Landgericht Bamberg Urteil, 12. Feb. 2018 - 22 KS 1107 Js 3383/17

bei uns veröffentlicht am12.02.2018

Gericht

Landgericht Bamberg

Tenor

1. Die Angeklagte ist schuldig des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

2. Sie wird deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

3. Die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet.

4. Die Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Angewandte Vorschriften:

§§ 212 Abs. 1, 213 Alt. 2, 22, 23, 223, 224 Abs. 1 Nr. 5, 52, 21, 49 Abs. 1, 63 StGB

Gründe

A. Persönliche Verhältnisse (…)

B. Sachverhalt

Im Rahmen des Aufenthalts der Angeklagten in verschiedenen psychiatrischen Kliniken kam es im Jahr 2012 sowie im Zeitraum Dezember 2016 bis September 2017 mindestens zu folgenden körperlich fremdaggressiven Verhaltensweisen seitens der Angeklagten.

I. Körperlich fremdaggressives Verhalten vor der Tat

1. Körperverletzungshandlungen zum Nachteil des Arztes H.

Im Jahr 2012 befand sich die Angeklagte in psychiatrischer Behandlung im Klinikum in B. Der Zeuge H. war einer ihrer behandelnden Ärzte, der sie bereits seit Ende 2010 psychiatrisch behandelt hatte. Zu im Einzelnen nicht mehr aufklärbaren Zeitpunkten im Jahr 2012 drohte die Angeklagte dem Arzt H. zunächst mehrfach verbal damit, ihn schlagen und umbringen zu wollen.

Am 24.08.2012 versetzte die Angeklagte dem Zeugen H. während der Visite in ihrem Patientenzimmer unvermittelt zwei Schläge mit der Faust in die Brust, um ihn zu verletzen. Im Rahmen dieser Visite hatten zuvor keine Anzeichen für fremdaggressives Verhalten der Angeklagten bestanden. Im Anschluss an ihren Angriff auf H. konnte die sich weiterhin fremdaggressiv zeigende Angeklagte nur von mehreren hinzugerufenen Pflegekräften überwältigt und fixiert werden. Durch den Angriff wurde der Zeuge H. leicht verletzt in Form von leichten Schmerzen im Brustbereich; in seiner Arbeitsfähigkeit war er nicht beeinträchtigt.

Wenige Tage später im Rahmen einer weiteren Visite im Patientenzimmer der Angeklagten war der Zeuge H. mit einer Mitpatientin befasst und hatte auf einem Stuhl platz genommen. Plötzlich stellte sich die ebenfalls im Zimmer anwesende Angeklagte hinter den Arzt H. und sagte zu ihm, er solle aufstehen, damit sie ihn schlagen könne. Als der Zeuge H. sodann aufstand, schlug die Angeklagte ihn mit der Faust gegen die Schulter, um ihn zu verletzen. Währenddessen sagte sie zu einer mitanwesenden Krankenschwester, diese solle ihr ein Messer holen, um den H. umbringen zu können. Im Anschluss musste die aggressive Angeklagte von mehreren Pflegern fixiert werden. Auch durch diesen Angriff wurde der Zeuge H. nur leicht verletzt. Er zog sich jedoch in der Folgezeit aus der direkten Behandlung der Angeklagten als Patientin zurück.

Eine Anzeigenerstattung erfolgte jeweils nicht.

2. Körperverletzungshandlung zum Nachteil der Pflegerin R.

Ende Mai 2016 befand sich die Angeklagte seit mehreren Wochen abermals in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Klinikums in B.. Am 26.05.2016 ab 7:00 Uhr war die Krankenschwester R. dort für die 1-zu-1-Überwachung der Angeklagten zuständig, da diese sich kurz davor akut selbstgefährdend verhalten hatte, indem sie Reißnägel zu essen versuchte. Gegen 11:30 Uhr auf Höhe der Personaltoilette, als die Angeklagte sich mit der Krankenschwester R. auf dem Gang aufhielt, holte sie ohne Vorzeichen mit ihrer rechten Faust aus und schlug damit gegen den linken Kiefer der Zeugin R., um diese zu verletzen. Hinzugerufene Pflegekräfte konnten die Angeklagte nur gemeinsam unter Kontrolle bringen und fixieren. Die Pflegerin R. erlitt durch den Schlag - neben Schmerzen - ein HWS-Trauma. Zudem erlitt sie Kratzer an der rechten Hand und blaue Flecken an der linken Hand im Rahmen des sich an den Angriff der Angeklagten anschließenden Gerangels. Sie war deswegen krankheitsbedingt mehrere Tage arbeitsunfähig. Sie stellte Strafantrag. Das eingeleitete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B. wurde wegen Schuldunfähigkeit der Angeklagten gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

3. Angriff auf die Ärztin F.

Seit Mitte November 2016 befand sich die Angeklagte in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Klinikums in E. aufgrund gerichtlichen Unterbringungsbeschlusses des Amtsgerichts E.. da sie sich selbstgefährdend verhalten und im Rahmen ihrer Wohngruppe Mordfantasien zum Nachteil Dritter geäußert hatte. Seit 01.12.2016 nahm die Ärztin F. die tägliche Visite der Angeklagten vor, welche jeweils unauffällig und ohne Schwierigkeiten verliefen. Am 09.12.2016 befand sich die Ärztin F. in Begleitung einer Stationsschwester im Zimmer der Angeklagten und sprach mit einer Mitpatientin. Als die Zeugin F. und die Krankenschwester den Raum verlassen wollten, stellte sich die Angeklagte in den Türrahmen und sagte, dass die Schwester raus dürfe, die Ärztin aber nicht. Die Angeklagte drängte daraufhin die Ärztin F. in das Zimmer zurück und fixierte diese mit ihren Augen. Im Folgenden sprang die Angeklagte unvermittelt auf die Zeugin F. zu, um diese tätlich anzugreifen und zu verletzen. Die Ärztin F. konnte sich jedoch geistesgegenwärtig durch „Flucht“ über ein Patientenbett dem tätlichen Angriff der Angeklagten entziehen. Diese verhielt sich weiterhin fremdaggressiv und konnte anschließend von der Krankenschwester und einem hinzugerufenen Pfleger überwältigt werden. Wegen des von ihr geleisteten Widerstandes musste sie fixiert werden. Die Ärztin F. erstatte keine Strafanzeige, zog sich jedoch nach dem Vorfall von der Behandlung der Angeklagten als Patientin zurück.

II. Tat vom 8. März 2017

1. Vortatgeschehen

Nachdem die Angeklagte im Januar 2017 wegen selbstgefährdender Tendenzen in die psychiatrische Abteilung des Klinikums in B., hausärztlich eingewiesen worden war, wurde sie ab 01.02.2017 betreuungsgerichtlich untergebracht.

Während ihres dortigen Aufenthaltes verletzte sich die Angeklagte massiv selbst, indem sie sich u.a. schwere Verbrennungen an beiden Armen zufügte, weswegen sie operativ versorgt werden musste. Im Anschluss hieran wurden ihre Arme großflächig mit Verbänden eingebunden.

Im Folgenden kam es zu einem Vorfall, in dessen Rahmen die Angeklagte eine Rasierklinge in die Hand nahm und damit drohte, sich etwas anzutun, wobei sie die Rasierklinge auch in Richtung der hinzugeeilten Ärztin G. und der ebenfalls anwesenden Stationsschwester hielt. Diese Situation konnte durch Zureden der Pflegekräfte verbal deeskaliert werden.

Die Angeklagte war zunächst auf der Station A behandelt worden. Wegen wiederholter Streitigkeiten mit einer Mitpatientin und eines mit ihr ausgetragenen „Wettbewerbs“, wer sich die schwereren Selbstverletzungen zufügen könnte, wurde die Angeklagte im weiteren Verlauf der Behandlung auf die ebenfalls geschlossene Station B der psychiatrischen Abteilung verlegt.

Das Bett der Angeklagten befand sich sodann im Wachsaal der Station B, da sie wegen akuter Selbstgefährdung rund um die Uhr überwacht werden musste. Zur Überwachung der gefährdeten Patienten hält sich im Wachsaal stets mindestens eine Pflegekraft auf. Bei dem Wachsaal handelt es sich um ein größeres Patientenzimmer mit vier Patientenbetten, wobei sich das Bett und der Schrank der Angeklagten an der linken Wandseite des Raumes befanden. Schräg gegenüber auf der rechten Seite befindet sich ein Schreibtisch mit einem Computer und einem Bürostuhl. Der Schreibtisch schließt an die rechte Raumbegrenzung (Zwischenwand) an. Unmittelbar links neben dem Schreibtisch im Rauminneren steht ein K.er Tisch. Der beschriebene Bereich wird von den Pflegekräften zur Dokumentation der Behandlungsvorgänge in den Patientenakten (elektronisch und handschriftlich) genutzt.

Am Nachmittag des 08.03.2017 gegen 17:15 Uhr teilte die Angeklagte dem diensthabenden Pfleger H. mit, dass sie von einem weiteren Patienten, dessen Namen sie nicht nennen wolle, einige Tabletten bekommen habe, als Gegenleistung dafür, dass sie einem ausländischen Arzt etwa antue. Diese Tabletten werde sie in einem unbemerkten Moment in suizidaler Absicht einnehmen. Daraufhin forderte der Pfleger H., der die Ankündigung suizidaler Selbstverletzungen seitens der Angeklagten ernstnahm, sie auf, ihm die betreffenden Tabletten auszuhändigen, andernfalls werde er sie durchsuchen müssen. Als der Pfleger H. mit dem Einverständnis der Angeklagten sowohl diese als auch ihren Schrank nach den Tabletten absuchte, jedoch keine unzulässig in ihrem Besitz befindlichen Medikamente entdecken konnte, betonte die Angeklagte, dass sie die Tabletten gut versteckt habe und das Versteck nicht preisgeben werde. Hierauf eröffnete ihr der Pfleger H., dass er wegen der anzunehmenden Selbstgefährdungslage der Angeklagten die diensthabende Ärztin verständigen müsse.

Kurz darauf kam die diensthabende Ärztin, die Geschädigte G. hinzu. (G. ist 170 cm groß und wog ca. 65 kg.) Die Ärztin G. kündigte der Angeklagten an, dass sie zu ihrem Eigenschutz fixiert werden müsse, wenn sie die unberechtigt besitzenden Tabletten nicht freiwillig herausgebe. Dabei machte die Ärztin G. deutlich, dass niemand die Angeklagte ohne Grund fixieren wolle; sie solle es sich noch einmal überlegen, ob sie nicht doch die Tabletten freiwillig herausgebe, dann sei auch keine Fixierung erforderlich. Es schloss sich zwischen der Ärztin, dem Pfleger H. und der Angeklagten eine kurze Diskussion im ruhigen Tonfall an, wobei die Angeklagte die in Aussicht gestellte Fixierung zwar ablehnte, sich dabei jedoch ruhig und unauffällig verhielt. Die Angeklagte hielt sich im Bereich ihres auf der linken Seite des Wachsaals befindlichen Bettes auf. (Die Angeklagte ist 174 cm groß und wog etwa 107 kg. Ihre beiden Arme waren weiterhin großflächig verbunden.)

2. Unmittelbares Tatgeschehen

Sodann begab sich die Ärztin G. gegen 17.30 Uhr an den Schreibtisch, setzte sich auf den Bürostuhl und nahm am Computerbildschirm Einblick in die elektronische Patientenakte der Angeklagten. Etwa zwei Meter links von der Ärztin G. - an dem unmittelbar links neben dem Schreibtisch befindlichen kleinen Tisch - stand nach vorne gebeugt der Pfleger H., der etwas in einer Patientenakte nachschaute und die Angeklagte für einen kurzen Augenblick aus den Augen verlor. In diesem Moment hinterlief die Angeklagte von ihrem Standpunkt von der linken Raumseite aus kommend den Pfleger H. und die am Schreibtisch sitzende Ärztin G., die sich keines Angriffs versah, trat von hinten an sie heran, griff ihr unvermittelt mit dem rechten Arm um den Hals, nahm diesen in den „Schwitzkasten“ und drückte mit aller Kraft zu. Dabei lehnte sich die Angeklagte mit ihrem Rücken an die rechte Zwischenwand des Wachraumes und zog die auf dem Schreibtischstuhl sitzende Geschädigte G. zu sich heran. Infolge des kräftigen Zudrückens der Angeklagten wurde der Geschädigten sogleich schwindelig und schwarz vor Augen und sie verlor für die Dauer von wenigen Sekunden ihr Bewusstsein. Die Angeklagte handelte aus Verärgerung über die in Aussicht gestellte Fixierung, um die Ärztin G. zu verletzen, wobei sie auch mit der Möglichkeit des Eintritts des Todes der Angegriffenen rechnete und diesen zumindest billigend in Kauf nahm.

Auch als der in der Nähe stehende Pfleger H. sogleich eingriff und den Versuch unternahm, die Angeklagte von der Geschädigten wegzuziehen, drückte sie weiter kräftig zu, was dadurch erschwert wurde, dass die Angeklagte mit dem Rücken an der Wand stand und der Zeuge H. deshalb nur von vorne über die Ärztin G. hinweg auf sie einwirken konnte. Dem Zeugen H. gelang es nur unter größter Kraftanstrengung, den Unteramwürgegriff der Angeklagten vom Hals der Geschädigten zu lösen. Hierzu zog er mit der vollen Kraft seiner beiden Hände den Würgearm der Angeklagten von der Angegriffenen weg und nahm anschließend seinerseits die Angeklagte in den „Schwitzkasten“. Dem Pfleger H. gelang es im Folgenden nur mit Hilfe der nach Auslösung des Alarms hinzugeeilten männlichen Pflegekräfte S., H. und E. sowie der weiblichen Pflegekraft K. die Angeklagte zu überwältigen und auf ihrem Bett zu fixieren, wogegen sich die Angeklagte heftig wehrte, indem sie in Richtung der Pflegekräfte schlug, trat, kratzte und zu beißen versuchte.

Der etwa 20 bis 30 Sekunden andauernde kräftige Unterarmwürgegriff der Angeklagten am Hals der Geschädigten war geeignet, deren Leben zu gefährden, wessen sich die Angeklagte zum Zeitpunkt ihres Angriffs bewusst war.

Nicht abschließend aufklärbar ist, ob die Angeklagte die Ahnungslosigkeit der Geschädigten, die im Zeitpunkt des Angriffs nicht mit einem solchen rechnete, und deren damit verbundene Schutzlosigkeit bewusst ausnutzte.

3. Nachtatgeschehen

Während der sich anschließenden Fixierung der Angeklagten äußerte sie gegenüber den Pflegekräften H., S. und H., dass sie die Ärztin G. von Anfang an habe angreifen und töten wollen, ihr würde ohnehin nichts passieren, da sie unzurechnungsfähig sei.

Als die Fixierung im Verlaufe des Abends etwas gelöst wurde, da die Pflegerin K. Hygienemaßnahmen an der Angeklagten vornehmen wollte, versuchte sie, die Pflegerin anzugreifen, indem sie nach ihr trat, sodass sogleich wieder die vollständige Fixierung der Angeklagten erfolgen musste.

4. Folgen der Tat

Die Geschädigte G. zog sich durch das kräftige Würgen mit dem Arm eine feinstreifige Defektstelle und eine flächige Hautrötung an der rechten Halsseite sowie eine streifige Hautrötung in der rechten Nackenregion zu. Die Geschädigte litt des Weiteren etwa drei Wochen lang an starken Schmerzen im Hals- und Nackenbereich. Sie war deswegen auch zwei Wochen krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Psychische Beeinträchtigungen durch den Vorfall erlitt die Geschädigte nicht.

5. Eingeschränkte Schuldfähigkeit und Allgemeingefährlichkeit

Aufgrund der bei der Angeklagten zum Tatzeitpunkt bestehenden psychischen Erkrankung waren - bei voll erhaltener Einsichtsfähigkeit - ihre Steuerungsfähigkeit und damit ihre Schuldfähigkeit erheblich vermindert. Infolge ihrer psychischen Erkrankung sind von ihr auch in Zukunft weitere gleichgelagerte erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten, durch welche die Oper seelisch oder körperlich erheblich geschädigt werden. Sie ist deshalb für die Allgemeinheit gefährlich.

III. Körperlich fremdaggressives Verhalten nach der Tat

1. Körperverletzungshandlung zum Nachteil der Pflegerin L.

Aufgrund ihrer vorläufigen Unterbringung im laufenden Verfahren befand sich die Angeklagte seit 10.03.2017 in der forensisch-psychiatrischen Einrichtung in T. Am Abend des 04.04.2017 klagte die Angeklagte über starke Ohrenschmerzen, da sie sich in Selbstverletzungsabsicht etwas in ihr Ohr gesteckt habe. Daraufhin wurde sie zur medizinischen Abklärung in Begleitung der Heilerziehungspflegerin L. und der hinzugezogenen Polizeibeamten PHK G. und POM K. zum HNO-Bereitschaftsdienst in das Klinikum nach M. verbracht. Während der Hinfahrt fixierte die Angeklagte den Polizeibeamten K. mit ihren Augen und äußerte ihm gegenüber, dass sie ihm jetzt gerne das Knie durchtreten würde. Der Aufforderung des POM K., entsprechende Äußerungen zu unterlassen, kam die Angeklagte im Folgenden nach. Nach der ärztlichen Untersuchung, in deren Rahmen keinerlei Auffälligkeiten in den Ohren der Angeklagten festzustellen waren, begleitete die Pflegerin L. die Angeklagte auf die Damentoilette des Krankenhauses. Der Angeklagten waren während der gesamten Zeit Handfesseln angelegt. In der Toilettenkabine stellte sich die Zeugin L. vor der Angeklagten auf und schickte sich - wie mit der Angeklagten abgesprochen - an, die Hose der Angeklagten herunterzuziehen, um ihr den Toilettengang zu ermöglichen. Ohne Vorwarnung schlug die Angeklagte plötzlich die Hände der Pflegerin L. mit ihren Handschellen weg, legte ihre Hände mit den Handschellen um den Hals der Pflegerin und versuchte zuzudrücken, um diese zu verletzen. Die Zeugin L. stieß die Angeklagte sogleich etwas von sich weg und rief die im Vorraum wartenden Polizeibeamten zu Hilfe. POM K. zog im anschließenden Gerangel die Angeklagte von der Angegriffenen L. weg, während der Polizeibeamte PHK G. die Zeugin L. aus dem Handschellengriff der Angeklagten lösen konnte. Im Folgenden wehrte sich die Angeklagte heftig mit Händen und Füßen gegen ihre Fixierung, die notwendig war, um den Rücktransport zu ermöglichen.

Durch diesen Angriff erlitt die Zeugin L. eine Schürfwunde am Hals. Zudem ist sie infolge des Vorfalls psychisch erheblich beeinträchtigt. In den Folgemonaten litt sie insbesondere unter Schlafstörungen und ist seither sehr schreckhaft. Ihr ist es etwa nicht mehr möglich, eine Toilette abzusperren. Wegen ihrer psychischen Belastung war sie nach dem Vorfall vier Wochen arbeitsunfähig. Sie befindet sich bis heute einmal pro Woche in trauma-therapeutischer Behandlung. Nach einer Phase der Wiedereingliederung arbeitet sie zwar heute wieder in Vollzeit, jedoch kann sie ihrer vorherigen Tätigkeit in der geschlossenen Station nicht mehr nachgehen; sie kann seitdem nur noch auf der offenen Station eingesetzt werden. Weiterhin sieht sich die Pflegerin L. aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage, Nachtdienst abzuleisten und bei Personalalarmierung wegen akut eigen- oder fremdgefährdenden Verhalten eines Patienten unterstützend einzugreifen.

Sie stellte am 09.04.2017 Strafantrag gegen die Angeklagte. Das diesbezüglich eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft B. zum hiesigen Verfahren hinzuverbunden und nach § 154 Abs. 1 StPO mit Blick auf die Tat vom 08.03.2017 eingestellt.

2. Körperverletzungshandlung zum Nachteil des Pflegers B.

Am 27.09.2017 gegen 19:30 Uhr hielt sich die Angeklagte fortwährend im forensischen Klinikum T. auf. Als die Angeklagte dem Krankenpfleger B. in ihrem Patientenzimmer mitteilte, dass sie Klammern aus Zeitschriften herausgerissen und gegessen habe, entschied sich dieser, ihren Schrank zuzusperren, damit sie nicht weiter Heftklammern essen könne. Nachdem er dies der Angeklagten eröffnete, versuchte sie ihn am Absperren ihres Schrankes zu hindern, und schaffte es, ihn an die Wand zu drängen. Im weiteren Verlauf ballte die Angeklagte ihre Hand zur Faust und schlug dem Pfleger B. damit in den Bauch, um diesen zu verletzen. Er erlitt hierdurch nur leichte Schmerzen, ohne in seiner Dienstfähigkeit beeinträchtigt zu sein. Er hat kein Interesse an einer Strafanzeige und stellt auch keinen Strafantrag. Ein wiewohl eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft L. wurde gemäß § 154 Abs. 1 StPO mit Blick auf das laufende Verfahren eingestellt.

Gegenstand der hiesigen Anklage der Staatsanwaltschaft B. ist allein das Tatgeschehen vom 08. März 2017.

C. Beweiswürdigung (…)

II. Zur Sache (…)

In der Hauptverhandlung hat keine Verständigung der Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 257 c StPO stattgefunden. Die getroffenen Feststellungen der Kammer beruhen auf dem Beweisergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung. Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der großteils geständigen Einlassung der Angeklagten sowie maßgeblich auf den glaubhaften Angaben der Zeugen G., H., K., S., H., K., Dr. B., H., F. und KHK M., der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder betreffend die Tatörtlichkeit und die Verletzungen der Geschädigten G. (zur Tat vom 08.03.2017) sowie den Angaben der Sachverständigen Dr. H., Prof. Dr. B. und K. Sämtliche genannte Zeugen schilderten die ihren Wahrnehmungsbereich betreffenden Geschehnisse ruhig, sachlich, widerspruchsfrei und ohne jeglichen Belastungseifer. Die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu zweifeln. Des Weiteren waren die sachkundigen Ausführungen der vorbezeichneten Sachverständigen ohne Widersprüche, gut nachvollziehbar und überzeugend; die Kammer macht sich die fachkundigen Darlegungen der drei forensisch erfahrenen Sachverständigen, gegen deren Sachkompetenz seitens der Verfahrensbeteiligten nichts vorgebracht wurde, nach kritischer Würdigung vollumfänglich zu eigen (…).

Feststellungen zum subjektiven Tatbestand - bedingter Tötungsvorsatz Die Kammer ist weiterhin davon überzeugt, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt ihres Angriffs auf den Hals der Ärztin G. mit der Möglichkeit des Eintritts deren Todes rechnete und diesen zumindest billigend in Kauf nahm, mithin jedenfalls mit Eventualvorsatz handelte.

Zwar stritt die Angeklagte in der Hauptverhandlung ab, mit Tötungsvorsatz gehandelt zu haben. Die Gesamtumstände belegen jedoch das Gegenteil. In objektiver Hinsicht führte die körperlich überlegene Angeklagte einen massiven Angriff auf den Hals der körperlich unterlegenen Geschädigten G. aus, indem sie diese heftig mit dem Unterarm würgte, sodass diese sogar das Bewusstsein verlor. Auch der Angeklagten war unbeschadet ihrer psychischen Erkrankung klar, dass es sich bei dem Angriff gegen den Hals um einen besonders gefährlichen Angriff handelte, der das Leben der angegriffenen Person gefährden konnte. Der Zeuge H. berichtete zudem, dass die Angeklagte mit all ihrer Kraft fest zugedrückt habe, so dass er es nur unter Aufbietung seiner maximalen Körperkraft geschafft habe, den Würgegriff der Angeklagten von der Angegriffenen zu lösen. Weiterhin hat die Angeklagte nach ihrer Fixierung kurz nach der Tat gegenüber den Pflegern H., S. und H. - deren übereinstimmendem zeugenschaftlichen Bericht zufolge - bekundet, dass sie die Ärztin von Anfang an angreifen und töten habe wollen, ihr würde ohnehin nichts passieren, da sie unzurechnungsfähig sei. Außerdem räumte die Angeklagte am Vormittag des Folgetages im Rahmen ihrer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung gegenüber dem Vernehmungsbeamten KHK M, ein, dass sie mit ihrem Angriff die Ärztin verletzen „bis hin zum Umbringen“ wollte, weil sie Ärzte hasse. Der Zeuge KHK M. hob in diesem Zusammenhang hervor, dass er seinerzeit den Eindruck gehabt habe, dass die Angeklagte die Bekundung ihres Tötungsvorsatzes ernst gemeint habe. Die diesbezüglichen Äußerungen der Angeklagten nach der Tat stützen die Überzeugung der Kammer, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt ihres massiven tätlichen Angriffs den Tod der Ärztin in jedem Fall zumindest billigend in Kauf genommen hatte.

Verbleibende Zweifel am Ausnutzungsbewusstsein der Angeklagten Hingegen vermochte sich die Kammer keine abschließende Überzeugung dahingehend zu bilden, dass die Angeklagte bei Durchführung ihres Angriffs auf die Geschädigte G. deren Arg- und Wehrlosigkeit bewusst zur Erleichterung ihres Angriffs ausnutzte. Zwar spricht die konkrete Tatausführung (Hinterlaufen des Pflegers H. und der Angegriffenen in einem kurzen Moment des Unbeobachtetseins, Angriff von hinten) dafür, dass die Angeklagte das Überraschungsmoment für ihren Angriff auf die in diesem Augenblick schutzlose Geschädigte ausnutzte. Jedoch darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der Pfleger H. - wie die Angeklagte wusste - in unmittelbarer Nähe zum Kampfgeschehen aufhielt, sodass auch die Angeklagte damit rechnen musste, dass dieser sogleich einschreiten und ihrem Angriff auf die Geschädigte entgegentreten werde. Weiterhin ist der gegenständliche Angriff der Angeklagten im Kontext ihrer schweren Persönlichkeitsproblematik in einer für sie emotional aufgeladenen Anspannungssituation zu sehen; nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen K. kann die Angeklagte in solchen Situationen akuter Verärgerung einem Tatanreiz krankheitsbedingt weniger Widerstand entgegenbringen, was ebenfalls gegen die bewusste Ausnutzung der Ahnungslosigkeit der sich keines Angriffs versehenden Geschädigten spricht. Schließlich ist in Rechnung zu stellen, dass die Angeklagte auch die weitergehend festgestellten Gewalttätigkeiten zum Nachteil von Pflegepersonal (oben B.I. und B.III) durchweg aus einem spontanen aggressiven Impulsdurchbruch heraus begangen hat, ohne dass sich hierbei ein besonderes Ausnutzen eines Überraschungsmoments zur Ermöglichung eines Angriffs feststellen ließe. Aus Sicht der Kammer spricht daher die aufgezeigte - auch zum Tatzeitpunkt gegebene - psychische Disposition der Angeklagten maßgeblich dagegen, dass sie die Ahnungslosigkeit der Geschädigten G. bewusst für ihren Angriff auszunutzen ersuchte. In Anwendung des Zweifelssatzes war deshalb das erforderliche Ausnutzungsbewusstsein im Vorstellungsbild der Angeklagten nicht feststellbar.

Feststellung der potentiellen Lebensbedrohlichkeit des Würgeangriffs Die Feststellung der Kammer, dass der konkret ausgeführte Würgeangriff - massives Zudrücken mit dem Unterarm am Hals der Geschädigten für die Dauer von 20 bis 30 Sekunden, so dass diese sogar kurzzeitige das Bewusstsein verlor - dazu geeignet war, das Leben der Angegriffenen zu gefährden, beruht auf den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. B.. Dieser erstattete im Rahmen der Hauptverhandlung in Anknüpfung an sein schriftliches Gutachten vom 23.07.2017 sein rechtsmedizinisches Gutachten anschaulich und nachvollziehbar. Danach sei vorliegend von einer flüchtigen Bewusstseinsstörung im Sinne einer kurzfristig andauernden Bewusstlosigkeit seitens der Angegriffenen G. auszugehen. Bei einem Angriff gegen den Hals im Sinne des Würgens, auch des sogenannten Unterarmwürgens („Schwitzkasten“), könne es über zwei verschiedene Mechanismen zu einer akuten Lebensgefährdung der gewürgten Person kommen. Zum einen bestehe stets die Möglichkeit, dass über eine wirksame Kompression der Halsweichteile die Atemwege komprimiert bzw. verschlossen würden, sodass die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn unterbunden werde, was binnen kurzer Zeit zu irreversiblen Hirnschäden bis hin zum tödlichen zentralen Regulationsversagen führen könne. Zum anderen könne jede, wenn auch nur kurzfristige Kompression der Halsweichteile über vegetative Reflexe zu einer akuten Lebensgefährdung führen. Ob durch die Druckwirkung derartige vegetative Prozesse im Körper ausgelöst werden, sei nicht vorhersehbar, insbesondere nicht für den Angreifer kalkulierbar. Entsprechende vegetative Prozesse könnten binnen kurzer Zeit gravierende Schäden in Form von Herzverlangsamung oder Herzstillstand eintreten lassen, was zum Tode des Betroffenen führen könne. Im Einzelfall sei nicht vorhersehbar ob und wenn ja, welcher der genannten Mechanismen in welcher Ausprägung durch die Kompression der Halsweichteile initiiert werde, sodass aus rechtsmedizinischer Sicht jeder Angriff gegen den Hals mit wirksamer Kompression der Halsweichteile als potentiell lebensgefährlich angesehen werden müsse. Der Sachverständige Prof. Dr. B. erläuterte im Folgenden die besondere Gefährlichkeit eines Würgeangriffs gegen den Hals anhand von realen Fällen aus seiner Erfahrung als Rechtsmediziner, bei denen auch nur kurzzeitig andauernde Würgeangriffe gegen den Hals zum Tode der angegriffenen Person geführt hätten.

Die Kammer macht sich diese Ausführungen des Sachverständigen B., der der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren als kompetenter und gewissenhaft arbeitender rechtsmedizinischer Sachverständiger bekannt ist, nach kritischer Würdigung zu eigen (…).

Eingeschränkte Schuldfähigkeit

Die Feststellungen zur eingeschränkten Schuldfähigkeit der Angeklagten beruhen auf den überzeugenden Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen VERENA K., die Chefärztin für Psychiatrie und Psychotherapie mit dem Schwerpunkt forensische Psychiatrie ist.

Die Sachverständige K. hat auf Grundlage einer ausführlichen persönlichen Exploration der Angeklagten und des bereits seit dem Jahr 2010 in vielfachen Vorbefunden diagnostizierten Krankheitsbildes eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (ICD-10 F 60.31) bei der Angeklagten bestätigt. Hingegen gebe es keine belastbaren aktuellen Hinweise auf eine in der Vorgeschichte teilweise diagnostizierte hebephrene Schizophrenie, die im Vorfeld durch akustische und optische Halluzinationen beschrieben worden sei. Seit Jahren seien keine Störungen der Wahrnehmung mehr bei der Angeklagten aufgetreten. Demgegenüber sei ein formal geordneter Gedankengang und eine affektive Schwingungsfähigkeit bei der Angeklagten beobachtet worden. Aus psychiatrischer Sicht handele es sich auch bei den früher berichteten Störungen der Wahrnehmungen seitens der Angeklagten um psychotische Phänomene im Kontext der emotionalen instabilen Persönlichkeitsstörung sowie bei dem beobachteten kindlich trotzigen Verhalten um Aspekte eines unklaren Selbstbildes und von Reifungsdefiziten. Ebenso seien die Antriebstörungen und starken Affekte der Angeklagten im Rahmen depressiver Schwankungen zu betrachten.

Die hiernach allein anzunehmende emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ sei bei der Angeklagten in einem Ausmaß ausgeprägt, dass dieses Krankheitsbild das Kriterium einer schweren anderen seelischen Abartigkeit erfülle. Die Angeklagte weise ausgeprägte Stimmungsschwankungen mit durchgängigen raptusartigen fremd- und autoaggressiven Verhaltensweisen auf. Die psychosoziale Leistungsfähigkeit der Angeklagten sei erheblich beeinträchtigt bei nicht altersentsprechender biografischer Entwicklung mit erheblichen Auffälligkeiten der Affektregulation, der Einengung der Lebensführung und einer Stereotypisierung ihres krankheitsbedingten Verhaltens. Es liege ein einer krankhaften seelischen Störung vergleichbares Ausmaß der Leistungseinbußen vor, sodass auch eine schwere seelische Abartigkeit angenommen werden könne.

Das Krankheitsbild führe bei der Angeklagten dazu, dass diese im Rahmen einer emotional angespannten Verfassung über eine störungsimmanent reduzierte Frustrationstoleranz und eine begrenzte emotionale Belastbarkeit verfüge, was sich bei ihr in auto- und fremdaggressiven, raptusartigen Impulsdurchbrüchen äußere.

Zwar sei hierdurch die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten, das Unrecht ihres Verhaltens einzusehen, nicht beeinträchtigt. Jedoch führe die schwere Persönlichkeitsproblematik der Angeklagten dazu, dass diese in einer emotional aufgeladenen Situation dem Tatanreiz - wie hier nach Ankündigung einer von ihr abgelehnten Fixierung -, die Ärztin anzugreifen und zu würgen, erheblich weniger Widerstand entgegensetzen könne. Gegen eine aufgehobene Steuerungsfähigkeit und damit gegen eine Schuldunfähigkeit sprächen hingegen das anfängliche Abwarten der Angeklagten, bis sich die Ärztin an den Computer gesetzt habe, das Zugehen in einem großen Bogen auf die Ärztin sowie das Herantreten an diese von hinten. Hieraus folge, dass im Zusammenhang mit dem Angriff der Angeklagten planerische Elemente in ihrem Verhalten noch mitbestimmend gewesen seien; von einer völligen Zerrüttung ihres Denkgefüges im Tatzeitpunkt könne daher nicht ausgegangen werden. Des Weiteren spreche gegen eine aufgehobene Steuerungsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht, dass die Angeklagte nach dem Vorfall geäußert habe, ihr könne wegen ihrer psychischen Erkrankung ohnehin nichts passieren, und sich damit mit ihrer Tat regelrecht „gebrüstet“ habe.

Angesichts der außer Frage stehenden Sachkunde der forensisch in hohem Maße erfahrenen Sachverständigen K., ihrer fachlich fundierten und für die Kammer gut nachvollziehbaren Darlegung sowie des persönlichen Eindrucks der Kammer von der Angeklagten, der einerseits eine eingeschränkte emotionale Belastbarkeit anzumerken war, die andererseits über beachtliche kognitive Fähigkeiten verfügte (Reflexion des eigenen Krankheitsbildes und Erinnerung an Einzelheiten des Tatgeschehens), bestehen an der Richtigkeit der Befunde der Sachverständigen keine Zweifel. Diese macht sich die Kammer nach kritischer Würdigung vollumfänglich zu Eigen.

Auch die Feststellungen zur Gefährlichkeit der Angeklagten für die Allgemeinheit beruhen auf den widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen K. Im gegenwärtigen Zeitpunkt der fortbestehenden psychopathologischen Auffälligkeiten mit ausgeprägten Stimmungsschwankungen, erheblicher innerer Anspannung und daraus folgenden raptusartigen fremd- und autoaggressiven Verhaltensweisen bei unzureichenden Alternativstrategien seien von der Angeklagten weitere Straftaten im Sinne der Anlasstat mit erheblich gewalttätigem Verhalten gegenüber Opfern bei konfliktbehafteten Täter-Opfer-Beziehungen aber auch bei zufälligen Opfern zu erwarten. Insgesamt bestehe auch unter Berücksichtigung prognostisch positiv zu wertender Faktoren (insbesondere keine Suchtproblematik, keine kognitiven Defizite, familiäre Bindungen) momentan noch eine erhöhte Gefahr dafür, dass sich gleichgelagerte Taten aus der Merkmalskategorie massiver Gewaltdelikte (bis hin zu Lebensgefährdungen) wiederholen (…).

D. Rechtliche Würdigung

Die Angeklagte hat sich daher des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 212 Abs. 1, 22, 23, 223, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB strafbar gemacht.

1. versuchter Totschlag

Indem die Angeklagte die Geschädigte G. in den Unterarmwürgegriff nahm und dabei mit bedingtem Tötungsvorsatz für die Dauer von 20 bis 30 Sekunden kräftig zudrückte, hat sie sich des versuchten Totschlags gemäß §§ 212 Abs. 1, 22, 23 StGB schuldig gemacht.

a) Kein (Heimtücke-)Mordversuch, § 211 Abs. 2 Gruppe 2 Variante 1 StGB

Zwar ist das im Anklagevorwurf angenommene tatbezogene Mordmerkmal der Heimtücke objektiv gegeben. Jedoch fehlt es nicht ausschließbar am subjektiven Element des Ausnutzungsbewusstseins (siehe dazu Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 211 Rn. 44 m.w.N.)

Zum Zeitpunkt des Angriffs der Angeklagten von hinten rechnete die Geschädigte in keiner Weise mit einem solchen und war infolgedessen schutzlos. Jedoch steht mangels abschließender Aufklärbarkeit des diesbezüglichen Vorstellungsbildes der Angeklagten nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Angeklagte die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die Lage der attackierten Ärztin erkannt und diese für ihren Angriff bewusst ausgenutzt hat (oben C.II.2.b) ff). Hiergegen spricht zum einen der Umstand, dass sich der Pfleger H. in unmittelbarer Nähe aufhielt und die Angeklagte daher mit dem sofortigen Eingreifen schutzbereiter Dritter zum Schutz der Angegriffenen rechnen musste. Zum anderen streitet gegen die bewusste Ausnutzung der Ahnungs- und Schutzlosigkeit der Geschädigten die psychische Disposition der Angeklagten dahingehend, dass sie krankheitsbedingt zu spontanen raptusartigen fremdaggressiven Verhaltensweisen neigt. Daher bleibt vorliegend in Anwendung des Zweifelssatzes letztlich offen, ob die wehrlose Lage der Angegriffenen im Vorstellungsbild der Angeklagten überhaupt eine Rolle spielte, ohne dass die Kammer verkennt, dass aus der Einschränkung der Steuerungsfähigkeit als solche nicht ohne Weiteres auf das Fehlen des Ausnutzungsbewusstseins geschlossen werden kann (vgl. BGH, NStZ-RR 2010, 144 m.w.N.).

b) Keine Schuldunfähigkeit

Die Steuerungsfähigkeit und mithin die Schuldfähigkeit der Angeklagten waren nicht aufgehoben im Sinne von § 20 StGB. Sie handelte daher schuldhaft.

c) Kein Rücktritt

Ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB scheidet aus. Für einen solchen ist bereits deshalb kein Raum, da der Versuch fehlgeschlagen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 - 1 StR 393/17 -, Rn. 8 m.w.N., juris). Infolge des Eingreifens des Pflegers H., der die weiterhin zudrückende Angeklagte unter größter Kraftanstrengung von der Geschädigten wegzog, und ihrer Überwältigung durch die weiteren Pflegekräfte war es der Angeklagten mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr möglich, die Tat zu vollenden. Dies muss in Ansehung ihrer heftigen Gegenwehr gegen die der Geschädigten zu Hilfe kommenden Pflegekräfte auch die Angeklagte erkannt haben. Letzteres führt zudem in jedem Fall zur Unfreiwilligkeit des Rücktritts der Angeklagten (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 - 1 StR 393/17 -, Rn. 12, juris). Ihr massiver Widerstand gegen den den Angriff auf das Leben der Geschädigten beendenden Pfleger H. sowie gegen das hinzueilende Pflegepersonal zeigt, dass die weitere Tatausführung gegen den Willen der Angeklagten aus fremdgesetzten Gründen verhindert wurde.

2. Gefährliche Körperverletzung

Des Weiteren wurde die vorsätzliche Körperverletzung, die sich in Bewusstseinsverlust, Rötungen und Schmerzen im Halsbereich seitens der Geschädigten äußerte, mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist damit erfüllt. Die Art der konkreten Behandlung - massiven Zudrücken mit dem Unterarm am Hals der Geschädigten für die Dauer von 20 bis 30 Sekunden, so dass dieser schwarz vor Augen wurde und sie kurzzeitig das Bewusstsein verlor - war generell geeignet, das Leben der Angegriffenen G. zu gefährden. Eine derart gravierende Druckentfaltung auf die Halsweichteile, die zu einer - wenn auch nur kurzfristigen - Bewusstlosigkeit führt, ist insbesondere mit Blick auf die unvorhersehbare Initiation letal verlaufender vegetativer Prozesse potentiell lebensbedrohlich. Die Angeklagte erkannte auch die allgemeine Lebensgefährlichkeit ihres Angriffs, zumal ihr von Tötungsvorsatz getragener Angriff gerade auf eine Lebensgefährdung angelegt war (vgl. dazu Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 224 Rn. 27 und 32 m.w.N.).

3. Konkurrenzen

Der Versuch des Totschlags steht zur vollendeten gefährlichen Körperverletzung aus Gründen der Klarstellung, dass auch Erfolgsunrecht eingetreten ist, in Tateinheit, § 52 StGB (vgl. dazu BGHSt 44, 196).

E. Rechtsfolgen

I. Strafe

1. Strafrahmen

Der nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB maßgebliche Regelstrafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB sieht Freiheitsstrafe von 5 bis zu 15 Jahren vor. Im Ergebnis legt die Kammer vorliegend einen (doppelt) gemilderten Strafrahmen - Freiheitsstrafe 3 Monate bis zu 7 Jahren und 6 Monaten - zugrunde. Ausgehend von einem minder schweren Fall des § 213 Alt. 2 StGB, zu dessen Bejahung der (eine) gesetzlich vertypte Milderungsgrund des Versuchs (§§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB) heranzuziehen ist, war der Sonderstrafrahmen Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren seinerseits mit Blick auf den zusätzlich gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrund nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu mildern.

a) Minder schwerer Fall des § 213 Alt. 2 StGB

Die Voraussetzungen des § 213 Alt. 1 StGB liegen offensichtlich nicht vor. Indessen nimmt die Kammer einen minder schweren Fall aus sonstigen Gründen nach § 213 Alt. 2 StGB an.

aa) Ein minder schwerer Fall liegt vor, wenn das gesamte Tatbild, einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit, vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle so sehr nach unten hin abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Für die Prüfung dieser Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (stRspr vgl. nur BGHSt 26, 97 (98 f.) = NJW 1975, 1174). Die strafmildernden Umstände sind demnach den straferschwerenden Umständen gegenüberzustellen und mit diesen abzuwägen. Die Milderungsgründe müssen gegenüber den Strafschärfungsgründen so erheblich überwiegen, dass der Regelstrafrahmen verfehlt wäre.

Bei der Strafrahmenwahl sind mithin sämtliche tatwie täterbezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte gemäß § 46 StGB zu berücksichtigen, darüber hinaus sonstige Zumessungsgesichtspunkte wie etwa möglicherweise zum Tragen kommende vertypte Strafmilderungsgründe, letztere indes mit Blick auf § 50 StGB nachrangig.

Auch in den Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat einen minder schweren Fall vorsieht und im Einzelfall ein gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 Abs. 1 StGB (hier sogar zwei: § 23 Abs. 2 StGB und § 21 StGB) gegeben ist, ist bei der Strafrahmenwahl vorrangig zu prüfen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt. Erst wenn nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen ist, sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen. Nur wenn hiernach weiterhin kein minder schwerer Fall anzunehmen ist, darf der konkreten Strafzumessung der (allein) wegen des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderte Regelstrafrahmen zu Grunde gelegt werden (BGH, Beschluss vom 09.08.2016 - Az. 1 StR 331/16 -, Rn. 5 m.w.N, juris; BGH, Beschluss vom 16. November 2017 - 2 StR 404/17 -, Rn. 2 m.w.N., juris; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 - 1 StR 393/17 -, Rn. 16, juris; stRspr).

bb) Die Kammer hat im Rahmen der gebotenen Gesamtschau zunächst folgende allgemeine Gesichtspunkte berücksichtigt.

Zugunsten des Angeklagten ist zu werten, dass sie nicht vorbestraft ist, sich (bis auf den Tötungsvorsatz) geständig zeigte, allein mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte und sich - unabhängig von ihrer psychischen Erkrankung - in einer persönlich schwierigen und nachvollziehbar unangenehmen Lage befand (im Raum stehende Fixierung, jahrelange Unterbringung in psychiatrischen Einrichtungen). Nachteilig ist demgegenüber zu werten, dass die Angeklagte zugleich zwei Straftatbestände verwirklicht hat (versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) und dass sie das ahnungs- und deshalb wehrlose Tatopfer von hinten angegriffen hat, der Angriff sich mithin allein wegen der eingeschränkten Abwehrmöglichkeit der Geschädigten als besonders gefährlich darstellte. Die Verwertung des zuletzt genannten Aspekts verstößt nicht gegen § 46 Abs. 3 StGB, da das Heimtückmordmerkmal (auf der subjektiven Tatseite) tatbestandlich abgelehnt wurde. Die konkret eingetretenen Verletzungsfolgen (kurzfristige Bewusstlosigkeit, starke Schmerzen im Halsnackenbereich für etwa drei Wochen, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von zwei Wochen), die sich weder als besonders geringfügig noch als besonders schwerwiegend erweisen, streiten weder für noch gegen die Angeklagte. Ein „Mitverschulden“ der betroffenen Ärztin und des anwesenden Pflegers an dem Angriff der Angeklagten ist mangels vorheriger Anzeichen hierfür in der konkreten Situation nicht gegeben.

Diese allgemeinen Strafzumessungserwägungen gegenübergestellt vermag die Kammer kein Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Strafschärfungsgründen zu erkennen.

Jedoch führt die Heranziehung der den gesetzlich vertypten Milderungsgrund des Versuchs (§§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB) verwirklichenden Umstände unter besonderer Würdigung der im vorliegenden Fall schuldverringernden versuchsbezogenen Gesichtspunkte (die abstrakte Lebensbedrohlichkeit des heftigen Unterarmwürgens hat sich nicht realisiert, tatsächlich bestand zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr für die Geschädigte; in Anbetracht der unmittelbaren Anwesenheit einer schutzbereiten dritten Person war die Erfolgsaussicht des Tötungsversuchs von vornherein gering; konkrete „Vollendungsferne“) zu dem Ergebnis, dass die Anwendung der Regelstrafrahmen aus Sicht der Kammer deutlich verfehlt wäre. Dabei wird nicht verkannt, dass vorliegend zugleich nicht unerhebliches Erfolgsunrecht in Gestalt der Körperverletzungsfolgen eingetreten ist. Eine zusätzlichen Heranziehung der den weiteren gesetzlich vertypten Milderungsgrund begründenden Umstände (§§ 21, 49 Abs. 1 StGB) bedarf es insoweit nicht.

Die Kammer hat bei der Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falles zunächst den vertypten Milderungsgrund des Versuchs herangezogen, da sie diesem im Vergleich zum weiteren gesetzlichen Milderungsgrund der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (unten b) weniger schuldverringerndes Gewicht beigemessen hat.

b) Nochmalige Milderung nach § 21, 49 Abs. 1

Die Kammer hat im Hinblick auf das Vorliegen des weiteren vertypten Milderungsgrundes nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens unter Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Kriterien und unter besonderer Gewichtung der auf den Milderungsgrund des § 21 StGB bezogenen Umstände (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl. 2017, § 21 Rn. 17 ff. m.w.N.) von der Möglichkeit der weiteren Strafrahmenverschiebung Gebrauch gemacht. Der bisher gefundene, § 213 StGB zu entnehmende Strafrahmen (Freiheitsstrafe 1 Jahr bis zu 10 Jahren) ist daher gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 StGB zu mildern, so dass sich der konkret anzuwendende Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 7 Jahren und 6 Monaten beläuft.

Die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten war zum Tatzeitpunkt erheblich beeinträchtigt, ihre Schuldfähigkeit damit erheblich vermindert im Sinne von § 21 StGB. Die gegenständliche Tat stellt sich gerade als originäre Auswirkung ihrer massiven psychischen Erkrankung (emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp) dar; gerade weil die Angeklagte, die sich über die im Raum stehende Fixierung zum Eigenschutz geärgert hat, im Falle von Konflikten krankheitsbedingt zu raptusartigen fremdaggressiven Gewaltausbrüchen neigt, konnte sie auch im hier zum Tatzeitpunkt vorherrschenden Zustand der emotionalen Angespanntheit dem Tatanreiz erheblich weniger Ressourcen entgegensetzen. Die damit einhergehende Schuldminderung wird vorliegend auch nicht durch besondere schulderhöhende Umstände aufgewogen. Im Übrigen folgt die Kammer der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung, dass bei verminderter Schuldfähigkeit grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Schuldgehalt der Tat verringert ist, so dass eine Strafrahmenmilderung vorzunehmen ist, zumal hier andere, schulderhöhende Gesichtspunkte nicht entgegenstehen (vgl. BGH, NStZ-RR 2014, 238, 239 m.w.N.).

c) (Keine) Sperrwirkung des verdrängten Strafrahmens des § 224 Abs. 1 StGB

Die Sperrwirkung des § 52 Abs. 2 Satz 2 StGB im Hinblick auf den verdrängten Regelstrafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren) wird vorliegend nicht entfaltet. Denn angesichts des Milderungsgrundes der verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB wäre auch insoweit ein minder schwerer Fall nach § 224 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB anzunehmen, so dass gleichfalls allein der gemilderte Strafrahmen (Freiheitsstrafe 3 Monate bis zu 5 Jahren) Platz greifen würde.

d) Gegenkontrolle - alternative doppelte Milderung des Regelstrafrahmens

Die Kammer hat es überdies nicht unterlassen, zu prüfen, ob die alternativ in Betracht kommende doppelte Milderung des Regelstrafrahmens des § 212 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe 1 Jahr bis 15 Jahre) nach §§ 23 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB (=> Freiheitsstrafe 3 Jahre bis 11 Jahre 3 Monate) sowie eine weiteres Mal nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB sich für die Angeklagte günstiger auswirken würde, wobei vorliegend in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens jeweils von den fakultativen vertypten Milderungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen wäre. Der sich hiernach ergebende alternative Strafrahmen (Freiheitsstrafe 6 Monate bis 8 Jahre 5 Monate) wäre jedoch nicht milder als der angenommene Strafrahmen (Freiheitsstrafe 3 Monate bis 7 Jahre 6 Monate), so dass es dabei sein Bewenden hat.

2. Strafzumessung

Innerhalb des hiernach maßgeblichen Strafrahmens hat die Kammer bei der Abwägung der für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB alle zuvor im Rahmen der Strafrahmenwahl genannten Strafzumessungskriterien (insbesondere das Versuchsstadium des Tötungsdelikts und die krankheitsbedingt verminderte Schuldfähigkeit) nochmals herangezogen, geprüft, und - obgleich mit schwächerem Gewicht, weil die deshalb bereits erfolgten Strafrahmenverschiebungen einschränkend zu berücksichtigen waren - bewertet. Im Einzelnen wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen (oben 1.a) u. b).

Unter Berücksichtigung dieser für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren tat- und schuldangemessen.

II. Maßregeln der Besserung und Sicherung

Die Angeklagte war gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen. Die Voraussetzungen dieser Norm - wonach ein Angeklagter, der eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat, in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen ist, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist - liegen vor.

1. Besonderheit: Anlasstat im Rahmen einer stationären Unterbringung zum Nachteil des Personals

Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte der Betroffenen darstellt und daher nur unter sorgfältiger Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen angeordnet werden darf. Sie darf nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde. Dabei sind zu erwartende Gewalt- und Aggressionsdelikte regelmäßig zu den erheblichen Taten zu rechnen (statt vieler BGH, Beschluss vom 22.02.2011 - 4 StR 635/10 -, Rn. 9 und 11 jeweils m.w.N., juris = NStZ-RR 2011, 202 f.; BGH, Beschluss vom 25.04.2012 - 4 StR 81/12 -, Rn. 5 m.w.N, juris = BeckRS 2012, 11070 = NStZ-RR 2012, 271 (red. Leitsatz)). Jedoch sind solche Verhaltensweisen innerhalb einer stationären Unterbringung gegenüber dem Pflegepersonal nicht ohne weiteres denjenigen Handlungen gleichzusetzen, die ein Täter außerhalb einer Betreuungseinrichtung gegenüber beliebigen Dritten oder dem Täter nahe stehenden Personen begeht. Dies gilt jedenfalls dann, sofern das fremdaggressive Verhalten seine Ursache auch in der durch die Unterbringung für den Betreffenden bestehenden Situation hat. Solche Taten verlangen in der Regel schon nach ihrem äußeren Eindruck weit weniger nach einer Reaktion durch ein strafrechtliches Sicherungsverfahren und Anordnung einer strafrechtlichen Maßregel (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.01.1998 - 4 StR 354/97 -, Rn. 9 ff., juris = NStZ 1998, 405 f.; BGH Beschluss vom 08.07.1999 - 4 StR 269/99 -, Rn. 3, juris = NStZ 1999, 611 f.; BGH, Beschluss vom 22.02.2011 - 4 StR 635/10 -, Rn. 13, juris = NStZ-RR 2011, 202 f.; BGH, Beschluss vom 25.04.2012 - 4 StR 81/12 -, Rn. 5 m.w.N, juris = BeckRS 2012, 11070 = NStZ-RR 2012, 271 (red. Leitsatz); BGH, Beschluss vom 09.12.2014 - Az. 2 StR 297/14 -, Rn. 7 m.w.N., juris = BeckRS 2015, 01254 = StV 2016, 729 f.). Anderes gilt jedoch, wenn derartige Taten dem Bereich schwerster Rechtsgutsverletzungen zuzurechnen sind (in diese Richtung BGH, Urteil vom 22.01.1998 - 4 StR 354/97 - Rn. 10, juris = NStZ 1998, 405 f.; BGH, Beschluss vom 22.02.2011 - 4 StR 635/10 -, Rn. 13, juris = NStZ-RR 2011, 202 f.). Auch Pflegekräfte haben keine erhöhte Gefahrtragungspflicht etwa im Hinblick auf zu besorgende gravierende Gewalttaten oder ernst zu nehmende Bedrohungen (Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 63 Rn. 49 a.E).

2. Anlasstat, negative Legalprognose und Allgemeingefährlichkeit

Die Voraussetzungen des § 63 Satz 1 StGB sind gegeben.

Die Angeklagte hat im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit die oben dargestellte gewichtige rechtswidrige Tat vom 8. März 2017 in Gestalt des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 212 Abs. 1, 22, 23, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Ziff. 5, 52 StGB begangen.

Die Gesamtwürdigung von Täterin und Tat sowie ihrer an den Tag gelegten fremdaggressiven Verhaltensweisen vor und nach der Tat ergibt, dass von ihr infolge ihres Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind:

Nach den bereits oben dargestellten überzeugenden Darlegungen der psychiatrischen Sachverständigen K. leidet die Angeklagte an einem überdauernden psychiatrischen Krankheitsbild (krankhafte seelische Störung) im Sinne der §§ 20, 21 StGB in Form einer massiven emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ. Diese führt bei der Angeklagten zu ausgeprägten Stimmungsschwankungen und erheblicher innerer Anspannung bei störungsimmanent reduzierter Frustrationstoleranz und daraus folgenden raptusartigen fremdaggressiven Verhaltensmustern insbesondere in Konfliktsituationen, welche vor allem auch wegen ihrer Unkalkulierbarkeit mit hohem Gefährlichkeitspotenzial für die hiervon Betroffenen verbunden sind.

In Anbetracht des derzeit in Ausmaß und Auswirkungen unverändert fortbestehenden Krankheitsbildes ist weiterhin mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Ausbruch derartiger fremdaggressiver Übergriffe der Angeklagten zu rechnen, welche für die als Opfer in Betracht kommende Personengruppe (Pflegekräfte) die Gefahr begründen, dass durch die zu besorgenden Taten Dritte seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden. Neben der Anlasstat, einem versuchten Tötungsdelikt und einer damit einhergehenden lebensgefährdenden Behandlung, die erst durch das Eingreifen eines das Tatopfer beschützenden Helfers beendet werden konnte, spricht hierfür maßgeblich der Vorfall vom 4. April 2017 zum Nachteil der Pflegerin L. (oben B.III.1.), als die Angeklagte dieser ohne Vorwarnung die Handschellen um den Hals legte und zuzudrücken versuchte. Durch den letztgenannten Angriff erlitt die Pflegerin L. erhebliche nachhaltige psychische Schädigungen. Die Angeklagte hat demnach binnen eines überschaubaren Zeitraums zum wiederholten Male einen Angriff mit großem Verletzungspotential gegen den Hals einer anderen Person ausgeführt, der nur durch das schnelle Eingreifen schutzbereiter Dritter umgehend beendet werden konnte. Die gegenwärtig bestehende Gefahr entsprechend schwerwiegender Rechtsgutbeeinträchtigungen durch die Angeklagte ist indes auch von Pflegepersonal nicht hinzunehmen. Zudem verdeutlicht das weitergehend festgestellte körperlich fremdaggressive Vor- und Nachtatverhalten der Angeklagten (oben B.I.1.-3. und III.2.), auch wenn es ich hierbei um einfache Körperverletzungstaten zum Nachteil von Pflegekräften handelte, die für sich genommen eine Unterbringung nach § 63 StGB kaum zu begründen vermögen, die von der Angeklagten derzeit ausgehende besondere Gefährlichkeit für Dritte, die darin besteht, dass sie auch ohne Vorzeichen und ohne (objektiven) Anlass zu spontanen raptusartigen Fremdaggressionen neigt.

3. Verhältnismäßigkeit, § 62 StGB

Die Unterbringung der Angeklagten ist verhältnismäßig. Mildere, weniger belastende Mittel stehen derzeit nicht zur Verfügung, da die von ihr ausgehende Gefährdung von Dritten im Rahmen ihrer unvermeidbaren psychiatrischen Unterbringung gegenwärtig nicht anders abgewendet werden kann als durch die beschützende Betreuung in der Forensik. Sämtliche Verfahrensbeteiligte inklusive Betreuerinnen und psychiatrische Sachverständige betrachteten die momentane forensische Unterbringung der Angeklagten als „alternativlos“. Insbesondere stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine betreuungsrechtliche (zivilrechtliche oder landesrechtliche) Unterbringung keine tragfähige (mildere) Alternative dar, was sich bereits daraus ergibt, dass sich die Anlasstat im Rahmen betreuungsrechtlicher Unterbringung ereignet hat. Zudem ruht derzeit das betreuungsrechtliche Unterbringungsverfahren vor dem Hintergrund der forensischen Unterbringung.

Es bleibt mit Blick auf die von langfristigen stationären psychiatrischen Behandlungen geprägte Lebensgeschichte der Angeklagten zu hoffen, dass die prognostisch günstig zu bewertenden Gesichtspunkte - keine Vorstrafenbelastung, junges Alter der Angeklagten, keine Suchtproblematik, keine intellektuellen Defizite, gefestigte familiäre Bindung und Unterstützung - dazu führen, dass sich der Zustand der Angeklagten in absehbarer Zeit verbessert und stabilisiert, so dass in der Zukunft alternative Maßnahmen erwogen werden können. Um eine positive Legalprognose erreichen zu können, bedarf es zunächst vor allem einer psychischen Stabilisierung der Angeklagten, des Aufbaus von Alternativstrategien bei Frustration und Verärgerung, der Entwicklung eines stabilen Selbstbildes, der therapeutischen Beschäftigung mit der eigenen Biografie, der Erarbeitung tragfähiger Perspektiven und der Vorbereitung eines adäquaten sozialen Empfangsraums.

4. Keine Aussetzung der Maßregel zur Bewährung

Aus denselben Erwägungen kam eine Aussetzung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung nach § 67 b Abs. 1 Satz 1 StGB zum gegenwärtigen Zeitpunkt von vornherein nicht in Betracht, unbeschadet dessen, dass ausweislich § 67 b Abs. 1 Satz 2 StGB ohnedies die verhängte (unbedingte) Freiheitsstrafe entgegenstünde.

F. Kosten

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, Abs. 2, 465 Abs. 1 StPO.

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bei uns veröffentlicht am 16.11.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 404/17 vom 16. November 2017 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2017:161117B2STR404.17.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und na

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2017 - 1 StR 393/17

bei uns veröffentlicht am 24.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 393/17 vom 24. Oktober 2017 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2017:241017B1STR393.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2016 - 1 StR 331/16

bei uns veröffentlicht am 09.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 331/16 vom 9. August 2016 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:090816B1STR331.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2014 - 2 StR 297/14

bei uns veröffentlicht am 09.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 S t R 2 9 7 / 1 4 vom 9. Dezember 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

8
Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Auch dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Hält er die Vollendung der Tat im unmittelbaren Handlungsvorgang noch für möglich, wenn auch mit anderen Mitteln, so ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten (vgl. hierzu z.B. BGH, Beschluss vom 22. April 2015 – 2 StR 383/14, StV 2015, 687). Scheidet ein Fehlschlag aus, kommt es auf die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 2015 – 2 StR 383/14, StV 2015, 687).

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist, darf nur einmal berücksichtigt werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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Der Schuldspruch wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Demgegenüber hat der Strafausspruch keinen Bestand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: „Sieht das Gesetz einen minder schweren Fall vor und ist – wie hier gemäß § 27 Abs. 2 S. 2, § 49 Abs. 1 StGB – auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, muss bei der Strafrahmenwahl im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht nur geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tragen. Dies ist vielmehr nur der erste Schritt. Vermögen die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind in die weitere Prüfung die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (std. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2015 – 1 StR 629/14, NStZ 2015, 696). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Indem das Landgericht für die Verneinung eines minder schweren Falls lediglich allgemeine Strafzumessungsgründe gewürdigt hat, hat es die Prüfung versäumt, ob nicht wegen Vorliegens des vertypten Milderungsgrundes nach § 27 Abs. 2 S. 2 StGB ein minder schwerer Fall des § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, der einen dem Angeklagten günstigeren Strafrahmen eröffnet. Da insbesondere vor dem Hintergrund der zu Recht mit deutlichem Gewicht zugunsten des Angeklagten berücksichtigten, die Identifizierung des Hintermanns in Südafrika gestattenden Angaben in der Hauptverhandlung (UA S. 17) nicht auszuschließen ist, dass die Strafkammer bei Beachtung der gebotenen Prüfungsreihenfolge zu einer anderen Strafrahmenwahl gekommen wäre, deren Obergrenze mit der ausgeurteilten Strafe überschritten ist, muss der Strafausspruch aufgehoben werden. Die bisherigen Feststellungen können bestehen bleiben, nachdem es sich lediglich um Wertungsfehler handelt. Die neu entscheidende Strafkammer ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch ste- hen.“
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Der Generalbundesanwalt hat, was die Strafzumessung hinsichtlich des versuchten Totschlags anbelangt, ausgeführt: „Der Ausspruch über die Einzelstrafe in Höhe von neun Jahren Frei- heitsstrafe hat hingegen keinen Bestand. Das Landgericht hat unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes des § 23 Abs. 2 StGB einen minder schweren Fall gemäß § 213 2. Alt. StGB verneint, von einer Milderung des Strafrahmens nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB abgesehen und die Strafe sodann aus dem nach § 21 StGB in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 StGB entnommen (UA S. 63/64 ff.). Die Strafkammer hat dabei ersichtlich nicht bedacht, dass nach ständiger Rechtsprechung in den Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat einen minder schweren Fall vorsieht und im Einzelfall ein gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 Abs. 1 StGB gegeben ist, bei der Strafrahmenwahl vorrangig zu prüfen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt (BGH, Beschluss vom 19. November 2013 – 2 StR 494/13, StV 2015, 549). Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen , sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zu Grunde legen (BGH aaO). Das Landgericht hat diese Prüfungsreihenfolge nicht beachtet, indem es den vertypten Milderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB neben den allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkten in die Prüfung des minder schweren Falls des § 213 2. Alt. StGB zwar einbezogen, den gleichfalls vorliegenden vertypten Milderungsgrund des § 21 StGB bei der Prüfung offensichtlich aber unberücksichtigt gelassen hat. So geht das Landgericht von vornherein von dem falschen Ansatz aus, indem es die Prüfung auf die Frage beschränkt hat, ob von einer Milderung des Strafrahmens nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB oder nach § 213 2. Alt. StGB auszugehen war (UA S. 63/65). Selbst wenn das Landgericht die dissoziale Persönlichkeitsstruktur und alkoholbedingte Enthemmung des Angeklagten zur Tatzeit zugunsten des Angeklagten in die Prüfung des minder schweren Falls miteinbezieht (UA S. 64), ergibt sich aus der Gesamtschau der Urteilsgründe, insbesondere aus der nachfolgenden Begründung für eine Verschiebung des Strafrahmens über §§ 21, 49 Abs. 1 StGB, gleichwohl, dass das Landgericht das Vorliegen des weiteren vertypten Milderungsgrundes des § 21 StGB bei der Prüfung des minder schweren Falls gemäß § 213 2. Alt. StGB nicht im Blick gehabt hat. Zwar hat das Landgericht den nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 StGB (zwei Jahre bis 11 Jahre und drei Monate) zu Grunde gelegt (UA S. 65); doch der gemilderte Strafrahmen des § 213 2. Alt. StGB (1 Jahr bis 10 Jahre) wäre für den Angeklagten günstiger. Da sich das Landgericht mit der Verhängung einer Einzelstrafe von neun Jahren an dem oberen Bereich des eröffneten Strafrahmens orientieren wollte (UA S. 67), kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass der Tatrichter unter Zugrundelegung des Strafrahmens des § 213 StGB zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.
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Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Auch dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Hält er die Vollendung der Tat im unmittelbaren Handlungsvorgang noch für möglich, wenn auch mit anderen Mitteln, so ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten (vgl. hierzu z.B. BGH, Beschluss vom 22. April 2015 – 2 StR 383/14, StV 2015, 687). Scheidet ein Fehlschlag aus, kommt es auf die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 2015 – 2 StR 383/14, StV 2015, 687).

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

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a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden , wenn die Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Dies erfordert zwar nicht, dass die Anlasstaten selbst erheblich sind, die zu erwartenden Taten müssen aber schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen und daher zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2008 - 4 StR 6/08; vom 16. Juli 2008 - 2 StR 161/08 jeweils mwN). Die lediglich latente Gefahr oder bloße Möglichkeit zukünftiger Straftaten reicht nicht aus (BGH, Beschlüsse vom 10. September 2008 - 2 StR 291/08, vom 11. März 2009 - 2 StR 42/09, NStZ-RR 2009, 198).
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a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn die Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Dabei sind zu erwartende Gewalt- und Aggressionsdelikte regelmäßig zu den erheblichen Taten zu rechnen (BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 – 1 StR 437/03, Beschlüsse vom 3. April 2008 – 1 StR 153/08 und vom 10. August 2010 – 3 StR 268/10). Dies trifft auf die Anlasstaten zu, die für sich betrachtet gewichtige Straftaten sind. Jedoch sind solche Verhaltensweisen innerhalb einer Einrichtung gegenüber dem Pflegepersonal nicht ohne weiteres denjenigen Handlungen gleichzusetzen, die ein Täter außerhalb einer Betreuungseinrichtung begeht (BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 – 4 StR 354/97, NStZ 1998, 405; Beschlüsse vom 6. November 2003 – 4 StR 456/03, StV 2005, 21; vom 17. Februar 2009 – 3 StR 27/09, NStZ-RR 2009, 169, Rn. 9 und vom 22. Februar 2011 – 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202, Rn. 13; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – 2 BvR 2181/11, NJW 2012, 513, Rn. 27). Soweit die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass es sich bei den geschädigten Zeuginnen gerade nicht um im Umgang mit schwierigen und aggressiven Patienten erfahrenes besonders geschultes Personal , sondern um einfache Krankenpflegerinnen gehandelt habe, rechtfertigt dies keine Gleichsetzung der Taten mit solchen außerhalb der Einrichtung. Es kann von einer psychisch schwer erkrankten Person nicht erwartet werden, das Krankenpflegepersonal nach entsprechend geschulten und ungeschulten Personen zu unterscheiden.
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a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden , wenn die Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Dies erfordert zwar nicht, dass die Anlasstaten selbst erheblich sind, die zu erwartenden Taten müssen aber schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen und daher zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2008 - 4 StR 6/08; vom 16. Juli 2008 - 2 StR 161/08 jeweils mwN). Die lediglich latente Gefahr oder bloße Möglichkeit zukünftiger Straftaten reicht nicht aus (BGH, Beschlüsse vom 10. September 2008 - 2 StR 291/08, vom 11. März 2009 - 2 StR 42/09, NStZ-RR 2009, 198).
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a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn die Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Dabei sind zu erwartende Gewalt- und Aggressionsdelikte regelmäßig zu den erheblichen Taten zu rechnen (BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 – 1 StR 437/03, Beschlüsse vom 3. April 2008 – 1 StR 153/08 und vom 10. August 2010 – 3 StR 268/10). Dies trifft auf die Anlasstaten zu, die für sich betrachtet gewichtige Straftaten sind. Jedoch sind solche Verhaltensweisen innerhalb einer Einrichtung gegenüber dem Pflegepersonal nicht ohne weiteres denjenigen Handlungen gleichzusetzen, die ein Täter außerhalb einer Betreuungseinrichtung begeht (BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 – 4 StR 354/97, NStZ 1998, 405; Beschlüsse vom 6. November 2003 – 4 StR 456/03, StV 2005, 21; vom 17. Februar 2009 – 3 StR 27/09, NStZ-RR 2009, 169, Rn. 9 und vom 22. Februar 2011 – 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202, Rn. 13; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – 2 BvR 2181/11, NJW 2012, 513, Rn. 27). Soweit die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass es sich bei den geschädigten Zeuginnen gerade nicht um im Umgang mit schwierigen und aggressiven Patienten erfahrenes besonders geschultes Personal , sondern um einfache Krankenpflegerinnen gehandelt habe, rechtfertigt dies keine Gleichsetzung der Taten mit solchen außerhalb der Einrichtung. Es kann von einer psychisch schwer erkrankten Person nicht erwartet werden, das Krankenpflegepersonal nach entsprechend geschulten und ungeschulten Personen zu unterscheiden.
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So verhält es sich hier. Dass bei der Angeklagten eine dauerhafte psychische Erkrankung vorliegt, reicht für die Anordnung der Unterbringung ebenso wenig aus wie die Wahrscheinlichkeit, dass sie infolge dieser Erkrankung bei Begehung weiterer rechtswidriger Taten wiederum in einen Zustanderheblich verminderter Steuerungsfähigkeit kommen kann. Bei der Prognose weiterer erheblicher Taten war zu berücksichtigen, dass es sich bei den Anlasstaten ausnahmslos um solche handelte, die sich während der stationären Unterbringung der Angeklagten ereigneten und die sich gegen einen Rettungssanitäter bzw. gegen Pflegepersonal richteten. Auslöser waren jeweils durch diese Personengruppe veranlasste Beschränkungen der Angeklagten bzw. von der Angeklagten als solche interpretierte Handlungen. Rechtswidrige Taten oder bedrohliches Verhalten der Angeklagten außerhalb stationärer Unterbringung hat die Strafkammer dagegen nicht festgestellt; auch während unbegleiteter Ausgänge der Angeklagten, die mit dissoziativen Krampfanfällen einhergingen, kam es nicht zu aggressiven Verhaltensweisen. Diesen Umstand aber hätte das Landgericht in seine Würdigung, ob die Angeklagte für die Allgemeinheit gefährlich ist, einbeziehen müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. November 2006 - 2 StR 465/06, NStZ-RR 2007, 73, 74; BGH, Beschluss vom 25. April 2012 - 4 StR 81/12, NStZ-RR 2012, 271). Allein die allgemeine Erwägung, Frustrationssituationen, die bei der Angeklagten die Gefahr eines Affektdurchbruchs und die Wiederholung von Körperverletzungsdelikten begründeten, kämen nicht nur in untergebrachtem Zustand auf, genügt vor diesem Hintergrund nicht zur Begründung der Allgemeingefährlichkeit der Angeklagten.
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a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden , wenn die Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Dies erfordert zwar nicht, dass die Anlasstaten selbst erheblich sind, die zu erwartenden Taten müssen aber schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen und daher zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2008 - 4 StR 6/08; vom 16. Juli 2008 - 2 StR 161/08 jeweils mwN). Die lediglich latente Gefahr oder bloße Möglichkeit zukünftiger Straftaten reicht nicht aus (BGH, Beschlüsse vom 10. September 2008 - 2 StR 291/08, vom 11. März 2009 - 2 StR 42/09, NStZ-RR 2009, 198).

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.