs/ns daß ein Rahmen aus wenigstens einem ersten Rahmenteil (FD1) mit Synchronisationsinformation aufgebaut ist.
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2. Übertragssystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der erste Rahmenteil (FD1) weiter Information enthält, die zur Anzahl der Informationspakete im Rahmen in Zusammenhang steht.
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21. Empfänger des Übertragungssystems nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 16.
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Wegen des weiteren Inhalts des Klagepatents wird auf Anlagen K 2 und K 3 Bezug genommen.
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Die Beklagte zu 1, die durch die Beklagten zu 2 bis 5 als Geschäftsführer vertreten wird, importiert Audio-Wiedergabegeräte, insbesondere Autoradios, mit MP3-Wiedergabefunktion nach Deutschland. Eine an die Beklagte zu 1 gerichtete Lieferung von 3.016 Autoradios mit MP3-Wiedergabefunktion wurde im Hamburger Hafen mit Bescheid vom 04.04.2005 zurückgehalten (vgl. Anlage K 7). In der Folgezeit sind weitere Partien durch verschiedene Zollämter zurückgehalten und von der Klägerin durch Klageerweiterung des Vernichtungsantrag in den Rechtsstreit eingeführt worden. Derartige Geräte werden von der Beklagten zu 1 im Inland auch vertrieben.
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Geräte mit MP3-Wiedergabefunktion sind in der Lage, komprimierte Audiodaten, die nach dem ISO/IEC-Standard MPEG 1 Audio Layer III (kurz: MP3-Standard) kodiert sind, zu dekodieren und hörbar zu machen. Der MPEG 1 Standard wurde von der „Moving Picture Expert Group“ (MPEG) der International Organisation for Standardisation (ISO) und der International Electrotechnical Commission (IEC) ab 1988 entwickelt. Der dritte Teil dieses Standards enthält drei verschiedene Stufen („Layers“) der Audio-Datenkompression, von denen vorliegend die dritte Stufe mit der höchsten Kompressionsrate relevant ist. Diese dritte Stufe wird (nach der verwendeten Dateiendung) allgemein als MP3 bezeichnet. Die MP3-Kodierung beruht u.a. auf psychoakustischen Erkenntnissen, wonach bestimmte Teile eines Audiospektrums vom menschlichen Ohr nicht oder kaum wahrgenommen werden, so dass auf ihre Speicherung und Wiedergabe verzichtet werden kann, ohne das Wiedergabeklangbild wesentlich zu beeinträchtigen. Teil 3 des MPEG 1 Standards (ISO/IEC 11172-3) liegt als Anlage K 10, ein Abkürzungsverzeichnis und Glossar als Anlage K 11 vor.
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Die Klägerin ist der Auffassung,
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alle Geräte mit standardkonformer MP3-Wiedergabefunktion, also auch die angegriffenen Ausführungsformen, machten von der Lehre des Klagepatents zwingend Gebrauch.
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Gegenstand der geschützten Lehre sei es, ein unkomprimiertes digitales Breitbandsignal, z.B. den Datenstrom einer CD-Audio, mit einer bestimmten Abtastfrequenz FS , also mit einer bestimmten Anzahl der Abtastungen des Tonsignals pro Zeiteinheit, in ein zweites (komprimiertes) Datensignal umzuwandeln, das dann vom Sender zum Empfänger übertragen werde. Der vorliegend maßgebliche Empfänger gewinne dann aus dem zweiten Digitalsignal eine Replik oder Rekonstruktion des ersten Digitalsignals zurück.
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Die vom Klagepatent angestrebte Flexibilität und Universalität werde nach der geschützten Lösung gerade durch das spezifische Format des zweiten, codierten Digitalsignals erreicht. Entscheidend sei, dass das zweite Digitalsignal aus aufeinanderfolgenden Rahmen bestehe, die stets – also unabhängig von der Abtastfrequenz des digitalen Breitbandsignals – aus einer ganzen Zahl von Informationspaketen bestünden. Damit erreiche das Klagepatent, dass sich der Empfänger (also der Decoder des zweiten Digitalsignals) auf der Basis von ganzen Informationspaketen (Bytes) synchronisieren, d.h. im Datenstrom die Grenzen der einzelnen Rahmen ermitteln könne. Auch solle die genaue Detektion der Synchronisationsinformation erleichtert werden; diese finde sich nämlich stets im Abstand einer Anzahl von B = P oder B = P+1 Informationspaketen.
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Es gehe entgegen der Ansicht der Beklagten nicht um die Modalität der Übertragung von Daten zwischen Sender und Empfänger; insbesondere sei nicht von Bedeutung, ob es sich um eine synchrone, d.h. im Wesentlichen verzögerungsfrei ablaufende Übertragung vom Sender zum Empfänger handele (wie dies etwa beim digitalen Rundfunk der Fall ist) oder ob die übertragenen Daten zwischen Sender und Empfänger z.B. auf einem Datenträger zwischengespeichert würden. Das Klagepatent lasse ausdrücklich offen, wie und mit welcher Geschwindigkeit das zweite Digitalsignal vom Sender zum Empfänger gelange.
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Das patentgemäße Datenformat diene der Bestimmung der Länge eines jeweiligen Rahmens. Diese Rahmenlänge könne anhand des im Anspruch 1 angegebenen Algorithmus ermittelt werden, so dass der Empfänger (also der Decoder) die Synchronisationsinformation nicht anhand einer arbiträren Suche, sondern aufgrund des Wertes P der Formel
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auffinden könne. In den Fällen, in denen die Formel ein ganzzahliges Ergebnis liefere, verwende der Empfänger zur Synchronisation unmittelbar den Wert P. In den Fällen, in denen die Formel – etwa wegen eines nicht ganzzahligen Wertes von FS – kein ganzzahliges Ergebnis liefere, benutze der Empfänger die Werte P' und P'+1. Entscheidend sei nach der Lehre des Klagepatents, dass im letzteren Fall die mittlere Rahmengeschwindigkeit FS/nS entspreche und damit die durchschnittliche Dauer eines Rahmens des zweiten Digitalsignals genauso lang ist wie die Dauer von nS Abtastungen.
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Die in die Formel einzusetzenden Werte seien also lediglich Variablen, die zur Berechnung der Rahmenlänge dienten. Deshalb sei nS keine Angabe darüber, welche Information in einem bestimmten Rahmen stehen müsse. Es handele sich ausschließlich um eine Angabe, die sich auf einen mittleren Wert beziehe, der zur Berechnung des Wertes P diene. Deshalb sei es irrelevant, dass beim MP3-Datenstrom die Information – u. a. durch die sog. Bit-reservoir-Funktion – dergestalt verschachtelt werde, dass die Information eines Blocks von nS Abtastungen auf einen Bereich des zweiten Datensignals „verschmiert“ werde, der größer als ein Rahmen sei. Darüber hinaus könne die Bitreservoir-Funktion ausgeschaltet werden.
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Da der Übertragungsweg zwischen Sender und Empfänger vom Klagepatent ausdrücklich offen gelassen werde, handele es sich bei der Bitgeschwindigkeit BR nicht um die Bitgeschwindigkeit, mit der MP3-Dateien von Datenträgern ausgelesen würden. Entscheidend sei, dass am Eingang des Decoders das zweite Digitalsignal mit den Merkmalen des Anspruchs 1 anliege. Nur wenn die Bitrate des Datenstroms im Wesentlichen derjenigen entspreche, die im Header eingetragen sei, könne der Decoder synchronisieren, d.h. unter Verwendung der nach dem patentgemäßen Algorithmus ermittelten Werte für die Anzahl der Informationspakete pro Rahmen die Synchronisationsinformation erkennen und so die Grenzen des Rahmens feststellen. Die Bitrate des zweiten Digitalsignals, wie es vom Decoder an dessen Eingang empfangen werde, sei eben die, die bei der Codierung zugrunde gelegt worden sei.
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Der MP3-Standard spezifiziere ebenfalls das Format von komprimierten digitalen Audiodateien sowie die Parameter der Decodierung. Bei der Decodierung entstehe aus dem standardgemäß codierten Signal ein digitales Audiosignal, das eine Replik oder Rekonstruktion des ursprünglichen unkomprimierten Audiosignals sei.
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Der Standard beschränke sich auf die Beschreibung des Dateiformats (Abschnitt 2.4.1) und der Decodierungsanweisungen (Abschnitt 2.4.3) und lasse ansonsten den Herstellern der Codierer und Decoder vollständige Freiheit, wie sie ihre Geräte gestalteten, wenn nur das jeweils abgelieferte Signal der Spezifikation entspreche. Ein Hersteller von Codiergeräten müsse seine Geräte also so einrichten, dass ein nichtkomprimiertes digitales Audiosignal (PCM-Standard-Signal) so codiert werde, dass am Ende ein digitales Signal mit dem standardgemäßen Format vorliege, das nach dem Standard decodiert werden könne. Ein Hersteller von Decodern (Geräten mit MP3-Wiedergabefunktion) müsse seine Geräte so einrichten, dass sie ein in dem standardisierten Format vorliegendes digitales Signal decodieren und in ein PCM-Standardsignal verwandeln könnten, das dann in bekannter Manier hörbar gemacht werden könne.
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Für das Format des zweiten Datensignals schreibe der MP3-Standard sämtliche Merkmale des Klagepatents vor. Der MP3-Standard sehe ebenso wie das Klagepatent vor, dass das komprimierte Signal aus Rahmen (frames) aufgebaut sei, die ihrerseits aus Informationspaketen (slots, nämlich Bytes) bestünden, die jeweils 8 Bits enthielten. Für den kennzeichnenden Teil sei die im Standard vorgesehene Möglichkeit der Einfügung sogenannter Padding-Bits relevant. Mit dieser Möglichkeit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Abtastfrequenz Fs des ursprünglichen digitalen Breitbandsignals bei herkömmlichen Audio-CDs 44,1 kHz betrage. Da die Anzahl ns der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals, deren entsprechende zum komprimierten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des komprimierten Digitalsignals befinde, beim MP3-Standard 1152 betrage, ergäben sich für das Verhältnis ns/Fs und damit für die ganze Gleichung
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stets unganzzahlige Werte. Dies werde in patentgemäßer Weise durch die Einfügung der Padding-Bits so ausgeglichen, dass die durchschnittliche Dauer eines Rahmens genauso lang sei wie die Dauer von nS Abtastsignalen. Die Erfüllung der Vorgaben des Standards bedeute also eo ipso das Gebrauchmachen von der patentgemäßen Lehre; der Decoder benutze genau die Informationen über das patentgemäße Format – die Anzahl der Informationspakete in den Rahmen, abhängig davon, ob P eine ganze oder keine ganze Zahl sei –, um sich auf den eingehenden Datenstrom zu synchronisieren.
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Dass dies auch bei den von den Beklagten importierten und vertriebenen Geräten der Fall sei, hätten diese nicht substantiiert bestritten. Auch das als Anlage B 1 vorgelegte Privatgutachten stelle kein Bestreiten dar, das den zu stellenden Anforderungen genüge; es sei schon unklar, inwieweit die Ergebnisse, die für die untersuchten MP3-Geräte angegeben würden, auch für die vorliegend angegriffenen Ausführungsformen relevant sein sollten. Ferner sei die vom Gutachter angewandte Methode zur Prüfung, ob die untersuchten MP3-Player das sog. Padding-Bit im Header auswerteten, ungeeignet. Um dies festzustellen, hätte er nach Darstellung der Klägerin das Padding-Bit invertieren müssen, so dass die Angabe im Header nicht mit der der tatsächlichen Rahmenlänge übereingestimmt hätte.
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Die von der Klägerin vorgenommenen Untersuchungen zeigten demgegenüber, dass ein von den Beklagten vertriebenes Wiedergabegerät mit MP3-Funktion nicht nur standardgemäße MP3-Daten mit Padding-Bits abspielten, sondern auch, dass der Decoder sich dabei auf der Basis ganzer Informationspakete (und nicht auf reiner Bitbasis) synchronisiere und dabei auf die korrekte Angabe der Bitrate BR im Header angewiesen sei. Auch das Padding-Bit im Header, das anzeige, ob ein langer oder ein kurzer Rahmen vorliege, werde ausgewertet.
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Die von den Beklagten zu 1 importierten Geräte machten somit wegen ihrer Fähigkeit, standardkonforme MP3-Audiodateien abzuspielen, von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie stellten Empfänger im Sinne des Anspruchs 21 in Verbindung mit Anspruch 1 dar. Da die angegriffenen Ausführungsformen nicht von lizenzierten Herstellern stammten, liege somit eine unmittelbare Verletzung des Anspruchs 21 und eine mittelbare Verletzung des Anspruchs 1 vor.
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Die Beklagten könnten den daraus geltend gemachten Ansprüchen kartellrechtliche Einwände nicht entgegenhalten. Die ausschließliche Lizenz der Klägerin am Klagepatent sei nicht wegen Verstoßes gegen Art. 81 EGV unwirksam. Auch ein Missbrauch im Sinne des Art. 82 EGV der durch das Klagepatent gewährten Monopolstellung liege nicht vor.
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Bei den Patenten, die Gegenstand der ausschließlichen Lizenz der Klägerin gemäß Anlage K 5 seien, sei zwischen den sog. „Kernpatenten“, die in Ziff. 8 und Ziff. 9 der Enclosure genannt sind, und den sog. „weiteren Patenten“ zu unterscheiden, zu deren Nutzung die Beklagte zu 1 aufgrund der Lizenzverträge zwischen E. und A. bzw. E. und D. berechtigt sei. Die Lehre der „Kernpatente“ werde von Geräten, die dem MP3-Standard entsprächen, stets und zwingend benutzt. Die „weiteren Patente“ seien dagegen nur für wenige optionale Aspekte standardgemäßer Produkte einschlägig; die angegriffenen Ausführungsformen machten – insoweit unstreitig – von ihnen keinen Gebrauch. Es handele sich bei letzteren daher um Patente, die keinen selbständigen wirtschaftlichen Wert hätten.
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Da die „Kernpatente“ somit für die Vermarktung von MP3-Produkten wesentlich seien, habe die Klägerin in der Vergangenheit stets die volle Lizenzgebühr verlangt, wenn der Lizenznehmer noch nicht über eine Lizenz an den „Kernpatenten“ verfüge. Dass die „Kernpatente“ ökonomisch die einzig wesentlichen seien, hätten die Beklagten nicht substantiiert bestritten; dies ergebe sich jedenfalls daraus, dass die Patentinhaber die Lizenzeinnahmen im Innenverhältnis nur nach dem Beitrag zu den Erfindungen der „Kernpatente“ verteilten; A. und D. erhielten keine höheren Anteile an den Lizenzeinnahmen, obwohl nur sie die „weiteren Patente“ beigesteuert hätten. In dieser Konstellation müsse die Frage, ob ein Lizenznehmer von einem der „weiteren Patente“ Gebrauch mache, für die zu zahlende Lizenzgebühr für alle Lizenznehmer unerheblich sein; sie werde daher von der Klägerin nicht geprüft. Dieses Vorgehen diene der Effizienz und Transparenz und sei daher letztlich auch im Interesse der Lizenznehmer. Jedes andere Vorgehen würde den Lizenzgeber dazu zwingen, alle weiteren Schutzrechte im Anwendungsbereich der „Lizenzprodukte“ einer genauen Prüfung zu unterziehen und deren wirtschaftliche Bedeutung abzuwägen; insbesondere wäre es letztlich erforderlich, differenzierte Lizenzgebühren für alle „Lizenzpatente“ festzusetzen, so dass je nach Ausmaß der Benutzung eine unterschiedliche Lizenzgebühr geschuldet würde. Dies sei unter Effizienzgesichtspunkten nicht vertretbar.
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Die Klägerin bestreitet, dass es einen eigenständigen sachlich relevanten Markt im kartellrechtlichen Sinne für die MP3-Technik gebe. Auf dem Markt existierten zahlreiche konkurrierende Audio-Kompressionstechniken. Die Klägerin bestreitet, in einem Markt für „Audio-Kompression“ eine marktbeherrschende Stellung innezuhaben.
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Jedenfalls liege ein Missbrauch einer (etwaigen) marktbeherrschenden Stellung nicht vor. Die Beklagten würden nicht vom Markt ausgeschlossen; die Entstehung oder Vermarktung eines neuen Produkts werde nicht verhindert. Auch die Verweigerung einer Lizenz zu den von der Beklagten erstrebten niedrigeren Lizenzgebühren sei nicht missbräuchlich. Einem Lizenzgeber sei, auch wenn er Normadressat des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots sei, eine Differenzierung zwischen verschiedenen Lizenznehmern grundsätzlich nicht verwehrt. Die Beklagten hätten nicht einmal behauptet, dass ihnen gegenüber eine auf willkürlichen und sachfremden Erwägungen beruhende Ungleichbehandlung vorliege. Die Nichteinräumung einer Reduktion aufgrund der vorbestehenden Lizenz an den „weiteren Patenten“ beruhe auf einer sachlich nachvollziehbaren Erwägung. Da die Lizenz auf „MPEG-Audio Produkte“ beschränkt sei und diese zwingend in den Schutzbereich der vier „Kernpatente“ fielen, bildeten die „Kernpatente“ einen sachlich einleuchtenden Anknüpfungspunkt. Wirtschaftlich sei die Situation keine andere, als wenn die Klägerin nur die vier wesentlichen „Kernpatente“ lizenzierte.
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Die Aktivlegitimation der Klägerin aus der Vereinbarung nach Anlage K 5 sei durch die Lizenzierungspraxis der Klägerin auch vor dem Hintergrund von Art 81 EGV nicht in Frage gestellt. Die Zusammenfassung von Patenten stelle weder einen „Patentpool“ im Sinne der Leitlinien der EU-Kommission zur Anwendung von Art. 81 EGV auf Technologietransfervereinbarungen dar, noch liege darin eine unzulässige Koppelung. Die Einbeziehung auch der „weiteren“, nach Darstellung der Klägerin nicht wesentlichen Patente entspreche vielmehr dem Interesse der potentiellen Lizenznehmer. Selbst wenn man die Anwendbarkeit von Art. 81 EGV bejahen wollte, könne sich daraus nur die Unwirksamkeit einer Verwertungsabrede ergeben, wonach die „Lizenzpatente“ stets nur gemeinsam geltend gemacht werden könnten; einer Durchsetzung der Patente gegen Dritte stehe dies nicht entgegen. Vorsorglich hätten die Patentinhaber bzw. F. ihre Ansprüche wegen Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents an die Klägerin abgetreten und diese zur Geltendmachung des Unterlassungsantrags ermächtigt (Anlage K 16).
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Die Klägerin stellt folgende Anträge:
40 
1. Den Beklagte wird im Hinblick auf das Europäische Patent EP 0 402 973 (DE 690 14 422) verboten,
41 
Empfänger eines digitalen Übertragungssystems das aus einem Sender und einem Empfänger zum Aussenden eines digitalen Breitbandsignals mit einer bestimmten Abtastfrequenz FS , beispielsweise eines digitalen Audiosignals, über ein Übertragungsmittel, und zum Empfangen dieses Signals besteht, wobei der Sender mit einer Eingangsklemme zum Empfangen des digitalen Breitbandsignals versehen und die Eingangsklemme mit einem Eingang einer zum Sender gehörenden Signalquelle gekoppelt ist, die zum Erzeugen eines zweiten Digitalsignals und zum Zuführen dieses zweiten Digitalsignals zu einem Ausgang eingerichtet ist, das aus aufeinander folgenden Rahmen aufgebaut ist, wobei jeder Rahmen aus einer Anzahl von Informationspaketen aufgebaut ist, und jedes Informationspaket N bits enthält, wobei N größer als 1 ist, der Empfänger mit einem Decoder mit einem Eingang zum Empfangen des zweiten Digitalsignals versehen ist, und der Decoder mit einem Ausgang versehen ist, der mit einer Ausgangsklemme zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals gekoppelt ist,
42 
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen – bzw. herstellen, anbieten, in Verkehr bringen und/oder gebrauchen zu lassen – oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen, einführen zu lassen und/oder zu besitzen, sofern, wenn
43 
P in der Gleichung
44 
45 
eine ganze Zahl ist, wobei BR gleich der Bitgeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals und n s die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals ist, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet, die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einem Rahmen gleich P ist, und sofern wenn P keine ganze Zahl ist, die Anzahl der Informationspakete in einer Anzahl der Rahmen gleich P’ ist, wobei P’ die erste P folgende niedriger liegende Ganzzahl ist, und die Anzahl der Informationspakete in den anderen Rahmen gleich P’ +1 ist, so dass genau die Bedingung erfüllt wird, dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals im Wesentlichen gleich Fs /n s ist, und ein Rahmen aus wenigstens einem ersten Rahmenteil mit Synchronisationsinformation aufgebaut ist,
46 
nämlich Wiedergabegeräte mit MP3-Funktion, insbesondere sogenannte
47 
- MP3-Player,
- MP3-Recorder,
- DVD-Player mit MP3-Wiedergabefunktion,
- DVD-Recorder mit MP3-Wiedergabefunktion
- TV/DVD-Kombinationen mit MP3-Wiedergabefunktion,
- DVD/Video-Kombinationen mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Heimkinosysteme mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Audio-Systeme mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Stereo-Radios mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Autoradios mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Mobiltelefone mit MP3-Wiedergabefunktion,
- Personal Digital Assistants mit MP3-Wiedergabefunktion,
48 
(Anspruch 21 in Verbindung mit Anspruch 1 der EP 0 402 973)
49 
insbesondere wenn
50 
der erste Rahmenteil weiter Information enthält, die zur Anzahl der Informationspakete im Rahmen in Zusammenhang steht
51 
(Anspruch 21 in Verbindung mit Anspruch 2 und 1 der EP 0 402 973)
52 
und/oder
53 
sofern ein Rahmen P’+1 Informationspakete enthält, der erste Rahmenteil Informationen enthält, die mit P’ übereinstimmt,
54 
(Anspruch 21 in Verb. mit Anspr. 4 und 1 und/oder 2 der EP 0 402 973)
55 
und/oder
56 
der Empfänger in Form einer Aufzeichnung zum Lesen des zweiten Digitalsignals aus einer Spur auf einem Aufzeichnungsträger hat.
57 
(Anspruch 22 in Verbindung mit. Anspruch 21 und Ansprüchen 1, 2 und/oder 4 der EP 0 402 973)
58 
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Ziffer 1 wird den Beklagten Ordnungsgeld bis EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch höchstens zwei Jahre, angedroht, wobei die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1) an den Beklagten zu 2) bis 5) zu vollstrecken ist.
59 
3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über alle von ihnen seit dem 30. Dezember 1994 in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten, angebotenen, in Verkehr gebrachten, gebrauchten oder zu den genannten Zwecken eingeführten oder in Besitz gehaltenen Erzeugnisse gemäß Ziffer 1. schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, unter Angabe insbesondere
60 
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten, und anderer Vorbesitzer, jeweils unter Angabe der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse;
61 
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber, jeweils unter Angabe der Anzahl der ausgelieferten Erzeugnisse;
62 
c) der einzelnen Lieferungen, jeweils (soweit zutreffend) unter Angabe
63 
- der Einkaufsliefermengen, -zeiten und -preise,
- der Verkaufsliefermengen, -zeiten und -preise,
- der Marken der jeweiligen Erzeugnisse,
- aller Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer, Herstellerangabe (ggf. codiert) (jeweils soweit vorhanden)
- der Gestehungskosten, unter Aufschlüsselung der einzelnen Kostenfaktoren, sowie des erzielten Gewinns;
64 
und unter Vorlage
65 
d) der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
66 
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
67 
und zwar mit folgender Maßgabe
68 
- die Beklagten zu 1) bis 5) werden als Gesamtschuldner zur Auskunft und Rechnungslegung verurteilt bezüglich der vorstehenden Handlungen der Beklagten zu 1),
69 
- die Beklagten zu 2) bis 5) werden darüber hinaus jeweils zur Auskunft und Rechnungslegung verurteilt bezüglich weiterer eigener vorstehenden Handlungen, insbesondere als Einzelunternehmer oder als Vorstand, Geschäftsführer oder Geschäftsführer einer persönlich haftenden Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft.
70 
4. Die Beklagten werden verurteilt,
71 
a) in die Vernichtung der 3.016 Stück Autoradios mit MP3-Funktion einzuwilligen, hinsichtlich derer am 4.4.2005 vom Hauptzollamt Hamburg-Hafen zu dem Aktenzeichen … die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren angeordnet wurde,
72 
b) in die Vernichtung der 136 Stück Multimediaplayer mit MP3-Funktion einzuwilligen, hinsichtlich derer am 31.10.2005 vom Hauptzollamt Frankfurt am Main - Flughafen zu dem Aktenzeichen … die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren angeordnet wurde,
73 
c) in die Vernichtung der 56 Stück DVD-Wechsler mit MP3-Funktion einzuwilligen, hinsichtlich derer am 21.12.2005 vom Hauptzollamt Frankfurt am Main - Flughafen zu dem Aktenzeichen … die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren angeordnet wurde,
74 
d) die Vernichtung der vom Hauptzollamt Frankfurt/Main - Flughafen zurückgehaltenen „Autoradios W. und X. mit MP3-Funktion“ (AdÜ vom 11.9.2006 zu dulden,
75 
e) die Vernichtung der vom Hauptzollamt Frankfurt/Main - Flughafen (ZA Fracht) zurückgehaltenen Y. und Z. (AdÜ vom 6.2.2007 zu dulden,
76 
sowie
77 
f) die weiteren in ihrem jeweiligen mittelbaren oder unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer 1. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
78 
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin und/oder den Patentinhabern des Europäischen Patents EP 0 402 973 (DE 690 14 422) durch die in Ziffer 1 näher bezeichneten Handlungen seit dem 30. Dezember 1994 entstanden sind und noch entstehen werden,
79 
und zwar mit folgender Maßgabe:
80 
- die Beklagten zu 1) bis 5) sind als Gesamtschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch vorstehende Handlungen der Beklagten zu 1) entstanden ist und noch entstehen wird,
81 
- die Beklagten zu 2) bis 5) sind darüber hinaus jeweils zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch weitere eigene Handlungen – und zwar als Einzelunternehmer oder als Vorstand, Geschäftsführer oder Geschäftsführer einer persönlich haftenden Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft – entstanden ist und noch entstehen wird.
82 
6. Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, im Inland Empfänger zur Verwendung im Inland
83 
anzubieten oder in Verkehr zu bringen,
84 
wenn diese zur Verwendung in einem digitalen Übertragungssystems mit folgenden Merkmalen geeignet und bestimmt sind, wobei
85 
- das digitale Übertragungssystem umfasst einen Sender und einen Empfänger, zum Aussenden eines digitalen Breitbandsignals mit einer bestimmten Abtastfrequenz Fs, beispielsweise eines digitalen Audiosignals, über ein Übertragungsmittel, und zum Empfangen dieses Signals,
86 
- der Sender mit einer Eingangsklemme zum Empfangen des digitalen Breitbandsignals versehen ist, und die Eingangsklemme mit einem Eingang einer zum Sender gehörenden Signalquelle gekoppelt ist, die zum Erzeugen eines zweiten Digitalsignals und zum Zuführen dieses zweiten Digitalsignals zu einem Ausgang eingerichtet ist,
87 
- das zweite Digitalsignal aus aufeinander folgenden Rahmen aufgebaut ist, wobei jeder Rahmen aus einer Anzahl von Informationspaketen (IP) aufgebaut ist, und jedes Informationspaket N bits enthält, wobei N größer als 1 ist,
88 
- der Empfänger mit einem Decoder mit einem Eingang zum Empfangen des zweiten Digitalsignals versehen ist, und der Decoder mit einem Ausgang versehen ist, der mit einer Ausgangsklemme zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals gekoppelt ist,
89 
dadurch gekennzeichnet, dass
90 
- wenn P in der Gleichung
91 
92 
eine ganze Zahl ist, wobei BR gleich der Bitgeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals und ns die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals ist, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet, die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einem Rahmen gleich P ist,
93 
und dass
94 
- wenn P keine ganze Zahl ist, die Anzahl der Informationspakete (IP) in einer Anzahl der Rahmen gleich P’ ist, wobei P’ die erste P folgende niedriger liegende Ganzzahl ist, und die Anzahl der Informationspakete in den anderen Rahmen gleich P’ +1 ist, so dass genau die Bedingung erfüllt wird, dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals im Wesentlichen gleich Fs/ns ist,
95 
und dass
96 
- ein Rahmen aus wenigstens einem ersten Rahmenteil (FD1) mit Synchro-nisationsinformation aufgebaut ist.
97 
(Anspruch 1, EP 402 973 B1, mittelbare Verletzung),
98 
insbesondere wenn
99 
der erste Rahmenteil (FD 1) weiter Information enthält, die zur Anzahl der Informationspakete im Rahmen in Zusammenhang steht (Unteranspruch 2).
100 
7. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Ziffer 6. wird den Beklagten Ordnungsgeld bis EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft im Fall der Beklagten 1 an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten 1) zu vollziehen ist.
101 
8. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin und/oder der F.. (Virginia USA) und/oder den Patentinhabern A. (Niederlande), B. (Frankreich), C. (Frankreich), D. (München) durch Handlungen gemäß Ziffer 6. seit dem 30.12.1994 entstanden ist und noch entsteht.
102 
9. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu 6. bezeichneten Handlungen seit dem 30.12.1994 begangen haben und zwar unter Angabe
103 
a) der einzelnen Lieferungen (unter Vorlage der Rechnungen und Lieferscheine) mit
104 
aa) Liefermengen, Zeiten und Preisen,
105 
bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufende Produktnummer,
106 
cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
107 
b) der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote) mit
108 
aa) Angebotsmengen, Zeiten und Preisen,
109 
bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer,
110 
cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
111 
c) der nach den einzelnen Faktoren aufgeschlüsselten Kosten sowie des erzielten Gewinns,
112 
d) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, jeweils mit der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.
113 
Die Beklagten beantragen,
114 
die Klage abzuweisen.
115 
Hilfsweise: Vollstreckungsschutz
116 
Die Beklagten tragen vor,
117 
die angegriffenen Ausführungsformen, bei denen MP3-Audiodaten von CDs, DVDs oder anderen digitalen Speichern abgespielt würden, machten von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Anspruch 21 des Klagepatents stelle einen Empfänger eines digitalen Übertragungssystems nach Anspruch 1 unter Schutz. Der Empfänger müsse deshalb stets in ein Übertragungssystem nach Anspruch 1 eingebunden sein. Dieser Anspruch habe aber nicht ein Datenformat als solches, sondern die Angleichung der mittleren Rahmengeschwindigkeit ausgehend von einer Bitrate an ein Ein- und Ausgangssignal zum Gegenstand.
118 
Die Anzahl der in einem Rahmen enthaltenen Informationspakete solle nach Anspruch 1 von der Bitgeschwindigkeit des zweiten Datensignals bestimmt werden, und zwar so, dass genau die Bedingung erfüllt werde, dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Datensignals im wesentlichen gleich FS/nS sei. Dabei sei nicht ersichtlich, dass mit der Bit- und Rahmengeschwindigkeit etwas anderes gemeint sein könne als die Anzahl der Bits bzw. Rahmen pro Zeiteinheit, mit welcher das zweite Datensignal tatsächlich übertragen werde. Das Klagepatent definiere die Bitgeschwindigkeit als die Geschwindigkeit, mit der das zweite Datensignals über das Übertragungsmittel ausgesandt werde (Anlage K 3, S. 11 Z. 5 f.). Die Übertragungsmodalitäten seien also entgegen der Ansicht der Klägerin für die technische Lehre von Bedeutung. Aus dem Merkmal der Synchronisationsinformation ergebe sich nichts anderes. Es handele sich um einen als solchen gekennzeichneten Nebenaspekt der Erfindung, der keinen Einfluss auf die Ausgestaltung des Empfängers habe.
119 
Die Beklagten vertreten unter Hinweis auf das als Anlage B 1 vorgelegte Privatgutachten die Auffassung, das Klagepatent schütze ausschließlich einen sog. synchronen Übertragungsvorgang vom Sender über das Übertragungsmittel zum Empfänger. Für den Unterschied zwischen synchroner und asynchroner Übertragung komme es nicht auf das Übertragungsmedium („Luft oder CD“), sondern darauf an, ob die Daten dem empfängerseitigen Decoder in anspruchsgemäßer Echtzeitgeschwindigkeit zugeführt würden. Nur bei einer synchronen Übertragung in Echtzeit könnten die Maßnahmen der kennzeichnenden Merkmale insofern eine technische Funktion entfalten, als sie die durchschnittliche Rahmengeschwindigkeit der gegebenen Bitgeschwindigkeit und Abtastfrequenz anpassten. Dies könne nur dann erreicht werden, wenn die bei der Kodierung angenommene Bitrate auch tatsächlich am Empfänger anliege. Das sei bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht der Fall. Die Bitgeschwindigkeit sei bei der Übertragung mittels Datenträger praktisch beliebig. Schon wegen der Kompression könnten MP3-Daten fünf- bis zehnmal schneller von einer CD gelesen werden, als sie abgespielt würden. Hinzu komme, dass bei CD-Spielern häufig eine gegenüber der Echtzeitübertragung erhöhte Auslesegeschwindigkeit Verwendung finde. Bei den angegriffenen Ausführungsformen würden die MP3-Daten an keiner Stelle, auch nicht zwischen Pufferspeicher und Decodierlogik, mit einer Bitrate übertragen, die einer Echtzeitübertragung entspreche oder mit einer solchen auch nur entfernt zu tun habe. Dies gehe aus der von den Beklagten durchgeführten Untersuchung zweier von ihr vertriebener Autoradios gemäß Anlage B 12 hervor. Dabei sei der MP3-Datenstrom in der Weise manipuliert worden, dass zwischen zwei aufeinander folgende Rahmen eine Vielzahl (bis zu 1,6 Millionen) Nullen eingefügt wurden. Würde die Musikdatei an irgendeiner Stelle mit der nominalen Bitrate von 160 kbit/s übertragen, so müsse der Einschub der Nullen dazu führen dass bis zu 10 Sekunden lang (bei 1,6 Mio. Nullen) kein Signal zur Verfügung stehe. Das sei aber nicht der Fall; im einen Fall komme es bei vier von fünf, im anderen Fall in allen fünf Tests zu keiner Unterbrechung der Widergabe. Daraus sei zu schließen, dass die Bitrate weit jenseits der nominellen 160 kbit/s liege, was angesichts der Eignung der Abspielgeräte auch für breitbandige Audio- und Videosignale zu erwarten sei. Die abweichenden Ergebnisse des Privatgutachtens nach Anlage K 14 seien durch die nach Ansicht der Beklagten unzulässigen Versuchsbedingungen zu erklären.
120 
Auch eine Anpassung der Rahmengeschwindigkeit im Sinne des kennzeichnenden Merkmals finde nicht statt. Diese scheitere bei asynchronen Systemen wie CD- bzw. MP3-Spielern schon wegen der Beliebigkeit der Auslese- bzw. Bitgeschwindigkeit. Mit der Beliebigkeit der Auslesegeschwindigkeit gehe auch die Beliebigkeit der mittleren Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals einher, wie sich aus dem Gutachten nach Anlage B 1 ergebe.
121 
Schließlich sei auch das Merkmal, wonach mit nS die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befinde, nicht erfüllt. Eine solche Zahl nS könne im Falle des MP3-Standards nicht ermittelt werden, weil hier keine Eins-zu-Eins-Abbildung von Rahmen stattfinde, sondern ein „Rahmen“ des Breitbandsignals jeweils über mehrere Rahmen des zweiten Digitalsignals „verschmiert“ werde, wie aus den Gutachten nach Anlagen B 1 und B 2 hervorgehe.
122 
Die Herleitung der Verletzung über den MP3-Standard sei im Ansatz verfehlt. Denn dieser Standard gebe nur Datenformate und Decodierparameter vor, lasse aber Implementierungsfragen, zu denen auch die „Bitgeschwindigkeit BR“ des „zweiten Datensignals“ gehöre, bewusst offen.
123 
Die Lizenzierungspraxis der Klägerin, die eine Vielzahl von Schutzrechten zu einem „Patentpaket“ bündele und nur dieses Paket insgesamt lizenziere – unabhängig davon, ob der Lizenznehmer eine Lizenz an sämtlichen Patenten benötige oder nicht –, stelle einen Patentpool dar, der gegen Art. 81 EGV verstoße. Dies ergebe sich aus den Leitlinien der Europäischen Kommission zur Anwendung von Art. 81 EGV auf Technologietransfervereinbarungen, wonach gegen die Zulässigkeit solcher Pools spreche, wenn die Lizenzgeber ihre jeweiligen Technologien nicht unabhängig voneinander lizenzieren könnten oder wenn die zusammengelegten Technologien nur als Gesamtpaket erhältlich seien. Vor diesem Hintergrund könne die als Anlage K 5 vorgelegte Lizenzerteilungserklärung nicht als isolierte Lizenzerteilung u.a. für das Klagepatent verstanden werden; vielmehr diene die Vereinbarung zur Bildung eines unzulässigen Patentpools und verstoße damit ihrerseits gegen Art. 81 EGV. Damit fehle es an der Aktivlegitimation der Klägerin.
124 
Weiter machen die Beklagten geltend, die Durchsetzung patentrechtlicher Ansprüche durch die Klägerin sei ein Verstoß gegen Art. 82 EGV. Die Beklagte zu 1 sei zum Abschluss des von der Klägerin angebotenen Standard-Lizenzvertrages nach Anlage B 4 u.a. deshalb nicht bereit gewesen, weil sie bereits Nutzungsrechte an den Schutzrechten der Familien 1-7 und 10-15 der Anlage zum Lizenzvertrag anderweitig erworben habe. Die Klägerin sei in der Vergangenheit zwar bereit gewesen, der Beklagten zu 1 eine Lizenz zu erteilen, die sich nur auf die von der Klägerin so genannten „Kernpatente“ beschränke; eine Reduzierung der Stücklizenzgebühr im Hinblick auf die verminderte Zahl der lizenzierten Patente habe die Klägerin aber (zunächst) nicht akzeptiert. Das sei ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin. Diese ergebe sich daraus, dass nach ihrem Vortrag das Klagepatent eine Industrienorm, nämlich den MP3-Standard erfasse. Der Zugang zum Markt der MP3-Spieler hänge von einer Lizenzgewährung durch die Klägerin ab. Die Bedingungen, unter denen die Klägerin zur Lizenzgewährung an die Beklagte zu 1 bereit sei, seien aber schon deshalb diskriminierend, weil sie dem Umstand nicht Rechnung trügen, dass die Beklagte zu 1 Nutzungsrechte an einem Großteil der im „Paket“ enthaltenen Schutzrechte bereits entgeltlich erworben habe. Dies stelle einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil für die Beklagten zu 1 dar, der – je nach Bewertungskriterium – auf 60 – 90 % der Lizenzgebühren anzusetzen sei. Da die Beklagten allenfalls Lizenz an Patenten aus zwei von 14 Patentfamilien benötigten, könne auch nur eine Lizenzgebühr von 2/14 = 1/7 der von anderen Unternehmen geforderten und erlangten Lizenzgebühren angemessen sein, wobei die so errechnete Höhe noch wegen der Altlizenzen um 40 % zu ermäßigen sei, so dass ein Betrag von 8,5 US-Cent allenfalls als Gegenleistung der Beklagten gefordert werden dürfe. Demgemäß werde die Beklagte gegenüber den Nachfragern an Patenten aller Patentfamilie diskriminiert und ausgebeutet. Demgegenüber könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, die bereits bestehende Berechtigung der Beklagten zu 1 betreffe nur die wirtschaftlich wertlosen „weiteren Patente“. Denn der Vortrag zu den zwingend verletzten „Kernpatenten“ und den wirtschaftlich wertlosen „weiteren Patenten“ sei ohne nähere Darlegung unsubstantiiert und werde bestritten. Die lizenzierten Schutzrechte stünden gleichberechtigt nebeneinander; Anlage K 5 lasse für die von der Klägerin vorgenommene Differenzierung nichts erkennen. Außerdem könne sich durch neue technische Bedürfnisse jederzeit die Notwendigkeit zur Nutzung der technischen Lehre der „weiteren Patente“ ergeben. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, die ein konkretes Lizenzverlangen fordere, frage die Beklagte zu 1) – möge diese Rechtsprechung auch durchaus Bedenken ausgesetzt sein – konkret nach einer Lizenz an den die MP3-Technologie betreffenden zwei Patentfamilien nach und biete eine Gegenleistung von 20 % der vollen (anderen Unternehmen abverlangten) Lizenzgebühr. An dieses Angebot halte sich die Beklagte 1) bis zum 31.10.2007 gebunden.
125 
Im Falle einer Verurteilung zur Unterlassung werde ein Teil des Kerngeschäfts der Beklagten 1) total eingestellt, hierdurch drohe der Beklagten 1) ein jährlicher Umsatzausfall von 24 Mio. EUR im Bereich Handelsgeschäfte und von 35 Mio. EUR bei der Erstausrüstung von Automobilen. Der Gewinnausfall werde etwa 8 % dieses Umsatzes betragen.
126 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
127 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin stehen wegen unmittelbarer Verletzung des Anspruchs 21 in Verbindung mit den Ansprüchen 1 und 2 sowie wegen mittelbarer Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents durch die angegriffenen Wiedergabegeräte mit mp3-Funktion weitestgehend die geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts-, Rechnungslegungs- sowie Schadensersatzfeststellungs- und Herausgabe- und Vernichtungsansprüche gemäß der §§ 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG (i. V. m. § 10 PatG), § 140 a und b PatG, 242 BGB zu.
128 
I. Technische Lehre des Klagepatents
129 
1. Das Klagepatent befasst sich mit der Übertragung digitaler Musiksignale von einem „Sender“ zu einem „Empfänger“. Musik in Form elektrischer Wellen, wie sie etwa von einem Mikrofon erzeugt werden (analoges Signal), wird mit Hilfe von Analog/Digital-Wandlern digitalisiert, d. h. in binäre Zahlen umgesetzt. Hierzu wird das analoge Audiosignal in kurzen Abständen (tausende Male pro Sekunde) „abgetastet“, d.h. der jeweilige Punkt auf der Schwingungskurve wird dem nächstliegenden digitalen Zahlenwert zugeordnet. Wie genau das digitale dem analogen Signal entspricht, hängt zum einen von der Abtastfrequenz, also davon ab, wie oft das analoge Signal pro Zeiteinheit abgetastet wird. Die Abtastfrequenz beträgt bei der Audio-CD 44,1 kHz, also 44.100 Abtastungen pro Sekunde. Die Klangqualität hängt zum anderen von der Genauigkeit, genauer: von der Auflösung der Messung ab, d.h. wie viele verschiedene digitale Zahlen zur Darstellung des jeweils abgetasteten Klangwerts zur Verfügung stehen. Eine Audio-CD hat eine 16-Bit-Quantisierung, d. h. jeder Abtastwert erzeugt eine sog. 16-Bit-Zahl.
130 
Ein so erzeugtes Signal hat etwa im Fall der Audio-CD eine sehr hohe Datendichte, d.h. es erfordert die Übertragung einer sehr hohen Datenmenge pro Zeiteinheit; das Klagepatent bezeichnet es daher als Breitbandsignal. Es gibt Breitbandsignale in genormten Qualitäten, nämlich mit Abtastfrequenzen von 32, 44,1 und 48 kHz. Die genannten Datenmengen eignen sich in vielen Fällen nicht zur Übertragung, sei es weil die Bandbreite, sei es weil der Speicherplatz nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
131 
Das Klagepatent geht von einem Stand der Technik aus, in dem es bekannt war, im Sender ein Teilbandcodierungssytem und im Empfänger ein entsprechendes Teilband Decodierungssystem einzusetzen; dabei wurden eine Anzahl von Teilbändern verwendet, deren Bandbreiten annähernd den Bandbreiten der kritischen Bänder des menschlichen Ohres in den jeweiligen Frequenzbereichen entsprachen. So konnte aufgrund psychoakustischer Versuche erwartet werden, dass das Quantisierungsrauschen in einem derartigen Teilband von den Signalen dieses Teilbands optimal maskiert wird, wenn bei der Quantisierung die Rauschmaskierungskurve des menschlichen Ohres berücksichtigt wird. Konkret wurden Schallsignale, die von anderen Signalen ohnehin für das menschliche Ohr überdeckt werden und deshalb nicht hörbar sind, nicht mit aufgezeichnet und so die Menge der zu speichernden und zu übertragenden Information verringert.
132 
2. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, für das Übertragungssystem einige Maßnahmen zu schaffen, bei denen es sich insbesondere um eine ganz spezifische Wahl für das Format handelt, mit dem das (ursprüngliche) digitale Breitbandsignal nach der Umsetzung in das zweite Datensignal über das Übertragungsmittel derart ausgesandt werden kann, dass ein flexibles und mehr oder weniger universell verwendbares Übertragungssystem erhalten wird. Der Sender soll also die Möglichkeit haben, digitale Breitbandsignale verschiedener Formate (insbesondere mit verschiedener Abtastfrequenz von 32, 44,1 und 48 kHz) umzusetzen, und der Empfänger soll in der Lage sein, aus dem vom Sender erzeugten zweiten Datensignal wieder das richtige Format des Breitbandsignals abzuleiten (Anlage K 3, S. 2 Z. 24 – S. 3 Z. 4).
133 
Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein Übertragungssystem nach Anspruch 1 und ein entsprechender Empfänger nach dem Anspruch 21 vorgeschlagen; bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche. Die Parteien gehen zu Recht übereinstimmend von folgender Gliederung der Merkmale der Ansprüche 1 und 21 sowie der geltend gemachten Unteransprüche 2, 4 und 22 aus:
134 
a) Empfänger eines digitalen Übertragungssystems, das aus einem Sender und einem Empfänger besteht.
135 
b) Das digitale Übertragungssystem dient zum Aussenden eines digitalen Breitbandsignals mit einer bestimmten Abtastfrequenz FS , beispielsweise eines digitalen Audiosignals, über ein Übertragungsmittel und zum Empfangen dieses Signals.
136 
c) Der Sender ist mit einer Eingangsklemme zum Empfangen des digitalen Breitbandsignals versehen.
137 
d) Die Eingangsklemme ist mit einem Eingang einer zum Sender gehörenden Signalquelle gekoppelt.
138 
e) Die Signalquelle ist zum Erzeugen eines zweiten Digitalsignals und zum Zuführen dieses zweiten Digitalsignals zu einem Ausgang eingerichtet.
139 
f) Das zweite Digitalsignal ist aus aufeinander folgenden Rahmen aufgebaut.
140 
g) Jeder Rahmen ist aus einer Anzahl von Informationspaketen (lP) aufgebaut.
141 
h) Jedes Informationspaket (IP) enthält N Bits, wobei N größer als 1 ist.
142 
i) Der Empfänger ist mit einem Decoder mit einem Eingang zum Empfangen des zweiten Digitalsignals versehen.
143 
j) Der Decoder ist mit einem Ausgang versehen, der mit einer Ausgangsklemme zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals gekoppelt ist.
144 
k) Wenn P in der Gleichung
145 
146 
eine ganze Zahl ist, ist die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einem Rahmen gleich P, wobei
147 
(1) BR gleich der Bitgeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals und
148 
(2) ns die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals ist, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet.
149 
l) Wenn nach der genannten Gleichung P keine ganze Zahl ist, ist die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einer Anzahl Rahmen gleich P‘, wobei P‘ die erste P folgende niedriger liegende Ganzzahl ist.
150 
m) Wenn die Anzahl B der Informationspakete (lP) einer Anzahl Rahmen gleich P’ ist, ist die Anzahl der Informationspakete (IP) in den anderen Rahmen gleich P’+1 und zwar so, dass genau die Bedingung erfüllt wird, dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals im Wesentlichen gleich FS /nS ist.
151 
n) Ein Rahmen ist aus wenigstens einem ersten Rahmenteil (FD1) mit Synchronisationsinformation aufgebaut. (Anspruch 21 in Verbindung mit Anspruch 1)
152 
o) Der erste Rahmenteil (FD1) enthält weiter Information, die zur Anzahl der Rahmen in Zusammenhang steht. (Anspruch 2)
153 
p) Wenn ein Rahmen P'+1 Informationspakete (IP) enthält, enthält der erste Rahmenteil (FD1) Information, die mit P' übereinstimmt. (Anspruch 4)
154 
q) Der Empfänger hat die Form einer Anordnung zum Lesen des zweiten Datensignals aus einer Spur auf einem Aufzeichnungsträger. (Anspruch 22)
155 
3. Anspruch 1 des Klagepatents schützt also ein System zur Übertragung digitaler Signale, insbesondere digitaler Audiosignale. Das System besteht aus einem Sender, einem Übertragungsmittel und einem Empfänger. Sender und Empfänger weisen bestimmte räumlich-körperliche Merkmale (Signalquelle, Eingangs- und Ausgangsklemmen, Decoder), die nur ihrer Funktion nach beschrieben sind; wie diese Bauteile im einzelnen ausgestaltet sind, überlässt Anspruch 1 dem Fachmann. Anspruch 21 stellt den zu diesem Übertragungssystem gehörenden Empfänger separat unter Schutz. Dessen technische Eigenschaften sind der Lehre des Anspruchs 1 zu entnehmen. Da der Empfänger in Anspruch 21 separat geschützt ist, kann es für die Frage der Verwirklichung der Merkmale dieses Anspruchs nicht darauf ankommen, ob der Empfänger aktuell in ein Übertragungssystem eingebunden ist; entscheidend ist, dass er nach seinen technischen Eigenschaften Teil eines solchen Übertragungssystems sein kann.
156 
Nach der Lehre des Anspruchs 1 wird das digitale Breitbandsignal im Sender in ein sog. zweites Digitalsignal umgewandelt. Dieses zweite Digitalsignal wird in beliebiger Weise (Merkmal b: „über ein Übertragungsmittel“; vgl. auch Anlage K 3, S. 8 Z. 17 ff.; S. 20 Z. 4 ff.: über die Luft, über Kabel, mittels Aufzeichnungsträgern verschiedenster Art) an den Empfänger übertragen, der aus diesem Signal mittels eines Decoders wieder „das“ digitale Breitbandsignal zurückgewinnt. Das zweite Digitalsignal ist also dasjenige, welches sich (z.B. weil es komprimiert ist) besser übertragen lässt. Das Breitbandsignal, das der Empfänger aus dem zweiten Digitalsignal zurückgewinnt, kann notwendig nicht völlig mit dem ursprünglichen Breitbandsignal übereinstimmen; nach der Beschreibung ist für den Fachmann klar, dass bei der Codierung des ursprünglichen Breitbandsignals (für das vom Menschen wahrgenommene Klangbild unwichtige) Information verloren gehen kann, die dann notwendig auch im wiedergewonnenen Breitbandsignal fehlt (vgl. z.B. Anlage K 3, S. 2 Z. 11-23). Die Beschreibung spricht deshalb davon, dass der Empfänger aus dem zweiten Digitalsignal eine „Replik“ des Breitbandsignals wiedergewinnt, die sich nicht hörbar unterscheidet (Anlage K 3, S. 2 Z. 11-19; S. 20 Z. 14-16).
157 
Das zweite (komprimierte) Digitalsignal besteht aus
158 
- Rahmen (frames; Merkmal f)), die ihrerseits aus einer bestimmten Anzahl B (Merkmal l)) von
- Informationspaketen (IP, slots; Merkmal g)) bestehen, welche wiederum eine bestimmte Anzahl N von
- Bits (typischerweise 8; Merkmal h))
159 
enthalten. Es handelt sich nach der Beschreibung um einen seriellen Digitaldatenfluss (Anlage K 3, S. 10 Z. 29 f.), d.h. die einzelnen Rahmen werden hintereinander angeordnet und verarbeitet. Es kann demnach in einer Spur eines Aufzeichnungsträgers, z.B. einer CD, gespeichert werden (Anspruch 22).
160 
Die kennzeichnenden Merkmale k) bis m) befassen sich damit, wie die Anzahl B der Informationspakete pro Rahmen bestimmt wird, d.h. wie lang die einzelnen Rahmen (gemessen in ganzen IP) sind. Merkmal n) enthält eine erste Angabe über den Inhalt der Rahmen, nämlich über die am Anfang stehende Synchronisationsinformation; die Unteransprüche 2 und 4 enthalten weitere Angaben über Informationen, die in den Rahmen stehen.
161 
a) Kern der Erfindung ist somit, wie sich schon aus der oben zitierten Aufgabenstellung ergibt, ein bestimmtes Format des zweiten Digitalsignals. Nach der Beschreibung (Anlage K 3, S. 3 Z. 18 ff.) hat die Einteilung der Rahmen in Informationspakete den Sinn,
162 
„dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des vom Sender ausgestrahlten zweiten Digitalsignals für ein digitales Breitbandsignal mit jeder beliebigen Abtastfrequenz F S sich jetzt derart verhält, dass die Dauer eines Rahmens im zweiten Digitalsignal der Dauer entspricht, die n S Abtastungen des Breitbandsignals einnehmen.“ (Unterstreichung hinzugefügt)
163 
b) Die geschützte Erfindung bezweckt nach der Beschreibung weiter, dass sich der Empfänger auf Basis ganzer Rahmen im Datenstrom des zweiten Digitalsignals synchronisieren kann, wie dies im Stand der Technik vorhandene Decoderbauteile bereits getan haben (Vgl. Anlage K 3, S. 9 Z. 10-16):
164 
„Außerdem wird hierdurch möglich, die Synchronisation auf Basis von Informationspaketen beizubehalten, was einfacher und zuverlässiger als die Synchronisation auf Bitbasis ist.“ (Anlage K 3, S. 3 Z. 22-25)
165 
Was hiermit gemeint ist, wird konkreter bei der Erläuterung des Ausführungsbeispiels nach Fig. 12 dargestellt:
166 
„Der Decodiervorgang wird für jeden ankommenden Rahmen wiederholt. Aus den Rahmen wird im Sender ( richtigerweise: im Empfänger ) ( Der Sachzusammenhang lässt keine andere Deutung zu. In dem Abschnitt geht es um den Empfänger; vor allem aber kann nur der Empfänger die Synchronisations- und Systeminformation aus den Rahmen ableiten . ) die Synchronisations- und Systeminformation abgeleitet. In der Einheit 19 werden die jeweiligen Synchronisationswörter detektiert, die sich in den ersten 16 Bits des ersten Rahmenteils jedes Rahmens befinden. Da die Synchronisationswörter aufeinanderfolgender Rahmen jeweils um eine Ganzzahl von P' oder P'+1 Informationspaketen auseinander liegen, können diese Synchronisationswörter äußerst genau detektiert werden.“
167 
Damit ist zugleich der technische Zusammenhang der Codierung nach Merkmalen k) bis m) mit dem Merkmal n) verdeutlicht, wonach im ersten Rahmenteil jedes Rahmens jeweils die Synchronisationsinformation enthalten ist.
168 
Die Synchronisation auf Basis von (ganzen) Informationspaketen ist unproblematisch, solange die Gleichung
169 
170 
eine ganzzahlige Lösung hat. Dann können alle Rahmen gleich lang sein, d.h. gleich viele Informationspakete enthalten. Die „richtige“ Rahmengeschwindigkeit des zweiten Datensignals ergibt sich – vorbehaltlich der Konstante BR/N (dazu sogleich c)) – direkt aus dem Verhältnis nS /FS . Nach der Aufgabenstellung soll eine Anpassung der Rahmengeschwindigkeit mittels der in ganzen Informationspaketen angegebenen Rahmenlänge aber auch dann möglich sein, wenn die obige Gleichung keine ganzzahligen Ergebnisse liefert. Das ist, wie die Beschreibung deutlich macht (vgl. z.B. Anlage K 3, S. 11 Z. 25 ff. und Fig. 5), vor allem dann der Fall, wenn die Abtastfrequenz FS des Breitbandsignals den für die Audio-CD gebräuchlichen Wert von 44,1 kHz hat. Auch in diesem Fall muss im Interesse zuverlässiger Synchronisation jeder Rahmen aus einer ganzen Zahl von Rahmen bestehen.
171 
Die in den Merkmalen k) bis m) beschriebene Lösung besteht darin, in einem solchen Fall zwei unterschiedliche Rahmengrößen zu akzeptieren, die sich um genau ein Informationspaket unterscheiden. Dann werden, um trotzdem die richtige mittlere Rahmengeschwindigkeit zu erhalten, die Anzahl der längeren und der kürzeren Rahmen so ins Verhältnis gesetzt, dass im Durchschnitt wieder die richtige Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals herauskommt. Obwohl also jeder Rahmen eine ganzzahlige Anzahl von Informationspaketen enthält, ergibt sich eine korrekte mittlere Rahmenlänge, die kein ganzzahliges Vielfaches der enthaltenen Informationspakete ist.
172 
c) Für die richtige Rahmenlänge ist nicht nur die Rahmengeschwindigkeit, die sich aus dem Verhältnis nS/FS ergibt, sondern auch das Verhältnis BR/N und dabei insbesondere die Bitgeschwindigkeit BR des zweiten Digitalsignals von Bedeutung.
173 
Die Parteien sind im Ausgangspunkt darüber einig, dass die Bitgeschwindigkeit BR in bit/s zu bemessen ist; dies steht im Einklang mit der Beschreibung (vgl. Anlage K 3, Fig. 5, 6). N ist die Anzahl der bits in jedem Informationspaket des zweiten Digitalsignals (Merkmal h)). Mathematisch betrachtet wird also das Verhältnis von „bits (des zweiten Digitalsignals) pro Sekunde“ zu „bits (des zweiten Digitalsignals) pro Informationspaket“ gebildet, was (nach Kürzen der bits) zu einem Verhältnis „Informationspakete pro Sekunde“ führt. Hieraus wird klar, dass auch das Verhältnis BR/N für die Anpassung der Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals berücksichtigt werden muss. Die Bitgeschwindigkeit wird dem Decoder nach einem bevorzugten Ausführungsbeispiel an einer bestimmten Stelle innerhalb des Rahmens mitgeteilt (Anlage 3, Fig. 17 und 18); sie kann allerdings auch durch Rückrechnung aus den anderen Werten ermittelt werden (vgl. Anlage K 3, S. 29 Z. 22-31).
174 
Die Parteien streiten über den technischen Sinngehalt der Größe BR. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, die Bitrate könne nur in einem synchronen Übertragungssystem eine Rolle spielen, in dem Codierung, Übertragung und Decodierung im Wesentlichen ohne zeitliche Zwischenräume, jedenfalls aber mit gleichen Geschwindigkeiten abliefen. Nur dann könne es auf die vom Patent erstrebte Abstimmung der Geschwindigkeiten ankommen. Diese Auslegung des Klagepatents vermag die Kammer nicht zu teilen. Maßgebend ist auch insoweit in erster Linie der Inhalt der Patentansprüche, Art. 69 EPÜ; die Beschreibung und die Zeichnungen sind zur Ermittlung des Sinngehalts des Anspruchs heranzuziehen.
175 
Nach der technischen Lehre des Anspruchs 1 kommt es zunächst nicht darauf an, ob an irgendeiner Stelle des Empfängers tatsächlich die „nominelle Bitrate“ gemessen werden kann; die Bitrate ist ausweislich des klaren Anspruchswortlauts kein Merkmal des geschützten Empfängers. Entscheidend ist vielmehr, ob der Empfänger ein zweites Digitalsignal decodieren kann, das patentgemäß aufgebaut ist, das also aus Rahmen besteht, deren (in Informationspaketen gemessene) Länge sich nach Maßgabe der Merkmale k) und m) bestimmt. Nur in diesem Zusammenhang ist BR von Bedeutung; es handelt sich um eine reine Rechengröße, die in die Formel nach Merkmal k) eingeht.
176 
Wofür diese Rechengröße steht, ergibt sich aus dem technischen Zusammenhang, wie er aus der Gesamtschau der Merkmale und deren Erläuterung in der Beschreibung hervorgeht: Allein genannter Anwendungsfall des geschützten Übertragungssystems ist die Übertragung von Audiosignalen. Das zweite Digitalsignal ist das Transportmittel zur Übertragung der Audiodaten, weil es weniger Bandbreite und/oder weniger Speicherplatz als die Übertragung der Audiodaten selbst benötigt. Die Bitrate des zweiten Digitalsignals ist daher ein Maß für dessen „Datendichte“ oder Kompression: Eine hohe Bitrate (viele Informationen pro Zeiteinheit) bedeutet eine geringe Kompression und umgekehrt. Diesen vom technischen Zusammenhang geprägten Bedeutungsgehalt setzt das Klagepatent als dem Fachmann geläufig voraus; eine ausdrückliche Definition enthält das Klagepatent nicht. Die von den Beklagten zitierte Beschreibungsstelle
177 
„Die Anzahl der Informationspakete in einem Rahmen ist abhängig von
178 
(a) der Bitgeschwindigkeit BR, mit der das zweite Digitalsignal über das Übertragungsmittel ausgesandt wird …“ (Anlage K 3, S. 11 Z. 3-6)
179 
steht diesem Verständnis nicht entgegen. Die Stelle könnte aber – dies ist einzuräumen – bei isolierter Betrachtung wegen der Formulierung „über das Übertragungsmittel ausgesandt“ als Beleg für die These der Beklagten verstanden werden, dass der Schutzbereich des Patents auf eine im Wesentlichen verzögerungsfreie „synchrone“ Übertragung beschränkt ist. Der gesamte sonstige Inhalt der Patentschrift macht für den mit der Auslegung des Klagepatents befassten Fachmann aber deutlich, dass dies nicht gemeint ist. Zunächst lässt das in der deutschen Übersetzung verwendete Wort „ausgesandt“ keine Schlussfolgerung auf eine Rundfunkübertragung etc. zu. Die maßgebliche englische Fassung verwendet „transmitted“, und die Begriffe „transmit“ und „transmission“ werden in der gesamten Klagepatentschrift im weitesten Sinne für die Übertragung von Daten verwendet; schon die Überschrift fasst die Erfindung als „digital transmission system“ (digitales Übertragungssystem) zusammen. In der Beschreibung wird die Übertragung „über die Luft“, also im Rahmen des digitalen Rundfunks, mehrfach an erster Stelle möglicher Anwendungsfälle genannt, so dass denkbar ist, dass diese Anwendungsbeispiele bei der zitierten Formulierung vor Augen standen. Wo das Klagepatent diesen möglichen Anwendungsfall nennt, stellt es aber jeweils zugleich klar, dass die technische Lehre gerade nicht auf dieses Übertragungsmittels beschränkt, sondern insoweit völlig offen ist. Besonders deutlich ist S. 20 Z. 4-12 der Anlage K 3:
180 
„Das im Sender 1 erzeugte zweite Digitalsignal gelangt anschließend über den Ausgang 7 zu einem Übertragungsmittel 4 und über das Übertragungsmittel 4 zum Empfänger 5. Die Übertragung über das Übertragungsmittel 4 kann die Form einer drahtlosen Übertragung haben, wie beispielsweise eines Rundfunkkanals. Jedoch sind genauso andere Übertragungsmittel möglich. Man kann dabei an eine optische Übertragung denken, beispielsweise über optische Fasern oder optische Aufzeichnungsträger, wie z.B. Compact-Disc-artige Mittel oder eine Übertragung mittels magnetischer Aufzeichnungsträger, bei denen RDAT- oder SDAT-artige Aufnahme- und Wiedergabetechniken ausgenutzt werden …“
181 
Übertragungen mittels optischer oder magnetischer Aufzeichnungsträger (z.B. CDs oder Disketten/Festplatten) sollen also genauso in den Schutzbereich fallen wie die Übertragung über den Rundfunk. Bei der Übertragung mittels Aufzeichnungsträgern ist (und war im Prioritätszeitpunkt) aber geradezu der Regelfall, dass die Geschwindigkeit des Auslesens und der Decodierung eines Datenstroms wegen der Möglichkeit der Pufferung (Zwischenspeicherung) digitaler Daten nicht mit der Abspielgeschwindigkeit zusammenfallen muss. Wenn das Patent trotzdem an keiner Stelle klarstellt, dass die Übermittlung via Aufzeichnungsträger nur insoweit erfasst sein soll, als das Auslesen synchron mit dem Abspielen erfolgt, so ist dies ein deutliches Indiz dafür, dass der Schutzbereich nicht in dieser Weise beschränkt ist. Zudem ist kein technischer Grund dafür erkennbar, weshalb das Klagepatent bei der vom Schutzbereich erfassten Übertragung via Datenträger die Möglichkeit des schnellen Auslesens und der Pufferung der ausgelesenen Daten ausschließen sollte.
182 
Die Bitgeschwindigkeit BR ist also um eine Eigenschaft des zweiten Digitalsignals, nämlich das Maß für die Datenmenge pro Abspielzeit, also den Grad der Kompression. Diese Eigenschaft geht als Rechengröße in die Ermittlung der Rahmenlänge nach der in Anspruch 1 genannten Formel ein; auf die Frage, ob die Bitgeschwindigkeit im Empfänger an irgendeiner Stelle gemessen werden kann, kommt es nach der Lehre des Anspruchs 1 nicht an. Aus dem Begriff der Bitgeschwindigkeit ist nicht zu folgern, dass das Klagepatent auf ein System zur synchronen Übertragung beschränkt ist.
183 
d) Gleiches gilt für die Größe nS . Nach Merkmal k(2) steht nS für die Anzahl der Abtastungen, deren entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet. Auch insoweit handelt es sich um eine Variable, die in die Berechnung der Rahmenlänge nach der Formel aus Anspruch 1 eingeht. Es handelt sich nicht um eine Definition, welche Information in jedem Rahmen steht. Das Klagepatent enthält an keiner Stelle einen Hinweis darauf, dass eine „Eins-zu-Eins“-Umsetzung der Abtastungen in Rahmen geschützt ist. Die von den Beklagten herangezogene Stelle in Anlage K 3 (S. 11 Z. 10 ff.)
184 
„(d) der Probenanzahl nS des digitalen Breitbandsignals, von dem die entsprechende, nach Umsetzung im Sender zum zweiten Digitalsignal sich in nur einem Rahmen befindet ...“
185 
ist im entscheidenden Punkt falsch übersetzt; die maßgebliche englische Fassung enthält die Beschränkung auf nur einen Rahmen nicht:
186 
„(d) the number of samples nS of the wide-band digital signal, the information ( of ) which corresponds thereto and which after conversion in the transmitter belongs to the second digital signal being included in one frame ...“
187 
Nach Merkmal m) dient die Berechnung nach Merkmal k) letztlich dazu, die mittlere Rahmengeschwindigkeit bei der Codierung so einzustellen, dass sie im Wesentlichen gleich FS/nS ist. Das bedeutet aber, dass es sich bei nS um eine Angabe über die Informationsmenge handelt und nicht um eine Angabe darüber, welcher Informationsinhalt in welchem Rahmen steht.
188 
II. „Padding“ nach dem MP3-Standard ist eine patentgemäße Codierung
189 
1. Der MP3-Standard macht eine Reihe von Vorgaben über das Format des standardgemäß codierten Datenstroms.
190 
a) Der Datenstrom besteht aus einer ununterbrochenen (seriellen) Abfolge von Audio-Frames (Anlage K 10, 2.1.10). Die Rahmen sind in Informationspakete (Slots) unterteilt (2.4.3.1); bei den Slots handelt es sich um Bytes, die ihrerseits aus 8 Bits bestehen. Damit entspricht die Strukturierung des Datenstroms dem patentgemäßen Format (Merkmale f) bis h)).
191 
b) Im Header der Rahmen nach dem MP3-Standard sind u.a.
192 
- Synchronisationsinformationen (am Anfang des Rahmens, Anlage K 10, 2.4.1.3)
- die Bitgeschwindigkeit (Bitrate; 32 bis 320 kbit/s) des codierten Signals und
- die Abtastfrequenz (sampling frequency; 32 kHz, 44,1 kHz und 48 kHz)
193 
gespeichert (Anlage K 10, 2.4.2.3, S. 20 f.). Ferner schreibt der MP3-Standard eine feste Anzahl von Abtastungen des Breitbandsignals vor, deren entsprechende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet (nS ). Dieser Wert beträgt 1.152 (Anlage K 10, 2.4.2.3, S. 22). Damit sieht der MP3-Standard neben den Synchronisationsinformationen nach Merkmal n) auch die Rechengrößen vor, die in die Formel nach Merkmal k) eingehen.
194 
2. Diese Rechengrößen werden auch in der von Merkmal m) vorgesehenen Weise zur Ermittlung der Länge der Rahmen verwendet. Die Rahmenlänge errechnet sich nach dem Standard (Anlage K 10, 2..4.3.1, S. 30) aus der Gleichung
195 
196 
wobei N die Anzahl der Slots pro Rahmen bezeichnet und damit dem Wert P nach der Formel in Merkmal k) entspricht. Die Zahl 144 ergibt sich aus der Division der beiden festliegenden Werte für die Zahl der Abtastungen des Breitbandsignals, deren entsprechende Information sich in einem Rahmen des codierten Signals befindet (nS : 1.152 Abtastungen) und der Anzahl der Bits pro Byte (N: 8 Bits). Damit lassen sich die Gleichungen wie folgt ineinander überführen:
197 
198 
3. Für den Fall, dass die obige Gleichung keine ganze Zahl ergibt, sieht der MP3-Standard vor, dass grundsätzlich auf die nächstniedrigere Zahl an Informationspaketen abgerundet wird („truncate“) und bei einigen Rahmen die Länge „aufgefüllt“ wird („Padding“); die „aufgefüllten“ langen Rahmen haben ein Informationspaket mehr als die kurzen Rahmen (Anlage K 10, 2.4.3.1). Dieser Fall tritt insbesondere dann ein, wenn die Abtastfrequenz des Breitbandsignals den für Audio-CDs typischen Wert von 44,1 kHz hat. Das Verhältnis von kurzen und langen Rahmen bestimmt sich danach, dass die zusammengezählte Länge der codierten Rahmen nach einer beliebigen Anzahl von Rahmen nicht mehr als ein Informationspaket (Slot) von dem nach der folgenden Formel (bei der gegenüber der Fassung Anlage K 10, 2.4.2.3, S. 22, die Abkürzungen aus dem Klagepatent eingesetzt wurden) berechneten Wert abweichen darf:
199 
200 
Die Klägerin hat mathematisch nachvollziehbar dargelegt, dass diese Bestimmung der Rahmenlänge technisch identisch ist mit derjenigen, die die Merkmale l) und m) vorsehen. Die Beklagten haben diesen Vortrag nicht erheblich bestritten. Sie berufen sich zum einen darauf, dass der Decoder den (codierten) Wert, den er den Bits 21-22 („sampling_frequency“) im Rahmenkopf entnimmt, nicht in die Formel einsetzt, sondern anhand dieses codierten Werts aufgrund einer weiteren Tabelle einen Wert für die Größe „frequency specified“ (nämlich eben die Werte typischen Werte 32, 44,1 und 48 kHz) ermittelt und dann erst diesen in die Formel einsetzt. Dieser Zwischenschritt ändert ersichtlich nichts daran, dass sich die Rahmenlänge nach denselben Kriterien richtet wie im Klagepatent vorgesehen; wie der Decoder die Rechengrößen im einzelnen verarbeitet, überlässt Anspruch 1 dem Fachmann.
201 
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Decoder „gezwungen ist, exakt dieselbe Abtastfrequenz zu verwenden, mit der das digitale Breitbandsignal zum voraufgegangenen Encodierprozess angeliefert wurde“. Entscheidend ist vielmehr, dass nach dem Standard die Abtastfrequenz, wie sich aus der Formel ergibt, in die Ermittlung der Rahmenlänge eingeht. Soweit sich die Beklagten weiter darauf berufen, dass die Bitrate des Auslesevorgangs beliebig hoch sein kann, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
202 
Die weiteren Ausführungen der Beklagten, wonach der Decoder die Bits 17-20 im Header evaluiert, mit denen er dann aus der Tabelle nach Abschnitt 2.4.2.3 des Standards einen Wert für die Größe „Bitrate“ entnehme, bestätigen insoweit die oben dargestellte technische Übereinstimmung zwischen Standard und Klagepatent. Diese (von den Beklagten so genannte) „nominelle Bitrate“, die nämlich die Informationsmenge im zweiten Digitalsignal pro Abspielzeit angibt, ist diejenige, die als Rechengröße in die Bestimmung der Rahmenlänge eingeht.
203 
Damit weist ein MP3-konformer Datenstrom, bei dem die Rahmenlänge mittels „Padding“ angepasst wird, stets notwendig eine Codierung nach Anspruch 1 des Klagepatents auf.
204 
III. Die angegriffenen Ausführungsformen sind Empfänger nach Anspruch 21
205 
1. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die angegriffenen Ausführungsformen die räumlich-körperlichen Merkmale des anspruchsgemäßen Empfängers aufweisen: Sie haben einen Decoder zur Decodierung von MP3-Audiodateien mit einem Eingang zum Empfangen des MP3-Signals (Merkmal i)); der Decoder ist mit einem Ausgang versehen, der seinerseits mit einer Ausgangsklemme (insoweit genügt jeder Anschluss) zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals versehen ist (Merkmal j)).
206 
Der Decoder der angegriffenen Ausführungsformen ist unstreitig auch in der Lage, einen Datenstrom zu decodieren, der nach dem MP3-Standard unter Einschluss der „Padding“-Technik codiert wurde. Dies wird durch den ersten Versuch, den der Privatgutachter der Klägerin in Anlage K 14 durchgeführt hat, bestätigt. Die Test-Datei, die der Gutachter erstellt hat, wies die dargestellten Charakteristika des MP3-Standards auf; die Rahmenlänge wurde im Wege des „Padding“ zwischen 522 und 523 Bytes (Slots / Informationspaketen) variiert. Das getestete Autoradio hat diese MP3-Datei problemlos abgespielt. Die Beklagten haben diesen Vortrag der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten.
207 
2. Durch das Gutachten nach Anlage K 14 ist ferner dargetan, dass der Decoder des getesteten Autoradios die Angabe der Bitrate in den Headern der Rahmen zur Decodierung tatsächlich nutzt. Denn wenn eine unzutreffende Angabe über die Bitgeschwindigkeit in die Header eingetragen wird, scheitert die Synchronisierung des Empfängers.
208 
Auch diesen qualifizierten Parteivortrag haben die Beklagten nicht erheblich bestritten. Sie haben lediglich die Aussagekraft des Versuchs in Frage gestellt und vorgetragen, die vorgenommenen Änderungen an den MP3-Files stellten jeweils für sich schwere Verletzungen des MP3-Formats dar, so dass man die Unterbrechung der Decodierung geradezu erwarten müsse; dies gelte insbesondere für die Veränderung des Eintrags der nominellen Bitrate, die der Decoder als Hinweis auf ein Datenformat verstehen müsse, das nicht dem Datenformat von MP3-Daten entspreche. Damit bestätigen die Beklagten aber, dass der Decoder die Angabe im Header liest, auswertet und die Abweichung von der „richtigen“ Bitrate, die mit der Rahmenlänge in Einklang stünde, feststellt.
209 
Darüber hinaus haben die Beklagten vorgetragen, der Decoder der angegriffenen Ausführungsformen werte die Information über die „nominelle Bitrate“ aus, um die Länge des Rahmens zu berechnen, sofern diese infolge eines Paddings variiere. Dies steht ebenfalls im Einklang mit der dargelegten Lehre des Anspruchs 1. Der weitere Vortrag, dies geschehe nur zu dem Zweck, um unvollständig übertragene Rahmen erkennen zu können, genügt nicht den im Rahmen der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen an die Substantiierung. Die Klägerin hat substantiiert zur Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsformen vorgetragen; hierzu müssen sich die Beklagten, die die angegriffenen Ausführungsformen auf den inländischen Markt bringen, mit der gleichen Substanz erklären.
210 
3. Die vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. P. stellen die Benutzung der geschützten Lehre nicht in Frage, weil sie, wie sich aus dem unter I. Ausgeführten ergibt, von einem unzutreffenden patentrechtlichen Ansatz ausgehen. Die Gutachten nach Anlagen B 1 und B 13 zeigen, dass die angegriffenen Abspielgeräte die Rahmen mit einer wesentlich höheren Datenrate einlesen als mit der „nominellen Bitrate“, mit der die MP3-Datei codiert wurde. Das ist nach dem Gesagten unerheblich. Es kommt nicht darauf an, mit welcher Geschwindigkeit die Rahmen des zweiten Digitalsignals eingelesen und verarbeitet werden. Es kommt darauf an, ob die von den Beklagten so genannte, für den Anspruch allein relevante „nominelle Bitrate“, also die Informationsmenge im zweiten Digitalsignal pro Abspielzeit, beim Decodieren derart berücksichtigt wird, dass eine korrekte Replik des ursprünglichen Breitbandsignals entsteht. Das ist hier der Fall, wie sich aus den als Anlage K 14 vorgelegten, von den Beklagten nicht erheblich bestrittenen Untersuchungen der Klägerin ergibt.
211 
Das Gutachten nach Anlage B 2 erläutert den Umstand, dass ein Rahmen nach dem MP3-Standard zwar die Information von 1.152 Abtastwerten enthält, dass diese Information, die zu einem Rahmen gehört, generell nicht zwischen zwei aufeinanderfolgenden Synchronwörtern enthalten ist. Es beschreibt, anders ausgedrückt, das „Verschmieren“ oder „Überlappen“ der Information, die 1.152 aufeinanderfolgende Abtastwerte repräsentiert, über mindestens zwei codierte Rahmen. Auch dies kann als richtig unterstellt werden. Denn auch diese Ausführungen stellen nicht in Frage – sondern gehen gerade vielmehr ausdrücklich davon aus –, dass sich in einem Rahmen des MP3-Signals eine Informationsmenge befindet, die 1.152 Abtastwerte des ursprünglichen Breitbandsignals repräsentiert. Wie dargelegt wurde, kommt es allein auf diesen quantitativen Wert für die technische Lehre des Anspruchs 1 an. Ob die Reihenfolge der Abtastwerte des Breitbandsignals auch im codierten Signal eingehalten oder verändert wird, darüber macht Anspruch 1 des Klagepatents keine Aussage.
212 
IV. Kartellrechtliche Einwendungen
213 
Die kartellrechtlichen Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch.
214 
1. Die Klägerin verstößt dadurch, dass sie Lizenz an Schutzrechten aus 14 Patentfamilien genommen hat und an diesen Schutzrechte eine einheitliche Lizenz anbietet, nicht gegen Art. 81 EGV. Es handelt sich nicht um eine mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare Vereinbarung zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen den Gemeinschaftsstaaten zu beeinträchtigen geeignet wäre und eine Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken würde. Zu Unrecht glauben die Beklagten in dem Angebot einer umfassenden Lizenz an den Schutzrechten aller Patentfamilien, die für die Benutzung des gesamten MPEG-Audio-Standards ein sachwidriges Koppelungsgeschäft erkennen zu können. Freilich trifft die rechtliche Grundthese zu, dass Verträge, die an die Bedingungen geknüpft sind, dass der Vertragspartner zusätzliche Leistungen abnimmt und bezahlt, wegen der Einschränkung der Autonomie des Vertragspartners bedenklich sein können, wie auch das gesetzliche Regelbeispiel in Art. 81 Abs. 1 lit e) EGV belegt. Schon hieraus wird aber deutlich, dass nicht jede Koppelung bzw. im Kontext von Art. 81 Absprache zur Koppelung schlechthin, also beispielsweise die Abgabe in bestimmten Gebindegrößen, während der Interessent nur Einzelstücke nachfragt, verboten sein soll, sondern es entscheidend darauf ankommt, ob die Abnahme zusätzlicher Leistungen verlangt wird, die zu der nachgefragten Ware oder Dienstleistung weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung stehen. Einen solchen sachlichen Zusammenhang hat aber die Klägerin eingehend und von den Beklagten nicht durchgreifend in Frage gestellt vorgetragen. Es erscheint der Kammer durchaus nachvollziehbar, dass die Zusammenfassung der Schutzrechte aller Patentfamilien in einem einheitlichen Lizenzangebot nicht allein oder auch nur in erster Linie dazu dienen würde, für die Klägerin einen höheren Preis zu generieren, als er bei bloßer Lizenzierung der speziell die MP3-Technik betreffenden Schutzrechten zu erzielen wäre, sondern die Klägerin damit auch auf eine entsprechende Nachfrage der Marktgegenseite reagiert und deren Interessen entgegen kommt, wenn durch Lizenzgewährung und Lizenznahme an einem umfassenden Schutzrechtsportfolio für den Lizenznehmer sichergestellt werden kann, dass er die gesamte MPEG-Audio-Technik sicher und umfassend, nicht nur hinsichtlich des Kerns der MP3-Technik nutzen kann und nicht bei jeder Veränderung seines Gerätes (etwa der Ausstattung eines bisher auf die Tonwiedergabe beschränkten Autoradios mit Video- oder Fernsehkomponenten) gewärtigen und prüfen muss, ob jetzt wieder ein anderes Schutzrecht der Klägerin in Betracht kommt, über das gestritten oder für das erneut bezahlt werden müsste.
215 
2. Die Lizenzierungspraxis der Klägerin verstößt auch nicht gegen Art. 82 EGV.
216 
Es kann in diesem Zusammenhang im vorliegenden Rechtsstreit offen bleiben, ob und ggf. unter welchen prozessualen Voraussetzungen aus einem Patent fließenden Unterlassungsansprüchen (und nicht nur den Schadenersatzansprüchen) der Einwand entgegengesetzt werden kann, der Patentinhaber sei als Normadressat des Behinderungs- und Diskriminierungsverbotes verpflichtet, dem bisherigen Patentverletzer eine Lizenz zu erteilen. Ebenso bedarf die Frage der Normadressateneigenschaft der Klägerin keiner Entscheidung. In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob jeder Inhaber eines Patentes, dessen Lehre notwendig verwirklicht werden muss, um einen Industrie-Standard zu erfüllen, ohne weiteres Normadressat ist oder ob hinzutreten muss, dass die überlegene Stellung auf dem sachlich relevanten Markt, auf dem sich die Parteien als Anbieter und Nachfrager von Lizenzen begegnen, erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf einem nachgelagerten Markt haben muss. Deshalb kann auch offen bleiben, wie dieser nachgelagerte Markt sachlich abzugrenzen ist, ob er also hier lediglich in Geräten mit MP3-Technik besteht oder weiter im Sinne aller Geräte mit irgendeiner Audiokompressionstechnik zu verstehen wäre.
217 
Selbst wenn man unterstellt, der Zwangslizenzeinwand könne dem Unterlassungsanspruch entgegengesetzt werden und die Klägerin sei Normadressatin, fehlt es nach Überzeugung der Kammer an einem schlüssigen Vortrag der Beklagten für eine unangemessene Diskriminierung oder Behinderung der Beklagten durch die Klägerin.
218 
a) Die Klägerin diskriminiert die Beklagten nicht in dem Sinn, dass eine willkürliche sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen Unternehmen als Nachfragern von Lizenzen vorläge. Der Vorwurf der Beklagten geht nicht zum einen dahin, die Klägerin behandele verschiedene Unternehmen in gleicher Lage willkürlich ungleich, was allein der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbotes ist, sondern der Vorwurf der Beklagten lautet vielmehr, die Klägerin verlange von verschiedenen Unternehmen in unterschiedlicher Lage (das eine fragt umfassende Lizenzen nach, das andere interessiert sich nur für Lizenzen an bestimmten Schutzrechten) dieselbe Gegenleistung. Damit ist nach Ansicht der Kammer kein Fall der Diskriminierung, sondern ein Fall der kartellrechtswidrigen Ausbeutung behauptet. Zum anderen kann die Klägerin wie oben zur Koppelung ausgeführt, nachvollziehbare sachliche Gründe für diese einheitliche Behandlung geltend machen, die sich bei der gebotenen Abwägung aller beteiligten Interessen und Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten gesetzlichen Grundentscheidungen durchgreifend auswirken.
219 
b) Es ist aber auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin die Beklagte durch ihre Preisgestaltung für die nachgefragte Lizenz an den Patenten der beiden Patentfamilien, die die MP3-Technologie abdecken, ausbeuten würde.
220 
aa) Dabei ist das von den Parteien intensiv diskutierte Problem der so genannten Altlizenzen nach Auffassung der Kammer für die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin mit 60 % der Lizenzgebühren, die sie anderen Unternehmen abverlangt, immer noch eine im Verhältnis zu den Beklagten ausbeuterische Gegenleistung verlangen könnte, ohne Bedeutung. Denn die Altlizenzen, auf die die Beklagten dieses Argument stützen, bestehen unstreitig nicht an den Patenten der Patentfamilien, die die Beklagten jetzt bei der Klägerin mit dem Zwangslizenzeinwand hilfsweise nachfragen. An solchen anderen nicht nachgefragten Patenten bestehende Lizenzen können deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet sein, die Preisbestimmung für Lizenzen an den die Beklagten interessierenden Patentfamilien, insbesondere am Klagepatent, zu beeinflussen.
221 
bb) Deshalb konzentriert sich die hier zu entscheidende kartellrechtlich Frage, darauf, ob die von der Klägerin gegenüber den Beklagten jetzt noch geforderten Lizenzgebühren in Höhe von 60 % der anderen Unternehmen abverlangten Lizenzgebühren ein durch Art. 82 EGV verbotener ausbeuterischer Missbrauch der (unterstellten) überragenden Marktstellung der Klägerin ist. Ob also – mit anderen Worten (LG Düsseldorf, InstGE 7, 70, 97 – Videosignal-Codierung I) – in dem (jetzt noch) geforderten Preis der Zweck erkennbar wird, die Lizenzgebühren durch Aufnahme möglichst vieler Patente ungerechtfertigt zu steigern. Diese Frage ist auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten zu verneinen. Dabei folgt die Kammer zunächst in einem ersten gedanklichen Schritt der rein arithmetischen Betrachtungsweise der Beklagten nicht. Es geht bei der Klärung der Frage, ob eine überragende Marktstellung zur Durchsetzung ungerechtfertigt überhöhter Preise ausgenutzt wird, nicht an, durch schlichtes Zählen von 14 angebotenen Patentfamilien und zwei von den Beklagten nachgefragten Patentfamilien und anschließendes Dividieren und Multiplizieren einen angeblich „richtigen“ Preis zu ermitteln. Maßgeblich sind nicht solche rechnerischen Überlegungen, sondern ausschließlich eine normative Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen für alle beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs als solchem gerichteten Zielsetzung des Gesetzes. In diesem Zusammenhang aber gewinnt das Argument der Klägerin, sie biete mit der Lizenz an den auch von der Beklagten nachgefragten Schutzrechten von zwei Patentfamilien den wirtschaftlich für die Bemessung der Gegenleistung entscheidenden „Kern“ an der MP3-Technologie, der stets bei Verwirklichung benutzt werden müsse, während die übrigen, auf Layer I und II der MPEG-Kompressionstechnik bezogenen Schutzrechte für den an MP3 Interessierten nur eine für die wirtschaftliche Bewertung der Gegenleistung stark untergeordnete Zusatzleistung zur umfassenden Absicherung der Lizenznehmer sei, stark an Überzeugungskraft. Hinzu kommt, dass eine kartellrechtswidrige Ausbeutung nicht schon bei einem für sich genommen hohen Preis bejaht werden kann, weil in Art. 82 EGV gerade keine allgemeine Gewinnbeschränkung auf bestimmte Margen enthalten ist, und deshalb nur eine eindeutig oder stark überhöhte Preisgestaltung überhaupt das durch Art. 82 EGV verbotene Niveau erreichen kann. In diesem Zusammenhang nun ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin unstreitig mehrere hundert Unternehmen – darunter auch bedeutende und renommierte Konkurrenten der Beklagten 1) – zu ihren Lizenznehmern zählt und von diesen 30 US-Cent je Kanal und Stück (bei einer Abstaffelung nach Menge) erhält. Vor diesem Hintergrund erscheint es der Kammer sehr unwahrscheinlich, jedenfalls aber nicht ausreichend von den Beklagten mit Tatsachenvortrag in den Rechtsstreit eingeführt, dass gerade die Beklagte 1) durch das Verlangen nach 18 US-Cent unter Missbrauch der (unterstellten) marktbeherrschenden Stellung ausgebeutet würde. Insbesondere leistet der Vortrag der Beklagten nicht, dass der von der Klägerin jetzt noch geforderte Preis für eine Lizenz, wie sie die Beklagten nachfragen, tatsächlich „im Vergleich zu dem wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung stark überhöht“ (EuGH, Slg. 1975, 1367 bei Tz. 15/16) wäre. Hierzu wäre erforderlich, entweder darzulegen, welcher Preis sich in einem hypothetischen Markt ohne Wettbewerbsbeschränkung als bei dem Gedankenexperiment des „Als-ob-Wettbewerbs“ nach dem Vergleichsmarktkonzept bilden würde, oder jedenfalls dazulegen, in welchem Verhältnis der Preis nach der so genannten Gewinnbegrenzungsmethode (vgl. EuGH a.a.O. bei Tz. 248 ff.) zu den Gestehungskosten steht.
222 
V. Umfang der Verurteilung
223 
1. Da die Beklagten durch Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform das Klagepatent verletzen, steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 139 Abs. 1 PatG wegen unmittelbarer Patentverletzung zu. Die bereits begangenen Verstöße begründen die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.
224 
Die patentrechtlich relevanten Nutzungshandlungen der Beklagten hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen verletzten nicht nur Anspruch 21 in Verbindung mit den Ansprüchen 1 und 2 unmittelbar, sondern stellen zugleich auch eine mittelbare Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents im Sinne des § 10 PatG dar. Die Beklagten verteidigen sich auch gegen die Annahme einer mittelbaren Verletzung damit, dass die angegriffenen MP3-Geräte (Empfänger) nicht Bestandteil eines Übertragungssystem gemäß Anspruch 1 seien. Dies ist jedoch - wie oben gezeigt - der Fall. Bei dem angegriffenen Empfänger handelt es sich um einen solchen gemäß Anspruch 21, der auf die empfängerseitigen Merkmale des Anspruchs 1 verweist.
225 
Nach § 10 PatG ist es einem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetztes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß, oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. § 10 Abs. 1 PatG verlangt also die Gefahr der unmittelbaren Benutzung der Erfindung mit allen ihren Merkmalen (BGHZ 115, 205, 208 – beheizbarer Atemluftschlauch).
226 
Die von der Beklagten angebotenen MP3-Wiedergabegeräte sind ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element, nämlich die empfängerseitigen Merkmale der Erfindung bezieht. Es besteht damit die Gefahr der unmittelbaren Benutzung der Erfindung durch Dritte im Rahmen des in Anspruch 1 geschützten Übertragungssystems mit allen ihren Merkmalen. Diese Gefahr besteht auch im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes, denn die Beklagte bietet die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland an. Ausweislich der Bewerbung und Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsform mit dem Leistungsmerkmal „MP3-Funktion“ wissen die Beklagten auch, dass die im Inland angebotenen und gelieferten MP3-Geräte zur Verwendung mit dem anspruchsgemäßen System geeignet und bestimmt sind, dass also ihre Abnehmer eine entsprechende Zweckbestimmung treffen werden. Der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform zugleich eine unmittelbare Verletzung des Anspruchs 21 darstellt, schließt die Annahme einer mittelbaren Verletzung des Anspruchs 1 nicht aus.
227 
Auf eine weitere Verletzung der Unteransprüche des Klagepatents war nicht einzugehen, weil die Entscheidung, sogenannte „insbesondere“-Anträge in den Urteilstenor aufzunehmen oder nicht, nach Auffassung der Kammer auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von „insbesondere“-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung (Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277). Die Kammer geht deshalb weiterhin (vgl. Kammer, Beschl. v. 25.7.2003 - 7 O 319/00, juris) davon aus, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit „insbesondere“ in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht. Eine solche Aufnahme über den für sich genommen nicht weiteren streitigen Anspruch 2 hinaus war hier nicht veranlasst, weil nach Überzeugung der Kammer die Formulierung nach den Unteransprüchen nichts Wesentliches zu einer exakteren Bestimmung des Umfangs des Verbotstenors beitragen würde.
228 
2. Da die Beklagten zur Unterlassung verurteilt wurden, waren ihnen auf Antrag der Klägerin gemäß § 890 ZPO die gesetzlichen Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung anzudrohen. Die Fassung des Tenors weicht in Ziffer 2. rein sprachlich vom Antrag ab, weil bezüglich der Vollstreckung einer eventuellen Ordnungshaft gegenüber der Beklagten zu 1) nicht expressis verbis auf die Beklagten zu 2) bis 5), sondern (wie im Antrag 7.) allgemeiner auf die jeweiligen Geschäftsführer abgestellt worden ist, da es nicht auf die derzeitige Stellung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren ankommt, sondern auf die künftige Stellung als Geschäftsführer im maßgebenden Zeitpunkt des Vollstreckungsverfahrens ankommen wird.
229 
3. Auf Antrag der Klägerin war durch Urteil weiterhin festzustellen, dass die Beklagten für die Verletzung des Klagepatents hinsichtlich des eigenen und des gemäß Anlage K 4 von der Klägerin geltend gemachte Schadens der früheren Patentinhaber und der F. Schadensersatz schulden. Dabei ist die nicht vollkommen bestimmte Fassung des Antrags 5, der allgemein auf die Patentinhaber abgestellt, ohne diese namentlich zu benennen, unschädlich, weil jedenfalls in Antrag 8 eine solche Benennung enthalten ist und ein sachlicher Unterschied zwischen diesen Anträgen trotz der unterschiedlichen sprachlichen Fassung nicht besteht.
230 
a) Die Klage ist auch insoweit zulässig. Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO liegen vor. Die Klägerin kennt den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen nicht. Ohne diese Kenntnis kann sie einen Antrag auf Zahlung von Schadensersatz nicht begründen. Da aber die Beklagten die Benutzung der Erfindung und die Patentverletzung in Abrede stellt, hat die Klägerin - auch zur Unterbrechung der Verjährung - ein rechtliches Interesse daran, das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs alsbald durch richterliche Entscheidung feststellen zu lassen.
231 
b) Die Klage ist auch hinsichtlich des Schadensersatzanspruches begründet. Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 139 Abs. 2 i. V. m. § 9 bzw. 10 PatG. Die Beklagten haben schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten sie spätestens einen Monat nach Veröffentlichung der Mitteilung über die Erteilung des Klagepatents erkennen können und erkennen müssen, dass das Klagepatent durch die angegriffene Ausführungsform verletzt wird.
232 
4. Die Beklagten sind der Klägerin auch weitgehend zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet. Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch nicht ohne Kenntnis der Umstände, über die sie Auskunft fordert, berechnen. Da diese Umstände der Klägerin als Betriebsinterna der Beklagten naturgemäß unbekannt sind, die Beklagten hierüber aber anhand ihrer Buchhaltung ohne unzumutbaren Aufwand Auskunft geben kann, sind die Beklagten gemäß § 140 b PatG und einer zu Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB zur Auskunft verpflichtet. Diese Auskunft hat sie für die Zeit ab Geltendmachung auch auf den Gewinn der Beklagten und die zu seiner Berechnung erforderlichen Daten zu beziehen. Die Klägerin muss durch die Auskunft erst in die Lage versetzt werden, sich für eine der möglichen Berechnungsarten ihres Schadensersatzanspruches (Verletzergewinn, entgangener Gewinn oder fiktive Lizenz) zu entscheiden.
233 
Soweit die Klage in Ziffer 3. (anders als in Ziffer 9.) auch auf Auskunft über Namen und Anschrift der nicht gewerblichen Abnehmer gerichtet ist, war sie abzuweisen. Es fehlt insoweit an einem Anspruch auf Auskunft, weil der Klägerin gegenüber privaten Angebotsempfängern gem. § 11 Nr. 1 PatG keine Rechte zustehen.
234 
Die Auskunftsklage ist auch insoweit unbegründet, als die Klägerin in Ziffer 3 einen Anspruch auf Auskunft als Gesamtschuldner geltend macht. Eine solche gesamtschuldnerische Haftung besteht nicht. Zwar schulden die Beklagten Schadenersatz als Gesamtschuldner, Auskunft kann aber nicht gesamtschuldnerisch geschuldet werden, weil die Auskunft eine Erklärung über eigenes Wissen ist, die nicht im Sinne von § 421 BGB in der Weise geschuldet sein kann, dass jeder Schuldner die ganze Leistung bewirken müsste, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal zu fordern berechtigt wäre.
235 
5. Der im Rahmen der unmittelbaren Verletzung geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe und der Anspruch auf Duldung der Vernichtung der vom Zoll zurückgehaltenen Wiedergabegeräte ergibt sich aus §§ 140 a, 142 a PatG, der Anspruch wird allein im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer unmittelbaren und nicht auch im Zusammenhang mit einer mittelbaren Patentverletzung geltend gemacht (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2005 - X ZR 79/04, GRUR 2006, 570 - extracoronales Geschiebe).
236 
Die Geltendmachung des Anspruch ist entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht unverhältnismäßig. Die Beklagten zeigen nicht auf, wie eine Patentverletzung durch die angegriffenen Gegenstände ohne Vernichtung des gesamten Gerätes verhindert werden könnte. Allein die Tatsache, dass die von der Klägerin geforderte Lizenz gegenüber dem Gesamtpreis des Gerätes geringfügig sein mag, führt nicht dazu, dass der Verletzer die bereits hergestellten verletzenden Gegenstände entgegen dem Unterlassungsanspruch des Patentinhabers doch verkaufen dürfte.
237 
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
238 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung bemisst sich nach der Höhe unter Berücksichtigung des von der Beklagten im Fall einer Urteilsvollstreckung hinsichtlich der Unterlassung unwidersprochen erwarteten Gewinnausfalls von ca. 25 Mio. EUR für die nächsten fünf Jahre. Allerdings erscheint der Kammer eine Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 5 Mio. ausreichend, weil entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die gesamte Dauer von Rechtsmittelverfahren in den Blick genommen werden darf, da ein eventuell bestätigendes Berufungsurteil des Oberlandesgerichts unter anderen Voraussetzungen vorläufig vollstreckbar wäre und die Beklagten ggf. eine Vorabentscheidung des Oberlandesgericht über die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses Urteils erwirken können.
239 
Der Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten ist zurückzuweisen. Die Voraussetzung von § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO sind weder dargetan geschweige denn glaubhaft gemacht (§ 714 Abs. 1 ZPO). Ein in seiner abstrakten Höhe erheblicher Umsatzausfall bedeutet nicht ohne weiteres einen nicht zu ersetzenden Nachteil. Dass die wirtschaftliche Existenz der Beklagten durch eine Unterlassungsvollstreckung ernsthaft gefährdet wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Angabe, ein Teil des Kerngeschäfts werde total eingestellt, enthält keinerlei Angaben über die zu erwartenden Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen.

Gründe

 
127 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin stehen wegen unmittelbarer Verletzung des Anspruchs 21 in Verbindung mit den Ansprüchen 1 und 2 sowie wegen mittelbarer Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents durch die angegriffenen Wiedergabegeräte mit mp3-Funktion weitestgehend die geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts-, Rechnungslegungs- sowie Schadensersatzfeststellungs- und Herausgabe- und Vernichtungsansprüche gemäß der §§ 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG (i. V. m. § 10 PatG), § 140 a und b PatG, 242 BGB zu.
128 
I. Technische Lehre des Klagepatents
129 
1. Das Klagepatent befasst sich mit der Übertragung digitaler Musiksignale von einem „Sender“ zu einem „Empfänger“. Musik in Form elektrischer Wellen, wie sie etwa von einem Mikrofon erzeugt werden (analoges Signal), wird mit Hilfe von Analog/Digital-Wandlern digitalisiert, d. h. in binäre Zahlen umgesetzt. Hierzu wird das analoge Audiosignal in kurzen Abständen (tausende Male pro Sekunde) „abgetastet“, d.h. der jeweilige Punkt auf der Schwingungskurve wird dem nächstliegenden digitalen Zahlenwert zugeordnet. Wie genau das digitale dem analogen Signal entspricht, hängt zum einen von der Abtastfrequenz, also davon ab, wie oft das analoge Signal pro Zeiteinheit abgetastet wird. Die Abtastfrequenz beträgt bei der Audio-CD 44,1 kHz, also 44.100 Abtastungen pro Sekunde. Die Klangqualität hängt zum anderen von der Genauigkeit, genauer: von der Auflösung der Messung ab, d.h. wie viele verschiedene digitale Zahlen zur Darstellung des jeweils abgetasteten Klangwerts zur Verfügung stehen. Eine Audio-CD hat eine 16-Bit-Quantisierung, d. h. jeder Abtastwert erzeugt eine sog. 16-Bit-Zahl.
130 
Ein so erzeugtes Signal hat etwa im Fall der Audio-CD eine sehr hohe Datendichte, d.h. es erfordert die Übertragung einer sehr hohen Datenmenge pro Zeiteinheit; das Klagepatent bezeichnet es daher als Breitbandsignal. Es gibt Breitbandsignale in genormten Qualitäten, nämlich mit Abtastfrequenzen von 32, 44,1 und 48 kHz. Die genannten Datenmengen eignen sich in vielen Fällen nicht zur Übertragung, sei es weil die Bandbreite, sei es weil der Speicherplatz nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
131 
Das Klagepatent geht von einem Stand der Technik aus, in dem es bekannt war, im Sender ein Teilbandcodierungssytem und im Empfänger ein entsprechendes Teilband Decodierungssystem einzusetzen; dabei wurden eine Anzahl von Teilbändern verwendet, deren Bandbreiten annähernd den Bandbreiten der kritischen Bänder des menschlichen Ohres in den jeweiligen Frequenzbereichen entsprachen. So konnte aufgrund psychoakustischer Versuche erwartet werden, dass das Quantisierungsrauschen in einem derartigen Teilband von den Signalen dieses Teilbands optimal maskiert wird, wenn bei der Quantisierung die Rauschmaskierungskurve des menschlichen Ohres berücksichtigt wird. Konkret wurden Schallsignale, die von anderen Signalen ohnehin für das menschliche Ohr überdeckt werden und deshalb nicht hörbar sind, nicht mit aufgezeichnet und so die Menge der zu speichernden und zu übertragenden Information verringert.
132 
2. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, für das Übertragungssystem einige Maßnahmen zu schaffen, bei denen es sich insbesondere um eine ganz spezifische Wahl für das Format handelt, mit dem das (ursprüngliche) digitale Breitbandsignal nach der Umsetzung in das zweite Datensignal über das Übertragungsmittel derart ausgesandt werden kann, dass ein flexibles und mehr oder weniger universell verwendbares Übertragungssystem erhalten wird. Der Sender soll also die Möglichkeit haben, digitale Breitbandsignale verschiedener Formate (insbesondere mit verschiedener Abtastfrequenz von 32, 44,1 und 48 kHz) umzusetzen, und der Empfänger soll in der Lage sein, aus dem vom Sender erzeugten zweiten Datensignal wieder das richtige Format des Breitbandsignals abzuleiten (Anlage K 3, S. 2 Z. 24 – S. 3 Z. 4).
133 
Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein Übertragungssystem nach Anspruch 1 und ein entsprechender Empfänger nach dem Anspruch 21 vorgeschlagen; bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche. Die Parteien gehen zu Recht übereinstimmend von folgender Gliederung der Merkmale der Ansprüche 1 und 21 sowie der geltend gemachten Unteransprüche 2, 4 und 22 aus:
134 
a) Empfänger eines digitalen Übertragungssystems, das aus einem Sender und einem Empfänger besteht.
135 
b) Das digitale Übertragungssystem dient zum Aussenden eines digitalen Breitbandsignals mit einer bestimmten Abtastfrequenz FS , beispielsweise eines digitalen Audiosignals, über ein Übertragungsmittel und zum Empfangen dieses Signals.
136 
c) Der Sender ist mit einer Eingangsklemme zum Empfangen des digitalen Breitbandsignals versehen.
137 
d) Die Eingangsklemme ist mit einem Eingang einer zum Sender gehörenden Signalquelle gekoppelt.
138 
e) Die Signalquelle ist zum Erzeugen eines zweiten Digitalsignals und zum Zuführen dieses zweiten Digitalsignals zu einem Ausgang eingerichtet.
139 
f) Das zweite Digitalsignal ist aus aufeinander folgenden Rahmen aufgebaut.
140 
g) Jeder Rahmen ist aus einer Anzahl von Informationspaketen (lP) aufgebaut.
141 
h) Jedes Informationspaket (IP) enthält N Bits, wobei N größer als 1 ist.
142 
i) Der Empfänger ist mit einem Decoder mit einem Eingang zum Empfangen des zweiten Digitalsignals versehen.
143 
j) Der Decoder ist mit einem Ausgang versehen, der mit einer Ausgangsklemme zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals gekoppelt ist.
144 
k) Wenn P in der Gleichung
145 
146 
eine ganze Zahl ist, ist die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einem Rahmen gleich P, wobei
147 
(1) BR gleich der Bitgeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals und
148 
(2) ns die Anzahl der Abtastungen des digitalen Breitbandsignals ist, dessen entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet.
149 
l) Wenn nach der genannten Gleichung P keine ganze Zahl ist, ist die Anzahl B der Informationspakete (IP) in einer Anzahl Rahmen gleich P‘, wobei P‘ die erste P folgende niedriger liegende Ganzzahl ist.
150 
m) Wenn die Anzahl B der Informationspakete (lP) einer Anzahl Rahmen gleich P’ ist, ist die Anzahl der Informationspakete (IP) in den anderen Rahmen gleich P’+1 und zwar so, dass genau die Bedingung erfüllt wird, dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals im Wesentlichen gleich FS /nS ist.
151 
n) Ein Rahmen ist aus wenigstens einem ersten Rahmenteil (FD1) mit Synchronisationsinformation aufgebaut. (Anspruch 21 in Verbindung mit Anspruch 1)
152 
o) Der erste Rahmenteil (FD1) enthält weiter Information, die zur Anzahl der Rahmen in Zusammenhang steht. (Anspruch 2)
153 
p) Wenn ein Rahmen P'+1 Informationspakete (IP) enthält, enthält der erste Rahmenteil (FD1) Information, die mit P' übereinstimmt. (Anspruch 4)
154 
q) Der Empfänger hat die Form einer Anordnung zum Lesen des zweiten Datensignals aus einer Spur auf einem Aufzeichnungsträger. (Anspruch 22)
155 
3. Anspruch 1 des Klagepatents schützt also ein System zur Übertragung digitaler Signale, insbesondere digitaler Audiosignale. Das System besteht aus einem Sender, einem Übertragungsmittel und einem Empfänger. Sender und Empfänger weisen bestimmte räumlich-körperliche Merkmale (Signalquelle, Eingangs- und Ausgangsklemmen, Decoder), die nur ihrer Funktion nach beschrieben sind; wie diese Bauteile im einzelnen ausgestaltet sind, überlässt Anspruch 1 dem Fachmann. Anspruch 21 stellt den zu diesem Übertragungssystem gehörenden Empfänger separat unter Schutz. Dessen technische Eigenschaften sind der Lehre des Anspruchs 1 zu entnehmen. Da der Empfänger in Anspruch 21 separat geschützt ist, kann es für die Frage der Verwirklichung der Merkmale dieses Anspruchs nicht darauf ankommen, ob der Empfänger aktuell in ein Übertragungssystem eingebunden ist; entscheidend ist, dass er nach seinen technischen Eigenschaften Teil eines solchen Übertragungssystems sein kann.
156 
Nach der Lehre des Anspruchs 1 wird das digitale Breitbandsignal im Sender in ein sog. zweites Digitalsignal umgewandelt. Dieses zweite Digitalsignal wird in beliebiger Weise (Merkmal b: „über ein Übertragungsmittel“; vgl. auch Anlage K 3, S. 8 Z. 17 ff.; S. 20 Z. 4 ff.: über die Luft, über Kabel, mittels Aufzeichnungsträgern verschiedenster Art) an den Empfänger übertragen, der aus diesem Signal mittels eines Decoders wieder „das“ digitale Breitbandsignal zurückgewinnt. Das zweite Digitalsignal ist also dasjenige, welches sich (z.B. weil es komprimiert ist) besser übertragen lässt. Das Breitbandsignal, das der Empfänger aus dem zweiten Digitalsignal zurückgewinnt, kann notwendig nicht völlig mit dem ursprünglichen Breitbandsignal übereinstimmen; nach der Beschreibung ist für den Fachmann klar, dass bei der Codierung des ursprünglichen Breitbandsignals (für das vom Menschen wahrgenommene Klangbild unwichtige) Information verloren gehen kann, die dann notwendig auch im wiedergewonnenen Breitbandsignal fehlt (vgl. z.B. Anlage K 3, S. 2 Z. 11-23). Die Beschreibung spricht deshalb davon, dass der Empfänger aus dem zweiten Digitalsignal eine „Replik“ des Breitbandsignals wiedergewinnt, die sich nicht hörbar unterscheidet (Anlage K 3, S. 2 Z. 11-19; S. 20 Z. 14-16).
157 
Das zweite (komprimierte) Digitalsignal besteht aus
158 
- Rahmen (frames; Merkmal f)), die ihrerseits aus einer bestimmten Anzahl B (Merkmal l)) von
- Informationspaketen (IP, slots; Merkmal g)) bestehen, welche wiederum eine bestimmte Anzahl N von
- Bits (typischerweise 8; Merkmal h))
159 
enthalten. Es handelt sich nach der Beschreibung um einen seriellen Digitaldatenfluss (Anlage K 3, S. 10 Z. 29 f.), d.h. die einzelnen Rahmen werden hintereinander angeordnet und verarbeitet. Es kann demnach in einer Spur eines Aufzeichnungsträgers, z.B. einer CD, gespeichert werden (Anspruch 22).
160 
Die kennzeichnenden Merkmale k) bis m) befassen sich damit, wie die Anzahl B der Informationspakete pro Rahmen bestimmt wird, d.h. wie lang die einzelnen Rahmen (gemessen in ganzen IP) sind. Merkmal n) enthält eine erste Angabe über den Inhalt der Rahmen, nämlich über die am Anfang stehende Synchronisationsinformation; die Unteransprüche 2 und 4 enthalten weitere Angaben über Informationen, die in den Rahmen stehen.
161 
a) Kern der Erfindung ist somit, wie sich schon aus der oben zitierten Aufgabenstellung ergibt, ein bestimmtes Format des zweiten Digitalsignals. Nach der Beschreibung (Anlage K 3, S. 3 Z. 18 ff.) hat die Einteilung der Rahmen in Informationspakete den Sinn,
162 
„dass die mittlere Rahmengeschwindigkeit des vom Sender ausgestrahlten zweiten Digitalsignals für ein digitales Breitbandsignal mit jeder beliebigen Abtastfrequenz F S sich jetzt derart verhält, dass die Dauer eines Rahmens im zweiten Digitalsignal der Dauer entspricht, die n S Abtastungen des Breitbandsignals einnehmen.“ (Unterstreichung hinzugefügt)
163 
b) Die geschützte Erfindung bezweckt nach der Beschreibung weiter, dass sich der Empfänger auf Basis ganzer Rahmen im Datenstrom des zweiten Digitalsignals synchronisieren kann, wie dies im Stand der Technik vorhandene Decoderbauteile bereits getan haben (Vgl. Anlage K 3, S. 9 Z. 10-16):
164 
„Außerdem wird hierdurch möglich, die Synchronisation auf Basis von Informationspaketen beizubehalten, was einfacher und zuverlässiger als die Synchronisation auf Bitbasis ist.“ (Anlage K 3, S. 3 Z. 22-25)
165 
Was hiermit gemeint ist, wird konkreter bei der Erläuterung des Ausführungsbeispiels nach Fig. 12 dargestellt:
166 
„Der Decodiervorgang wird für jeden ankommenden Rahmen wiederholt. Aus den Rahmen wird im Sender ( richtigerweise: im Empfänger ) ( Der Sachzusammenhang lässt keine andere Deutung zu. In dem Abschnitt geht es um den Empfänger; vor allem aber kann nur der Empfänger die Synchronisations- und Systeminformation aus den Rahmen ableiten . ) die Synchronisations- und Systeminformation abgeleitet. In der Einheit 19 werden die jeweiligen Synchronisationswörter detektiert, die sich in den ersten 16 Bits des ersten Rahmenteils jedes Rahmens befinden. Da die Synchronisationswörter aufeinanderfolgender Rahmen jeweils um eine Ganzzahl von P' oder P'+1 Informationspaketen auseinander liegen, können diese Synchronisationswörter äußerst genau detektiert werden.“
167 
Damit ist zugleich der technische Zusammenhang der Codierung nach Merkmalen k) bis m) mit dem Merkmal n) verdeutlicht, wonach im ersten Rahmenteil jedes Rahmens jeweils die Synchronisationsinformation enthalten ist.
168 
Die Synchronisation auf Basis von (ganzen) Informationspaketen ist unproblematisch, solange die Gleichung
169 
170 
eine ganzzahlige Lösung hat. Dann können alle Rahmen gleich lang sein, d.h. gleich viele Informationspakete enthalten. Die „richtige“ Rahmengeschwindigkeit des zweiten Datensignals ergibt sich – vorbehaltlich der Konstante BR/N (dazu sogleich c)) – direkt aus dem Verhältnis nS /FS . Nach der Aufgabenstellung soll eine Anpassung der Rahmengeschwindigkeit mittels der in ganzen Informationspaketen angegebenen Rahmenlänge aber auch dann möglich sein, wenn die obige Gleichung keine ganzzahligen Ergebnisse liefert. Das ist, wie die Beschreibung deutlich macht (vgl. z.B. Anlage K 3, S. 11 Z. 25 ff. und Fig. 5), vor allem dann der Fall, wenn die Abtastfrequenz FS des Breitbandsignals den für die Audio-CD gebräuchlichen Wert von 44,1 kHz hat. Auch in diesem Fall muss im Interesse zuverlässiger Synchronisation jeder Rahmen aus einer ganzen Zahl von Rahmen bestehen.
171 
Die in den Merkmalen k) bis m) beschriebene Lösung besteht darin, in einem solchen Fall zwei unterschiedliche Rahmengrößen zu akzeptieren, die sich um genau ein Informationspaket unterscheiden. Dann werden, um trotzdem die richtige mittlere Rahmengeschwindigkeit zu erhalten, die Anzahl der längeren und der kürzeren Rahmen so ins Verhältnis gesetzt, dass im Durchschnitt wieder die richtige Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals herauskommt. Obwohl also jeder Rahmen eine ganzzahlige Anzahl von Informationspaketen enthält, ergibt sich eine korrekte mittlere Rahmenlänge, die kein ganzzahliges Vielfaches der enthaltenen Informationspakete ist.
172 
c) Für die richtige Rahmenlänge ist nicht nur die Rahmengeschwindigkeit, die sich aus dem Verhältnis nS/FS ergibt, sondern auch das Verhältnis BR/N und dabei insbesondere die Bitgeschwindigkeit BR des zweiten Digitalsignals von Bedeutung.
173 
Die Parteien sind im Ausgangspunkt darüber einig, dass die Bitgeschwindigkeit BR in bit/s zu bemessen ist; dies steht im Einklang mit der Beschreibung (vgl. Anlage K 3, Fig. 5, 6). N ist die Anzahl der bits in jedem Informationspaket des zweiten Digitalsignals (Merkmal h)). Mathematisch betrachtet wird also das Verhältnis von „bits (des zweiten Digitalsignals) pro Sekunde“ zu „bits (des zweiten Digitalsignals) pro Informationspaket“ gebildet, was (nach Kürzen der bits) zu einem Verhältnis „Informationspakete pro Sekunde“ führt. Hieraus wird klar, dass auch das Verhältnis BR/N für die Anpassung der Rahmengeschwindigkeit des zweiten Digitalsignals berücksichtigt werden muss. Die Bitgeschwindigkeit wird dem Decoder nach einem bevorzugten Ausführungsbeispiel an einer bestimmten Stelle innerhalb des Rahmens mitgeteilt (Anlage 3, Fig. 17 und 18); sie kann allerdings auch durch Rückrechnung aus den anderen Werten ermittelt werden (vgl. Anlage K 3, S. 29 Z. 22-31).
174 
Die Parteien streiten über den technischen Sinngehalt der Größe BR. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, die Bitrate könne nur in einem synchronen Übertragungssystem eine Rolle spielen, in dem Codierung, Übertragung und Decodierung im Wesentlichen ohne zeitliche Zwischenräume, jedenfalls aber mit gleichen Geschwindigkeiten abliefen. Nur dann könne es auf die vom Patent erstrebte Abstimmung der Geschwindigkeiten ankommen. Diese Auslegung des Klagepatents vermag die Kammer nicht zu teilen. Maßgebend ist auch insoweit in erster Linie der Inhalt der Patentansprüche, Art. 69 EPÜ; die Beschreibung und die Zeichnungen sind zur Ermittlung des Sinngehalts des Anspruchs heranzuziehen.
175 
Nach der technischen Lehre des Anspruchs 1 kommt es zunächst nicht darauf an, ob an irgendeiner Stelle des Empfängers tatsächlich die „nominelle Bitrate“ gemessen werden kann; die Bitrate ist ausweislich des klaren Anspruchswortlauts kein Merkmal des geschützten Empfängers. Entscheidend ist vielmehr, ob der Empfänger ein zweites Digitalsignal decodieren kann, das patentgemäß aufgebaut ist, das also aus Rahmen besteht, deren (in Informationspaketen gemessene) Länge sich nach Maßgabe der Merkmale k) und m) bestimmt. Nur in diesem Zusammenhang ist BR von Bedeutung; es handelt sich um eine reine Rechengröße, die in die Formel nach Merkmal k) eingeht.
176 
Wofür diese Rechengröße steht, ergibt sich aus dem technischen Zusammenhang, wie er aus der Gesamtschau der Merkmale und deren Erläuterung in der Beschreibung hervorgeht: Allein genannter Anwendungsfall des geschützten Übertragungssystems ist die Übertragung von Audiosignalen. Das zweite Digitalsignal ist das Transportmittel zur Übertragung der Audiodaten, weil es weniger Bandbreite und/oder weniger Speicherplatz als die Übertragung der Audiodaten selbst benötigt. Die Bitrate des zweiten Digitalsignals ist daher ein Maß für dessen „Datendichte“ oder Kompression: Eine hohe Bitrate (viele Informationen pro Zeiteinheit) bedeutet eine geringe Kompression und umgekehrt. Diesen vom technischen Zusammenhang geprägten Bedeutungsgehalt setzt das Klagepatent als dem Fachmann geläufig voraus; eine ausdrückliche Definition enthält das Klagepatent nicht. Die von den Beklagten zitierte Beschreibungsstelle
177 
„Die Anzahl der Informationspakete in einem Rahmen ist abhängig von
178 
(a) der Bitgeschwindigkeit BR, mit der das zweite Digitalsignal über das Übertragungsmittel ausgesandt wird …“ (Anlage K 3, S. 11 Z. 3-6)
179 
steht diesem Verständnis nicht entgegen. Die Stelle könnte aber – dies ist einzuräumen – bei isolierter Betrachtung wegen der Formulierung „über das Übertragungsmittel ausgesandt“ als Beleg für die These der Beklagten verstanden werden, dass der Schutzbereich des Patents auf eine im Wesentlichen verzögerungsfreie „synchrone“ Übertragung beschränkt ist. Der gesamte sonstige Inhalt der Patentschrift macht für den mit der Auslegung des Klagepatents befassten Fachmann aber deutlich, dass dies nicht gemeint ist. Zunächst lässt das in der deutschen Übersetzung verwendete Wort „ausgesandt“ keine Schlussfolgerung auf eine Rundfunkübertragung etc. zu. Die maßgebliche englische Fassung verwendet „transmitted“, und die Begriffe „transmit“ und „transmission“ werden in der gesamten Klagepatentschrift im weitesten Sinne für die Übertragung von Daten verwendet; schon die Überschrift fasst die Erfindung als „digital transmission system“ (digitales Übertragungssystem) zusammen. In der Beschreibung wird die Übertragung „über die Luft“, also im Rahmen des digitalen Rundfunks, mehrfach an erster Stelle möglicher Anwendungsfälle genannt, so dass denkbar ist, dass diese Anwendungsbeispiele bei der zitierten Formulierung vor Augen standen. Wo das Klagepatent diesen möglichen Anwendungsfall nennt, stellt es aber jeweils zugleich klar, dass die technische Lehre gerade nicht auf dieses Übertragungsmittels beschränkt, sondern insoweit völlig offen ist. Besonders deutlich ist S. 20 Z. 4-12 der Anlage K 3:
180 
„Das im Sender 1 erzeugte zweite Digitalsignal gelangt anschließend über den Ausgang 7 zu einem Übertragungsmittel 4 und über das Übertragungsmittel 4 zum Empfänger 5. Die Übertragung über das Übertragungsmittel 4 kann die Form einer drahtlosen Übertragung haben, wie beispielsweise eines Rundfunkkanals. Jedoch sind genauso andere Übertragungsmittel möglich. Man kann dabei an eine optische Übertragung denken, beispielsweise über optische Fasern oder optische Aufzeichnungsträger, wie z.B. Compact-Disc-artige Mittel oder eine Übertragung mittels magnetischer Aufzeichnungsträger, bei denen RDAT- oder SDAT-artige Aufnahme- und Wiedergabetechniken ausgenutzt werden …“
181 
Übertragungen mittels optischer oder magnetischer Aufzeichnungsträger (z.B. CDs oder Disketten/Festplatten) sollen also genauso in den Schutzbereich fallen wie die Übertragung über den Rundfunk. Bei der Übertragung mittels Aufzeichnungsträgern ist (und war im Prioritätszeitpunkt) aber geradezu der Regelfall, dass die Geschwindigkeit des Auslesens und der Decodierung eines Datenstroms wegen der Möglichkeit der Pufferung (Zwischenspeicherung) digitaler Daten nicht mit der Abspielgeschwindigkeit zusammenfallen muss. Wenn das Patent trotzdem an keiner Stelle klarstellt, dass die Übermittlung via Aufzeichnungsträger nur insoweit erfasst sein soll, als das Auslesen synchron mit dem Abspielen erfolgt, so ist dies ein deutliches Indiz dafür, dass der Schutzbereich nicht in dieser Weise beschränkt ist. Zudem ist kein technischer Grund dafür erkennbar, weshalb das Klagepatent bei der vom Schutzbereich erfassten Übertragung via Datenträger die Möglichkeit des schnellen Auslesens und der Pufferung der ausgelesenen Daten ausschließen sollte.
182 
Die Bitgeschwindigkeit BR ist also um eine Eigenschaft des zweiten Digitalsignals, nämlich das Maß für die Datenmenge pro Abspielzeit, also den Grad der Kompression. Diese Eigenschaft geht als Rechengröße in die Ermittlung der Rahmenlänge nach der in Anspruch 1 genannten Formel ein; auf die Frage, ob die Bitgeschwindigkeit im Empfänger an irgendeiner Stelle gemessen werden kann, kommt es nach der Lehre des Anspruchs 1 nicht an. Aus dem Begriff der Bitgeschwindigkeit ist nicht zu folgern, dass das Klagepatent auf ein System zur synchronen Übertragung beschränkt ist.
183 
d) Gleiches gilt für die Größe nS . Nach Merkmal k(2) steht nS für die Anzahl der Abtastungen, deren entsprechende zum zweiten Digitalsignal gehörende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet. Auch insoweit handelt es sich um eine Variable, die in die Berechnung der Rahmenlänge nach der Formel aus Anspruch 1 eingeht. Es handelt sich nicht um eine Definition, welche Information in jedem Rahmen steht. Das Klagepatent enthält an keiner Stelle einen Hinweis darauf, dass eine „Eins-zu-Eins“-Umsetzung der Abtastungen in Rahmen geschützt ist. Die von den Beklagten herangezogene Stelle in Anlage K 3 (S. 11 Z. 10 ff.)
184 
„(d) der Probenanzahl nS des digitalen Breitbandsignals, von dem die entsprechende, nach Umsetzung im Sender zum zweiten Digitalsignal sich in nur einem Rahmen befindet ...“
185 
ist im entscheidenden Punkt falsch übersetzt; die maßgebliche englische Fassung enthält die Beschränkung auf nur einen Rahmen nicht:
186 
„(d) the number of samples nS of the wide-band digital signal, the information ( of ) which corresponds thereto and which after conversion in the transmitter belongs to the second digital signal being included in one frame ...“
187 
Nach Merkmal m) dient die Berechnung nach Merkmal k) letztlich dazu, die mittlere Rahmengeschwindigkeit bei der Codierung so einzustellen, dass sie im Wesentlichen gleich FS/nS ist. Das bedeutet aber, dass es sich bei nS um eine Angabe über die Informationsmenge handelt und nicht um eine Angabe darüber, welcher Informationsinhalt in welchem Rahmen steht.
188 
II. „Padding“ nach dem MP3-Standard ist eine patentgemäße Codierung
189 
1. Der MP3-Standard macht eine Reihe von Vorgaben über das Format des standardgemäß codierten Datenstroms.
190 
a) Der Datenstrom besteht aus einer ununterbrochenen (seriellen) Abfolge von Audio-Frames (Anlage K 10, 2.1.10). Die Rahmen sind in Informationspakete (Slots) unterteilt (2.4.3.1); bei den Slots handelt es sich um Bytes, die ihrerseits aus 8 Bits bestehen. Damit entspricht die Strukturierung des Datenstroms dem patentgemäßen Format (Merkmale f) bis h)).
191 
b) Im Header der Rahmen nach dem MP3-Standard sind u.a.
192 
- Synchronisationsinformationen (am Anfang des Rahmens, Anlage K 10, 2.4.1.3)
- die Bitgeschwindigkeit (Bitrate; 32 bis 320 kbit/s) des codierten Signals und
- die Abtastfrequenz (sampling frequency; 32 kHz, 44,1 kHz und 48 kHz)
193 
gespeichert (Anlage K 10, 2.4.2.3, S. 20 f.). Ferner schreibt der MP3-Standard eine feste Anzahl von Abtastungen des Breitbandsignals vor, deren entsprechende Information sich in einem Rahmen des zweiten Digitalsignals befindet (nS ). Dieser Wert beträgt 1.152 (Anlage K 10, 2.4.2.3, S. 22). Damit sieht der MP3-Standard neben den Synchronisationsinformationen nach Merkmal n) auch die Rechengrößen vor, die in die Formel nach Merkmal k) eingehen.
194 
2. Diese Rechengrößen werden auch in der von Merkmal m) vorgesehenen Weise zur Ermittlung der Länge der Rahmen verwendet. Die Rahmenlänge errechnet sich nach dem Standard (Anlage K 10, 2..4.3.1, S. 30) aus der Gleichung
195 
196 
wobei N die Anzahl der Slots pro Rahmen bezeichnet und damit dem Wert P nach der Formel in Merkmal k) entspricht. Die Zahl 144 ergibt sich aus der Division der beiden festliegenden Werte für die Zahl der Abtastungen des Breitbandsignals, deren entsprechende Information sich in einem Rahmen des codierten Signals befindet (nS : 1.152 Abtastungen) und der Anzahl der Bits pro Byte (N: 8 Bits). Damit lassen sich die Gleichungen wie folgt ineinander überführen:
197 
198 
3. Für den Fall, dass die obige Gleichung keine ganze Zahl ergibt, sieht der MP3-Standard vor, dass grundsätzlich auf die nächstniedrigere Zahl an Informationspaketen abgerundet wird („truncate“) und bei einigen Rahmen die Länge „aufgefüllt“ wird („Padding“); die „aufgefüllten“ langen Rahmen haben ein Informationspaket mehr als die kurzen Rahmen (Anlage K 10, 2.4.3.1). Dieser Fall tritt insbesondere dann ein, wenn die Abtastfrequenz des Breitbandsignals den für Audio-CDs typischen Wert von 44,1 kHz hat. Das Verhältnis von kurzen und langen Rahmen bestimmt sich danach, dass die zusammengezählte Länge der codierten Rahmen nach einer beliebigen Anzahl von Rahmen nicht mehr als ein Informationspaket (Slot) von dem nach der folgenden Formel (bei der gegenüber der Fassung Anlage K 10, 2.4.2.3, S. 22, die Abkürzungen aus dem Klagepatent eingesetzt wurden) berechneten Wert abweichen darf:
199 
200 
Die Klägerin hat mathematisch nachvollziehbar dargelegt, dass diese Bestimmung der Rahmenlänge technisch identisch ist mit derjenigen, die die Merkmale l) und m) vorsehen. Die Beklagten haben diesen Vortrag nicht erheblich bestritten. Sie berufen sich zum einen darauf, dass der Decoder den (codierten) Wert, den er den Bits 21-22 („sampling_frequency“) im Rahmenkopf entnimmt, nicht in die Formel einsetzt, sondern anhand dieses codierten Werts aufgrund einer weiteren Tabelle einen Wert für die Größe „frequency specified“ (nämlich eben die Werte typischen Werte 32, 44,1 und 48 kHz) ermittelt und dann erst diesen in die Formel einsetzt. Dieser Zwischenschritt ändert ersichtlich nichts daran, dass sich die Rahmenlänge nach denselben Kriterien richtet wie im Klagepatent vorgesehen; wie der Decoder die Rechengrößen im einzelnen verarbeitet, überlässt Anspruch 1 dem Fachmann.
201 
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Decoder „gezwungen ist, exakt dieselbe Abtastfrequenz zu verwenden, mit der das digitale Breitbandsignal zum voraufgegangenen Encodierprozess angeliefert wurde“. Entscheidend ist vielmehr, dass nach dem Standard die Abtastfrequenz, wie sich aus der Formel ergibt, in die Ermittlung der Rahmenlänge eingeht. Soweit sich die Beklagten weiter darauf berufen, dass die Bitrate des Auslesevorgangs beliebig hoch sein kann, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
202 
Die weiteren Ausführungen der Beklagten, wonach der Decoder die Bits 17-20 im Header evaluiert, mit denen er dann aus der Tabelle nach Abschnitt 2.4.2.3 des Standards einen Wert für die Größe „Bitrate“ entnehme, bestätigen insoweit die oben dargestellte technische Übereinstimmung zwischen Standard und Klagepatent. Diese (von den Beklagten so genannte) „nominelle Bitrate“, die nämlich die Informationsmenge im zweiten Digitalsignal pro Abspielzeit angibt, ist diejenige, die als Rechengröße in die Bestimmung der Rahmenlänge eingeht.
203 
Damit weist ein MP3-konformer Datenstrom, bei dem die Rahmenlänge mittels „Padding“ angepasst wird, stets notwendig eine Codierung nach Anspruch 1 des Klagepatents auf.
204 
III. Die angegriffenen Ausführungsformen sind Empfänger nach Anspruch 21
205 
1. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die angegriffenen Ausführungsformen die räumlich-körperlichen Merkmale des anspruchsgemäßen Empfängers aufweisen: Sie haben einen Decoder zur Decodierung von MP3-Audiodateien mit einem Eingang zum Empfangen des MP3-Signals (Merkmal i)); der Decoder ist mit einem Ausgang versehen, der seinerseits mit einer Ausgangsklemme (insoweit genügt jeder Anschluss) zum Abgeben des digitalen Breitbandsignals versehen ist (Merkmal j)).
206 
Der Decoder der angegriffenen Ausführungsformen ist unstreitig auch in der Lage, einen Datenstrom zu decodieren, der nach dem MP3-Standard unter Einschluss der „Padding“-Technik codiert wurde. Dies wird durch den ersten Versuch, den der Privatgutachter der Klägerin in Anlage K 14 durchgeführt hat, bestätigt. Die Test-Datei, die der Gutachter erstellt hat, wies die dargestellten Charakteristika des MP3-Standards auf; die Rahmenlänge wurde im Wege des „Padding“ zwischen 522 und 523 Bytes (Slots / Informationspaketen) variiert. Das getestete Autoradio hat diese MP3-Datei problemlos abgespielt. Die Beklagten haben diesen Vortrag der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten.
207 
2. Durch das Gutachten nach Anlage K 14 ist ferner dargetan, dass der Decoder des getesteten Autoradios die Angabe der Bitrate in den Headern der Rahmen zur Decodierung tatsächlich nutzt. Denn wenn eine unzutreffende Angabe über die Bitgeschwindigkeit in die Header eingetragen wird, scheitert die Synchronisierung des Empfängers.
208 
Auch diesen qualifizierten Parteivortrag haben die Beklagten nicht erheblich bestritten. Sie haben lediglich die Aussagekraft des Versuchs in Frage gestellt und vorgetragen, die vorgenommenen Änderungen an den MP3-Files stellten jeweils für sich schwere Verletzungen des MP3-Formats dar, so dass man die Unterbrechung der Decodierung geradezu erwarten müsse; dies gelte insbesondere für die Veränderung des Eintrags der nominellen Bitrate, die der Decoder als Hinweis auf ein Datenformat verstehen müsse, das nicht dem Datenformat von MP3-Daten entspreche. Damit bestätigen die Beklagten aber, dass der Decoder die Angabe im Header liest, auswertet und die Abweichung von der „richtigen“ Bitrate, die mit der Rahmenlänge in Einklang stünde, feststellt.
209 
Darüber hinaus haben die Beklagten vorgetragen, der Decoder der angegriffenen Ausführungsformen werte die Information über die „nominelle Bitrate“ aus, um die Länge des Rahmens zu berechnen, sofern diese infolge eines Paddings variiere. Dies steht ebenfalls im Einklang mit der dargelegten Lehre des Anspruchs 1. Der weitere Vortrag, dies geschehe nur zu dem Zweck, um unvollständig übertragene Rahmen erkennen zu können, genügt nicht den im Rahmen der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen an die Substantiierung. Die Klägerin hat substantiiert zur Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsformen vorgetragen; hierzu müssen sich die Beklagten, die die angegriffenen Ausführungsformen auf den inländischen Markt bringen, mit der gleichen Substanz erklären.
210 
3. Die vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. P. stellen die Benutzung der geschützten Lehre nicht in Frage, weil sie, wie sich aus dem unter I. Ausgeführten ergibt, von einem unzutreffenden patentrechtlichen Ansatz ausgehen. Die Gutachten nach Anlagen B 1 und B 13 zeigen, dass die angegriffenen Abspielgeräte die Rahmen mit einer wesentlich höheren Datenrate einlesen als mit der „nominellen Bitrate“, mit der die MP3-Datei codiert wurde. Das ist nach dem Gesagten unerheblich. Es kommt nicht darauf an, mit welcher Geschwindigkeit die Rahmen des zweiten Digitalsignals eingelesen und verarbeitet werden. Es kommt darauf an, ob die von den Beklagten so genannte, für den Anspruch allein relevante „nominelle Bitrate“, also die Informationsmenge im zweiten Digitalsignal pro Abspielzeit, beim Decodieren derart berücksichtigt wird, dass eine korrekte Replik des ursprünglichen Breitbandsignals entsteht. Das ist hier der Fall, wie sich aus den als Anlage K 14 vorgelegten, von den Beklagten nicht erheblich bestrittenen Untersuchungen der Klägerin ergibt.
211 
Das Gutachten nach Anlage B 2 erläutert den Umstand, dass ein Rahmen nach dem MP3-Standard zwar die Information von 1.152 Abtastwerten enthält, dass diese Information, die zu einem Rahmen gehört, generell nicht zwischen zwei aufeinanderfolgenden Synchronwörtern enthalten ist. Es beschreibt, anders ausgedrückt, das „Verschmieren“ oder „Überlappen“ der Information, die 1.152 aufeinanderfolgende Abtastwerte repräsentiert, über mindestens zwei codierte Rahmen. Auch dies kann als richtig unterstellt werden. Denn auch diese Ausführungen stellen nicht in Frage – sondern gehen gerade vielmehr ausdrücklich davon aus –, dass sich in einem Rahmen des MP3-Signals eine Informationsmenge befindet, die 1.152 Abtastwerte des ursprünglichen Breitbandsignals repräsentiert. Wie dargelegt wurde, kommt es allein auf diesen quantitativen Wert für die technische Lehre des Anspruchs 1 an. Ob die Reihenfolge der Abtastwerte des Breitbandsignals auch im codierten Signal eingehalten oder verändert wird, darüber macht Anspruch 1 des Klagepatents keine Aussage.
212 
IV. Kartellrechtliche Einwendungen
213 
Die kartellrechtlichen Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch.
214 
1. Die Klägerin verstößt dadurch, dass sie Lizenz an Schutzrechten aus 14 Patentfamilien genommen hat und an diesen Schutzrechte eine einheitliche Lizenz anbietet, nicht gegen Art. 81 EGV. Es handelt sich nicht um eine mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare Vereinbarung zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen den Gemeinschaftsstaaten zu beeinträchtigen geeignet wäre und eine Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken würde. Zu Unrecht glauben die Beklagten in dem Angebot einer umfassenden Lizenz an den Schutzrechten aller Patentfamilien, die für die Benutzung des gesamten MPEG-Audio-Standards ein sachwidriges Koppelungsgeschäft erkennen zu können. Freilich trifft die rechtliche Grundthese zu, dass Verträge, die an die Bedingungen geknüpft sind, dass der Vertragspartner zusätzliche Leistungen abnimmt und bezahlt, wegen der Einschränkung der Autonomie des Vertragspartners bedenklich sein können, wie auch das gesetzliche Regelbeispiel in Art. 81 Abs. 1 lit e) EGV belegt. Schon hieraus wird aber deutlich, dass nicht jede Koppelung bzw. im Kontext von Art. 81 Absprache zur Koppelung schlechthin, also beispielsweise die Abgabe in bestimmten Gebindegrößen, während der Interessent nur Einzelstücke nachfragt, verboten sein soll, sondern es entscheidend darauf ankommt, ob die Abnahme zusätzlicher Leistungen verlangt wird, die zu der nachgefragten Ware oder Dienstleistung weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung stehen. Einen solchen sachlichen Zusammenhang hat aber die Klägerin eingehend und von den Beklagten nicht durchgreifend in Frage gestellt vorgetragen. Es erscheint der Kammer durchaus nachvollziehbar, dass die Zusammenfassung der Schutzrechte aller Patentfamilien in einem einheitlichen Lizenzangebot nicht allein oder auch nur in erster Linie dazu dienen würde, für die Klägerin einen höheren Preis zu generieren, als er bei bloßer Lizenzierung der speziell die MP3-Technik betreffenden Schutzrechten zu erzielen wäre, sondern die Klägerin damit auch auf eine entsprechende Nachfrage der Marktgegenseite reagiert und deren Interessen entgegen kommt, wenn durch Lizenzgewährung und Lizenznahme an einem umfassenden Schutzrechtsportfolio für den Lizenznehmer sichergestellt werden kann, dass er die gesamte MPEG-Audio-Technik sicher und umfassend, nicht nur hinsichtlich des Kerns der MP3-Technik nutzen kann und nicht bei jeder Veränderung seines Gerätes (etwa der Ausstattung eines bisher auf die Tonwiedergabe beschränkten Autoradios mit Video- oder Fernsehkomponenten) gewärtigen und prüfen muss, ob jetzt wieder ein anderes Schutzrecht der Klägerin in Betracht kommt, über das gestritten oder für das erneut bezahlt werden müsste.
215 
2. Die Lizenzierungspraxis der Klägerin verstößt auch nicht gegen Art. 82 EGV.
216 
Es kann in diesem Zusammenhang im vorliegenden Rechtsstreit offen bleiben, ob und ggf. unter welchen prozessualen Voraussetzungen aus einem Patent fließenden Unterlassungsansprüchen (und nicht nur den Schadenersatzansprüchen) der Einwand entgegengesetzt werden kann, der Patentinhaber sei als Normadressat des Behinderungs- und Diskriminierungsverbotes verpflichtet, dem bisherigen Patentverletzer eine Lizenz zu erteilen. Ebenso bedarf die Frage der Normadressateneigenschaft der Klägerin keiner Entscheidung. In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob jeder Inhaber eines Patentes, dessen Lehre notwendig verwirklicht werden muss, um einen Industrie-Standard zu erfüllen, ohne weiteres Normadressat ist oder ob hinzutreten muss, dass die überlegene Stellung auf dem sachlich relevanten Markt, auf dem sich die Parteien als Anbieter und Nachfrager von Lizenzen begegnen, erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf einem nachgelagerten Markt haben muss. Deshalb kann auch offen bleiben, wie dieser nachgelagerte Markt sachlich abzugrenzen ist, ob er also hier lediglich in Geräten mit MP3-Technik besteht oder weiter im Sinne aller Geräte mit irgendeiner Audiokompressionstechnik zu verstehen wäre.
217 
Selbst wenn man unterstellt, der Zwangslizenzeinwand könne dem Unterlassungsanspruch entgegengesetzt werden und die Klägerin sei Normadressatin, fehlt es nach Überzeugung der Kammer an einem schlüssigen Vortrag der Beklagten für eine unangemessene Diskriminierung oder Behinderung der Beklagten durch die Klägerin.
218 
a) Die Klägerin diskriminiert die Beklagten nicht in dem Sinn, dass eine willkürliche sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen Unternehmen als Nachfragern von Lizenzen vorläge. Der Vorwurf der Beklagten geht nicht zum einen dahin, die Klägerin behandele verschiedene Unternehmen in gleicher Lage willkürlich ungleich, was allein der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbotes ist, sondern der Vorwurf der Beklagten lautet vielmehr, die Klägerin verlange von verschiedenen Unternehmen in unterschiedlicher Lage (das eine fragt umfassende Lizenzen nach, das andere interessiert sich nur für Lizenzen an bestimmten Schutzrechten) dieselbe Gegenleistung. Damit ist nach Ansicht der Kammer kein Fall der Diskriminierung, sondern ein Fall der kartellrechtswidrigen Ausbeutung behauptet. Zum anderen kann die Klägerin wie oben zur Koppelung ausgeführt, nachvollziehbare sachliche Gründe für diese einheitliche Behandlung geltend machen, die sich bei der gebotenen Abwägung aller beteiligten Interessen und Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten gesetzlichen Grundentscheidungen durchgreifend auswirken.
219 
b) Es ist aber auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin die Beklagte durch ihre Preisgestaltung für die nachgefragte Lizenz an den Patenten der beiden Patentfamilien, die die MP3-Technologie abdecken, ausbeuten würde.
220 
aa) Dabei ist das von den Parteien intensiv diskutierte Problem der so genannten Altlizenzen nach Auffassung der Kammer für die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin mit 60 % der Lizenzgebühren, die sie anderen Unternehmen abverlangt, immer noch eine im Verhältnis zu den Beklagten ausbeuterische Gegenleistung verlangen könnte, ohne Bedeutung. Denn die Altlizenzen, auf die die Beklagten dieses Argument stützen, bestehen unstreitig nicht an den Patenten der Patentfamilien, die die Beklagten jetzt bei der Klägerin mit dem Zwangslizenzeinwand hilfsweise nachfragen. An solchen anderen nicht nachgefragten Patenten bestehende Lizenzen können deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet sein, die Preisbestimmung für Lizenzen an den die Beklagten interessierenden Patentfamilien, insbesondere am Klagepatent, zu beeinflussen.
221 
bb) Deshalb konzentriert sich die hier zu entscheidende kartellrechtlich Frage, darauf, ob die von der Klägerin gegenüber den Beklagten jetzt noch geforderten Lizenzgebühren in Höhe von 60 % der anderen Unternehmen abverlangten Lizenzgebühren ein durch Art. 82 EGV verbotener ausbeuterischer Missbrauch der (unterstellten) überragenden Marktstellung der Klägerin ist. Ob also – mit anderen Worten (LG Düsseldorf, InstGE 7, 70, 97 – Videosignal-Codierung I) – in dem (jetzt noch) geforderten Preis der Zweck erkennbar wird, die Lizenzgebühren durch Aufnahme möglichst vieler Patente ungerechtfertigt zu steigern. Diese Frage ist auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten zu verneinen. Dabei folgt die Kammer zunächst in einem ersten gedanklichen Schritt der rein arithmetischen Betrachtungsweise der Beklagten nicht. Es geht bei der Klärung der Frage, ob eine überragende Marktstellung zur Durchsetzung ungerechtfertigt überhöhter Preise ausgenutzt wird, nicht an, durch schlichtes Zählen von 14 angebotenen Patentfamilien und zwei von den Beklagten nachgefragten Patentfamilien und anschließendes Dividieren und Multiplizieren einen angeblich „richtigen“ Preis zu ermitteln. Maßgeblich sind nicht solche rechnerischen Überlegungen, sondern ausschließlich eine normative Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen für alle beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs als solchem gerichteten Zielsetzung des Gesetzes. In diesem Zusammenhang aber gewinnt das Argument der Klägerin, sie biete mit der Lizenz an den auch von der Beklagten nachgefragten Schutzrechten von zwei Patentfamilien den wirtschaftlich für die Bemessung der Gegenleistung entscheidenden „Kern“ an der MP3-Technologie, der stets bei Verwirklichung benutzt werden müsse, während die übrigen, auf Layer I und II der MPEG-Kompressionstechnik bezogenen Schutzrechte für den an MP3 Interessierten nur eine für die wirtschaftliche Bewertung der Gegenleistung stark untergeordnete Zusatzleistung zur umfassenden Absicherung der Lizenznehmer sei, stark an Überzeugungskraft. Hinzu kommt, dass eine kartellrechtswidrige Ausbeutung nicht schon bei einem für sich genommen hohen Preis bejaht werden kann, weil in Art. 82 EGV gerade keine allgemeine Gewinnbeschränkung auf bestimmte Margen enthalten ist, und deshalb nur eine eindeutig oder stark überhöhte Preisgestaltung überhaupt das durch Art. 82 EGV verbotene Niveau erreichen kann. In diesem Zusammenhang nun ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin unstreitig mehrere hundert Unternehmen – darunter auch bedeutende und renommierte Konkurrenten der Beklagten 1) – zu ihren Lizenznehmern zählt und von diesen 30 US-Cent je Kanal und Stück (bei einer Abstaffelung nach Menge) erhält. Vor diesem Hintergrund erscheint es der Kammer sehr unwahrscheinlich, jedenfalls aber nicht ausreichend von den Beklagten mit Tatsachenvortrag in den Rechtsstreit eingeführt, dass gerade die Beklagte 1) durch das Verlangen nach 18 US-Cent unter Missbrauch der (unterstellten) marktbeherrschenden Stellung ausgebeutet würde. Insbesondere leistet der Vortrag der Beklagten nicht, dass der von der Klägerin jetzt noch geforderte Preis für eine Lizenz, wie sie die Beklagten nachfragen, tatsächlich „im Vergleich zu dem wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung stark überhöht“ (EuGH, Slg. 1975, 1367 bei Tz. 15/16) wäre. Hierzu wäre erforderlich, entweder darzulegen, welcher Preis sich in einem hypothetischen Markt ohne Wettbewerbsbeschränkung als bei dem Gedankenexperiment des „Als-ob-Wettbewerbs“ nach dem Vergleichsmarktkonzept bilden würde, oder jedenfalls dazulegen, in welchem Verhältnis der Preis nach der so genannten Gewinnbegrenzungsmethode (vgl. EuGH a.a.O. bei Tz. 248 ff.) zu den Gestehungskosten steht.
222 
V. Umfang der Verurteilung
223 
1. Da die Beklagten durch Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform das Klagepatent verletzen, steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 139 Abs. 1 PatG wegen unmittelbarer Patentverletzung zu. Die bereits begangenen Verstöße begründen die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.
224 
Die patentrechtlich relevanten Nutzungshandlungen der Beklagten hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen verletzten nicht nur Anspruch 21 in Verbindung mit den Ansprüchen 1 und 2 unmittelbar, sondern stellen zugleich auch eine mittelbare Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents im Sinne des § 10 PatG dar. Die Beklagten verteidigen sich auch gegen die Annahme einer mittelbaren Verletzung damit, dass die angegriffenen MP3-Geräte (Empfänger) nicht Bestandteil eines Übertragungssystem gemäß Anspruch 1 seien. Dies ist jedoch - wie oben gezeigt - der Fall. Bei dem angegriffenen Empfänger handelt es sich um einen solchen gemäß Anspruch 21, der auf die empfängerseitigen Merkmale des Anspruchs 1 verweist.
225 
Nach § 10 PatG ist es einem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetztes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß, oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. § 10 Abs. 1 PatG verlangt also die Gefahr der unmittelbaren Benutzung der Erfindung mit allen ihren Merkmalen (BGHZ 115, 205, 208 – beheizbarer Atemluftschlauch).
226 
Die von der Beklagten angebotenen MP3-Wiedergabegeräte sind ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element, nämlich die empfängerseitigen Merkmale der Erfindung bezieht. Es besteht damit die Gefahr der unmittelbaren Benutzung der Erfindung durch Dritte im Rahmen des in Anspruch 1 geschützten Übertragungssystems mit allen ihren Merkmalen. Diese Gefahr besteht auch im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes, denn die Beklagte bietet die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland an. Ausweislich der Bewerbung und Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsform mit dem Leistungsmerkmal „MP3-Funktion“ wissen die Beklagten auch, dass die im Inland angebotenen und gelieferten MP3-Geräte zur Verwendung mit dem anspruchsgemäßen System geeignet und bestimmt sind, dass also ihre Abnehmer eine entsprechende Zweckbestimmung treffen werden. Der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform zugleich eine unmittelbare Verletzung des Anspruchs 21 darstellt, schließt die Annahme einer mittelbaren Verletzung des Anspruchs 1 nicht aus.
227 
Auf eine weitere Verletzung der Unteransprüche des Klagepatents war nicht einzugehen, weil die Entscheidung, sogenannte „insbesondere“-Anträge in den Urteilstenor aufzunehmen oder nicht, nach Auffassung der Kammer auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von „insbesondere“-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung (Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277). Die Kammer geht deshalb weiterhin (vgl. Kammer, Beschl. v. 25.7.2003 - 7 O 319/00, juris) davon aus, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit „insbesondere“ in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht. Eine solche Aufnahme über den für sich genommen nicht weiteren streitigen Anspruch 2 hinaus war hier nicht veranlasst, weil nach Überzeugung der Kammer die Formulierung nach den Unteransprüchen nichts Wesentliches zu einer exakteren Bestimmung des Umfangs des Verbotstenors beitragen würde.
228 
2. Da die Beklagten zur Unterlassung verurteilt wurden, waren ihnen auf Antrag der Klägerin gemäß § 890 ZPO die gesetzlichen Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung anzudrohen. Die Fassung des Tenors weicht in Ziffer 2. rein sprachlich vom Antrag ab, weil bezüglich der Vollstreckung einer eventuellen Ordnungshaft gegenüber der Beklagten zu 1) nicht expressis verbis auf die Beklagten zu 2) bis 5), sondern (wie im Antrag 7.) allgemeiner auf die jeweiligen Geschäftsführer abgestellt worden ist, da es nicht auf die derzeitige Stellung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren ankommt, sondern auf die künftige Stellung als Geschäftsführer im maßgebenden Zeitpunkt des Vollstreckungsverfahrens ankommen wird.
229 
3. Auf Antrag der Klägerin war durch Urteil weiterhin festzustellen, dass die Beklagten für die Verletzung des Klagepatents hinsichtlich des eigenen und des gemäß Anlage K 4 von der Klägerin geltend gemachte Schadens der früheren Patentinhaber und der F. Schadensersatz schulden. Dabei ist die nicht vollkommen bestimmte Fassung des Antrags 5, der allgemein auf die Patentinhaber abgestellt, ohne diese namentlich zu benennen, unschädlich, weil jedenfalls in Antrag 8 eine solche Benennung enthalten ist und ein sachlicher Unterschied zwischen diesen Anträgen trotz der unterschiedlichen sprachlichen Fassung nicht besteht.
230 
a) Die Klage ist auch insoweit zulässig. Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO liegen vor. Die Klägerin kennt den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen nicht. Ohne diese Kenntnis kann sie einen Antrag auf Zahlung von Schadensersatz nicht begründen. Da aber die Beklagten die Benutzung der Erfindung und die Patentverletzung in Abrede stellt, hat die Klägerin - auch zur Unterbrechung der Verjährung - ein rechtliches Interesse daran, das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs alsbald durch richterliche Entscheidung feststellen zu lassen.
231 
b) Die Klage ist auch hinsichtlich des Schadensersatzanspruches begründet. Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 139 Abs. 2 i. V. m. § 9 bzw. 10 PatG. Die Beklagten haben schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten sie spätestens einen Monat nach Veröffentlichung der Mitteilung über die Erteilung des Klagepatents erkennen können und erkennen müssen, dass das Klagepatent durch die angegriffene Ausführungsform verletzt wird.
232 
4. Die Beklagten sind der Klägerin auch weitgehend zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet. Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch nicht ohne Kenntnis der Umstände, über die sie Auskunft fordert, berechnen. Da diese Umstände der Klägerin als Betriebsinterna der Beklagten naturgemäß unbekannt sind, die Beklagten hierüber aber anhand ihrer Buchhaltung ohne unzumutbaren Aufwand Auskunft geben kann, sind die Beklagten gemäß § 140 b PatG und einer zu Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB zur Auskunft verpflichtet. Diese Auskunft hat sie für die Zeit ab Geltendmachung auch auf den Gewinn der Beklagten und die zu seiner Berechnung erforderlichen Daten zu beziehen. Die Klägerin muss durch die Auskunft erst in die Lage versetzt werden, sich für eine der möglichen Berechnungsarten ihres Schadensersatzanspruches (Verletzergewinn, entgangener Gewinn oder fiktive Lizenz) zu entscheiden.
233 
Soweit die Klage in Ziffer 3. (anders als in Ziffer 9.) auch auf Auskunft über Namen und Anschrift der nicht gewerblichen Abnehmer gerichtet ist, war sie abzuweisen. Es fehlt insoweit an einem Anspruch auf Auskunft, weil der Klägerin gegenüber privaten Angebotsempfängern gem. § 11 Nr. 1 PatG keine Rechte zustehen.
234 
Die Auskunftsklage ist auch insoweit unbegründet, als die Klägerin in Ziffer 3 einen Anspruch auf Auskunft als Gesamtschuldner geltend macht. Eine solche gesamtschuldnerische Haftung besteht nicht. Zwar schulden die Beklagten Schadenersatz als Gesamtschuldner, Auskunft kann aber nicht gesamtschuldnerisch geschuldet werden, weil die Auskunft eine Erklärung über eigenes Wissen ist, die nicht im Sinne von § 421 BGB in der Weise geschuldet sein kann, dass jeder Schuldner die ganze Leistung bewirken müsste, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal zu fordern berechtigt wäre.
235 
5. Der im Rahmen der unmittelbaren Verletzung geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe und der Anspruch auf Duldung der Vernichtung der vom Zoll zurückgehaltenen Wiedergabegeräte ergibt sich aus §§ 140 a, 142 a PatG, der Anspruch wird allein im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer unmittelbaren und nicht auch im Zusammenhang mit einer mittelbaren Patentverletzung geltend gemacht (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2005 - X ZR 79/04, GRUR 2006, 570 - extracoronales Geschiebe).
236 
Die Geltendmachung des Anspruch ist entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht unverhältnismäßig. Die Beklagten zeigen nicht auf, wie eine Patentverletzung durch die angegriffenen Gegenstände ohne Vernichtung des gesamten Gerätes verhindert werden könnte. Allein die Tatsache, dass die von der Klägerin geforderte Lizenz gegenüber dem Gesamtpreis des Gerätes geringfügig sein mag, führt nicht dazu, dass der Verletzer die bereits hergestellten verletzenden Gegenstände entgegen dem Unterlassungsanspruch des Patentinhabers doch verkaufen dürfte.
237 
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
238 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung bemisst sich nach der Höhe unter Berücksichtigung des von der Beklagten im Fall einer Urteilsvollstreckung hinsichtlich der Unterlassung unwidersprochen erwarteten Gewinnausfalls von ca. 25 Mio. EUR für die nächsten fünf Jahre. Allerdings erscheint der Kammer eine Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 5 Mio. ausreichend, weil entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die gesamte Dauer von Rechtsmittelverfahren in den Blick genommen werden darf, da ein eventuell bestätigendes Berufungsurteil des Oberlandesgerichts unter anderen Voraussetzungen vorläufig vollstreckbar wäre und die Beklagten ggf. eine Vorabentscheidung des Oberlandesgericht über die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses Urteils erwirken können.
239 
Der Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten ist zurückzuweisen. Die Voraussetzung von § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO sind weder dargetan geschweige denn glaubhaft gemacht (§ 714 Abs. 1 ZPO). Ein in seiner abstrakten Höhe erheblicher Umsatzausfall bedeutet nicht ohne weiteres einen nicht zu ersetzenden Nachteil. Dass die wirtschaftliche Existenz der Beklagten durch eine Unterlassungsvollstreckung ernsthaft gefährdet wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Angabe, ein Teil des Kerngeschäfts werde total eingestellt, enthält keinerlei Angaben über die zu erwartenden Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen.

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

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(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem

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(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch

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(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläub

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Patentgesetz - PatG | § 11


Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf 1. Handlungen, die im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden;2. Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen;2a. die Nutzung

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2005 - X ZR 79/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 79/04 Verkündet am: 22. November 2005 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein ex

Landgericht Mannheim Urteil, 25. Juli 2003 - 7 O 319/00

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Tenor 1. Der Antrag der Klägerin auf Urteilsergänzung vom 04.04.2003 wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1  Die Kammer hat durch Urteil vom 14.03.2003 (AS 335 ff.) der Patentverl

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(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

Tenor

1. Der Antrag der Klägerin auf Urteilsergänzung vom 04.04.2003 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kammer hat durch Urteil vom 14.03.2003 (AS 335 ff.) der Patentverletzungsklage der Klägerin, die auf zwei Patente und zwei Gebrauchsmuster gestützt ist, hinsichtlich der jeweiligen Hauptansprüche der Klageschutzrechte in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Über die von der Klägerin in zahlreichen "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche der Klageschutzrechte hat die Kammer nicht entschieden. Bei einem Teil der Unteransprüche war zwischen den Parteien in tatsächlicher Hinsicht streitig, ob die angegriffene Ausführungsform von ihnen Gebrauch machte.
Die Klägerin ist der Auffassung, damit seien von ihr geltend gemachte Ansprüche übergangen worden. Die Unteransprüche der Klageschutzrechte seien bestehende, geltende Ansprüche. Die Klägerin habe auch ein berechtigtes Interesse daran, dass über diese Ansprüche entschieden werde (vgl. Schramm, Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.). Ein solches Urteil gehe in seinen Wirkungen über ein Urteil hinaus, das nur auf die Verwirklichung des Hauptanspruchs gestützt sei. Wenn in einem späteren Verfahren das jeweilige Schutzrecht nur im Umfang eines Unteranspruchs anstelle des bisherigen Hauptanspruchs aufrecht erhalten werde, sei kein neuer Prozess nötig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil vom 14.03.2003 durch nachträgliche Entscheidung über die Verwirklichung der geltend gemachten Unteransprüche der vier Klageschutzrechte nach Maßgabe der auf Seite 13 bis 21 des Urteils wiedergegebenen "insbesondere wenn"-Zusätze zu den Klageanträgen zu ergänzen, mit Ausnahme der auf folgende Unteransprüche gestützten Zusätze:
- Klagepatent 1 (DE 43 40 756): Ansprüche 6, 12, 15, 19, 22, 23
- Klagegebrauchsmuster 1 (GM 93 21 155): Ansprüche 6, 12, 15, 19, 21, 22
- Klagepatent 2 (DE 43 45 446) und Klagegebrauchsmuster 2 (GM 93 21 459): jeweils Ansprüche 12, 18, 21, 25, 28, 29.
Die Beklagten beantragen
den Ergänzungsantrag zurückzuweisen.
10 
Bei den "insbesondere"-Anträgen handele es sich um Hilfsanträge. Über einen Hilfsantrag könne nur entschieden werden, wenn der Hauptantrag erfolglos bleibe. Ein Anspruch auf "Vorrats-Entscheidungen" bestehe nicht. Die Entscheidung über die "insbesondere "-Anträge sei auch, wie der vorliegende Fall zeige, nicht prozessökonomisch.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2003 (AS 426) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Der zulässige Ergänzungsantrag ist unbegründet. Das Urteil von 14.03.2003 übergeht weder in seiner ursprünglichen noch in seiner berichtigten Fassung Ansprüche der Klägerin.
13 
Die Klägerin, die im Umfang der jeweiligen Hauptansprüche aller vier Klageschutzrechte im Verletzungsprozess obsiegt hat, hat keinen Anspruch auf Entscheidung über die mit "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche. Ebenso wie im Wettbewerbsrecht dienen auch im Patentrecht die "insbesondere"-Anträge ausschließlich der näheren Umschreibung und damit der Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes. Sie werden nicht Streitgegenstand. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von "insbesondere"-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung. Dementsprechend kann ein Urteil, das auf die "insbesondere"-Anträge nicht eingeht, nicht unvollständig sein, weil es nicht hinter dem materiellen Klagebegehren zurückbleibt (vgl. Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277 m.w.N.).
14 
Der Begründung von Schramm (Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.; vgl. auch Keukenschrijver in: Busse, PatG, 5. Aufl., § 143 Rn. 162) für die Notwendigkeit der "insbesondere"-Anträge im Patentverletzungsprozess vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Diese Begründung verkennt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Klageanträge der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Maßgeblich ist also der Schutzumfang des Schutzrechts zu diesem Zeitpunkt. Dabei wird der weitestmögliche Schutzumfang durch den Hauptanspruch definiert; die Kombination mit Unteransprüchen führt stets zu einer engeren Umschreibung des Schutzumfangs. Dass das Schutzrecht möglicherweise zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt auf eine solche Kombination von Haupt- und Unteransprüchen beschränkt werden könnte, kann bei der Entscheidung des Verletzungsprozesses keine Rolle spielen. Die Kammer hat darüber hinaus Zweifel, ob die Annahme zutrifft, eine Verurteilung aus dem (uneingeschränkten) Hauptanspruch unter Hinzunahme der "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche würde im Fall einer späteren Beschränkung des Hauptanspruchs einen neuen Prozess vermeiden und eine "ökonomische" Vollstreckung aus dem "alten" Urteil erlauben: Der von Schramm erwogene Verzicht des Gläubigers im Vollstreckungsverfahren auf den Titel, soweit er sich auf den unbeschränkten Hauptanspruch bezieht, ändert nichts daran, dass der nunmehr "materiell berechtigte" Titel formell nicht besteht, während der formell bestehende Titel materiell zu weit geht.
15 
Im übrigen würde die von der Klägerin befürwortete Ansicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, zu unvertretbaren Verstößen gegen das Gebot der Prozessökonomie führen. Sie hätte zur Folge, dass bei Streit über die tatsächliche Verwirklichung von Unteransprüchen hierüber Beweis erhoben werden müsste, obwohl dem Kläger durch Verurteilung des Beklagten aus dem Hauptanspruch das materielle Klagebegehren schon uneingeschränkt zugesprochen werden könnte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es der Kläger in der Hand hat, ob er Unteransprüche geltend macht oder nicht, denn auch der Beklagte kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Frage, ob er das Patent verletzt oder nicht, bei Entscheidungsreife hinsichtlich des Hauptanspruchs geklärt wird.
16 
Soweit sich die Klägerin auf die bisherige Behandlung von "insbesondere"-Anträgen in der Rechtsprechung der Kammer beruft, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit die mit "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche nur dann in den Urteilstenor aufgenommen, wenn deren Verwirklichung unproblematisch war. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit nie über streitige Merkmale von Unteransprüchen Beweis erhoben. Sie ist ferner stets - wenn auch ohne Erörterung der Frage - davon ausgegangen, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte, unstreitige Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit "insbesondere" in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht, weil dies auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat.
17 
Somit liegen die Voraussetzungen des § 321 ZPO nicht vor. Die Kostenentscheidung (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 321 Rn. 10) folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
12 
Der zulässige Ergänzungsantrag ist unbegründet. Das Urteil von 14.03.2003 übergeht weder in seiner ursprünglichen noch in seiner berichtigten Fassung Ansprüche der Klägerin.
13 
Die Klägerin, die im Umfang der jeweiligen Hauptansprüche aller vier Klageschutzrechte im Verletzungsprozess obsiegt hat, hat keinen Anspruch auf Entscheidung über die mit "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche. Ebenso wie im Wettbewerbsrecht dienen auch im Patentrecht die "insbesondere"-Anträge ausschließlich der näheren Umschreibung und damit der Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes. Sie werden nicht Streitgegenstand. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von "insbesondere"-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung. Dementsprechend kann ein Urteil, das auf die "insbesondere"-Anträge nicht eingeht, nicht unvollständig sein, weil es nicht hinter dem materiellen Klagebegehren zurückbleibt (vgl. Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277 m.w.N.).
14 
Der Begründung von Schramm (Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.; vgl. auch Keukenschrijver in: Busse, PatG, 5. Aufl., § 143 Rn. 162) für die Notwendigkeit der "insbesondere"-Anträge im Patentverletzungsprozess vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Diese Begründung verkennt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Klageanträge der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Maßgeblich ist also der Schutzumfang des Schutzrechts zu diesem Zeitpunkt. Dabei wird der weitestmögliche Schutzumfang durch den Hauptanspruch definiert; die Kombination mit Unteransprüchen führt stets zu einer engeren Umschreibung des Schutzumfangs. Dass das Schutzrecht möglicherweise zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt auf eine solche Kombination von Haupt- und Unteransprüchen beschränkt werden könnte, kann bei der Entscheidung des Verletzungsprozesses keine Rolle spielen. Die Kammer hat darüber hinaus Zweifel, ob die Annahme zutrifft, eine Verurteilung aus dem (uneingeschränkten) Hauptanspruch unter Hinzunahme der "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche würde im Fall einer späteren Beschränkung des Hauptanspruchs einen neuen Prozess vermeiden und eine "ökonomische" Vollstreckung aus dem "alten" Urteil erlauben: Der von Schramm erwogene Verzicht des Gläubigers im Vollstreckungsverfahren auf den Titel, soweit er sich auf den unbeschränkten Hauptanspruch bezieht, ändert nichts daran, dass der nunmehr "materiell berechtigte" Titel formell nicht besteht, während der formell bestehende Titel materiell zu weit geht.
15 
Im übrigen würde die von der Klägerin befürwortete Ansicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, zu unvertretbaren Verstößen gegen das Gebot der Prozessökonomie führen. Sie hätte zur Folge, dass bei Streit über die tatsächliche Verwirklichung von Unteransprüchen hierüber Beweis erhoben werden müsste, obwohl dem Kläger durch Verurteilung des Beklagten aus dem Hauptanspruch das materielle Klagebegehren schon uneingeschränkt zugesprochen werden könnte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es der Kläger in der Hand hat, ob er Unteransprüche geltend macht oder nicht, denn auch der Beklagte kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Frage, ob er das Patent verletzt oder nicht, bei Entscheidungsreife hinsichtlich des Hauptanspruchs geklärt wird.
16 
Soweit sich die Klägerin auf die bisherige Behandlung von "insbesondere"-Anträgen in der Rechtsprechung der Kammer beruft, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit die mit "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche nur dann in den Urteilstenor aufgenommen, wenn deren Verwirklichung unproblematisch war. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit nie über streitige Merkmale von Unteransprüchen Beweis erhoben. Sie ist ferner stets - wenn auch ohne Erörterung der Frage - davon ausgegangen, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte, unstreitige Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit "insbesondere" in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht, weil dies auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat.
17 
Somit liegen die Voraussetzungen des § 321 ZPO nicht vor. Die Kostenentscheidung (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 321 Rn. 10) folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf

1.
Handlungen, die im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden;
2.
Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen;
2a.
die Nutzung biologischen Materials zum Zweck der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzensorte;
2b.
Studien und Versuche und die sich daraus ergebenden praktischen Anforderungen, die für die Erlangung einer arzneimittelrechtlichen Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Europäischen Union oder einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Drittstaaten erforderlich sind;
3.
die unmittelbare Einzelzubereitung von Arzneimitteln in Apotheken auf Grund ärztlicher Verordnung sowie auf Handlungen, welche die auf diese Weise zubereiteten Arzneimittel betreffen;
4.
den an Bord von Schiffen eines anderen Mitgliedstaates der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums stattfindenden Gebrauch des Gegenstands der patentierten Erfindung im Schiffskörper, in den Maschinen, im Takelwerk, an den Geräten und sonstigem Zubehör, wenn die Schiffe vorübergehend oder zufällig in die Gewässer gelangen, auf die sich der Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, vorausgesetzt, daß dieser Gegenstand dort ausschließlich für die Bedürfnisse des Schiffes verwendet wird;
5.
den Gebrauch des Gegenstands der patentierten Erfindung in der Bauausführung oder für den Betrieb der Luft- oder Landfahrzeuge eines anderen Mitgliedstaates der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums oder des Zubehörs solcher Fahrzeuge, wenn diese vorübergehend oder zufällig in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gelangen;
6.
die in Artikel 27 des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (BGBl. 1956 II S. 411) vorgesehenen Handlungen, wenn diese Handlungen ein Luftfahrzeug eines anderen Staates betreffen, auf den dieser Artikel anzuwenden ist.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 79/04 Verkündet am:
22. November 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
extracoronalesGeschiebe
Der Patentinhaber kann nicht verlangen, dass im Besitz oder Eigentum des mittelbaren
Verletzers des Klagepatents stehende Gegenstände vernichtet werden.
BGH, Urt. v. 22. November 2005 - X ZR 79/04 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das am 13. Mai 2004 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München wird zurückgewiesen , soweit die Klage auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung angemessener Entschädigung für die Zeit vom 8. Juli 1995 bis 20. September 1997 und auf Vernichtung in ihrem Besitz befindlicher Erzeugnisse abgewiesen ist.
Im Übrigen und soweit nicht die Klageanträge wegen des Besitzes der im Klageantrag zu I 1.2 genannten Gegenstände abgewiesen sind, wird das angefochtene Urteil aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin des am 10. Juni 1993 angemeldeten europäischen Patents 0 659 063 (Klagepatent), das ein extracoronales Geschiebe und Verfahren zu seiner Herstellung betrifft. Die Anmeldung wurde am 28. Juni 1995 veröffentlicht und die Erteilung des Patents am 20. August 1997 bekannt gemacht. Die Patentansprüche 1 und 2 des Klagepatents lauten wie folgt: "1. Extracoronales Geschiebe mit einer an einem Festzahn (12) anbringbaren Patrize (10) und einer auf die Patrize schiebbaren Matrize (40), an der ein Prothesenteil (52) angebracht ist, wobei die Patrize (10) aus einem im wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil (16) und einem Retentionsteil (14) besteht und die Matrize (40) die Form eines gegen die Patrize seitlich offenen Gehäuses besitzt und in die Matrize (40) ein seitlich offenes, hülsenförmiges Friktionsteil (30) aus mundbeständigem Kunststoff eingesetzt ist, welches eine Friktionsverbindung mit dem Retentionsteil (14) der Patrize (10) bildet und mit einem bei der Herstellung des Geschiebes verwendeten Dubliermittel identisch ist, dadurch gekennzeichnet , dass die Matrize (40) zur form- und kraftschlüssigen Verbindung mit der Patrize (10) axiale Verbindungsleisten (44), die in entsprechende Stabilisierungsnuten (20) am blockförmigen Befestigungsteil (16) der Patrize (10) passen und in diese eintreten, sowie zueinander passende Anlagenflächen (22, 23) am Befestigungsteil (16) der Patrize und entsprechende Flächen (46, 48) an der Matrize aufweisen, wobei die axialen Verbindungsleisten (44) und die Stabilisierungsnuten (20) einen im wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt haben, dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist." "2. Geschiebe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Satz von Friktionsteilen vorliegt, deren Außendurchmesser im wesentlichen gleich, deren Innendurchmesser aber jeweils kleiner sind, wodurch die Friktionskräfte zwischen Patrize und Matrize durch Einsetzen des gewünschten Friktionsteils wählbar ist." Im Übrigen wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
2
Die Beklagte stellt unter der Bezeichnung "V… Teile her, die aus den Anlagen K 10, K 10a, K 13 und K 15 zu ersehen sind. Die Klägerin hat hierin zunächst eine unmittelbare und später eine mittelbare Verletzung des Klagepatents gesehen. Sie hat geltend gemacht, es handle sich bei diesen Gegenständen um solche, die zur Herstellung eines patentgemäßen extracoronalen Geschiebes bestimmt seien, und die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Vernichtung der angegriffenen Gegenstände sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung angemessener Entschädigung für die Zeit vom 28. Juli 1995 bis 30. September 1997 und Schadensersatz für die Zeit ab 20. September 1997 in Anspruch genommen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin zuletzt beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, "für die Herstellung eines wie folgt gestalteten extracoronalen Geschiebes 1.1. mit einer an einem Festzahn anbringbaren Patrize und einer auf die Patrize schiebbaren Matrize, an der ein Prothesenteil angebracht ist, wobei die Patrize aus einem im wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil und einem Retentionsteil besteht und die Matrize die Form eines gegen die Patrize seitlich offenen Gehäuses besitzt, und in die Matrize ein seitlich offenes hülsenförmiges Friktionsteil eingesetzt ist, das aus mundbeständigem Kunststoff mit entsprechenden, der Patrizenform angepaßten Innenform- und -abmessungen, besteht, wobei die Außenabmessungen im wesentlichen gleich sind, die Innenabmessungen der an den Retentionsteil der Patrize anschließenden Flächen des Friktionsteils je nach gewünschter Haltekraft geringfügig differieren. Das Friktionsteil bildet eine Friktionsverbindung mit dem Retentionsteil der Patrize. Die Matrize hat zur form- und kraftschlüssigen Verbindung mit der Patrize axiale Verbindungsleisten, die in entsprechende Stabilisierungsnuten am blockförmigen Befestigungsteil der Patrize passen und in diese eintreten sowie zueinander passende Anlageflächen am Befestigungsteil der Patrize, wobei die axialen Verbindungsleisten und die Stabilisierungsnuten einen im wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt haben, dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist, 1.2. folgende Teile in ihrer Gesamtheit gewerbsmäßig feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, 1.2.1. eine (vorzugsweise aus Kunststoff bestehende) Form zur Herstellung der vorstehend beschriebenen Patrize, wobei die Form mit der herzustellenden Patrize identisch ist und aus einem im wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil und einem stegförmigen Retentionsteil besteht und am blockförmigen Befestigungsteil Stabilisierungsnuten aufweist, die einen im wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt haben , dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist; 1.2.2. ein seitlich offenes hülsenförmiges Friktionsteil (von der Beklagten in den Prospekten "Matrize" genannt) aus mundbeständigem Kunststoff mit entsprechenden, der Patrizenform angepaßten Innenformen und -abmessungen, wobei die Außenabmessungen im wesentlichen gleich sind, die Innenabmessungen der an den Retentionsteil der Patrize anschließenden Flächen des Friktionsteils je nach gewünschter Haltekraft geringfügig differieren, 1.2.3. ein Dublierhilfsteil (von der Beklagten in den Prospekten "Dubliermatrize" genannt), das mit dem unter Ziffer 1.2.2. beschriebene Friktionsteil hinsichtlich seiner der Matrize und der Patrize zugeordneten Form identisch ist; 2. der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1.1. und 1.2. bezeichneten Handlungen seit dem 28.07.1995 begangen hat und zwar - aufgeschlüsselt nach Typen - unter Angabe
a) der hergestellten Mengen,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie die Namen und die Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verarbeitungszeitraum und Verarbeitungsgebiet ,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlossenen Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei, die Angaben zu e nur für die Zeit seit dem 20.09.1997 zu machen sind, 3. der Klägerin Auskunft zu erteilen, von wem sie die in 1.2.1., 1.2.2., 1.2.3. bezeichneten Teile bezogen hat, 4. die im Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß 1.2.1., 1.2.2. und 1.2.3. zu vernichten.
Weiter hat die Klägerin mit dem Antrag II die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1. der Klägerin für die vorstehend unter Ziff. I 1.1. und 1.2. bezeichneten in der Zeit vom 28. Juli 1995 bis zum 20. September 1997 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in I 1. bezeichneten , seit dem 21. September 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
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Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin eine Entscheidung nach den zuletzt in der Berufungsinstanz gestellten Klageanträgen jedoch ohne die Benutzungshandlung "und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen", hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung. Die Beklagte ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, soweit die Klage im Unterlassungsbegehren - ausgenommen die Benutzungshandlung des Besitzens -, den hierauf bezogenen Ansprüchen auf Rechnungslegung und Auskunft sowie dem hierauf bezogenen Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz (Klageanträge I 1., 2. und 3.; Klageantrag II, 2) abgewiesen worden ist. Hinsichtlich des Besitzens der im Unterlassungsantrag genannten Gegenstände greift die Revision das Berufungsurteil nicht an, so dass dieses insoweit nicht zur Überprüfung durch den Senat steht. Soweit die Klage auf Vernichtung im Eigentum oder Besitz der Beklagten befindlicher angegriffener Gegenstände (Klageantrag I 4.) gerichtet ist und die Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte zur Zahlung angemessener Entschädigung verpflichtet sei (Klageantrag II 1.), ist die Revision unbegründet, weil die Klage insoweit zu Recht abgewiesen ist.
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I. Das Berufungsgericht hat in erster Linie eine unmittelbare Patentverletzung geprüft und, weil eine solche nicht vorliege, die Klage abgewiesen. Mit dieser Begründung kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
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Die Klägerin begehrt mit dem Unterlassungsantrag, der Beklagten das Anbieten (im Unterlassungsantrag als "Feilhalten" bezeichnet) und das Liefern (im Unterlassungsantrag als "Inverkehrbringen" bezeichnet) einer Patrize, eines Friktionsteils und eines Dublierhilfsteils zur Herstellung eines extracoronalen Geschiebes zu untersagen, nicht dagegen das Anbieten und Inverkehrbringen eines (fertigen) extracoronalen Geschiebes mit sämtlichen Merkmalen eines Geschiebes nach Patentanspruch 1 des Klagepatents. Nach seinem Rechtsschutzziel ist das Unterlassungsbegehren auf das Untersagen einer mittelbaren Patentverletzung (§ 10 PatG) durch Anbieten oder Liefern von Hilfsmitteln zur Herstellung einer patentgemäßen Patrize, von in den Prospekten der Beklagten als Matrize bezeichneten Friktionsteilen und von in den Prospekten der Beklagten als Dubliermatrize bezeichneten Dublierhilfsteilen gerichtet, wie sie in Patentanspruch 1 des Klagepatents genannt sind und nach dem Klagevorbringen geeignet sein sollen, bei Verwendung mit weiteren in Patentanspruch 1 genannten Mitteln das beanspruchte extracoronale Geschiebe zu bilden. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung, die Beklagte habe das Klagepatent nicht unmittelbar verletzt, trägt daher die Klageabweisung nicht.
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II. Soweit sich das Berufungsgericht mit der Frage einer mittelbaren Patentverletzung befasst hat, hat es in dem Anbieten und Liefern der angegriffenen Gegenstände eine solche nicht gesehen, weil nach seinen Ausführungen zur unmittelbaren Patentverletzung von den Merkmalen d und f der in den Vorinstanzen zugrunde gelegten Merkmalsgliederung (nachfolgend unter II 2. b) weder wortsinngemäß noch äquivalent Gebrauch gemacht werde und es für die Feststellung einer mittelbaren Patentverletzung notwendig sei, dass die ange- griffenen Gegenstände - unterstellt, die übrigen Merkmale seien verwirklicht - für sich gesehen Mittel darstellten, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezögen. Hierfür fehlten jegliche Anhaltspunkte.
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Das greift die Revision mit Erfolg an.
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1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung voraussetzt, dass der Anbieter oder Lieferant ein Mittel anbietet oder liefert, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Nach der Rechtsprechung des Senats bezieht sich ein Mittel auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGHZ 159, 76, 86 - Flügelradzähler; Sen.Urt. v. 07.06.2005 - X ZR 247/02, GRUR 2005, 848 - Antriebsscheibenaufzug). Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Anwendung dieses Grundsatzes durch das Berufungsgericht auf den vorliegenden Sachverhalt.
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2. a) Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents ist ein extracoronales , mit Friktion arbeitendes Geschiebe, mittels dessen eine Zahnprothese an einem Festzahn, der im Restgebiss des Patienten vorhanden ist, befestigt wird. Nach der Beschreibung des Klagepatents waren derartige Geschiebe an sich bekannt, wiesen aber verschiedene Nachteile auf. Bei mit Friktion arbeitenden extracoronalen Geschieben, wie sie in der Zeitschrift "d. ", … , beschrieben sind, musste ein aufwendig zu fertigender Umlauf angefertigt und angepasst werden (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 6-15). Bei aus der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 203 298 bekannten Geschieben war ein Auge vorgesehen, um die Matrize aufzunehmen, die mittels eines in das Auge einzuschraubenden Augenteils zu befestigen war (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 16-36). Bei aus der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 298 909 bekannten Geschieben weist die Matrize einen Kunststoffeinsatz auf, der nur einen Teil der Patrize umschließt, und wird die Friktion mittels einer Schraube eingestellt (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 37-48). Geschiebe nach der US-Patentschrift 4 362 509 weisen zwar ein in die Matrize eingebettetes Friktionsteil auf, sind aber intracoronale Geschiebe (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 49-52). Bei Geschieben, die nach der deutschen Offenlegungsschrift 35 40 049 hergestellt werden, wird zwar ein Platzhalter zwischen Patrize und Matrize vorgesehen, der der Erzeugung eines überdimensionierten Freiraums zwischen den genannten beiden Teilen dient; dieser wird aber nach der Anpassung des Geschiebes mit Kunststoff ausgegossen, was nach den Angaben der Beschreibung des Klagepatents umständlich ist und dazu führt, dass sich normalisierte Einsatz-Kunststoffteile im voraus nicht erstellen lassen (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeile 53 - Spalte 2, Zeile 3).
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b) Demgegenüber wird nach den Angaben der Beschreibung des Klagepatents mit dem Gegenstand nach Patentanspruch 1 ein extracoronales Geschiebe bereitgestellt, das einfacher herzustellen ist und nicht nur die individuelle Anfertigung eines Umlaufs erspart, sondern auch die nachträgliche Einpassung des Prothesenteils an die Patrize sowie die Verwendung einer Schraube erübrigt (Klagepatent Beschreibung Spalte 2, Zeilen 12-19).
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Dies wird dem Patentanspruch 1 des Klagepatents zufolge erreicht, indem das extracoronale Geschiebe nach der in den Vorinstanzen zugrunde gelegten Gliederung wie folgt ausgebildet wird:
a) an einem Festzahn ist eine Patrize anbringbar;
b) an einer auf die Patrize schiebbaren Matrize ist ein Prothesenteil angebracht ;
c) die Patrize besteht aus einem im Wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil und einem Retentionsteil, und die Matrize besitzt die Form eines gegen die Patrize seitlich offenen Gehäuses;
d) in die Matrize ist - ein seitlich offenes, hülsenförmiges Friktionsteil - aus mundbeständigem Kunststoff eingesetzt, - welches eine Friktionsverbindung mit dem Retentionsteil der Patrize bildet - und mit einem bei der Herstellung des Geschiebes verwendeten Dublierhilfsteil identisch ist;
e) die Matrize weist zur form- und kraftschlüssigen Verbindung mit der Patrize axiale Verbindungsleisten auf, die in entsprechende Stabilisierungsnuten am blockförmigen Befestigungsteil der Patrize passen und in diese eintreten;
f) weiterhin sind zueinander passende Anlageflächen am Befestigungsteil der Patrize und entsprechende Flächen an der Matrize vorgesehen ;
g) die axialen Verbindungsleisten und die Stabilisierungsnuten haben einen im Wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt, dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist.
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Patentanspruch 2 ist auf ein Geschiebe nach Patentanspruch 1 gerichtet, bei dem ein Satz von Friktionsteilen vorliegt, deren Außendurchmesser im wesentlichen gleich, deren Innendurchmesser aber jeweils kleiner sind, wodurch die Friktionskräfte zwischen Patrize und Matrize durch Einsetzen des gewünschten Friktionsteils wählbar sind. Nach Patenanspruch 3 stimmen der Außendurchmesser des Friktionsteils von Geschieben nach Patentanspruch 1 oder 2 mit dem Innendurchmesser der Matrize und der Innendurchmesser des Friktionsteils mit dem Außendurchmesser des Retentionsteils der Patrize mindestens annähernd überein.
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Geschiebe nach Patentanspruch 1 des Klagepatents können vom Zahntechniker für jeden Patienten, in dessen Restgebiss ein oder mehrere Zähne zu ersetzen sind, individuell hergestellt werden, indem zunächst eine Krone mit angeformter Patrize zur Überkronung eines im Restgebiss vorhandenen Zahnes gegossen wird. Zur Herstellung der Prothese wird auf die Patrize der Krone ein Dublierhilfsteil als Platzhalter gesetzt, um in der Prothese eine Matrize auszuformen , deren Form der um das Dublierhilfsteil vergrößerten Patrize entspricht. Dadurch entsteht zwischen der Patrize der fertigen Krone und der Matrize der fertigen Prothese ein Freiraum, der auf der Seite der Patrize deren Form und auf der Seite der Matrize der Form des auf die Patrize bei der Herstellung aufgesetzten Dublierhilfsteils entspricht. Die Teile des fertigen Geschiebes werden dem Patienten eingesetzt, indem die Krone mit der Patrize auf dem Zahn des Restgebisses befestigt wird. Sodann wird ein Friktionsteil in die Matrize der Prothese eingesetzt und die Matrize über die Patrize geschoben, wobei das in die Matrize eingesetzte Friktionsteil mittels der beim Aufschieben der Matrize auf die Patrize auftretenden Friktionskräfte "aktiviert" oder "gespannt" wird, so dass die Prothese fest mit dem überkronten Zahn des Restgebisses verbunden ist. Als Vorteile patentgemäßer Geschiebe hebt die Beschreibung des Klagepatents hervor, dass durch die Wahl der Größe verschiedener Hilfsteile die gewünschten Friktionskräfte beim Einschieben und Abziehen der Prothese bequem und ohne Zuhilfenahme mechanischer Teile oder Vorrichtungen eingestellt werden können (Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 36-43); sollten die Friktionskräfte nachlassen, kann das Friktionsteil in der Matrize schnell durch ein Teil mit etwas kleinerem, d.h. engeren Durchmesser, ersetzt werden (Klagepatent Beschreibung Spalte 5, Zeilen 26-31).

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c) Wie sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unmittelbaren Verletzung des Klagepatents ergibt, bietet die Beklagte Matrizen genannte Teile aus Kunststoff an, die nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Prospekt der Beklagten unterschiedliche Friktion aufweisen. Bereits aus dem Hinweis auf die Friktion der Matrizen ergibt sich, dass es sich bei diesen Matrizen genannten Kunststoffteilen technisch gesehen um Friktionsteile im Sinne von Merkmal d des Patentanspruchs 1 des Klagepatents handelt, die bei dem späteren Gebrauch im Munde des Patienten Verwendung finden sollen , um das fertige Geschiebe durch Friktion zu spannen (zu aktivieren), indem diese Kunststoffteile in die in einer Prothese ausgeformte Matrize eingesetzt werden, um in dem Raum zwischen Matrize und Patrize des Geschiebes Friktionskräfte freizusetzen, wenn die Prothese mittels einer in ihr ausgeformten und das Friktionsteil enthaltenden Matrize auf die an der Zahnkrone ausgeformte Patrize geschoben wird. Die von der Beklagten Matrize genannten Gegenstände haben daher technisch die Funktion der bei den Geschieben nach Patentanspruch 1 als Friktionsteil beschriebenen Kunststoffteile. Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
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d) Das Berufungsgericht hat die angegriffenen Kunststoffteile nur deshalb nicht als Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, in Betracht gezogen, weil es angenommen hat, das beanspruchte Friktionsteil müsse mit dem in Patentanspruch 1 genannten Dublierhilfsteil nicht nur der Form nach übereinstimmen, sondern darüber hinaus ein und dasselbe Teil (sachidentisch) sein. Mit dieser Begründung kann die objektive Eignung der angegriffenen "Matrizen", für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden (§ 10 Abs. 1 PatG), nicht verneint werden.
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Aus der Angabe in Merkmal d, dass das patentgemäße Friktionsteil mit einem bei der Herstellung des Geschiebes verwendeten Friktionsteil "identisch" ist, folgt zunächst, dass es ausreicht, wenn das fragliche Kunststoffteil so beschaffen ist, dass es einerseits bei der Herstellung des Geschiebes dazu verwendet werden kann, einen durch seine Form und Größe definierten Freiraum zwischen Patrize und Matrize des Geschiebes auszuformen, und andererseits dazu verwendet werden kann, nach seinem Einschieben in die Matrize den so geschaffenen Freiraum beim Zusammenfügen der Teile des Geschiebes im Mund des Patienten das Geschiebe unter Freisetzung von Friktionskräften so auszufüllen, dass das Geschiebe aktiviert wird. Entscheidend für den durch Patentanspruch 1 des Klagepatents geschützten Gegenstand ist mithin, dass mittels des Kunststoffteils ein Freiraum zwischen Patrize und Matrize ausgeformt ist, der so beschaffen ist, dass das Geschiebe bei seinem Zusammenfügen im Mund des Patienten mit Hilfe des Kunststoffteils aktiviert wird, ohne dass weitere Maßnahmen zur Einpassung des Geschiebes oder die Verwendung einer Schraube zu seiner Aktivierung erforderlich sind. Dies wird nach den Angaben der Beschreibung des Klagepatents grundsätzlich sichergestellt, wenn es sich bei dem Kunststoffteil, das bei der Herstellung des Geschiebes verwendet wird, und dem Kunststoffteil, das beim Einsetzen des Geschiebes in das Restgebiss des Patienten verwendet wird, körperlich um ein und dasselbe Kunststoffteil handelt, also Sachidentität zwischen Dublierhilfsteil und Friktionsteil besteht (Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 34-36; Spalte 4, Zeilen 41-47). In diesem Fall füllt das Kunststoffteil den gesamten Freiraum zwischen Patrize und Matrize des fertigen Geschiebes aus und entfaltet auf der Gesamtfläche des Freiraums die für die Aktivierung des Geschiebes erforderlichen Friktionskräfte. Dem Berufungsgericht ist daher insoweit beizutreten, als von Patentanspruch 1 des Klagepatents jedenfalls solche Ausführungsformen von Kunststoffteilen erfasst werden, bei denen zwischen dem bei der Herstellung des Geschiebes zur Ausformung des erforderlichen Freiraums zwischen Patrize und Matrize benutzten Kunststoffteil und dem im fertigen Geschiebe zur Erzeugung der erforderlichen Friktion in die Matrize einzuschiebenden Kunststoffteil Sachidentität besteht. Davon geht auch die Revision aus.
19
Für die Frage einer mittelbaren Patentverletzung folgt daraus, dass die von der Beklagten als Matrizen bezeichneten Kunststoffteile dann als zur Benutzung der Erfindung objektiv geeignete Mittel in Betracht kommen, wenn die Angebotsempfänger oder Belieferten mit diesen Kunststoffteilen bei der Herstellung eines Geschiebes einen durch das Kunststoffteil definierten Freiraum zwischen Patrize und Matrize ausformen können, der so beschaffen ist, dass das Geschiebe beim Zusammenfügen seiner Teile im Mund des Patienten unter Verwendung des Kunststoffteils aktiviert wird, ohne dass dafür weitere Maßnahmen zur Anpassung der Teile oder die Verwendung einer Schraube erforderlich sind. Die angegriffenen Kunststoffteile weisen daher die für eine mittelbare Patentverletzung erforderliche objektive Eignung, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, jedenfalls dann auf, wenn sie mehrfach verwendbar sind, nämlich nicht nur als Friktionsteile zur Aktivierung des fertigen Geschiebes bei dessen Einsetzen im Mund des Patienten, sondern auch als Platzhalter bei der Herstellung der in der Prothese auszuformenden Matrize. Hinsichtlich der Formgebung bestehen insoweit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem darüber hinaus von ihm unterstellten Sachverhalt keine Zweifel; die von der Beklagten gelieferten Sätze von Friktionsteilen schließen jedenfalls ein Teil ein, das die gleiche Form wie ein bei der Herstellung zu benutzendes Dublierhilfsteil aufweist. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann daher die objektive Eignung der angegriffenen Kunststoffteile, neben der Verwendung als Friktionsteile zugleich auch als Platzhalter bei der Ausformung der Matrize zu dienen und umgekehrt, nicht verneint werden. Feststellungen, dass den von der Beklagten angebotenen Matrizen im Hinblick auf ihre Materialeigenschaften diese Eignung zur Mehr- fachverwendung entgegen den Behauptungen der Klägerin fehlen würde, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
20
e) Eine mittelbare Patentverletzung kann auch mit der Erwägung des Berufungsgerichts nicht vereint werden, die von der Beklagten angebotenen Kunststoffteile seien mit Kunststoffteilen, die als Dublierhilfsteile Verwendung fänden, nicht sachidentisch, sondern nur formgleich und würden deshalb vom Schutzbereich des Patentanspruchs 1 nicht erfasst. Wie die Revision zu Recht geltend macht, beruht diese Erwägung auf einer fehlerhaften Beurteilung von Patentanspruch 1 des Klagepatents.
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Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die patentgemäße Lehre, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ihrem Wortsinn nach auf Geschiebe beschränkt ist, bei denen ein und dasselbe Teil sowohl als Dublierhilfsteil als auch als Friktionsteil Verwendung findet. Dagegen spricht, dass die Merkmale eines Sachanspruchs, wie ihn Patentanspruch 1 darstellt, die Funktion haben, die geschützte Sache als solche zu beschreiben, und der auf diese Weise räumlich-körperlich definierte Gegenstand unabhängig davon geschützt ist, auf welche Weise er hergestellt worden ist und zu welchem Zweck er verwendet wird (Sen.Urt. v. 07.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149, 151 - Schießbolzen). Das legt es nahe, die in Merkmal d enthaltene Anweisung an den Fachmann dahin zu verstehen, das Friktionsteil des erfindungsgemäßen extracoronalen Geschiebes so auszubilden, dass es nach Form und Material geeignet ist, bei der Herstellung des Geschiebes als Dublierhilfsteil verwendet zu werden, wie dies Patentanspruch 5 für das erfindungsgemäße Verfahren vorschreibt. Hingegen käme es nach dem so verstandenen Wortsinn des Patentanspruchs 1 nicht darauf an, ob von der Eignung des Friktionsteils, auch als Dublierhilfsmittel verwendet zu werden, oder des Dublierhilfsteils, auch als Frik- tionsteil eingesetzt zu werden, tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Jedoch kann das im Ergebnis offen bleiben.
22
Denn aus den Angaben der Beschreibung Spalte 3, Zeilen 4-15, Spalte 3, Zeilen 28-31, und Spalte 3, Zeilen 34-36, in Verbindung mit den Patentansprüchen 2 und 3 des Klagepatents ergibt sich jedenfalls, dass auch bei der engen Auslegung des Patentanspruchs 1, wie sie das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz nicht nur solche Ausführungsformen der Erfindung in den Schutzbereich des Klagepatents fallen, bei denen ein und dasselbe Kunststoffteil einerseits als Mittel zur Ausformung der Matrize verwendet wird und andererseits als Mittel zur Aktivierung des Geschiebes, bei denen also Sachidentität von Dublierhilfsund Friktionsteil vorliegt, sondern auch solche Ausführungsformen, bei denen ein Hilfsteil als Platzhalter bei der Ausformung der Matrize und ein anderes mit der Plastikpatrize auf Passung gearbeitetes und mit dem bei der Ausformung der Matrize verwendeten Kunststoffteil formgleiches Kunststoffteil mit abweichendem Innendurchmesser als Friktionsteil zur Anwendung kommt, sofern dieses für beide Zwecke verwendet werden kann.
23
Der Schutzbereich eines Patents erstreckt sich auch auf abweichende Ausführungsformen, die die erfindungsgemäße Wirkung erzielen und vom Fachmann als gleichwirkend aufgefunden werden können, sofern die hierzu erforderlichen Überlegungen derart am Patentanspruch orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführungsform als der wortsinngemäßen gleichwertig in Betracht zieht (BGHZ 150, 149, 154 - Schneidmesser I). Die Beschreibung des Klagepatents weist den Fachmann darauf hin, dass das Dublierhilfsteil zusammen mit der für die Herstellung der Patrize erforderlichen Plastikpatrize hergestellt, mit der Plastikpatrize auf Passung gearbeitet und in mehreren Hilfsteilen zur Verfügung gestellt wird, die sich nur in ihrer Wandstärke (Innenabmessung) unterscheiden, wobei als Dublierhilfsteil für die weiteren Arbeiten vorzugsweise das Dublierhilfsteil mit dem größten Innendurchmesser verwendet wird. In Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 36-43, wird dem Fachmann weiter erläutert, dass durch geeignete Wahl der Größe der verschiedenen Hilfsteile einerseits die Toleranzen beim Zusammenwirken von Patrize und Matrize gut ausgeglichen werden können und es andererseits ermöglicht wird, die gewünschten Kräfte beim Einschieben und Abziehen der Prothese bequem und ohne Zuhilfenahme mechanischer Teile oder Vorrichtungen einzustellen. Schließlich wird der Fachmann darauf hingewiesen, dass dann, wenn die Friktionskräfte nachlassen, das Friktionsteil in der Matrize schnell durch ein Teil mit etwas kleinerem, d.h. engerem Innendurchmesser ersetzt werden kann (Klagepatent Beschreibung Spalte 5, Zeilen 28-31). Durch diese Angaben erfährt der Fachmann, dass er bei Wahl eines Hilfsteils (Dublierhilfsteils, das mit dem Friktionsteil identisch ist) mit großem Innendurchmesser bei Ausformung der Matrize einen Freiraum zwischen Patrize und Matrize erhält, der eine Aktivierung des Geschiebes mittels ein- und desselben Hilfsteils, das nun als Friktionsteil verwendet wird, erlaubt (Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 34-36), dass er aber beim Auftreten von Fertigungstoleranzen oder von Verschleiß beim Gebrauch der Prothese durch Verwendung eines Hilfsteils gleicher Form, aber mit engerem Innendurchmesser eine stärkere Spreizung des Kunststoffteils und damit größere Friktionskräfte erzeugen kann, um die für eine feste Verbindung der Prothese am überkronten Zahn notwendigen Kräfte freizusetzen. Einem Kunststoffteil, das nach Form und Material sowohl als Dublierhilfsteil als auch als Friktionsteil eingesetzt werden kann, kommt notwendigerweise die Eignung zu, im Sinne des mit dem Berufungsgericht enger verstandenen Wortsinns des Patentanspruchs 1 in dieser Doppelfunktion verwendet zu werden. Auf die objektive Gleichwirkung mit dem Dublierhilfsteil lediglich formgleicher , nicht aber auch sachidentischer Friktionsteile zur Erzielung der patentgemäßen Vorteile wird der Fachmann durch das Klagepatent ebenso hingewiesen wie darauf, dass er formgleiche Hilfsteile als im Sinne der Lehre des Klagepatents gleichwirkende Mittel in Betracht zu ziehen hat.
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3. Das Berufungsurteil erweist sich auch mit der vom Berufungsgericht weiter gegebenen Begründung nicht als richtig.
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a) Wie sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unmittelbaren Patentverletzung ergibt, hat es die Klage auch deshalb für unbegründet gehalten, weil bei den angegriffenen Gegenständen nicht von Merkmal f des Patentanspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch gemacht werde. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, das Klagepatent schreibe eindeutig zwei voneinander abgrenzbare Flächen am Befestigungsteil (16) der Patrize und entsprechende Flächen an der Matrize vor, von denen ein Paar distal und ein Paar bucal weise. Dieses Merkmal sei bei den angegriffenen Gegenständen nicht wortsinngemäß verwirklicht. Es werde auch nicht in äquivalenter Weise benutzt. Zwar könnten die Angaben des gerichtlichen Sachverständigen dahin gewertet werden, dass die verschiedenen Richtungen der gekrümmten Flächen auch die Funktion haben könnten, Kräfte aus den verschiedenen Richtungen aufzunehmen, für die Annahme einer Äquivalenz sei dies jedoch nicht ausreichend , denn die genannte Wirkungsweise stelle ein allgemeines Wirkungsprinzip dar, das aus der Patentschrift als solcher - für sich gesehen - nicht zu entnehmen sei.
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Auch diese Ausführungen greift die Revision mit Erfolg an.
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b) Merkmal f in der Merkmalsgliederung des Gegenstands nach Patentanspruch 1 des Klagepatents, wie sie die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben, betrifft die nähere Ausgestaltung derjenigen Außenflächen der Patrize, die mit den Gegenflächen der in der Prothese ausgeformten Matrize zur Übertragung von Kräften von der Prothese auf den Zahn des Restgebisses zusammenwirken. Danach sind am Befestigungsteil der Patrize Anlageflächen vorzusehen, die zu entsprechenden Flächen der Matrize passen. Die Beschreibung des Klagepatents erläutert dies dahin, dass die in der Matrize ausgebildeten Anlageflächen beim Eingliedern des Geschiebes an die entsprechenden Stabilisierungsflächen der Patrize zur Anlage kommen (Klagepatent Beschreibung Spalte 4, Zeile 57 - Spalte 5, Zeile 1). Diese Ausgestaltung bietet nach den weiteren Angaben der Beschreibung den Vorteil, dass eine innige Verbindung an mehreren Flächen erreicht wird, so dass die Lateralkräfte auf das Geschiebe zuverlässig aufgenommen werden (Klagepatent Beschreibung Spalte 5, Zeilen 14-20).
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Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den in Figur 1 des Streitpatents, insbesondere in den Figuren 5-7, dargestellten Anlageflächen um ebene Flächen handelt, wie sie auch in der Beschreibung Spalte 4, Zeile 54 beschrieben sind, dass es sich hierbei aber um ein Ausführungsbeispiel handelt, aus dem nicht hergeleitet werden kann, dass der Gegenstand nach Patentanspruch 1 auf die Ausbildung der zusammenwirkenden Flächen als ebene Flächen beschränkt wäre, sondern auch gekrümmte Anlageflächen erfasst. Weder auf Patentanspruch 1 noch auf die Beschreibung des Klagepatents lässt sich jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts stützen, die Lehre des Klagepatents sei auf die Ausbildung von eindeutig unterscheidbaren , voneinander abgrenzbaren Anlageflächen auf der Seite des Befestigungsteils und auf der Seite der Matrize beschränkt. Nach Patentanspruch 1 des Klagepatents sind auf der Patrize und in der Matrize zueinander passende Anlageflächen vorzusehen; die Lehre des Patents schreibt weder eine bestimmte Form noch eine bestimmte Anzahl oder eine eindeutige Abgrenzbarkeit dieser Flächen vor. Sie sind vielmehr so ausbilden, dass sie zu einer Anlage der Matrize an der Patrize führen, die im weiteren Zusammenwirken mit der im Befestigungsteil ausgebildeten Stabilisierungsnut und den in sie eingreifenden Verbindungsleisten der Matrize Lateralkräfte auf das Geschiebe zuverlässig aufnehmen. Das verlangt nur miteinander korrespondierende Flächen; darüber hinaus ist deren Form und Zahl im Einzelnen durch den mit diesem Zusammenwirken verfolgten Zweck nicht festgelegt. Feststellungen, dass mit den von der Beklagten zur Herstellung der Patrize und der Matrize angebotenen und vertriebenen Plastikpatrizen Patrizen und Matrizen hergestellt werden, die entgegen den Behauptungen der Klägerin keine derartigen zueinander passende Anlageflächen aufweisen, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es ist vielmehr davon ausgegangen, dass die angegriffenen Gegenstände gekrümmte Anlageflächen aufweisen, die in verschiedene Richtungen weisen und die Funktion haben, Kräfte aus verschiedenen Richtungen aufzunehmen. Auf dieser Grundlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angegriffenen Gegenstände objektiv ungeeignet seien, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
29
4. Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, die umstrittenen Mittel seien - abweichend von der nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt bei den Anwendern vorauszusetzenden Kenntnis von der Eignung der Friktionsteile, entsprechend der Lehre des Patents verwendet zu werden - nicht zur Benutzung der Erfindung bestimmt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, solche sind auch nicht geltend gemacht. Die Abweisung des auf die Untersagung des Anbietens und Lieferns der umstrittenen Mittel gerichteten Unterlassungsbegehrens sowie der darauf bezogenen Rechnungslegungs- und Auskunftsbegehrens einschließlich der begehrten Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten kann daher keinen Bestand haben.
30
III. Dagegen ist die Klage aus Rechtsgründen zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte für die Zeit ab Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents angemessene Entschädigung und Vernichtung der in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden angegriffenen Gegenstände schulde. Insoweit ist die Revision zurückzuweisen.
31
1. Mit der Klage werden Ansprüche wegen mittelbarer Patentverletzung geltend gemacht. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der mittelbare Benutzer eines Patents für Benutzungshandlungen während des Offenlegungszeitraums nicht zur Zahlung einer Entschädigung nach § 33 PatG, Art. II § 1 IntPatÜG verpflichtet (BGHZ 159, 221, 229 f. - Drehzahlermittlung). Gleiches gilt für den auf die Durchsetzung dieses Anspruchs gerichteten Rechnungslegungs - und Auskunftsanspruch.
32
2. Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung (§ 10 Abs. 1 PatG) verbietet dem mittelbaren Benutzer des Patents das Anbieten und die Lieferung mittelbar patentverletzender Gegenstände im Geltungsbereich des Patentgesetzes , wenn diese zur Benutzung der Erfindung objektiv geeignet und bestimmt sind, nicht dagegen den Besitz und das Anbieten und Liefern mittelbar patentverletzender Gegenstände in Bereiche außerhalb des Geltungsbereichs des Patentgesetzes und zu anderen Zwecken als zur Benutzung der Erfindung. Deshalb kann der Patentinhaber nach § 140 a PatG nicht verlangen, dass im Eigentum oder Besitz des mittelbaren Verletzers stehende Gegenstände vernichtet werden (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 140 a PatG Rdn. 14; Mes, PatG u. GebrMG, 2. Aufl., § 140 b Rdn. 4; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 140 a Rdn. 10). Die Klage ist daher hinsichtlich des geltend gemachten Vernichtungsanspruchs zu Recht abgewiesen.
33
IV. Im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils ist dem Senat eine abschließende Sachentscheidung nicht möglich, da das Berufungsgericht weder festgestellt hat, ob die angegriffenen Kunststoffteile eine Formgebung aufweisen, die objektiv ein Zusammenwirken der Kunststoffteile mit der Patrize und der Matrize des Geschiebes im Sinne der Lehre nach den Patentansprüchen 1 bis 3 des Klagepatents ermöglichen, noch Feststellungen darüber getroffen hat, ob die angegriffenen Gegenstände eine Formgebung und Materialeigenschaften aufweisen, die ihre Mehrfachverwendung bei der Herstellung und Aktivierung des Geschiebes erlauben oder ausschließen. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit die erforderlichen Feststellungen, gegebenenfalls auf der Grundlage ergänzenden Sachvortrags der Parteien auch zu der Frage, ob die angegriffenen Mittel zur Benutzung der Erfindung bestimmt sind, getroffen werden können. Den Parteien wird Gelegenheit zu geben sein, sachgerechte Anträge zu stellen. Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass sich das Verbot mittelbarer Patentverletzungen auf das Anbieten und Liefern mittelbar patentverletzender Gegenstände im Inland beschränkt. Sofern es auf der Grundlage neuer Verhandlung und Entscheidung der Sache auf das von der Beklagten geltend gemachtes Vorbenutzungsrecht ankommen sollte, wird zu beachten sein, dass dem Vorbenutzer Weiterentwicklungen der Gegenstands der Vorbenutzung jedenfalls dann verwehrt sind, wenn sie in den Gegenstand der geschützten Erfindung eingreifen (Sen.Urt. v. 13.11.2001 - X ZR 32/99, GRUR 2002, 231, 233 f. - Biegevorrichtung; vgl. auch Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., S. 854; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 12 Rdn. 43 m.w.N.).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.03.2001 - 21 O 967/00 -
OLG München, Entscheidung vom 13.05.2004 - 6 U 3071/01 -

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.

(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.

(1) Anträge nach den §§ 710, 711 Satz 3, § 712 sind vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht.

(2) Die tatsächlichen Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

Tenor

1. Der Antrag der Klägerin auf Urteilsergänzung vom 04.04.2003 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kammer hat durch Urteil vom 14.03.2003 (AS 335 ff.) der Patentverletzungsklage der Klägerin, die auf zwei Patente und zwei Gebrauchsmuster gestützt ist, hinsichtlich der jeweiligen Hauptansprüche der Klageschutzrechte in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Über die von der Klägerin in zahlreichen "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche der Klageschutzrechte hat die Kammer nicht entschieden. Bei einem Teil der Unteransprüche war zwischen den Parteien in tatsächlicher Hinsicht streitig, ob die angegriffene Ausführungsform von ihnen Gebrauch machte.
Die Klägerin ist der Auffassung, damit seien von ihr geltend gemachte Ansprüche übergangen worden. Die Unteransprüche der Klageschutzrechte seien bestehende, geltende Ansprüche. Die Klägerin habe auch ein berechtigtes Interesse daran, dass über diese Ansprüche entschieden werde (vgl. Schramm, Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.). Ein solches Urteil gehe in seinen Wirkungen über ein Urteil hinaus, das nur auf die Verwirklichung des Hauptanspruchs gestützt sei. Wenn in einem späteren Verfahren das jeweilige Schutzrecht nur im Umfang eines Unteranspruchs anstelle des bisherigen Hauptanspruchs aufrecht erhalten werde, sei kein neuer Prozess nötig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil vom 14.03.2003 durch nachträgliche Entscheidung über die Verwirklichung der geltend gemachten Unteransprüche der vier Klageschutzrechte nach Maßgabe der auf Seite 13 bis 21 des Urteils wiedergegebenen "insbesondere wenn"-Zusätze zu den Klageanträgen zu ergänzen, mit Ausnahme der auf folgende Unteransprüche gestützten Zusätze:
- Klagepatent 1 (DE 43 40 756): Ansprüche 6, 12, 15, 19, 22, 23
- Klagegebrauchsmuster 1 (GM 93 21 155): Ansprüche 6, 12, 15, 19, 21, 22
- Klagepatent 2 (DE 43 45 446) und Klagegebrauchsmuster 2 (GM 93 21 459): jeweils Ansprüche 12, 18, 21, 25, 28, 29.
Die Beklagten beantragen
den Ergänzungsantrag zurückzuweisen.
10 
Bei den "insbesondere"-Anträgen handele es sich um Hilfsanträge. Über einen Hilfsantrag könne nur entschieden werden, wenn der Hauptantrag erfolglos bleibe. Ein Anspruch auf "Vorrats-Entscheidungen" bestehe nicht. Die Entscheidung über die "insbesondere "-Anträge sei auch, wie der vorliegende Fall zeige, nicht prozessökonomisch.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2003 (AS 426) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Der zulässige Ergänzungsantrag ist unbegründet. Das Urteil von 14.03.2003 übergeht weder in seiner ursprünglichen noch in seiner berichtigten Fassung Ansprüche der Klägerin.
13 
Die Klägerin, die im Umfang der jeweiligen Hauptansprüche aller vier Klageschutzrechte im Verletzungsprozess obsiegt hat, hat keinen Anspruch auf Entscheidung über die mit "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche. Ebenso wie im Wettbewerbsrecht dienen auch im Patentrecht die "insbesondere"-Anträge ausschließlich der näheren Umschreibung und damit der Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes. Sie werden nicht Streitgegenstand. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von "insbesondere"-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung. Dementsprechend kann ein Urteil, das auf die "insbesondere"-Anträge nicht eingeht, nicht unvollständig sein, weil es nicht hinter dem materiellen Klagebegehren zurückbleibt (vgl. Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277 m.w.N.).
14 
Der Begründung von Schramm (Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.; vgl. auch Keukenschrijver in: Busse, PatG, 5. Aufl., § 143 Rn. 162) für die Notwendigkeit der "insbesondere"-Anträge im Patentverletzungsprozess vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Diese Begründung verkennt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Klageanträge der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Maßgeblich ist also der Schutzumfang des Schutzrechts zu diesem Zeitpunkt. Dabei wird der weitestmögliche Schutzumfang durch den Hauptanspruch definiert; die Kombination mit Unteransprüchen führt stets zu einer engeren Umschreibung des Schutzumfangs. Dass das Schutzrecht möglicherweise zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt auf eine solche Kombination von Haupt- und Unteransprüchen beschränkt werden könnte, kann bei der Entscheidung des Verletzungsprozesses keine Rolle spielen. Die Kammer hat darüber hinaus Zweifel, ob die Annahme zutrifft, eine Verurteilung aus dem (uneingeschränkten) Hauptanspruch unter Hinzunahme der "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche würde im Fall einer späteren Beschränkung des Hauptanspruchs einen neuen Prozess vermeiden und eine "ökonomische" Vollstreckung aus dem "alten" Urteil erlauben: Der von Schramm erwogene Verzicht des Gläubigers im Vollstreckungsverfahren auf den Titel, soweit er sich auf den unbeschränkten Hauptanspruch bezieht, ändert nichts daran, dass der nunmehr "materiell berechtigte" Titel formell nicht besteht, während der formell bestehende Titel materiell zu weit geht.
15 
Im übrigen würde die von der Klägerin befürwortete Ansicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, zu unvertretbaren Verstößen gegen das Gebot der Prozessökonomie führen. Sie hätte zur Folge, dass bei Streit über die tatsächliche Verwirklichung von Unteransprüchen hierüber Beweis erhoben werden müsste, obwohl dem Kläger durch Verurteilung des Beklagten aus dem Hauptanspruch das materielle Klagebegehren schon uneingeschränkt zugesprochen werden könnte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es der Kläger in der Hand hat, ob er Unteransprüche geltend macht oder nicht, denn auch der Beklagte kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Frage, ob er das Patent verletzt oder nicht, bei Entscheidungsreife hinsichtlich des Hauptanspruchs geklärt wird.
16 
Soweit sich die Klägerin auf die bisherige Behandlung von "insbesondere"-Anträgen in der Rechtsprechung der Kammer beruft, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit die mit "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche nur dann in den Urteilstenor aufgenommen, wenn deren Verwirklichung unproblematisch war. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit nie über streitige Merkmale von Unteransprüchen Beweis erhoben. Sie ist ferner stets - wenn auch ohne Erörterung der Frage - davon ausgegangen, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte, unstreitige Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit "insbesondere" in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht, weil dies auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat.
17 
Somit liegen die Voraussetzungen des § 321 ZPO nicht vor. Die Kostenentscheidung (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 321 Rn. 10) folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
12 
Der zulässige Ergänzungsantrag ist unbegründet. Das Urteil von 14.03.2003 übergeht weder in seiner ursprünglichen noch in seiner berichtigten Fassung Ansprüche der Klägerin.
13 
Die Klägerin, die im Umfang der jeweiligen Hauptansprüche aller vier Klageschutzrechte im Verletzungsprozess obsiegt hat, hat keinen Anspruch auf Entscheidung über die mit "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche. Ebenso wie im Wettbewerbsrecht dienen auch im Patentrecht die "insbesondere"-Anträge ausschließlich der näheren Umschreibung und damit der Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes. Sie werden nicht Streitgegenstand. So ist anerkannt, dass auf eine angeblich fehlerhafte Beurteilung von "insbesondere"-Anträgen keine der Parteien eine Berufung stützen kann; eine Verneinung der Verletzung von "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüchen rechtfertigt für sich genommen auch keine Teilklageabweisung. Dementsprechend kann ein Urteil, das auf die "insbesondere"-Anträge nicht eingeht, nicht unvollständig sein, weil es nicht hinter dem materiellen Klagebegehren zurückbleibt (vgl. Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277 m.w.N.).
14 
Der Begründung von Schramm (Der Patentverletzungsprozess, 4. Aufl., S. 254 f.; vgl. auch Keukenschrijver in: Busse, PatG, 5. Aufl., § 143 Rn. 162) für die Notwendigkeit der "insbesondere"-Anträge im Patentverletzungsprozess vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Diese Begründung verkennt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Klageanträge der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Maßgeblich ist also der Schutzumfang des Schutzrechts zu diesem Zeitpunkt. Dabei wird der weitestmögliche Schutzumfang durch den Hauptanspruch definiert; die Kombination mit Unteransprüchen führt stets zu einer engeren Umschreibung des Schutzumfangs. Dass das Schutzrecht möglicherweise zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt auf eine solche Kombination von Haupt- und Unteransprüchen beschränkt werden könnte, kann bei der Entscheidung des Verletzungsprozesses keine Rolle spielen. Die Kammer hat darüber hinaus Zweifel, ob die Annahme zutrifft, eine Verurteilung aus dem (uneingeschränkten) Hauptanspruch unter Hinzunahme der "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche würde im Fall einer späteren Beschränkung des Hauptanspruchs einen neuen Prozess vermeiden und eine "ökonomische" Vollstreckung aus dem "alten" Urteil erlauben: Der von Schramm erwogene Verzicht des Gläubigers im Vollstreckungsverfahren auf den Titel, soweit er sich auf den unbeschränkten Hauptanspruch bezieht, ändert nichts daran, dass der nunmehr "materiell berechtigte" Titel formell nicht besteht, während der formell bestehende Titel materiell zu weit geht.
15 
Im übrigen würde die von der Klägerin befürwortete Ansicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, zu unvertretbaren Verstößen gegen das Gebot der Prozessökonomie führen. Sie hätte zur Folge, dass bei Streit über die tatsächliche Verwirklichung von Unteransprüchen hierüber Beweis erhoben werden müsste, obwohl dem Kläger durch Verurteilung des Beklagten aus dem Hauptanspruch das materielle Klagebegehren schon uneingeschränkt zugesprochen werden könnte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es der Kläger in der Hand hat, ob er Unteransprüche geltend macht oder nicht, denn auch der Beklagte kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Frage, ob er das Patent verletzt oder nicht, bei Entscheidungsreife hinsichtlich des Hauptanspruchs geklärt wird.
16 
Soweit sich die Klägerin auf die bisherige Behandlung von "insbesondere"-Anträgen in der Rechtsprechung der Kammer beruft, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit die mit "insbesondere" geltend gemachten Unteransprüche nur dann in den Urteilstenor aufgenommen, wenn deren Verwirklichung unproblematisch war. Die Kammer hat auch in der Vergangenheit nie über streitige Merkmale von Unteransprüchen Beweis erhoben. Sie ist ferner stets - wenn auch ohne Erörterung der Frage - davon ausgegangen, dass es in ihrem Ermessen liegt, ob sie geltend gemachte, unstreitige Merkmale von Unteransprüchen zur Konkretisierung des Verletzungsgegenstandes mit "insbesondere" in die Urteilsformel aufnimmt oder nicht, weil dies auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat.
17 
Somit liegen die Voraussetzungen des § 321 ZPO nicht vor. Die Kostenentscheidung (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 321 Rn. 10) folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf

1.
Handlungen, die im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden;
2.
Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen;
2a.
die Nutzung biologischen Materials zum Zweck der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzensorte;
2b.
Studien und Versuche und die sich daraus ergebenden praktischen Anforderungen, die für die Erlangung einer arzneimittelrechtlichen Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Europäischen Union oder einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Drittstaaten erforderlich sind;
3.
die unmittelbare Einzelzubereitung von Arzneimitteln in Apotheken auf Grund ärztlicher Verordnung sowie auf Handlungen, welche die auf diese Weise zubereiteten Arzneimittel betreffen;
4.
den an Bord von Schiffen eines anderen Mitgliedstaates der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums stattfindenden Gebrauch des Gegenstands der patentierten Erfindung im Schiffskörper, in den Maschinen, im Takelwerk, an den Geräten und sonstigem Zubehör, wenn die Schiffe vorübergehend oder zufällig in die Gewässer gelangen, auf die sich der Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, vorausgesetzt, daß dieser Gegenstand dort ausschließlich für die Bedürfnisse des Schiffes verwendet wird;
5.
den Gebrauch des Gegenstands der patentierten Erfindung in der Bauausführung oder für den Betrieb der Luft- oder Landfahrzeuge eines anderen Mitgliedstaates der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums oder des Zubehörs solcher Fahrzeuge, wenn diese vorübergehend oder zufällig in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gelangen;
6.
die in Artikel 27 des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (BGBl. 1956 II S. 411) vorgesehenen Handlungen, wenn diese Handlungen ein Luftfahrzeug eines anderen Staates betreffen, auf den dieser Artikel anzuwenden ist.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 79/04 Verkündet am:
22. November 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
extracoronalesGeschiebe
Der Patentinhaber kann nicht verlangen, dass im Besitz oder Eigentum des mittelbaren
Verletzers des Klagepatents stehende Gegenstände vernichtet werden.
BGH, Urt. v. 22. November 2005 - X ZR 79/04 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das am 13. Mai 2004 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München wird zurückgewiesen , soweit die Klage auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung angemessener Entschädigung für die Zeit vom 8. Juli 1995 bis 20. September 1997 und auf Vernichtung in ihrem Besitz befindlicher Erzeugnisse abgewiesen ist.
Im Übrigen und soweit nicht die Klageanträge wegen des Besitzes der im Klageantrag zu I 1.2 genannten Gegenstände abgewiesen sind, wird das angefochtene Urteil aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Klägerin ist Inhaberin des am 10. Juni 1993 angemeldeten europäischen Patents 0 659 063 (Klagepatent), das ein extracoronales Geschiebe und Verfahren zu seiner Herstellung betrifft. Die Anmeldung wurde am 28. Juni 1995 veröffentlicht und die Erteilung des Patents am 20. August 1997 bekannt gemacht. Die Patentansprüche 1 und 2 des Klagepatents lauten wie folgt: "1. Extracoronales Geschiebe mit einer an einem Festzahn (12) anbringbaren Patrize (10) und einer auf die Patrize schiebbaren Matrize (40), an der ein Prothesenteil (52) angebracht ist, wobei die Patrize (10) aus einem im wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil (16) und einem Retentionsteil (14) besteht und die Matrize (40) die Form eines gegen die Patrize seitlich offenen Gehäuses besitzt und in die Matrize (40) ein seitlich offenes, hülsenförmiges Friktionsteil (30) aus mundbeständigem Kunststoff eingesetzt ist, welches eine Friktionsverbindung mit dem Retentionsteil (14) der Patrize (10) bildet und mit einem bei der Herstellung des Geschiebes verwendeten Dubliermittel identisch ist, dadurch gekennzeichnet , dass die Matrize (40) zur form- und kraftschlüssigen Verbindung mit der Patrize (10) axiale Verbindungsleisten (44), die in entsprechende Stabilisierungsnuten (20) am blockförmigen Befestigungsteil (16) der Patrize (10) passen und in diese eintreten, sowie zueinander passende Anlagenflächen (22, 23) am Befestigungsteil (16) der Patrize und entsprechende Flächen (46, 48) an der Matrize aufweisen, wobei die axialen Verbindungsleisten (44) und die Stabilisierungsnuten (20) einen im wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt haben, dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist." "2. Geschiebe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Satz von Friktionsteilen vorliegt, deren Außendurchmesser im wesentlichen gleich, deren Innendurchmesser aber jeweils kleiner sind, wodurch die Friktionskräfte zwischen Patrize und Matrize durch Einsetzen des gewünschten Friktionsteils wählbar ist." Im Übrigen wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
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Die Beklagte stellt unter der Bezeichnung "V… Teile her, die aus den Anlagen K 10, K 10a, K 13 und K 15 zu ersehen sind. Die Klägerin hat hierin zunächst eine unmittelbare und später eine mittelbare Verletzung des Klagepatents gesehen. Sie hat geltend gemacht, es handle sich bei diesen Gegenständen um solche, die zur Herstellung eines patentgemäßen extracoronalen Geschiebes bestimmt seien, und die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Vernichtung der angegriffenen Gegenstände sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung angemessener Entschädigung für die Zeit vom 28. Juli 1995 bis 30. September 1997 und Schadensersatz für die Zeit ab 20. September 1997 in Anspruch genommen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin zuletzt beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, "für die Herstellung eines wie folgt gestalteten extracoronalen Geschiebes 1.1. mit einer an einem Festzahn anbringbaren Patrize und einer auf die Patrize schiebbaren Matrize, an der ein Prothesenteil angebracht ist, wobei die Patrize aus einem im wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil und einem Retentionsteil besteht und die Matrize die Form eines gegen die Patrize seitlich offenen Gehäuses besitzt, und in die Matrize ein seitlich offenes hülsenförmiges Friktionsteil eingesetzt ist, das aus mundbeständigem Kunststoff mit entsprechenden, der Patrizenform angepaßten Innenform- und -abmessungen, besteht, wobei die Außenabmessungen im wesentlichen gleich sind, die Innenabmessungen der an den Retentionsteil der Patrize anschließenden Flächen des Friktionsteils je nach gewünschter Haltekraft geringfügig differieren. Das Friktionsteil bildet eine Friktionsverbindung mit dem Retentionsteil der Patrize. Die Matrize hat zur form- und kraftschlüssigen Verbindung mit der Patrize axiale Verbindungsleisten, die in entsprechende Stabilisierungsnuten am blockförmigen Befestigungsteil der Patrize passen und in diese eintreten sowie zueinander passende Anlageflächen am Befestigungsteil der Patrize, wobei die axialen Verbindungsleisten und die Stabilisierungsnuten einen im wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt haben, dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist, 1.2. folgende Teile in ihrer Gesamtheit gewerbsmäßig feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, 1.2.1. eine (vorzugsweise aus Kunststoff bestehende) Form zur Herstellung der vorstehend beschriebenen Patrize, wobei die Form mit der herzustellenden Patrize identisch ist und aus einem im wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil und einem stegförmigen Retentionsteil besteht und am blockförmigen Befestigungsteil Stabilisierungsnuten aufweist, die einen im wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt haben , dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist; 1.2.2. ein seitlich offenes hülsenförmiges Friktionsteil (von der Beklagten in den Prospekten "Matrize" genannt) aus mundbeständigem Kunststoff mit entsprechenden, der Patrizenform angepaßten Innenformen und -abmessungen, wobei die Außenabmessungen im wesentlichen gleich sind, die Innenabmessungen der an den Retentionsteil der Patrize anschließenden Flächen des Friktionsteils je nach gewünschter Haltekraft geringfügig differieren, 1.2.3. ein Dublierhilfsteil (von der Beklagten in den Prospekten "Dubliermatrize" genannt), das mit dem unter Ziffer 1.2.2. beschriebene Friktionsteil hinsichtlich seiner der Matrize und der Patrize zugeordneten Form identisch ist; 2. der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1.1. und 1.2. bezeichneten Handlungen seit dem 28.07.1995 begangen hat und zwar - aufgeschlüsselt nach Typen - unter Angabe
a) der hergestellten Mengen,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie die Namen und die Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verarbeitungszeitraum und Verarbeitungsgebiet ,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlossenen Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei, die Angaben zu e nur für die Zeit seit dem 20.09.1997 zu machen sind, 3. der Klägerin Auskunft zu erteilen, von wem sie die in 1.2.1., 1.2.2., 1.2.3. bezeichneten Teile bezogen hat, 4. die im Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß 1.2.1., 1.2.2. und 1.2.3. zu vernichten.
Weiter hat die Klägerin mit dem Antrag II die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1. der Klägerin für die vorstehend unter Ziff. I 1.1. und 1.2. bezeichneten in der Zeit vom 28. Juli 1995 bis zum 20. September 1997 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in I 1. bezeichneten , seit dem 21. September 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
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Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin eine Entscheidung nach den zuletzt in der Berufungsinstanz gestellten Klageanträgen jedoch ohne die Benutzungshandlung "und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen", hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung. Die Beklagte ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, soweit die Klage im Unterlassungsbegehren - ausgenommen die Benutzungshandlung des Besitzens -, den hierauf bezogenen Ansprüchen auf Rechnungslegung und Auskunft sowie dem hierauf bezogenen Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz (Klageanträge I 1., 2. und 3.; Klageantrag II, 2) abgewiesen worden ist. Hinsichtlich des Besitzens der im Unterlassungsantrag genannten Gegenstände greift die Revision das Berufungsurteil nicht an, so dass dieses insoweit nicht zur Überprüfung durch den Senat steht. Soweit die Klage auf Vernichtung im Eigentum oder Besitz der Beklagten befindlicher angegriffener Gegenstände (Klageantrag I 4.) gerichtet ist und die Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte zur Zahlung angemessener Entschädigung verpflichtet sei (Klageantrag II 1.), ist die Revision unbegründet, weil die Klage insoweit zu Recht abgewiesen ist.
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I. Das Berufungsgericht hat in erster Linie eine unmittelbare Patentverletzung geprüft und, weil eine solche nicht vorliege, die Klage abgewiesen. Mit dieser Begründung kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
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Die Klägerin begehrt mit dem Unterlassungsantrag, der Beklagten das Anbieten (im Unterlassungsantrag als "Feilhalten" bezeichnet) und das Liefern (im Unterlassungsantrag als "Inverkehrbringen" bezeichnet) einer Patrize, eines Friktionsteils und eines Dublierhilfsteils zur Herstellung eines extracoronalen Geschiebes zu untersagen, nicht dagegen das Anbieten und Inverkehrbringen eines (fertigen) extracoronalen Geschiebes mit sämtlichen Merkmalen eines Geschiebes nach Patentanspruch 1 des Klagepatents. Nach seinem Rechtsschutzziel ist das Unterlassungsbegehren auf das Untersagen einer mittelbaren Patentverletzung (§ 10 PatG) durch Anbieten oder Liefern von Hilfsmitteln zur Herstellung einer patentgemäßen Patrize, von in den Prospekten der Beklagten als Matrize bezeichneten Friktionsteilen und von in den Prospekten der Beklagten als Dubliermatrize bezeichneten Dublierhilfsteilen gerichtet, wie sie in Patentanspruch 1 des Klagepatents genannt sind und nach dem Klagevorbringen geeignet sein sollen, bei Verwendung mit weiteren in Patentanspruch 1 genannten Mitteln das beanspruchte extracoronale Geschiebe zu bilden. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung, die Beklagte habe das Klagepatent nicht unmittelbar verletzt, trägt daher die Klageabweisung nicht.
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II. Soweit sich das Berufungsgericht mit der Frage einer mittelbaren Patentverletzung befasst hat, hat es in dem Anbieten und Liefern der angegriffenen Gegenstände eine solche nicht gesehen, weil nach seinen Ausführungen zur unmittelbaren Patentverletzung von den Merkmalen d und f der in den Vorinstanzen zugrunde gelegten Merkmalsgliederung (nachfolgend unter II 2. b) weder wortsinngemäß noch äquivalent Gebrauch gemacht werde und es für die Feststellung einer mittelbaren Patentverletzung notwendig sei, dass die ange- griffenen Gegenstände - unterstellt, die übrigen Merkmale seien verwirklicht - für sich gesehen Mittel darstellten, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezögen. Hierfür fehlten jegliche Anhaltspunkte.
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Das greift die Revision mit Erfolg an.
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1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung voraussetzt, dass der Anbieter oder Lieferant ein Mittel anbietet oder liefert, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Nach der Rechtsprechung des Senats bezieht sich ein Mittel auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGHZ 159, 76, 86 - Flügelradzähler; Sen.Urt. v. 07.06.2005 - X ZR 247/02, GRUR 2005, 848 - Antriebsscheibenaufzug). Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Anwendung dieses Grundsatzes durch das Berufungsgericht auf den vorliegenden Sachverhalt.
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2. a) Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents ist ein extracoronales , mit Friktion arbeitendes Geschiebe, mittels dessen eine Zahnprothese an einem Festzahn, der im Restgebiss des Patienten vorhanden ist, befestigt wird. Nach der Beschreibung des Klagepatents waren derartige Geschiebe an sich bekannt, wiesen aber verschiedene Nachteile auf. Bei mit Friktion arbeitenden extracoronalen Geschieben, wie sie in der Zeitschrift "d. ", … , beschrieben sind, musste ein aufwendig zu fertigender Umlauf angefertigt und angepasst werden (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 6-15). Bei aus der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 203 298 bekannten Geschieben war ein Auge vorgesehen, um die Matrize aufzunehmen, die mittels eines in das Auge einzuschraubenden Augenteils zu befestigen war (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 16-36). Bei aus der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 298 909 bekannten Geschieben weist die Matrize einen Kunststoffeinsatz auf, der nur einen Teil der Patrize umschließt, und wird die Friktion mittels einer Schraube eingestellt (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 37-48). Geschiebe nach der US-Patentschrift 4 362 509 weisen zwar ein in die Matrize eingebettetes Friktionsteil auf, sind aber intracoronale Geschiebe (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeilen 49-52). Bei Geschieben, die nach der deutschen Offenlegungsschrift 35 40 049 hergestellt werden, wird zwar ein Platzhalter zwischen Patrize und Matrize vorgesehen, der der Erzeugung eines überdimensionierten Freiraums zwischen den genannten beiden Teilen dient; dieser wird aber nach der Anpassung des Geschiebes mit Kunststoff ausgegossen, was nach den Angaben der Beschreibung des Klagepatents umständlich ist und dazu führt, dass sich normalisierte Einsatz-Kunststoffteile im voraus nicht erstellen lassen (Klagepatent Beschreibung Spalte 1, Zeile 53 - Spalte 2, Zeile 3).
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b) Demgegenüber wird nach den Angaben der Beschreibung des Klagepatents mit dem Gegenstand nach Patentanspruch 1 ein extracoronales Geschiebe bereitgestellt, das einfacher herzustellen ist und nicht nur die individuelle Anfertigung eines Umlaufs erspart, sondern auch die nachträgliche Einpassung des Prothesenteils an die Patrize sowie die Verwendung einer Schraube erübrigt (Klagepatent Beschreibung Spalte 2, Zeilen 12-19).
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Dies wird dem Patentanspruch 1 des Klagepatents zufolge erreicht, indem das extracoronale Geschiebe nach der in den Vorinstanzen zugrunde gelegten Gliederung wie folgt ausgebildet wird:
a) an einem Festzahn ist eine Patrize anbringbar;
b) an einer auf die Patrize schiebbaren Matrize ist ein Prothesenteil angebracht ;
c) die Patrize besteht aus einem im Wesentlichen blockförmigen Befestigungsteil und einem Retentionsteil, und die Matrize besitzt die Form eines gegen die Patrize seitlich offenen Gehäuses;
d) in die Matrize ist - ein seitlich offenes, hülsenförmiges Friktionsteil - aus mundbeständigem Kunststoff eingesetzt, - welches eine Friktionsverbindung mit dem Retentionsteil der Patrize bildet - und mit einem bei der Herstellung des Geschiebes verwendeten Dublierhilfsteil identisch ist;
e) die Matrize weist zur form- und kraftschlüssigen Verbindung mit der Patrize axiale Verbindungsleisten auf, die in entsprechende Stabilisierungsnuten am blockförmigen Befestigungsteil der Patrize passen und in diese eintreten;
f) weiterhin sind zueinander passende Anlageflächen am Befestigungsteil der Patrize und entsprechende Flächen an der Matrize vorgesehen ;
g) die axialen Verbindungsleisten und die Stabilisierungsnuten haben einen im Wesentlichen kreissegmentförmigen Querschnitt, dessen Bogenlänge kleiner als der halbe Kreisumfang ist.
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Patentanspruch 2 ist auf ein Geschiebe nach Patentanspruch 1 gerichtet, bei dem ein Satz von Friktionsteilen vorliegt, deren Außendurchmesser im wesentlichen gleich, deren Innendurchmesser aber jeweils kleiner sind, wodurch die Friktionskräfte zwischen Patrize und Matrize durch Einsetzen des gewünschten Friktionsteils wählbar sind. Nach Patenanspruch 3 stimmen der Außendurchmesser des Friktionsteils von Geschieben nach Patentanspruch 1 oder 2 mit dem Innendurchmesser der Matrize und der Innendurchmesser des Friktionsteils mit dem Außendurchmesser des Retentionsteils der Patrize mindestens annähernd überein.
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Geschiebe nach Patentanspruch 1 des Klagepatents können vom Zahntechniker für jeden Patienten, in dessen Restgebiss ein oder mehrere Zähne zu ersetzen sind, individuell hergestellt werden, indem zunächst eine Krone mit angeformter Patrize zur Überkronung eines im Restgebiss vorhandenen Zahnes gegossen wird. Zur Herstellung der Prothese wird auf die Patrize der Krone ein Dublierhilfsteil als Platzhalter gesetzt, um in der Prothese eine Matrize auszuformen , deren Form der um das Dublierhilfsteil vergrößerten Patrize entspricht. Dadurch entsteht zwischen der Patrize der fertigen Krone und der Matrize der fertigen Prothese ein Freiraum, der auf der Seite der Patrize deren Form und auf der Seite der Matrize der Form des auf die Patrize bei der Herstellung aufgesetzten Dublierhilfsteils entspricht. Die Teile des fertigen Geschiebes werden dem Patienten eingesetzt, indem die Krone mit der Patrize auf dem Zahn des Restgebisses befestigt wird. Sodann wird ein Friktionsteil in die Matrize der Prothese eingesetzt und die Matrize über die Patrize geschoben, wobei das in die Matrize eingesetzte Friktionsteil mittels der beim Aufschieben der Matrize auf die Patrize auftretenden Friktionskräfte "aktiviert" oder "gespannt" wird, so dass die Prothese fest mit dem überkronten Zahn des Restgebisses verbunden ist. Als Vorteile patentgemäßer Geschiebe hebt die Beschreibung des Klagepatents hervor, dass durch die Wahl der Größe verschiedener Hilfsteile die gewünschten Friktionskräfte beim Einschieben und Abziehen der Prothese bequem und ohne Zuhilfenahme mechanischer Teile oder Vorrichtungen eingestellt werden können (Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 36-43); sollten die Friktionskräfte nachlassen, kann das Friktionsteil in der Matrize schnell durch ein Teil mit etwas kleinerem, d.h. engeren Durchmesser, ersetzt werden (Klagepatent Beschreibung Spalte 5, Zeilen 26-31).

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c) Wie sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unmittelbaren Verletzung des Klagepatents ergibt, bietet die Beklagte Matrizen genannte Teile aus Kunststoff an, die nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Prospekt der Beklagten unterschiedliche Friktion aufweisen. Bereits aus dem Hinweis auf die Friktion der Matrizen ergibt sich, dass es sich bei diesen Matrizen genannten Kunststoffteilen technisch gesehen um Friktionsteile im Sinne von Merkmal d des Patentanspruchs 1 des Klagepatents handelt, die bei dem späteren Gebrauch im Munde des Patienten Verwendung finden sollen , um das fertige Geschiebe durch Friktion zu spannen (zu aktivieren), indem diese Kunststoffteile in die in einer Prothese ausgeformte Matrize eingesetzt werden, um in dem Raum zwischen Matrize und Patrize des Geschiebes Friktionskräfte freizusetzen, wenn die Prothese mittels einer in ihr ausgeformten und das Friktionsteil enthaltenden Matrize auf die an der Zahnkrone ausgeformte Patrize geschoben wird. Die von der Beklagten Matrize genannten Gegenstände haben daher technisch die Funktion der bei den Geschieben nach Patentanspruch 1 als Friktionsteil beschriebenen Kunststoffteile. Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
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d) Das Berufungsgericht hat die angegriffenen Kunststoffteile nur deshalb nicht als Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, in Betracht gezogen, weil es angenommen hat, das beanspruchte Friktionsteil müsse mit dem in Patentanspruch 1 genannten Dublierhilfsteil nicht nur der Form nach übereinstimmen, sondern darüber hinaus ein und dasselbe Teil (sachidentisch) sein. Mit dieser Begründung kann die objektive Eignung der angegriffenen "Matrizen", für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden (§ 10 Abs. 1 PatG), nicht verneint werden.
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Aus der Angabe in Merkmal d, dass das patentgemäße Friktionsteil mit einem bei der Herstellung des Geschiebes verwendeten Friktionsteil "identisch" ist, folgt zunächst, dass es ausreicht, wenn das fragliche Kunststoffteil so beschaffen ist, dass es einerseits bei der Herstellung des Geschiebes dazu verwendet werden kann, einen durch seine Form und Größe definierten Freiraum zwischen Patrize und Matrize des Geschiebes auszuformen, und andererseits dazu verwendet werden kann, nach seinem Einschieben in die Matrize den so geschaffenen Freiraum beim Zusammenfügen der Teile des Geschiebes im Mund des Patienten das Geschiebe unter Freisetzung von Friktionskräften so auszufüllen, dass das Geschiebe aktiviert wird. Entscheidend für den durch Patentanspruch 1 des Klagepatents geschützten Gegenstand ist mithin, dass mittels des Kunststoffteils ein Freiraum zwischen Patrize und Matrize ausgeformt ist, der so beschaffen ist, dass das Geschiebe bei seinem Zusammenfügen im Mund des Patienten mit Hilfe des Kunststoffteils aktiviert wird, ohne dass weitere Maßnahmen zur Einpassung des Geschiebes oder die Verwendung einer Schraube zu seiner Aktivierung erforderlich sind. Dies wird nach den Angaben der Beschreibung des Klagepatents grundsätzlich sichergestellt, wenn es sich bei dem Kunststoffteil, das bei der Herstellung des Geschiebes verwendet wird, und dem Kunststoffteil, das beim Einsetzen des Geschiebes in das Restgebiss des Patienten verwendet wird, körperlich um ein und dasselbe Kunststoffteil handelt, also Sachidentität zwischen Dublierhilfsteil und Friktionsteil besteht (Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 34-36; Spalte 4, Zeilen 41-47). In diesem Fall füllt das Kunststoffteil den gesamten Freiraum zwischen Patrize und Matrize des fertigen Geschiebes aus und entfaltet auf der Gesamtfläche des Freiraums die für die Aktivierung des Geschiebes erforderlichen Friktionskräfte. Dem Berufungsgericht ist daher insoweit beizutreten, als von Patentanspruch 1 des Klagepatents jedenfalls solche Ausführungsformen von Kunststoffteilen erfasst werden, bei denen zwischen dem bei der Herstellung des Geschiebes zur Ausformung des erforderlichen Freiraums zwischen Patrize und Matrize benutzten Kunststoffteil und dem im fertigen Geschiebe zur Erzeugung der erforderlichen Friktion in die Matrize einzuschiebenden Kunststoffteil Sachidentität besteht. Davon geht auch die Revision aus.
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Für die Frage einer mittelbaren Patentverletzung folgt daraus, dass die von der Beklagten als Matrizen bezeichneten Kunststoffteile dann als zur Benutzung der Erfindung objektiv geeignete Mittel in Betracht kommen, wenn die Angebotsempfänger oder Belieferten mit diesen Kunststoffteilen bei der Herstellung eines Geschiebes einen durch das Kunststoffteil definierten Freiraum zwischen Patrize und Matrize ausformen können, der so beschaffen ist, dass das Geschiebe beim Zusammenfügen seiner Teile im Mund des Patienten unter Verwendung des Kunststoffteils aktiviert wird, ohne dass dafür weitere Maßnahmen zur Anpassung der Teile oder die Verwendung einer Schraube erforderlich sind. Die angegriffenen Kunststoffteile weisen daher die für eine mittelbare Patentverletzung erforderliche objektive Eignung, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, jedenfalls dann auf, wenn sie mehrfach verwendbar sind, nämlich nicht nur als Friktionsteile zur Aktivierung des fertigen Geschiebes bei dessen Einsetzen im Mund des Patienten, sondern auch als Platzhalter bei der Herstellung der in der Prothese auszuformenden Matrize. Hinsichtlich der Formgebung bestehen insoweit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem darüber hinaus von ihm unterstellten Sachverhalt keine Zweifel; die von der Beklagten gelieferten Sätze von Friktionsteilen schließen jedenfalls ein Teil ein, das die gleiche Form wie ein bei der Herstellung zu benutzendes Dublierhilfsteil aufweist. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann daher die objektive Eignung der angegriffenen Kunststoffteile, neben der Verwendung als Friktionsteile zugleich auch als Platzhalter bei der Ausformung der Matrize zu dienen und umgekehrt, nicht verneint werden. Feststellungen, dass den von der Beklagten angebotenen Matrizen im Hinblick auf ihre Materialeigenschaften diese Eignung zur Mehr- fachverwendung entgegen den Behauptungen der Klägerin fehlen würde, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
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e) Eine mittelbare Patentverletzung kann auch mit der Erwägung des Berufungsgerichts nicht vereint werden, die von der Beklagten angebotenen Kunststoffteile seien mit Kunststoffteilen, die als Dublierhilfsteile Verwendung fänden, nicht sachidentisch, sondern nur formgleich und würden deshalb vom Schutzbereich des Patentanspruchs 1 nicht erfasst. Wie die Revision zu Recht geltend macht, beruht diese Erwägung auf einer fehlerhaften Beurteilung von Patentanspruch 1 des Klagepatents.
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Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die patentgemäße Lehre, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ihrem Wortsinn nach auf Geschiebe beschränkt ist, bei denen ein und dasselbe Teil sowohl als Dublierhilfsteil als auch als Friktionsteil Verwendung findet. Dagegen spricht, dass die Merkmale eines Sachanspruchs, wie ihn Patentanspruch 1 darstellt, die Funktion haben, die geschützte Sache als solche zu beschreiben, und der auf diese Weise räumlich-körperlich definierte Gegenstand unabhängig davon geschützt ist, auf welche Weise er hergestellt worden ist und zu welchem Zweck er verwendet wird (Sen.Urt. v. 07.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149, 151 - Schießbolzen). Das legt es nahe, die in Merkmal d enthaltene Anweisung an den Fachmann dahin zu verstehen, das Friktionsteil des erfindungsgemäßen extracoronalen Geschiebes so auszubilden, dass es nach Form und Material geeignet ist, bei der Herstellung des Geschiebes als Dublierhilfsteil verwendet zu werden, wie dies Patentanspruch 5 für das erfindungsgemäße Verfahren vorschreibt. Hingegen käme es nach dem so verstandenen Wortsinn des Patentanspruchs 1 nicht darauf an, ob von der Eignung des Friktionsteils, auch als Dublierhilfsmittel verwendet zu werden, oder des Dublierhilfsteils, auch als Frik- tionsteil eingesetzt zu werden, tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Jedoch kann das im Ergebnis offen bleiben.
22
Denn aus den Angaben der Beschreibung Spalte 3, Zeilen 4-15, Spalte 3, Zeilen 28-31, und Spalte 3, Zeilen 34-36, in Verbindung mit den Patentansprüchen 2 und 3 des Klagepatents ergibt sich jedenfalls, dass auch bei der engen Auslegung des Patentanspruchs 1, wie sie das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz nicht nur solche Ausführungsformen der Erfindung in den Schutzbereich des Klagepatents fallen, bei denen ein und dasselbe Kunststoffteil einerseits als Mittel zur Ausformung der Matrize verwendet wird und andererseits als Mittel zur Aktivierung des Geschiebes, bei denen also Sachidentität von Dublierhilfsund Friktionsteil vorliegt, sondern auch solche Ausführungsformen, bei denen ein Hilfsteil als Platzhalter bei der Ausformung der Matrize und ein anderes mit der Plastikpatrize auf Passung gearbeitetes und mit dem bei der Ausformung der Matrize verwendeten Kunststoffteil formgleiches Kunststoffteil mit abweichendem Innendurchmesser als Friktionsteil zur Anwendung kommt, sofern dieses für beide Zwecke verwendet werden kann.
23
Der Schutzbereich eines Patents erstreckt sich auch auf abweichende Ausführungsformen, die die erfindungsgemäße Wirkung erzielen und vom Fachmann als gleichwirkend aufgefunden werden können, sofern die hierzu erforderlichen Überlegungen derart am Patentanspruch orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführungsform als der wortsinngemäßen gleichwertig in Betracht zieht (BGHZ 150, 149, 154 - Schneidmesser I). Die Beschreibung des Klagepatents weist den Fachmann darauf hin, dass das Dublierhilfsteil zusammen mit der für die Herstellung der Patrize erforderlichen Plastikpatrize hergestellt, mit der Plastikpatrize auf Passung gearbeitet und in mehreren Hilfsteilen zur Verfügung gestellt wird, die sich nur in ihrer Wandstärke (Innenabmessung) unterscheiden, wobei als Dublierhilfsteil für die weiteren Arbeiten vorzugsweise das Dublierhilfsteil mit dem größten Innendurchmesser verwendet wird. In Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 36-43, wird dem Fachmann weiter erläutert, dass durch geeignete Wahl der Größe der verschiedenen Hilfsteile einerseits die Toleranzen beim Zusammenwirken von Patrize und Matrize gut ausgeglichen werden können und es andererseits ermöglicht wird, die gewünschten Kräfte beim Einschieben und Abziehen der Prothese bequem und ohne Zuhilfenahme mechanischer Teile oder Vorrichtungen einzustellen. Schließlich wird der Fachmann darauf hingewiesen, dass dann, wenn die Friktionskräfte nachlassen, das Friktionsteil in der Matrize schnell durch ein Teil mit etwas kleinerem, d.h. engerem Innendurchmesser ersetzt werden kann (Klagepatent Beschreibung Spalte 5, Zeilen 28-31). Durch diese Angaben erfährt der Fachmann, dass er bei Wahl eines Hilfsteils (Dublierhilfsteils, das mit dem Friktionsteil identisch ist) mit großem Innendurchmesser bei Ausformung der Matrize einen Freiraum zwischen Patrize und Matrize erhält, der eine Aktivierung des Geschiebes mittels ein- und desselben Hilfsteils, das nun als Friktionsteil verwendet wird, erlaubt (Klagepatent Beschreibung Spalte 3, Zeilen 34-36), dass er aber beim Auftreten von Fertigungstoleranzen oder von Verschleiß beim Gebrauch der Prothese durch Verwendung eines Hilfsteils gleicher Form, aber mit engerem Innendurchmesser eine stärkere Spreizung des Kunststoffteils und damit größere Friktionskräfte erzeugen kann, um die für eine feste Verbindung der Prothese am überkronten Zahn notwendigen Kräfte freizusetzen. Einem Kunststoffteil, das nach Form und Material sowohl als Dublierhilfsteil als auch als Friktionsteil eingesetzt werden kann, kommt notwendigerweise die Eignung zu, im Sinne des mit dem Berufungsgericht enger verstandenen Wortsinns des Patentanspruchs 1 in dieser Doppelfunktion verwendet zu werden. Auf die objektive Gleichwirkung mit dem Dublierhilfsteil lediglich formgleicher , nicht aber auch sachidentischer Friktionsteile zur Erzielung der patentgemäßen Vorteile wird der Fachmann durch das Klagepatent ebenso hingewiesen wie darauf, dass er formgleiche Hilfsteile als im Sinne der Lehre des Klagepatents gleichwirkende Mittel in Betracht zu ziehen hat.
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3. Das Berufungsurteil erweist sich auch mit der vom Berufungsgericht weiter gegebenen Begründung nicht als richtig.
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a) Wie sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unmittelbaren Patentverletzung ergibt, hat es die Klage auch deshalb für unbegründet gehalten, weil bei den angegriffenen Gegenständen nicht von Merkmal f des Patentanspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch gemacht werde. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, das Klagepatent schreibe eindeutig zwei voneinander abgrenzbare Flächen am Befestigungsteil (16) der Patrize und entsprechende Flächen an der Matrize vor, von denen ein Paar distal und ein Paar bucal weise. Dieses Merkmal sei bei den angegriffenen Gegenständen nicht wortsinngemäß verwirklicht. Es werde auch nicht in äquivalenter Weise benutzt. Zwar könnten die Angaben des gerichtlichen Sachverständigen dahin gewertet werden, dass die verschiedenen Richtungen der gekrümmten Flächen auch die Funktion haben könnten, Kräfte aus den verschiedenen Richtungen aufzunehmen, für die Annahme einer Äquivalenz sei dies jedoch nicht ausreichend , denn die genannte Wirkungsweise stelle ein allgemeines Wirkungsprinzip dar, das aus der Patentschrift als solcher - für sich gesehen - nicht zu entnehmen sei.
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Auch diese Ausführungen greift die Revision mit Erfolg an.
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b) Merkmal f in der Merkmalsgliederung des Gegenstands nach Patentanspruch 1 des Klagepatents, wie sie die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben, betrifft die nähere Ausgestaltung derjenigen Außenflächen der Patrize, die mit den Gegenflächen der in der Prothese ausgeformten Matrize zur Übertragung von Kräften von der Prothese auf den Zahn des Restgebisses zusammenwirken. Danach sind am Befestigungsteil der Patrize Anlageflächen vorzusehen, die zu entsprechenden Flächen der Matrize passen. Die Beschreibung des Klagepatents erläutert dies dahin, dass die in der Matrize ausgebildeten Anlageflächen beim Eingliedern des Geschiebes an die entsprechenden Stabilisierungsflächen der Patrize zur Anlage kommen (Klagepatent Beschreibung Spalte 4, Zeile 57 - Spalte 5, Zeile 1). Diese Ausgestaltung bietet nach den weiteren Angaben der Beschreibung den Vorteil, dass eine innige Verbindung an mehreren Flächen erreicht wird, so dass die Lateralkräfte auf das Geschiebe zuverlässig aufgenommen werden (Klagepatent Beschreibung Spalte 5, Zeilen 14-20).
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Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den in Figur 1 des Streitpatents, insbesondere in den Figuren 5-7, dargestellten Anlageflächen um ebene Flächen handelt, wie sie auch in der Beschreibung Spalte 4, Zeile 54 beschrieben sind, dass es sich hierbei aber um ein Ausführungsbeispiel handelt, aus dem nicht hergeleitet werden kann, dass der Gegenstand nach Patentanspruch 1 auf die Ausbildung der zusammenwirkenden Flächen als ebene Flächen beschränkt wäre, sondern auch gekrümmte Anlageflächen erfasst. Weder auf Patentanspruch 1 noch auf die Beschreibung des Klagepatents lässt sich jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts stützen, die Lehre des Klagepatents sei auf die Ausbildung von eindeutig unterscheidbaren , voneinander abgrenzbaren Anlageflächen auf der Seite des Befestigungsteils und auf der Seite der Matrize beschränkt. Nach Patentanspruch 1 des Klagepatents sind auf der Patrize und in der Matrize zueinander passende Anlageflächen vorzusehen; die Lehre des Patents schreibt weder eine bestimmte Form noch eine bestimmte Anzahl oder eine eindeutige Abgrenzbarkeit dieser Flächen vor. Sie sind vielmehr so ausbilden, dass sie zu einer Anlage der Matrize an der Patrize führen, die im weiteren Zusammenwirken mit der im Befestigungsteil ausgebildeten Stabilisierungsnut und den in sie eingreifenden Verbindungsleisten der Matrize Lateralkräfte auf das Geschiebe zuverlässig aufnehmen. Das verlangt nur miteinander korrespondierende Flächen; darüber hinaus ist deren Form und Zahl im Einzelnen durch den mit diesem Zusammenwirken verfolgten Zweck nicht festgelegt. Feststellungen, dass mit den von der Beklagten zur Herstellung der Patrize und der Matrize angebotenen und vertriebenen Plastikpatrizen Patrizen und Matrizen hergestellt werden, die entgegen den Behauptungen der Klägerin keine derartigen zueinander passende Anlageflächen aufweisen, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es ist vielmehr davon ausgegangen, dass die angegriffenen Gegenstände gekrümmte Anlageflächen aufweisen, die in verschiedene Richtungen weisen und die Funktion haben, Kräfte aus verschiedenen Richtungen aufzunehmen. Auf dieser Grundlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angegriffenen Gegenstände objektiv ungeeignet seien, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
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4. Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, die umstrittenen Mittel seien - abweichend von der nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt bei den Anwendern vorauszusetzenden Kenntnis von der Eignung der Friktionsteile, entsprechend der Lehre des Patents verwendet zu werden - nicht zur Benutzung der Erfindung bestimmt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, solche sind auch nicht geltend gemacht. Die Abweisung des auf die Untersagung des Anbietens und Lieferns der umstrittenen Mittel gerichteten Unterlassungsbegehrens sowie der darauf bezogenen Rechnungslegungs- und Auskunftsbegehrens einschließlich der begehrten Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten kann daher keinen Bestand haben.
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III. Dagegen ist die Klage aus Rechtsgründen zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte für die Zeit ab Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents angemessene Entschädigung und Vernichtung der in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden angegriffenen Gegenstände schulde. Insoweit ist die Revision zurückzuweisen.
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1. Mit der Klage werden Ansprüche wegen mittelbarer Patentverletzung geltend gemacht. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der mittelbare Benutzer eines Patents für Benutzungshandlungen während des Offenlegungszeitraums nicht zur Zahlung einer Entschädigung nach § 33 PatG, Art. II § 1 IntPatÜG verpflichtet (BGHZ 159, 221, 229 f. - Drehzahlermittlung). Gleiches gilt für den auf die Durchsetzung dieses Anspruchs gerichteten Rechnungslegungs - und Auskunftsanspruch.
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2. Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung (§ 10 Abs. 1 PatG) verbietet dem mittelbaren Benutzer des Patents das Anbieten und die Lieferung mittelbar patentverletzender Gegenstände im Geltungsbereich des Patentgesetzes , wenn diese zur Benutzung der Erfindung objektiv geeignet und bestimmt sind, nicht dagegen den Besitz und das Anbieten und Liefern mittelbar patentverletzender Gegenstände in Bereiche außerhalb des Geltungsbereichs des Patentgesetzes und zu anderen Zwecken als zur Benutzung der Erfindung. Deshalb kann der Patentinhaber nach § 140 a PatG nicht verlangen, dass im Eigentum oder Besitz des mittelbaren Verletzers stehende Gegenstände vernichtet werden (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 140 a PatG Rdn. 14; Mes, PatG u. GebrMG, 2. Aufl., § 140 b Rdn. 4; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 140 a Rdn. 10). Die Klage ist daher hinsichtlich des geltend gemachten Vernichtungsanspruchs zu Recht abgewiesen.
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IV. Im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils ist dem Senat eine abschließende Sachentscheidung nicht möglich, da das Berufungsgericht weder festgestellt hat, ob die angegriffenen Kunststoffteile eine Formgebung aufweisen, die objektiv ein Zusammenwirken der Kunststoffteile mit der Patrize und der Matrize des Geschiebes im Sinne der Lehre nach den Patentansprüchen 1 bis 3 des Klagepatents ermöglichen, noch Feststellungen darüber getroffen hat, ob die angegriffenen Gegenstände eine Formgebung und Materialeigenschaften aufweisen, die ihre Mehrfachverwendung bei der Herstellung und Aktivierung des Geschiebes erlauben oder ausschließen. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit die erforderlichen Feststellungen, gegebenenfalls auf der Grundlage ergänzenden Sachvortrags der Parteien auch zu der Frage, ob die angegriffenen Mittel zur Benutzung der Erfindung bestimmt sind, getroffen werden können. Den Parteien wird Gelegenheit zu geben sein, sachgerechte Anträge zu stellen. Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass sich das Verbot mittelbarer Patentverletzungen auf das Anbieten und Liefern mittelbar patentverletzender Gegenstände im Inland beschränkt. Sofern es auf der Grundlage neuer Verhandlung und Entscheidung der Sache auf das von der Beklagten geltend gemachtes Vorbenutzungsrecht ankommen sollte, wird zu beachten sein, dass dem Vorbenutzer Weiterentwicklungen der Gegenstands der Vorbenutzung jedenfalls dann verwehrt sind, wenn sie in den Gegenstand der geschützten Erfindung eingreifen (Sen.Urt. v. 13.11.2001 - X ZR 32/99, GRUR 2002, 231, 233 f. - Biegevorrichtung; vgl. auch Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., S. 854; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 12 Rdn. 43 m.w.N.).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.03.2001 - 21 O 967/00 -
OLG München, Entscheidung vom 13.05.2004 - 6 U 3071/01 -

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.

(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.

(1) Anträge nach den §§ 710, 711 Satz 3, § 712 sind vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht.

(2) Die tatsächlichen Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen.