Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2016 - 1 StR 331/16

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:090816B1STR331.16.0
published on 09/08/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2016 - 1 StR 331/16
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 331/16
vom
9. August 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:090816B1STR331.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 23. März 2016 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter unerlaubter Durchfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen übernahm der Angeklagte am 16. Oktober 2015 in Südafrika einen mit Heroingemisch präparierten Koffer von seinem nicht näher bekannten Auftraggeber namens „ A. “ zum Weitertrans- port nach Rom in Italien. Er hatte den Auftrag, den Koffer einem dort ansässigen Hintermann zu übergeben. Hierfür wurden ihm 2.000 Euro in Aussicht gestellt. Der Angeklagte gab den Koffer am Flughafen Johannesburg in Südafrika als Transitgepäck auf und trat den von seinem Auftraggeber vorgebuchten und im Voraus bezahlten Flug über München nach Rom an.
3
Der Angeklagte reiste am Morgen des Folgetags am Flughafen München in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beabsichtigte, noch am selben Tag nach Rom weiterzureisen. In dem von ihm als Transitgepäck aufgegebenen Koffer befanden sich etwas mehr als 2,5 kg Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 52,1 % Diacetylmorphin-Hydrochlorid. Bei der Einreise hatte der Angeklagte keinen Zugriff auf die Betäubungsmittel.

II.


4
Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Nachprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge führt zur Aufhebung im Strafausspruch. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
Der Schuldspruch wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Demgegenüber hat der Strafausspruch keinen Bestand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: „Sieht das Gesetz einen minder schweren Fall vor und ist – wie hier gemäß § 27 Abs. 2 S. 2, § 49 Abs. 1 StGB – auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, muss bei der Strafrahmenwahl im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht nur geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tragen. Dies ist vielmehr nur der erste Schritt. Vermögen die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind in die weitere Prüfung die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (std. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2015 – 1 StR 629/14, NStZ 2015, 696). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Indem das Landgericht für die Verneinung eines minder schweren Falls lediglich allgemeine Strafzumessungsgründe gewürdigt hat, hat es die Prüfung versäumt, ob nicht wegen Vorliegens des vertypten Milderungsgrundes nach § 27 Abs. 2 S. 2 StGB ein minder schwerer Fall des § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, der einen dem Angeklagten günstigeren Strafrahmen eröffnet. Da insbesondere vor dem Hintergrund der zu Recht mit deutlichem Gewicht zugunsten des Angeklagten berücksichtigten, die Identifizierung des Hintermanns in Südafrika gestattenden Angaben in der Hauptverhandlung (UA S. 17) nicht auszuschließen ist, dass die Strafkammer bei Beachtung der gebotenen Prüfungsreihenfolge zu einer anderen Strafrahmenwahl gekommen wäre, deren Obergrenze mit der ausgeurteilten Strafe überschritten ist, muss der Strafausspruch aufgehoben werden. Die bisherigen Feststellungen können bestehen bleiben, nachdem es sich lediglich um Wertungsfehler handelt. Die neu entscheidende Strafkammer ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch ste- hen.“
6
Dem schließt sich der Senat an. Graf Jäger Cirener Mosbacher Fischer
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

5 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde
6 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 11/02/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 6 2 9 / 1 4 vom 11. Februar 2015 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen: Auf
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 20/12/2016 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 590/16 vom 20. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:201216B1STR590.16.0 Der 1. Strafsenat des Bu
published on 12/02/2018 00:00

Tenor 1. Die Angeklagte ist schuldig des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. 2. Sie wird deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. 3. Die Unterbringung der Angeklagten in e
published on 18/07/2018 00:00

Tenor 1. Der Angeklagte S. ist schuldig der Sachbeschädigung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur schweren Brandstiftung, und der Beihilfe zur versuchten Brandstiftung und zugleich zur Sachbeschädigung. Er
published on 09/02/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 415/16 vom 9. Februar 2017 in der Strafsache gegen wegen Totschlags ECLI:DE:BGH:2017:090217U1STR415.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 8. Febru
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.