Landgericht Flensburg Beschluss, 17. März 2015 - 8 O 29/15
Tenor
1. Der Antrag vom 3.3.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner die Unterlassung urheberrechtsverletzender Handlungen.
Die Antragstellerin, eine nach britischem Recht gegründete Gesellschaft, wurde am 20.3.1973 unter anderem mit dem Zweck errichtet, die Inhaberschaft an allen Rechten des Musikers P. C. als ausübender Solo-Künstler zu halten. Die Antragstellerin ist, wie sie dargelegt und durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des P. C. (Anlage AS T1, Blatt 21 der Akten) glaubhaft gemacht hat, Inhaberin der Künstlerleistungsschutzrechte an allen und jeglichen der musikalischen Solodarbietungen und Soloaufnahmen (d.h. nicht als Mitglied der Musikgruppe „G.“) ohne räumliche oder zeitliche Beschränkung.
Der Antragsgegner bot, wie die Antragstellerin dargelegt und durch Vorlage der Anlage AST 2 (Blatt 22-23 der Akten) sowie der Anlage AST 3 (Blatt 24 der Akten) glaubhaft gemacht hat, am 3.2.2015 unter dem Pseudonym „A…“ im Internet-Auktionshaus eBay zu der Angebot-Nr. xxx den CD-Tonträger „P. C.-Live USA“ mit Musikaufnahmen von P. C. zum Kauf an. Die CD „P. C. - Live USA“ mit 15 Aufnahmen (Titeln) von P. C. (Anlage AST 4, Blatt 25 der Akten) wurde, wie die Antragstellerin dargelegt und durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihrer Company Secretary Frau Ca. (Anlage AST 5, Blatt 26 der Akten) glaubhaft gemacht hat, niemals offiziell und rechtmäßig veröffentlicht; es handelt sich um einen Bootleg.
Auf die Abmahnung der Antragstellerin (Anlage AST 6, Blatt 27-30 der Akten) reagierte der Antragsgegner nicht.
- 2
Die Antragstellerin beantragt,
- 3
im Wege der einstweiligen Verfügung dem Antragsgegner bei zur Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 €; Ordnungshaft höchstens 2 Jahre), verboten, den CD-Tonträger „P. C.-Live USA“ mit Darbietungen des Künstlers P. C. anzubieten, wie zuvor in dem beim Internet-Auktionshaus eBay eingestellten Angebot zu der Artikelnummer xxx geschehen und aus der Anlage AST 2 ersichtlich.
II.
- 4
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen. Denn der Antrag ist bereits unzulässig.
- 5
Die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte, die lediglich dann eröffnet ist, wenn der Streitwert den Betrag von 5.000,00 € übersteigt (§ 104 Satz 1, § 105 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG), ist nicht gegeben.
- 6
Denn der nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie - von dieser Berechnungsmethode geht, wie sich aus dem vorgerichtlichen Abmahnschreiben ergibt, auch die Antragstellerin aus - ermittelte Streitwert des Unterlassungsbegehrens übersteigt jedenfalls den Betrag von 5.000,00 € nicht.
- 7
Bei Unterlassungsklagen aus dem Urheberrecht ist gemäß § 3 ZPO grundsätzlich auf das - nach objektiven Maßstäben zu beurteilende - individuelle Interesse des Klägers bzw. Antragstellers abzustellen (vergleiche Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 3 Rn. 16 „Urheberrecht“). In einem Verfahren betreffend einen Unterlassungsanspruch wegen einer Urheberrechtsverletzung sind bei der Wertfestsetzung Art und Umfang der Verletzung des geschützten Rechts sowie das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers zu berücksichtigen (OLG Schleswig, Beschluss vom 9. Juli 2009, 6 W 12/09, GRUR-RR 2010, 126).
- 8
Hinsichtlich Art und Umfang der Verletzung des Urheberrechts der Antragstellerin ist hier von der beabsichtigten Veräußerung eines CD-Tonträgers mit insgesamt 15 Titeln eines illegalen Mitschnitts (so genannter bootleg) eines Konzerts des Musikers P. C. im Jahr 1983 in den USA auszugehen. Dabei wurde der Tonträger, dessen Artikelzustand als „sehr gut“ beschrieben wird, vom nichtgewerblich handelnden Antragsgegner einmalig bei eBay zum Kauf angeboten.
- 9
Hinsichtlich des wirtschaftlichen Interesses der Antragstellerin ist einerseits zu berücksichtigen, dass der Musiker P. C. gerichtsbekannt seit den 1980er Jahren weltbekannt und sehr erfolgreich ist. Er gehört mit über 250 Millionen verkauften Tonträgern zu den weltweit erfolgreichsten Musikern (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/....).
- 10
Auch ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ein elementares wirtschaftliches und auch ein künstlerisches Interesse daran hat, dass nur die von ihr lizenzierten Aufnahmen veröffentlicht und verbreitet werden, und durch die Verbreitung illegaler Mitschnitte (Bootlegs) in das ausschließliche Recht des ausübenden Künstlers eingegriffen wird, seine Darbietung auf Tonträger aufzunehmen (§ 77 Abs. 1 UrhG), diesen Tonträger zu veröffentlichen (§ 12 Abs. 1 UrhG) und zu verbreiten (§ 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG).
- 11
Weiterhin ist in Betracht zu ziehen, dass es sich bei der CD - wie die Antragstellerin überzeugend darlegt - mit ca. 93,0 Millionen abgesetzten Stück (ohne CD-Single) im Jahr 2012 ökonomisch betrachtet (noch) um das Hauptmedium für die Veröffentlichung von Tonaufnahmen handelt.
- 12
Andererseits ist zu bedenken, dass es, wie dargelegt, vorliegend um das Angebot nur eines Tonträgers handelt, der an einen Anderen veräußert worden wäre. Die Weiterverbreitung durch den Antragsgegner hätte sich im Streitfall auf die Übergabe eines konkreten körperlichen Werkstücks beschränkt. Der vorliegende Fall unterscheidet sich daher erheblich von den sogenannten Filesharingfällen insoweit, als dass dort jeweils eine unbegrenzte Zahl von Dritten gleichzeitig das Werk vom illegalen Anbieter herunterladen können, das Ausmaß der Weiterverbreitung des urheberrechtlich geschützten Werkes daher um ein Vielfaches größer - in der „Frühphase“ der Verbreitung naheliegend exponentiell - ist (vergleiche AG Hamburg, Urteil vom 12.7.2013, Aktenzeichen 31c C 225/13 Rn. 27, zitiert nach juris).
- 13
Hinzu kommt, dass es beim sogenannten Filesharing häufig um aktuelle, gerade in der Hauptauswertungsphase befindliche Werke geht, während es sich im vorliegenden Fall um den Mitschnitt eines Konzerts handelt, das vor mehr als 30 Jahren stattfand. Gegen die Annahme, dass es sich um „historische“ Aufnahmen mit besonderem Sammlerwert handelt, spricht einerseits der Preis der als in sehr gutem Zustand beschriebenen CD von lediglich 4,00 € als auch der Umstand, dass das Angebot lediglich einmal pro Stunde aufgerufen wurde.
- 14
Für die - wie dargelegt - nach Ansicht der Kammer für den jeweiligen Rechteinhaber wirtschaftlich deutlich schädlichere öffentliche Zugänglichmachung von Titeln/Alben über sogenannte Filesharing-Netzwerke werden in der gegenwärtig uneinheitlichen und wohl noch in der Entwicklung befindlichen Rechtsprechung erheblich unterschiedliche, nach der Lizenzanalogie ermittelte Schadensbeträge angenommen.
- 15
Das Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 14.10.2014, Aktenzeichen 57 C 4661/13, BeckRS 2014, 20023) berechnet den Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie für das Zur-Verfügung-Stellen eines Musik-Doppelalbums aus 13 Einzeltiteln einer erfolgreichen Musikgruppe in einem Filesharing-Netzwerk dergestalt, dass es ermittelt, wie viele kleinste Dateneinheiten, aus denen sich die gesamte heruntergeladene Datei zusammensetzt (so genannte Chunks) andere Nutzer des Netzwerks in dem Zeitraum, in dem der Verletzer das Werk im Filesharing Netzwerk zur Verfügung gestellt hat, höchstens von dem vom Verletzer zur Verfügung gestellten Werk herunterladen konnten. Dabei geht das Amtsgericht von einer Dauer der Verbindung mit dem Filesharing-Netzwerk von 3 Stunden aus und kommt im konkreten Fall dazu, dass bei einer Uploadgeschwindigkeit von 48 KByte pro Sekunde bei einem DSL 6000 Anschluss (im Jahr 2009) ein Download durch Dritte im Umfang von 506 MB möglich war, was bei einer Chunkgröße von 9 MB bedeutet, dass theoretisch 56 Kopien des Albums unter Beteiligung von Chunks des Verletzers gezogen werden konnten. Angesichts dessen, dass im dortigen Fall der Klägerin das ausschließliche Nutzungsrecht lediglich für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zustand, es sich aber um englischsprachige Titel handelte, hat das Gericht lediglich 20 % der rechnerisch angenommenen 56 Kopien berücksichtigt, mithin 11 Kopien. Diese Zahl hat das Gericht mit 0,92 € pro Titel als angemessenen Lizenzpreis für einen einzigen Download multipliziert und den sich daraus ergebenden Betrag von 10,12 € pro Werk aufgrund der besonderen Eingriffsintensität des Filesharing verdoppelt, so das sich bei 13 Titeln ein Gesamtschadensbetrag nach der Lizenzanalogie von 10,12 € × 2 × 13 = 263,12 € ergibt (Urteil vom 14.10.2014, Aktenzeichen 57 C 4661/13, BeckRS 2014, 20023, Ziff. 1.2.4, 1.2.5).
Zwar wäre dieser Betrag - folgte man dieser Berechnungsmethode - für den Fall, dass der Kläger/Antragsteller im Fall weltweit nachgefragter etwa englischsprachige Musikstücke die weltweiten ausschließlichen Nutzungsrechte innehat, zu verfünffachen, da in diesem Fall nicht lediglich 20 % der rechnerisch angenommenen Kopien zu berücksichtigen wären, sodass sich ein Schadensbetrag nach der Lizenzanalogie (bei 13 Titeln) von 1.339,52 € ergäbe.
- 16
Allerdings vertritt das Amtsgericht Düsseldorf dazu, dass bei einer längeren Zur-Verfügung-Stellung von Musikalben, die rechnerisch einen Schadensersatz in Höhe von 200 € pro Titel geben könnte, eine Billigkeitskorrektur vorzunehmen sei, die sich daraus rechtfertigen, dass mit der Berechnung des Schadensersatzes nach der Methode der Lizenzanalogie eine Berechnungsart gewählt sei, der die Gefahr der Überkompensation immanent sei, da sie nicht auf den tatsächlich nachgewiesenen wirtschaftlichen Schaden abstelle (Urteil vom 14.10.2014, Aktenzeichen 57 C 4661/13, BeckRS 2014, 20023, Ziff. 1.2.5). Diese Billigkeitsprüfung sei insbesondere bei einer in verbraucherähnlicher Stellung handelnden Person dahingehend vorzunehmen, ob die Berechnungsart zu einem Schadensersatz in einer Höhe führe, die angesichts des Grades des persönlichen Verschuldens und des gewonnenen persönlichen Nutzens angemessen sei (Urteil vom 14.10.2014, Aktenzeichen 57 C 4661/13, BeckRS 2014, 20023, Ziff. 1.2.5).
- 17
Das Amtsgericht München (Urteil vom 7.3.2014, Aktenzeichen 158 C 15658/13, BeckRS 2014, 06485, 1. c)) hat in einem Fall der Zurverfügungstellung eines Musikalbums in einem Filesharing-Netzwerk entschieden, dass für ein angebotenes Musikalbum - auch ein erfolgreiches, das kurz nach Erscheinen in einer Tauschbörse angeboten wird - regelmäßig von einem zu leistenden Schadensersatz nach der Lizenzanalogie von rund 600 € auszugehen sei. Das Amtsgericht München hat die Auffassung vertreten, ein Schadensersatzanspruch sei nicht individuell pro Musiktitel unter Berücksichtigung sämtlicher Faktoren zu bestimmen. Vielmehr müsse ein Musikalbum im Zusammenhang gesehen werden, da regelmäßig nur einzelne Titel eines Albums in den Charts erfolgreich seien und Kunden zum Kauf des Albums animierten, andererseits „schwächere Titel“ deutlich weniger Marktwert besäßen (AG München, BeckRS 2014, 06485, 1. c)). Der Schadensersatz für ein Musikalbum mit 12 Titeln sei ganz erheblich niedriger anzusetzen als zum Beispiel derjenige für 12 einzelne „Top 1“ Hits.
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Demgegenüber halten andere Gerichte für das Anbieten/Zur-Verfügung-Stellen eines Musikstücks in einem Filesharing-Netzwerk einen Schadensbetrag nach der Lizenzanalogie von 200,00 € für angemessen (etwa OLG Hamburg, Urteil vom 7.11.2013, Aktenzeichen 5 U 222/10, zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 23.3.2012, Aktenzeichen I-6 U 67/11, zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.7.2014, Aktenzeichen 11 U 115/13, zitiert nach juris), wobei dieser Betrag jeweils ausgehend von Kosten für einen legalen Download eines Titels von jedenfalls 0,50 € und durchschnittlich 400 Nutzern des Filesharingnetzwerks, die auf den als Datei angebotenen Titel zugreifen, ermittelt wird (400 × 0,50 € = 200 €; beispielhaft OLG Köln, Urteil vom 23.3.2012, Aktenzeichen I-6 U 67/11, Rn. 41, zitiert nach juris: im Ergebnis 3.000 € für 15 Musikstücke).
- 19
Angesichts dessen, dass, wie dargelegt, nach Ansicht der Kammer der wirtschaftliche Schaden des Anbietens von Titeln in Filesharingnetzwerken aufgrund des weitaus größeren Verbreitungsgrades wesentlich höher ist als der wirtschaftliche Schaden, der durch das Angebot eines körperlichen Tonträgers entsteht - auch wenn es sich bei diesem um eine Bootleg-CD handelt - ist nach Auffassung der Kammer selbst dann, wenn man der letztgenannten Ansicht verschiedener Oberlandesgerichte folgt, von dem dort angenommenen Schadensbetrag von 200 € pro Titel nach der Lizenzanalogie im vorliegenden Fall ein erheblicher Abschlag vorzunehmen.
- 20
Überdies kann nach Ansicht der Kammer der nach der Lizenzanalogie berechnete Schadensersatz für das Angebot eines körperlichen CD-Tonträgers mit 15 Titeln nicht durch Multiplikation eines für einen Titel ermittelten angemessenen Schadensersatzes nach der Lizenzanalogie - etwa 100 € - mit der Anzahl der auf der CD befindlichen Titel ermittelt werden.
Diese Ermittlungsmethode ließe - insoweit schließt sich die Kammer der Ansicht des Amtsgerichts München (Urteil vom 7.3.2014, Aktenzeichen 158 C 15658/13, BeckRS 2014, 06485) an - zu Unrecht außer Betracht, dass ein Musikalbum im Zusammenhang gesehen werden muss, da es sich regelmäßig aus wenigen sehr erfolgreichen Titeln und anderen, „schwächeren“, also in der marktmäßigen Auswertung erheblich weniger erfolgreichen Titeln zusammensetzt (ähnlich OLG Hamburg, Urteil vom 7.11.2013, Aktenzeichen 5 U 222/10, Rn. 66, zitiert nach juris). Dies spiegelt sich auch darin wider, dass der Verkaufspreis einer erfolgreichen Auskopplung eines Titels/weniger Titel als Single-CD im legalen Handel gemessen an der Anzahl der darauf befindlichen Titel deutlich höher ist als der Verkaufspreis einer Album-CD (gemessen an der Anzahl der darauf befindlichen Titel).
- 21
Danach wäre, selbst wenn man im vorliegenden Fall pro Titel der zum Verkauf angebotenen CD mit 15 Titeln einen Betrag von 100 € als Schadensbetrag nach der Lizenzanalogie - welcher der Kammer hoch erscheint - für angemessen hielte, davon nach vorstehenden Grundsätzen nach Auffassung der Kammer ein erheblicher Abschlag von jedenfalls 50 % vorzunehmen.
- 22
Für den Angriffsfaktor ist nach Ansicht der Kammer zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner angesichts dessen, dass dieser als privater Verkäufer bei eBay angemeldet ist und lediglich 90 Bewertungen für ihn vorliegen, nichtgewerblich gehandelt hat. Zudem ist, wenngleich dies für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs ohne Belang ist, nach Ansicht der Kammer bei der Bemessung des Angriffsfaktors zu berücksichtigen, dass angesichts der äußeren Erscheinung der CD bereits fraglich ist, ob der Antragsgegner erkennen konnte, dass es sich dabei um einen illegalen Mitschnitt, handelt, ob der Antragsgegner insoweit also überhaupt fahrlässig gehandelt oder Prüfpflichten verletzt hat. Der Umstand, dass die Antragstellerin den Antragsgegner abgemahnt und der Antragsgegner auf die Abmahnung nicht reagiert hat, wäre nach Ansicht der Kammer insoweit lediglich von Belang, wenn im Zeitpunkt der Abmahnung das Angebot bei eBay noch bestanden hätte, da der Antragsgegner ab dem Zeitpunkt der Abmahnung dann Kenntnis von der Rechtswidrigkeit seines Handelns gehabt hätte. Die Antragstellerin hat jedoch bereits nicht dargelegt, dass im Zeitpunkt der Abmahnung das Angebot bei eBay noch bestand.
- 23
Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht der Kammer der fiktive Lizenzschaden von - allenfalls - 750 € lediglich zu verdreifachen, sodass sich ein Streitwert des Unterlassungsbegehrens von 2.250 € ergäbe.
- 24
Sollte man - anders als die Kammer - den oben vorgenommenen Abschlag von 50 % für nicht gerechtfertigt halten, ergebe sich ausgehend von einem fiktiven Lizenzschaden von 1.500 € und einem Angriffsfaktor vom dreifachen des fiktiven Lizenzschadensbetrages ein Streitwert des Unterlassungsbegehrens von 4.500 €, mithin ein Betrag, der die Wertgrenze von 5.000 € ebenfalls nicht übersteigt.
- 25
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Urteil einreichenLandgericht Flensburg Beschluss, 17. März 2015 - 8 O 29/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Für alle Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, (Urheberrechtsstreitsachen) ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Für Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben, bleiben der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen und der Verwaltungsrechtsweg unberührt.
(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung Urheberrechtsstreitsachen, für die das Landgericht in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz zuständig ist, für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen, wenn dies der Rechtspflege dienlich ist.
(2) Die Landesregierungen werden ferner ermächtigt, durch Rechtsverordnung die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden Urheberrechtsstreitsachen für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte einem von ihnen zuzuweisen, wenn dies der Rechtspflege dienlich ist.
(3) Die Landesregierungen können die Ermächtigungen nach den Absätzen 1 und 2 auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(4) u. (5) (weggefallen)
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:
- 1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt; - 2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes: - a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; - b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind; - c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; - d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens; - e)
(weggefallen) - f)
(weggefallen) - g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.
(1) Vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind.
(2) Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig
- 1.
für die Ansprüche, die auf Grund der Beamtengesetze gegen den Fiskus erhoben werden; - 2.
für die Ansprüche gegen Richter und Beamte wegen Überschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen; - 3.
für Ansprüche, die auf eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation, auf die Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder auf die Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, gestützt werden; - 4.
für Verfahren nach - a)
(weggefallen) - b)
den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes, - c)
§ 26 des SE-Ausführungsgesetzes, - d)
§ 10 des Umwandlungsgesetzes, - e)
dem Spruchverfahrensgesetz, - f)
den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes;
- 5.
in Streitigkeiten - a)
über das Anordnungsrecht des Bestellers gemäß § 650b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - b)
über die Höhe des Vergütungsanspruchs infolge einer Anordnung des Bestellers (§ 650c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);
- 6.
für Ansprüche aus dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz.
(3) Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden sowie Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten ausschließlich zuzuweisen.
(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Entscheidungen in Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e und Nummer 5 einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zu übertragen. In Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e darf die Übertragung nur erfolgen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 29. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
- 1
Die Beschwerde der Klägerin gem. § 68 Abs. 1 GKG gegen die Streitwertfestsetzung im angegriffenen Beschluss ist jedenfalls unbegründet.
- 2
I. Die Klägerin begehrt mit ihrem Unterlassungsantrag, dem Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, im Internet auf seinen Internetseiten Kartographien der Klägerin aus deren Deutschlandkarte oder Teile dieser Kartographien öffentlich zugänglich zu machen. Daneben verlangt die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz aus Lizenzanalogie in Höhe von 650 € nebst Zinsen und macht weiter als Nebenforderung vorgerichtliche Kosten geltend. Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift den Streitwert für den Unterlassungsantrag mit 10.000,- € beziffert.
- 3
Das Landgericht hat zunächst mit Beschluss vom 9. April 2009 den Wert des Streitgegenstandes auf insgesamt 10.650 € festgesetzt. Hiergegen hat der Beklagte Beschwerde mit dem Vorbringen eingelegt, dass der Wert für den Unterlassungsanspruch zu hoch bemessen sei. Mit dem angegriffenen Streitwertbeschluss hat das Landgericht auf die Beschwerde des Beklagten hin den Streitwertbeschluss vom 9. April 2009 geändert und den Streitwert des Unterlassungsanspruchs auf 1.950 € festgesetzt. Es hat ausgeführt, dass gemäß § 3 ZPO Ausgangspunkt das Interesse der Klägerin am Verbot der Handlung und damit der Umfang der Beeinträchtigung sei, der von dem beanstandeten Verhalten des Beklagten verständigerweise ausgehe und der mit der begehrten Maßnahme beseitigt werden solle. Der dreifache Wert der von der Klägerin zugrunde gelegten Kosten für eine zeitlich unbefristete Lizenz für die Nutzung des streitgegenständlichen Kartenausschnittes ergebe den nach freiem Ermessen festzusetzenden Streitwert für das Unterlassungsbegehren. Der von der Klägerin angeführten Rechtssprechung, wonach eine erhebliche Gefahr der Nachahmung und der Gedanke einer wirkungsvollen Abschreckung als streitwertbestimmender Faktor berücksichtigt werden müssten, werde nicht gefolgt.
- 4
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin mit dem Ziel, den Wert des Unterlassungsantrags auf 10.000 € festzusetzen.
- 5
II. Der Auffassung der Klägerin, dass den Gesichtspunkten der Abschreckung und einer Nachahmungsgefahr der rechtswidrigen Verbreitung von Kartographien im Internet für die Bemessung des Streitwerts erhebliche Bedeutung zukommen, ist nicht zu folgen.
- 6
Der nach § 3 ZPO festzusetzende Streitwert orientiert sich allgemein an dem Interesse, dass der Gläubiger bei Einleitung eines Verfahrens (§ 4 ZPO) an der gerichtlichen Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs hat. Dieses Interesse ist vom Gericht nach freiem Ermessen zu schätzen. Zu berücksichtigen ist im Urheberrecht, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wird. Weiterhin ist das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers zu berücksichtigen. All dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Wert des Unterlassungsanspruchs auf den dreifachen Wert der geltend gemachten Lizenzkosten für eine unbefristete Lizenz zur Nutzung des einen hier betroffenen Kartenausschnitts der Klägerin festzusetzen ist. Die Festsetzung eines höheren Streitwerts lässt sich auch nicht mit präventiven Gesichtspunkten rechtfertigen. Der von der Klägerin in Anspruch genommene Verletzer des Urheberrechts ist als Einzelstörer hinsichtlich der Berechnung des Streitwerts anzusehen. Es ist nicht Aufgabe der Streitwertfestsetzung in Verbindung mit der Geltendmachung eines Unterlassungsbegehrens, den Beklagten im Rahmen eines nur gegen diesen geführten Rechtsstreits wegen einer Urheberrechtsverletzung quasi als „Repräsentant“ weiterer Urheberrechtsverletzer „abzustrafen“. Über die Streitwertfestsetzung wird ein streitgegenständliches Verhalten nicht sanktioniert, weil der Streitwert, der neben der Festlegung der Zuständigkeit des Gerichts nur für die sich für das Verfahren errechnenden Kosten maßgeblich ist, sich allein am Interesse des Gläubigers an der Unterlassung der Wiederholung des konkreten widerrechtlichen Eingriffs in sein Urheberrecht orientiert. Der Streitwertfestsetzung kommt demgegenüber keine Disziplinierungsfunktion hinsichtlich möglicher Nachahmer bei (vgl. insgesamt Fundstellen bei Juris: OLG Celle, Beschluss vom 12.10.1992 - 13 W 81/92 -; LG München, Beschluss vom 28.06.2002 - 23 T 10223/02 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.10.2004 - 6 W 161/04 -; KG, Beschluss vom 12.09.2006 - 9 U 167/06 -; LG Bonn, Beschluss vom 21.03.2007 - 6 T 63/07 -; LG Münster, Beschluss vom 13.07.2007 - 15 O 281/07 -).
- 7
Soweit in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen (KG Beschluss vom 19.12.2003 - 5 W 367/03 -; OLG Hamburg, Beschluss vom 10.03.2004 - 5 W 3/04 -; LG München, Beschluss vom 24.06.2008 - 21 O 8723/08 -) das Gebot der Abschreckung zur Vermeidung einer Nachahmungsgefahr als streitwertbestimmender Faktor statuiert wird, überzeugt dies nicht. Es ist allein Aufgabe des Gesetzgebers, im Rahmen der materiell-rechtlichen Vorschriften für eine wirkungsvolle Abwehr nachhaltiger und eklatanter Verstöße gegen das Urheberrecht durch Regelung entsprechender Schutzansprüche im Gesetz zu sorgen. Zivilrechtliche oder strafrechtliche Sanktionen infolge Rechtsverletzungen haben sich allein nach den materiell-rechtlichen Vorschriften zu richten. Die Streitwertfestsetzung dient demgegenüber allein der Festsetzung des Werts für die Zuständigkeitsprüfung eines Gerichts und die Berechnung der Verfahrenskosten.
- 8
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen.
(2) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten. § 27 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist.
(2) Dem Urheber ist es vorbehalten, den Inhalt seines Werkes öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben, solange weder das Werk noch der wesentliche Inhalt oder eine Beschreibung des Werkes mit seiner Zustimmung veröffentlicht ist.
(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen.
(2) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten. § 27 ist entsprechend anzuwenden.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 263,12 EUR (in Worten: zweihundertdreiundsechzig Euro und zwölf Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.03.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 93% und der Beklagte zu 7%.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Gegenseite kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Unter der zu diesem Zeitpunkt dem Beklagten zugeordneten IP-Adresse ######## kam es am 18.06.2009 um 16:07 Uhr zu einer Nutzung einer auf dem BitTorrent-Protokoll beruhenden Filesharingsoftware, wobei das Musikdoppelalbum „H“, bestehend aus 13 Einzeltiteln, von der Musikgruppe „N“, an dem der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte für das Inland zustehen, zum Upload zur Verfügung gestellt worden ist.
3Nach Ermittlung der IP-Adresse sandte die Klägerin an den Beklagten unter Angabe der konkreten vom Filesharing umfassten Werke ein Abmahnschreiben vom 08.07.2009, mit dem sie ihn aufforderte es zu unterlassen, geschütztes Musikrepertoire der Klägerin im Internet verfügbar zu machen. Für die Einzelheiten wird auf Anlage K3 der Klageschrift Bezug genommen.
4Die Klägerin behauptet,
5der Beklagte habe zu dem oben genannten Zeitpunkt das dort genannte Werk unter Nutzung seines Internetanschlusses über das Filesharing-Netzwerk Bittorrent verbreitet.
6Die Klägerin beantragt,
7den Beklagten zu verurteilen an sie angemessenen Schadenersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von 2‘500 Euro zu zahlen sowie weitere 1‘379, 80 Euro Kosten der Abmahnung nach einem Streitwert von 50‘000 Euro.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Das Gericht hat hinsichtlich der Nutzungsverhältnisse am Internetanschluss Beweis durch Vernehmung mehrerer Zeugen erhoben.
11Entscheidungsgründe:
121
13Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
141.1 Zur Haftung dem Grunde nach
151.1.1 Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 2 UrhG zu, weil die insoweit beweispflichtige Klägerin beweisen konnte, dass der Beklagte täterschaftlich für die Verbreitung des Musikalbums „H“ über ein Filesharing-Netzwerk verantwortlich ist. Insoweit der Beklagte bestreitet, dass die in das Filesharing-Netzwerk eingestellte Datei tatsächlich das streitgegenständliche Werk beinhaltet (S. 9f. des Schriftsatzes vom 29.10.2013, Bl. 199f. der Akte), kann er hiermit nicht mehr gehört werden, denn sein Schreiben vom 21.07.2009 an die Klägerin, Anlage K4 (Bl. 69 der Akte), stellt diesbezüglich ein Anerkenntnis dar. Die Äußerung eines juristischen Laien dahingehend, dass es sich um sein erstes und letztes Fehlverhalten handelt, kann zwar nicht dahingehend verstanden werden, dass der Beklagte die persönliche Täterschaft einräumt, weil ebenso denkbar ist, dass er von der irrigen Rechtsansicht ausgeht, den Anschlussinhaber träfen umfangreiche Aufsichtspflichten, die hier als verletzt angesehen werden; jedoch ist die Erklärung als Zugeständnis dahingehend zu verstehen, dass die Verbreitung des in der Erklärung namentlich genannten Werkes „H“ vom Anschluss des Beklagten aus erfolgt ist.
161.1.2 Nach den in BGH GRUR 2014, 657 („Bearshare“) aufgestellten Grundsätzen soll zunächst eine tatsächliche Vermutung für die tatherrschaftliche Nutzung des Internetanschlusses durch den Anschlussinhaber bestehen, die dadurch zu widerlegen ist, dass der Anschlussinhaber die Mitnutzung durch weitere Personen darlegt und auch beweist. Auf einer zweiten Ebene trifft den Anschlussinhaber sodann eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, Umstände vorzutragen, die ernsthaft die Täterschaft eines anderen Anschlussnutzers für möglich erscheinen lassen. Nachdem Voraussetzung für eine tatsächliche Vermutung ein gesicherter Erfahrungssatz diesbezüglich ist, erscheint es jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt trotz zitierter Entscheidung des Bundesgerichtshofs fragwürdig, eine tatsächliche Vermutung der Alleinnutzung des Anschlussinhabers zu konstruieren (vgl. hierzu eingehend AG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013, Az. 57 C 3144/13, BeckRS 2013, 21170). Angesichts der massiven Verbreitung von Smartphones und anderen mobilen internetfähigen Geräten ist es inzwischen derart üblich geworden, auch Gästen Zugang zum eigenen W-LAN zu gewähren, dass selbst bei einem Alleinhaushalt nicht mehr davon ausgegangen werden, dass typischerweise der Anschlussinhaber der einzige Nutzer ist. Trotzdem mag die vom BGH postulierte tatsächliche Vermutung im hiesigen Fall noch Anwendung finden, weil Vorgänge aus dem Jahr 2009 streitgegenständlich sind und zu dieser Zeit mobile internetfähige Geräte noch nicht so verbreitet waren wie heute. Letztlich ist die Berechtigung dieser tatsächlichen Vermutung auch nicht entscheidungserheblich, weil die umfangreiche Beweisaufnahme vom 25.03.2014 ergeben hat, dass weitere Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten, denn sämtliche gehörten Zeugen haben dieses eingeräumt.
171.1.3 Nachdem der Beklagte auch seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, indem er detailliert geschildert hat, dass die im Einzelnen namentlich genannten Zeugen für einen zur Installation und Bedienung eines Filesharingprogramms ausreichenden Zeitraum unbeaufsichtigt Zugriff auf seinen Internetanschluss hatten, trifft den Kläger die volle Beweislast für die Täterschaft des Beklagten. Diesen ihr obliegenden Beweis hat die Klägerin durch das Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.03.2014 erbracht, den die dort gehörten Zeugen – die weiteren Mitnutzer des Anschlusses – kommen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ernsthaft als Täter in Betracht. Die Zeugin I2 hat bekundet, ein Bittorrent-Netzwerk nicht genutzt zu haben, insbesondere sage ihr auch dieser Begriff nichts, ebenso der Zeuge E2. Die Angaben des Zeugen E gehen ebenfalls dahin, Filesharing-Programme nicht genutzt zu haben, der Zeuge L2 hat erläutert nicht zu wissen, wie man Tauschbörsenprogramme bediene, gleiches gilt für den Zeugen T3. Auch die Angaben des Zeugen T4 reichen nicht, um dessen Täterschaft ernsthaft in Betracht zu ziehen. Der Zeuge hat bekundet, definitiv auszuschließen zu können, selbst einen Bittorrent-Client auf dem PC des Beklagten installiert zu haben, wollte aber nicht gänzlich ausschließen, „beiläufig“ Downloads (und damit automatisch verbunden der Upload) getätigt zu haben. Als Täter für die Urheberrechtsverletzung am hier streitgegenständlichen Album kommt er jedoch ebenfalls nicht in Betracht, weil der Zeuge auch angegeben hat, die Band N nicht zu hören. Zudem hat der Zeuge bekundet, nie allein vor dem PC gesessen zu haben, vielmehr habe der Beklagte mit einer Gruppe weiterer Freunde im Raum gesessen und hin und wieder habe man dann den PC benutzt. Allenfalls mag also denkbar sein, dass der Filesharing-Client bereits auf dem PC des Beklagten installiert war, während der Zeuge diesen dann in Gegenwart des Beklagten genutzt hat. Dies würde aber zur Haftung des Beklagten aus Unterlassung führen, weil er durch Installation und freie Zugänglichmachung des Filesharing-Clients für Gäste eine Gefahrenquelle geschaffen hat, die zur Handlungsverpflichtung seinerseits führt, die Nutzung durch Gäste zu verhindern – dies jedenfalls dann, wenn er sich im selben Raum befindet und die Nutzung daher unmittelbar wahrgenommen haben muss.
181.1.4 Nachdem somit sämtliche gehörten Mitnutzer als Alleintäter unter Ausschluss des Beklagten nicht in Betracht kommen, ist die Täterschaft des Beklagten bewiesen. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist ein solcher Schluss im Zivilprozess auch nicht unzulässig. Benennt die Beklagtenseite im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast bestimmte Personen als Mitnutzer des Anschlusses, so steht es der Klägerseite frei unter Angabe der Mitnutzer als Zeugen zu behaupten, dass diese als Täter nicht in Betracht kommen. Gelingt ihr dann – wie hier – dieser Beweis, ist der Schluss auf die Alleintäterschaft des beklagten Anschlussinhabers zulässig, weil ein anderer Geschehensablauf dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmöglich ist. Hieran ändert sich nichts im Hinblick auf die von der Klägerseite weiter angegebene Zeugin I, eine laut Angaben des Beklagten weitere Mitnutzerin, die sich zurzeit auf Weltreise im südpazifischen Raum befindet, ohne dass der Beklagte nähere Angaben zum Aufenthaltsort macht. Ist ein Zeuge nur einer Partei näher bekannt, so trifft diese Partei die Verpflichtung, die ladungsfähige Anschrift des Zeugen anzugeben, wenn er von der Gegenseite als Beweismittel angeboten wird. Kommt die Partei dieser Verpflichtung nicht nach, so ist nach den Grundsätzen der Beweisvereitelungslehre zu verfahren (BGH NJW 2008, 982). Eine Beweisvereitelung ist dabei dann gegeben, wenn eine Partei der beweispflichtigen anderen die Beweisführung schuldhaft erschwert oder verunmöglicht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, die den Zugriff auf das Beweismittel verunmöglichen (BGH NJW 2006, 434). Hier fällt dem Beklagten hinsichtlich der Zeugin I eine fahrlässige Beweisvereitelung zur Last. Dem Beklagten war bereits seit Erhalt der Abmahnung bekannt, dass er mit einer Inanspruchnahme zu rechnen hat und es im Zusammenhang damit darauf ankommen kann, ob etwaige Mitnutzer des Anschlusses als Täter in Betracht kommen. Ihm oblag daher die Verpflichtung, zumindest zu versuchen, dass die Zeugin I als Beweismittel erreichbar bleibt. Denkbar wäre hier die Beibehaltung des Kontaktes per Email während ihres Auslandsaufenthaltes oder die Benennung einer inländischen Person, die ihrerseits in der Lage ist, mit der Zeugin Kontakt aufzunehmen. Dass entsprechende Bemühungen des Beklagten vergeblich erfolgt sind, ist nicht ersichtlich. Rechtsfolge der Beweisvereitelung ist, dass die Beweisbehauptung in entsprechender Anwendung von §§ 427, 441 Abs. 3 ZPO als erwiesen zu betrachten ist, wobei diese Folge im Hinblick auf die Bandbreite unterschiedlicher Formen der Beweisverteilung nicht stets eintritt, sondern vielmehr eine Abwägung vorzunehmen ist, in die neben dem Grad der Beweisvereitelung auch die Wahrscheinlichkeit des Erwiesenseins der Beweisfrage nach dem Ergebnis der übrigen Beweisaufnahme einzubeziehen ist (MüKo-Prütting ZPO § 286 Rn. 92). Hier verhält es sich so, dass die übrigen Zeugen nahezu sämtlich bekundet haben, kein Filesharing betrieben zu haben, zudem ergibt sich aus der Aussage des Zeugen T4, dass die gemeinsamen Treffen so stattgefunden haben, dass sämtliche Gäste unter Anwesenheit des Beklagten gemeinsam zusammen gesessen haben und dabei gelegentlich den Computer genutzt haben. Dies lässt die Alleintäterschaft einer der weiteren anwesenden Personen, einschließlich der Zeugin I, äußerst unwahrscheinlich erscheinen. Aus dem Vortrag des Beklagten gemäß Schriftsatz vom 19.11.2012, dort Seite 2 (Bl. 212 der Akte) ergibt sich nichts, was auf eine herausgehobene Stellung der Zeugin I hin deutet, vielmehr wird sie – ebenso wie die übrigen vernommenen Zeugen – als Teil der gemeinsamen Studien- und Spielegruppe angeführt. Unter Berücksichtigung sowohl dieses Umstands als auch der Tatsache, dass angesichts der knappen Angaben zu ihrer Person dieses Beweismittel niemandem anders als dem Beklagten auch nur im Ansatz zugänglich ist, erscheint es in entsprechender Anwendung von §§ 427, 441 Abs. 3 ZPO angemessen, auch ohne Vernehmung der Zeugin I die Beweisbehauptung der Alleintäterschaft des Beklagten als erwiesen anzusehen. Soweit der Beklagte nunmehr im Termin vom März 2014, nach Abschluss der Beweisaufnahme, erstmals vorträgt, die Zeugin I habe im Jahr 2009 in seiner Wohnung gewohnt, so ändert auch dies – ohne dass es auf eine mögliche Verspätung dieses Vortrages ankommt – nichts an dieser Bewertung, denn der Kläger konnte im sich an die Termine anschließenden schriftlichen Verfahren nichts näher darlegen, was die Täterschaft der Zeugin I nunmehr erhöht wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Angabe, dass ihre Täterschaft sich daraus ergeben „könnte“, dass die Zeugin den Internetanschluss über einen eigenen Laptop genutzt hat, genügt angesichts des Ergebnisses der vorhergehenden Beweisaufnahme, wonach es sich bei der Wohnung des Beklagten um eine Einzimmerwohnung handelt und eine eigenständige Laptopnutzung der Zeugin I keine Erwähnung gefunden hat, hierfür nicht. Insbesondere mangelt es trotz Hinweis an näherem Vortrag dazu, auf welche Art und Weise in den beengten Räumlichkeiten eine eigenständige Internetnutzung der Zeugin I erfolgt sein soll.
191.2 Zur Haftung der Höhe nach
20Nachdem somit die Alleintäterschaft des Beklagten zur Überzeugung des Gerichts feststeht, ist zur Höhe des Schadenersatzes zu befinden. Die Schadenshöhe ist dabei in Abwesenheit konkreter Umstande gemäß § 287 ZPO nach Ermessen des Gerichts zu schätzen, wobei hinzunehmen ist, dass das Ergebnis der Schätzung nicht unbedingt mit der Wirklichkeit übereinstimmt (OLG Hamburg BeckRS 2013, 20105).
211.2.1 Unzutreffend ist es, bei der Bemessung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie einen privaten Filesharer mit einem kommerziellen Lizenznehmer gleichzusetzen. Unerheblich ist auch, dass der Beklagte sich zur Berechnung der Schadenshöhe nicht geäußert hat, denn unstreitig feststehen können lediglich Tatsachen, nicht aber Rechtsauffassungen. Als unstreitig anzusehen sind damit die Ausführungen der Klägerseite zur Marktüblichkeit der Gewährung kommerzieller Lizenzen; nicht jedoch, dass diese Lizenzen als Vergleichslizenz im Rahmen der Lizenzanalogie herangezogen werden können, denn hierbei handelt es sich um eine Rechtsfrage. Der Schadenersatz nach Lizenzanalogie ist danach zu berechnen, was ein vernünftiger Lizenzgeber verlangt und ein vernünftiger Lizenznehmer gezahlt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (BGH GRUR 1990, 1008). Die Tatsache, dass Lizenzen zum Filesharing auf dem Markt nicht angeboten werden, führt zwar nicht zur Unanwendbarkeit der Berechnung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, darf aber auch nicht dazu führen, dass eine ungeeignete Vergleichslizenz herangezogen wird. Es besteht daher keine ausreichende Grundlage, unabhängig von der Dauer der Filesharing-Nutzung einen hohen Pauschalbetrag mit der Begründung festzusetzen, dass Lizenzen zur Verbreitung in geringem Umfang nicht marktüblich seien, vielmehr mit hohen Mindestbeträgen operiert würde. Das Betreiben von Filesharing durch eine Privatperson kann wegen der Andersartigkeit der Verbreitung als auch wegen dem fehlenden kommerziellen Interesse – eigentlicher Zweck der Nutzung des Filesharings ist die Versorgung mit Mediendateien zur Eigennutzung – nicht mit der Verbreitung durch einen kommerziellen Lizenznehmer verglichen werden. Hierin unterscheidet sich die Berechnung des Lizenzschadenersatzes im Rahmen von Filesharing wesentlich von dem der Entscheidung BGH GRUR 1990, 1008 zu Grunde liegenden Sachverhalt. Die dortigen Ausführungen des Bundesgerichtshofs, wonach der Schädiger das Risiko der nicht vollständigen Verwertung marktüblicher Pauschallizenzen trage, setzen voraus, dass solche marktüblichen Lizenzen existieren. Indes ist dies aber nicht der Fall, denn eine solche Lizenz wäre wegen der Unentgeltlichkeit des Filesharing nicht marktgängig und würde von keinem vernünftigen Lizenznehmer gezahlt werden. Das fehlende kommerzielle Interesse des im Grunde als Verbraucher handelnden Filesharers – Hauptzweck seines Handelns ist die Eigennutzung – unterscheidet Filesharing ganz wesentlich von der typischen Situation im Urheberrecht, dass ein kommerzieller Marktteilnehmer in eigener Gewinnerzielungsabsicht unerlaubt in fremde Urheber- oder ausschließliche Nutzungsrechte eingreift. Dieser gewichtige Unterschied hat letztlich auch zur Folge, dass die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze nicht unkritisch auf Filesharing übertragen werden dürfen. Das Postulat, dass ein Schädiger das Risiko für die Nichtausnutzung marktüblicher Pauschallizenzen trage, passt nur auf den kommerziell handelnden Schädiger, angewendet auf eine Privatperson, die lediglich in dem Interesse handelt, den eigenen Kaufpreis zu ersparen, an der Weiterverbreitung an Dritte aber keinerlei finanzielles Interesse hat, führt es dagegen zu völlig unangemessenen Ergebnissen. Dies zeigt sich daran, dass unter Anwendung der Berechnungsmethode der Klägerseite, wonach schon für ein einzelnes Werk einer vergleichsweise unbedeutenden Künstlerin ein Pauschalbetrag von 5‘000 Euro für bis zu 7‘000 Downloads anzunehmen sei, die Klägerin hier nicht nur 200 Euro, sondern Beträge von über 5‘000 Euro pro Titel verlangen könnte. Allein die Möglichkeit, ohne Auswechslung der rechtlichen Begründung auch diesen ersichtlich unangemessenen Betrag begehren zu können, zeigt, wie unpassend dieser Ansatz im Verhältnis zu einem privaten Filesharer ist. Der Anwendung eines pauschalen Schadenersatzes steht zudem der Rechtsgedanke des § 309 Nr. 5 BGB entgegen. Ein Filesharer, für den die Verbreitung ihn wirtschaftlich nicht interessierende Nebenfolge des Downloads zu eigenen Konsumzwecken ist, befindet sich in einer einem Verbraucher ähnlichen Position. Auf ihn ist daher der Rechtsgedanke anzuwenden, dass die Höhe des Schadenersatzes am tatsächlich von ihm verursachten Schaden auszurichten ist. Nachdem der Schadenersatz nach Lizenzanalogie sich aber gerade losgelöst von einem konkreten Schaden berechnet, vielmehr dem Schädiger dessen Nachweis gerade ersparen soll (Wandtke / Bullinger-v. Wolff UrhG § 97 Rn. 73), begegnet diese Berechnungsgrundlage gegenüber einer in verbraucherähnlicher Stellung stehenden Privatperson schon grundsätzlichen Bedenken. Die Lizenzanalogie ist im Urheberrecht seit sehr langer Zeit gewohnheitsrechtlich anerkannt, jedoch ist bei ihrer Anwendung zu bedenken, dass bis vor wenigen Jahren urheberrechtliche Streitigkeiten typischerweise zwischen kommerziellen Marktteilnehmern geführt worden sind, die zunehmende Beteiligung von verbraucherähnlich handelnden Privatpersonen ist eine neue Entwicklung der letzten Jahre, die im Zusammenhang mit der rasanten Verbreitung der Nutzung des Internets steht. Die Berechnung des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie ist in einem solchen Fall zwar nicht unzulässig, denn diese Berechnungsmethode wurde durch den modernen Gesetzgeber in Kenntnis dieser Entwicklung in § 97 Abs. 2 S.3 UrhG ausdrücklich normiert, jedoch gebietet ihre Anwendung Zurückhaltung dahingehend, dass gegenüber verbraucherähnlich handelnden Personen keine Pauschallizenzen als Vergleichsmaßstab in Betracht kommen dürfen, sondern der Schadenersatz nach Lizenzanalogie für Filesharing sich an der auf dem Markt erzielbaren Lizenzeinnahme für einen Einzeldownload über einen legalen Anbieter zu orientieren hat (Einsatzbetrag) und abschließend eine Angemessenheitsprüfung des Ergebnisses zu erfolgen hat. Der Einsatzbetrag entspricht dagegen nicht dem Verkaufspreis des Musikalbums, weil dieser sich aus weiteren Kostenfaktoren zusammensetzt als lediglich der angemessenen Lizenzgebühr. Sodann ist eine Multiplikation mit der Anzahl der zu erwartenden berücksichtigungsfähigen Downloads (also solchen, die den Rechteinhaber beeinträchtigen) vorzunehmen, nachfolgend ist die besondere Eingriffsintensität des Filesharing durch einen Aufschlag zu berücksichtigen. Schlussendlich ist eine Überprüfung vorzunehmen, ob das so gefundene Ergebnis auch bei einer Vielzahl von Titeln noch angemessen ist (so im Grundsatz auch OLG Hamburg BeckRS 2013, 20105 vom 07.11.2013).
221.2.2 Der Einsatzbetrag beträgt hier 0,92 Euro pro Titel entsprechend dem Klägervortrag, dass es sich hierbei um einen angemessenen Lizenzpreis für einen einzigen Download handelt (Bl. 29 Schriftsatz vom 22.07.2013, Bl. 135 der Akte, sowie Anlage K15, Bl. 350 der Akte), wobei sich bereits aus der allgemeinen Bekanntheit der Künstlergruppe und des Albums ergibt, dass das Werk der höchsten Kategorie der Lizenzpreise zuzurechnen ist.
231.2.3 Der Anzahl der möglichen Vervielfältigungen darf sodann nicht durch einen pauschalen Multiplikationsfaktor Rechnung getragen werden, vielmehr ist sich am Einzelfall zu orientieren, wieviel direkte Downloads anderer Teilnehmer des Filesharing-Netzwerkes unter Verwendung von Chunks der Beklagtenseite möglich erscheinen. Der Multiplikationsfaktor hängt damit also wesentlich davon ab, über welchen Zeitraum das Werk durch die Beklagtenseite dem Filesharing-Netzwerk zur Verfügung gestellt worden ist. Ist, wie hier, lediglich zu einem einzigen Zeitpunkt eine IP-Adresse der Beklagtenseite zugeordnet, so ist davon auszugehen, dass das Werk lediglich für die Dauer der Downloadzeit für das vollständige Werk anderen zur Verfügung gestellt worden ist, denn im Bittorrent-Netzwerk ist der Upload von Dateiteilen bereits möglich, bevor das vollständige Werk vom Teilnehmer heruntergeladen ist. Ohne anderweitigen substantiierten Vortrag der Beklagtenseite kann also nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass das Werk vollständig heruntergeladen werden sollte, also während der Downloadzeit eine Verbreitung stattgefunden hat. Eine längere Verbreitungsdauer kann ohne entsprechende Anhaltspunkte aber nicht unterstellt werden, weil dies nach der Lebenserfahrung kein typischer Geschehensablauf ist. Zwar kann es sein, dass der Downloader das Werk im Filesharing-Verzeichnis stehen lässt, so dass eine fortlaufende Veröffentlichung jedesmal gegeben ist, wenn der Filesharingclient gestartet wird; ebenso ist es aber auch denkbar, dass das Werk nach Abschluss des Downloads gerade zur Verhinderung der weiteren Verbreitung in einen Bereich des Datenträgers kopiert wird, der keinen Zugriff des Filesharingclients mehr ermöglicht. Dies liegt auch nahe, weil der eigentliche Zweck der Nutzung des Filesharings mit dem vollständigen Download der Datei erreicht ist, so dass es auch nicht überzeugend erscheint, im Hinblick darauf, dass man einen Filesharing-Client üblicherweise nicht nur für den Download eines einzigen Werkes installiere, eine längere Dauer der Zurverfügungstellung eines bestimmten Werkes zu unterstellen (verfehlt daher OLG Hamburg BeckRS 2013, 20105 vom 07.11.2013 insoweit als hier ohne nähere Begründung davon ausgegangen wird, dass wegen der Vielzahl an Teilnehmern der Tauschbörse auch bei lediglich einem festgestellten Zeitpunkt der Veröffentlichung jedenfalls von 400 Kopien auszugehen sei). Durch eine solch einschränkende Annahme hinsichtlich des Verbreitungszeitraums, werden die Rechteinhaber nicht unzumutbar in der Wahrnehmung ihrer Rechte eingeschränkt. Es gehört zu den allgemeinen Grundregeln des Zivilprozesses, dass der Geschädigte die Schadenshöhe jedenfalls insoweit zu beweisen hat als sie über den üblicherweise zu erwartenden Mindestschaden hinausreicht. Dies ist dem Rechteinhaber im Fall der Rechtsverletzung durch Filesharing-Netzwerke auch möglich und zumutbar, denn eine längere Überwachung nebst Zuordnung mehrerer IP-Adressen zum Anschluss der Beklagtenseite über einen Zeitraum mehrerer Tage oder Wochen ist technisch möglich und es ist gerichtsbekannt, dass hiervon auch Gebrauch gemacht wird. Dem Gericht sind mehrere Parallelverfahren – gerade auch dieselbe Klägerin betreffend - bekannt, in denen dem Anschlussinhaber diverse IP-Adressen über den Zeitraum mehrerer Wochen hinsichtlich der Verbreitung desselben Werkes zugeordnet worden sind.
241.2.4 Legt man hier allein die Downloadzeit als Nutzungszeit des Filesharings zu Grunde, so ergibt sich durchaus die Möglichkeit, dass ein Download durch Dritte unter Verwendung von Chunks der Beklagtenseite gar nicht stattgefunden hat:
25Ein üblicher DSL6000-Anschluss ermöglicht den Download mit bis zu 6016 kbit/s. Dies entspricht 752 KB/s. Eine Musikdatei entspricht etwa einer Größe von 4 MB, somit ergeben sich für das gesamte Album etwa 60 MB, demnach 61‘440 KB. Mithin beträgt unter optimalen Bedingungen die Downloadzeit ca. 82 Sekunden. Uploads sind über den DSL6000-Anschluss lediglich mit einer Geschwindigkeit von 384 kbit/s, also 48 KB/s, möglich. Innerhalb eines Zeitraums von 82 Sekunden können demnach theoretisch maximal 3,8 MB (1 MB = 1024 KB) an andere Nutzer des Filesharing-Netzwerkes verbreitet werden. Gemäß FAQ (bittorrent-faq.de) beträgt die Größe eines einzelnen Chunks, also einer kleinsten Einheit, aus denen sich die gesamte heruntergeladene Datei zusammensetzt, 9 MB. Das Filesharing erfolgt hier nach dem Bittorrent-Protokoll weil der von der Klägerseite als Azureus bezeichnete Client (aktuelle Bezeichnung Vuze) nach diesem Protokoll arbeitet (http://de.wikipedia.org/wiki/Vuze; Beschreibung des Programms unter http://www.vuze.com/). Innerhalb des eigenen Downloadzeitraums ist somit der Download eines vollständigen Chunks durch Dritte gar nicht möglich, obwohl bei dieser Berechnung schon Reaktionszeiten und ein langsamer als mit der maximalen Geschwindigkeit des Anschlusses stattfindender Download nicht berücksichtigt sind, da davon ausgegangen wird, dass es sich hierbei um Faktoren handelt, die im Risikobereich des Nutzers des Filesharings liegen. Auch die Berechnung unter Annahme eines schnelleren DSL-Anschlusses führt zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis, weil das Verhältnis der Uploadgeschwindigkeit zur Downloadgeschwindigkeit stets ähnlich ist.
26Hier ist jedoch durch die Klägerseite der Beweis erbracht, dass das Werk länger als nur für die eigene Downloadzeit zur Verfügung gestanden hat, da eine Ermittlung der IP-Adresse als Uploader stattgefunden hat, mithin eine Verbreitung erfolgt sein muss. Gerade im Hinblick darauf, dass – gerade anders als in anderen Verfahren derselben Klägerin – nur eine IP-Adresse zugeordnet worden ist, ist aber die Verbreitung lediglich an einem einzigen Tag bewiesen. Da die Lebenserfahrung es nahe legt, dass es sich bei dem seitens des ermittelnden Softwareuntenehmens stattgefundenen Download nicht um den einzigen stattgefundenen handelt, ist als Zeitraum der Verbreitung bei nur einer festgestellten IP-Adresse die durchschnittliche zu erwartende Nutzungszeit des Filesharing-Netzwerkes an einem Tag anzusetzen. Angesichts üblicher Arbeits-, Schlaf- und Abwesenheitszeiten erscheint eine Schätzung dahingehend angemessen, dass pro Tag eine Verbindung mit dem Filesharing-Netzwerk für die Dauer von 3 Stunden erfolgt ist. In diesem Zeitraum ist unter Zugrundelegung der Geschwindigkeit eines DSL6000-Anschlusses ein Download durch Dritte bei einer Uploadgeschwindigkeit von 48 KB/s im Umfang von 506 MB möglich, mithin bei einer Chunkgröße von 9 MB können theoretisch 56 Kopien des Albums unter Beteiligung von Chunks des Beklagten gezogen werden. Die Annahme eines DSL6000-Anschlusses ist gerechtfertigt, da schnellere Anschlüsse im Jahr 2009 noch nicht so verbreitet waren. Im Hinblick auf das weltumspannende Filesharing-Netzwerk kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass in diesem Zeitraum tatsächlich eine solche Anzahl von Kopien gezogen worden ist, die das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerseite beeinträchtigen, denn der Klägerin steht dieses nur für das Gebiet der BR Deutschland zu. Das hier streitgegenständliche Album beinhaltet jedoch ausschließlich englischsprachige Titel, die weltweit von Interesse sind. Der deutschsprachige Raum macht hier nur einen geringen Anteil aus, so dass lediglich 20% der rechnerisch angenommenen 56 Kopien zu berücksichtigen sind, mithin 11 Kopien. Ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, sei bemerkt, dass ein ähnlicher Abschlag auch bei deutschsprachigen Titeln im Hinblick darauf vorzunehmen sein wird, dass die Zahl der Interessenten aus dem Inland hieran nicht höher anzusetzen ist als bei im Inland beliebten englischsprachigen Interpreten. Es ergibt sich somit ein Betrag von 0,92 Euro * 11 = 10,12 Euro pro Werk.
271.2.5 Der so errechnete Betrag ist nun wiederum zu erhöhen, weil die bisherige Berechnung dem Wesen des Filesharing noch nicht hinreichend Rechnung trägt. Bei der Bildung der Lizenzanalogie wurde der Filesharer bislang so behandelt als würde er das Werk lediglich an diejenigen Personen verbreiten, die bei ihm bereits angekommene Chunks der Datei downloaden. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Filesharer mit dazu beiträgt, dass während der andere Nutzer, der Chunks des Filesharers herunterlädt, auf die Zusammenstellung des gesamten Werks aus verschiedenen Quellen wartet, dieser von ihm zur Verfügung gestellte Chunk durch den Herunterladenden wiederum an weitere Nutzer verbreitet wird. Indes würde es aber zu weit gehen, den einzelnen Filesharer letztlich für jede lauffähig erzeugte Kopie täterschaftlich haften zu lassen, an deren Entstehen er über die Verbreitungskette an irgendeiner Stelle beteiligt ist. Würde man dies tun, hätte dies zur Folge, dass die Teilnehmer am Filesharing-Netzwerk in ihrer Gesamtheit als Mittäter mit der Folge gesamtschuldnersicher Haftung nach § 840 Abs. 1 BGB anzusehen wären. Dies würde aber zu weit gehen, denn es erscheint im Hinblick auf die Anonymität und die fehlende hierarchische Organisation eines Filesharingnetzwerks unangemessen, jeden einzelnen Nutzer im Ergebnis für die Rechtsverletzungen des gesamten Netzwerkes haften zu lassen. Hierbei ist insbesondere zu bedenken, dass die gesamtschuldnerische Haftung sich auch daraus rechtfertigt, dass der einzelne Schädiger, der auf den vollen Betrag in Anspruch genommen wird, gemäß § 426 Abs. 1 S.1 BGB von den übrigen Schädigern Ausgleich verlangen kann. Dem einzelnen Filesharer ist es aber von Anfang an unmöglich, Ausgleichsansprüche gegen die ihm dauerhaft unbekannt bleibenden weiteren Nutzer geltend zu machen; ebenso ist es unmöglich zu ermitteln, in welcher Höhe die Forderung des Rechtsinhabers bereits durch Zahlung anderer Filesharer an ihn erfüllt ist. Bereits diese Überlegungen zeigen, dass der Begriff der Mittäterschaft überdehnt würde, wenn diese über die hier ermittelten lauffähigen Kopien, die unter unmittelbarer Beteiligung von Chunks des Beklagten zu Stande kommen können, ausgedehnt würde. Nur hinsichtlich dieses direkten Downloads von beim Beklagten bereits gespeicherten Werkteilen liegt Mittäterschaft der einzelnen unbekannten Filesharingnutzer vor, so dass der Beklagte gemäß § 840 Abs. 1 S.1 BGB auf den vollen lizenzanalogen Schadenersatz haftet, obwohl er lediglich für die Verbreitung eines Teils des Werkes verantwortlich ist.
28Da somit also eine mittäterschaftliche Haftung des einzelnen Filesharers für die sich anschließende Weiterverbreitung nicht gegeben ist, ist diese durch eine angemessene Erhöhung des errechneten Betrages zu berücksichtigen, die sich daraus rechtfertigt, dass die bislang zum Vergleich angenommene Lizenz zur Ermöglichung des Downloads durch Dritte eingriffsärmer ist als das vorgenommene Filesharing, dem eine weitergehende Verbreitung immanent ist. Bei der angemessenen Erhöhung ist zu berücksichtigen, dass die theoretisch errechnete Anzahl von Downloads unter Beteiligung von Chunks des Beklagten so tatsächlich nicht zu erwarten ist, weil Leerlaufzeiten mangels Nachfrage und Reaktionszeiten des Netzwerkes nicht berücksichtigt sind. Bei der Erhöhung des errechneten lizenzanalogen Schadenersatzes ist weiter zu berücksichtigen, dass der Verursachungsanteil des einzelnen Nutzers im Laufe der Weiterverbreitungskette immer mehr zurücktritt und auch bei der Weiterverbreitung zu berücksichtigen ist, dass diese überwiegend an Nutzer erfolgen wird, die nicht im Inland leben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass gerichtsbekannt die Rechteinhaber sehr umfangreich gegen Nutzer von Filesharing-Netzwerken vorgehen, mithin also bei einer deutlichen Erhöhung des Einsatzbetrages die Gefahr der Überkompensation durch Zugriff auf mehrere Stellen des Netzwerkes besteht. Insgesamt erscheint dem Gericht im Hinblick auf diese Erwägungen eine Verdoppelung des oben errechneten Betrages zur Berücksichtigung der besonderen Eingriffsintensität des Filesharings angemessen und im Hinblick auf den geringen Verursachungsbeitrag des Einzelnen auch ausreichend. Damit ergibt sich nunmehr ein zu leistender Betrag von 20,24 Euro pro Werk. Angesichts der 13 Titel, die das Album aufweist, ergibt sich damit ein Gesamtbetrag von 263,12 Euro. Dieses Ergebnis bedarf keiner abschließenden Billigkeitskorrektur, weil er sich der Höhe nach in einem Bereich hält, der für den Beklagten zumutbar ist. Bei einer längeren Zurverfügungstellung von Musikalben, die rechnerisch einen Schadenersatz in Höhe von 200 Euro pro Titel ergeben können, wird eine Billigkeitskorrektur jedoch wohl vorzunehmen sein (so auch OLG Hamburg BeckRS 2013, 20105 für den Fall der Verbreitung nicht nur einzelner Werke, sondern eines vollständigen Musikalbums). Diese Billigkeitskorrektur rechtfertigt sich daraus, dass mit der Berechnung des Schadenersatzes nach der Methode der Lizenzanalogie eine Berechnungsart gewählt ist, der die Gefahr der Überkompensation immanent ist, da sie nicht auf den tatsächlich nachgewiesenen wirtschaftlichen Schaden abstellt. Zu dem bereits erläuterten Gebot, diese Berechnungsart gegenüber einer in verbraucherähnlicher Stellung handelnden Person zurückhaltend anzuwenden, gehört auch eine Billigkeitsüberprüfung dahingehend vorzunehmen, ob die Berechnungsart zu einem Schadenersatz in einer Höhe führt, die angesichts des Grades des persönlichen Verschuldens und dem gewonnen persönlichen Nutzen, der sich auf die einzige zur Eigennutzung gezogene Kopie beschränkt (so auch der zutreffende Gedanke von AG Köln 125 C 495/13 vom 10.03.2014, das allerdings unzutreffend den Schadenersatz am Wert der Einräumung eines Rechtes zur Eigennutzung bemisst und damit die Verbreitung gar nicht berücksichtigt), angemessen ist
291.3 Der Streitwert der Abmahnung, aus dem die Rechtsanwaltsgebühren zu berechnen sind, ist hier mit 1‘315 Euro anzusetzen, jedoch hat die Beklagtenseite die Kosten der Abmahnung wegen deren Unbrauchbarkeit letztlich nicht zu tragen.
301.3.1 Streitwerte von 10‘000 Euro und mehr erscheinen nicht gerechtfertigt. Sie stehen außer Verhältnis zur Höhe des zu leistenden lizenzanalogen Schadenersatzes und berücksichtigen auch nicht hinreichend, dass durch die abmahnende Vorgehensweise gegen den Einzelnen das Filesharing in seiner Gesamtheit nur wenig berührt wird. Die Annahme eines hohen Streitwertes zum Zwecke der Generalprävention, also im Hinblick auf eine möglicherweise abschreckende Wirkung gegenüber Dritten, ist dem Zivilrecht wesensfremd und daher unzulässig (OLG Celle BeckRS 2011, 28345). Die Höhe des Streitwertes des Unterlassungsanspruchs ist gegenüber Privatpersonen zurückhaltend zu bestimmen und beträgt im Hauptsacheverfahren das Dreifache der Lizenzgebühr im Fall eines Fotos bei einer Ebay-Versteigerung (OLG Nürnberg NJOZ 2013, 1035). Das OLG Düsseldorf nimmt jedenfalls dann, wenn der Schadenersatz nach Lizenzanalogie sich aus einer hohen Jahreslizenz bemisst, selbst im Fall einer Verbreitung einer öffentlichen Fußball-Übertragung durch einen Gastwirt unter Verletzung der ausschließen Nutzungsrechte des Rechteinhabers, also bei einer Verletzung im kommerziellen Bereich, lediglich eine Verdreifachung des Schadenersatzes zur Bemessung des Streitwertes der Unterlassung vor (OLG Düsseldorf I 20 W 81/12 vom 19.12.2013). Geht es um Schadenersatz wegen Filesharings ist zu berücksichtigen, dass die Eingriffsschwere im Hinblick auf die Weiterverbreitungsmöglichkeit tiefer ist als bei einer zeitlich eng begrenzten privaten Ebay-Auktion. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die dem Filesharing immanente Möglichkeit unendlicher Weiterverbreitung bereits bei der Höhe des Schadenersatzes berücksichtigt ist und daher wenig Anlass besteht, aus diesem Grund nochmals den Streitwert massiv zu erhöhen. Insgesamt erscheint dem Gericht gegenüber einer Privatperson, die Filesharing betreibt, ein Streitwert in Höhe des Fünffachen des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie, hier also 1‘315 Euro, angemessen.
311.3.2 Indes sind die Abmahnkosten hier gar nicht durch die Beklagtenseite zu tragen, weil es sich bei der Abmahnung um eine gänzlich unbrauchbare Leistung handelt. Das OLG Düsseldorf hat eine Abmahnung, in der weder das einzelne Werk, das Gegenstand der Rechtsverletzung war, bezeichnet worden ist, noch eine hinreichend konkrete Unterlassungsverpflichtung deutlich wird, als derart unbrauchbar angesehen, dass eine Erstattung der Abmahnkosten mangels Verpflichtung des Auftraggebers zur Tragung derselben nicht in Betracht kommt. Das OLG Düsseldorf hat dabei weiter dahingehend formuliert, dass vorformulierte Unterlassungserklärungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) anzusehen seien und das Verlangen einer Unterlassungsverpflichtung bezogen auf das gesamte Repertoire ohne Nennung konkreter Titel gemäß §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei, weil hierdurch der Schuldner dadurch unangemessen benachteiligt werde, dass ihn das Risiko dafür treffe, ob ein bestimmtes Werk zum Repertoire der Klägerin gehört oder nicht (OLG Düsseldorf MMR 2012, 253). Dem ist beizupflichten. Das hier zur Anwendung gekommene Abmahnschreiben vom 08.07.2009 unterscheidet sich von dem der Entscheidung des OLG Düsseldorf zu Grunde liegenden dadurch, dass zwar das Musikalbum, das Gegenstand der Verletzungshandlung ist, konkret bezeichnet ist, jedoch wird der Beklagte sodann auch hier aufgefordert, es zu unterlassen, jegliches Musikrepertoire der Klägerin im Internet verfügbar zu machen oder auf sonstige Weise auszuwerten, zudem ist eine gleichlautende Unterlassungserklärung zur Unterschrift beigegeben. Mindestmaß für eine ordnungsgemäße Abmahnung ist ihre Fähigkeit, einen Unterlassungsprozess zu vermeiden (OLG München NJW-WettbR 1998, 65). Dies ist bei der verwendeten Formulierung der Abmahnung indes weiterhin nicht der Fall. Eine Filesharing-Abmahnung ist an den Empfängerhorizont einer nicht rechtlich erfahrenen verbraucherähnlich handelnden Person auszurichten; sie muss damit eine solche Person in die Lage versetzen, die Unterlassungserklärung, die nicht vorformuliert werden muss – jedoch wenn sie vorformuliert ist, brauchbar sein muss - so zu formulieren, dass sie rechtliche Wirksamkeit für sich beanspruchen kann. Eine rechtlich unerfahrene Person wird die Abmahnung aber zum Anlass nehmen, eine Unterlassungserklärung so abzugeben wie sie in der Unterlassungsaufforderung formuliert ist, nämlich bezogen auf das gesamte Musikrepertoire ohne Nennung eines konkreten Titels. Eine solche Unterlassungserklärung wäre aber nicht geeignet, einen Unterlassungsprozess zu vermeiden, weil sie aus den von OLG Düsseldorf MMR 2012, 253, dargestellten Gründen unwirksam ist und zwar auch dann, wenn eine gleichlautende Unterlassungserklärung nicht beigegeben ist, denn es macht keinen Unterschied, ob die Unterlassungserklärung als separates Dokument beiliegt oder dem Empfänger der Abmahnung durch die dort gewählte Formulierung nahegelegt wird, welche Formulierung der Abmahnende erwartet. In beiden Fällen ist dem Empfänger vorformuliert, welche Reaktion von ihm erwartet wird, so dass in beiden Fällen Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen.
32Die von der Klägerin verwendete Formulierung des Unterlassungsbegehrens unterscheidet sich wesentlich von der vielfach in anderen Abmahnungen sinngemäß verwendeten „… es zu unterlassen, geschütztes Repertoire, insbesondere das Werk XXX…, zu verbreiten…“ Würde eine dieser Aufforderung entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben, wäre diese zwar hinsichtlich des überschießenden Teiles unwirksam, würde aber für den Titel, der konkret Anlass der Abmahnung war, dennoch Geltung beanspruchen können und damit in der Lage sein, einen Unterlassungsprozess zu vermeiden. Von einer Privatperson als Empfänger einer Abmahnung kann nicht erwartet werden, dass diese selbstständig die in der Abmahnung formulierte Unterlassungsaufforderung bei Abgabe der Unterlassungserklärung dahingehend einschränkt, dass diese auf ein bestimmtes Werk bezogen wird. Auch wenn dies im Einzelfall so sein mag, dient die Formulierung der Standardabmahnung nebst Beigabe der wortgleichen Unterlassungserklärung ersichtlich dem Zweck, den Empfänger zu veranlassen, die vorformulierte gemäß §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB jedoch unwirksame Unterlassungserklärung abzugeben. Dies genügt im Hinblick auf die damit verbundene Gefährdung des Ziels, außergerichtlich eine wirksame Unterlassungserklärung zu erhalten, für die Annahme einer unbrauchbaren anwaltlichen Dienstleistung. In einem gedachten Prozess zwischen Auftraggeber und abmahnendem Rechtsanwalt würde daher auch für jede so formulierte Abmahnung nebst Unterlassungserklärung der Vergütungsanspruch unabhängig davon entfallen, wie die Empfängerseite sich konkret auf die Abmahnung hin verhalten hat.
331.4 Die Zinsforderung ergibt sich aus § 291 BGB. Zeitpunkt der Rechtshängigkeit ist nicht derjenige der Zustellung des Mahnbescheids, weil die Rückwirkung gemäß § 696 Abs. 3 ZPO nur eintritt, wenn die Abgabe an das Streitgericht alsbald erfolgt. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Klägerseite durch zügige Zahlung der weiteren Gerichtsgebühren innerhalb von 14 Tagen die Voraussetzungen der Abgabe schafft (BGH NJW 2009, 1213). Bei der Anforderung der Kosten am 10.01.2013 ist dies bei einem Zahlungseingang am 14.03.2013 auch unter Berücksichtigung von Postlaufzeiten nicht mehr der Fall. Rechtshängigkeit tritt damit mit Eingang beim Streitgericht am 25.03.2013 ein (BGH aaO), so dass gemäß § 187 Abs. 1 BGB Prozesszinsen ab dem Folgetag zu leisten sind.
341.5 Auch wenn es für den konkreten Fall jedenfalls in dieser Instanz hierauf nicht ankommt, sieht sich das Gericht noch zu folgender Bemerkung veranlasst: Entgegen der Auffassung des OLG Hamburg, BeckRS 2013, 20105, dürfte es sich bei der Berechnung der Höhe des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie bei Filesharing-Fällen nicht lediglich um die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall handeln. Vielmehr stellen sich aus Sicht des Amtsgerichts hierbei durchaus grundlegende Rechtsfragen, nämlich in welchem Umfang die bisher von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Lizenzanalogie auf in verbraucherähnlicher Stellung handelnde Privatpersonen übertragbar sind und wie genau die Berechnung der Höhe des Schadenersatzes vorzunehmen ist, insbesondere von welchem Vervielfältigungsfaktor bei lediglich punktuell festgestellten Zeitpunkten einer Rechtsverletzung auszugehen ist. Angesichts des Massenanfalls von Filesharing-Fällen erscheint eine Zersplitterung der Rechtsprechung in Einzelansichten verschiedener Amts-, Land- und Oberlandesgerichte der Gerechtigkeit nicht zuträglich. Daher dürfte nach Auffassung des Amtsgerichts sowohl eine grundsätzliche Bedeutung der Sache gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegeben sein als auch die Fortbildung des Rechts und die Sicherung der Einheit der Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in Filesharing-Fällen eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich machen.
352 Die Kostenentscheidung folgt §§ 91, 92 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
363 Der Streitwert beträgt 3‘879,80 Euro.
37Rechtsbehelfsbelehrung:
38Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
39a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
40b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
41Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
42Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.
43Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
44Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.879,80 € bis 21. Januar 2013, 2579,- € ab 22. Januar 2013 und 2111,- € ab 31.1.2014 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe von Schadenersatz- und Aufwendungsersatzansprüchen der Klägerin gegen den Beklagten wegen unberechtigter Verwertung des Musikalbums ... in einer Internettauschbörse.
Am 30.8.2009 um 14:59:00 Uhr wurde das streitgegenständliche Musikalbum über den häuslichen Internetanschluss des Beklagten, dem durch den Provider die IP-Adresse 79.197.250.179 zugeteilt war, in einer Tauschbörse über eine auf dem „eDonkey2000“-Protokoll basierende Software angeboten. Die IP-Adresse wurde durch die Fa. ... ermittelt und aufgrund Beschlusses des Landgerichts Köln (Az. 9 OH 334/09) wurde durch die Fa. ... der Beklagte als Anschlussinhaber beauskunftet.
Die Klägerin ist Inhaberin von Verwertungsrechten am streitgegenständlichen Musikalbum. Dem Beklagten hatte die Klägerin keine Verwertungsrechte eingeräumt.
Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 4.1.2010 ließ die Klägerin den Beklagten wegen Urheberrechtsverletzungen am streitgegenständlichen Musikalbum abmahnen (Anlage K4, auf die Bezug genommen wird).
Dem Beklagten wurde in dem Schreiben konkret vorgeworfen, er habe das Musikalbum zur Tatzeit 59 anderen Nutzern der Tauschbörse unmittelbar zugänglich gemacht. Hierfür wäre bei legalem Erwerb ein Preis von jeweils durchschnittlich 11,00 € zu zahlen gewesen, woraus sich ein Gesamtumsatz in Höhe von 649,- € und hieraus ein Schadenersatz wegen verlorener Online-Verkäufe ableiten ließe.
Gefordert wurde die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Klägerin ließ dem Beklagten gegenüber weiterhin erklären, dass er auf Zahlung von Schadensersatz und den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Anspruch genommen werden könne. Gleichzeitig wurde dem Beklagten ein Vergleich dergestalt angeboten, dass mit einer Zahlung von 1.200,- € sämtliche Forderungen abgegolten werden könnten.
Der Beklagte gab unter dem 10.1.2010 eine Unterlassungserklärung ab, erklärte die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung in fahrlässiger Weise begangen zu haben und bot eine Vergleichssumme in Höhe von 150,- € an. Das Schreiben wurde vom Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 16.1.2014 vorgelegt. Als Adressat ist ... Rechtsanwälte, zu Hd. Herrn ..., angegeben. Der Beklagte gibt hierin u. a. an, die streitgegenständliche Tonaufnahme sei von ihm auf eine CD-R gebrannt und danach von der Festplatte gelöscht worden. Wie die Tonaufnahme sich im Internet verhalten habe, könne er nicht beurteilen. Die Software stelle den Upload eigenständig bereit. Es sei definitiv kein Gewerbe betrieben worden.
Die Klägerin lehnte das Angebot des Beklagten ab und erneuerte ihr Vergleichsangebot vom 4.1.2010.
Die Klägerin machte mit Beantragung des Erlasses eines Mahnbescheids am 17.12.2012 Kosten für die anwaltliche Abmahnung vom 4.1.2010 in Höhe von 1.379,80 € geltend. Hierbei wurde ein Gegenstandswert in Höhe von 50.000.- Euro bei einer 1,3 Gebühr nach RVG angesetzt. Die Klägerin forderte zusätzlich „Lizenzschadensersatz“ von 2.500,- Euro.
Der Beklagte legte mit Schreiben vom 18.1.2013, eingegangen bei dem Amtsgericht Wedding - Zentrales Mahngericht Berlin Brandenburg - am 21.1.2013, Teilwiderspruch ein.
Der Beklagte erkannte eine Forderung in Höhe von insgesamt 1.458,30 € an. Diese Summe setzt sich zusammen wie folgt:
Hauptforderung zu 1.: Es wurde die Erstattung einer 1,3 RVG Gebühr aus einem Wert von 10.000,- € nebst Auslagenpauschale in Höhe von gesamt 651,80 € anerkannt.
Hauptforderung zu 2.: Ein „Lizenzschadensersatzanspruch“ wurde gemäß „konkreter Berechnung, wie mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 4.1.2010 unter III. 2. B) berechnet in Höhe von Euro 649,00“ anerkannt.
Hinsichtlich der Verfahrenskosten wurden insgesamt anteilige Euro 157,50 anerkannt.
Der Beklagte erhob hinsichtlich des die vorgenannten anerkannten Beträge übersteigenden Teils Widerspruch (in Höhe von demnach 2579,- €). Der durch den Beklagten anerkannte Teil wurde durch die Klägerin bisher nicht vollstreckt.
Nach Abgabe durch das Amtsgericht Wedding - Zentrales Mahngericht Berlin Brandenburg - ging die Verfahrensakte am 13.6.2013 bei dem Amtsgericht München ein.
Nach Aufforderung zur Anspruchsbegründung am 13.6.2013 kam die Anspruchsbegründung am 13.12.2013 in Einlauf.
Die Klägerin macht geltend, es sei angemessener Schadenersatz in Höhe von noch mindestens 1.851,- € sowie Kostenersatz von noch 728,- € zu leisten.
Der Beklagte habe durch die Nutzung einer Internettauschbörse mindestens fahrlässig hinsichtlich der Verletzung von Urheberrechten an dem streitgegenständlichen Werk gehandelt. Bei Nutzung einer Tauschbörse handele fahrlässig, wer sich nicht über die Funktionsweise informiere.
Unter Zugrundelegung einer Lizenzanalogie bestünde ein Schadenersatz in Höhe von mindestens 2.500,- €. Dies entspreche den „üblicherweise von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schadenersatzbeträgen für ein vollständiges und zu dem damaligen Zeitpunkt aktuelles und sehr erfolgreiches Musikalbum“.
Neben der Entscheidung OLG Köln
Landgericht Düsseldorf, zu Aktenzeichen:
12 O 68/10, 12 O 270/10 und 12 O 177/10: Es seien 3.000,- € für 10 Musiktitel zugesprochen worden.
12 O 575/11: Es seien 1.200,- € für 4 Musiktitel zugesprochen worden.
Amtsgericht Düsseldorf, zu Aktenzeichen:
57 C 15748/11: Es seien 2.650,- € für ein Musikalbum als angemessen erachtet worden.
Landgericht Leipzig
5 O 4501/09: Es seien 300,- € pro einzelner Musikaufnahme zugesprochen worden.
Hinsichtlich der Kosten der Abmahnung sei „das Interesse der Klägerin einer wirkungsvollen Abwehr nachhaltiger und eklatanter Verstöße gegen ihre geistigen Schutzrechte [...] Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes“. Neben den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf (I-20 W 113/06), Hamm (I-22 W 9/11), Frankfurt (11 W 37/07) und Köln (6 U 244/06) zitiert die Klägerin diverse Instanzgerichtsrechtsprechung, insoweit wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Schriftsatz der Klägervertreter vom 10.12.2013 (Seite 15f) Bezug genommen.
Der Erstattungsanspruch erfasse sämtliche erforderlichen Aufwendungen, die dem Verletzten durch die Abmahnung entstanden sind. Dazu gehörten insbesondere auch die angefallenen Rechtsanwaltskosten.
Ein Gegenstandswert von 50.000,- € sei daher moderat bemessen. Es sei eine 1,3 Gebühr nebst Auslagenpauschale zugrunde zu legen. In Summe ergäben sich 1.379,80 €, wovon nach Teilwiderspruch noch 728,- € eingeklagt würden.
Mit Verfügung vom 27.12.2013 wurde schriftliches Vorverfahren angeordnet und die Anspruchsbegründung zugestellt.
Eine Verteidigungsanzeige des Beklagten ging nicht ein. Im Hinblick auf die im Rahmen des Mahnverfahrens durch den Beklagten anerkannte Forderung über 1.458,30 € wurde hinsichtlich der noch geltend gemachten darüber hinausgehenden Forderung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeordnet. Auf Nachfrage der Klägervertreter erklärte das Gericht, dass die durch den Beklagten errechneten und anerkannten Summen angemessen erscheinen und darüber hinausgehende Forderungen nicht schlüssig dargetan seien.
Mit Schriftsatz vom 30.1.2014 wurde die Klage in Höhe von 468,- € bezüglich der Kostenerstattung zurückgenommen und mitgeteilt, der Kostenerstattungsanspruch werde nunmehr aus einem Streitwert von 23.500,- € in Höhe von 911,80 € begehrt. Unter Berücksichtigung des Berechnungsmodells des Oberlandesgerichts München
5.000,- € für den 1. Titel
2.500,- € für den 2.-5. Titel
1.500,- € für den 6.-10. Titel
500,- € für den 11.-12. Titel
Das Landgericht München I erachte bei einem gegenständlichen Musikalbum einen Streitwert von 50.000,- € für angemessen (21 O 28116/12).
Zur Schadenersatzhöhe „sei nochmals darauf hingewiesen, dass bei der im Rahmen der Lizenzanalogie vorzunehmenden Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadenersatzes zu fragen ist, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten.“
Die Klägerin beantragt daher zuletzt, den Beklagten zu verurteilen,
1. einen angemessenen Schadens- bzw. Wertersatz für die unberechtigte öffentliche Zugänglichmachung des Musikalbums ... in Höhe von mindestens 1.851,- € sowie
2. Kostenersatz in Höhe von noch 260,- €
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Der Beklagte bestreitet die Ansprüche der Höhe nach. Er erklärt, dass er weiterhin bereit sei, die im Rahmen des Mahnverfahrens angebotenen 1.458,30 € zu bezahlen.
Weiter führt der Beklagte aus, dass zu keiner Zeit „böse Absicht hinter seinem Tun“ gesteckt habe. Er habe niemandem Schaden zufügen wollen, es habe sich um eine „unwissentliche Aktion“ gehandelt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der Sitzung vom 7.2.2014, die Schriftsätze der Parteien sowie auf das wechselseitige Parteivorbringen und den Akteninhalt Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die mit der Klage verfolgten Ansprüche stehen der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Die Parteien streiten ausschließlich um die Höhe der Ansprüche, der Beklagte hat lediglich Teilwiderspruch eingelegt und eine fahrlässige Urheberrechtsverletzung, wie im Tatbestand niedergelegt, eingeräumt.
1. Anspruch auf Schadenersatz:
a. Konkrete Schadensberechnung im vorliegenden Fall:
Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Musikalbums verursachte der Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 354,00 Euro schätzt.
Da der Schaden insoweit aber deutlich hinter der Summe zurückbleibt, gegen die der Beklagte keinen Widerspruch im Mahnverfahren eingelegt hat, war die Klage diesbezüglich vollumfänglich abzuweisen.
Im Einzelnen:
Das Gericht orientiert sich vorliegend im Wesentlichen an der - auch durch die Klägervertreter zitierten - aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg (Urteil vom 7.11.2013, Az. 5 U 222/10). Die genannte Entscheidung nimmt insoweit Bezug auf einzelne Darlegungen des Urteils des Oberlandesgerichts Köln
Das Gericht geht deshalb bei seiner Schätzung in vorliegendem Fall von folgenden Faktoren aus:
Gemäß des GEMA-Tarifs „VR-OD 5“ wären pro Titel 0,50 € pro Zugriff zugrunde zu legen.
In der an den Beklagten gerichteten Abmahnung vom 4.1.2010 wurde von der Klägerin geltend gemacht, dass 59 Nutzern das Werk durch den Beklagten konkret zum Download angeboten wurde (Anlage K 4, dort S. 3, Nr. 2. b).
Hieraus errechnet sich ein Schadenersatz von 12 * 0,50 € * 59 = 354,- €.
Es erschließt sich dem Gericht in diesem Zusammenhang nicht, weshalb eine für die Schätzung im Rahmen des § 287 ZPO wichtige Größe lediglich aus einer Anlage entnommen werden kann und diese in der Anspruchsbegründung gänzlich fehlt. Aber da die Vorlage durch die Klägerin erfolgte, können und müssen die Angaben vom Gericht verwertet werden. Die Angabe eines möglicherweise alternativ durch die Klägerin erzielbaren Umsatzes in Höhe von 649,- € ist nicht maßgeblich.
Soweit das Internetangebot vor und nach dem in der Abmahnung genannten Zeitpunkt bestanden haben sollte, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägervertreter den Beklagten auf einen Auskunftsanspruch hinwiesen, diesen jedoch nicht weiterverfolgten. Das kann nicht dazu führen, dass das Gericht nunmehr zu einer Schätzung greifen müsste, die das Unterlassen der Feststellung kompensiert; die Darlegungslast liegt bei der Klägerin (vgl. OLG Hamburg a. a. O., 3. A) bb)).
Weiterhin machte der Beklagte geltend, die Aufnahme auf CD gebrannt und die Datei sodann gelöscht zu haben, so dass durch das Gericht ein längerer Zeitraum nicht angenommen werden kann. Dies ist unabhängig davon, ob der Beklagte den Titel nach dem Herunterladen löschte oder nach Eingang der Abmahnung. Dieser Vortrag wurde hinsichtlich des Teils, dass der Beklagte angab persönlich zu handeln, auf Bitte des Klägervertreters in der Verhandlung vom 7.2.2014 auch in das Protokoll aufgenommen. Insofern war das Schreiben des Beklagten insgesamt, also auch den Teil über die Löschung betreffend, den Klägervertretern durchaus bekannt und blieb unbestritten. Im Übrigen ließe es sich ggfs. auch vertreten, dass, wenn durch die Kläger keinerlei Zahlen zu den Zugriffen beigebracht werden, obwohl ihnen dies möglich wäre, es an einer Schätzungsgrundlage überhaupt fehlt (vgl. ausdrücklich OLG Köln, Beschluss vom 15.1.2013, 6 W 12/13), Schadenersatz wäre dann nicht zuzusprechen.
b. Zur Anwendung der Grundsätze der Lizenzanalogie:
Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Beweisschwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie). Der Verletzte hat das Wahlrecht, wie er seinen Schadensersatz berechnen will. Vorliegend möchte die Klägerin die Berechnung im Wege der Lizenzanalogie wählen. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Diese Schadensberechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte. Damit läuft die Lizenzanalogie auf die Fiktion eines Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art hinaus. In welchem Ausmaß und Umfang es konkret zu einem Schaden gekommen ist, spielt keine Rolle.
Die Grundsätze der Schadensermittlung im Wege der Lizenzanalogie sind an sich anwendbar, insbesondere ist anzunehmen, dass grundsätzlich ein Schaden entstanden ist, allerdings erlaubt diese Methode in den Fällen der Tauschbörsen, anders als bei tatsächlich bestehenden Tarifwerken (z. B. für Bilder usw.), keine auch nur annähernd genaue Schadensermittlung (OLG Hamburg, Urteil vom 7.11.2013, Az. 5 U 222/10).
Wie die Klägervertreter selbst angeben, vergibt die Klägerin - verständlicherweise - keine Lizenzen für den weltweiten Online-Vertrieb der Werke ihrer Künstler an Dritte wie den Beklagten. Bereits insoweit unterscheiden sich „Filesharingfälle“ von der Entscheidung des Bundesgerichtshofes hierzu (BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie). Daher fehlt es bereits an einem zugrunde zu legenden Wert für die Berechnung im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG.
Gleichwohl ist dem Rechtsgedanken der Norm folgend ein angemessener Schadenersatz zuzusprechen. Aufgrund des völligen Fehlens von Bezugszahlen verbleibt es bei einer Schätzung zur freien Überzeugung des Gerichts nach § 287 Abs. 1 und 2 ZPO.
Aufgrund der Spezialisierung des erkennenden Gerichts besitzt dieses aus seiner täglichen Arbeit hinreichende eigene Sachkunde, um beurteilen zu können, dass jedenfalls kein Schadensersatz über 600,- € hinaus angemessen wäre, dazu sogleich. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen aber auch ausreichend.
c. Kein über 649,- € hinausgehender Schadenersatz bei anderen Zugriffszahlen:
Das Gericht kann im Übrigen vorliegend ausschließen, dass - auch wenn eine völlig freie Schätzung ohne Zugriffszahlen stattgefunden hätte - ein über 649,- € hinausgehender Schadenersatzanspruch anzunehmen wäre. Für ein angebotenes Musikalbum ist regelmäßig von einem zu leistenden Schadenersatz in Höhe von rund 600,- € auszugehen. Dies gilt auch für erfolgreiche Alben, die kurz nach Erscheinen in einer Tauschbörse angeboten werden.
Mit dem Oberlandesgericht Hamburg (a. a. O..) ist zutreffend anzunehmen, dass ein Schadenersatzanspruch nicht individuell pro Musiktitel unter Berücksichtigung sämtlicher Faktoren zu bestimmen ist.
Allerdings kann und muss das erkennende Gericht im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung die wesentlichen und unschwer erkennbaren Faktoren miteinbeziehen.
Soweit die Klägervertreter teils eine bloße Addition von Schadenersatzzahlungen für einzelne Musiktitel vornehmen, ist dem nicht zu folgen. Ein Musikalbum kann und muss im Zusammenhang gesehen werden. Regelmäßig werden lediglich einzelne Titel eines Albums in den Charts erfolgreich sein und Kunden zum Kauf des Albums animieren, während „schwächere Titel“ deutlich weniger Marktwert besitzen (vgl. insoweit auch die betriebswirtschaftliche Lehre zum Grenznutzen). Schadenersatz für ein Musikalbum ist damit ganz erheblich niedriger anzusetzen als z. B. 12 einzelne „Top 1“ Hits.
Weiterhin ist festzuhalten, dass in dem Urteil des OLG Hamburg ausdrücklich Folgendes festgehalten ist: „Bei nur zwei rechtsverletzenden Titeln ist ein Einsatzbetrag von € 0,50 pro Titel angemessen.“ und „Hierbei kann ein jugendlicher Filesharer nicht auf eine Stufe gestellt werden mit Anbietern, die ein geschütztes Werk auf der Grundlage eines Lizenzvertrags zu nutzen bereit wären, und es müssen unvertretbar hohe Beträge vermieden werden.“.
Diesen beiden Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an. Zwar war vorliegend kein jugendlicher Filesharer beklagt, das Gericht kann aber den Grundsatz auch auf einen jungen Familienvater ohne Weiteres anwenden. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass im Fall des OLG Hamburg die Kläger bei 4.120 gegenständlichen Musiktiteln lediglich für 2 Stücke Schadenersatz begehrten. Die Klägervertreter im vorliegenden Fall hingegen klagen für 12 von 12 Titeln auf Ersatz.
Vorliegend handelt es sich zudem um einen Interpreten, der ausweislich des Titels des Albums und der einzelnen Musikstücke mindestens hauptsächlich in deutscher Sprache veröffentlicht. Insofern kann festgestellt werden, dass für die Schadensermittlung weniger auf die Rechte „weltweit“ denn auf die Rechte im deutschsprachigen Raum abzustellen wäre (vgl. wiederum ausdrücklich OLG Köln, Beschluss vom 15.1.2013, 6 W 12/13). Dies stellt gegenüber einem „weltweiten“ Angebot in einer Tauschbörse einen ganz erheblich schadensmindernden Faktor dar.
Das Gericht geht daher insgesamt nach seiner gemäß § 287 Abs. 1 und 2 ZPO zur freien Überzeugung durchzuführenden Schätzung davon aus, dass sowohl im konkreten Fall, wie auch grundsätzlich, der Schadenersatz für ein angebotenes Musikalbum bei um die 600,- € liegt, er aber jedenfalls 649,- € nicht übersteigt.
d. Das gefundene Ergebnis ist auch nicht aus sonstigen Gründen unbillig:
Es bleibt festzustellen, dass die Klägervertreter dem Beklagten mit Abmahnung vom 4.1.2010 eine Abgeltung sämtlicher Ansprüche durch Zahlung von 1.200,- € anboten. Dem Gericht ist hierbei wohl bewusst, dass eine vergleichsweise und vorgerichtliche Einigung durch die Klägervertreter zu deutlich niedrigeren Konditionen als bei gerichtlicher Geltendmachung angeboten werden kann, ein Vergleich der Beträge von 1.200,- zu 3.879,80 €, mithin mehr als das Dreifache, erscheint dem Gericht allerdings eine relative Willkürlichkeit der klägerischen Forderungen nahezulegen.
Die Klägerin schloss durch ihre anwaltlichen Vertreter vor verschiedenen Richtern des erkennenden Gerichts Vergleiche in ähnlichen Fallkonstellationen, bei denen Gesamtzahlungen auf alle Ansprüche im Regelfall zwischen 1.200,- € und 1.900,- €, mehrmals um die 1500,- €, vereinbart wurden. In einem Fall (4 Musikalben) lag die Vergleichssumme bei 3.000,- €.
Auch deshalb ist der durch den Beklagten errechnete Betrag, bezüglich dessen kein Widerspruch eingelegt wurde, aus Sicht des Gerichts durchaus realistisch bemessen.
Namhafte Mitbewerber der Klägerin, die durch eine auf dem Gebiet des Urheberrechts spezialisierte Kanzlei vertreten werden, machen vor diesem Gericht für das Anbieten von Musikalben internationaler Top-Stars einen angemessenen Schadenersatz in der Größenordnung von - im Regelfall - um 450,- bis 600,- € als Mindestwert geltend. Dieser Schadenersatz wird in nahezu ständiger Rechtsprechung der allermeisten Richter des Amtsgerichts München als angemessen festgesetzt und ausgeurteilt, falls sich die Parteien nicht zuvor niedriger vergleichen. Diese Fälle, von denen alleine der sachbearbeitende Richter bisher ca. 300 bearbeitet hat, bieten durchaus einen weiteren Anhaltspunkt für die Bemessung.
Die Klägerseite ist grundsätzlich bzgl. aller Tatbestandsmerkmale des Anspruchs auf Schadenersatz beweisbelastet. Das Zitieren von Entscheidungen anderer Gerichte, die teils kaum mit dem vorliegenden Fall vergleichbar sind, befreit nicht davon, die wesentlichen Grundlagen für die Schätzung des Schadenersatzes durch das Gericht darzulegen. Die eingesetzten Textbausteine führen hier ebenso wenig weiter. Etwaige Unsicherheiten können daher bei der Schätzung nicht zulasten des Beklagten gehen.
Es mögen Fälle wie der Gegenständliche sein, die den Gesetzgeber dazu bewogen haben, eine neue Regelung in dem - auf den vorliegenden Fall (zeitlich) nicht anwendbaren - Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 vorzusehen.
Soweit dort (lediglich) der Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000,- € normiert wurde, ist dies nach Ansicht des Gerichts gleichwohl ein Indiz in welcher Größenordnung der Gesetzgeber auch Schadenersatzansprüche sieht. Insbesondere erscheinen die Annahmen des Gerichts daher - vor der aktuellen Entwicklung - nicht unbillig.
Weiterhin zeigt auch die zeitliche Abfolge, bei der die Abmahnung im August 2009 und die Klagebegründung im Dezember 2013 erfolgten, dass das Begehren nach Schadenersatz nicht mit großer Dringlichkeit betrieben wurde und lässt Rückschlüsse darauf zu, wie gravierend die Klägerin selbst den Fall einschätzt.
2. Anspruch auf Ersatz für die Kosten der Abmahnung:
a. Über die vom Beklagten in seinem Widerspruch anerkannten Kosten hinaus bestehen weitere Ersatzansprüche für die erfolgte Abmahnung gemäß § 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a. F.) nicht.
Eine fahrlässige Urheberrechtsverletzung des Beklagten hinsichtlich des Leistungsschutzrechtes der Klägerin liegt, wie oben dargestellt, vor. Der Beklagte wurde daraufhin mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 4.1.2010 zu Recht abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadenersatz aufgefordert. Damit kann die Klägerin von dem Beklagten dem Grunde nach Kosten der Abmahnung nach § 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a. F.) verlangen, da diese die erforderlichen Aufwendungen für die berechtigte Abmahnung darstellen.
Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht in der Höhe, in der der Abmahnende die entstandenen Kosten den Umständen nach für erforderlich halten durfte, BGH Urteil vom 28.9.2011, I ZR 145/10.
Das Gericht stellt hierzu fest, dass ein Gegenstandswert von 50.000,- € offensichtlich unangemessen ist. Die Klägerin durfte der Abmahnung richtigerweise einen Gegenstandswert von 10.000,- € zugrunde legen. Der Beklagte schuldete daher bei Annahme einer 1,3 Gebühr - die angemessen ist - und Auslagenpauschale insgesamt 651,80 €. Diese Summe wurde durch den Beklagten zutreffend errechnet und anerkannt.
Der Gegenstandswert bestimmt sich nach dem Unterlassungsinteresse des Rechteinhabers. Hierzu kann weitgehend auf die oben angeführten Argumente im Rahmen der Erörterung des Schadenersatzanspruchs zurückgegriffen werden.
Insbesondere ist zu sehen, dass der Beklagte fahrlässig handelte und das Musikstück nach dem Download auf CD brannte und dann vom Computer löschte. Auch wenn damit nicht genau festgestellt werden kann, wie lange das Werk durch den Beklagten angeboten wurde - was im Übrigen (s. o.) durch die Klägerin darzulegen gewesen wäre - so kann das Gericht aber davon ausgehen, dass es sich um einen überschaubaren Zeitraum handelte.
b. Die Rechtsprechung ist entgegen der Darstellung der Klägervertreter keineswegs einheitlich. Es darf z. B. auf das Urteil des Landgerichts Köln
In der Entscheidung des OLG Köln
Im Übrigen ist auch für die Bestimmung des Gegenstandwertes ein Musikalbum als Einheit zu sehen (siehe oben) und entsprechend ein einheitlicher Wert zu bestimmen.
Soweit die Klägervertreter Rechtsprechung von vor 1.9.2008 zitieren bzw. obergerichtliche Entscheidungen, die zu vor diesem Datum erfolgten Instanzentscheidungen ergingen, ist darauf hinzuweisen, dass der Rechtsgedanke des § 97 a UrhG, welcher mit Wirkung vom 1.9.2008 eingeführt worden war, die späteren Entscheidungen mindestens indirekt beeinflusst hat.
c. § 97 a Abs. 2 (a. F.) UrhG greift vorliegend hinsichtlich der Kosten der Abmahnung vom 4.1.2010 nicht ein. Bei den gegenständlichen Rechtsverletzungen kann eine unerhebliche Rechtsverletzung nicht bejaht werden. Diese würde nämlich einen nach Art und Umfang geringfügigen Eingriff in die Rechte des Abmahnenden voraussetzen. Dies ist beim Anbieten eines Musikalbums in einer Internet-Tauschbörse nicht der Fall. Immanent einer derartigen Verletzungshandlung ist nämlich nicht nur die öffentliche Zugänglichmachung des Werkes, § 19 a UrhG, sondern auch die unkontrollierbare, grenzüberschreitende Vervielfältigung des Werkes durch den Upload, § 16 UrhG.
d. Eine direkte Anwendung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 97a Abs. 3 UrhG auf die bereits am 4.1.2010 erfolgte Abmahnung scheidet aus. Es ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung maßgeblich (BGH Urteil vom 28.9.2011, I ZR 145/10).
e. Soweit vorstehend festgestellt wurde, dass die Deckelungsregeln des UrhG nicht anzuwenden sind, bedeutet dies aber nicht, dass insbesondere die zum Zeitpunkt der Abmahnung in Kraft befindliche Vorschrift vom Gericht gänzlich ignoriert werden kann.
Der Wortlaut der Vorschrift lautete wie folgt:
„Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.“
Aus Sicht des Gerichts muss daher im Rahmen der Bestimmung des Gegenstandswertes berücksichtigt werden, dass zwar der vorliegende Fall nicht unter die Norm fällt, aber es dürfen auch keine unüberbrückbaren Wertungswidersprüche hierzu bestehen.
Der Beklagte handelte vorliegend außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, insbesondere erkennbar ohne Gewinnerzielungsabsicht. Lediglich die Unerheblichkeit der Rechtsverletzung wird durch das Gericht nicht angenommen.
Für ein Musikalbum bei Überschreitung der Unerheblichkeit einen Gegenstandswert von 50.000,- € und hieraus folgend 1.379,80 € Kosten für die Abmahnung anzunehmen, wobei unterhalb dieser Schwelle 100,- € anzusetzen wären, erscheint dem Gericht hochgradig widersprüchlich.
Es kann und muss daher bei einem Gegenstandswert von 10.000,- € sein Bewenden haben.
Zusammenfassend ist festzustellen:
Für das kurzzeitige und fahrlässige Anbieten des streitgegenständlichen Musikalbums „Wir Kinder Vom Bahnhof Soul“ von Jan Delay in einer Tauschbörse hält das Gericht, jedenfalls wenn sich das Angebot konkret lediglich an 59 Nutzer richtete, einen Schadenersatzbetrag in Höhe von 354,- € und Ersatz der Kosten einer Abmahnung in Höhe von 651,80 € für angemessen.
Wenn Nutzerzahlen nicht feststehen wird für das Anbieten eines Musikalbums in einer Tauschbörse regelmäßig ein Schadenersatz in Höhe von bis zu ca. 600,- € angemessen sein.
Da der Beklagte im Mahnverfahren nur teilweise Widerspruch einlegte und daher einen höheren Schadenersatzbetrag sowie die ersatzfähigen Kosten der Abmahnung bereits anerkannte, war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass auch durch Rechteinhaber, die gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet vorgehen, bei der Inanspruchnahme von Privatpersonen, die in überschaubarem Rahmen Werke anbieten, Maß zu halten ist. Die Verteidigung ihrer Urheberrechte und die Kompensation erlittenen Schadens und nicht die zusätzliche Erzielung von Einkünften sind nach dem Verständnis dieses Gerichts von den einschlägigen Normen intendiert.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1 und 269 Abs. 1 ZPO.
Über die vorläufige Vollstreckbarkeit war gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO zu entscheiden.
Der Streitwert war gemäß §§ 3 ZPO und 63 Abs. 2 GKG festzusetzen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.