Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. März 2018 - 6 Sa 375/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0306.6Sa375.17.00
bei uns veröffentlicht am06.03.2018

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Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14. Januar 2016 - 2 Ca 1090/15 - wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 582,54 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15. März 2014 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.479,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 11. September 2015 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der klagenden Partei auf eine Tariflohnerhöhung.

2

Der Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde kraft schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29. September 2005 (Bl. 9 f. d. A.; im Folgenden: AV) ab 01. Oktober 2005 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Mitarbeiter/ -in Non Food eingestellt. Ziff. 2 und 4 AV lauten:

3

„2. Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels und die Gesamtbetriebsvereinbarungen bzw. die Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

4

5

4. Der Mitarbeiter erhält ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 1.986,00 Euro.

6

Tarifentgelt:

1.986,00 EUR Tarifgruppe G2

im 06. Berufs-/Tätigkeitsjahr

        

Stufungsdatum: 01.02.2000

        

Gesamt:

1.986,00 EUR

7

Der über das Tarifentgelt hinausgehende und nicht ausdrücklich als nicht anrechenbar bezeichnete Betrag ist eine freiwillige Leistung von Z.,-, die ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für die Zukunft erfolgt.“

8

Zum 01. Juli 2008 erfolgte ein Betriebsübergang auf die Beklagte. Zuvor hatte die tarifgebundene Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Mitarbeiter mit Schreiben vom 08. Mai 2008 nach § 613a Abs. 5 BGB über den bevorstehenden Betriebsübergang informiert und dabei ua. mitgeteilt, die Beklagte sei tarifgebunden.

9

Die Beklagte, die nicht tarifgebunden ist, vergütete die klägerische Partei auch nach dem Betriebsübergang zunächst nach den Gehaltssätzen der Gehaltsgruppe G II/6 des jeweiligen Gehaltstarifvertrages für die Angestellten im Einzelhandel X., geschlossen vom Landesverband Einzelhandel X. eV. und der Gewerkschaft ver.di.

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Mit Schreiben vom 16. Juni 2011 (Bl. 14 d. A.), wegen dessen weiterer Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, teilte die Beklagte der klagenden Partei mit, ein im August 2009 angesichts ihrer fehlenden Tarifgebundenheit mit dem Betriebsrat geschlossenes Betriebliches Bündnis, in dem ua. die Anwendung des x-Einzelhandelstarifvertrages vereinbart worden sei, ende am 30. Juni 2011 und obgleich bislang weder mit ver.di, noch mit dem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden gewesen sei, gebe sie freiwillig folgende Zusicherung:

11

„1. Wir werden Sie auch nach dem 30. Juni 2011 entsprechend den Regelungen des gültigen x-Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

12

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den x-Einzelhandel abgeschlossen sei, werde auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen - insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen - Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden.“

13

Eine von der Gewerkschaft ver.di unter dem 17. Dezember 2013 vereinbarte Tariflohnerhöhung zum 01. August 2013 in Höhe von 3 % und die zum 01. Mai 2014 vereinbarte Tariflohnerhöhung um 2,1% hat die Beklagte nicht an den Kläger weitergeben.

14

Mit Schreiben vom 21. Februar 2014 (Bl. 12 d. A.) hat der Kläger unter der Überschrift „Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel X - Tariferhöhung rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 %, sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.2014“ um Auszahlung der Tariflohnerhöhung gebeten. Wegen der Einzelheiten des Geltendmachungsschreibens wird auf den Akteninhalt verwiesen.

15

Nachdem die außergerichtliche Geltendmachung erfolglos blieb, hat die klagende Partei am 04. September 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern Zahlungsklage erhoben, mit der sie die Vergütungsdifferenzen zwischen von ihr bezogener Vergütung und den tariflichen Gehaltssätzen in zuletzt rechnerisch unstreitiger Höhe von 582,54 Euro brutto für die Monate August 2013 bis Februar 2014 und 1.479,75 Euro brutto für die Monate März 2014 bis Juni 2015 geltend gemacht hat. Die Klage ist der Beklagten am 10. September 2015 zugestellt worden.

16

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, ihm stehe auch die von der Gewerkschaft ver.di unter dem 17. Dezember 2013 vereinbarte Tariflohnerhöhung zum 01. August 2013 in Höhe von 3 % und die zum 01. Mai 2014 um 2,1% zu. Die arbeitsvertragliche dynamische Verweisung auf die jeweils gültigen Tarifverträge des Einzelhandels gelte auch nach dem Betriebsübergang weiterhin, ohne dass eine Statischstellung erfolgt sei. Unabhängig vom Informationsschreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Betriebsübergang habe auch die Beklagte im Vorfeld des Betriebsübergangs ihre Tarifbindung betont. Vor diesem Hintergrund erkläre sich auch das Schreiben vom 16. Juni 2011 und ein Schreiben vom 12. September 2011 in Bezug auf den Manteltarifvertrag. Ihm stünden daher die geltend gemachten Beträge aus im Einzelnen in der Klageschrift nebst Anlage und dem Schriftsatz vom 04. November 2015 dargelegter Höhe zu, wegen deren Berechnung auf den Akteninhalt verwiesen wird.

17

Der Kläger hat erstinstanzlich - nach geringfügiger Reduzierung der Klageforderung - zuletzt beantragt,

18

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 582,54 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15. März 2014 zu zahlen.

19

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.479,75 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, es bestehe keine Rechtsgrundlage für den klägerischen Anspruch. Sie sei auch im August und Dezember 2013 nicht tarifgebunden gewesen, als nach klägerischem Vortrag die Tariflohnerhöhung zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Landesverband Einzelhandel X. eV. vereinbart worden sei. Aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich der Anspruch wegen Statischstellung der Bezugnahmeklausel durch den Betriebsübergang ebenfalls nicht, da die dynamische Bindung eines nicht tarifgebundenen Erwerbers gegen Europarecht verstoße. Ebenso wenig könne der Anspruch aus dem Informationsschreiben ihrer Rechtsvorgängerin zum Betriebsübergang hergeleitet werden, das nur Wissens-, jedoch nicht Willenserklärung sei. Auch die bisherige Weitergabe von Tariflohnerhöhungen und die Schreiben vom 16. Juni 2011 oder 12. September 2011 begründeten keinen Anspruch auf Weitergabe künftiger Tariflohnerhöhungen für die Zukunft kraft betrieblicher Übung oder Zusage. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz teile in seinen Entscheidungen in den Verfahren 4 Sa 481/14 und 4 Sa 478/14 ihre Auffassung. Da die Ansprüche ab März 2014 nicht vom Geltendmachungsschreiben der Klägerseite umfasst seien, seien diese nach der sechs-monatigen Ausschlussfrist aus der statischen Verweisung auf den Manteltarifvertrag für den Einzelhandel X. verfallen.

23

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Januar 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, ein unmittelbarer Anspruch aus den maßgeblichen Gehaltstarifverträgen bestehe mangels Tarifbindung der Beklagten und Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags nicht. Auch aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seiner Zeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13. Dezember 1993 lasse sich der Anspruch nicht herleiten, es werde auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - Bezug genommen. Auch auf Ziff. 4 des Arbeitsvertrags könne sich der Kläger nicht berufen, da eine sog. Gleichstellungsabrede vorliege und die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte geendet habe. Auch eine betriebliche Übung liege nicht vor und aus dem Schreiben vom 16. Juni 2011 ergäben sich keine Anhaltspunkte für einen Willen der Beklagten auf dauerhafte Übernahme der Tariflohnerhöhungen durch die Beklagte; auch insofern werde der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz gefolgt. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 132 f. d. A. verwiesen.

24

Der Kläger hat gegen das am 10. Februar 2016 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 09. März 2016 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 08. April 2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am Montag, den 11. April 2016, begründet.

25

Er trägt zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 08. April 2016, hinsichtlich deren weiteren Inhaltes auf Bl. 159 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen vor,

26

dem erstinstanzlichen Gericht sei zuzustimmen, dass eine direkte Anwendbarkeit des Tarifvertrages ausscheide, da keine beiderseitige Tarifbindung vorliege, es habe aber übersehen, dass sein Arbeitsvertrag nach der Schuldrechtsreform abgeschlossen sei und die arbeitsvertraglichen Regelungen als dynamische Verweisung ihm daher einen direkt aus dem Arbeitsvertrag ableitbaren Anspruch auf tarifliche Vergütung und Teilnahme an der Tarifentwicklung gewähren. Darüber hinaus sei anzumerken, dass das Schreiben der Beklagten vom 16. Juni 2011 entgegen den Ausführungen des Gerichts aus im Einzelnen genannten Gründen nur dahingehend ausgelegt werden könne, dass er künftig dauerhaft an der Tarifentwicklung teilnehmen solle. Hilfsweise könne er sich auf eine betriebliche Übung stützen. Zwar habe das Gericht zutreffend rechtlich ausgeführt, dass dem Verhalten des Arbeitgebers, der nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist, ohne weitere Anhaltspunkte kein Erklärungswert dahingehend entnommen werden könne, dass er unabhängig von einer eigenen Tarifbindung den Tarifvertrag für die Zukunft immer anwenden wolle, es habe aber zu Unrecht solche Anhaltspunkte verneint, nachdem die Beklagte im Rahmen der gesamten Historie im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang Tarifbindung suggeriert habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat die Klägerseite ausdrücklich klargestellt, dass sie Ansprüche auf die zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Landesverband Einzelhandel X. eV, zuletzt firmierend unter Handelsverband M. eV, vereinbarte Tariflohnerhöhung geltend mache und dass es sich beim zugrundeliegenden Tarifvertrag um einen Folgetarifvertrag zu den in der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in Bezug genommenen Tarifverträgen handele.

27

Der Kläger beantragt,

28

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14. Januar 2016 - 2 Ca 1090/15 -

29

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 582, 54 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15. März 2014 zu zahlen.

30

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.479,75 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins-satz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen

31

Die Beklagte beantragt,

32

1. die Berufung wird als unzulässig verworfen.

33

2. hilfsweise, die Berufung wird zurückgewiesen.

34

Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 17. Mai 2016 und ihres Schriftsatzes vom 26. Februar 2018, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 172 ff. und Bl. 256 ff. d. A. Bezug genommen wird, unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,

35

die Berufung sei bereits unzulässig, da sich die Berufungsbegründung nicht auf die Urteilsbegründung im angegriffenen Urteil, sondern auf die Entscheidungsgründe eines anderen Urteils (ggf. eines Parallelverfahrens) beziehe. Die Berufungsbegründung schreibe der Urteilsbegründung - im Einzelnen dargestellte - Aussagen zu, die in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils nicht enthalten seien. Mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 -, auf die sich das angegriffene Urteil vollständig bezogen und daher die Entscheidungsgründe auf weniger als einer Seite abgehandelt habe, habe sich der Kläger überhaupt nicht befasst. Die Berufung sei jedenfalls unbegründet. Es fehle an einer normativen Tarifanwendung, an einer Allgemeinverbindlichkeit der Einzelhandelstarifverträge für den geltend gemachten Zeitraum und auch aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Gewerkschaft HBV und der Rechtsvorgängerin der Beklagten lasse sich der Anspruch nicht herleiten. Auch aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich der Anspruch nicht, da die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach es sich bei Bezugnahmeklauseln nach dem 31. Januar 2001 um echte dynamische Bezugnahmeklauseln handele, gegen die Rechtsprechung des EuGH verstoße. Aus den Schreiben vom 16. Juni und 12. September 2011 folge keine andere Wertung. Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, sei ebenfalls nicht entstanden. Hilfsweise berufe sie sich auf die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten im Manteltarifvertrag für den Einzelhandel X.. Danach seien die Ansprüche März 2014 bis Februar 2015 verfallen, da diese erstmals mit Klageerhebung am 04. September 2015 geltend gemacht worden seien. Schließlich habe die darlegungs- und beweispflichtige Klagepartei entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weder ausreichend dargelegt, welcher Tarifvertrag bei Arbeitsvertragsschluss bzw. Entstehung der Bezugnahmeklausel von den Arbeitsvertragsparteien in Bezug genommen worden sei, noch welcher Tarifvertrag konkret als Rechtsgrundlage dienen solle oder warum dies der Nachfolgetarifvertrag des damals in Bezug genommenen Tarifwerks sein solle. Dies gelte umso mehr, als auch in X. mehrere Akteure auf Verbands- und Gewerkschaftsseite Tarifverträge im Bereich Einzelhandel abgeschlossen hätten.

36

Das Berufungsgericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 07. Juni 2016 im Einvernehmen mit den Parteien bis zur Entscheidung des EuGH in Sachen C-680/15 ua. ausgesetzt.

37

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

38

Die zulässige Berufung ist auch in der Sache erfolgreich.

39

I. Die Berufung ist zulässig.

40

a) Sie ist statthaft, wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 10. Februar 2016 mit am 09. März 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 Abs. 1 und 2 ZPO) und mit Schriftsatz vom 08. April 2016, bei Gericht eingegangen am Montag, den 11. April 2016, rechtzeitig begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 222 Abs. 2 ZPO).

41

b) Die Berufung entspricht hinsichtlich ihrer Begründung den Anforderungen des § 64 Abs. 6 ArbGG S. 1 iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.

42

aa) Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will; eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden; für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es aber nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 26. April 2017 - 10 AZR 275/16 - Rn. 17, mwN, zitiert nach juris). Textbausteine und Schriftsätze aus anderen Verfahren genügen nicht (vgl. BGH 27. Mai 2008 - XI ZB 41/06 - Rn. 12 ff, zitiert nach juris). Enthält die Berufungsbegründung immerhin zu einem Streitpunkt eine § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung, ist die Berufung insgesamt zulässig, wenn die bezeichneten Umstände geeignet sind, der angegriffenen Entscheidung insgesamt die Grundlage zu entziehen(vgl. BGH 06. Dezember 2011 - II ZB 21/10 - Rn. 7, zitiert nach juris).

43

bb) Gemessen hieran ist die Berufung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründet. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung mit ausreichender Deutlichkeit gerügt, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass sein Arbeitsvertrag nach der Schuldrechtsreform abgeschlossen sei und ihm daher aufgrund der dynamischen Verweisung im Arbeitsvertrag der geltend gemachte Anspruch aus Tarifvertrag zustehe. Damit hat der Kläger, der in der Berufungsbegründungsschrift auf seinen gesamten erstinstanzlichen Vortrag und damit auch auf seine Ausführungen zum fehlenden Verstoß gegen Europarecht Bezug genommen hat, jedenfalls zu einem Streitpunkt Umstände bezeichnet, die geeignet sind, der erstinstanzlichen Entscheidung die Grundlage zu entziehen. Dass er nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - (zitiert nach juris), an der sich das Arbeitsgericht orientiert hat, demgegenüber ein sog. „Altfall“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde gelegen hat, ist hierbei unerheblich, zumal die erstinstanzliche Entscheidung an dieser Stelle auch eigene Ausführungen enthält, die der Kläger ausdrücklich angegriffen hat. Inwieweit die Auseinandersetzung des Klägers mit den weiteren möglichen Anspruchsgrundlagen allein geeignet gewesen wären, die Berufung ordnungsgemäß zu begründen, kann dahinstehen.

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II. Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht für die Monate August 2013 bis Juni 2015 die geltend gemachte Differenzvergütung in aus dem Tenor ersichtlichem Umfang zu. Die erstinstanzliche Entscheidung unterlag der Abänderung.

45

1. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. Ziff. 2, 4 AV die Nachzahlung von Arbeitsvergütung verlangen in Höhe der zuletzt rechnerisch unstreitigen Differenzbeträge von insgesamt 582,54 Euro brutto (August 2013 bis Februar 2014) und 1.479,75 Euro brutto (März 2014 bis Juni 2015) zwischen der tariflichen Vergütung nach Gehaltsgruppe G II/6 des im streitigen Zeitraum gültigen Gehaltstarifvertrages für die Angestellten im Einzelhandel X. vom 17. Dezember 2013, geschlossen vom Landesverband Einzelhandel X. eV. und der Gewerkschaft ver.di (im Folgenden: GehaltsTV) und des dem Kläger von der Beklagten tatsächlich ausgezahlten Gehalts.

46

1.1. Die Parteien des im September 2005 geschlossenen Arbeitsvertrags haben in den Ziff. 2 und 4 AV eine zeit- und inhaltsdynamische Bezugnahme von tariflichen Entgeltbestimmungen vereinbart.

47

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Ziff. 2 und 4 als Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14 f. mwN; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, zitiert nach juris).

48

bb) Bereits nach Ziff. 2 AV sollen ausdrücklich die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Darüber hinaus ist in Ziff. 4 AV ein Tarifentgelt vereinbart und bestimmt, dass ein darüber hinausgehender und nicht ausdrücklich als nicht anrechenbar bezeichneter Betrag eine freiwillige Leistung sei und auf künftige Tariflohnerhöhungen angerechnet werden könne. Ungeachtet der zeit- und inhaltsdynamischen Regelung in Ziff. 2 AV darf der durchschnittliche Arbeitnehmer jedenfalls bei einer Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt wie vorliegend idR redlicherweise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern; ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll(vgl. BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 521/15 - Rn. 36, mwN, zitiert nach juris).

49

1.2. Die dynamische Bezugnahmeklausel in Ziff. 2, 4 AV umfasst nach dem in ihr zum Ausdruck kommenden Willen der Arbeitsvertragsparteien die jeweils zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Landesverband Einzelhandel X. eV. (aktuell firmierend unter Handelsverband M. eV.) abgeschlossenen Gehaltstarifverträge für die Angestellten. Zwischen den Parteien war erstinstanzlich zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens in Streit, dass die klägerische Partei - in Entsprechung der Bezugnahmeklausel - von der Rechtsvorgängerin der Beklagten seit Beginn des Arbeitsverhältnisses und zunächst auch von der Beklagten nach Gehaltsgruppe G II/6 des jeweils gültigen Gehaltstarifvertrages für die Angestellten im Einzelhandel X., abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Landesverband Einzelhandel X. eV. vergütet worden ist. Erst die Weitergabe der am 17. Dezember 2013 von den genannten Tarifvertragsparteien vereinbarten Tariflohnerhöhung von 3 % rückwirkend zum 01. August 2013 und von 2,1 % ab 01. Mai 2014 hat die Beklagte verweigert. Auch die Beklagte hat in ihrer erstinstanzlichen Klageerwiderung auf die im Dezember 2013 von den genannten Tarifvertragsparteien vereinbarte Tariflohnerhöhung Bezug genommen. Damit steht für die Berufungskammer fest, dass die arbeitsvertragliche Anbindung durch die Bezugnahmeklausel an die von den bezeichneten Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Gehaltstarifverträge für die Angestellten im Einzelhandel X. erfolgt ist und als Folgetarifvertrag im Sinne der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auch der letztgenannte Tarifvertrag zu verstehen ist. Der Verweis der Berufung im Schriftsatz vom 28. Februar 2018 auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Januar 2017 - 4 AZR 521/15 - ua. ändert hieran nichts. Auch die Berufungskammer geht davon aus, dass es grundsätzlich nicht die Aufgabe des Gerichts ist, von sich aus zu ermitteln, welche Gewerkschaften und welche Arbeitgeberverbände das Entgelt von Arbeitnehmern regelnde Tarifverträge abgeschlossen haben und welcher der in Betracht kommenden Tarifverträge nach seinem persönlichen Geltungsbereich der für die Klagepartei einschlägige ist, dh. welchen die Klagepartei richtigerweise gemeint haben könnte (vgl. BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 521/25 - Rn. 16, aaO). Insbesondere ergibt sich eine solche Pflicht des Gerichts bei einer einzelvertraglichen Inbezugnahme - anders als bei normativer Wirkung eines Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 TVG - nicht aus § 293 ZPO(vgl. BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 521/25 - Rn. 17, aaO). Zu derartigen „Ermittlungen“ bestand vorliegend jedoch bereits deshalb kein Anlass, weil zwischen den Parteien nicht streitig war, an welche Tarifverträge sich die Arbeitsvertragsparteien durch die Bezugnahmeklausel binden wollten und um welche Tariflohnerhöhung sie stritten, nachdem im gesamten Verfahren die von der Berufung zuletzt ins Feld geführten „anderen Akteure auf Verbands- und Gewerkschaftsseite“, die im Bereich Einzelhandel Tarifverträge in X. abschließen, keinerlei Rolle gespielt haben. Ungeachtet dessen hat die Klägerseite im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt, dass mit der Klage die Weitergabe der für den Streitzeitraum im Einzelhandel X. von der Gewerkschaft ver.di und dem Landesverband Einzelhandel X. eV. vereinbarte Tariflohnerhöhung geltend gemacht wird und dass sie den zugrunde liegende Tarifvertrag der genannten Tarifvertragsparteien als Folgetarifvertrag zu den im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifverträgen betrachtet.

50

1.3. Die arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisungsklausel ist durch den Betriebsübergang von ihrer Rechtsvorgängerin auf die Beklagte zum 1. Juli 2008 unverändert auf die Beklagte übergegangen.

51

a) Gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen, also auch die, ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrags zu machen, selbst gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer abgegeben (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Rn. 42 mwN, zitiert nach juris). Dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen von § 613a Abs. 1 BGB vorliegen, steht außer Streit. Damit ist auch die zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Klagepartei vertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf die Gehaltstarifverträge für die Angestellten des Einzelhandels X., abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Landesverband Einzelhandel X. eV. Bestandteil des ab dem 1. Juli 2008 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Eine dynamische Bezugnahmeklausel geht als vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Arbeitnehmer regelmäßig auf das nach dem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Aufrechterhaltung der Dynamik über(st. Rspr., ausf. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 14 ff., zitiert nach juris).

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b) Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung handelte es sich bei der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag nicht um eine sog. Gleichstellungsabrede. Nach früherer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel bezeichneten Tarifvertrag - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - diese Klauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, auch ohne dass dies im Wortlaut der Vereinbarung irgendeinen Niederschlag hätte finden müssen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Verbindlichkeit für die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten. Danach reichte die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags nur so weit wie die normative Geltung im Arbeitsverhältnis eines tarifgebundenen Arbeitnehmers. Sie endete daher dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Gleiches galt für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. Ab diesem Zeitpunkt waren die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Rn. 20, mwN, zitiert nach juris). Seit 2007 hält das Bundesarbeitsgericht, dem sich die Berufungskammer anschließt, an dieser Auslegungsregel nicht mehr fest, wendet sie jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Rn. 20, aaO). Um einen solchen „Altfall“ handelt es sich vorliegend - anders als in der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 04. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - angesichts des im September 2005 geschlossenen Arbeitsvertrages jedoch nicht.

53

c) Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC. Nachdem der EuGH auf die Vorlage das Bundesarbeitsgerichts vom 17. Juni 2015 (- 4 AZR 95/14) mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt]) entschieden hat, dass die RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht, hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - (zitiert nach juris) entschieden, dass die deutsche Rechtsordnung in diesem Sinne solche sowohl einvernehmlichen Änderungsmöglichkeiten als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten in Gestalt einer Änderungskündigung nach § 2 KSchG vorsieht(vgl. Bundesarbeitsgericht vom 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Rn. 46 ff., aaO). Die Berufungskammer schließt sich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vollumfänglich an und verweist hinsichtlich der Darstellung der Gründe im Einzelnen zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Ausführungen im Urteil vom 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - (Rn. 46 bis 58, aaO).

54

1.4. Nach alledem kann der Kläger, der unstreitig die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Gehaltsgruppe GII/6 iSd. GehaltsTV erfüllt, von der Beklagten Differenzvergütung zwischen der von ihm tatsächlich bezogenen Vergütung und der ihm zustehenden tariflichen Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe für die Monate August 2013 bis Februar 2014 in Höhe von insgesamt 582,54 Euro brutto und 1.479,75 Euro brutto für die Monate März 2014 bis Juni 2015 verlangen. Entgegen der von der Beklagten noch in der Berufung vertretenen Auffassung sind die Ansprüche für die zuletzt genannten Monate auch nicht verfallen. Nach § 16 Ziff. 1 Buchst. c des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in X. sind die betreffenden Ansprüche innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Der Kläger hat diese zum damaligen Zeitpunkt noch nicht entstandenen und fälligen Ansprüche mit seinem Geltendmachungsschreiben vom 21. Februar 2014 rechtzeitig schriftlich geltend gemacht und damit die - infolge der dynamischen Bezugnahmeklausel in Ziff. 2 AV anwendbare - tarifliche Ausschlussfrist gewahrt.

55

a) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht. Dies ist besonders bei Lohnklagen regelmäßig der Fall; hier ist der Arbeitgeber aufgrund seiner besonderen Sachkenntnis zur genauen Bezifferung regelmäßig eher in der Lage als der Arbeitnehmer (BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24, mwN, zitiert nach juris).

56

b) Danach hat die Klagepartei mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 21. Februar 2014 die sechsmonatige Ausschlussfrist auch für die künftigen Ansprüche von März 2014 bis Juni 2015 gewahrt.

57

aa) Bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens vom 21. Februar 2014 ergibt sich, dass die Klägerseite mit der "Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrags Einzelhandel X." nicht nur die "Tariferhöhung rückwirkend zum 01. August 2013 von 3 %", sondern auch "die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014" geltend gemacht hat. Zur Begründung des Anspruchs auf die genannten Tariferhöhungen wird darauf verwiesen, dass der Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisungsklausel enthält. Damit geht aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass nicht nur die bereits fälligen, sondern auch die künftigen Ansprüche geltend gemacht werden sollten, die sich aus den angeführten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 und 01. Mai 2014 ergeben. Die Geltendmachung ist mithin ersichtlich nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über Februar 2014 hinaus für die Beklagte ohne weiteres errechenbar war (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 81, LAG Rheinland-Pfalz - 2 Sa 253/17 - Rn. 57, jeweils zitiert nach juris). Dass der genannte „Gesamtbetrag der Geltendmachung“ sich nur auf die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen und fälligen Ansprüche bezieht und der Geltendmachung darüber hinaus gehender Ansprüche nicht entgegensteht, erklärt sich angesichts der der Beklagten bekannten Differenzbeträge ohne weiteres von selbst.

58

bb) Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls war es der Klagepartei möglich, die Ansprüche für die Monate März 2014 bis Juni 2015 schon vor ihrer Entstehung und Fälligkeit durch das Schreiben vom 21. Februar 2014 gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

59

(1) Die Geltendmachung eines Anspruchs setzt regelmäßig dessen Bestehen voraus. Anderenfalls liegt kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte. Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht grundsätzlich auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung von Ansprüchen bewahrt werden, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht. Er soll sich auf offene Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden können. Sind die rechtserzeugenden Tatsachen noch nicht eingetreten, können diese Ziele regelmäßig nicht erreicht werden. Es bleibt ungewiss, ob und in welchem Umfang Ansprüche entstehen. Auch wird die rasche Klärung von Ansprüchen nicht erreicht. In Ausnahmefällen können Sinn und Zweck der Ausschlussfrist aber die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch schon vor dessen Entstehen gebieten. Wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht, kann der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist, dem Schuldner zeitnah Gewissheit verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, auch durch eine einmalige Geltendmachung erreicht werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen im Streit steht; in einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was von ihm verlangt wird und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seine Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat (vgl. BAG 03. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44 f. mwN. zitiert nach juris; LAG Rheinland-Pfalz - 2 Sa 253/17 - Rn. 59, aaO; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 85, aaO).

60

(2) Vorliegend ist ein Ausnahmefall im dargestellten Sinne gegeben. Die Parteien streiten allein darüber, ob die in Ziff. 2 und 4 AV enthaltene Bezugnahmeklausel zu einer dynamischen Anwendung der bezeichneten Tarifverträge mit der Folge führt, dass die Klagepartei die im Geltendmachungsschreiben vom 21. Februar 2014 bezeichneten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 von 3 % sowie von weiteren 2,1 % ab 01. Mai 2014 beanspruchen kann. Im Übrigen waren und sind die für die Berechnung der Klageforderung maßgeblichen Faktoren zwischen den Parteien unstreitig. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 21. Februar 2014 wahrt daher auch die Ausschlussfrist für die künftigen Ansprüche des Klägers auf die geltend gemachten Tariferhöhungen. Für die Beklagte bestand ersichtlich keinerlei Zweifel darüber, was von ihr verlangt wurde. Sie musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, der Kläger habe zwischenzeitlich von seiner Forderung Abstand genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz - 2 Sa 253/17 - Rn. 60, aaO; LAG Rheinland-Pfalz 22. Januar 2014 - 4 Sa 325/13 - Rn. 57 f., zitiert nach juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 80, zitiert nach juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 85, aaO).

61

2. Der Ausspruch zu den Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 291 BGB.

B

62

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 Abs. 1 ZPO.

63

Gründe für die Zulassung der Revision sind mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 247 Basiszinssatz


#BJNR001950896BJNE024003377 (1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gef

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Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 2 Änderungskündigung


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Tarifvertragsgesetz - TVG | § 5 Allgemeinverbindlichkeit


(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag de

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Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

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Referenzen

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 01.07.2014, Az.: 8 Ca 433/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Gehaltsansprüche des Klägers.

2

Der Kläger ist seit 1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als kaufmännischer Angestellter in einem zum 01.07.2008 nach § 613a BGB auf die Beklagte übergegangenen Einkaufsmarkt beschäftigt.

3

Der zwischen dem Kläger und einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, die - wie zwischen den Parteien im Laufe des Berufungsverfahrens unstreitig geworden ist - tarifgebunden war, geschlossene Arbeitsvertrag vom 07.07.1997 enthält unter Ziffer 4. folgende Regelung:

4

"Der Mitarbeiter erhält ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von DM 2.649,-- Tarifentgelt: DM 2.649,-- Tarifgruppe: G 2 im 4. Berufs-/Tätigkeitsjahr.

5

Der über das Tarifentgelt hinausgehende und nicht ausdrücklich als nicht anrechenbar bezeichnete Betrag ist eine freiwillige Leistung von  R.,- und kann auf Erhöhungen des Tarifentgeltes angerechnet werden. Die Entgeltzahlung erfolgt bargeldlos jeweils am Ende des Kalendermonats auf ein vom Mitarbeiter anzugebendes Konto."

6

Die nicht tarifgebundene Beklagte vergütete den Kläger bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Entgeltsätzen der Gehaltsgruppe II/6. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Gehalts-TV). Die im August 2013 und im Mai 2014 in Kraft getretenen Tarifgehaltserhöhungen hat die Beklagte indessen nicht an den Kläger weitergegeben.

7

Mit seiner am 25.03.2014 beim Arbeitsgericht eingereichten und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erweiterten Klage hat der Kläger die Beklagte auf Nachzahlung der Differenzbeträge zwischen der tariflichen und der ihm tatsächlich gezahlten Vergütung für die Monate August 2013 bis Juni 2014 in Anspruch genommen.

8

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen gestellten Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 01.07.2014 (Bl. 64-69 d. A.).

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.07.2014 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 bis 10 dieses Urteils (= Bl. 69-72 d. A.) verwiesen.

10

Gegen das ihm am 24.07.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.08.2014 Berufung eingelegt und diese am 23.09.2014 begründet.

11

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe er Anspruch, auch über den 23.09.2013 hinaus weiterhin nach Maßgabe des für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweiligen Fassung geltenden Gehaltstarifvertrages vergütet zu werden. Dies ergebe sich bereits aus Ziffer 4 seines Arbeitsvertrages, der eine dynamische Bezugnahme auf die maßgebliche Tarifgehaltsbestimmung enthalte. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die (tarifgebundene) Rechtsvorgängerin der Beklagten am 13.12.2993 mit der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft "Handel, Banken und Versicherungen" am 13.12.1993 einen Überleitungstarifvertrag abgeschlossen habe, demzufolge mit Wirkung ab dem 01.01.1995 nicht mehr der damals im Betrieb geltende Haustarifvertrag, sondern die einschlägigen Branchentarifverträge und damit auch der Gehaltstarifvertrag gelten sollten. Er - der Kläger - sei seit Oktober 2006 Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft. Da der Überleitungstarifvertrag nie gekündigt worden sei, sei somit auch der Gehalts-TV im Rahmen der stattgefundenen Betriebsübergänge Inhalt seines Arbeitsvertrages geworden. Unabhängig davon ergebe sich der streitgegenständliche Zahlungsanspruch jedenfalls aus betrieblicher Übung. Zwar treffe es zu, dass die bloße jahrelange gleichförmige Bezahlung jeweils nach dem aktuellen Tarifvertrag allein keinen Anspruch aus betrieblicher Übung begründen könne. Vorliegend seien jedoch weitere Umstände hinzugetreten, die bei ihm den Eindruck bzw. sogar die Überzeugung erweckt hätten, auf Dauer nach dem Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung vergütet zu werden. So habe die Beklagte schon bei der Übernahme des Einkaufsmarktes im Rahmen der gemäß § 613a Abs. 5 BGB geschuldeten Unterrichtung ausdrücklich erklärt, sie sei tarifgebunden. Zwar sei das betreffende Schreiben vom 08.05.2008 formell von der "alten" Arbeitgeberin, der Betriebsveräußerin, verfasst worden; das Schreiben sei jedoch selbstverständlich detailliert intern mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen. Dies gelte insbesondere für die Erklärung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels fänden daher weiterhin Anwendung. Die Beklagte habe auch im Rahmen einer im Zuge des Betriebsübergangs durchgeführten Personalversammlung ausdrücklich ihre Tarifbindung bestätigt. Ein damals insoweit zuständiger Mitarbeiter der Beklagten habe bei dieser Personalversammlung zugesichert, die Beklagte sei tarifgebunden und alle Mitarbeiter würden selbstverständlich auch weiterhin nach Tarif entlohnt. Darüber hinaus habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 und vom 12.09.2011 ausdrücklich die tarifliche Bezahlung nicht nur für die seinerzeit bevorstehende Lohnrunde 2011, sondern auch für einen etwa nachfolgenden neuen Tarifvertrag bestätigt. Letztlich habe die Beklagte auch in ihrem Mitarbeiter-Informationsblatt (Team-Info) vom Februar 2013 ausdrücklich mitgeteilt, dass die geltenden Tarifregelungen erhalten blieben und auch in Zukunft gelten würden.

12

Der Kläger beantragt:

13

In Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Kaiserslautern vom 1. Juli 2014, Az.: 8 Ca 433/14, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 835,00 € brutto nebst folgenden Zinsen zu zahlen:

14
a) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 402,00 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Februar 2014,
15
b) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 67,00 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. März 2014,
16
c) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 67,00 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. April 2014,
17
d) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 67,00 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Mai 2014,
18
e) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 116,00 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Juni 2014,
19
f) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 116,00 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Juli 2014.
20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

23

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

25

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Vergütung für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

26

Der Kläger kann sein Zahlungsbegehren zunächst nicht unmittelbar und allein auf den maßgeblichen Gehaltstarifvertrag stützen. Dieser ist nicht allgemeinverbindlich und findet wegen der fehlenden Organisationszugehörigkeit der Beklagten auch nicht infolge beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

27

Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariferhöhungen lässt sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.2993 herleiten. Selbst wenn dieser, was die Beklagte bestritten hat, in Kraft getreten ist und infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche des Klägers auf tarifliche Vergütung begründet hat, so umfassen diese Ansprüche des Klägers nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getretenen Tarifgehaltserhöhungen. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche Tarifgehaltserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (BAG v. 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - AP Nr. 334 zu § 613a BGB), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen zweifellos nicht der Fall ist.

28

Der Kläger kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelung in Ziffer 4 seines Arbeitsvertrages vom 02.04.1996 berufen. Zwar enthält diese Bestimmung eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweiligen Gehaltstarifverträge des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz. Dies ergibt die Auslegung der Ziffer 4 des Arbeitsvertrages. Dort hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte den Kläger entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrages entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (BAG v. 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - zitiert nach juris, m. w. N.).

29

Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte, da die vertragliche Bezugnahmeregelung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) vereinbart wurde. Einer Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. "Gleichstellungsabrede" im Sinne der früheren Rechtsprechung des BAG steht nicht entgegen, dass in Ziffer 4 des Arbeitsvertrages nur die tariflichen Entgeltbestimmungen in Bezug genommen worden sind. Es ist nämlich keine notwendige Bedingung für die Annahme einer Gleichstellungsabrede, dass im Arbeitsvertrag auf das gesamte Tarifwerk oder sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den tarifgebundenen Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (BAG v. 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - zitiert nach juris). Auch der Umstand, dass die Entgelttarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages des Klägers allgemeinverbindlich waren, steht der Auslegung der vertraglichen Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nicht entgegen (BAG v. 27.01.2010 - 4 AZR 570/08 - AP Nr. 74 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).

30

Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten ebenfalls nicht entstanden. Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte unstreitig seit Betriebsübergang bis einschließlich Juli 2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung jedoch nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (BAG v. 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA § 259 ZPO Nr. 1). Erforderlich für die Annahme einer auf die Weitergabe von Tariferhöhungen bezogenen betrieblichen Übung sind daher besondere Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür, dass er sich verpflichten will, auch zukünftig die noch nicht vorhersehbaren Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Solche Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen.

31

Keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008. Zwar enthält dieses Schreiben die Mitteilung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz fänden daher weiter Anwendung. Das Unterrichtungsschreiben ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der Betriebsveräußerin, der vormaligen Arbeitgeberin des Klägers, verfasst. Die Mitteilung kann daher nicht der Beklagten zugerechnet werden. Soweit der Kläger vorgetragen hat, die betreffende Erklärung sei mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen, so erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung jeglicher Konkretisierung als unsubstantiiert. Der Antrag des Klägers, hierzu die von ihm benannten Zeugen zu vernehmen, stellt sich daher als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag dar. Entsprechendes gilt für die Behauptung des Klägers, im Rahmen einer im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang durchgeführten Personalversammlung habe "mit Wissen und Wollen der Beklagten" einer ihrer insoweit zuständigen Mitarbeiter erklärt, sie - die Beklagte - sei tarifgebunden und alle Mitarbeiter würden selbstverständlich weiterhin nach Tarif entlohnt. Darüber hinaus kann einer solchen Erklärung ohnehin nicht der Wille der Beklagten entnommen werden, sämtliche auch in ferner Zukunft liegenden Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weiterzugeben.

32

Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des im erstinstanzlichen Tatbestand wiedergegebenen Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte. Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung bezieht sich - ausweislich ihres Wortlauts - lediglich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauf folgenden Gehaltstarifvertrag. Diese Zusicherung hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2011 lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert. Der Kläger kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf das Mitarbeiter-Informationsblatt der Beklagten vom Februar 2013 berufen. Nach dem Inhalt des ersten Absatzes dieses Informationsblattes sollte sich der Bestandsschutz nur auf die "heute", d. h. auf die seinerzeit geltenden Tarifwerke beziehen. Darüber hinaus wird in dem Informationsblatt ausgeführt, dass die Beklagte "nicht mehr automatisch verpflichtet" sei, zukünftige Tariferhöhungen weiterzugeben und dass das Ergebnis der neuen Tarifrunde auf seine "Übertragbarkeit" geprüft werden. Der Inhalt dieses Schriftstückes spricht daher gerade gegen den Willen der Beklagten, sämtliche zukünftigen Tarifsteigerungen zu übernehmen.

33

III. Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

34

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in " 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

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Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 01.07.2014, Az.: 8 Ca 377/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Gehaltsansprüche der Klägerin.

2

Die Klägerin ist seit dem 09.03.1981 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als Kassiererin in einem zum 01.07.2008 nach § 613 a BGB auf die Beklagte übergegangenen Einkaufsmarkt beschäftigt.

3

Der zwischen der Klägerin und einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, die - wie zwischen den Parteien im Laufe des Berufungsverfahrens unstreitig geworden ist - tarifgebunden war, geschlossene Arbeitsvertrag vom 02.04.1996 enthält unter Ziffer 4. folgende Regelung:

4

"Der Arbeitnehmer wird in Tarifgruppe G III/5 eingruppiert. Das nächste Tätigkeitsjahr beginnt am -- . Er erhält ein monatliches Bruttoentgelt in

5

Höhe von:

DM 2.348,69

 das sich wie folgt zusammensetzt:

Tarifentgelt:

DM 2.288,87

        
        

29,82 

 Überleitungszulage

        

30,00 

 Mankogeld

6

Mit dieser Regelung sind sämtliche aus dem jeweils geltenden Tarifvertrag sich ergebenden Entgeltansprüche, insbesondere auch solche aus Tariferhöhungen oder Veränderungen der tariflichen Eingruppierung oder Einstufung abgegolten, soweit die vereinbarten Gesamtbezüge die tariflichen Ansprüche nicht unterschreiten."

7

Die nicht tarifgebundene Beklagte vergütete die Klägerin bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Entgeltsätzen der Gehaltsgruppe III/5. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Gehalts-TV). Die im August 2013 und im Mai 2014 in Kraft getretenen Tarifgehaltserhöhungen hat die Beklagte indessen nicht an die Klägerin weitergegeben.

8

Mit ihrer am 11.03.2014 beim Arbeitsgericht eingereichten und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erweiterten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Nachzahlung der Differenzbeträge zwischen der tariflichen und der ihr tatsächlich gezahlten Vergütung für die Monate August 2013 bis Juni 2014 in Anspruch genommen.

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen gestellten Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 01.07.2014 (Bl. 120-124 d. A.).

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.07.2014 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6 bis 9 dieses Urteils (= Bl. 124-127 d. A.) verwiesen.

11

Gegen das ihr am 18.07.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.08.2014 Berufung eingelegt und diese am 10.09.2014 begründet.

12

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe sie Anspruch, auch über den 31.07.2013 hinaus weiterhin nach Maßgabe des für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweiligen Fassung geltenden Gehaltstarifvertrages vergütet zu werden. Dies ergebe sich bereits aus Ziffer 4 ihres Arbeitsvertrages, der eine dynamische Bezugnahme auf die maßgebliche Tarifgehaltsbestimmung enthalte. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die (tarifgebundene) Rechtsvorgängerin der Beklagten am 13.12.2993 mit der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft "Handel, Banken und Versicherungen" am 13.12.1993 einen Überleitungstarifvertrag abgeschlossen habe, demzufolge mit Wirkung ab dem 01.01.1995 nicht mehr der damals im Betrieb geltende Haustarifvertrag, sondern die einschlägigen Branchentarifverträge und damit auch der Gehaltstarifvertrag gelten sollten. Sie - die Klägerin - sei bereits seit dem 01.08.1978 Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft. Da der Überleitungstarifvertrag nie gekündigt worden sei, sei somit auch der Gehalts-TV im Rahmen der stattgefundenen Betriebsübergänge Inhalt ihres Arbeitsvertrages geworden. Unabhängig davon ergebe sich der streitgegenständliche Zahlungsanspruch jedenfalls aus betrieblicher Übung. Zwar treffe es zu, dass die bloße jahrelange gleichförmige Bezahlung jeweils nach dem aktuellen Tarifvertrag allein keinen Anspruch aus betrieblicher Übung begründen könne. Vorliegend seien jedoch weitere Umstände hinzugetreten, die bei ihr den Eindruck bzw. sogar die Überzeugung erweckt hätten, auf Dauer nach dem Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung vergütet zu werden. So habe die Beklagte schon bei der Übernahme des Einkaufsmarktes im Rahmen der gemäß § 613 a Abs. 5 BGB geschuldeten Unterrichtung ausdrücklich erklärt, sie sei tarifgebunden. Zwar sei das betreffende Schreiben vom 08.05.2008 formell von der "alten" Arbeitgeberin, der Betriebsveräußerin, verfasst worden; das Schreiben sei jedoch selbstverständlich detailliert intern mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen. Dies gelte insbesondere für die Erklärung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels fänden daher weiterhin Anwendung. Die Beklagte habe auch im Rahmen einer im Zuge des Betriebsübergangs durchgeführten Personalversammlung ausdrücklich ihre Tarifbindung bestätigt. Ein damals insoweit zuständiger Mitarbeiter der Beklagten habe bei dieser Personalversammlung zugesichert, die Beklagte sei tarifgebunden und alle Mitarbeiter würden selbstverständlich auch weiterhin nach Tarif entlohnt. Darüber hinaus habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 und vom 12.09.2011 ausdrücklich die tarifliche Bezahlung nicht nur für die seinerzeit bevorstehende Lohnrunde 2011, sondern auch für einen etwa nachfolgenden neuen Tarifvertrag bestätigt. Letztlich habe die Beklagte auch in ihrem Mitarbeiter-Informationsblatt (Team-Info) vom Februar 2013 ausdrücklich mitgeteilt, dass die geltenden Tarifregelungen erhalten blieben und auch in Zukunft gelten würden.

13

Die Klägerin beantragt:

14

In Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Kaiserslautern vom 1. Juli 2014, Az.: 8 Ca 377/14, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 650,76 € brutto nebst folgenden Zinsen zu zahlen:

15

a) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 314,16 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Februar 2014,

16

b) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 52,36 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. März 2014,

17

c) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 52,36 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. April 2014,

18

d) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 52,36 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Mai 2014,

19

e) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 89,76 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Juni 2014,

20

f) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 89,76 Euro brutto für die Zeit ab dem 1. Juli 2014,

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

24

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

II.

26

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Vergütung für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

27

Die Klägerin kann ihr Zahlungsbegehren zunächst nicht unmittelbar und allein auf den maßgeblichen Gehaltstarifvertrag stützen. Dieser ist nicht allgemeinverbindlich und findet wegen der fehlenden Organisationszugehörigkeit der Beklagten auch nicht infolge beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

28

Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariferhöhungen lässt sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.2993 herleiten. Selbst wenn dieser, was die Beklagte bestritten hat, in Kraft getreten ist, und seinerzeit infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche der Klägerin auf tarifliche Vergütung begründet hat, so umfassen diese Ansprüche der Klägerin nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche Tarifgehaltserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (BAG v. 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - AP Nr. 334 zu § 613a BGB), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen zweifellos nicht der Fall ist.

29

Die Klägerin kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelung in Ziffer 4 ihres Arbeitsvertrages vom 02.04.1996 berufen. Zwar enthält diese Bestimmung eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweiligen Gehaltstarifverträge des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz. Dies ergibt die Auslegung der Ziffer 4 des Arbeitsvertrages. Dort hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicher Weise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrages entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (BAG v. 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - zitiert nach juris, m. w. N.).

30

Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte, da die vertragliche Bezugnahmeregelung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) vereinbart wurde. Einer Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als "sog. Gleichstellungsabrede" im Sinne der früheren Rechtsprechung des BAG steht nicht entgegen, dass in Ziffer 4 des Arbeitsvertrages nur die tariflichen Entgeltbestimmungen in Bezug genommen worden sind. Es ist nämlich keine notwendige Bedingung für die Annahme einer Gleichstellungsabrede, dass im Arbeitsvertrag auf das gesamte Tarifwerk oder sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den tarifgebundenen Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (BAG v. 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - zitiert nach juris). Auch der Umstand, dass die Entgelttarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages der Klägerin allgemeinverbindlich waren, steht der Auslegung der vertraglichen Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nicht entgegen (BAG v. 27.01.2010 - 4 AZR 570/08 - AP Nr. 74 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).

31

Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten ebenfalls nicht entstanden. Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte unstreitig seit Betriebsübergang bis einschließlich Juli 2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung jedoch nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (BAG v. 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA § 259 ZPO Nr. 1). Erforderlich für die Annahme einer auf die Weitergabe von Tariferhöhungen bezogenen betrieblichen Übung sind daher besondere Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür, dass er sich verpflichten will, auch zukünftig die noch nicht vorhersehbaren Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen.

32

Keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008. Zwar enthält dieses Schreiben die Mitteilung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz fänden daher weiter Anwendung. Das Unterrichtungsschreiben ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der Betriebsveräußerin, der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin, verfasst. Die Mitteilung kann daher nicht der Beklagten zugerechnet werden. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die betreffende Erklärung sei mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen, so erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung jeglicher Konkretisierung als unsubstantiiert. Der Antrag der Klägerin, hierzu die von ihr benannten Zeugen zu vernehmen, stellt sich daher als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag dar. Entsprechendes gilt für die Behauptung der Klägerin, im Rahmen einer im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang durchgeführten Personalversammlung habe "mit Wissen und Wollen der Beklagten" einer ihrer insoweit zuständigen Mitarbeiter erklärt, sie - die Beklagte - sei tarifgebunden und alle Mitarbeiter würden selbstverständlich weiterhin nach Tarif entlohnt. Darüber hinaus kann einer solchen Erklärung ohnehin nicht der Wille der Beklagten entnommen werden, sämtliche auch in ferner Zukunft liegenden Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weiterzugeben.

33

Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des im erstinstanzlichen Tatbestand wiedergegebenen Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte. Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung bezieht sich - ausweislich ihres Wortlauts - lediglich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauf folgenden Gehaltstarifvertrag. Diese Zusicherung hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2011 lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert. Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf das Mitarbeiter-Informationsblatt der Beklagten vom Februar 2013 berufen. Nach dem Inhalt des ersten Absatzes dieses Informationsblattes sollte sich der Bestandsschutz nur auf die "heute", d. h. auf die seinerzeit geltenden Tarifwerke beziehen. Darüber hinaus wird in dem Informationsblatt ausgeführt, dass die Beklagte "nicht mehr automatisch verpflichtet" sei, zukünftige Tariferhöhungen weiterzugeben und dass das Ergebnis der neuen Tarifrunde auf seine "Übertragbarkeit" geprüft werden. Der Inhalt dieses Schriftstückes spricht daher gerade gegen den Willen der Beklagten, sämtliche zukünftigen Tarifsteigerungen zu übernehmen.

III.

34

Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

35

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in " 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 3. März 2016 - 3 Sa 1033/15 - teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13. Oktober 2015 - 11 Ca 15563/13 - wird als unzulässig verworfen.

2. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 3. März 2016 - 3 Sa 1033/15 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch über die Zahlung einer variablen Vergütung für das Jahr 2011.

2

Der Kläger arbeitet seit 1999 bei der Beklagten, einer Bank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Er erhielt, wie andere Arbeitnehmer auch, in der Vergangenheit nach Maßgabe einer arbeitsvertraglichen Regelung und einer Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflichen Beschäftigten der Bayerischen Landesbank Bonuszahlungen der Beklagten als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch.

3

Nachdem die Beklagte im Zuge der Bankenkrise in eine wirtschaftliche Notlage geriet, vereinbarte sie im Jahr 2010 mit dem Personalrat eine Dienst-vereinbarung über die Vergütung der AT-Beschäftigten. Danach ergibt sich die als freiwillige Leistung gezahlte variable Vergütung der Beschäftigten aus dem vom Vorstand bewilligten Budget und der Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Der Vorstand bestimmt alljährliche Budgets für die variable Vergütung für jeweils von ihm festzulegende Geschäftseinheiten. Für jedes Gehaltsband wird ein marktorientierter Richtwert festgelegt. Die Vergabe der individuellen variablen Vergütung richtet sich nach dem Ergebnis der alljährlichen individuellen Beurteilung und Zielerreichung.

4

Die Beklagte gewährte ihren Arbeitnehmern in den Jahren 2008 und 2009 keine Bonuszahlung. Im Jahr 2010 zahlte die Beklagte an den Kläger eine Sondervergütung von 13.523,00 Euro. Im Jahr 2011 erbrachte sie erneut keine Sonderzahlung.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger insgesamt knapp 115.000,00 Euro als Sonderzahlung für die Jahre 2009 und 2011 und als höhere Sonderzahlung für das Jahr 2010 begehrt. Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

6

Mit seiner auf die Sonderzahlung für das Jahr 2011 beschränkten Berufung hat der Kläger eine Zahlung von 48.450,00 Euro verlangt. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 10.064,25 Euro zu zahlen.

7

Mit seiner Revision begehrt der Kläger eine höhere Sonderzahlung für das Jahr 2011 als ihm vom Landesarbeitsgericht zugesprochen wurde. Die im Übrigen nicht angegriffene Berechnung des Landesarbeitsgerichts gehe von einem unzutreffenden Richtwert als Grundlage aus.

8

Der Kläger hat in der Revision beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 3.402,00 Euro brutto zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2012 zu zahlen.

9

Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und eine vollständige Abweisung der Klage. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil sei schon mangels hinreichender Auseinandersetzung mit dessen Entscheidungsgründen unzulässig gewesen. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch auch materiell-rechtlich nicht zu.

Entscheidungsgründe

10

I. Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts sei zulässig. Es hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen.

11

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach der Berufungseinlegung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Das gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat (BAG 19. Juli 2016 - 2 AZR 637/15 - Rn. 16 mwN).

12

2. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben.

13

a) Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es aber nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 17. Februar 2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 13).

14

b) Hat das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung hinsichtlich eines Streitgegenstands auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, muss die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Es ist deshalb für jede der rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen darzulegen, warum sie nach Auffassung des Berufungsführers die Entscheidung nicht rechtfertigt. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig, da der Angriff gegen eine der Begründungen nicht ausreicht, um die Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen (BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 8).

15

3. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers nicht.

16

a) Das Arbeitsgericht hat sein insgesamt klageabweisendes Urteil unter B I 1 der Entscheidungsgründe darauf gestützt, dass der Kläger trotz mehrmaliger Hinweise nicht schlüssig dargelegt habe, aufgrund welcher Anspruchsgrundlage und welcher Berechnungsmethode die von ihm geltend gemachten Bonuszahlungen begründet sein sollen. Der Kläger stütze sich in erster Linie auf eine individualvertragliche Anspruchsgrundlage, ohne diese im Einzelnen konkret zu benennen. Zum anderen trage er vor, er akzeptiere den Systemwechsel bei der Beklagten und wolle nach dem bei der Beklagten gültigen neuen System behandelt werden. Daraus ergebe sich weder eine konsistente Anspruchsbegründung noch werde klar, welche Voraussetzungen aus Sicht des Klägers für die Bonuszahlungen maßgeblich sein sollen. Aus dem Vortrag des Klägers werde ferner nicht mit hinreichender Klarheit deutlich, wie die Berechnung erfolgen könne. Die Berechnungsgrundlage sei unklar. Der Kläger orientiere sich bei seinen Ausführungen zu den Anspruchsvoraussetzungen nicht an der Wortwahl der von ihm vorgelegten Dokumente, sondern verwende eigenständige und nicht näher definierte Begriffe wie „Basiswert“ und „Basissatz“.

17

b) Unter B I 2 der Entscheidungsgründe führt das Arbeitsgericht zusätzlich aus, dass es - für den Fall einer Heranziehung des „neuen Systems der Beklagten“ als Anspruchsgrundlage - betreffend die Ermessensentscheidung der Beklagten an jeglichen Einwendungen des Klägers fehle. Unabhängig davon bleibe völlig unklar, was der Kläger mit dem Begriff „Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes“ konkret meine und welchen Sachvortrag er diesbezüglich zugrunde lege.

18

c) Der Kläger geht in seiner Berufungsbegründung an keiner Stelle ausdrücklich auf das erstinstanzliche Urteil ein und behauptet nicht einmal, dass und warum es fehlerhaft sei.

19

aa) Der Kläger setzt sich nicht inhaltlich mit der Annahme des Arbeitsgerichts auseinander, er habe zusammenhanglos unterschiedliche Ansätze für eine Anspruchsbegründung geschildert, aus denen sich kein schlüssiger Vortrag ergebe. Vielmehr wiederholt er seinen erstinstanzlichen Vortrag lediglich in komprimierter Form. Darin liegt keine hinreichende Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen erster Instanz.

20

(1) Ohne konkrete Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil trägt der Kläger unter 2 der Berufungsbegründung zur Anspruchsgrundlage vor:

        

„Anspruchsgrundlage für die begehrte Bonuszahlung ist der Arbeitsvertrag vom 01.01.2001 (Anlage K 1) in Verbindung mit der dem Einführungsschreiben vom 08.12.2000 (Anlage K 2) wiederum in Verbindung mit der Dienstvereinbarung vom 08.12.2009 (Anlage K 3) in Verbindung mit dem Einführungsschreiben vom 11.01.2010 (Anlage BE 3) in Verbindung mit § 315 Abs. 1 BGB.“

21

(2) Diese Ausführungen in der Berufungsbegründung fassen sinngemäß den Vortrag in den erstinstanzlichen Schriftsätzen des Klägers vom 19. Dezember 2013 und 3. Juni 2014 zusammen. Dort hatte der Kläger seine Begründung darauf gestützt, dass aufgrund einer individualvertraglichen Zusage, die sich aus den Anlagen K 1 und K 2 ergebe, ihm ein unbedingter Zahlungsanspruch ohne Freiwilligkeitsvorbehalt zustehe. Der Kläger hat sich aber auch auf eine Dienstvereinbarung bezogen (Anlage K 3), aus der sich „ohne weiteres“ sein persönlicher Anspruch ergebe, ohne das Verhältnis dieser Vorträge zueinander klarzustellen.

22

bb) Unabhängig vom Vorstehenden ist die Berufungsbegründung auch deshalb nicht ausreichend, weil sich der Kläger nicht in hinreichender Weise mit der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts auseinandersetzt, es fehle nicht nur ein schlüssiger Vortrag zur Anspruchsgrundlage, sondern es ergebe sich auch nicht klar, wie die Berechnung zu erfolgen habe. Die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags zeigt nicht auf, warum entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts die Berechnungsgrundlage ausreichend klar dargelegt worden sein soll.

23

(1) Der Kläger geht in der Berufungsbegründung nicht auf das erstinstanzliche Urteil ein, sondern schreibt unter 2 seiner Berufungsbegründung:

        

„Die Höhe des sich ergebenden Anspruchs ist im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 21.05.2014, Seite 4 f., im Einzelnen errechnet.

        

Ausgangspunkt ist der sogenannte Basiswert. Er beträgt € 28.500,00.

        

Der Leistungsfaktor beläuft sich auf 1,7 entsprechend dem früheren Zielerreichungsgespräch in 2008/2009.“

24

(2) Dieser Vortrag in der Berufungsbegründung ist beinahe identisch mit den Ausführungen auf Seite 4 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 3. Juni 2014 und wiederholt sogar den vom Arbeitsgericht beanstandeten Begriff „Basiswert“. Soweit sich der Kläger in der Berufungsbegründung auf einen Schriftsatz vom 21. Mai 2014 bezieht, beruht dies erkennbar auf einem Schreibversehen und meint den Schriftsatz vom 21. Mai 2015. Dort sind auf Seite 4 für das Jahr 2011 der Sache nach dieselben Ausführungen enthalten wie schon im Schriftsatz vom 3. Juni 2014 auf Seite 4.

25

cc) Auf die anschließenden umfangreicheren Ausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung unter 3 zu den Ermessensüberlegungen der Beklagten kommt es für die Zulässigkeit der Berufung nicht an. Das Arbeitsgericht hat unter B I 2 der Entscheidungsgründe nur ergänzend darauf hingewiesen, dass es an Einwendungen des Klägers zur Ermessensentscheidung der Beklagten fehle. Tragende Gründe für die Abweisung der Klage waren aber, dass weder eine Anspruchsgrundlage noch die Berechnung schlüssig dargelegt worden seien.

26

II. Die Revision des Klägers ist schon deshalb als unbegründet zurückzuweisen, weil seine Berufung - wie oben unter I dargelegt - nicht ausreichend begründet und damit unzulässig war (vgl. BAG 19. Juli 2016 - 2 AZR 637/15 - Rn. 15).

27

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    R. Bicknase    

        

    Rudolph    

                 
12
b)DiesenAnforderun gen genügt die Berufungsbegründungsschrift der Kläger nicht. Sie setzt sich weitgehend aus Textbausteinen und Schriftsätzen zusammen, die Rechtsstreitigkeiten anderer Erwerber von Eigentumswohnungen betreffen, und geht auf das Urteil des Landgerichts nur sporadisch ein.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Revision des Klägers wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - auf die Berufung des Klägers unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2010 - 21 Ca 35/10 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 675,73 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 116,00 Euro seit dem 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009 und 1. März 2009 sowie aus 95,73 Euro seit dem 1. April 2009 zu zahlen.

III. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede.

2

Der 1979 geborene Kläger ist seit August 2003 bei der Beklagten, die mit Schreibwaren und Kommunikationsartikeln handelt, in H als Verkäufer beschäftigt, zunächst in Teilzeit mit jahresdurchschnittlich 25 Wochenstunden, ab Juli 2004 in Vollzeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden. Seither erhält der Kläger eine Vergütung von 1.458,00 Euro brutto monatlich.

3

Zur Vergütung heißt es im Anstellungsvertrag vom 1. August 2003:

        

„3.2   

In Anlehnung an den Tarifvertrag erhält der Mitarbeiter ein Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

954,75

                 

Übertarifliche Zulage:

0,00   

                 

Monatsentgelt insgesamt:

954,75.

        

3.3     

Das Monatsentgelt wird jeweils nachträglich am Monatsende gezahlt. Die Zahlung erfolgt bargeldlos.“

4

Der Betrag von 954,75 Euro entsprach zum damaligen Zeitpunkt 25/37,5 des Tarifgehalts nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

5

Die Vergütungsregelung in der Fassung der von der Beklagten vorformulierten Vertragsänderung vom 16. Juli 2004 (fortan: Vertragsänderung) lautet:

        

„3.2   

Für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein monatliches Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

€ 1.458,00

                 

Übertarifliche Zulage:

€ 0,00

                 

Monatsentgelt insgesamt:

€ 1.458,00“

6

Der Betrag von 1.458,00 Euro entsprach dem seinerzeitigen Entgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger zuletzt für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2009 die Differenz zwischen der von der Beklagten gezahlten Vergütung und dem nach dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 in Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr vorgesehenen Betrag von 2.066,00 Euro brutto verlangt und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede enthalte eine dynamische Bezugnahme auf den einschlägigen Gehaltstarifvertrag.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.648,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütungsabrede der Parteien sei nicht dynamisch ausgestaltet.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage nach ergebnisloser Durchführung eines Mediationsverfahrens iHv. 2.952,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Zahlungsantrag weiter, die Beklagte begehrt die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers im Wesentlichen begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung mit dem nach der Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 (im Folgenden: GTV) vorgesehenen Betrag. Das ergibt die Auslegung der Vergütungsabrede der Parteien.

12

I. Die für den Streitzeitraum maßgebende Vergütungsabrede in der Fassung der Vertragsänderung ist nicht eindeutig. Die Verknüpfung eines festen Euro-Betrags mit dem Begriff „Tarifentgelt“ lässt mehrere Deutungen zu. Es könnte damit ein fester und statischer Euro-Betrag vereinbart sein. Der Bezeichnung „Tarifentgelt“ käme nur die Funktion eines Hinweises darauf zu, wie der in der Vereinbarung festgehaltene Euro-Betrag gefunden wurde. Die Verknüpfung von festem Euro-Betrag mit der Bezeichnung „Tarifentgelt“ kann aber - ohne dass es auf die von der Beklagten vermisste Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in dessen Gänze und jeweiligen Fassung ankäme - auch bedeuten, es solle zwar ein bestimmter Euro-Betrag vereinbart, dieser aber dynamisch gestaltet sein. Dabei sind verschiedene Arten der Dynamisierung denkbar, etwa eine Erhöhung des in der Vergütungsabrede festgehaltenen Euro-Betrags entsprechend den einschlägigen jeweiligen Tariferhöhungen oder die Vereinbarung einer Vergütung nach einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe und damit eine Dynamik innerhalb und außerhalb der Vergütungsgruppe.

13

II. Die Auslegung der Vergütungsabrede ergibt, dass in Ziff. 3.2 Arbeitsvertrag in der Fassung der Vertragsänderung eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2a des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vereinbart ist.

14

1. Die Vergütungsabrede ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Vertragsänderung vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 14). Auf die vorformulierte Vergütungsregelung konnte der Kläger keinen Einfluss nehmen.

15

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 4 Nr. 22; 17. Oktober 2012 - 5 AZR 697/11 - Rn. 15).

16

2. Danach beschränkt sich die Vergütungsabrede nicht auf die Vereinbarung eines festen und statischen Euro-Betrags, sondern enthält zumindest eine Dynamik entsprechend den Tariferhöhungen für den Hamburger Einzelhandel.

17

a) Nach dem Wortlaut der Klausel erhält der Mitarbeiter nicht nur einen festen Euro-Betrag, vielmehr soll dieser ein „Tarifentgelt“ sein. Damit sendet die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht nur ein Signal, sie zahle ein „seinerzeit marktübliches“ Gehalt. Vielmehr verdeutlicht die Beklagte als Klauselverwenderin - zumal sie in der Klausel zwischen Tarifentgelt und übertariflicher Zulage differenziert -, sie vergüte „nach Tarif“. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf eine derartige Verknüpfung von festem Euro-Betrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise so verstehen, dass der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend den Tariferhöhungen entwickeln soll. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlt und sich das vereinbarte Gehalt nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird.

18

Die in der ursprünglichen Fassung des Arbeitsvertrags enthaltene Formulierung „in Anlehnung an den Tarifvertrag“ enthält keine Einschränkung, sondern verdeutlicht nur zusätzlich, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 16 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 96).

19

b) Auch wenn die Klausel nicht angibt, welches Tarifentgelt der Arbeitnehmer erhalten soll, darf dieser redlicherweise annehmen, es solle das Tarifentgelt des für den Betrieb des Arbeitgebers räumlich und fachlich sowie für den Arbeitnehmer persönlich einschlägigen Tarifvertrags vereinbart sein, und zwar nach der Entgeltgruppe, der der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht. Das war unstreitig das Tarifentgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel in der damals geltenden Fassung vom 17. Juli 2003.

20

3. Mit der Vergütungsabrede der Parteien wird auch die „Dynamik“ innerhalb der nach verschiedenen Stufen aufgebauten Gehaltsgruppe 2a nachvollzogen.

21

a) Dagegen spricht zwar, dass die Vergütungsabrede der Parteien - anders etwa als die der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - Rn. 2, BAGE 116, 185) zugrunde liegende Klausel - weder eine bestimmte Gehaltsgruppe, noch eine bestimmte Stufe innerhalb einer Gehaltsgruppe nennt. Der Kläger hat auch keinen Sachvortrag zu einer seine Auslegung stützenden Vergütungspraxis der Beklagten gehalten. Ersichtlich hat diese jedenfalls bei ihm die Stufung innerhalb der Gehaltsgruppe 2a GTV nicht nachvollzogen. Überdies ist weder vorgetragen noch festgestellt, die „Einstufung“ sei zutreffend gewesen, weil der Kläger sich bei der Einstellung trotz eines Alters von fast 24 Jahren im 1. oder 2. Berufsjahr befunden hätte.

22

b) Für die Vereinbarung einer Dynamik auch innerhalb einer bestimmten Vergütungsgruppe spricht aber, dass die Beklagte mit ihrer Klausel nicht auf irgendein Tarifentgelt, sondern zumindest auf die nach ihren fachlichen Anforderungen (Angestellte mit einfacher Tätigkeit, Beispiel Verkäufer/innen, auch wenn sie kassieren) zutreffende Gehaltsgruppe zurückgegriffen und mit der Klauselformulierung insgesamt den Eindruck erweckt hat, „nach Tarif“ zahlen zu wollen.

23

c) Beide Auslegungsmöglichkeiten sind rechtlich vertretbar, keine verdient den eindeutigen Vorzug. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten(vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 116, 185; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 29, BAGE 126, 198).

24

III. Die Höhe der monatlichen Vergütungsdifferenz hat der Kläger zutreffend berechnet, allerdings bei der Klageforderung seine ab dem 16. Februar 2009 über den Streitzeitraum hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit außer Betracht gelassen.

25

1. Das Monatsgehalt nach Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr GTV betrug im Streitzeitraum 2.066,00 Euro brutto. Zu den von der Beklagten gezahlten 1.458,00 Euro brutto verbleibt eine Differenz von 608,00 Euro brutto monatlich. In dieser Höhe hat die Beklagte den Vergütungsanspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG nicht erfüllt.

26

2. Jedoch kann der Kläger für den Monat März 2009 nicht die volle Differenz verlangen. Er war unstreitig seit dem 16. Februar 2009 arbeitsunfähig krank und bezog seit dem 30. März 2009 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle mehr. Der Kläger hat deshalb für den Monat März 2009 nur 29/30 der Vergütungsdifferenz, mithin 587,73 Euro brutto zu beanspruchen (zur Berechnungsmethode siehe BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 ff., EzA BGB 2002 § 615 Nr. 37). In Höhe der Differenz von 20,27 Euro brutto ist die Klage unbegründet.

27

IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 in Verb. mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Das Monatsentgelt wurde nach Ziff. 3.3 Arbeitsvertrag in Übereinstimmung mit § 64 HGB am letzten Tag eines jeden Monats fällig.

28

V. Die Beklagte hat gemäß § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Jungbluth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 - 8 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind und in diesem Zusammenhang über eine Zahlung nach dem Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 vom 8. Juni 2006 (TV EZ) .

2

Der Kläger ist seit dem 1. November 1995 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Erzieher beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine Vergütung nach der VergGr. Vb der Anlage 1 zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). In dem mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Arbeitsvertrag vom 6. Oktober 1995 heißt es ua.:

        

„2.

Soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist, gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge.

        

…       

        
        

8.   

Der Mitarbeiter erhält jährlich 32 Tage Erholungsurlaub.

        

9.   

Der Mitarbeiter erhält die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung im Versorgungswerk VBLU zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder zu jedem späteren Zeitpunkt abzuschließen.“

3

Am 1. November 2006 trat der am 12. Oktober 2006 geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder(TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) in Kraft. Bereits am 8. Juni 2006 schlossen die Tarifvertragsparteien des TV-L den TV-EZ. Die Beklagte wendet nicht diese Tarifverträge, sondern nach wie vor die Bestimmungen des BAT auf das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis an.

4

Mit seiner Klage will der Kläger die Anwendung der Nachfolgetarifverträge zum BAT für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder auf sein Arbeitsverhältnis festgestellt wissen. Mit Klageerweiterung vom 5. Juli 2007 hat er - soweit für die Revision von Bedeutung - eine Einmalzahlung auf Basis der Entgeltgruppe 9 TV-L nach dem TV-EZ für das Jahr 2007 iHv. 210,00 Euro brutto verlangt. Die Anwendung der angeführten Tarifverträge ergebe sich aus einer ergänzenden Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Im Arbeitsvertrag sei eine planwidrige Regelungslücke entstanden. Hätten die Parteien diese bei Abschluss des Arbeitsvertrages erkannt, wäre nur eine Bezugnahme auf die Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes der Länder in Betracht gekommen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.   

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) anwendbar ist, mit der Ausnahme, dass sich die Altersversorgung nach vertraglichen Vereinbarungen richtet,

        

2.   

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 210,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2007 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der nach wie vor bestehende BAT sei weiterhin für das Arbeitsverhältnis maßgebend. Die vertragliche Regelung sei nicht lückenhaft. Der TV-L habe den BAT nicht abgelöst. Zudem könne nicht vom Willen der Parteien ausgegangen werden, das gegenüber dem BAT völlig neue Tarifwerk des TV-L anzuwenden. Durch die dynamische Bezugnahme auf den BAT hätten die Parteien ein Regelwerk vereinbaren wollen, welches über Jahrzehnte auch den Rahmenbedingungen des schwächsten der drei auf Arbeitgeberseite Beteiligten Rechnung getragen habe. Dies sei durch die Auflösung der Tarifgemeinschaft nicht mehr gewährleistet.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet.

9

I. Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 1) zulässig.

10

1. Der Feststellungsantrag zu 1) bedarf der Auslegung. Nach dem Vorbringen des Klägers will er nicht nur die Anwendbarkeit des TV-L und des TVÜ-L auf sein Arbeitsverhältnis geklärt wissen, sondern auch die derjenigen Tarifverträge, die - entsprechend dem Inhalt der Bezugnahmeklausel in Nr. 2 des Arbeitsvertrages - „die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“ bilden. Die im Antrag genannten Tarifverträge sollen anstelle des in der Bezugnahmeklausel genannten BAT neben den weiteren dort aufgeführten Zusatztarifverträgen maßgebend sein. Dies zeigt auch das klägerische Anliegen, dass er die einschlägigen Vergütungstarifverträge einschließlich des TV EZ für sein Arbeitsverhältnis als maßgebend ansieht. Ein entsprechendes Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch klargestellt.

11

2. Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein(st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 ).

12

II. Die Klage ist auch begründet.

13

1. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers richtet sich seit 1. November 2006 nicht mehr nach dem BAT. Es finden vielmehr der TV-L, der TVÜ-L sowie die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge Anwendung. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der Nr. 2 des Arbeitsvertrages.

14

a) Nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis „die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“. Diese Vereinbarung enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge zunächst nicht erfasst.

15

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Nr. 2 als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12 mwN, NZA 2010, 401). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

16

bb) Danach enthält Nr. 2 des Arbeitsvertrages eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestattet ist.

17

(1) In Nr. 2 des Arbeitsvertrages knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Für das Arbeitsverhältnis sollen die Bestimmungen des BAT und die hierzu abgeschlossenen Zusatztarifverträge in der jeweils gültigen Fassung gelten. Damit wollte die Rechtsvorgängerin der Beklagten in ihrem Betrieb das im öffentlichen Dienst geltende Tarifwerk - vorbehaltlich anderer Bestimmungen des Arbeitsvertrages hinsichtlich der günstigeren Urlaubsregelung in Nr. 8 und der Zusatzversorgung des Arbeitnehmers in Nr. 9 - anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung nachvollziehen. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind(BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338, 343; s. auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, NZA 2010, 401). Dass die Bezugnahme - jedenfalls im Rahmen des Bezugsobjekts BAT - dynamisch sein sollte, ist zwischen den Parteien nicht streitig und wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.

18

(2) Die Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut allerdings nicht den den BAT ersetzenden TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge. Der TV-L ist keine „gültige Fassung“ des BAT. Nr. 2 des Arbeitsvertrages ist zeitdynamisch ausgestaltet, jedoch nicht inhaltsdynamisch(so auch BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154).

19

Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war(dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154 ), nicht in den Arbeitsvertrag der tarifungebundenen Parteien aufgenommen.

20

Ein anderes folgt nicht aus § 2 Abs. 1 TVÜ-L. Mit dieser Bestimmung werden ua. der BAT sowie der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 durch den TV-L ersetzt. Die Tarifvertragsparteien haben zu § 2 Abs. 1 TVÜ-L zwar eine Niederschriftserklärung abgegeben, nach der sie davon ausgehen, dass der TV-L und der TVÜ-L das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten. Diese von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten erfolgte Niederschriftserklärung ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel aber ohne Bedeutung(so auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15, NZA 2010, 401).

21

b) Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge ergibt sich allerdings aufgrund einer ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält infolge einer Tarifsukzession eine spätestens am 1. November 2006 nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

22

aa) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

23

(1) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist(BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, AP BetrAVG § 2 Nr. 60). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt (BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO). Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO).

24

(2) Danach ist die Bestimmung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages lückenhaft.

25

Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

26

Die Parteien haben allerdings bei Abschluss des Arbeitsvertrages die nun tatsächlich eingetretene Situation nicht bedacht, dass nämlich das dynamisch in Bezug genommene Regelwerk des BAT nicht mehr fortgeführt werden könnte. Für diesen Fall fehlt deshalb eine Regelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages. Durch die weitestgehende Ersetzung des BAT für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-Bund]; § 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA], jew. vom 13. September 2005) und für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L vom 12. Oktober 2006 nach § 2 TVÜ-L ist der Vertrag spätestens seit dem 1. November 2006 lückenhaft geworden.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision kann eine nachträgliche Regelungslücke nicht deshalb verneint werden, weil der BAT noch fortbestehe und mit seinem - statischen - Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien noch regeln könne. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar. Es träte eine statische Fortgeltung der bereits heute überholten tariflichen Rechtslage des Jahres 2003 ein. Der ersichtliche Regelungswille der Parteien betraf die Einbeziehung der tariflichen Regelungen im öffentlichen Dienst für die Angestellten in ihrer jeweiligen Entwicklung. Für die von dem in Bezug genommenen BAT unmittelbar erfassten Arbeitsverhältnisse hat sich die typischerweise an die tatsächliche Entwicklung angepasste Tarifentwicklung fortgesetzt. Es sind die Nachfolgetarifverträge zum BAT an dessen Stelle getreten.

28

(4) Eine Lücke kann nicht deshalb verneint werden, weil die Vertragsparteien - wie die Revision es anführt - sich mit der vertraglichen Bezugnahme nur an den jeweiligen BAT binden wollten, die Dynamik aber nicht mehr zum Tragen kommen sollte, wenn es zu verschiedenen Nachfolgetarifverträgen kommen sollte. Für eine solche beiderseitige Vorstellung fehlt es sowohl in der vertraglichen Regelung als auch im Übrigen an Anhaltspunkten. Hiergegen spricht zudem, dass die Parteien, wie es das Landesarbeitsgericht für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt hat, eine fehlende Fortführung des BAT nicht bedacht haben, also gerade von dessen ununterbrochener Fortsetzung ausgegangen sind. Nur wenn die Parteien die tatsächliche Entwicklung bedacht hätten, könnte überhaupt von einem diesbezüglichen Regelungswillen ausgegangen werden, wie ihn die Beklagte geltend macht. Nur in diesem Fall könnte es entgegen der in der Bezugnahmeklausel vereinbarten Dynamik bei einer - nunmehr im Ergebnis statischen - Anwendung des BAT verbleiben und es deshalb an einer Vertragslücke fehlen.

29

(5) Ohne Erfolg ist auch der weitere Einwand der Beklagten, der BAT gelte nach wie vor in Berlin und - jedenfalls bis Ende des Jahres 2009 bis zum Inkrafttreten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen vom 1. September 2009 am 1. Januar 2010 - in Hessen. Sowohl die Beklagte als auch ihre Rechtsvorgängerin sind und waren in Hamburg ansässig. Anhaltspunkte dafür, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel beziehe sich hinsichtlich ihrer Dynamik nicht auf die Entwicklung, wie sie die Tarifvertragsparteien des BAT durch dessen Ersetzung mittels der Nachfolgetarifverträge TVöD und TV-L gestaltet haben, sondern lediglich auf die in den beiden von ihr genannten Ländern, die selbst nicht unmittelbar Tarifvertragspartei des BAT gewesen sind, entstandene, sind weder der vertraglichen Vereinbarung zu entnehmen noch sonst vorgetragen oder ersichtlich.

30

bb) Die mit der Ersetzung des BAT durch den TV-L spätestens am 1. November 2006 entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien den TV-L und die zu diesem geschlossenen Zusatztarifverträge in Bezug genommen hätten.

31

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre(etwa BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, NZA 2010, 401 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182; BGH 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99 - zu B II 2 b aa der Gründe, BGHZ 151, 229; 13. November 1997 - IX ZR 289/96 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 137, 153). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur am Willen und Interesse der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a, d der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

32

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerkes das nachfolgende tarifliche Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der hier vorliegenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach(oben unter aa [2]). Weiterhin hätten die Vertragsparteien von den nach der Tarifsukzession in Betracht kommenden Tarifwerken des öffentlichen Dienstes die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart.

33

(a) Die Parteien hätten, wenn sie die im Bereich des BAT in den Jahren 2005 und 2006 eingetretene Tarifsukzession vorhergesehen hätten, die an die Stelle des BAT nachfolgenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes vereinbart.

34

(aa) Die Parteien haben die nähere Ausgestaltung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses - mit Ausnahme der Regelungsbereiche betriebliche Altersversorgung und Erholungsurlaub - mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk des BAT für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Allein die im Arbeitsvertrag abweichend vereinbarte Regelung hinsichtlich einer Zusatzversicherung beim Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V. (VBLU) sowie die gegenüber dem BAT für den Kläger günstigere Urlaubsregelung hindert entgegen der Auffassung der Beklagten eine solche Annahme nicht. Es handelt sich vorliegend nicht um eine besondere Verwendung einer Verweisung auf lediglich einzelne Bestimmungen des BAT, die mit anderen arbeitsvertraglichen Regelungen auch innerhalb einzelner Regelungsbereiche verknüpft werden, sondern - mit Ausnahme der Bestimmungen in Nr. 8 und 9 des Arbeitsvertrages - um eine pauschale Anknüpfung an das in Nr. 2 genannte Tarifwerk hinsichtlich aller weiteren wesentlichen Arbeitsbedingungen und damit an die allgemein für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen. Die Beklagte hat - anders als in der besonders gelagerten und vom vorliegenden Rechtsstreit abweichenden Fallgestaltung in der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - ZTR 2010, 154) - nicht mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden.

35

Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine tiefgreifende inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrages. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 24, NZA 2010, 401). Deshalb greift auch der Einwand der Beklagten nicht, die Parteien hätten sich nicht an ein ihnen unbekanntes Tarifwerk binden wollen.

36

(bb) Entgegen der Auffassung der Revision steht dem nicht entgegen, dass es sich bei der vertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel nicht um eine sog. Tarifwechselklausel oder große dynamische Verweisungsklausel handelt.

37

Bei der Ersetzung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich bereits nicht um einen Tarifwechsel iSd. Rechtsprechung des Senats zu arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln, sondern um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages(ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41). Schon deshalb ist eine sog. Tarifwechselklausel für den Klageerfolg nicht erforderlich. Im Übrigen dürfte es bei Vereinbarung einer wirksamen sog. Tarifwechselklausel regelmäßig schon an einer Lücke als Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung fehlen (vgl. BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 ff. mwN, BAGE 124, 34). Es führt in einem solchen Fall bereits die Vertragsauslegung zur Inbezugnahme jedenfalls der an die Stelle des BAT tretenden Nachfolgetarifverträge.

38

(b) Aufgrund der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 weitgehend gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in die tariflichen Regelungen des TVöD(Bund und Kommunen) und des TV-L ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung weiterhin zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages maßgebend sein soll, also welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie die eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten. Das ist vorliegend das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

39

(aa) Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Lässt sich aus dieser - wie hier - nicht zweifelsfrei feststellen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke nunmehr Anwendung finden soll, ist dies nach Sinn und Zweck einer Inbezugnahme tariflicher Regelungen zu ermitteln. Der Zweck der dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden(zur Inbezugnahme der Vergütungsregelungen des BAT BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26, NZA 2010, 401).

40

(bb) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend sind, bestehen keine Anknüpfungspunkte, die eine Beziehung der Arbeitsvertragsparteien zum Bund oder den Gemeinden ergeben könnten. Deshalb ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeitsvertragsparteien, wäre ihnen eine künftige Tarifsukzession bekannt gewesen, die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart hätten.

41

Fehlt es an Hinweisen, die eine Orientierung an den tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes für die Angestellten des Bundes oder der durch die VKA vertretenen kommunalen Arbeitgeberverbände und ihrer Mitglieder erkennen lassen, kann nicht angenommen werden, dass die Parteien die für diesen Bereich geltenden Nachfolgeregelungen vereinbart hätten. Deshalb kann bei den drei hier in Betracht kommenden Nachfolgetarifverträgen des BAT nicht angenommen werden, der TVöD für den Bereich des Bundes oder für den der Kommunen wäre vereinbart worden. Insoweit macht auch die Revision nicht - wenigstens hilfsweise - geltend, bei einer ergänzenden Vertragsauslegung könne der TVöD zur Anwendung kommen.

42

(cc) Soweit die Revision anführt, die Parteien hätten entgegen den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht übereinstimmend erklärt, die Regelungen des TV-L und des TVÜ-L seien die sachnäheren Regelungswerke, ist diese Rüge jedenfalls unerheblich. Denn unabhängig davon ergibt sich aus den vorstehend angeführten Gründen bereits eine Bezugnahme des TV-L und des TVÜ-L einschließlich der entsprechenden Zusatztarifverträge im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.

43

Darüber hinaus hat die Beklagte in dem von der Revision angeführten Vorbringen in der Berufungsinstanz keinen der Feststellung des Landesarbeitsgerichts entgegenstehenden Sachvortrag gehalten. Soweit sie dort geltend gemacht hat, bereits der BAT führe zu „nicht mehr marktgerecht hohen Gehältern insbesondere durch seine diversen Zulagen“, weshalb ein „Einfrieren selbstverständlich folgerichtig“ sei, und weiterhin anführt, der TV-L bedeute „durch seine Übergangsregelungen einen Kostenanstieg“, wendet sie sich nicht gegen die Sachnähe des TV-L, sondern gegen das Vergütungsniveau des öffentlichen Dienstes insgesamt. Dieser Einwand richtet sich sowohl gegen den unstreitig in Bezug genommenen BAT als auch den TV-L. Diese Argumentation ließe sich gleichermaßen gegen den TVöD als Nachfolgeregelung anführen. Ein Argument für oder gegen die größere Sachnähe eines bestimmten Nachfolgetarifvertrages des BAT im Verhältnis zu einem anderen Nachfolgetarifvertrag ergibt sich daraus nicht. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Annahme der Revision bei seiner Beweiswürdigung - genauer: der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme -, die durch das Revisionsgericht nur beschränkt auf die Wahrung der Voraussetzungen und Grenzen von § 286 ZPO überprüfbar ist(BAG 12. März 1997 - 5 AZR 766/95 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 85, 237; 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - Rn. 38, AP BErzGG § 15 Nr. 43 = EzA BErzGG § 15 Nr. 14; 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 45), keinen Vortrag der Beklagten als wesentlichen Gesichtspunkt unberücksichtigt gelassen.

44

(dd) Ein anderes ergibt sich nicht aus dem von der Beklagten angeführten Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des BAT auf Arbeitgeberseite nicht mehr in gleicher Form an(nur) einem Nachfolgetarifvertrag beteiligt sind. Der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel kann nicht entnommen werden, dass ihre Dynamik dann entfallen soll, wenn auf Arbeitgeberseite nicht mehr alle Tarifvertragsparteien beteiligt sein sollten. Die von der Beklagten angeführten unterschiedlichen Arbeitszeit- und Sonderzahlungsregelungen im Bereich des TVöD gegenüber denen im Bereich des TV-L stehen in Anbetracht der geringen Unterschiede zwischen den beiden Tarifwerken einer unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben erfolgenden ergänzenden Vertragsauslegung einer dynamischen Bezugnahmeklausel, die die Arbeitsvertragsbedingungen ja von vornherein an sich ändernde Tarifbestimmungen koppelt, nicht entgegen.

45

(ee) An der Richtigkeit der vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung ändert auch der Einwand der Revision nichts, der TV-L enthalte anders als der BAT nur „rudimentäre“ Bestimmungen zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft, es sei für die Beklagte aber essentiell gewesen, wegen solcher Regelungen die Bezugnahme des BAT zu vereinbaren, solange alle drei Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite einen gemeinsamen Tarifvertrag ausgehandelt hätten, seien auch die Interessen derjenigen Arbeitgeber bedacht worden, die auf Bereitschaftszeitregelungen angewiesen seien.

46

Hierbei handelt es sich um einen nach § 559 Abs. 1 ZPO in der Revisionsinstanz unzulässigen neuen Tatsachenvortrag. Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht näher dargetan, inwieweit die Regelungen zum Bereitschaftsdienst, die § 7 Abs. 3 TV-L enthält, für ihren Betrieb von den Bestimmungen des § 15 Abs. 6a BAT iVm. Nr. 5 SR 2b BAT derart abweicht, dass nicht mehr von einer dem ursprünglichen Vertragswillen ergänzend zu entnehmenden Bezugnahme des TV-L ausgegangen werden kann. Hinsichtlich der von der Revision in diesem Zusammenhang erstmals angeführten Regelungen zur Vergütung von Bereitschaftsdienst gelten zudem nach § 8 Abs. 6 Satz 2 TV-L „die in dem jeweiligen Betrieb/der jeweiligen Verwaltung/Dienststelle am 31. Oktober 2006 jeweils geltenden Bestimmungen fort“, bis das „Entgelt für Bereitschaftsdienst … durch besonderen Tarifvertrag“ nach Satz 1 der tariflichen Bestimmung geregelt ist.

47

(c) Entgegen der Auffassung der Revision kann schließlich nicht angenommen werden, die Arbeitsvertragsparteien hätten bei Kenntnis der weiteren Entwicklung auf den Tarifvertrag für die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V.(TV AVH vom 19. September 2005, derzeit idF vom 28. Oktober 2008) oder den Kirchlichen Tarifvertrag Diakonie (KTD vom 15. August 2002, derzeit idF vom 16. März 2009) verwiesen.

48

(aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, die Arbeitsvertragsparteien hätten den TV AVH vereinbart, ist nach den genannten Grundsätzen nicht möglich. Die Parteien haben bereits dessen Vorläuferregelung, den MTV Angestellte(vom 1. August 1961, in der Neufassung vom 23. März 1993), nicht in der arbeitsvertraglichen Abrede aus dem Jahre 1995 in Bezug genommen, sondern den auf Arbeitgeberseite von Bund, Ländern und Kommunen geschlossenen BAT. Deshalb kann nicht angenommen werden, sie hätten zum maßgebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Fall, dass sie die Lückenhaftigkeit der Vertragsregelung erkannt hätten, die Anwendung eines Tarifwerks vereinbart, an dem auf Arbeitgeberseite ein anderer Vertragspartner beteiligt ist.

49

(bb) Gleiches gilt für den von der Beklagten angeführten KTD. Auch hier handelt es sich um einen von einem anderen Arbeitgeberverband - dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien - geschlossenen Tarifvertrag, der zudem zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses noch nicht existierte.

50

2. Begründet ist auch der Klageantrag zu 2). Der Anspruch auf die geltend gemachte Einmalzahlung ergibt sich aus der Bezugnahmeregelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ.

51

a) Nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ werden mit den Bezügen für den Monat Januar 2007 in den Entgeltgruppen E 9 bis E 12 als Einmalzahlung 210,00 Euro ausgezahlt. Der Kläger, der nach der VergGr. Vb BAT vergütet wurde, ist nach § 3, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L iVm. der Anlage 2(Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 31. Oktober 2006/1. November 2006 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung), Teil A, der Entgeltgruppe 9 TV-L zugeordnet und kann daher diesen Betrag beanspruchen.

52

b) Der Kläger hat die Einmalzahlungen rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TV-L geltend gemacht. Die mit den Bezügen für Januar 2007 auszuzahlende Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ hat der Kläger mit der am 10. Juli 2007 der Beklagten zugestellten Klageerweiterung geltend gemacht und so die sechsmonatige Frist ab Fälligkeit des Anspruchs gewahrt. In der Zustellung der Klageerweiterung an die Beklagte liegt hinsichtlich der Einmalzahlung eine rechtzeitige schriftliche Geltendmachung(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 34, NZA 2010, 401; s. auch BAG 9. Juli 2008 - 5 AZR 518/07 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 21 = EzA ZPO 2002 § 249 Nr. 1).

53

c) Der Zinsanspruch für die Einmalzahlung ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

54

III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Görgens    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Juli 2015 - 2 Sa 441/15 - insoweit aufgehoben, als es der Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10. Dezember 2014 - 20 Ca 3952/14 - stattgegeben hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen auf ihr Arbeitsverhältnis und damit zusammenhängende Vergütungsdifferenzen.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. April 1999 bei der Beklagten, die in K ein Einzelhandelskaufhaus betreibt und zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Arbeitgeberverbands war, in Teilzeit (108 von 163 Monatsarbeitsstunden) beschäftigt und nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „in Vergütungsgruppe G1, 6. Berufsjahr“ eingruppiert.

3

Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält auf der ersten Seite auszugsweise folgende Regelungen:

        

„…    

        

Tarifliche Einstufung:

G 1, 6. Berufsjahr

        

Vergütung:

Tarifentgelt

2.218,97 DM

        
                 

= Gesamtentgelt            

2.218,97 DM “       

        
4

In den hieran angefügten Allgemeinen Vertragsbedingungen ist Folgendes vereinbart:

        

„…    

        

2. Vergütung

        

Die arbeitsvertraglich vorgesehene Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt vorbehaltlich einer späteren Überprüfung. Sollte sich hierbei eine fehlerhafte Eingruppierung herausstellen, erklärt sich der Mitarbeiter damit einverstanden, daß mit Wirkung ab dem auf die Feststellung folgenden Monats eine Neugruppierung herbeigeführt wird. Über-/Unterzahlungen werden mit der nächsten Vergütungsabrechnung verrechnet, wobei auf die sozialen Belange des Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen ist und ggf. Überzahlungen auf mehrere Monate zu verteilen sind.

        

...    

        

Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlaß auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.

        

…       

        

13. Schlußbestimmung

        

Ergänzend gelten die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen.“

5

Die Vergütungstarifverträge im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (Gehaltstarifvertrag/Lohntarifvertrag) waren bis zum 31. März 2000 und der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) bis zum 31. März 2003 allgemeinverbindlich. Der MTV sah eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung vor. Die Beklagte wandte bei vielen Arbeitnehmern den gleichen Formulararbeitsvertrag an, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch die Vergütungstarifverträge und der MTV, nur der MTV oder keiner der Tarifverträge mehr allgemeinverbindlich waren.

6

Die Beklagte gab nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nach Außerkrafttreten der Allgemeinverbindlichkeit Vergütungserhöhungen aus den Vergütungstarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen vollständig an die Arbeitnehmer weiter. Erst nach dem Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013, der rückwirkend ab dem Monat August 2013 eine Tariferhöhung von 3 % und zum 1. Mai 2014 um weitere 2,1 % vorsah, erhöhte die Beklagte die Vergütung ihrer Arbeitnehmer zum 1. Januar 2014 lediglich um 2 %.

7

An die Klägerin zahlte die Beklagte für die Monate August bis Dezember 2013 eine Grundvergütung iHv. jeweils 1.498,52 Euro brutto und ab Januar 2014 iHv. 1.519,31 Euro brutto und führte die in den gezahlten Bruttobeträgen enthaltenen Steuern und Sozialversicherungsabgaben ab.

8

Mit ihrer der Beklagten am 6. Juni 2014 zugestellten Klage sowie ihren Klageerweiterungen aus den Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 23. März 2015 hat die Klägerin zuletzt die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und die sich daraus ergebende Vergütung zu zahlen. Für den Zeitraum von August 2013 bis Oktober 2014 hat sie Differenzvergütungsansprüche - in den Vorinstanzen auch noch hinsichtlich der von der Beklagten im November 2013 und Juni 2014 gezahlten Jahressonderzahlungen - geltend gemacht. Sie hat dazu die Ansicht vertreten, sie habe einen Anspruch auf das jeweilige Tarifentgelt, da ihr Arbeitsvertrag die Entgelttarifverträge des nordrhein-westfälischen Einzelhandels dynamisch in Bezug nehme. Bei dynamischer Tarifgeltung hätte ihre monatliche Grundvergütung ab August 2013 1.533,86 Euro brutto betragen und ab Mai 2014 1.566,33 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 562,07 Euro brutto (Vergütungsnachzahlung für die Monate August 2013 bis einschließlich Oktober 2014) nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

                 

aus 221,75 Euro ab dem 1. Januar 2014,

                 

aus jeweils 14,55 Euro ab dem 1. Februar, dem 1. März, dem 1. April und dem 1. Mai 2014 sowie

                 

aus jeweils 47,02 Euro ab dem 1. Juni, dem 1. Juli, dem 1. August, dem 1. September, dem 1. Oktober sowie dem 1. November 2014

                 

zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

10

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag sei als statische Verweisung auf den bei Arbeitsvertragsschluss anwendbaren Vergütungstarifvertrag auszulegen. Ein Arbeitgeber wolle nie dynamisch an Tarifverträge gebunden sein, wenn er selber nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist. Dies sei so offensichtlich, dass auch Arbeitnehmer dies erkennen müssten. § 305c BGB komme nicht zur Anwendung, da es an einem zweifelhaften Auslegungsergebnis fehle. Bei den Arbeitsverträgen, die während der Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge geschlossen wurden, habe sie nur deklaratorisch auf die ohnehin bestehende Verpflichtung zur Zahlung von Tarifvergütung hinweisen wollen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und der Klage insoweit stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei; insbesondere wird die Begründung der Entscheidung von den festgestellten Tatsachen nicht getragen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit die Klägerin mit ihrer Berufung erfolgreich war, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO), da es für eine abschließende Entscheidung an den notwendigen Tatsachenfeststellungen fehlt.

13

I. Die Revision gegen die vom Landesarbeitsgericht getroffene Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Anwendung der jeweils gültigen Entgelttarifverträge ist begründet. Der Feststellungsantrag zu 2. in der zuletzt gestellten Form ist nicht zulässig. Es mangelt an der notwendigen Bestimmtheit.

14

1. Die allgemeinen und besonderen prozessualen Voraussetzungen eines Feststellungsantrags sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Bei ungenügender Bestimmtheit eines Feststellungsantrags ist er als unzulässig abzuweisen. Auch ein Feststellungsantrag muss gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sein. Bei einer dem Antrag entsprechenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen (BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 a der Gründe).

15

a) Wird mit der Klage die Feststellung begehrt, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung findet (vgl. zur grds. Zulässigkeit solcher Elementenfeststellungsklagen BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165), ist dieser Tarifvertrag so im Antrag zu benennen, dass keine Zweifel darüber bestehen, welcher Tarifvertrag gemeint ist (als Bsp. für einen zulässigen Antrag BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 18), da nur dann zuverlässig erkennbar ist, worüber das Gericht eine Sachentscheidung erlassen soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verbindlichkeit eines Tarifvertrags in der „jeweils gültigen“ Fassung festgestellt werden soll. Es muss zweifelsfrei feststehen, welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien nach dem in der Vereinbarung einer vertraglichen Verweisungsklausel zum Ausdruck kommenden Willen der Arbeitsvertragsparteien die Arbeitsbedingungen folgen sollen. Diese Zuweisung erfolgt tarifvertragsbezogen und damit bei einer dynamischen Verweisungsklausel auch auf die Folgetarifverträge, die die jeweiligen konkreten Tarifvertragsparteien - und nur diese - vereinbaren. An die Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien wollten die Arbeitsvertragsparteien sich mit einer dynamischen Verweisungsklausel nicht binden, wenn es hierfür nicht besondere Anhaltspunkte gibt (vgl. zB BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 39, BAGE 138, 269).

16

b) Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des Gerichts, von sich aus zu ermitteln, welche Gewerkschaften und welche Arbeitgeberverbände das Entgelt von Arbeitnehmern - hier: im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen - regelnde Tarifverträge abgeschlossen haben und welcher der in Betracht kommenden Tarifverträge nach seinem persönlichen Geltungsbereich der für die Klägerin einschlägige ist, dh. welchen die Klägerin richtigerweise gemeint haben könnte (vgl. BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 b der Gründe). Allein die Klägerin hat das Recht, aber auch die Pflicht, den Streitgegenstand durch Antrag und Begründung zu bestimmen (vgl. BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 41/08 - Rn. 34, BAGE 129, 355; 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - Rn. 17 mwN). Dabei obliegt es ihr, dies so genau zu tun, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) abgesteckt und Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) eindeutig festgelegt sind. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (vgl. BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 21 mwN).

17

c) Auch § 293 ZPO verpflichtet das Gericht nicht, die in Frage kommenden Tarifverträge von Amts wegen zu ermitteln. Dies ist nur dann der Fall, wenn es um die normative Wirkung eines Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 TVG geht(BAG 19. November 1996 - 9 AZR 376/95 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 84, 325), nicht aber wenn - wie hier - die Anwendung eines Tarifvertrags ausschließlich auf einer individualvertraglichen Vereinbarung beruht (BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 25).

18

2. Gemessen daran fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit des Feststellungsantrags zu 2.

19

a) Die Klägerin hat im Klageantrag lediglich pauschal „die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW“, deren Anwendbarkeit auf das Arbeitsverhältnis der Parteien festgestellt werden soll, benannt. Weder aus dem Antrag noch aus der Klagebegründung bzw. den späteren Ausführungen der Klägerin ergibt sich mit der gebotenen Klarheit, welche Tarifverträge damit konkret gemeint sind.

20

b) Der Antrag lässt auch bei gebotener, auf die Ermöglichung einer Sachentscheidung gerichteter Auslegung (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25 mwN) den Inhalt der von der Klägerin begehrten Entscheidung nicht hinreichend deutlich erkennen.

21

aa) Es ist schon unklar, ob die Klägerin tatsächlich - entsprechend dem Antragswortlaut - die Anwendbarkeit mehrerer jeweils gültiger „Entgelttarifverträge“ festgestellt wissen will oder nur des jeweils gültigen und nach seinem - von der Klägerin allerdings nicht näher bezeichneten - persönlichen Geltungsbereich für sie einschlägigen Tarifvertrags. Denn in ihrem schriftsätzlichen Vorbringen hat die Klägerin zum einen die Begriffe „Vergütungstarifvertrag“, „Entgelttarifvertrag“, „Gehaltstarifvertrag“ und „Lohntarifvertrag“ offenkundig synonym und damit unspezifisch verwendet und zum anderen hat sie im Laufe des Rechtsstreits hinsichtlich aller dieser Begriffe uneinheitlich sowohl den Singular als auch den Plural gebraucht.

22

(1) Dabei ist es einerseits möglich, dass die Verwendung des Plurals im Klageantrag nur zusätzlich - wenn auch sprachlich fehlerhaft - zum Ausdruck bringen sollte, dass es nicht nur um die Feststellung der Anwendbarkeit des derzeit geltenden, sondern auch der künftigen Fassungen des einschlägigen Tarifvertrags geht. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die Klägerin festgestellt wissen will, dass die Beklagte auf ihr Arbeitsverhältnis gleichzeitig mehrere die monatliche Vergütung regelnde Tarifverträge, deren Anwendungsbereiche sich gegenseitig ausschließen, anzuwenden und sie danach zu vergüten hat.

23

(2) Andererseits kann der Verwendung des Plurals auch ein weites Verständnis des Begriffs „Entgelttarifverträge“ zugrunde liegen, weil die Klägerin evtl. auch andere Tarifverträge mit Regelungen von Leistungen an die Arbeitnehmer, etwa über Sonderzahlungen, Urlaubsentgelt, Krankengeldzuschuss usw. als „Entgelttarifvertrag“ ansieht.

24

bb) Es fehlen aber vor allem jegliche Angaben zu den Tarifvertragsparteien des „jeweils gültigen Entgelttarifvertrags“ oder der „jeweils gültigen Entgelttarifverträge“, deren Anwendbarkeit die Klägerin festgestellt wissen will. Diese Anforderung gilt grundsätzlich ungeachtet einer möglicherweise vorherrschenden oder - regional - besonders bedeutungsvollen Praxis bestimmter Tarifvertragsparteien. Eine solche kann nur dann zur Bestimmung der im Feststellungsantrag nicht ausdrücklich genannten Tarifvertragsparteien herangezogen werden, wenn die praktischen Verhältnisse vom Landesarbeitsgericht tatsächlich festgestellt sind, und wenn diese so gestaltet sind, dass sie die Beteiligung jeder anderen möglichen Tarifvertragspartei nach den Umständen ausschließen. Dies ist mangels klägerischen Vortrags bzw. landesarbeitsgerichtlicher Tatsachenfeststellungen vorliegend nicht gegeben.

25

(1) Soweit die Klägerin in den Vorinstanzen gelegentlich die bis zum Jahr 2000 für allgemeinverbindlich erklärten Lohn- und Gehaltstarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen erwähnt hat, was auch im Tatbestand des Berufungsurteils aufgegriffen worden ist, ist zwar bekannt, dass diese Tarifverträge vom Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V. auf der einen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im DGB, Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Nordrhein-Westfalen, auf der anderen Seite geschlossen wurden. Für evtl. Folgetarifverträge in der Zeit ab dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit im Jahr 2000 fehlt es an tatsächlichen Feststellungen über die Identität der jeweiligen Tarifvertragsparteien im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen. So ist keiner der Folgetarifverträge, die von der dynamischen Verweisungsklausel erfasst sein sollten, durch die Bezeichnung der sie abschließenden Tarifvertragsparteien und - mit einer Ausnahme (dazu unten) - nach Abschlussdatum oder dem Zeitpunkt des Inkrafttretens gekennzeichnet worden.

26

Es soll deshalb nur ergänzend und zur Verdeutlichung darauf hingewiesen werden, dass es im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen auf beiden Seiten der Sozialpartner verschiedene tarifvertragsschließende Parteien gab und gibt. Neben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die Rechtsnachfolgerin ua. der Gewerkschaft HBV und der DAG geworden ist (vgl. dazu BAG 4. Juli 2007 - 4 AZR 491/06 - Rn. 48 ff., BAGE 123, 213), dem Deutschen Gewerkschaftsbund als Dachverband angehört und (wohl) regelmäßig auf Arbeitnehmerseite Tarifverträge vereinbart, hat in der Vergangenheit nach der Tarifsammlung des Bundesarbeitsgerichts am 10. Dezember 2013 die „DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V.“, die nach dem - nicht rechtskräftigen - Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2016 (- 5 TaBV 8/15 -; Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht anhängig) eine tariffähige Gewerkschaft ist, einen Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen geschlossen, ebenso wie bereits am 25. Juli 2008 einen Manteltarifvertrag. Tarifvertragspartner auf Arbeitgeberseite war ua. dabei der „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen“, der allerdings auch mit der Gewerkschaft ver.di Tarifverträge vereinbart hat. Ferner ist der Vorgängertarifvertrag zum Manteltarifvertrag der Gewerkschaft ver.di vom 10. Dezember 2013 im Jahre 2008 sowohl vom „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen - Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen e.V.“ als auch vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen“ geschlossen worden. Ein ausdrücklich hierzu vereinbarter „Ergänzungstarifvertrag“ vom 29. Juni 2011 dagegen wurde auf der Arbeitgeberseite (nur) vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ mit der Gewerkschaft ver.di vereinbart. Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien nicht mehr allgemeinverbindlichen Lohn- und Gehaltstarifverträge waren 1999 auf Arbeitgeberseite jeweils allein vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ geschlossen worden. Der bis zum Jahre 2003 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag ist dagegen 1996 auf Arbeitgeberseite vom „Einzelhandelsverband Nordrhein e.V.“ und dem „Landesverband des Westfälisch-Lippischen Einzelhandels e.V.“ vereinbart worden.

27

Damit sind in der Zeit vom Abschluss des Arbeitsvertrags bis zu dem hier maßgebenden Zeitraum allein auf Arbeitnehmerseite mindestens zwei Gewerkschaften und auf Arbeitgeberseite mindestens fünf verschiedene Tarifvertragsparteien im Einzelhandel für das Land Nordrhein-Westfalen aufgetreten. Das begründet nicht, aber verdeutlicht, dass es sich bei den oa. Anforderungen an die Bezeichnung des oder der das Arbeitsverhältnis in der Zukunft bestimmenden Tarifvertrags/Tarifverträge um zwingende Maßgaben handelt.

28

(2) Auch der konkrete Tarifvertrag, an dem sich die Beklagte in der Vergangenheit bei ihrer jeweiligen Entgeltzahlung an die Klägerin - wohl - orientiert hat, ist von keiner Partei und von keiner der beiden Vorinstanzen nach Bezeichnung und/oder jeweiligen Tarifvertragsparteien auch nur benannt worden. Erst recht fehlt es an einer Begründung für eine evtl. Einbeziehung des jeweiligen Tarifvertrags aufgrund der Verweisungsklausel.

29

cc) Das Landesarbeitsgericht, das insoweit dem Feststellungsantrag stattgegeben hat, ohne die dazugehörigen Tarifvertragsparteien im Tenor oder in den Entscheidungsgründen zu benennen, hat keinerlei tatsächliche Feststellungen über die von der Klägerin im Antrag gemeinten oder über die von ihr selbst als zutreffend angesehenen Tarifvertragsparteien getroffen. Selbst eine - im Streitfall nicht vorliegende - Bezugnahme des Berufungsurteils auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze wäre vorliegend nicht weiterführend, da auch von diesen keine Angaben hierzu gemacht worden sind. Es sind auch keine Tarifverträge oder Auszüge davon zu den Akten gereicht worden.

30

II. Hinsichtlich des als Leistungsantrag ohne weiteres zulässigen Zahlungsantrags zu 1. ist die Revision der Beklagten ebenfalls begründet. Die vom Landesarbeitsgericht bei den Zahlungsansprüchen der Klägerin zugrunde gelegten Berechnungsfaktoren der im Zahlungsantrag zusammengefassten monatlichen Bruttoentgeltbeträge halten einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Die Begründung für die Zuerkennung der Zahlungsansprüche als Tarifentgelt ist rechtsfehlerhaft, weil sie von den Tatsachenfeststellungen nicht getragen ist. Eine Anspruchsgrundlage für die zuerkannten Ansprüche auf die monatlichen Bruttoentgelte nach dem „Entgelttarifvertrag“ ist derzeit nicht ersichtlich.

31

1. Das Landesarbeitsgericht legt allen Ansprüchen, die es der Klägerin zuerkennt, offenbar aktuelle tarifliche Regelungen über Entgelte zugrunde. Der Anspruch ergebe sich „aus der Differenz zwischen der Tarifvergütung … und der bereits gezahlten Bruttovergütung“. Aus welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien sich aus welchem Grund welches Tarifentgelt für die Klägerin ergibt, wird aber nicht ausgeführt.

32

2. Das Landesarbeitsgericht hat aber vor allem nicht begründet, warum es davon ausgeht, der oder die von ihm für anwendbar gehaltene(n) Tarifvertrag/Tarifverträge sei(en) der/diejenige(n), auf den/die der Arbeitsvertrag der Parteien verweise.

33

a) Die Auslegung des Arbeitsvertrags durch das Berufungsgericht befasst sich zunächst gründlich und überzeugend mit der Frage, ob dort eine dynamische Anwendung von Tarifverträgen vereinbart worden ist. Es kommt im Ergebnis zutreffend zu dem Schluss, dass der Arbeitsvertrag der Klägerin hinsichtlich der Höhe des vereinbarten monatlichen Arbeitsentgelts zeitdynamisch auf einen nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich für die Klägerin einschlägigen, die Höhe des monatlichen Entgelts regelnden Tarifvertrag Bezug nimmt.

34

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden kann (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 134, 283).

35

bb) Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Wortlaut der im Arbeitsvertrag getroffenen Vergütungsvereinbarung war für die Klägerin bei einer „Tarifliche[n] Einstufung: G 1, 6. Berufsjahr“ als „Vergütung“ ein „Tarifentgelt“ iHv. 2.218,97 DM vorgesehen.

36

(1) Der Senat hat - im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Februar 2013 (- 5 AZR 2/12 -) - hinsichtlich vergleichbarer Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entschieden, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt idR redlicherweise davon ausgehen darf, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. nur BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 16; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 17 ff.).

37

(2) Es bedarf hier keiner abschließenden Klärung, ob das ohne weiteres auch dann gilt, wenn - wie im Streitfall - der Tarifvertrag, dem sich die im Vertrag genannte Entgeltgruppe und Entgelthöhe entnehmen lassen, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt war. Denn wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt im Streitfall der Wille der Beklagten zur dynamischen Inbezugnahme der für die Klägerin maßgeblichen tariflichen Entgeltregelungen bereits aus Ziff. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Die dortige Anrechnungsregelung - „Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlaß auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden“ - darf ein durchschnittlicher Arbeitnehmer so verstehen, dass die Beklagte nicht lediglich auf die aus der Allgemeinverbindlichkeit des Lohntarifvertrags folgenden Pflicht zur Zahlung des Tarifentgelts verweisen, sondern sich auch unabhängig von der Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrags zur Zahlung des jeweiligen Tarifentgelts verpflichten wollte. Zwar hat der Anrechnungsvorbehalt nicht ausschließlich bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich (anders aber bei nicht allgemeinverbindlichen Tarifverträgen BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 17; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 18; 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 29), sondern auch dann, wenn künftig Tarifvertragsänderungen für allgemeinverbindlich erklärt werden. Allerdings hat die Beklagte den Anrechnungsvorbehalt nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt. Zudem hat sie durch den Zusatz „gleich aus welchem Anlaß“ zum Ausdruck gebracht, dass Anlass für eine Erhöhung des tariflichen Entgelts der Klägerin nicht ausschließlich ein künftiger für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag sein kann, sondern jede künftige tarifliche Entgeltsteigerung.

38

b) Das Landesarbeitsgericht hat es aber versäumt, festzustellen, an welche (Entgelt-)Tarifverträge welcher Tarifvertragsparteien diese arbeitsvertragliche Anbindung erfolgt ist. Ohne eine - Zweifel ausschließende - Identität des oder der Tarifvertrags/Tarifverträge zu benennen, an die die Arbeitsvertragsparteien den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses (hier: die Vergütung) dynamisch ankoppeln wollten, und ohne die nach Beendigung des hiervon ursprünglich erfassten Tarifvertrags als gleichfalls von der Verweisungsklausel erfassten „Folgetarifverträge“ zu benennen, ist eine Bestimmung des zu einem Jahre später nach dieser vertraglichen Verweisungsklausel maßgebenden Tarifvertrags nicht möglich. Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf beschränkt, die Dynamik der Verweisungsklausel zu begründen; auf welchen Tarifvertrag sie sich aus welchen Gründen 14 Jahre später beziehen sollte, auf welche Anspruchsgrundlage sich also die Klägerin berufen kann, und inwieweit die dort - mutmaßlich - genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht nicht angesprochen.

39

aa) Der von den Arbeitsvertragsparteien zum Zeitpunkt der Vereinbarung der dynamischen Anbindung gemeinte „Entgelttarifvertrag“ mag sich bei der Klägerin noch aus dem Datum des Arbeitsvertragsschlusses, dem 3. März 1999, ergeben, zu dem im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einige Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt worden waren. Dabei handelte es sich - neben dem Manteltarifvertrag vom 20. September 1996 - um den Lohntarifvertrag vom 29. Juni 1998 und den Gehaltstarifvertrag vom gleichen Tage. Dementsprechend begründet das Landesarbeitsgericht, warum aus seiner Sicht mit dem Arbeitsvertrag die dynamische Anwendung der „Vergütungstarifverträge“ - an anderer Stelle „Entgelttarifverträge“ -, worunter wohl der Lohntarifvertrag und der Gehaltstarifvertrag zu verstehen sind, nicht nur für die Dauer der Allgemeinverbindlichkeit, sondern auch über deren Ende hinaus vereinbart worden sind. Dabei kann hier noch dahinstehen, ob die Parteien des Arbeitsvertrags tatsächlich beide Tarifverträge dynamisch vereinbaren wollten.

40

bb) Die Allgemeinverbindlichkeit dieser Tarifverträge endete am 31. März 1999. Die Folgetarifverträge wurden zwischen denselben Tarifvertragsparteien vereinbart und auch für allgemeinverbindlich erklärt, so dass auch der Zeitraum ab dem 1. April 1999, dem Beginn des Arbeitsverhältnisses, von der Allgemeinverbindlicherklärung erfasst worden ist. Diese erneute Allgemeinverbindlicherklärung endete am 31. März 2000 und wurde auch nicht ersetzt oder erneuert. Angesichts dessen hätte es für die Bestimmung der Rechtsfolge aus der Verweisungsklausel ab diesem Zeitpunkt zu einem Rückgriff auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte Dynamik kommen müssen, anhand derer zu bestimmen gewesen wäre, ob ein anderer und ggf. welcher (Lohn- oder Gehalts-)Tarifvertrag danach zur Anwendung kommen sollte. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund erforderlich gewesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag nach seinem Ablauf eine Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG auch in denjenigen Arbeitsverhältnissen entfaltet, die vorher nicht durch Mitgliedschaft gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG, sondern durch Allgemeinverbindlichkeit gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 TVG der zwingenden Wirkung unterworfen waren(vgl. nur BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 168/08 - Rn. 16; 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 22, BAGE 116, 366; ausf. 25. Oktober 2000 - 4 AZR 212/00 - zu 1 der Gründe; ebenso Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 5 Rn. 125; Däubler/Bepler TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 961; ErfK/Franzen 17. Aufl. TVG § 5 Rn. 26; HWK/Henssler 7. Aufl. TVG § 5 Rn. 37; krit. Sittard Tarifnormerstreckung S. 289; Creutzfeldt FS Bepler S. 45, 48 ff.). Selbst wenn man davon ausginge, dass eine vor dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit vereinbarte dynamische Verweisungsklausel eine andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG wäre, oder dass eine solche individuelle Vereinbarung von vorneherein die Verdrängung einer Nachwirkung zur Folge hätte, wäre es erforderlich gewesen, die Erfassung eines Folgetarifvertrags durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel - ggf. durch ergänzende Vertragsauslegung - festzustellen und zu begründen (vgl. zur Frage der Anwendung des TVöD oder des TV-Ärzte nach Ende des BAT aufgrund einer auf diesen verweisenden Klausel im Arbeitsvertrag eines Arztes BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 13 ff., BAGE 141, 150). Dies hat das Landesarbeitsgericht sowohl für den von ihm offenbar als zutreffend angesehenen, aber nicht benannten Folgetarifvertrag als auch für die danach anzuwendenden „Entgelttarifverträge“ versäumt.

41

cc) Das Landesarbeitsgericht wendet im Ergebnis dann einen nicht näher bezeichneten Lohn- oder Gehaltstarifvertrag an, von dessen Erfassung durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel es offenbar ausgeht. Auch dies hätte einer Begründung bedurft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die früher allgemeinverbindlichen Lohn- bzw. Gehaltstarifverträge auf Arbeitgeberseite von dem „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ die letzten, dem Revisionsgericht vorliegenden Lohn- und Gehaltstarifverträge jedoch vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ geschlossen wurde. In der dazwischen liegenden Zeit haben auch andere Verbände mit den Gewerkschaften Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) und Handel, Banken und Versicherungen (HBV) bzw. der Gewerkschaft ver.di Gehalts- und Lohntarifverträge abgeschlossen. Aber auch die bereits oben genannte „DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V.“ ist insoweit tätig geworden, zum Beispiel durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags vom 10. Dezember 2013, eines Manteltarifvertrags oder schon im Jahre 2003 durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags mit der „Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen e.V.“ Auf weitere Unklarheiten ist bereits oben (unter I 2 b bb) hingewiesen worden.

42

dd) Auf die Tatsache, dass zum persönlichen Geltungsbereich des vom Landesarbeitsgericht „angewandten“ Tarifvertrags sowie zur Tätigkeit der Klägerin und damit zu der Erfüllung der Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der von ihr geltend gemachten Gehaltsgruppe keinerlei Ausführungen im Berufungsurteil gemacht worden sind, kommt es danach nicht mehr an.

43

III. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf.

44

1. Der Senat kann über die Zulässigkeit des Feststellungsantrags zu 2. nicht abschließend entscheiden. Der Anspruch der Parteien, insbesondere der Klägerin, auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

45

a) Das Landesarbeitsgericht hätte die Klage hinsichtlich dieses Antrags nicht ohne vorherigen Hinweis auf dessen Unzulässigkeit abweisen dürfen. Die Parteien haben die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erkennbar übersehen oder falsch beurteilt. Das löst nach § 139 Abs. 2 ZPO, der den verfassungsrechtlichen Anspruch der Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG konkretisiert(BGH 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10 - Rn. 12; 15. März 2006 - IV ZR 32/05 - Rn. 4), die richterliche Hinweispflicht aus. Das Gericht ist zwar nicht berechtigt oder verpflichtet, eigene Untersuchungen oder Nachforschungen anzustellen und auf der Grundlage der dadurch gewonnenen Erkenntnisse einem unzulässigen, weil unbestimmten Klageantrag einen zulässigen Inhalt zu geben. Es darf jedoch seine Entscheidung auf diesen Gesichtspunkt nicht stützen, ohne die Gelegenheit zu vorheriger Äußerung dazu zu geben (§ 139 Abs. 2 ZPO). Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen (BAG 27. Juli 2016 - 7 ABR 16/14 - Rn. 21; vgl. auch 20. April 2016 - 10 AZR 111/15 - Rn. 16, BAGE 155, 44; BGH 10. März 2016 - VII ZR 47/13 - Rn. 11 mwN). Demgemäß ist es den Parteien zu ermöglichen, zur Frage der Bestimmtheit des klägerischen Antrags zu 2. ergänzend Stellung zu nehmen.

46

b) Erforderlichenfalls hat das Landesarbeitsgericht den von beiden Parteien in das Verfahren eingebrachten Änderungsvertrag vom 25. Juli 2014 mit Wirkung ab dem 1. August 2014 daraufhin auszulegen, ob er - wie die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung vorträgt - eine statische Vergütungsabrede ohne jeden Bezug auf ein „Tarifentgelt“ enthält. Dies kann ggf. bei der Frage des Zeitraums, für den die von der Klägerin begehrte Feststellung ausgesprochen würde, von Bedeutung sein.

47

2. Auch über die Zahlungsansprüche kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entschieden werden.

48

Wie sich aus den oa. Ausführungen ergibt, bedarf es auch insoweit weiteren Vortrags der Parteien, zu dessen Erbringung ihnen nach Maßgabe des Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit zu geben ist. Es wird dabei darauf ankommen, den Arbeitsvertrag der Parteien auszulegen und zu überprüfen, hinsichtlich welchen Tarifvertrags welcher Tarifvertragsparteien die Parteien zum Entgelt eine dynamische Vereinbarung getroffen haben und welcher jeweils neue Tarifvertrag nach dem Ende des vorherigen von dieser Verweisungsklausel erfasst war. Hat die Dynamik - auch unter Berücksichtigung des Änderungsvertrags vom 25. Juli 2014 - bis zum Ende des Streitzeitraums nicht geendet, wird festzustellen sein, auf welchen konkreten Tarifvertrag sie sich im August 2013 und danach erstreckt hat. Die dort ggf. vorgesehenen Anspruchsgrundlagen sind sodann hinsichtlich der Erfüllung ihrer Tatbestandsmerkmale auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden.

        

    Creutzfeldt    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Creutzfeldt    

        

    Mayr    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2013 - 8 Sa 512/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (im Folgenden TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden TVÜ-VKA) auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde zum 7. April 1986 vom Kreis O, der Träger des Dkrankenhauses in L und Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, als Stationshilfe für dieses Krankenhaus eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 19. März 1986 heißt es:

        

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-GII) vom 31.01.1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung, sofern beiderseitige Tarifbindung vorliegt.“

3

Ende 1995 wurden das Dkrankenhaus und das gleichfalls vom Kreis O betriebene Kreiskrankenhaus S nach §§ 168 ff. UmwG auf die Kreiskliniken L-S GmbH (im Folgenden KLS GmbH) ausgegliedert, die gleichfalls Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war.

4

Die KLS GmbH übertrug ihren Wirtschafts- und Versorgungsdienst mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 auf die Kreiskliniken L-S Service-GmbH i.G. (im Folgenden KLS Service-GmbH i.G.). Beide Gesellschaften sowie der Betriebsrat der KLS GmbH schlossen am 4. November 1997 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 1997), der auszugsweise wie folgt lautete:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstandes der von der Ausgliederung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sämtlich von der Service-GmbH übernommen werden, wird folgender

        

PERSONALÜBERLEITUNGSVERTRAG

        

vereinbart:

                 
        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

Die Bereiche von KLS, in denen bislang Aufgaben des Wirtschafts- und Versorgungsdienstes wahrgenommen worden sind und die sich im einzelnen aus Anlage 1 ergeben, werden am Stichtag in die Service-GmbH ausgegliedert.

        

2.    

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Anlage 2 namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Service-GmbH über.

        

…       

        

§ 2     

        

Arbeitsverhältnisse und Besitzstand

        

1.    

Die Service-GmbH tritt in die am Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisse einschließlich allen daraus erworbenen Rechten und Pflichten mit den in der Anlage 2 aufgeführten betroffenen KLS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auf die Service-GmbH übergehen, ein.

        

2.    

Für die Angestellten gilt weiterhin der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (‚BAT‘) vom 23.02.1961 in seiner jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BAT ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

3.    

Für die Arbeiter/Arbeiterinnen gilt weiterhin der Bundesmanteltarifvertrag (‚BMT-G II‘) für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.01.1962 in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BMT-G II ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

…       

        

7.    

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die in der Anlage 2 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für diese Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

...     

        

§ 10   

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrages

        

1.    

Jeder betroffenen Mitarbeiterin und jedem betroffenen Mitarbeiter wird ein Exemplar dieses Vertrages rechtzeitig zum Stichtag ausgehändigt.

        

2.    

Ein weiteres Exemplar dieses Vertrages wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrages.“

5

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die dem Bereich Wäscheversorgung (Anlage 1 zum PÜV 1997) angehörte und in der Anlage 2 des PÜV 1997 namentlich aufgeführt war, ging am 31. Dezember 1997 auf die KLS Service-GmbH i.G. über. Der Personalüberleitungsvertrag wurde ihr übergeben. Die später in KLS F M GmbH (im Folgenden KLS FM GmbH) umfirmierte Arbeitgeberin, die zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, erbrachte bis zum Jahr 2003 alle tariflichen Leistungen nach dem BMT-G II und gab insbesondere die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen an die Klägerin weiter. Die tariflichen Entgeltsteigerungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 gab sie nicht weiter, wandte jedoch nach wie vor die Regelungen des BMT-G II an. Hieran änderte sich auch durch das Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 nichts.

6

Mit Blick auf eine weitere geplante Umstrukturierung des Unternehmens schlossen die KLS FM GmbH, der bei ihr gebildete Betriebsrat, die A Klinik S GmbH (im Folgenden AKS) und die Beklagte am 18. Juni 2008 einen Interessenausgleich, wonach die KLS FM GmbH das Unternehmen aufspalten und bestimmte Betriebsteile in andere Gesellschaften innerhalb des A Konzerns ausgliedern werde. Die Klägerin ist in der Anlage zum Interessenausgleich als hiervon betroffene Arbeitnehmerin namentlich aufgeführt.

7

Dieselben Vertragsparteien schlossen am 18./20./23. Juni 2008 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 2008), in dem die Beklagte als „ADG“ und die KLS FM GmbH als „FMG“ bezeichnet ist. Dort heißt es:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstands der von der Ausgliederung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der AKS bzw. der ADG übernommen werden, wird in Ergänzung zu dem betreffenden Interessenausgleich folgender

        

Personalüberleitungsvertrag

        

vereinbart.

        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

        

Der Bereich ‚Reinigung Klinikum L‘ wird im Wege des Teilbetriebsübergangs in die ADG verlagert.

        

2.    

        

Die Bereiche ‚Reinigung Klinikum S und ‚Technik S‘ sowie ‚Technik L‘ inklusive Gärtner werden im Wege des Teilbetriebsübergangs in die AKS verlagert.

        

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffener Arbeitnehmer, die in der Anlage zum Interessenausgleich namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613 a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die AKS bzw. ADG über.

        

3.    

        

Die betroffenen Arbeitnehmer wechseln mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis in die jeweils übernehmende Gesellschaft. Damit gehen einzelvertragliche Regelungen, Gesamtzusagen und betriebliche Übungen über.

        

4.    

        

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die Mitarbeiter der Bereiche ‚Technik‘, die in die AKS wechseln, weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für die Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

…       

        

6.    

        

Betriebsvereinbarungen der FMG werden von ADG vollumfänglich anerkannt und angewandt. Dazu gehört auch der Personalüberleitungsvertrag von den Kreiskliniken L-S an die FMG.

        

…       

        

§ 3     

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrags/ Schlussbestimmungen

        

Jedem betroffenen Arbeitnehmer wird ein Exemplar dieses Vertrags vor Betriebsübergang rechtzeitig ausgehändigt. Ein weiteres Exemplar dieses Vertrags wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung des Arbeitnehmers hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrags.“

8

Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 ging der Bereich „Reinigung Klinikum L“, dem auch die Klägerin namentlich zugeordnet war, auf die Beklagte über.

9

Die Beklagte wandte auf das nunmehr mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis weiterhin die Vorschriften des BMT-G II an.

10

In den Jahren 2007 bis 2009 fanden Tarifverhandlungen über den Abschluss eines Konzerntarifvertrags statt. Die Gewerkschaft ver.di forderte im Ergebnis erfolglos den Abschluss eines Tarifvertrags auf Basis des TVöD, der für alle A Kliniken gelten sollte.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auf ihr Arbeitsverhältnis seien der TVöD und der TVÜ-VKA in der jeweiligen Fassung anwendbar. Der PÜV 1997 habe den Arbeitnehmern die Wahlmöglichkeit zwischen der statischen und der dynamischen Weitergeltung des BMT-G II eingeräumt. Durch Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der KLS FM GmbH habe sie die dynamische Fortgeltung gewählt. Sie habe ihr Recht, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA zu berufen, nicht verwirkt. Ihre Untätigkeit in den Jahren 2007 bis 2009 sei darauf zurückzuführen, dass sie das Ergebnis der Tarifvertragsverhandlungen abgewartet habe.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis seit dem 1. Juli 2008 die Vorschriften des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung finden.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Folglich komme nach Wegfall der Tarifgebundenheit durch den Übergang von der KLS GmbH auf die KLS FM GmbH im Jahre 1997 nur der BMT-G II zur Anwendung. Der PÜV 1997 habe lediglich den Besitzstand der Gleichstellungsabrede wahren sollen. Eine dynamische Tarifanwendung hätten die Arbeitsvertragsparteien nicht - auch nicht konkludent - vereinbart. Ein etwaiges Wahlrecht habe die Klägerin nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, ausgeübt. Der PÜV 1997 stelle damit einen Vertrag zu Lasten Dritter dar und verstoße überdies gegen das Gebot der Rechtsquellenklarheit. Die vorübergehende Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bis zum Jahr 2003 sei nicht als Angebot auf eine dauerhafte dynamische Tarifanwendung zu verstehen. Die Annahme der Leistungen sei allenfalls als Einverständnis mit der jeweiligen Gehaltserhöhung zu verstehen gewesen. Ferner verstoße die Annahme eines Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel gegen Unionsrecht, namentlich Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (RL 2001/23/EG) iVm. Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Vorsorglich hat sie sich auf die tariflichen Ausschlussfristen, Verjährung und Verwirkung berufen.

14

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) - sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Anwendung von Tarifverträgen aufgrund einer - dynamischen - Bezugnahmeklausel nach einem Betriebsübergang entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - verneint.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

16

A. Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die gerichtliche Entscheidung kann der Streit der Parteien über die - dynamische - Anwendbarkeit des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien im Umfang des gestellten Antrags geklärt werden (zu diesem Erfordernis BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN).

17

B. Die Klage ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD und der TVÜ-VKA in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung finden.

18

I. Bereits vor dem Betriebs(teil)übergang auf die Beklagte am 1. Juli 2008 fanden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen sowie der TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung.

19

1. Nach dem Arbeitsvertrag vom 19. März 1986 richtete sich das Arbeitsverhältnis der damaligen Vertragsparteien nach den Vorschriften des BMT-G II „und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen“. Bei dieser Bezugnahmeregelung handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

20

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel bezeichneten Tarifvertrag - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - diese Klauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, auch ohne dass dies im Wortlaut der Vereinbarung irgendeinen Niederschlag hätte finden müssen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Verbindlichkeit für die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten (vgl. nur BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9). Danach reichte die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags nur so weit wie die normative Geltung im Arbeitsverhältnis eines tarifgebundenen Arbeitnehmers. Sie endete daher dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Gleiches galt für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. Ab diesem Zeitpunkt waren die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

Diese Auslegungsregel hält der Senat seit 2007 nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 18, BAGE 138, 269; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 45 ff., BAGE 122, 74).

22

b) Da die im Arbeitsvertrag der Klägerin enthaltene Verweisungsklausel im Jahr 1986 vereinbart worden ist und die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war, kam für dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach handelte es sich bei der Bezugnahmeklausel - ursprünglich - um eine Gleichstellungsabrede. Sie verwies auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, die für die damalige Arbeitgeberin normativ galten. Die - dynamische - Bezugnahme stand damit unter der auflösenden Bedingung ihrer fortbestehenden Tarifgebundenheit.

23

2. Anlässlich der Ausgliederung des Wirtschafts- und Versorgungsbereichs der Klinik auf die - später als KLS FM GmbH firmierende - Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 31. Dezember 1997 hat diese mit der Klägerin vereinbart, dass der BMT-G II einschließlich der ihn ersetzenden Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis weiterhin dynamisch anwendbar sein sollte.

24

a) In der Übergabe des Personalüberleitungsvertrags im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die - spätere - KLS FM GmbH liegt das Angebot der Betriebsübernehmerin, die in diesem Schriftstück enthaltenen Regelungen über die auch künftige dynamische Anwendbarkeit des BMT-G II zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses zu machen.

25

aa) Der Zweck des PÜV 1997 war ausweislich der Präambel die „Absicherung des Besitzstandes“ für die Arbeitnehmer der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Dieser Regelungsgehalt wurde durch § 2 Abs. 3 PÜV 1997 für die Arbeiter und Arbeiterinnen dahingehend spezifiziert, dass für sie - wie im bisherigen Arbeitsverhältnis - weiterhin der BMT-G II dynamisch anwendbar sein sollte.

26

bb) Die Klägerin durfte insoweit auch von einem auf eine konstitutive einzelvertragliche Vereinbarung gerichteten Rechtsbindungswillen der KLS FM GmbH ausgehen.

27

(1) § 2 Abs. 3 PÜV 1997 enthält eine Verpflichtung der KLS FM GmbH, auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter auch weiterhin die Regelungen des BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 PÜV 1997 war jedem betroffenen Mitarbeiter ein Exemplar des Vertrags rechtzeitig zum Stichtag, dh. mit Übergang des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Gem. § 10 Abs. 2 PÜV 1997 sollten die jeweils auf den Mitarbeiter zutreffenden Vorschriften, dh. insbesondere die Verweisung auf den BMT-G II oder auf den BAT, unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung Bestandteil des Arbeitsvertrags werden.

28

Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass die von der KLS FM GmbH eingegangene Verpflichtung zur weiteren Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht nur gegenüber den anderen Parteien des PÜV 1997, sondern auch und gerade unmittelbar gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertraglich wirksam werden sollte, sofern diese zustimmen. Auch die Beklagte selbst hat dies letztlich in beiden Instanzen eingeräumt, indem sie es beispielsweise in der Berufungsbegründung als unstreitig bezeichnete, „dass die Aushändigung des Personalüberleitungsvertrages 1997 als Angebot zur Weiterführung des BAT/BMT-GII“ zu werten war und entsprechend auch praktisch durchgeführt wurde, wobei sich nach ihrer Auffassung die Dynamik jedoch nicht auf den TVöD und den TVÜ-VKA erstrecken sollte.

29

Auf die Frage, welche Rechtsqualität dem PÜV 1997 beizumessen (zB Vertrag zu Gunsten Dritter) und ob dieser wirksam zustande gekommen ist (insbes. betr. die hinreichende „Rechtsquellenklarheit“), kommt es daher nicht an. Er dient insoweit lediglich der Dokumentation des Inhalts der Willenserklärung und des hierauf bezogenen Rechtsbindungswillens der KLS FM GmbH gegenüber der Klägerin.

30

(2) Der in der Übergabe des PÜV 1997 im Zusammenhang mit seinen einzelnen Regelungen zum Ausdruck kommende Rechtsbindungswille der KLS FM GmbH bestand auch gegenüber der Klägerin. Diese war vom Anwendungsbereich des PÜV 1997 erfasst. Sie gehörte zum Bereich der Wäscheversorgung und war in der Anlage 2 zum PÜV 1997 namentlich aufgeführt.

31

cc) Der Antrag der KLS FM GmbH an die Klägerin erfolgte ohne die auflösende Bedingung ihrer eigenen Tarifgebundenheit im Sinne einer Gleichstellungsabrede. Der Antrag ist deshalb schon nach der alten Rechtsprechung des Senats zur Gleichstellungsabrede wie bei jedem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber auch schon vor dem 1. Januar 2002 nach seinem Wortlaut und dem Empfängerverständnis als „unbedingte“ dynamische Verweisung auszulegen.

32

Demgegenüber ist die Erwägung, der PÜV 1997 habe lediglich - statische - bestandsschützende Wirkung entfalten sollen, nicht durchgreifend. Zum einen hätte der PÜV 1997 - ungeachtet seiner Rechtsqualität - dann insoweit keinerlei eigenständige Bedeutung gehabt, da er sich bei dieser Auslegung auf die bloße Beschreibung der Rechtswirkungen des § 613a Abs. 1 BGB iVm. § 324 UmwG beschränkt hätte. Zum andern war die KLS FM GmbH zu keinem Zeitpunkt tarifgebunden. Wollte man die von der Revision vertretene Auslegung des Antrags zugrunde legen, hätte man eine ausdrückliche Vereinbarung unter eine auflösende Bedingung gestellt, die gar nicht erst zum Entstehen der Vereinbarung geführt hätte und - bildlich - schon vor dem Antrag „eingetreten“ war.

33

b) Die Klägerin hat den so verstandenen Antrag angenommen.

34

aa) Die Annahme eines Antrags ist eine einseitige Willenserklärung, die unter den Voraussetzungen des § 151 BGB nicht empfangsbedürftig ist. Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Antragende auf sie verzichtet hat. Im Streitfall hat die KLS FM GmbH auf die Erklärung der Annahme durch die Arbeitnehmer - so auch der Klägerin - verzichtet. Sie hat insbesondere weder eine Unterzeichnung der neuen Vertragsbedingungen verlangt noch hat sie ersichtlich in anderer Weise zum Ausdruck gebracht, sämtliche Arbeitnehmer müssten die nach § 10 Abs. 2 PÜV 1997 erforderliche Zustimmung ausdrücklich oder gar schriftlich erteilen.

35

bb) Das Landesarbeitsgericht ist ohne revisiblen Rechtsfehler zu der Auffassung gelangt, die Klägerin habe das Angebot einer unbedingten dynamischen Bezugnahme auf den BMT-G II konkludent angenommen.

36

(1) Allerdings liegt die Annahmehandlung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits in dem unterbliebenen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Darin kommt lediglich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis als solches mit der KLS FM GmbH fortsetzen zu wollen. Über die Vertragsbedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis fortgeführt werden soll, sagt dieses Verhalten nichts aus.

37

(2) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch angenommen, durch die widerspruchslose Entgegennahme der durch die KLS FM GmbH bis zum Jahr 2003 weitergegebenen Tariferhöhungen habe die Klägerin das Angebot konkludent angenommen. Ein revisibler Rechtsfehler ist insoweit nicht zu erkennen (zu der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung atypischer Willenserklärungen vgl. nur BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 138, 48). Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet. In dem Verhalten der Klägerin lag nicht nur ein - als Annahmeerklärung regelmäßig nicht ausreichendes - Schweigen auf den Antrag, sondern die tatsächliche Durchführung der geänderten Vertragsbedingungen (vgl. BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 27). Angesichts der von der KLS FM GmbH ausdrücklich unterbreiteten Offerte einer dynamischen Verweisung auf einen für sie normativ nicht geltenden Tarifvertrag liegt in der praktischen Umsetzung sowohl der zu dieser Zeit geltenden Tarifbestimmungen als auch gerade ihrer dynamischen Änderungen „in der Zeit“ nicht nur die Entgegennahme der einzelnen konkreten Tariferhöhung, sondern gleichzeitig die Annahme der angetragenen - dynamischen - Verweisungsklausel durch die Klägerin. Das Verhalten der Arbeitgeberin musste sich ihr gerade als Erfüllung der hieraus erwachsenen und schriftlich dokumentierten vertraglichen Verpflichtungen darstellen. Dies hat im Streitfall überdies deshalb eine besondere Bedeutung, weil die erste der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Arbeitgeberin weitergegebenen Tarifänderungen nach dem Betriebsübergang vom 31. Dezember 1997 bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1998 eintrat. Zu diesem Zeitpunkt trat eine Erhöhung der Monatstabellenlöhne durch den den BMT-G II ergänzenden Monatslohntarifvertrag Nr. 25 vom 5. Mai 1998 rückwirkend in Kraft.

38

(3) Die Annahme durch die Klägerin ist auch rechtzeitig erfolgt. Nach § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Im Streitfall ergeben sich weder aus dem PÜV 1997 noch aus dem erkennbaren Verhalten der KLS FM GmbH Anhaltspunkte für eine Annahmefrist. Aus den Umständen folgt, dass der Antrag jedenfalls so lange aufrechterhalten bleiben sollte, bis die Vertragsänderung praktische Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben würde. Mit der tatsächlichen Durchführung hat die Klägerin den Antrag rechtzeitig konkludent angenommen.

39

c) Diese Arbeitsbedingungen sind entgegen der Revision vor dem weiteren Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte im Jahr 2008 nicht etwa konkludent dahingehend abgeändert worden, dass der BMT-G II nur noch mit seinem Stand vom Jahr 2003 anwendbar sein sollte. Vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Angebots der Arbeitgeberin in § 2 Abs. 3 PÜV 1997 zur Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahmeklausel und dessen Annahme durch die Klägerin konnte diese die bloße unterbliebene Weitergabe der Dynamik ab 2004, dh. ein lediglich faktisches Verhalten mangels abweichender Anhaltspunkte nur als nicht vertragsgemäße Erfüllung der arbeitgeberseitigen Leistungspflicht, nicht hingegen als Antrag auf Vertragsänderung verstehen. Dies gilt umso mehr, als die - geleistete - Entgelterhöhung im Jahr 2003 auf demselben Entgelttarifvertrag beruhte wie die - nicht geleisteten - Entgelterhöhungen des Jahres 2004. In § 4 des Monatslohntarifvertrags Nr. 28 zum BMT-G vom 31. Januar 2003 (MLT Nr. 28) sind stufenweise drei Lohnerhöhungen vorgesehen, die ab 1. Januar 2003, ab 1. Januar 2004 und ab 1. Mai 2004 erfolgen sollten. Die Umsetzung der ersten Stufe durch die KLS FM GmbH reihte sich aus verständiger Arbeitnehmersicht in die auch bislang erfolgten Entgeltanpassungen an die Tarifentwicklung ein und stellte damit eine weitere Erfüllung der dynamischen Verpflichtungen der Arbeitgeberin dar. Dass die auf derselben Tarifregelung beruhenden weiteren Entgelterhöhungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 von der Arbeitgeberin nicht mehr weitergegeben worden sind, konnte unter diesen Umständen nicht als eigenständiges Vertragsangebot gewertet werden, sondern lediglich als „Abbruch“ der bereits teilweise erfüllten Verpflichtung aus dem MLT Nr. 28 und damit als schlichte Nichterfüllung.

40

d) Die zwischen der Klägerin und der KLS FM GmbH vereinbarte dynamische Verweisungsklausel erfasst auch den TVöD und den TVÜ-VKA. Bei dem TVöD handelt es sich um einen den BMT-G II ersetzenden Tarifvertrag iSd. vertraglichen Bezugnahmeklausel. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 4 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD/VKA den BMT-G II(vgl. zur entsprechenden Ersetzung des BAT ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22, BAGE 130, 286). Dabei bedarf es keines Rückgriffs auf die - hier tatsächlich fehlende - Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien für eine zwingende Auslegung der Verweisungsklausel. Diese steht einer solchen Auslegung, die im Einzelfall häufig naheliegen wird und auch im Streitfall zutreffend ist, allerdings auch nicht entgegen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es deshalb bereits an der Voraussetzung einer Regelungslücke, so dass nicht entschieden werden muss, ob nicht auch hier dasselbe Auslegungsergebnis einträte.

41

II. Die damit zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisungsklausel ist durch die Ausgliederung und Übertragung des Bereichs „Reinigung Klinikum L“ zum 1. Juli 2008 unverändert auf die Beklagte übergegangen.

42

1. Gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen, also auch die, ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrags zu machen, selbst gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer abgegeben (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23, BAGE 132, 169; 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 15, BAGE 124, 345). Nach § 324 UmwG bleibt § 613a BGB durch die Wirkung einer Spaltung unberührt. Dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen von § 613a Abs. 1 BGB vorliegen, wird von den Vorinstanzen und den Parteien zu Recht nicht angezweifelt.

43

2. Damit ist auch die zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin vertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf den BMT-G II bzw. den TVöD und den TVÜ-VKA Bestandteil des ab dem 1. Juli 2008 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Eine dynamische Bezugnahmeklausel geht als vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Arbeitnehmer regelmäßig auf das nach dem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Aufrechterhaltung der Dynamik über(st. Rspr., ausf. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 14 ff., BAGE 132, 169).

44

3. Diesem Ergebnis steht Unionsrecht nicht entgegen. Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC.

45

a) Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt]) hat der EuGH auf Vorlage des erkennenden Senats (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) -) entschieden, dass die RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

46

b) Solche sowohl einvernehmlichen als auch einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sieht die deutsche Rechtsordnung vor.

47

aa) Eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist - wie in jedem Arbeitsverhältnis - grundsätzlich auch nach einem Betriebsübergang möglich.

48

(1) § 613a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang die vertraglichen Arbeitsbedingungen einvernehmlich abzuändern. So kann auch einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Dynamik der Bezugnahmeklausel abbedungen werden. Insbesondere bedarf eine nach dem Betriebsübergang getroffene Vergütungsvereinbarung nicht wegen möglicher Umgehung des § 613a BGB eines sie rechtfertigenden Sachgrundes(st. Rspr. seit BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 12, BAGE 124, 345). Soweit das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Sperrfrist von einem Jahr für die - auch einvernehmliche - Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorsieht, gilt dies ausschließlich für diejenigen Rechte und Pflichten, die vor dem Betriebsübergang zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund eines normativ geltenden Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung verbindlich waren.

49

(2) Die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsänderung hat entgegen der Auffassung der Revision auch nicht nur theoretische Bedeutung. In der Praxis nimmt nicht selten ein Großteil der Arbeitnehmer einen aus deren Sicht nachvollziehbar begründeten - kollektiven - Antrag auf Vertragsänderung an. So haben etwa in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2008 (- 2 AZR 139/07 -) zugrunde liegenden Fall 439 der 447 betroffenen Arbeitnehmer und damit 97 vH der Belegschaft das vom Arbeitgeber unterbreitete Änderungsangebot mit dem Ziel der Realisierung eines Sanierungskonzepts angenommen (ähnlich bei BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 -: 96 vH der Arbeitnehmer für die Anhebung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich). Auch in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juni 2017 (- 1 ABR 32/15 -) zugrunde liegenden Sachverhalt hatten 96 vH der Arbeitnehmer einer Änderungsvereinbarung ua. mit einem Verzicht auf Leistungsentgeltanteile und Sonderzahlungen sowie einer Reduzierung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gegen einen befristeten Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen zugestimmt.

50

bb) Auch die vom EuGH weiter geforderte Möglichkeit einer einseitigen Arbeitsvertragsänderung ist gesetzlich vorgesehen. Der Arbeitgeber kann gem. § 2 KSchG einzelne Arbeitsbedingungen durch die Erklärung einer Änderungskündigung abändern. Dass eine solche im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss (§ 1 Abs. 2 KSchG), ist mit der vom EuGH in den Rechtssachen Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt und Alemo-Herron ua. (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - und 18. Juli 2013 - C-426/11 -) vorgenommenen Auslegung der RL 2001/23/EG vereinbar.

51

(1) Der EuGH verlangt, der Erwerber müsse in der Lage sein, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit „erforderlichen“ Anpassungen vorzunehmen (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22). Damit unterliegen die vom Erwerber angestrebten Änderungen jedenfalls nicht seiner einseitigen freien Entscheidung, sondern müssen dem Kriterium der Erforderlichkeit genügen (so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Klein jurisPR-ArbR 20/2017 Anm. 1, D II). Hierzu hat der EuGH dem Unionsrecht keine bestimmten materiell-rechtlichen Kriterien entnommen, denen die Anpassungsmöglichkeit nach nationalem Recht genügen müsse. Für den Streitfall hat der Gerichtshof zudem ausdrücklich angenommen, die vom vorlegenden Senat dargestellte einseitige Änderungsmöglichkeit entspreche den durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gesetzten Anforderungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 25). Es sei nicht seine Sache, über das Vorliegen oder die Wirksamkeit der betreffenden Anpassungsmöglichkeiten zu entscheiden. Für die Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung des nationalen Rechts sei das nationale Gericht allein zuständig (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 27 f.).

52

(2) Die gesetzlichen Vorgaben für die Änderungskündigung genügen diesen Anforderungen.

53

(a) Die Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist eine einseitige Anpassungsmöglichkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nur dadurch zustande kommen kann, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers annimmt (vgl. dazu Sagan ZESAR 2016, 116, 120). Gleichwohl ist das Änderungsangebot stets mit der einseitigen Willenserklärung einer Beendigungskündigung verbunden. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 30; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN), haben die Gerichte für Arbeitssachen lediglich zu prüfen, ob sich die angebotenen Änderungen nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels „erforderlich“ ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN). Danach kann sich der Arbeitgeber - sofern die angestrebten Änderungen sozial gerechtfertigt sind - auch einseitig von den nicht gewünschten Arbeitsbedingungen lösen. Dass es dem Arbeitnehmer nach dem nationalen Recht unbenommen ist, das Arbeitsverhältnis für den Fall der sozialen Rechtfertigung der vom Arbeitgeber angebotenen Änderung gar nicht fortsetzen zu wollen, ist unerheblich. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nur unter den von ihm gewünschten geänderten Bedingungen fortzusetzen, besteht nicht. Der Arbeitnehmer könnte für den Fall, dass ihm die geänderten Arbeitsbedingungen nicht (mehr) zusagen, jederzeit seinerseits eine Eigenkündigung erklären.

54

(b) Der Umstand, dass die Anpassungsmöglichkeit der Änderungskündigung nach dem nationalen Recht - sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist - an die gesetzlich normierte Voraussetzung der sozialen Rechtfertigung geknüpft ist, steht den Vorgaben des EuGH ebenso wenig entgegen.

55

(aa) § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG ermöglicht eine Anpassung von Arbeitsbedingungen durch eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Deren Wirksamkeit ist jedoch an bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft, insbesondere das Vorliegen von Umständen, die die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen als „sozial gerechtfertigt“ erscheinen lassen. In der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung insbesondere des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit darauf abgestellt worden, ob sich das Änderungsangebot auf die für die Fortsetzung der Tätigkeit des Arbeitgebers „erforderlichen“ Anpassungen beschränkt (vgl. BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - BAGE 132, 78).

56

(bb) Auch der EuGH verlangt für einen Betriebserwerber keine voraussetzungsfreien Änderungsmöglichkeiten, sondern lediglich die Möglichkeit von „erforderlichen“ Anpassungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22; 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159). Ob und inwieweit sich diese beiden, zumindest im Wortlaut gleichlautenden Tatbestandsvoraussetzungen decken oder hier ggf. eine unterschiedliche Beurteilung angezeigt ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es genügt insoweit die Feststellung, dass für die Berücksichtigung des Merkmals der „Erforderlichkeit“ bei der Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen eines Änderungskündigungsschutzverfahrens ausreichend Raum besteht.

57

(cc) Soweit teilweise eingewandt wird, eine Änderungskündigung zum Zwecke der Beseitigung der Dynamik sei aussichtslos bzw. nur „theoretisch“ möglich, wie sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung zeige (vgl. zB Naber/Krois BB 2015, 1600; dies. ZESAR 2014, 121, 127; Latzel RdA 2014, 110, 116; Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15; Sagan ZESAR 2016, 116, 120; Haußmann ArbRAktuell 2017, 242), greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil es bei der Entdynamisierung der Verweisungsklausel nicht um eine Entgeltabsenkung geht, sondern - abgesehen von sonstigen Tarifinhalten - um die Aufrechterhaltung des bisherigen Entgeltniveaus. Die oa. Literaturauffassung übersieht darüber hinaus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst eine Entgeltabsenkung im Wege der Änderungskündigung möglich ist (sh. nur BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 - Rn. 18 ff.; 29. November 2007 - 2 AZR 789/06 - Rn. 13 ff.), an deren Wirksamkeit lediglich höhere Anforderungen gestellt werden, da sie einen nachhaltigen Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeutet (BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 371/94 - BAGE 79, 159; 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 -).

58

(3) Es ist auch ansonsten kein rechtlich begründeter Anlass dafür ersichtlich, einen Betriebsübernehmer hinsichtlich seiner Bindung an Arbeitsverträge im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zu privilegieren. Einem Betriebsübernehmer steht es frei, den Inhalt der einzelvertraglichen Abreden der von ihm zu übernehmenden Arbeitnehmer - ebenso wie weitere vertragliche Bindungen des Veräußerers, zB Leasing-Verträge, Kundenverträge, Lieferantenbedingungen usw. - zu prüfen und bei dem Aushandeln seiner Gegenleistung angemessen zu berücksichtigen. Das rechtliche Instrument der Änderungskündigung dient dabei nicht der nachträglichen Korrektur einer unzureichenden Prüfung. Ließe man eine solche Korrektur ohne die Maßgabe der dafür nach § 2 KSchG vorgesehenen materiell-rechtlichen Kriterien zu, wäre es dem Erwerber eines Betriebs möglich, sich von bestimmten, von ihm für nachteilig gehaltenen vertraglichen Vereinbarungen nach anderen Kriterien zu lösen als sonstigen Arbeitgebern in einem laufenden Arbeitsverhältnis. Ob - ungeachtet des Verweises des EuGH auf die alleinige Kompetenz der nationalen Gerichte zur Auslegung des nationalen Rechts - und ggf. welche Kriterien bei der rechtlichen Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen des Maßstabs der sozialen Rechtfertigung nach § 2 KSchG aus dem Unionsrecht zu berücksichtigen sein könnten(vgl. dazu etwa Jacobs/Frieling EuZW 2013, 737, 740 mwN), war vorliegend nicht zu beurteilen. Die Beklagte hat keine Änderungskündigung erklärt. Schon aus diesem Grund kommt entgegen der Revision eine Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.

59

(4) Der gelegentlich vorgebrachte und von der Revision aufgenommene Hinweis auf ein mögliches Vereinheitlichungsinteresse des Betriebserwerbers (vgl. etwa Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15) ist schon deshalb unbeachtlich, weil es im Entscheidungsfall nicht um die Anwendbarkeit eines eigenen Tarifvertrags des Erwerbers, sondern lediglich um die Frage der Dynamik des vereinbarten Tarifvertrags geht. Dass der TVöD und der TVÜ-VKA als solche den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien bestimmen, ist unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch in den von der Revision angeführten Urteilen des EuGH (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 27; 9. März 2006 - C-499/04 - [Werhof]) war weder eine absenkende Angleichung der Entgelthöhe noch die Anwendbarkeit eines anderen Tarifvertrags Gegenstand der Entscheidung; in beiden Fällen blieb es - bei „Obsiegen“ des Arbeitgebers - im Ergebnis bei der statischen Anwendung des „unternehmensfremden“ Tarifvertrags.

60

4. Die Annahme des Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel verletzt die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, berühren die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind. Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21, BAGE 132, 169; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 17 ff., BAGE 128, 185). Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

61

III. Die Parteien des Rechtsstreits haben auch keine von dieser Bezugnahmeregelung abweichende oder diese abändernde Vereinbarung getroffen.

62

1. Der PÜV 2008, der auch das Arbeitsverhältnis der Parteien erfasste, sieht in § 1 Abs. 3 vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten, insbesondere aus einzelvertraglichen Regelungen, Gesamtzusagen und betrieblichen Übungen auf die übernehmende Gesellschaft übergehen. Darin liegt keine abweichende Vereinbarung der Rechte und Pflichten, sondern lediglich eine Bestätigung der ohnehin geltenden gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

63

2. Umgekehrt sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass - abweichend von der bislang bestehenden und nunmehr in gleicher Weise auf die Beklagte übergegangene Vereinbarung - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nur eine (statische) Bezugnahme auf den BMT-G II gewollt war. Soweit die Revision sich für die gegenteilige Annahme auf § 1 Abs. 4 PÜV 2008 beruft, bleibt sie erfolglos. Die Klägerin konnte diese Regelung nicht als gesonderten Antrag der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB auffassen, erst recht nicht auf einvernehmliche Änderung des Bezugsobjekts ihrer vereinbarten und gelebten dynamischen Verweisungsklausel. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin nicht zu den dort allein angesprochenen Mitarbeitern der Bereiche „Technik“ gehört.

64

IV. Das Recht der Klägerin, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD sowie des TVÜ-VKA zu berufen, ist weder verfallen noch verjährt oder verwirkt.

65

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ein Arbeitsverhältnis als solche weder den tarifvertraglichen Ausschlussfristen noch der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Die Anwendbarkeit des Tarifvertrags ist ein „Stammrecht“, welches als solches an keinen Fälligkeitszeitpunkt geknüpft ist (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 416/03 - zu II 1 der Gründe). Die Revision hat insoweit auch keine Rügen erhoben.

66

2. Das Recht der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

67

a) Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (st. Rspr., sh. nur BAG 7. November 2001 - 4 AZR 724/00 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295). Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

68

b) Ob und unter welchen Umständen die Geltendmachung eines bestimmten Inhalts eines Arbeitsverhältnisses als solche überhaupt der Verwirkung unterliegen kann - was wegen der rechtsgeschäftlichen Möglichkeit einer auch konkludenten Änderung des Vertragsinhalts fraglich erscheint -, kann hier dahinstehen. Die Beklagte hat lediglich auf den verstrichenen Zeitraum - sieben Jahre zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und einer Geltendmachung der Klägerin - verwiesen. Ob damit das erforderliche Zeitmoment für eine Verwirkung schon erfüllt ist, kann gleichfalls offenbleiben. Der bloße Zeitablauf allein führt nicht zu einer Verwirkung. Für das Vorliegen des notwendigen Umstandsmoments hat die Beklagte über den bloßen Zeitablauf hinaus nichts vorgetragen. Entsprechende Umstände sind auch nicht ersichtlich.

69

C. Die Kosten der Revision sind von der Beklagten zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Gey-Rommel    

        

    Krüger    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2013 - 8 Sa 512/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (im Folgenden TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden TVÜ-VKA) auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde zum 7. April 1986 vom Kreis O, der Träger des Dkrankenhauses in L und Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, als Stationshilfe für dieses Krankenhaus eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 19. März 1986 heißt es:

        

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-GII) vom 31.01.1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung, sofern beiderseitige Tarifbindung vorliegt.“

3

Ende 1995 wurden das Dkrankenhaus und das gleichfalls vom Kreis O betriebene Kreiskrankenhaus S nach §§ 168 ff. UmwG auf die Kreiskliniken L-S GmbH (im Folgenden KLS GmbH) ausgegliedert, die gleichfalls Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war.

4

Die KLS GmbH übertrug ihren Wirtschafts- und Versorgungsdienst mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 auf die Kreiskliniken L-S Service-GmbH i.G. (im Folgenden KLS Service-GmbH i.G.). Beide Gesellschaften sowie der Betriebsrat der KLS GmbH schlossen am 4. November 1997 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 1997), der auszugsweise wie folgt lautete:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstandes der von der Ausgliederung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sämtlich von der Service-GmbH übernommen werden, wird folgender

        

PERSONALÜBERLEITUNGSVERTRAG

        

vereinbart:

                 
        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

Die Bereiche von KLS, in denen bislang Aufgaben des Wirtschafts- und Versorgungsdienstes wahrgenommen worden sind und die sich im einzelnen aus Anlage 1 ergeben, werden am Stichtag in die Service-GmbH ausgegliedert.

        

2.    

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Anlage 2 namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Service-GmbH über.

        

…       

        

§ 2     

        

Arbeitsverhältnisse und Besitzstand

        

1.    

Die Service-GmbH tritt in die am Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisse einschließlich allen daraus erworbenen Rechten und Pflichten mit den in der Anlage 2 aufgeführten betroffenen KLS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auf die Service-GmbH übergehen, ein.

        

2.    

Für die Angestellten gilt weiterhin der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (‚BAT‘) vom 23.02.1961 in seiner jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BAT ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

3.    

Für die Arbeiter/Arbeiterinnen gilt weiterhin der Bundesmanteltarifvertrag (‚BMT-G II‘) für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.01.1962 in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BMT-G II ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

…       

        

7.    

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die in der Anlage 2 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für diese Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

...     

        

§ 10   

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrages

        

1.    

Jeder betroffenen Mitarbeiterin und jedem betroffenen Mitarbeiter wird ein Exemplar dieses Vertrages rechtzeitig zum Stichtag ausgehändigt.

        

2.    

Ein weiteres Exemplar dieses Vertrages wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrages.“

5

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die dem Bereich Wäscheversorgung (Anlage 1 zum PÜV 1997) angehörte und in der Anlage 2 des PÜV 1997 namentlich aufgeführt war, ging am 31. Dezember 1997 auf die KLS Service-GmbH i.G. über. Der Personalüberleitungsvertrag wurde ihr übergeben. Die später in KLS F M GmbH (im Folgenden KLS FM GmbH) umfirmierte Arbeitgeberin, die zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, erbrachte bis zum Jahr 2003 alle tariflichen Leistungen nach dem BMT-G II und gab insbesondere die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen an die Klägerin weiter. Die tariflichen Entgeltsteigerungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 gab sie nicht weiter, wandte jedoch nach wie vor die Regelungen des BMT-G II an. Hieran änderte sich auch durch das Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 nichts.

6

Mit Blick auf eine weitere geplante Umstrukturierung des Unternehmens schlossen die KLS FM GmbH, der bei ihr gebildete Betriebsrat, die A Klinik S GmbH (im Folgenden AKS) und die Beklagte am 18. Juni 2008 einen Interessenausgleich, wonach die KLS FM GmbH das Unternehmen aufspalten und bestimmte Betriebsteile in andere Gesellschaften innerhalb des A Konzerns ausgliedern werde. Die Klägerin ist in der Anlage zum Interessenausgleich als hiervon betroffene Arbeitnehmerin namentlich aufgeführt.

7

Dieselben Vertragsparteien schlossen am 18./20./23. Juni 2008 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 2008), in dem die Beklagte als „ADG“ und die KLS FM GmbH als „FMG“ bezeichnet ist. Dort heißt es:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstands der von der Ausgliederung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der AKS bzw. der ADG übernommen werden, wird in Ergänzung zu dem betreffenden Interessenausgleich folgender

        

Personalüberleitungsvertrag

        

vereinbart.

        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

        

Der Bereich ‚Reinigung Klinikum L‘ wird im Wege des Teilbetriebsübergangs in die ADG verlagert.

        

2.    

        

Die Bereiche ‚Reinigung Klinikum S und ‚Technik S‘ sowie ‚Technik L‘ inklusive Gärtner werden im Wege des Teilbetriebsübergangs in die AKS verlagert.

        

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffener Arbeitnehmer, die in der Anlage zum Interessenausgleich namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613 a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die AKS bzw. ADG über.

        

3.    

        

Die betroffenen Arbeitnehmer wechseln mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis in die jeweils übernehmende Gesellschaft. Damit gehen einzelvertragliche Regelungen, Gesamtzusagen und betriebliche Übungen über.

        

4.    

        

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die Mitarbeiter der Bereiche ‚Technik‘, die in die AKS wechseln, weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für die Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

…       

        

6.    

        

Betriebsvereinbarungen der FMG werden von ADG vollumfänglich anerkannt und angewandt. Dazu gehört auch der Personalüberleitungsvertrag von den Kreiskliniken L-S an die FMG.

        

…       

        

§ 3     

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrags/ Schlussbestimmungen

        

Jedem betroffenen Arbeitnehmer wird ein Exemplar dieses Vertrags vor Betriebsübergang rechtzeitig ausgehändigt. Ein weiteres Exemplar dieses Vertrags wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung des Arbeitnehmers hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrags.“

8

Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 ging der Bereich „Reinigung Klinikum L“, dem auch die Klägerin namentlich zugeordnet war, auf die Beklagte über.

9

Die Beklagte wandte auf das nunmehr mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis weiterhin die Vorschriften des BMT-G II an.

10

In den Jahren 2007 bis 2009 fanden Tarifverhandlungen über den Abschluss eines Konzerntarifvertrags statt. Die Gewerkschaft ver.di forderte im Ergebnis erfolglos den Abschluss eines Tarifvertrags auf Basis des TVöD, der für alle A Kliniken gelten sollte.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auf ihr Arbeitsverhältnis seien der TVöD und der TVÜ-VKA in der jeweiligen Fassung anwendbar. Der PÜV 1997 habe den Arbeitnehmern die Wahlmöglichkeit zwischen der statischen und der dynamischen Weitergeltung des BMT-G II eingeräumt. Durch Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der KLS FM GmbH habe sie die dynamische Fortgeltung gewählt. Sie habe ihr Recht, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA zu berufen, nicht verwirkt. Ihre Untätigkeit in den Jahren 2007 bis 2009 sei darauf zurückzuführen, dass sie das Ergebnis der Tarifvertragsverhandlungen abgewartet habe.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis seit dem 1. Juli 2008 die Vorschriften des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung finden.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Folglich komme nach Wegfall der Tarifgebundenheit durch den Übergang von der KLS GmbH auf die KLS FM GmbH im Jahre 1997 nur der BMT-G II zur Anwendung. Der PÜV 1997 habe lediglich den Besitzstand der Gleichstellungsabrede wahren sollen. Eine dynamische Tarifanwendung hätten die Arbeitsvertragsparteien nicht - auch nicht konkludent - vereinbart. Ein etwaiges Wahlrecht habe die Klägerin nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, ausgeübt. Der PÜV 1997 stelle damit einen Vertrag zu Lasten Dritter dar und verstoße überdies gegen das Gebot der Rechtsquellenklarheit. Die vorübergehende Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bis zum Jahr 2003 sei nicht als Angebot auf eine dauerhafte dynamische Tarifanwendung zu verstehen. Die Annahme der Leistungen sei allenfalls als Einverständnis mit der jeweiligen Gehaltserhöhung zu verstehen gewesen. Ferner verstoße die Annahme eines Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel gegen Unionsrecht, namentlich Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (RL 2001/23/EG) iVm. Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Vorsorglich hat sie sich auf die tariflichen Ausschlussfristen, Verjährung und Verwirkung berufen.

14

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) - sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Anwendung von Tarifverträgen aufgrund einer - dynamischen - Bezugnahmeklausel nach einem Betriebsübergang entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - verneint.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

16

A. Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die gerichtliche Entscheidung kann der Streit der Parteien über die - dynamische - Anwendbarkeit des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien im Umfang des gestellten Antrags geklärt werden (zu diesem Erfordernis BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN).

17

B. Die Klage ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD und der TVÜ-VKA in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung finden.

18

I. Bereits vor dem Betriebs(teil)übergang auf die Beklagte am 1. Juli 2008 fanden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen sowie der TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung.

19

1. Nach dem Arbeitsvertrag vom 19. März 1986 richtete sich das Arbeitsverhältnis der damaligen Vertragsparteien nach den Vorschriften des BMT-G II „und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen“. Bei dieser Bezugnahmeregelung handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

20

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel bezeichneten Tarifvertrag - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - diese Klauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, auch ohne dass dies im Wortlaut der Vereinbarung irgendeinen Niederschlag hätte finden müssen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Verbindlichkeit für die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten (vgl. nur BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9). Danach reichte die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags nur so weit wie die normative Geltung im Arbeitsverhältnis eines tarifgebundenen Arbeitnehmers. Sie endete daher dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Gleiches galt für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. Ab diesem Zeitpunkt waren die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

Diese Auslegungsregel hält der Senat seit 2007 nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 18, BAGE 138, 269; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 45 ff., BAGE 122, 74).

22

b) Da die im Arbeitsvertrag der Klägerin enthaltene Verweisungsklausel im Jahr 1986 vereinbart worden ist und die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war, kam für dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach handelte es sich bei der Bezugnahmeklausel - ursprünglich - um eine Gleichstellungsabrede. Sie verwies auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, die für die damalige Arbeitgeberin normativ galten. Die - dynamische - Bezugnahme stand damit unter der auflösenden Bedingung ihrer fortbestehenden Tarifgebundenheit.

23

2. Anlässlich der Ausgliederung des Wirtschafts- und Versorgungsbereichs der Klinik auf die - später als KLS FM GmbH firmierende - Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 31. Dezember 1997 hat diese mit der Klägerin vereinbart, dass der BMT-G II einschließlich der ihn ersetzenden Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis weiterhin dynamisch anwendbar sein sollte.

24

a) In der Übergabe des Personalüberleitungsvertrags im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die - spätere - KLS FM GmbH liegt das Angebot der Betriebsübernehmerin, die in diesem Schriftstück enthaltenen Regelungen über die auch künftige dynamische Anwendbarkeit des BMT-G II zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses zu machen.

25

aa) Der Zweck des PÜV 1997 war ausweislich der Präambel die „Absicherung des Besitzstandes“ für die Arbeitnehmer der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Dieser Regelungsgehalt wurde durch § 2 Abs. 3 PÜV 1997 für die Arbeiter und Arbeiterinnen dahingehend spezifiziert, dass für sie - wie im bisherigen Arbeitsverhältnis - weiterhin der BMT-G II dynamisch anwendbar sein sollte.

26

bb) Die Klägerin durfte insoweit auch von einem auf eine konstitutive einzelvertragliche Vereinbarung gerichteten Rechtsbindungswillen der KLS FM GmbH ausgehen.

27

(1) § 2 Abs. 3 PÜV 1997 enthält eine Verpflichtung der KLS FM GmbH, auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter auch weiterhin die Regelungen des BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 PÜV 1997 war jedem betroffenen Mitarbeiter ein Exemplar des Vertrags rechtzeitig zum Stichtag, dh. mit Übergang des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Gem. § 10 Abs. 2 PÜV 1997 sollten die jeweils auf den Mitarbeiter zutreffenden Vorschriften, dh. insbesondere die Verweisung auf den BMT-G II oder auf den BAT, unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung Bestandteil des Arbeitsvertrags werden.

28

Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass die von der KLS FM GmbH eingegangene Verpflichtung zur weiteren Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht nur gegenüber den anderen Parteien des PÜV 1997, sondern auch und gerade unmittelbar gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertraglich wirksam werden sollte, sofern diese zustimmen. Auch die Beklagte selbst hat dies letztlich in beiden Instanzen eingeräumt, indem sie es beispielsweise in der Berufungsbegründung als unstreitig bezeichnete, „dass die Aushändigung des Personalüberleitungsvertrages 1997 als Angebot zur Weiterführung des BAT/BMT-GII“ zu werten war und entsprechend auch praktisch durchgeführt wurde, wobei sich nach ihrer Auffassung die Dynamik jedoch nicht auf den TVöD und den TVÜ-VKA erstrecken sollte.

29

Auf die Frage, welche Rechtsqualität dem PÜV 1997 beizumessen (zB Vertrag zu Gunsten Dritter) und ob dieser wirksam zustande gekommen ist (insbes. betr. die hinreichende „Rechtsquellenklarheit“), kommt es daher nicht an. Er dient insoweit lediglich der Dokumentation des Inhalts der Willenserklärung und des hierauf bezogenen Rechtsbindungswillens der KLS FM GmbH gegenüber der Klägerin.

30

(2) Der in der Übergabe des PÜV 1997 im Zusammenhang mit seinen einzelnen Regelungen zum Ausdruck kommende Rechtsbindungswille der KLS FM GmbH bestand auch gegenüber der Klägerin. Diese war vom Anwendungsbereich des PÜV 1997 erfasst. Sie gehörte zum Bereich der Wäscheversorgung und war in der Anlage 2 zum PÜV 1997 namentlich aufgeführt.

31

cc) Der Antrag der KLS FM GmbH an die Klägerin erfolgte ohne die auflösende Bedingung ihrer eigenen Tarifgebundenheit im Sinne einer Gleichstellungsabrede. Der Antrag ist deshalb schon nach der alten Rechtsprechung des Senats zur Gleichstellungsabrede wie bei jedem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber auch schon vor dem 1. Januar 2002 nach seinem Wortlaut und dem Empfängerverständnis als „unbedingte“ dynamische Verweisung auszulegen.

32

Demgegenüber ist die Erwägung, der PÜV 1997 habe lediglich - statische - bestandsschützende Wirkung entfalten sollen, nicht durchgreifend. Zum einen hätte der PÜV 1997 - ungeachtet seiner Rechtsqualität - dann insoweit keinerlei eigenständige Bedeutung gehabt, da er sich bei dieser Auslegung auf die bloße Beschreibung der Rechtswirkungen des § 613a Abs. 1 BGB iVm. § 324 UmwG beschränkt hätte. Zum andern war die KLS FM GmbH zu keinem Zeitpunkt tarifgebunden. Wollte man die von der Revision vertretene Auslegung des Antrags zugrunde legen, hätte man eine ausdrückliche Vereinbarung unter eine auflösende Bedingung gestellt, die gar nicht erst zum Entstehen der Vereinbarung geführt hätte und - bildlich - schon vor dem Antrag „eingetreten“ war.

33

b) Die Klägerin hat den so verstandenen Antrag angenommen.

34

aa) Die Annahme eines Antrags ist eine einseitige Willenserklärung, die unter den Voraussetzungen des § 151 BGB nicht empfangsbedürftig ist. Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Antragende auf sie verzichtet hat. Im Streitfall hat die KLS FM GmbH auf die Erklärung der Annahme durch die Arbeitnehmer - so auch der Klägerin - verzichtet. Sie hat insbesondere weder eine Unterzeichnung der neuen Vertragsbedingungen verlangt noch hat sie ersichtlich in anderer Weise zum Ausdruck gebracht, sämtliche Arbeitnehmer müssten die nach § 10 Abs. 2 PÜV 1997 erforderliche Zustimmung ausdrücklich oder gar schriftlich erteilen.

35

bb) Das Landesarbeitsgericht ist ohne revisiblen Rechtsfehler zu der Auffassung gelangt, die Klägerin habe das Angebot einer unbedingten dynamischen Bezugnahme auf den BMT-G II konkludent angenommen.

36

(1) Allerdings liegt die Annahmehandlung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits in dem unterbliebenen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Darin kommt lediglich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis als solches mit der KLS FM GmbH fortsetzen zu wollen. Über die Vertragsbedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis fortgeführt werden soll, sagt dieses Verhalten nichts aus.

37

(2) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch angenommen, durch die widerspruchslose Entgegennahme der durch die KLS FM GmbH bis zum Jahr 2003 weitergegebenen Tariferhöhungen habe die Klägerin das Angebot konkludent angenommen. Ein revisibler Rechtsfehler ist insoweit nicht zu erkennen (zu der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung atypischer Willenserklärungen vgl. nur BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 138, 48). Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet. In dem Verhalten der Klägerin lag nicht nur ein - als Annahmeerklärung regelmäßig nicht ausreichendes - Schweigen auf den Antrag, sondern die tatsächliche Durchführung der geänderten Vertragsbedingungen (vgl. BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 27). Angesichts der von der KLS FM GmbH ausdrücklich unterbreiteten Offerte einer dynamischen Verweisung auf einen für sie normativ nicht geltenden Tarifvertrag liegt in der praktischen Umsetzung sowohl der zu dieser Zeit geltenden Tarifbestimmungen als auch gerade ihrer dynamischen Änderungen „in der Zeit“ nicht nur die Entgegennahme der einzelnen konkreten Tariferhöhung, sondern gleichzeitig die Annahme der angetragenen - dynamischen - Verweisungsklausel durch die Klägerin. Das Verhalten der Arbeitgeberin musste sich ihr gerade als Erfüllung der hieraus erwachsenen und schriftlich dokumentierten vertraglichen Verpflichtungen darstellen. Dies hat im Streitfall überdies deshalb eine besondere Bedeutung, weil die erste der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Arbeitgeberin weitergegebenen Tarifänderungen nach dem Betriebsübergang vom 31. Dezember 1997 bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1998 eintrat. Zu diesem Zeitpunkt trat eine Erhöhung der Monatstabellenlöhne durch den den BMT-G II ergänzenden Monatslohntarifvertrag Nr. 25 vom 5. Mai 1998 rückwirkend in Kraft.

38

(3) Die Annahme durch die Klägerin ist auch rechtzeitig erfolgt. Nach § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Im Streitfall ergeben sich weder aus dem PÜV 1997 noch aus dem erkennbaren Verhalten der KLS FM GmbH Anhaltspunkte für eine Annahmefrist. Aus den Umständen folgt, dass der Antrag jedenfalls so lange aufrechterhalten bleiben sollte, bis die Vertragsänderung praktische Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben würde. Mit der tatsächlichen Durchführung hat die Klägerin den Antrag rechtzeitig konkludent angenommen.

39

c) Diese Arbeitsbedingungen sind entgegen der Revision vor dem weiteren Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte im Jahr 2008 nicht etwa konkludent dahingehend abgeändert worden, dass der BMT-G II nur noch mit seinem Stand vom Jahr 2003 anwendbar sein sollte. Vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Angebots der Arbeitgeberin in § 2 Abs. 3 PÜV 1997 zur Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahmeklausel und dessen Annahme durch die Klägerin konnte diese die bloße unterbliebene Weitergabe der Dynamik ab 2004, dh. ein lediglich faktisches Verhalten mangels abweichender Anhaltspunkte nur als nicht vertragsgemäße Erfüllung der arbeitgeberseitigen Leistungspflicht, nicht hingegen als Antrag auf Vertragsänderung verstehen. Dies gilt umso mehr, als die - geleistete - Entgelterhöhung im Jahr 2003 auf demselben Entgelttarifvertrag beruhte wie die - nicht geleisteten - Entgelterhöhungen des Jahres 2004. In § 4 des Monatslohntarifvertrags Nr. 28 zum BMT-G vom 31. Januar 2003 (MLT Nr. 28) sind stufenweise drei Lohnerhöhungen vorgesehen, die ab 1. Januar 2003, ab 1. Januar 2004 und ab 1. Mai 2004 erfolgen sollten. Die Umsetzung der ersten Stufe durch die KLS FM GmbH reihte sich aus verständiger Arbeitnehmersicht in die auch bislang erfolgten Entgeltanpassungen an die Tarifentwicklung ein und stellte damit eine weitere Erfüllung der dynamischen Verpflichtungen der Arbeitgeberin dar. Dass die auf derselben Tarifregelung beruhenden weiteren Entgelterhöhungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 von der Arbeitgeberin nicht mehr weitergegeben worden sind, konnte unter diesen Umständen nicht als eigenständiges Vertragsangebot gewertet werden, sondern lediglich als „Abbruch“ der bereits teilweise erfüllten Verpflichtung aus dem MLT Nr. 28 und damit als schlichte Nichterfüllung.

40

d) Die zwischen der Klägerin und der KLS FM GmbH vereinbarte dynamische Verweisungsklausel erfasst auch den TVöD und den TVÜ-VKA. Bei dem TVöD handelt es sich um einen den BMT-G II ersetzenden Tarifvertrag iSd. vertraglichen Bezugnahmeklausel. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 4 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD/VKA den BMT-G II(vgl. zur entsprechenden Ersetzung des BAT ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22, BAGE 130, 286). Dabei bedarf es keines Rückgriffs auf die - hier tatsächlich fehlende - Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien für eine zwingende Auslegung der Verweisungsklausel. Diese steht einer solchen Auslegung, die im Einzelfall häufig naheliegen wird und auch im Streitfall zutreffend ist, allerdings auch nicht entgegen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es deshalb bereits an der Voraussetzung einer Regelungslücke, so dass nicht entschieden werden muss, ob nicht auch hier dasselbe Auslegungsergebnis einträte.

41

II. Die damit zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisungsklausel ist durch die Ausgliederung und Übertragung des Bereichs „Reinigung Klinikum L“ zum 1. Juli 2008 unverändert auf die Beklagte übergegangen.

42

1. Gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen, also auch die, ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrags zu machen, selbst gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer abgegeben (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23, BAGE 132, 169; 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 15, BAGE 124, 345). Nach § 324 UmwG bleibt § 613a BGB durch die Wirkung einer Spaltung unberührt. Dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen von § 613a Abs. 1 BGB vorliegen, wird von den Vorinstanzen und den Parteien zu Recht nicht angezweifelt.

43

2. Damit ist auch die zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin vertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf den BMT-G II bzw. den TVöD und den TVÜ-VKA Bestandteil des ab dem 1. Juli 2008 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Eine dynamische Bezugnahmeklausel geht als vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Arbeitnehmer regelmäßig auf das nach dem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Aufrechterhaltung der Dynamik über(st. Rspr., ausf. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 14 ff., BAGE 132, 169).

44

3. Diesem Ergebnis steht Unionsrecht nicht entgegen. Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC.

45

a) Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt]) hat der EuGH auf Vorlage des erkennenden Senats (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) -) entschieden, dass die RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

46

b) Solche sowohl einvernehmlichen als auch einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sieht die deutsche Rechtsordnung vor.

47

aa) Eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist - wie in jedem Arbeitsverhältnis - grundsätzlich auch nach einem Betriebsübergang möglich.

48

(1) § 613a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang die vertraglichen Arbeitsbedingungen einvernehmlich abzuändern. So kann auch einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Dynamik der Bezugnahmeklausel abbedungen werden. Insbesondere bedarf eine nach dem Betriebsübergang getroffene Vergütungsvereinbarung nicht wegen möglicher Umgehung des § 613a BGB eines sie rechtfertigenden Sachgrundes(st. Rspr. seit BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 12, BAGE 124, 345). Soweit das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Sperrfrist von einem Jahr für die - auch einvernehmliche - Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorsieht, gilt dies ausschließlich für diejenigen Rechte und Pflichten, die vor dem Betriebsübergang zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund eines normativ geltenden Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung verbindlich waren.

49

(2) Die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsänderung hat entgegen der Auffassung der Revision auch nicht nur theoretische Bedeutung. In der Praxis nimmt nicht selten ein Großteil der Arbeitnehmer einen aus deren Sicht nachvollziehbar begründeten - kollektiven - Antrag auf Vertragsänderung an. So haben etwa in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2008 (- 2 AZR 139/07 -) zugrunde liegenden Fall 439 der 447 betroffenen Arbeitnehmer und damit 97 vH der Belegschaft das vom Arbeitgeber unterbreitete Änderungsangebot mit dem Ziel der Realisierung eines Sanierungskonzepts angenommen (ähnlich bei BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 -: 96 vH der Arbeitnehmer für die Anhebung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich). Auch in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juni 2017 (- 1 ABR 32/15 -) zugrunde liegenden Sachverhalt hatten 96 vH der Arbeitnehmer einer Änderungsvereinbarung ua. mit einem Verzicht auf Leistungsentgeltanteile und Sonderzahlungen sowie einer Reduzierung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gegen einen befristeten Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen zugestimmt.

50

bb) Auch die vom EuGH weiter geforderte Möglichkeit einer einseitigen Arbeitsvertragsänderung ist gesetzlich vorgesehen. Der Arbeitgeber kann gem. § 2 KSchG einzelne Arbeitsbedingungen durch die Erklärung einer Änderungskündigung abändern. Dass eine solche im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss (§ 1 Abs. 2 KSchG), ist mit der vom EuGH in den Rechtssachen Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt und Alemo-Herron ua. (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - und 18. Juli 2013 - C-426/11 -) vorgenommenen Auslegung der RL 2001/23/EG vereinbar.

51

(1) Der EuGH verlangt, der Erwerber müsse in der Lage sein, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit „erforderlichen“ Anpassungen vorzunehmen (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22). Damit unterliegen die vom Erwerber angestrebten Änderungen jedenfalls nicht seiner einseitigen freien Entscheidung, sondern müssen dem Kriterium der Erforderlichkeit genügen (so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Klein jurisPR-ArbR 20/2017 Anm. 1, D II). Hierzu hat der EuGH dem Unionsrecht keine bestimmten materiell-rechtlichen Kriterien entnommen, denen die Anpassungsmöglichkeit nach nationalem Recht genügen müsse. Für den Streitfall hat der Gerichtshof zudem ausdrücklich angenommen, die vom vorlegenden Senat dargestellte einseitige Änderungsmöglichkeit entspreche den durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gesetzten Anforderungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 25). Es sei nicht seine Sache, über das Vorliegen oder die Wirksamkeit der betreffenden Anpassungsmöglichkeiten zu entscheiden. Für die Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung des nationalen Rechts sei das nationale Gericht allein zuständig (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 27 f.).

52

(2) Die gesetzlichen Vorgaben für die Änderungskündigung genügen diesen Anforderungen.

53

(a) Die Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist eine einseitige Anpassungsmöglichkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nur dadurch zustande kommen kann, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers annimmt (vgl. dazu Sagan ZESAR 2016, 116, 120). Gleichwohl ist das Änderungsangebot stets mit der einseitigen Willenserklärung einer Beendigungskündigung verbunden. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 30; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN), haben die Gerichte für Arbeitssachen lediglich zu prüfen, ob sich die angebotenen Änderungen nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels „erforderlich“ ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN). Danach kann sich der Arbeitgeber - sofern die angestrebten Änderungen sozial gerechtfertigt sind - auch einseitig von den nicht gewünschten Arbeitsbedingungen lösen. Dass es dem Arbeitnehmer nach dem nationalen Recht unbenommen ist, das Arbeitsverhältnis für den Fall der sozialen Rechtfertigung der vom Arbeitgeber angebotenen Änderung gar nicht fortsetzen zu wollen, ist unerheblich. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nur unter den von ihm gewünschten geänderten Bedingungen fortzusetzen, besteht nicht. Der Arbeitnehmer könnte für den Fall, dass ihm die geänderten Arbeitsbedingungen nicht (mehr) zusagen, jederzeit seinerseits eine Eigenkündigung erklären.

54

(b) Der Umstand, dass die Anpassungsmöglichkeit der Änderungskündigung nach dem nationalen Recht - sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist - an die gesetzlich normierte Voraussetzung der sozialen Rechtfertigung geknüpft ist, steht den Vorgaben des EuGH ebenso wenig entgegen.

55

(aa) § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG ermöglicht eine Anpassung von Arbeitsbedingungen durch eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Deren Wirksamkeit ist jedoch an bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft, insbesondere das Vorliegen von Umständen, die die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen als „sozial gerechtfertigt“ erscheinen lassen. In der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung insbesondere des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit darauf abgestellt worden, ob sich das Änderungsangebot auf die für die Fortsetzung der Tätigkeit des Arbeitgebers „erforderlichen“ Anpassungen beschränkt (vgl. BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - BAGE 132, 78).

56

(bb) Auch der EuGH verlangt für einen Betriebserwerber keine voraussetzungsfreien Änderungsmöglichkeiten, sondern lediglich die Möglichkeit von „erforderlichen“ Anpassungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22; 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159). Ob und inwieweit sich diese beiden, zumindest im Wortlaut gleichlautenden Tatbestandsvoraussetzungen decken oder hier ggf. eine unterschiedliche Beurteilung angezeigt ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es genügt insoweit die Feststellung, dass für die Berücksichtigung des Merkmals der „Erforderlichkeit“ bei der Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen eines Änderungskündigungsschutzverfahrens ausreichend Raum besteht.

57

(cc) Soweit teilweise eingewandt wird, eine Änderungskündigung zum Zwecke der Beseitigung der Dynamik sei aussichtslos bzw. nur „theoretisch“ möglich, wie sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung zeige (vgl. zB Naber/Krois BB 2015, 1600; dies. ZESAR 2014, 121, 127; Latzel RdA 2014, 110, 116; Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15; Sagan ZESAR 2016, 116, 120; Haußmann ArbRAktuell 2017, 242), greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil es bei der Entdynamisierung der Verweisungsklausel nicht um eine Entgeltabsenkung geht, sondern - abgesehen von sonstigen Tarifinhalten - um die Aufrechterhaltung des bisherigen Entgeltniveaus. Die oa. Literaturauffassung übersieht darüber hinaus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst eine Entgeltabsenkung im Wege der Änderungskündigung möglich ist (sh. nur BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 - Rn. 18 ff.; 29. November 2007 - 2 AZR 789/06 - Rn. 13 ff.), an deren Wirksamkeit lediglich höhere Anforderungen gestellt werden, da sie einen nachhaltigen Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeutet (BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 371/94 - BAGE 79, 159; 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 -).

58

(3) Es ist auch ansonsten kein rechtlich begründeter Anlass dafür ersichtlich, einen Betriebsübernehmer hinsichtlich seiner Bindung an Arbeitsverträge im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zu privilegieren. Einem Betriebsübernehmer steht es frei, den Inhalt der einzelvertraglichen Abreden der von ihm zu übernehmenden Arbeitnehmer - ebenso wie weitere vertragliche Bindungen des Veräußerers, zB Leasing-Verträge, Kundenverträge, Lieferantenbedingungen usw. - zu prüfen und bei dem Aushandeln seiner Gegenleistung angemessen zu berücksichtigen. Das rechtliche Instrument der Änderungskündigung dient dabei nicht der nachträglichen Korrektur einer unzureichenden Prüfung. Ließe man eine solche Korrektur ohne die Maßgabe der dafür nach § 2 KSchG vorgesehenen materiell-rechtlichen Kriterien zu, wäre es dem Erwerber eines Betriebs möglich, sich von bestimmten, von ihm für nachteilig gehaltenen vertraglichen Vereinbarungen nach anderen Kriterien zu lösen als sonstigen Arbeitgebern in einem laufenden Arbeitsverhältnis. Ob - ungeachtet des Verweises des EuGH auf die alleinige Kompetenz der nationalen Gerichte zur Auslegung des nationalen Rechts - und ggf. welche Kriterien bei der rechtlichen Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen des Maßstabs der sozialen Rechtfertigung nach § 2 KSchG aus dem Unionsrecht zu berücksichtigen sein könnten(vgl. dazu etwa Jacobs/Frieling EuZW 2013, 737, 740 mwN), war vorliegend nicht zu beurteilen. Die Beklagte hat keine Änderungskündigung erklärt. Schon aus diesem Grund kommt entgegen der Revision eine Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.

59

(4) Der gelegentlich vorgebrachte und von der Revision aufgenommene Hinweis auf ein mögliches Vereinheitlichungsinteresse des Betriebserwerbers (vgl. etwa Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15) ist schon deshalb unbeachtlich, weil es im Entscheidungsfall nicht um die Anwendbarkeit eines eigenen Tarifvertrags des Erwerbers, sondern lediglich um die Frage der Dynamik des vereinbarten Tarifvertrags geht. Dass der TVöD und der TVÜ-VKA als solche den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien bestimmen, ist unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch in den von der Revision angeführten Urteilen des EuGH (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 27; 9. März 2006 - C-499/04 - [Werhof]) war weder eine absenkende Angleichung der Entgelthöhe noch die Anwendbarkeit eines anderen Tarifvertrags Gegenstand der Entscheidung; in beiden Fällen blieb es - bei „Obsiegen“ des Arbeitgebers - im Ergebnis bei der statischen Anwendung des „unternehmensfremden“ Tarifvertrags.

60

4. Die Annahme des Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel verletzt die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, berühren die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind. Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21, BAGE 132, 169; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 17 ff., BAGE 128, 185). Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

61

III. Die Parteien des Rechtsstreits haben auch keine von dieser Bezugnahmeregelung abweichende oder diese abändernde Vereinbarung getroffen.

62

1. Der PÜV 2008, der auch das Arbeitsverhältnis der Parteien erfasste, sieht in § 1 Abs. 3 vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten, insbesondere aus einzelvertraglichen Regelungen, Gesamtzusagen und betrieblichen Übungen auf die übernehmende Gesellschaft übergehen. Darin liegt keine abweichende Vereinbarung der Rechte und Pflichten, sondern lediglich eine Bestätigung der ohnehin geltenden gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

63

2. Umgekehrt sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass - abweichend von der bislang bestehenden und nunmehr in gleicher Weise auf die Beklagte übergegangene Vereinbarung - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nur eine (statische) Bezugnahme auf den BMT-G II gewollt war. Soweit die Revision sich für die gegenteilige Annahme auf § 1 Abs. 4 PÜV 2008 beruft, bleibt sie erfolglos. Die Klägerin konnte diese Regelung nicht als gesonderten Antrag der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB auffassen, erst recht nicht auf einvernehmliche Änderung des Bezugsobjekts ihrer vereinbarten und gelebten dynamischen Verweisungsklausel. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin nicht zu den dort allein angesprochenen Mitarbeitern der Bereiche „Technik“ gehört.

64

IV. Das Recht der Klägerin, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD sowie des TVÜ-VKA zu berufen, ist weder verfallen noch verjährt oder verwirkt.

65

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ein Arbeitsverhältnis als solche weder den tarifvertraglichen Ausschlussfristen noch der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Die Anwendbarkeit des Tarifvertrags ist ein „Stammrecht“, welches als solches an keinen Fälligkeitszeitpunkt geknüpft ist (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 416/03 - zu II 1 der Gründe). Die Revision hat insoweit auch keine Rügen erhoben.

66

2. Das Recht der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

67

a) Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (st. Rspr., sh. nur BAG 7. November 2001 - 4 AZR 724/00 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295). Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

68

b) Ob und unter welchen Umständen die Geltendmachung eines bestimmten Inhalts eines Arbeitsverhältnisses als solche überhaupt der Verwirkung unterliegen kann - was wegen der rechtsgeschäftlichen Möglichkeit einer auch konkludenten Änderung des Vertragsinhalts fraglich erscheint -, kann hier dahinstehen. Die Beklagte hat lediglich auf den verstrichenen Zeitraum - sieben Jahre zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und einer Geltendmachung der Klägerin - verwiesen. Ob damit das erforderliche Zeitmoment für eine Verwirkung schon erfüllt ist, kann gleichfalls offenbleiben. Der bloße Zeitablauf allein führt nicht zu einer Verwirkung. Für das Vorliegen des notwendigen Umstandsmoments hat die Beklagte über den bloßen Zeitablauf hinaus nichts vorgetragen. Entsprechende Umstände sind auch nicht ersichtlich.

69

C. Die Kosten der Revision sind von der Beklagten zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Gey-Rommel    

        

    Krüger    

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2013 - 8 Sa 512/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (im Folgenden TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden TVÜ-VKA) auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde zum 7. April 1986 vom Kreis O, der Träger des Dkrankenhauses in L und Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, als Stationshilfe für dieses Krankenhaus eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 19. März 1986 heißt es:

        

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-GII) vom 31.01.1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung, sofern beiderseitige Tarifbindung vorliegt.“

3

Ende 1995 wurden das Dkrankenhaus und das gleichfalls vom Kreis O betriebene Kreiskrankenhaus S nach §§ 168 ff. UmwG auf die Kreiskliniken L-S GmbH (im Folgenden KLS GmbH) ausgegliedert, die gleichfalls Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war.

4

Die KLS GmbH übertrug ihren Wirtschafts- und Versorgungsdienst mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 auf die Kreiskliniken L-S Service-GmbH i.G. (im Folgenden KLS Service-GmbH i.G.). Beide Gesellschaften sowie der Betriebsrat der KLS GmbH schlossen am 4. November 1997 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 1997), der auszugsweise wie folgt lautete:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstandes der von der Ausgliederung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sämtlich von der Service-GmbH übernommen werden, wird folgender

        

PERSONALÜBERLEITUNGSVERTRAG

        

vereinbart:

                 
        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

Die Bereiche von KLS, in denen bislang Aufgaben des Wirtschafts- und Versorgungsdienstes wahrgenommen worden sind und die sich im einzelnen aus Anlage 1 ergeben, werden am Stichtag in die Service-GmbH ausgegliedert.

        

2.    

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Anlage 2 namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Service-GmbH über.

        

…       

        

§ 2     

        

Arbeitsverhältnisse und Besitzstand

        

1.    

Die Service-GmbH tritt in die am Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisse einschließlich allen daraus erworbenen Rechten und Pflichten mit den in der Anlage 2 aufgeführten betroffenen KLS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auf die Service-GmbH übergehen, ein.

        

2.    

Für die Angestellten gilt weiterhin der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (‚BAT‘) vom 23.02.1961 in seiner jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BAT ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

3.    

Für die Arbeiter/Arbeiterinnen gilt weiterhin der Bundesmanteltarifvertrag (‚BMT-G II‘) für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.01.1962 in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BMT-G II ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

…       

        

7.    

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die in der Anlage 2 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für diese Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

...     

        

§ 10   

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrages

        

1.    

Jeder betroffenen Mitarbeiterin und jedem betroffenen Mitarbeiter wird ein Exemplar dieses Vertrages rechtzeitig zum Stichtag ausgehändigt.

        

2.    

Ein weiteres Exemplar dieses Vertrages wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrages.“

5

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die dem Bereich Wäscheversorgung (Anlage 1 zum PÜV 1997) angehörte und in der Anlage 2 des PÜV 1997 namentlich aufgeführt war, ging am 31. Dezember 1997 auf die KLS Service-GmbH i.G. über. Der Personalüberleitungsvertrag wurde ihr übergeben. Die später in KLS F M GmbH (im Folgenden KLS FM GmbH) umfirmierte Arbeitgeberin, die zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, erbrachte bis zum Jahr 2003 alle tariflichen Leistungen nach dem BMT-G II und gab insbesondere die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen an die Klägerin weiter. Die tariflichen Entgeltsteigerungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 gab sie nicht weiter, wandte jedoch nach wie vor die Regelungen des BMT-G II an. Hieran änderte sich auch durch das Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 nichts.

6

Mit Blick auf eine weitere geplante Umstrukturierung des Unternehmens schlossen die KLS FM GmbH, der bei ihr gebildete Betriebsrat, die A Klinik S GmbH (im Folgenden AKS) und die Beklagte am 18. Juni 2008 einen Interessenausgleich, wonach die KLS FM GmbH das Unternehmen aufspalten und bestimmte Betriebsteile in andere Gesellschaften innerhalb des A Konzerns ausgliedern werde. Die Klägerin ist in der Anlage zum Interessenausgleich als hiervon betroffene Arbeitnehmerin namentlich aufgeführt.

7

Dieselben Vertragsparteien schlossen am 18./20./23. Juni 2008 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 2008), in dem die Beklagte als „ADG“ und die KLS FM GmbH als „FMG“ bezeichnet ist. Dort heißt es:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstands der von der Ausgliederung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der AKS bzw. der ADG übernommen werden, wird in Ergänzung zu dem betreffenden Interessenausgleich folgender

        

Personalüberleitungsvertrag

        

vereinbart.

        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

        

Der Bereich ‚Reinigung Klinikum L‘ wird im Wege des Teilbetriebsübergangs in die ADG verlagert.

        

2.    

        

Die Bereiche ‚Reinigung Klinikum S und ‚Technik S‘ sowie ‚Technik L‘ inklusive Gärtner werden im Wege des Teilbetriebsübergangs in die AKS verlagert.

        

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffener Arbeitnehmer, die in der Anlage zum Interessenausgleich namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613 a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die AKS bzw. ADG über.

        

3.    

        

Die betroffenen Arbeitnehmer wechseln mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis in die jeweils übernehmende Gesellschaft. Damit gehen einzelvertragliche Regelungen, Gesamtzusagen und betriebliche Übungen über.

        

4.    

        

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die Mitarbeiter der Bereiche ‚Technik‘, die in die AKS wechseln, weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für die Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

…       

        

6.    

        

Betriebsvereinbarungen der FMG werden von ADG vollumfänglich anerkannt und angewandt. Dazu gehört auch der Personalüberleitungsvertrag von den Kreiskliniken L-S an die FMG.

        

…       

        

§ 3     

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrags/ Schlussbestimmungen

        

Jedem betroffenen Arbeitnehmer wird ein Exemplar dieses Vertrags vor Betriebsübergang rechtzeitig ausgehändigt. Ein weiteres Exemplar dieses Vertrags wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung des Arbeitnehmers hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrags.“

8

Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 ging der Bereich „Reinigung Klinikum L“, dem auch die Klägerin namentlich zugeordnet war, auf die Beklagte über.

9

Die Beklagte wandte auf das nunmehr mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis weiterhin die Vorschriften des BMT-G II an.

10

In den Jahren 2007 bis 2009 fanden Tarifverhandlungen über den Abschluss eines Konzerntarifvertrags statt. Die Gewerkschaft ver.di forderte im Ergebnis erfolglos den Abschluss eines Tarifvertrags auf Basis des TVöD, der für alle A Kliniken gelten sollte.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auf ihr Arbeitsverhältnis seien der TVöD und der TVÜ-VKA in der jeweiligen Fassung anwendbar. Der PÜV 1997 habe den Arbeitnehmern die Wahlmöglichkeit zwischen der statischen und der dynamischen Weitergeltung des BMT-G II eingeräumt. Durch Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der KLS FM GmbH habe sie die dynamische Fortgeltung gewählt. Sie habe ihr Recht, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA zu berufen, nicht verwirkt. Ihre Untätigkeit in den Jahren 2007 bis 2009 sei darauf zurückzuführen, dass sie das Ergebnis der Tarifvertragsverhandlungen abgewartet habe.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis seit dem 1. Juli 2008 die Vorschriften des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung finden.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Folglich komme nach Wegfall der Tarifgebundenheit durch den Übergang von der KLS GmbH auf die KLS FM GmbH im Jahre 1997 nur der BMT-G II zur Anwendung. Der PÜV 1997 habe lediglich den Besitzstand der Gleichstellungsabrede wahren sollen. Eine dynamische Tarifanwendung hätten die Arbeitsvertragsparteien nicht - auch nicht konkludent - vereinbart. Ein etwaiges Wahlrecht habe die Klägerin nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, ausgeübt. Der PÜV 1997 stelle damit einen Vertrag zu Lasten Dritter dar und verstoße überdies gegen das Gebot der Rechtsquellenklarheit. Die vorübergehende Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bis zum Jahr 2003 sei nicht als Angebot auf eine dauerhafte dynamische Tarifanwendung zu verstehen. Die Annahme der Leistungen sei allenfalls als Einverständnis mit der jeweiligen Gehaltserhöhung zu verstehen gewesen. Ferner verstoße die Annahme eines Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel gegen Unionsrecht, namentlich Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (RL 2001/23/EG) iVm. Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Vorsorglich hat sie sich auf die tariflichen Ausschlussfristen, Verjährung und Verwirkung berufen.

14

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) - sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Anwendung von Tarifverträgen aufgrund einer - dynamischen - Bezugnahmeklausel nach einem Betriebsübergang entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - verneint.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

16

A. Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die gerichtliche Entscheidung kann der Streit der Parteien über die - dynamische - Anwendbarkeit des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien im Umfang des gestellten Antrags geklärt werden (zu diesem Erfordernis BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN).

17

B. Die Klage ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD und der TVÜ-VKA in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung finden.

18

I. Bereits vor dem Betriebs(teil)übergang auf die Beklagte am 1. Juli 2008 fanden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen sowie der TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung.

19

1. Nach dem Arbeitsvertrag vom 19. März 1986 richtete sich das Arbeitsverhältnis der damaligen Vertragsparteien nach den Vorschriften des BMT-G II „und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen“. Bei dieser Bezugnahmeregelung handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

20

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel bezeichneten Tarifvertrag - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - diese Klauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, auch ohne dass dies im Wortlaut der Vereinbarung irgendeinen Niederschlag hätte finden müssen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Verbindlichkeit für die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten (vgl. nur BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9). Danach reichte die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags nur so weit wie die normative Geltung im Arbeitsverhältnis eines tarifgebundenen Arbeitnehmers. Sie endete daher dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Gleiches galt für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. Ab diesem Zeitpunkt waren die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

Diese Auslegungsregel hält der Senat seit 2007 nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 18, BAGE 138, 269; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 45 ff., BAGE 122, 74).

22

b) Da die im Arbeitsvertrag der Klägerin enthaltene Verweisungsklausel im Jahr 1986 vereinbart worden ist und die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war, kam für dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach handelte es sich bei der Bezugnahmeklausel - ursprünglich - um eine Gleichstellungsabrede. Sie verwies auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, die für die damalige Arbeitgeberin normativ galten. Die - dynamische - Bezugnahme stand damit unter der auflösenden Bedingung ihrer fortbestehenden Tarifgebundenheit.

23

2. Anlässlich der Ausgliederung des Wirtschafts- und Versorgungsbereichs der Klinik auf die - später als KLS FM GmbH firmierende - Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 31. Dezember 1997 hat diese mit der Klägerin vereinbart, dass der BMT-G II einschließlich der ihn ersetzenden Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis weiterhin dynamisch anwendbar sein sollte.

24

a) In der Übergabe des Personalüberleitungsvertrags im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die - spätere - KLS FM GmbH liegt das Angebot der Betriebsübernehmerin, die in diesem Schriftstück enthaltenen Regelungen über die auch künftige dynamische Anwendbarkeit des BMT-G II zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses zu machen.

25

aa) Der Zweck des PÜV 1997 war ausweislich der Präambel die „Absicherung des Besitzstandes“ für die Arbeitnehmer der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Dieser Regelungsgehalt wurde durch § 2 Abs. 3 PÜV 1997 für die Arbeiter und Arbeiterinnen dahingehend spezifiziert, dass für sie - wie im bisherigen Arbeitsverhältnis - weiterhin der BMT-G II dynamisch anwendbar sein sollte.

26

bb) Die Klägerin durfte insoweit auch von einem auf eine konstitutive einzelvertragliche Vereinbarung gerichteten Rechtsbindungswillen der KLS FM GmbH ausgehen.

27

(1) § 2 Abs. 3 PÜV 1997 enthält eine Verpflichtung der KLS FM GmbH, auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter auch weiterhin die Regelungen des BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 PÜV 1997 war jedem betroffenen Mitarbeiter ein Exemplar des Vertrags rechtzeitig zum Stichtag, dh. mit Übergang des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Gem. § 10 Abs. 2 PÜV 1997 sollten die jeweils auf den Mitarbeiter zutreffenden Vorschriften, dh. insbesondere die Verweisung auf den BMT-G II oder auf den BAT, unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung Bestandteil des Arbeitsvertrags werden.

28

Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass die von der KLS FM GmbH eingegangene Verpflichtung zur weiteren Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht nur gegenüber den anderen Parteien des PÜV 1997, sondern auch und gerade unmittelbar gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertraglich wirksam werden sollte, sofern diese zustimmen. Auch die Beklagte selbst hat dies letztlich in beiden Instanzen eingeräumt, indem sie es beispielsweise in der Berufungsbegründung als unstreitig bezeichnete, „dass die Aushändigung des Personalüberleitungsvertrages 1997 als Angebot zur Weiterführung des BAT/BMT-GII“ zu werten war und entsprechend auch praktisch durchgeführt wurde, wobei sich nach ihrer Auffassung die Dynamik jedoch nicht auf den TVöD und den TVÜ-VKA erstrecken sollte.

29

Auf die Frage, welche Rechtsqualität dem PÜV 1997 beizumessen (zB Vertrag zu Gunsten Dritter) und ob dieser wirksam zustande gekommen ist (insbes. betr. die hinreichende „Rechtsquellenklarheit“), kommt es daher nicht an. Er dient insoweit lediglich der Dokumentation des Inhalts der Willenserklärung und des hierauf bezogenen Rechtsbindungswillens der KLS FM GmbH gegenüber der Klägerin.

30

(2) Der in der Übergabe des PÜV 1997 im Zusammenhang mit seinen einzelnen Regelungen zum Ausdruck kommende Rechtsbindungswille der KLS FM GmbH bestand auch gegenüber der Klägerin. Diese war vom Anwendungsbereich des PÜV 1997 erfasst. Sie gehörte zum Bereich der Wäscheversorgung und war in der Anlage 2 zum PÜV 1997 namentlich aufgeführt.

31

cc) Der Antrag der KLS FM GmbH an die Klägerin erfolgte ohne die auflösende Bedingung ihrer eigenen Tarifgebundenheit im Sinne einer Gleichstellungsabrede. Der Antrag ist deshalb schon nach der alten Rechtsprechung des Senats zur Gleichstellungsabrede wie bei jedem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber auch schon vor dem 1. Januar 2002 nach seinem Wortlaut und dem Empfängerverständnis als „unbedingte“ dynamische Verweisung auszulegen.

32

Demgegenüber ist die Erwägung, der PÜV 1997 habe lediglich - statische - bestandsschützende Wirkung entfalten sollen, nicht durchgreifend. Zum einen hätte der PÜV 1997 - ungeachtet seiner Rechtsqualität - dann insoweit keinerlei eigenständige Bedeutung gehabt, da er sich bei dieser Auslegung auf die bloße Beschreibung der Rechtswirkungen des § 613a Abs. 1 BGB iVm. § 324 UmwG beschränkt hätte. Zum andern war die KLS FM GmbH zu keinem Zeitpunkt tarifgebunden. Wollte man die von der Revision vertretene Auslegung des Antrags zugrunde legen, hätte man eine ausdrückliche Vereinbarung unter eine auflösende Bedingung gestellt, die gar nicht erst zum Entstehen der Vereinbarung geführt hätte und - bildlich - schon vor dem Antrag „eingetreten“ war.

33

b) Die Klägerin hat den so verstandenen Antrag angenommen.

34

aa) Die Annahme eines Antrags ist eine einseitige Willenserklärung, die unter den Voraussetzungen des § 151 BGB nicht empfangsbedürftig ist. Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Antragende auf sie verzichtet hat. Im Streitfall hat die KLS FM GmbH auf die Erklärung der Annahme durch die Arbeitnehmer - so auch der Klägerin - verzichtet. Sie hat insbesondere weder eine Unterzeichnung der neuen Vertragsbedingungen verlangt noch hat sie ersichtlich in anderer Weise zum Ausdruck gebracht, sämtliche Arbeitnehmer müssten die nach § 10 Abs. 2 PÜV 1997 erforderliche Zustimmung ausdrücklich oder gar schriftlich erteilen.

35

bb) Das Landesarbeitsgericht ist ohne revisiblen Rechtsfehler zu der Auffassung gelangt, die Klägerin habe das Angebot einer unbedingten dynamischen Bezugnahme auf den BMT-G II konkludent angenommen.

36

(1) Allerdings liegt die Annahmehandlung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits in dem unterbliebenen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Darin kommt lediglich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis als solches mit der KLS FM GmbH fortsetzen zu wollen. Über die Vertragsbedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis fortgeführt werden soll, sagt dieses Verhalten nichts aus.

37

(2) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch angenommen, durch die widerspruchslose Entgegennahme der durch die KLS FM GmbH bis zum Jahr 2003 weitergegebenen Tariferhöhungen habe die Klägerin das Angebot konkludent angenommen. Ein revisibler Rechtsfehler ist insoweit nicht zu erkennen (zu der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung atypischer Willenserklärungen vgl. nur BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 138, 48). Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet. In dem Verhalten der Klägerin lag nicht nur ein - als Annahmeerklärung regelmäßig nicht ausreichendes - Schweigen auf den Antrag, sondern die tatsächliche Durchführung der geänderten Vertragsbedingungen (vgl. BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 27). Angesichts der von der KLS FM GmbH ausdrücklich unterbreiteten Offerte einer dynamischen Verweisung auf einen für sie normativ nicht geltenden Tarifvertrag liegt in der praktischen Umsetzung sowohl der zu dieser Zeit geltenden Tarifbestimmungen als auch gerade ihrer dynamischen Änderungen „in der Zeit“ nicht nur die Entgegennahme der einzelnen konkreten Tariferhöhung, sondern gleichzeitig die Annahme der angetragenen - dynamischen - Verweisungsklausel durch die Klägerin. Das Verhalten der Arbeitgeberin musste sich ihr gerade als Erfüllung der hieraus erwachsenen und schriftlich dokumentierten vertraglichen Verpflichtungen darstellen. Dies hat im Streitfall überdies deshalb eine besondere Bedeutung, weil die erste der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Arbeitgeberin weitergegebenen Tarifänderungen nach dem Betriebsübergang vom 31. Dezember 1997 bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1998 eintrat. Zu diesem Zeitpunkt trat eine Erhöhung der Monatstabellenlöhne durch den den BMT-G II ergänzenden Monatslohntarifvertrag Nr. 25 vom 5. Mai 1998 rückwirkend in Kraft.

38

(3) Die Annahme durch die Klägerin ist auch rechtzeitig erfolgt. Nach § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Im Streitfall ergeben sich weder aus dem PÜV 1997 noch aus dem erkennbaren Verhalten der KLS FM GmbH Anhaltspunkte für eine Annahmefrist. Aus den Umständen folgt, dass der Antrag jedenfalls so lange aufrechterhalten bleiben sollte, bis die Vertragsänderung praktische Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben würde. Mit der tatsächlichen Durchführung hat die Klägerin den Antrag rechtzeitig konkludent angenommen.

39

c) Diese Arbeitsbedingungen sind entgegen der Revision vor dem weiteren Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte im Jahr 2008 nicht etwa konkludent dahingehend abgeändert worden, dass der BMT-G II nur noch mit seinem Stand vom Jahr 2003 anwendbar sein sollte. Vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Angebots der Arbeitgeberin in § 2 Abs. 3 PÜV 1997 zur Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahmeklausel und dessen Annahme durch die Klägerin konnte diese die bloße unterbliebene Weitergabe der Dynamik ab 2004, dh. ein lediglich faktisches Verhalten mangels abweichender Anhaltspunkte nur als nicht vertragsgemäße Erfüllung der arbeitgeberseitigen Leistungspflicht, nicht hingegen als Antrag auf Vertragsänderung verstehen. Dies gilt umso mehr, als die - geleistete - Entgelterhöhung im Jahr 2003 auf demselben Entgelttarifvertrag beruhte wie die - nicht geleisteten - Entgelterhöhungen des Jahres 2004. In § 4 des Monatslohntarifvertrags Nr. 28 zum BMT-G vom 31. Januar 2003 (MLT Nr. 28) sind stufenweise drei Lohnerhöhungen vorgesehen, die ab 1. Januar 2003, ab 1. Januar 2004 und ab 1. Mai 2004 erfolgen sollten. Die Umsetzung der ersten Stufe durch die KLS FM GmbH reihte sich aus verständiger Arbeitnehmersicht in die auch bislang erfolgten Entgeltanpassungen an die Tarifentwicklung ein und stellte damit eine weitere Erfüllung der dynamischen Verpflichtungen der Arbeitgeberin dar. Dass die auf derselben Tarifregelung beruhenden weiteren Entgelterhöhungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 von der Arbeitgeberin nicht mehr weitergegeben worden sind, konnte unter diesen Umständen nicht als eigenständiges Vertragsangebot gewertet werden, sondern lediglich als „Abbruch“ der bereits teilweise erfüllten Verpflichtung aus dem MLT Nr. 28 und damit als schlichte Nichterfüllung.

40

d) Die zwischen der Klägerin und der KLS FM GmbH vereinbarte dynamische Verweisungsklausel erfasst auch den TVöD und den TVÜ-VKA. Bei dem TVöD handelt es sich um einen den BMT-G II ersetzenden Tarifvertrag iSd. vertraglichen Bezugnahmeklausel. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 4 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD/VKA den BMT-G II(vgl. zur entsprechenden Ersetzung des BAT ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22, BAGE 130, 286). Dabei bedarf es keines Rückgriffs auf die - hier tatsächlich fehlende - Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien für eine zwingende Auslegung der Verweisungsklausel. Diese steht einer solchen Auslegung, die im Einzelfall häufig naheliegen wird und auch im Streitfall zutreffend ist, allerdings auch nicht entgegen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es deshalb bereits an der Voraussetzung einer Regelungslücke, so dass nicht entschieden werden muss, ob nicht auch hier dasselbe Auslegungsergebnis einträte.

41

II. Die damit zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisungsklausel ist durch die Ausgliederung und Übertragung des Bereichs „Reinigung Klinikum L“ zum 1. Juli 2008 unverändert auf die Beklagte übergegangen.

42

1. Gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen, also auch die, ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrags zu machen, selbst gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer abgegeben (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23, BAGE 132, 169; 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 15, BAGE 124, 345). Nach § 324 UmwG bleibt § 613a BGB durch die Wirkung einer Spaltung unberührt. Dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen von § 613a Abs. 1 BGB vorliegen, wird von den Vorinstanzen und den Parteien zu Recht nicht angezweifelt.

43

2. Damit ist auch die zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin vertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf den BMT-G II bzw. den TVöD und den TVÜ-VKA Bestandteil des ab dem 1. Juli 2008 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Eine dynamische Bezugnahmeklausel geht als vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Arbeitnehmer regelmäßig auf das nach dem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Aufrechterhaltung der Dynamik über(st. Rspr., ausf. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 14 ff., BAGE 132, 169).

44

3. Diesem Ergebnis steht Unionsrecht nicht entgegen. Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC.

45

a) Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt]) hat der EuGH auf Vorlage des erkennenden Senats (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) -) entschieden, dass die RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

46

b) Solche sowohl einvernehmlichen als auch einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sieht die deutsche Rechtsordnung vor.

47

aa) Eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist - wie in jedem Arbeitsverhältnis - grundsätzlich auch nach einem Betriebsübergang möglich.

48

(1) § 613a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang die vertraglichen Arbeitsbedingungen einvernehmlich abzuändern. So kann auch einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Dynamik der Bezugnahmeklausel abbedungen werden. Insbesondere bedarf eine nach dem Betriebsübergang getroffene Vergütungsvereinbarung nicht wegen möglicher Umgehung des § 613a BGB eines sie rechtfertigenden Sachgrundes(st. Rspr. seit BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 12, BAGE 124, 345). Soweit das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Sperrfrist von einem Jahr für die - auch einvernehmliche - Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorsieht, gilt dies ausschließlich für diejenigen Rechte und Pflichten, die vor dem Betriebsübergang zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund eines normativ geltenden Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung verbindlich waren.

49

(2) Die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsänderung hat entgegen der Auffassung der Revision auch nicht nur theoretische Bedeutung. In der Praxis nimmt nicht selten ein Großteil der Arbeitnehmer einen aus deren Sicht nachvollziehbar begründeten - kollektiven - Antrag auf Vertragsänderung an. So haben etwa in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2008 (- 2 AZR 139/07 -) zugrunde liegenden Fall 439 der 447 betroffenen Arbeitnehmer und damit 97 vH der Belegschaft das vom Arbeitgeber unterbreitete Änderungsangebot mit dem Ziel der Realisierung eines Sanierungskonzepts angenommen (ähnlich bei BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 -: 96 vH der Arbeitnehmer für die Anhebung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich). Auch in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juni 2017 (- 1 ABR 32/15 -) zugrunde liegenden Sachverhalt hatten 96 vH der Arbeitnehmer einer Änderungsvereinbarung ua. mit einem Verzicht auf Leistungsentgeltanteile und Sonderzahlungen sowie einer Reduzierung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gegen einen befristeten Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen zugestimmt.

50

bb) Auch die vom EuGH weiter geforderte Möglichkeit einer einseitigen Arbeitsvertragsänderung ist gesetzlich vorgesehen. Der Arbeitgeber kann gem. § 2 KSchG einzelne Arbeitsbedingungen durch die Erklärung einer Änderungskündigung abändern. Dass eine solche im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss (§ 1 Abs. 2 KSchG), ist mit der vom EuGH in den Rechtssachen Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt und Alemo-Herron ua. (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - und 18. Juli 2013 - C-426/11 -) vorgenommenen Auslegung der RL 2001/23/EG vereinbar.

51

(1) Der EuGH verlangt, der Erwerber müsse in der Lage sein, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit „erforderlichen“ Anpassungen vorzunehmen (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22). Damit unterliegen die vom Erwerber angestrebten Änderungen jedenfalls nicht seiner einseitigen freien Entscheidung, sondern müssen dem Kriterium der Erforderlichkeit genügen (so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Klein jurisPR-ArbR 20/2017 Anm. 1, D II). Hierzu hat der EuGH dem Unionsrecht keine bestimmten materiell-rechtlichen Kriterien entnommen, denen die Anpassungsmöglichkeit nach nationalem Recht genügen müsse. Für den Streitfall hat der Gerichtshof zudem ausdrücklich angenommen, die vom vorlegenden Senat dargestellte einseitige Änderungsmöglichkeit entspreche den durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gesetzten Anforderungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 25). Es sei nicht seine Sache, über das Vorliegen oder die Wirksamkeit der betreffenden Anpassungsmöglichkeiten zu entscheiden. Für die Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung des nationalen Rechts sei das nationale Gericht allein zuständig (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 27 f.).

52

(2) Die gesetzlichen Vorgaben für die Änderungskündigung genügen diesen Anforderungen.

53

(a) Die Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist eine einseitige Anpassungsmöglichkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nur dadurch zustande kommen kann, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers annimmt (vgl. dazu Sagan ZESAR 2016, 116, 120). Gleichwohl ist das Änderungsangebot stets mit der einseitigen Willenserklärung einer Beendigungskündigung verbunden. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 30; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN), haben die Gerichte für Arbeitssachen lediglich zu prüfen, ob sich die angebotenen Änderungen nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels „erforderlich“ ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN). Danach kann sich der Arbeitgeber - sofern die angestrebten Änderungen sozial gerechtfertigt sind - auch einseitig von den nicht gewünschten Arbeitsbedingungen lösen. Dass es dem Arbeitnehmer nach dem nationalen Recht unbenommen ist, das Arbeitsverhältnis für den Fall der sozialen Rechtfertigung der vom Arbeitgeber angebotenen Änderung gar nicht fortsetzen zu wollen, ist unerheblich. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nur unter den von ihm gewünschten geänderten Bedingungen fortzusetzen, besteht nicht. Der Arbeitnehmer könnte für den Fall, dass ihm die geänderten Arbeitsbedingungen nicht (mehr) zusagen, jederzeit seinerseits eine Eigenkündigung erklären.

54

(b) Der Umstand, dass die Anpassungsmöglichkeit der Änderungskündigung nach dem nationalen Recht - sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist - an die gesetzlich normierte Voraussetzung der sozialen Rechtfertigung geknüpft ist, steht den Vorgaben des EuGH ebenso wenig entgegen.

55

(aa) § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG ermöglicht eine Anpassung von Arbeitsbedingungen durch eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Deren Wirksamkeit ist jedoch an bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft, insbesondere das Vorliegen von Umständen, die die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen als „sozial gerechtfertigt“ erscheinen lassen. In der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung insbesondere des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit darauf abgestellt worden, ob sich das Änderungsangebot auf die für die Fortsetzung der Tätigkeit des Arbeitgebers „erforderlichen“ Anpassungen beschränkt (vgl. BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - BAGE 132, 78).

56

(bb) Auch der EuGH verlangt für einen Betriebserwerber keine voraussetzungsfreien Änderungsmöglichkeiten, sondern lediglich die Möglichkeit von „erforderlichen“ Anpassungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22; 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159). Ob und inwieweit sich diese beiden, zumindest im Wortlaut gleichlautenden Tatbestandsvoraussetzungen decken oder hier ggf. eine unterschiedliche Beurteilung angezeigt ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es genügt insoweit die Feststellung, dass für die Berücksichtigung des Merkmals der „Erforderlichkeit“ bei der Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen eines Änderungskündigungsschutzverfahrens ausreichend Raum besteht.

57

(cc) Soweit teilweise eingewandt wird, eine Änderungskündigung zum Zwecke der Beseitigung der Dynamik sei aussichtslos bzw. nur „theoretisch“ möglich, wie sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung zeige (vgl. zB Naber/Krois BB 2015, 1600; dies. ZESAR 2014, 121, 127; Latzel RdA 2014, 110, 116; Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15; Sagan ZESAR 2016, 116, 120; Haußmann ArbRAktuell 2017, 242), greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil es bei der Entdynamisierung der Verweisungsklausel nicht um eine Entgeltabsenkung geht, sondern - abgesehen von sonstigen Tarifinhalten - um die Aufrechterhaltung des bisherigen Entgeltniveaus. Die oa. Literaturauffassung übersieht darüber hinaus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst eine Entgeltabsenkung im Wege der Änderungskündigung möglich ist (sh. nur BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 - Rn. 18 ff.; 29. November 2007 - 2 AZR 789/06 - Rn. 13 ff.), an deren Wirksamkeit lediglich höhere Anforderungen gestellt werden, da sie einen nachhaltigen Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeutet (BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 371/94 - BAGE 79, 159; 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 -).

58

(3) Es ist auch ansonsten kein rechtlich begründeter Anlass dafür ersichtlich, einen Betriebsübernehmer hinsichtlich seiner Bindung an Arbeitsverträge im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zu privilegieren. Einem Betriebsübernehmer steht es frei, den Inhalt der einzelvertraglichen Abreden der von ihm zu übernehmenden Arbeitnehmer - ebenso wie weitere vertragliche Bindungen des Veräußerers, zB Leasing-Verträge, Kundenverträge, Lieferantenbedingungen usw. - zu prüfen und bei dem Aushandeln seiner Gegenleistung angemessen zu berücksichtigen. Das rechtliche Instrument der Änderungskündigung dient dabei nicht der nachträglichen Korrektur einer unzureichenden Prüfung. Ließe man eine solche Korrektur ohne die Maßgabe der dafür nach § 2 KSchG vorgesehenen materiell-rechtlichen Kriterien zu, wäre es dem Erwerber eines Betriebs möglich, sich von bestimmten, von ihm für nachteilig gehaltenen vertraglichen Vereinbarungen nach anderen Kriterien zu lösen als sonstigen Arbeitgebern in einem laufenden Arbeitsverhältnis. Ob - ungeachtet des Verweises des EuGH auf die alleinige Kompetenz der nationalen Gerichte zur Auslegung des nationalen Rechts - und ggf. welche Kriterien bei der rechtlichen Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen des Maßstabs der sozialen Rechtfertigung nach § 2 KSchG aus dem Unionsrecht zu berücksichtigen sein könnten(vgl. dazu etwa Jacobs/Frieling EuZW 2013, 737, 740 mwN), war vorliegend nicht zu beurteilen. Die Beklagte hat keine Änderungskündigung erklärt. Schon aus diesem Grund kommt entgegen der Revision eine Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.

59

(4) Der gelegentlich vorgebrachte und von der Revision aufgenommene Hinweis auf ein mögliches Vereinheitlichungsinteresse des Betriebserwerbers (vgl. etwa Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15) ist schon deshalb unbeachtlich, weil es im Entscheidungsfall nicht um die Anwendbarkeit eines eigenen Tarifvertrags des Erwerbers, sondern lediglich um die Frage der Dynamik des vereinbarten Tarifvertrags geht. Dass der TVöD und der TVÜ-VKA als solche den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien bestimmen, ist unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch in den von der Revision angeführten Urteilen des EuGH (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 27; 9. März 2006 - C-499/04 - [Werhof]) war weder eine absenkende Angleichung der Entgelthöhe noch die Anwendbarkeit eines anderen Tarifvertrags Gegenstand der Entscheidung; in beiden Fällen blieb es - bei „Obsiegen“ des Arbeitgebers - im Ergebnis bei der statischen Anwendung des „unternehmensfremden“ Tarifvertrags.

60

4. Die Annahme des Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel verletzt die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, berühren die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind. Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21, BAGE 132, 169; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 17 ff., BAGE 128, 185). Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

61

III. Die Parteien des Rechtsstreits haben auch keine von dieser Bezugnahmeregelung abweichende oder diese abändernde Vereinbarung getroffen.

62

1. Der PÜV 2008, der auch das Arbeitsverhältnis der Parteien erfasste, sieht in § 1 Abs. 3 vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten, insbesondere aus einzelvertraglichen Regelungen, Gesamtzusagen und betrieblichen Übungen auf die übernehmende Gesellschaft übergehen. Darin liegt keine abweichende Vereinbarung der Rechte und Pflichten, sondern lediglich eine Bestätigung der ohnehin geltenden gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

63

2. Umgekehrt sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass - abweichend von der bislang bestehenden und nunmehr in gleicher Weise auf die Beklagte übergegangene Vereinbarung - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nur eine (statische) Bezugnahme auf den BMT-G II gewollt war. Soweit die Revision sich für die gegenteilige Annahme auf § 1 Abs. 4 PÜV 2008 beruft, bleibt sie erfolglos. Die Klägerin konnte diese Regelung nicht als gesonderten Antrag der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB auffassen, erst recht nicht auf einvernehmliche Änderung des Bezugsobjekts ihrer vereinbarten und gelebten dynamischen Verweisungsklausel. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin nicht zu den dort allein angesprochenen Mitarbeitern der Bereiche „Technik“ gehört.

64

IV. Das Recht der Klägerin, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD sowie des TVÜ-VKA zu berufen, ist weder verfallen noch verjährt oder verwirkt.

65

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ein Arbeitsverhältnis als solche weder den tarifvertraglichen Ausschlussfristen noch der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Die Anwendbarkeit des Tarifvertrags ist ein „Stammrecht“, welches als solches an keinen Fälligkeitszeitpunkt geknüpft ist (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 416/03 - zu II 1 der Gründe). Die Revision hat insoweit auch keine Rügen erhoben.

66

2. Das Recht der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

67

a) Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (st. Rspr., sh. nur BAG 7. November 2001 - 4 AZR 724/00 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295). Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

68

b) Ob und unter welchen Umständen die Geltendmachung eines bestimmten Inhalts eines Arbeitsverhältnisses als solche überhaupt der Verwirkung unterliegen kann - was wegen der rechtsgeschäftlichen Möglichkeit einer auch konkludenten Änderung des Vertragsinhalts fraglich erscheint -, kann hier dahinstehen. Die Beklagte hat lediglich auf den verstrichenen Zeitraum - sieben Jahre zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und einer Geltendmachung der Klägerin - verwiesen. Ob damit das erforderliche Zeitmoment für eine Verwirkung schon erfüllt ist, kann gleichfalls offenbleiben. Der bloße Zeitablauf allein führt nicht zu einer Verwirkung. Für das Vorliegen des notwendigen Umstandsmoments hat die Beklagte über den bloßen Zeitablauf hinaus nichts vorgetragen. Entsprechende Umstände sind auch nicht ersichtlich.

69

C. Die Kosten der Revision sind von der Beklagten zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Gey-Rommel    

        

    Krüger    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. August 2011 - 18 Sa 96/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, auf welcher Grundlage tarifliche Zeitzuschläge zu berechnen sind.

2

Die Beklagte betreibt ein Beförderungsunternehmen und war im Streitzeitraum November 2007 bis August 2009 Mitglied des Landesverbands Hessischer Omnibusunternehmer e. V. (LHO). Der Kläger ist für die Beklagte als Omnibusfahrer tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft vertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen in Hessen Anwendung.

3

Die für die Beklagte geltende betriebsbezogene Anlage 4 zu § 3 des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen in Hessen vom 14. Juli 2003 idF vom 1. Januar 2005 (nachfolgend: LTV) regelt den Stundenlohn auszugsweise wie folgt:

Definition der Lohngruppen Sippel, gültig ab 01. Januar 2005***

Lohn-
gruppe

Bezeichnung

Stunden-
lohn

Zulage Betriebs-
zugehörigkeit

Zulage Ballungs-
raum

Zulage betriebs-
intern

Stunden-
lohn gesamt

im Monat
(s. unten stehende Erklärung)

L 1 A *
(Klasse D, D1, DE, D1E)

Innerstädtische Verkehre
nach § 42 PBefG in
hess. Städten
> 100.000 Einw.

                                                     

…       

                                                              

Stufe 4

nach vollendetem 5. Jahr
der Betriebszugehörigkeit

9,66 €

0,38 €

0,40 €

0,80 €

11,23 €

1.965,90 €

...

Erklärung zur Berechnung des Bruttomonatslohnes:

Bruttomonatslohn = 200 Dienststunden (abzüglich der Pausenzeiten), entspricht 175 Arbeitsstunden.

Ändert sich der Pausenabzug gem. § 7 Abschnitt A Ziffer 1, Punkt 4 Manteltarifvertrag LHO vom 01. März 1999, so sind die Bruttomonatslöhne entsprechend neu auszuweisen.“

4

Der Kläger wurde im Streitzeitraum nach der Lohngruppe L1A Stufe 4 vergütet.

5

Zum 1. Oktober 2007 trat die „Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 12 vom 25. Oktober 2007“ in Kraft. Diese regelt ua.:

        

„2.     

Die betriebsbezogenen Anlagen Nr. 1 bis 5 gemäß § 3 Lohntarifvertrag vom 14. Juli 2003 idF vom 1. Januar 2005 für die Unternehmen

                 

…       

        
                 

4.)     

A S GmbH …

                 

…       

                 

werden einvernehmlich zum 1. Oktober 2007 … aufgehoben.

        

…       

        
        

4.    

Für die am 30. Dezember 2007 unter eine der in Ziffer 2 genannten Anlagen fallenden Beschäftigten wird in Bezug auf das jeweils individuell erreichte ‚Stundenentgelt gesamt’ Besitzstandswahrung … vereinbart. Eine Minderung des jeweils individuell erreichten ‚Stundenentgelt gesamt’ ist unzulässig.“

6

Der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen in Hessen vom 10. März 1999 (nachfolgend: MTV) enthält folgende Regelungen:

        

„§ 11 

        

Zeitzuschläge

        

1.    

Die Zeitzuschläge betragen:

                 

für Mehrarbeit

25 %   

        
                 

für Arbeit an Sonntagen

50 %   

        
                 

für Arbeit an gesetzlichen Wochen-
feiertagen

100 % 

        
                 

für Nachtarbeit von 22:00 Uhr
bis 6:00 Uhr

25 %   

        
                 

des Stundenlohnes.

                 
                 

…       

        

2.    

Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge für eine Arbeitsleistung wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.

        

...     

        

§ 21   

        

Ausschlussfristen

        

...     

        

2.    

Ansprüche aus Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Spesen und von Zulagen aller Art sowie auf Rückzahlung von Barauslagen sind spätestens 8 Wochen nach Fälligkeit schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

        

3.    

Alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag sind binnen 3 Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

        

4.    

Nach Ablauf der angeführten Fristen ist beiderseits die Geltendmachung dieser Ansprüche ausgeschlossen, es sei denn, dass sie vorher schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend gemacht worden sind.

        

5.    

Ausgenommen von den vorstehenden Bestimmungen sind beiderseits Ansprüche aus unerlaubten Handlungen.“

7

Die im Streitzeitraum geleisteten Mehrarbeits-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtstunden sind jeweils in den Lohnabrechnungen ausgewiesen. Die Beklagte hat die Zeitzuschläge ausschließlich auf der Grundlage des in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV für die Lohngruppe des Klägers ausgewiesenen „Stundenlohns“ iHv. 9,66 Euro berechnet.

8

Im Frühjahr und Herbst 2007 gab es Gespräche zwischen der Beklagten, dem Betriebsrat und der Gewerkschaft ver.di über die Berechnung der Vergütung der Mitarbeiter. Geltend gemacht wurde in diesem Zusammenhang auch, dass die tariflichen Zeitzuschläge auf einer falschen Grundlage berechnet würden.

9

Ende Januar 2008 überreichte der Kläger der Beklagten zusammen mit ca. 80 Kollegen ein vom Betriebsrat formuliertes Schreiben vom 18. Januar 2008 mit folgendem Wortlaut:

        

„Geltendmachung

        

Ich, B, geboren 1965 und als Busfahrer/S bei der Firma A S GmbH beschäftigt, mache hiermit meine Ansprüche auf ordnungsgemäße Bezahlung nach meinem Arbeitsvertrag, dem geltenden Tarifvertrag LHO und den gesetzlichen Bestimmungen geltend. Ich mache im Einzelnen meine Ansprüche auf Bezahlung des mir nach Tarifvertrag zustehenden Stundenlohnes geltend, ich mache meine Ansprüche auf Bezahlung aller von mir geleisteten Arbeitsstunden geltend, ich mache meinen Anspruch auf Bezahlung der von mir geleisteten Arbeitszeiten ohne Abzug von 1/6 bzw. 1/8 der von mir gearbeiteten Arbeitszeit geltend. Ich mache meine Ansprüche auf Bezahlung von Überstundenzuschlägen und sonstigen Zuschlägen (Feiertag, Nacht usw.) geltend. Dabei mache ich meinen Stundenlohn in Höhe von 11,23 Euro geltend und mache geltend, dass die jeweiligen Zuschläge (von 25 % bis 100 %) auf diesen Stundenlohn in Höhe von 11,23 Euro zu zahlen sind. Ich mache geltend, dass die Zahlung von Überstunden/Wochenstunden, Feiertagsstunden und Nachtstunden ohne jegliche Abzüge erfolgt. Ich mache geltend, dass mein Krankenlohn bzw. Urlaubsentgelt ebenfalls auf der Basis der ordnungsgemäßen Vergütung nach dieser Geltendmachung zu erfolgen hat.“

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Zeitzuschläge seien nicht auf der Grundlage des in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV für die Lohngruppe des Klägers ausgewiesenen „Stundenlohns“ iHv. 9,66 Euro, sondern nach dem „Stundenlohn gesamt“ iHv. 11,23 Euro zu berechnen. Er hat mit der im Januar 2010 erhobenen Klage die Differenzbeträge für die in den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Mehrarbeits-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtstunden für den Zeitraum November 2007 bis August 2009 geltend gemacht.

11

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 927,23 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer monatlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, Grundlage der Berechnung der Zeitzuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV sei der „Stundenlohn“ iHv. 9,66 Euro. Etwaige Ansprüche seien auch nach § 21 MTV verfallen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Zuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV für Mehr-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind aus dem in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesenen „Stundenlohn gesamt“ und nicht aus dem „Stundenlohn“ zu berechnen(unter I). Die Ansprüche sind nicht nach § 21 MTV verfallen(unter II).

15

I. Grundlage der Berechnung der Zeitzuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV ist der in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV in der Lohngruppe L1A ausgewiesene „Stundenlohn gesamt“.

16

1. Bereits der Wortlaut der Tarifnorm legt dies nahe. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist „Stundenlohn“ die Vergütung, die ein Arbeitnehmer für die in einer Stunde geleistete Arbeit erhält (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort „Stundenlohn“). Mitarbeiter mit einer Vergütung nach der Lohngruppe L1A Stufe 4 erhalten für eine Stunde Arbeit den „Stundenlohn gesamt“ iHv. 11,23 Euro und nicht lediglich den „Stundenlohn“ iHv. 9,66 Euro. Der Stundenlohn setzt sich zusammen aus dem in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesenen „Stundenlohn“ sowie den für jede Stunde zu zahlenden Zulagen. Diese sind feste stundenbezogene Lohnbestandteile und damit Teil des tariflichen Stundenlohns.

17

2. Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt diese Auslegung. Bezugsgröße für tarifliche Ansprüche der nach der Lohngruppe L1A vergüteten Mitarbeiter ist nicht der „Stundenlohn“, sondern der „Stundenlohn gesamt“. Die in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesenen Bruttomonatslöhne für die verschiedenen Stufen der Lohngruppe L1A werden auf der Grundlage des „Stundenlohns gesamt“ errechnet; gleiches gilt für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 12 Nr. 1 Abs. 2 MTV, die Urlaubsvergütung nach § 15 Nr. 11 MTV und das Sterbegeld nach § 14 Nr. 1 MTV. Auch die in Nr. 4 der „Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 12 vom 25. Oktober 2007“ vereinbarte Besitzstandswahrung ist ausdrücklich auf das individuell erreichte „Stundenentgelt gesamt“ bezogen. Vor diesem Hintergrund hätte es besonderer Anhaltspunkte bedurft, wenn für die Berechnung der Zuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV ausnahmsweise der in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesene „Stundenlohn“ hätte maßgeblich sein sollen. Daran fehlt es. Dass der Arbeitgeber nach § 10 Nr. 5 MTV zur getrennten Ausweisung des „Lohnsatzes“, der „Lohnzuschläge“ und der „Lohnzulagen“ in der Lohnabrechnung verpflichtet wird, spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht dafür, dass „Lohnsatz“ iSv. § 10 Nr. 5 MTV und „Stundenlohn“ iSv. § 11 Nr. 1 MTV gleichbedeutend sind. Hätten die Tarifvertragsparteien in beiden Normen auf eine einheitliche Bezugsgröße Bezug nehmen wollen, hätte es nahegelegen, denselben Begriff zu verwenden.

18

3. Sinn und Zweck der Zulagen gemäß der genannten betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV bestehen erkennbar nur darin, die geschuldete (Stunden-)Vergütung entsprechend der Eingruppierung des Arbeitnehmers festzulegen. Den Zulagen kommt keine besondere, neben einem Stundenlohn bestehende Funktion zu. Die Aufschlüsselung dient lediglich der Erläuterung des Stundenlohns, wie der Zusammenhang mit den übrigen Lohngruppen zeigt.

19

4. Auch die Tarifgeschichte spricht dagegen, dass der Begriff des „Stundenlohns“ - in Abgrenzung zu dem ebenfalls verwendeten Ausdruck „Stundenlohn gesamt“ - für § 11 Nr. 1 MTV maßgeblich sein soll. Der LTV nebst seinen betriebsbezogenen Anlagen wurde am 14. Juli 2003 vereinbart. Bei Abschluss des MTV am 10. März 1999 galt noch der Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen vom 12. Juli 1996. Dieser Lohntarifvertrag differenzierte nicht zwischen „Stundenlohn“ und „Stundenlohn gesamt“, sondern wies in der Anlage zu § 3 einheitliche Stundenlöhne aus. Die Bezugnahme auf den „Stundenlohn“ in § 11 Nr. 1 MTV zeigt vor diesem Hintergrund, dass der Berechnung der Zuschläge die Vergütung zugrunde zu legen ist, die ein Arbeitnehmer nach dem Lohntarifvertrag für die in einer Stunde geleistete Arbeit verlangen kann. Dies ist bei Beschäftigten der Lohngruppe L1A der „Stundenlohn gesamt“.

20

5. Die Höhe der Differenzbeträge steht nicht im Streit.

21

II. Die Ansprüche sind nicht nach § 21 Nr. 4 MTV verfallen.

22

1. Nach § 21 Nr. 2 MTV müssen Ansprüche aus Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit spätestens acht Wochen nach Fälligkeit und nach § 21 Nr. 3 MTV alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Fristen ist die Geltendmachung dieser Ansprüche nach § 21 Nr. 4 MTV ausgeschlossen.

23

2. Ob die Geltendmachung aller im Streit stehenden Zuschläge sich nach § 21 Nr. 2 MTV richtet oder ob Zuschläge für die dort nicht ausdrücklich aufgeführte Nachtarbeit als „übrige Ansprüche“ nach § 21 Nr. 3 MTV geltend gemacht werden müssen, kann dahinstehen; die schriftliche Geltendmachung vom 18. Januar 2008 hat beide Ausschlussfristen gewahrt.

24

a) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (BAG 22. April 2004 8 AZR 652/02 - zu II 1 a der Gründe, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 28). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne Weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG 22. Juni 2005 - 10 AZR 459/04 - zu II 2 b aa der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfrist Nr. 183 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 179 ). Dies ist besonders bei Lohnklagen regelmäßig der Fall; hier ist der Arbeitgeber aufgrund seiner besonderen Sachkenntnis zur genauen Bezifferung regelmäßig eher in der Lage als der Arbeitnehmer (BAG 26. Februar 2003 5 AZR 223/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 105, 181).

25

b) Der Kläger hat mit Schreiben vom 18. Januar 2008 die Zahlung von Zeitzuschlägen auf der Grundlage eines Stundenlohns von 11,23 Euro verlangt und damit die Abrechnung und Zahlung der Zuschläge auf einer anderen Berechnungsgrundlage als von der Beklagten bisher durchgeführt geltend gemacht. Die Geltendmachung ist nicht auf eine bestimmte Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich; über Art und Anzahl der zuschlagspflichtigen Stunden streiten die Parteien nicht, die Höhe der Ansprüche war für die Beklagte ohne Weiteres errechenbar.

26

c) Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung zum Teil noch nicht fällig waren. § 21 Nr. 2 MTV bestimmt lediglich den Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch „spätestens“ geltend gemacht werden muss, nicht aber den frühestmöglichen Zeitpunkt. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchsteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 109, 100).

27

d) Der wirksamen Geltendmachung steht nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung zum Teil noch nicht entstanden waren.

28

aa) Nach § 21 Nr. 2 MTV ist allerdings grundsätzlich erforderlich, dass der Anspruch bereits entstanden ist.

29

(1) Die Norm regelt die Geltendmachung von „Ansprüchen“. Das setzt voraus, dass die rechtserzeugenden Anspruchsvoraussetzungen bei der Geltendmachung erfüllt sind. Fehlt es daran, liegt regelmäßig kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 a der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 3 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168).

30

(2) Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht regelmäßig auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung unzumutbarer Ansprüche bewahrt werden, das sind regelmäßig solche, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 22, NZA 2013, 101). Er soll sich auf offene Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden können (BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 4 b aa der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 3 c der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168). Sind die rechtserzeugenden Tatsachen noch nicht eingetreten, können diese Ziele regelmäßig nicht erreicht werden. Es bleibt ungewiss, ob und in welchem Umfang Ansprüche entstehen; die rasche Klärung von Ansprüchen wird nicht erreicht (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 35, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79; 22. Januar 2009 - 6 AZR 5/08 - Rn. 14, AP BAT § 70 Nr. 39; 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 a der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - aaO).

31

bb) Eine Besonderheit liegt vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 c der Gründe, AP BAT-O § 70 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 136). Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Durch einmalige ordnungsgemäße Geltendmachung kann die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein (vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - aaO; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - aaO; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - aaO). Einzelne Tarifverträge erlauben ausdrücklich eine solche Konzentration der Obliegenheit zur Geltendmachung (zB § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD). In Betracht kommt aber auch eine entsprechende Auslegung ohne ausdrückliche Regelung (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, aaO); denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird; hier reicht im Zweifel die einmalige Geltendmachung der richtigen Berechnungsmethode auch für später entstehende Zahlungsansprüche aus. Der Wortlaut des § 21 MTV schließt die Geltendmachung künftiger Ansprüche nicht von vornherein aus.

32

Dasselbe Verständnis von tariflichen Ausschlussfristen liegt der ständigen Rechtsprechung zugrunde, wonach künftig entstehende Entgeltansprüche bereits mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage wirksam geltend gemacht werden. Eine derartige Geltendmachung vor Entstehen der Ansprüche ist zugleich auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet, die durch den Verlust des Arbeitsverhältnisses verloren gehen. Damit ist der Arbeitgeber ausreichend von dem Ziel des Arbeitnehmers unterrichtet, die Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 14 ff. mwN, NZA 2013, 101; 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 a der Gründe mwN, aaO). Eine weitere Geltendmachung kann nach dem Sinn und Zweck der tariflichen Ausschlussfristen regelmäßig nicht verlangt werden.

33

cc) Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind regelmäßig solche auf eine dauerhafte Zulage oder aus einer bestimmten Eingruppierung (BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 c der Gründe, AP BAT-O § 70 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 136). Unständige Bezüge, deren Entstehung von verschiedenen Faktoren abhängt, müssen vor der Geltendmachung hingegen regelmäßig entstanden sein (zur Überstundenvergütung: vgl. BAG 9März 2005 -  5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 20. Juli 1989 - 6 AZR 774/87 - zu IV der Gründe, ZTR 1990, 155; zur Vergütung von Nachtdiensten: vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, aaO; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, aaO). Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen in Streit, erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel bestehen, was von ihm verlangt wird, und der Gläubiger darf ohne Weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat.

34

dd) Die Parteien streiten über die Berechnungsgrundlage der Zeitzuschläge nach § 11 MTV und damit über einen für die Vergütung aller zuschlagpflichtigen Stunden gleichen Grundtatbestand. Anzahl und Art der zuschlagpflichtigen Stunden sind in den Lohnabrechnungen ausgewiesen und damit streitlos gestellt; sie mussten nicht geltend gemacht werden (vgl. BAG 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 18 f., BAGE 135, 197). Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Abrechnung der Zeitzuschläge auf der Grundlage des „Stundenlohns gesamt“ ausreichend. Das Schreiben vom 18. Januar 2008 wahrt sowohl die zu diesem Zeitpunkt entstandenen als auch die künftigen Differenzansprüche unter Zugrundelegung der jeweils abgerechneten Stunden. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Zahlung ganz bestimmter höherer Zeitzuschläge verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen, etwaige Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden; ein monatlich wiederholter Hinweis des Klägers hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, der Kläger habe zwischenzeitlich von seiner Forderung Abstand genommen.

35

e) Die vorstehende Auslegung von § 21 MTV steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung anderer Senate des Bundesarbeitsgerichts. Soweit bei unständigen Bezügen verschiedentlich nur die Geltendmachung bereits entstandener Ansprüche für ausreichend erachtet worden ist (für Ansprüche auf Überstundenvergütung: vgl. BAG 9März 2005 -  5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 20. Juli 1989 - 6 AZR 774/87 - zu IV der Gründe, ZTR 1990, 155; für Ansprüche auf Vergütung von Nachtdiensten: vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168), wurde auch darauf abgestellt, dass die Arbeitnehmer in den einzelnen Monaten in unterschiedlichem Umfang Arbeitsleistungen zu erbringen hatten (BAG 9März 2005 -  5 AZR 385/02 - aaO; 20. Juli 1989 - 6 AZR 774/87 - aaO; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - aaO; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - aaO). Diese können nicht im Voraus geltend gemacht werden. Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass Umfang und Art der zuschlagpflichtigen Stunden streitlos sind und nur über die Berechnungsgrundlage gestritten wird. Der Grund, weshalb bei unständigen Bezügen regelmäßig nur die Geltendmachung bereits entstandener Ansprüche eine Ausschlussfrist wahren kann, ist mit Aufnahme der geleisteten Stunden in eine Lohnabrechnung entfallen. Für die richtige Berechnung der Zeitzuschläge gemäß § 11 MTV reichte deshalb die einmalige Geltendmachung aus.

36

3. Jedenfalls ist die Berufung der Beklagten auf den Verfall der Ansprüche rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

37

a) § 242 BGB kann zum Verlust eines Rechts im Hinblick auf ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, führen(BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19, BAGE 136, 54).Eine unzulässige Rechtsausübung liegt etwa vor, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein Verhalten der Gegenpartei veranlasst worden ist (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 216) oder wenn der Schuldner es pflichtwidrig unterlassen hat, dem Gläubiger die Umstände mitzuteilen, die diesen zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - aaO).

38

b) Die Beklagte führte mit Betriebsrat und Gewerkschaft seit 2007 Verhandlungen über eine andere Berechnung der Zeitzuschläge; spätestens seit der gemeinsamen Geltendmachung im Januar 2008 war ihr bewusst, dass die Arbeitnehmer auf einer Berechnung der Zeitzuschläge auf der Grundlage des „Stundenlohns gesamt“ bestehen. Der faire Umgang mit dem Vertragspartner hätte vor diesem Hintergrund geboten, auf eine im Sinne des Tarifvertrags gegebenenfalls nicht ausreichende, aber offenbar von den Arbeitnehmern als ausreichend angesehene Geltendmachung zu reagieren, um die - auch für sich selbst reklamierte - Klarheit zu schaffen. Dies ist unterblieben. Die Beklagte hat erkennbar darauf gesetzt, dass ein Teil der Mitarbeiter zunächst vor weiteren Geltendmachungen und (gerichtlichen) Auseinandersetzungen zurückschreckt und Ansprüche sukzessive verfallen. Dies ist rechtsmissbräuchlich.

39

III. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 10 Nr. 4 MTV, die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Stefan Fluri    

                 

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.10.2015 - Az.: 3 Ca 1004/15 - unter teilweiser Abänderung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.017,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 04.08.2015 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weitergabe von tariflichen Lohnerhöhungen und über den Ausschluss entsprechender Ansprüche aufgrund tarifvertraglicher Verfallfristen.

2

Die am … 1985 geborene Klägerin ist seit dem 21.04.2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin - der Firma r.,- - als Verkäuferin in der Betriebsstätte K. beschäftigt. Ihr mit der Beklagten abgeschlossener Arbeitsvertrag vom 09.02.2010 enthält u.a. - hinsichtlich des weiteren Inhalts des formularmäßig abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Anlage 4 zur Klageschrift Bezug genommen - folgende Regelung:

3

12. Verweisungsklausel

4

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn- /Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverband oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsüberganges vom Zeitpunkt des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge gewollt."

5

Diese Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

6

Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

7

„13. Schussbestimmungen

8

Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

9

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden."

10

Die Klägerin wurde in der Vergangenheit nach der Gehaltsgruppe G II Stufe 6 bei 129,6 Arbeitsstunden im Monat eingruppiert und vergütet. In der Folgezeit orientierte sich die Vergütung bis Juli 2013 stets an dem jeweils gültigen Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz.

11

Vor dem Betriebsübergang von r.,- auf die Beklagte gab r.,- den Arbeitnehmern mit Schreiben vom 08.05.2008 die Information, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Der Betriebsübergang auf die Beklagte erfolgte am 01.07.2008.

12

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage 5 zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in K. nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

13

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

14

Sehr geehrte Frau A.,

15

wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in K. nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

16

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

17

Wie geht es nun weiter?

18

Wenngleich wir in K. nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

19

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

20

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

21

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den MTV des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

22

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %.

23

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Erhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

24

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

25

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

26

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

27

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

28

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

29

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

30

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 3 R. d. A.) zurückgewiesen.

31

Mit der ursprünglichen Klage hatte die Klägerin Lohndifferenzen für die Monate August 2013 bis einschließlich Februar 2014 in Höhe von EUR 408,55 brutto geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 21.07.2015 hatte die Klägerin ihre Klage um weitere 1.095,00 EUR brutto als Differenzlohn für den Zeitraum März 2014 bis einschließlich Juni 2015 erweitert. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Klageerweiterungsforderung wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 21.07.2015 (Bl. 21, 21 R. d. A.) verwiesen.

32

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 13.08.2015 die Klageerweiterung vom 21.07.2015 abgetrennt und die Ursprungsklage durch Urteil beschieden (s. S. S. 2-5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2015, Bl. 25-27 d. A.). Die abgetrennte Klageerweiterung ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

33

Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.09.2015 die rechnerische Richtigkeit der Klageerweiterungsforderung bestritten hatte, hat die Klägerin ihre Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 24.09.2015 (Bl. 48-53 d. A.) modifiziert und nunmehr die – rechnerisch zwischen den Parteien unstreitige – Differenz von EUR 1017,88 EUR brutto für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015 geltend gemacht.

34

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,
der von ihr zuletzt geltend gemachte Anspruch auf Differenzvergütung für den Zeitraum März 2014 bis einschließlich Juni 2015 folge aus dem Arbeitsvertrag selbst. Denn darin sei vereinbart, dass die jeweiligen rheinland-pfälzischen Lohn- und Gehaltstarifverträge für den Einzelhandel Anwendung finden. Die dort vorgesehene Ausnahme bzw. das Ende der dynamischen Verweisungsklausel sei nicht gegeben. Daneben habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 zusätzlich ausdrücklich erklärt, dass die rheinland-pfälzischen Tarifverträge weiterhin Anwendung fänden. Diese Zusage habe die Beklagte in der Vergangenheit auch tatsächlich umgesetzt. Das Wort „freiwillig" in diesem Zusammenhang solle lediglich bedeuten, dass die Beklagte freiwillig diese Zusage gegeben habe. Es habe sie auch keiner dazu zwingen können, diese Zusage zu geben. Die Freiwilligkeit bedeute aber keineswegs, dass sich die Beklagte nicht verpflichtet habe.

35

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

36

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1017,88 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

37

Die Beklagte hat beantragt,

38

die Klage abzuweisen.

39

Die Beklagte hat vorgetragen,
aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich keineswegs entnehmen, dass dynamisch und dauerhaft verbindlich die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel, insbesondere die Lohn- und Gehaltstarifverträge, auch über 2011 hinaus Anwendung finden sollten. Dies hätten die Arbeitnehmer auch so aufgefasst und sei von ver.di selbst gegenüber den Mitgliedern so kommuniziert worden. Es sei in dem Schreiben auch ausdrücklich nur im Singular von der Weitergeltung des nächsten Tarifvertrages die Rede und nicht von den folgenden Tarifverträgen.

40

Aus dem Arbeitsvertrag werde außerdem deutlich, dass sie - die Beklagte - gerade keine dynamische Weitergeltung von Tarifverträgen gewollt habe. Jedenfalls seien die geltend gemachten Zahlungsansprüche vor Januar 2015 aufgrund der sich aus § 16 des Manteltarifvertrages des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz ergebenden Ausschlussfristen verfallen.

41

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Beklagte darauf hin durch Urteil vom 08.10.2015 - Az. 3 Ca 1004/15 - verurteilt, an die Klägerin 361,60 EUR brutto zuzüglich Zinsen ab dem 04.08.1015 zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat im zugesprochenen Umfang einen Anspruch der Klägerin auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen aus Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrages bejaht und die Klage im Übrigen mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin insoweit die tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 16 des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz nicht gewahrt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten der der Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 63-68 d. A.) Bezug genommen.

42

Gegen das ihr am 05.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 04.12.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 05.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 30.12.2015 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 05.02.2016 verlängert worden war.

43

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor:

44

Die Ansprüche seien für die Zukunft durch das Schreiben vom 07.03.2014, in dem auch die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab dem 01.05.2014 eingefordert worden sei, wirksam geltend gemacht worden. Sie – die Klägerin – habe hinreichend deutlich gemacht, auch zukünftig an der Tarifentwicklung partizipieren zu wollen. Eine entsprechende Geltendmachung bereits vor der Entstehung eines Anspruchs sei möglich, wenn - wie vorliegend - bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch die einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Diese Auslegung von Ausschlussfristen sei insbesondere dann geboten, wenn um die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten werde. Davon sei vorliegend auszugehen. Zudem habe sich die Beklagte aufgrund der zahlreichen Parallelstreitigkeiten auf eine Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderungen einstellen können und müssen.

45

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 05.02.2016 (Bl. 97 - 101 d. A.) Bezug genommen.

46

Die Klägerin beantragt zuletzt,

47

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.10.2015 -8 Ca 899/15- teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 656,28 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Berufung zurückzuweisen.

50

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und trägt vor:

51

Ihrer Auffassung nach sei die Berufung bereits als unzulässig zu verwerfen, insbesondere, da eine Auseinandersetzung mit der zweiten arbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage für den Verfall der Ansprüche nicht erfolgt sei.

52

Darüber hinaus sei eine Wahrung der Ausschlussfrist durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 für die streitgegenständlichen Forderungen nicht anzunehmen, da von diesem Schreiben nur die bereits fälligen, entstandenen Ansprüche erfasst gewesen seien, eine hinreichend deutliche Geltendmachung der noch nicht fälligen Ansprüche sei weder erfolgt, noch nach dem Einzelhandelstarifvertrag zulässig. Dieser sehe nämlich gerade keine Möglichkeit der Geltendmachung zukünftiger Ansprüche vor. Auch seien im vorliegenden Verfahren nicht lediglich „auf dem selben Rechtsgrund basierende, wiederkehrende und in der Höhe unstreitige Beträge“ in Streit, für die das Bundesarbeitsgericht eine Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung ausnahmsweise für zulässig erachte. Die noch nicht fälligen Forderungen basierten auf einer anderen Anspruchsgrundlage als die bereits fälligen Forderungen. Zudem sei der Umstand, auf dem diese noch nicht fälligen Forderungen sich gründeten, noch nicht eingetreten. Die rechtserzeugenden Anspruchsvoraussetzungen müssten jedoch nach dem Vorbringen des Anspruchsstellers bei der Geltendmachung bereits erfüllt sein. Eine vollumfängliche Einhaltung der Ausschlussfrist sei auch nicht durch die Klage vom 30.07.2014, den Schriftsatz vom 21.07.2015 und den Schriftsatz vom 24.09.2015 erfolgt. Die mit der Berufung geltend gemachten, vom Arbeitsgericht abgewiesenen Ansprüche seien jedenfalls gemäß Ziff. 13 des Arbeitsvertrages verfallen, da die Klägerin erst mehr als 3 Monate nach Ablehnung des Anspruchs seine Ansprüche gerichtlich geltend gemacht habe und mithin die 2. Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist nicht gewahrt habe.

53

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 15.03.2016 (Bl. 128-139 d. A) Bezug genommen.

54

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

55

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

56

Insbesondere hat sich die Klägerin in hinreichender Weise mit den rechtlichen Erwägungen des Urteils auseinandergesetzt, indem sie gerügt hat, dass das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, dass das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch eine zukunftsbezogene Geltendmachung enthalte und hierdurch nach ihrer Auffassung die Ausschlussfristen vollumfänglich gewahrt worden seien. Dass die Klägerin die arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen nicht thematisiert hat, kann vor dem Hintergrund, dass sie für die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht von Relevanz waren und in den Entscheidungsgründen keine Erwähnung gefunden haben, nicht zur Unzulässigkeit der Berufung führen.

B.

57

Das daher insgesamt zulässige Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts ist die Klage vollumfänglich begründet. Die Klägerin kann deshalb die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 1017,88 brutto nebst Zinsen verlangen.

I.

59

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Monate März 2014 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe des rechnerisch unstreitigen Differenzbetrages zwischen der tariflichen Vergütung der Klägerin nach Gehaltsgruppe II/ 6. Berufsjahr für die Angestellten im rheinland-pfälzischen Einzelhandel und des ihr von der Beklagten tatsächlich ausgezahlten Gehalts.

60

1. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts ergibt sich aus Ziffer 12 Satz 1 des Arbeitsvertrages, wonach auf das Arbeitsverhältnis u.a. die Vorschriften des Gehaltstarifvertrages für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. Im Hinblick auf die Verwendung der Formulierung "in der jeweils gültigen Fassung" beinhaltet diese Vertragsklausel zweifellos eine dynamische Bezugnahme.

61

2. Ziffer 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages, wonach eine dynamische Weitergeltung der tariflichen Gehaltsvorschriften bei Wegfall der Tarifbindung der Beklagten nicht mehr gegeben sein soll, steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Diese Klausel beinhaltet eine auflösende Bedingung i.S.v. § 158 Abs. 2 BGB, wobei deren Eintritt jedoch bereits von vorneherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich war. Die Wirksamkeit der in Ziffer 12 Satz 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt hiervon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist nämlich (im Übrigen) von Anfang an voll wirksam (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 27 f. m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

62

3. Nichts anderes ergibt sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - bei Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Bei dieser handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. von § 305 Abs. 1 BGB. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG v. 15.05.2013 - 10 AZR 325/12 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 29; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB).

63

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierenden Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. BAG 20.03.2013 - 10 AZR 636/11 - JURIS Rn. 20; LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 30; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Führt die objektive Auslegung zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, greift die Unklarheitenregelung (§ 305c Abs. 2 BGB) mit der Folge der arbeitnehmerfreundlichsten Auslegung ein (BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10 - JURIS Rn. 23 m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Die Anwendung des § 305c As. 2 BGB setzt also zwingend voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient (BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10 - JURIS Rn. 23 m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

64

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der Wortlaut der auflösenden Bedingung in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages eindeutig ist. Danach soll der Wegfall der dynamischen Weitergeltung des Gehaltstarifvertrages bei Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, nämlich des Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers eintreten. Die ausschließliche Zukunftsbezogenheit dieser Bedingung ergibt sich deutlich aus der Formulierung: "Dies gilt dann nicht mehr, wenn…", und der Formulierung: "…nicht mehr tarifgebunden ist." Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziffer 12 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte dynamische Weitergeltung der tariflichen Gehaltsvorschriften von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht zum Zuge kommen sollte, enthält die Vertragsklausel nicht. Die Rechtsansicht der Beklagten, unter deren Zugrundelegung vorliegend bereits von Anfang an keine dynamische Bezugnahme vereinbart sein könnte, hätte überdies nicht nur eine unauflösbare Widersprüchlichkeit der in Ziffer 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelungen zur Folge, sondern würde auch zu einer völligen Sinnentleerung der in Satz 1 dieser Verweisungsklausel enthaltenen Bestimmung führen (so auch LAG Rheinland- Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 31; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

65

4. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht § 12 Satz 5 des Arbeitsvertrages entgegen, der ein Ende der dynamischen Weitergeltung der Tarifvorschriften für den Fall eines Betriebsübergangs auf einen "neuen Arbeitgeber" vorsieht. Bei der Beklagten handelt es sich nämlich nicht um einen "neuen" Arbeitgeber im Sinne der vertraglichen Abrede. Als solcher käme nur ein der Beklagten gemäß § 613 a BGB nachfolgender Betriebsinhaber in Betracht, nicht hingegen die Beklagte als vertragsschließende Arbeitgeberin selbst (vgl. LAG Rheinland- Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 32; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

66

Die streitgegenständlichen Ansprüche sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien in der Kammerverhandlung vom 08.10.2015 unstreitig gestellt worden.

II.

67

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts sind die Ansprüche der Klägerin auch nicht insgesamt bzw. überwiegend nach Maßgabe einer anzuwenden Ausschlussfrist verfallen.

68

Das Arbeitsgericht hat in Anwendung des § 16 des Manteltarifvertrags Einzelhandel einen teilweisen Verfall der streitgegenständlichen Ansprüche angenommen. Nach Ansicht der Beklagtenseite hat zumindest die fehlende gerichtliche Geltendmachung innerhalb von 3 Monaten nach Ablehnung des streitgegenständlichen Anspruchs zu einem Verfall der Ansprüche nach Ziff. 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages geführt.

69

1. Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach vorliegend eine gerichtliche Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche zum Anspruchserhalt erforderlich war, nicht.

70

Zwar sieht Ziff. 13 des Arbeitsvertrages neben einer schriftlichen Geltendmachung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit der Ansprüche für den Fall, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf einer gesetzten Frist oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden, einen Verfall dieser Ansprüche vor. Diese Regelung steht jedoch im Widerspruch zu der über die Verweisungsklausel aus Ziff. 12 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussklausel (§ 16 MTV Einzelhandel), bei der die gerichtliche Geltendmachung gerade nicht erforderlich ist, um einen Anspruchsverfall zu verhindern.

71

Dieser Widerspruch führt, dass zu, dass die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung im Hinblick auf die zweite Stufe der Ausschlussfrist einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht standhält.

72

a) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 48; BAG 16.05. 2012 - 5 AZR 331/11 - JURIS Rn. 2). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was ihn erwartet: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge eintreten wird und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 48; BAG 31.08. 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372). Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 52; BAG 28.05. 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66).

73

b) Diesen Anforderungen genügt die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung vorliegend in Teilen nicht.

74

§ 12 Satz 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Formulararbeitsvertrages enthält - wie dargelegt - eine für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien rechtsverbindliche dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung. Dessen MTV sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die vollinhaltlich der in Ziffer 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen. Beide beanspruchen nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung jedoch Geltung. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlicher Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziffer 12, ebenso wie die Anwendung von Ziffer 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Dies hat zur Folge, dass ein Arbeitnehmer, der sich nicht sicher ist, ob er nun die erste Stufe oder auch die zweite Stufe einhalten muss, möglicherweise von einer weiteren Rechtsverfolgung absehen würde, wenn er die erste Stufe der Ausschlussfrist gewahrt, jedoch zu spät geklagt hätte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die in Ziffer 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. Blue-Pencil-Tests zu streichen ist, denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe berührt die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht; BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 54; BAG 16.05.2012 - 5 AZR 251/11 - JURIS Rn. 37; BAG 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 - JURIS Rn. 26 ff.). Die diesbezüglichen Formulierungen im Tarifvertrag und im Arbeitsvertrag sind inhaltsgleich, ausreichend transparent und bleiben, ebenso wie die übrigen arbeitsvertraglichen Bestimmungen gemäß § 306 Abs. 1 BGB wirksam.

75

c) Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass das Bundesarbeitsgericht in mehreren „equal-pay-Fällen“ (vgl. z. B. BAG 25.09.2013 - 5 AZR 815/12 - JURIS Rn. 18; BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 40) einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist gegenüber einer Ausschlussfrist aus einem in Bezug genommenen Tarifvertrag den Vorrang eingeräumt hat. Die diesen Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalte sind mit dem vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht vergleichbar:

76

Zum einen war in den den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalten zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits die Unwirksamkeit des in Bezug genommenen Tarifvertrages festgestellt. Es stand mithin fest, dass die im Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist gar nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist und die Verweisung in der Konsequenz gleichsam „leer lief“ (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 35). Zum anderen enthielten die Arbeitsverträge in den betreffenden Verfahren ausdrückliche Kollisionsregelungen zum Verhältnis zwischen arbeitsvertraglicher und tariflicher Regelung. Nicht zuletzt standen – anders als im vorliegenden Fall – die tariflichen Ausschlussfristen zu den arbeitsvertraglichen Regelungen gerade nicht im Widerspruch.

77

2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der eingeklagten Differenzvergütung ist auch nicht (zum Teil) wegen zu später schriftlicher Geltendmachung verfallen.

78

Zwar sieht § 16 Ziff. 1 c) MTV Einzelhandel Rheinland-Pfalz ebenso wie Ziff. 13 Abs. 1 S. 3 des Arbeitsvertrages vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen sind, da sie ansonsten verfallen.

79

Diesem Erfordernis hat die Klägerin jedoch durch das Schreiben vom 07.03.2014 Genüge getan. Dieses Schreiben beinhaltet neben der rückwirkenden Geltendmachung von Ansprüchen auch eine wirksame Geltendmachung der vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche auf Zahlung des Tarifgehalts für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015:

80

a) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt daher voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (vgl. BAG 22.04.2004 - 8 AZR 652/02 - AP Nr. 28 zu §§ 22, 23 BAT-O; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 48; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (vgl. BAG 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 48; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

81

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 07.03.2014 die Zahlung von Arbeitsvergütung auf der Grundlage der tariflichen Bestimmungen nicht nur rückwirkend zum 01.08.2013, sondern auch zukunftsbezogen geltend gemacht, indem sie sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Geltendmachungsschreibens nicht nur darauf beschränkt hat, die Tariferhöhung rückwirkend zum 01.08.2013 geltend zu machen, sondern auch „die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.2014“ eingefordert hat. Diese Geltendmachung ist mithin ersichtlich nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über Mai 2014 hinaus aufgrund der bereits abgeschlossenen Tarifverhandlungen für die Beklagte durch die Nennung des Prozentsatzes ersichtlich und bei Einsichtnahme in die jeweiligen Gehaltstarifverträge im Übrigen ohne Weiteres errechenbar war.

82

b) Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung noch nicht fällig waren. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchssteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (vgl. BAG 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 50; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

83

c) Der wirksamen Geltendmachung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung noch nicht entstanden waren.

84

Zwar widerspricht eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs regelmäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Eine tarifliche Ausschlussfrist kann deswegen ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs auch vor dessen Entstehung gewahrt werden, wenn der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist auch dann erreicht wird, wenn der Arbeitgeber also unzweifelhaft erkennen kann, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend macht und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Umständen diese abhängen (so BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12 - EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Hamburg 08.07.2014 - LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 3; BAG v. 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - NZA 2013, 975; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 51; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht). Das kommt z. B. dann in Betracht, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Besteht z.B. Streit ausschließlich über die Berechnungsgrundlage von tariflichen Zeitzuschlägen und werden Anzahl und Art der zuschlagpflichtigen Stunden durch Aufnahme in eine Lohnabrechnung streitlos gestellt, kann die einmalige Geltendmachung einer anderen Berechnung der Zeitzuschläge ausreichen, um den Verfall auch von künftigen Ansprüchen durch eine tarifliche Ausschlussfrist zu verhindern (BAG 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - EzA-SD 8/2013 S. 11 = NZA 2013, 976). Streiten die Parteien eines Arbeitsvertrages über die Höhe des monatlichen Entgelts und liegt diesem Streit lediglich und ausschließlich die Frage der - immer gleichbleibenden - Berechnungsweise zugrunde, kann die einmalige Geltendmachung der nach Auffassung des Arbeitnehmers zutreffenden Berechnungsgrundlage auch für später entstehende Zahlungsansprüche ausreichen. In einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was der Gläubiger von ihm verlangt (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12 - EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 52; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht).

85

Vorliegend stritten die Parteien bereits im Zeitpunkt des Geltendmachungsschreibens vom 07.03.2014 im Hinblick auf die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf tarifliche Arbeitsvergütung hat, ausschließlich über die Anwendbarkeit der maßgeblichen Tarifverträge. Zwar bestand im Nachgang zur Geltendmachung der künftigen Ansprüche prozessual kurzzeitig Unklarheit darüber, ob die vom Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum eingeklagten Beträge korrekt waren. Ursache dafür, war aber nicht, dass sich die Parteien über die geschuldete Arbeitszeit, die Eingruppierung, die prozentuale Tariflohnerhöhung oder sonstige Berechnungsgrundlagen uneinig waren. Vielmehr waren und sind die für die Berechnung der Klageforderung maßgeblichen Faktoren zwischen den Parteien unstreitig, durch die Lohnabrechnungen streitlos gestellt und es handelte sich schlicht um einen Rechenfehler. Die Beklagte konnte aufgrund der Tatsache, dass ihr Arbeitszeit und Eingruppierung bekannt war, unproblematisch erkennen, welche finanzielle Forderung bei der geltend gemachten Tariflohnerhöhung um 2,1 % ab dem 01.05.2014 auf sie zukommen würde. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 07.03.2014 wahrt daher auch die Ausschlussfrist für die künftigen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 53; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht).

86

Nach alledem war der Klage auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Mai 2014 bis Juni 2015 unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt stattzugeben.

III.

87

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten waren aufgrund der Reduzierung der Klageforderung in erster Instanz und der teilweisen Berufungsrücknahme in zweiter Instanz wie ausgeurteilt zu quoteln.

88

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben. Insbesondere liegt keine Abweichung von den durch die Beklagten in der Berufungsbegründung vom 15.03.2016 (S. 7-9) zitierten Entscheidungen vor. Soweit sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung sowie in der Kammerverhandlung vom 28.06.2016 insbesondere auf die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30.10.2013 – 2 Sa 744/13 – bezogen hat, wird darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung bereits deswegen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, weil der Kläger Ansprüche aus einer Höhergruppierung begehrt. Überdies stellt auch das LAG Hessen in seiner Entscheidungsbegründung (vgl. Juris Rn. 39) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar, dass eine tarifliche Ausschlussfrist ausnahmsweise auch durch Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden kann, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Genau diese Ausnahme war vorliegend gegeben, so dass die zitierte Rechtsprechung gerade einschlägig, nicht aber divergierend zur getroffenen Entscheidung ist.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15. März 2014 und weitere 1.191,06 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31. Juli 2015 zu zahlen.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) hat die Beklagte zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche der Klägerin aufgrund tariflicher Gehaltserhöhungen von 3 % ab 01. August 2013 und 2,1 % ab 01. Mai 2014.

2

Die Klägerin ist seit 01. Juli 2008 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Verkäuferin in Teilzeit (80 %) aufgrund Arbeitsvertrags vom 05. Februar 2010 beschäftigt, der u.a. folgende Regelungen enthält:

3

"12. Verweisungsklausel

4

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn-/Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverband oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsübergangs vom Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge gewollt.

5

13. Schlussbestimmungen

6

Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

7

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden.

8

Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform."

9

Die in Ziff. 12 des Arbeitsvertrags enthaltene Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

10

Die Beklagte war bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes. Mit Schreiben vom 16. Juni 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie, obgleich keine Tarifbindung bestehe, auch nach dem 30. Juni 2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergütet werde.

11

Bis einschließlich Juli 2013 hatte die Beklagte die Klägerin nach den Bestimmungen des Gehalts-TV nach der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr eingruppiert und vergütet. Zum 01. August 2013 erhöhte sich die tarifliche Vergütung in der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr für Teilzeitkräfte mit 80 % einer Vollzeitkraft um 53,58 EUR von 1.798,40 EUR auf 1.851,98 EUR brutto monatlich und zum 01. Mai 2014 um weitere 39,22 EUR auf 1.891,20 EUR brutto monatlich.

12

Mit folgendem Schreiben vom 28. Februar 2014 machte die Klägerin rückwirkend zum 01. August 2013 die Tariferhöhung von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014 geltend:

13

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz

14

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 %, sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

15

Sehr geehrter Herr W.,
ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

16

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

17

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

18

Ich bitte sie mir bis zum 15.03.14 meinen Anspruch zu bestätigen."

19

Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18. März 2014 ab mit der Begründung, dass weder aufgrund originärer tarifrechtlicher Verpflichtungen noch aufgrund individueller arbeitsvertraglicher Regelungen ein Anspruch auf Erhöhung der monatlichen Vergütung bestehe.

20

Mit ihrer am 22. Juli 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen und der Beklagten am 30. Juli 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Nachzahlung der sich aus den tariflichen Gehaltserhöhungen ergebenden Differenzbeträge zu den von der Beklagten geleisteten Zahlungen in Anspruch genommen, die sich - rechnerisch unstreitig - für die Zeit von August 2013 bis Februar 2014 auf insgesamt 408,55 EUR brutto und für die Zeit von März 2014 bis Juni 2015 auf insgesamt 1.191,06 EUR brutto belaufen; wegen der Einzelheiten der errechneten Differenzbeträge wird auf die Berechnung der Klageforderungen im Schriftsatz der Klägerin vom 22. September 2015 verwiesen.

21

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

22

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15. März 2014 zu zahlen,

23

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.191,06 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 verwiesen. Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern der Klage in Höhe von 408,55 EUR für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 und weiteren 368,40 EUR brutto für den Zeitraum von Januar bis Juni 2015 stattgegeben und sie im Übrigen hinsichtlich der weitergehenden Ansprüche mangels Wahrung der tariflichen Verfallfrist abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

27

Gegen das ihr am 03. Dezember 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 04. Januar 2016, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag (Montag) eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 03. Februar 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen und der Beklagten am 22. Februar 2016 zugestellt, begründet. Die Beklagte hat nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist bis zum 22. April 2016 mit Schriftsatz vom 21. April 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Anschlussberufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin die vom Arbeitsgericht aberkannten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 in Höhe von 822,66 EUR brutto weiter (Klageantrag zu 2.: 1.191,06 EUR brutto für die Zeit von März 2014 bis Juni 2015 abzüglich des bereits zuerkannten Betrags in Höhe von 368,40 EUR brutto für die Zeit von Januar bis Juni 2015 = verbleibende Differenz in Höhe von 822,66 EUR brutto). Die Beklagte wendet sich mit ihrer Anschlussberufung nur insoweit gegen die stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts, als sie die Abweisung der Klage in Höhe von weiteren 408,55 EUR brutto für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 begehrt.

28

Die Klägerin trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die von ihr geltend gemachten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen seien. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei ihr Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass hiervon nur die bezifferten Differenzbeträge bis Februar 2014 umfasst seien. Das Arbeitsgericht sei hier fehlerhaft von einer unzureichenden Geltendmachung ausgegangen. Die Rechtsprechung erkenne an, dass eine entsprechende Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs möglich sei, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Im Streitfall sei zwischen den Parteien allein die Frage streitig, ob eine dynamische Verweisungsklausel vorliege und sie regelmäßig an der Tariflohnerhöhung teilnehme, während ihre Eingruppierung in die Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr unstreitig sei. Für den Arbeitgeber sei die Interessenlage damit hinreichend deutlich, insbesondere auch vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit diesbezüglich durchgeführten Rechtsstreite. Entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts könne etwas anderes auch nicht aus ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 hergeleitet werden. Darin werde deutlich gemacht, dass man Ansprüche des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz geltend mache. Neben der rückwirkenden Geltendmachung der Tariferhöhung ab 01. August 2013 um 3 % werde dem Arbeitgeber deutlich signalisiert, dass sie auch beabsichtige, an einer weiteren Gehaltserhöhung ab 01. Mai 2014 in Höhe von 2,1 % zu partizipieren. Etwas anderes könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die rückwirkend bis zu diesem Zeitpunkt bereits angefallenen Beträge beziffert worden seien, weil gleichzeitig deutlich gemacht werde, dass man auch zukünftig an der Tarifentwicklung partizipieren wolle. Entgegen der Darstellung der Beklagten in ihrer Anschlussberufung müsse der Beschäftigte beim Durchblättern des Arbeitsvertrages nicht damit rechnen, dass nach der Verweisungsklausel in den Schlussbestimmungen versteckt Ausschlussklauseln gesondert in Abweichung zum Tarifvertrag vereinbart würden. Vorliegend sei in Ziff. 12 des Arbeitsvertrags drucktechnisch die Geltung des Tarifvertrages hervorgehoben und in der nächsten Ziffer dann versteckt unter Schlussbestimmungen im Anschluss an eine salvatorische Klausel letztlich eine weitergehende Verfallsregelung in den Vertrag eingeführt worden.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 822,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

31

Die Beklagte beantragt,

32

die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen,

33

und im Wege der Anschlussberufung,

34

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - die Klage in Höhe von weiteren 408,55 EUR brutto nebst Zinsen seit 15. März 2014 abzuweisen.

35

Die Klägerin beantragt,

36

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

37

Die Beklagte erwidert, die Berufung sei bereits mangels ordnungsgemäßer Berufungsbegründung unzulässig. Die Klägerin habe sich in ihrer Berufungsbegründung weder ausreichend mit den Urteilsgründen des erstinstanzlichen Urteils auseinandergesetzt noch anhand der Urteilsbegründung konkrete Rechtsfehler sowie deren Erheblichkeit aufgezeigt. An keiner Stelle der Berufungsbegründung setze sich die Klägerin mit der Entscheidungserheblichkeit der gerügten Falschbeurteilung des Arbeitsgerichts auseinander. Die Klägerin hätte die Kausalität bzw. Entscheidungserheblichkeit des etwaigen Rechtsfehlers auch insbesondere deshalb darlegen müssen, weil auch in ihrem Arbeitsvertrag eine Ausschlussklausel enthalten sei. Selbst wenn die von der ersten Instanz abgewiesenen Forderungen nicht der tariflichen Ausschlussklausel unterlägen, greife die arbeitsvertragliche Ausschlussklausel. Die Klägerin hätte zur Begründung der Entscheidungserheblichkeit zumindest darlegen müssen, dass die abgewiesenen Forderungen auch nicht der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel unterfallen würden, d. h. ihr die zusätzlich geltend gemachten Forderungen zustünden. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin noch nicht einmal die Umstände vorgetragen habe, die zu einer Entscheidungserheblichkeit führten, sei die Berufung bereits unzulässig. Weiterhin sei das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Zahlungsansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen seien. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe, habe die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 nur die Ansprüche geltend gemacht, die bis zu diesem Zeitpunkt fällig geworden seien, d. h. die Ansprüche bis Februar 2014. Schon nach der Betreffzeile des Geltendmachungsschreibens seien bezüglich der Erhöhung von 3 % nur die Ansprüche vom Zeitpunkt der Geltendmachung an rückwirkend zum 01. August 2013 erfasst. Auch wenn in der Betreffzeile weiterhin die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014 stehe, ergebe sich aus der abschließenden Formulierung, nach der sich der Gesamtbetrag der Geltendmachung auf 408,55 EUR belaufe, dass der Zeitraum ab März 2014 dennoch nicht vom Schreiben der Klägerin umfasst sei. Die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 keine zukünftigen Ansprüche geltend gemacht. Wenn die Klägerin über den bezifferten Gesamtbetrag hinaus Ansprüche hätte geltend machen wollen, so hätte sie das mit der notwendigen Deutlichkeit in ihrem Geltendmachungsschreiben ausführen müssen. Zwar könne eine tarifliche Ausschlussfrist ausnahmsweise durch eine Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden, was jedoch an sehr enge Voraussetzungen geknüpft sei, die hier nicht vorlägen. Zum einen betreffe die Geltendmachung vom 28. Februar 2014 für die bereits fälligen Ansprüche die Tariferhöhung zum 01. August 2013 um 3 %, während die zukünftig fällig werdenden Ansprüche aus der Tariferhöhung ab dem 01. Mai 2014 um 2,1 % basierten. Danach beruhten die künftigen Ansprüche nicht auf derselben tatsächlichen Grundlage wie die bereits fälligen Ansprüche. Zudem sei der tatsächliche Umstand, auf den die noch nicht fälligen Ansprüche gestützt werden sollten, noch nicht einmal eingetreten, weshalb das Geltendmachungsschreiben auch nur von "der zu erwartenden Erhöhung von 2,1 %" spreche. Die mit der Berufung geltend gemachten und vom Arbeitsgericht abgewiesenen Ansprüche seien auch aufgrund der Ausschlussklausel in Ziff. 13 des Arbeitsvertrags verfallen. Die Klägerin habe weder die erste Stufe noch die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gewahrt. Selbst wenn man in der Geltendmachung vom 28. Februar 2014 auch eine Geltendmachung der Ansprüche von März bis Dezember 2014 sehen würde, wären diese Ansprüche jedenfalls wegen verspäteter gerichtlicher Geltendmachung verfallen. Mit ihrer Anschlussberufung wende sie sich gegen die rechtsfehlerhaft vom Arbeitsgericht zuerkannten Differenzlohnansprüche für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass diese Ansprüche der zweiten Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterfielen und danach verfallen seien. Bei der im Arbeitsvertrag enthaltenen Ausschlussklausel handele es sich nicht um eine überraschende Klausel. Vielmehr seien Ausschlussklauseln nach der ständigen Rechtsprechung im Arbeitsvertrag üblich und im Arbeitsleben weit verbreitet. Die Klausel zu den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen sei auch nicht versteckt platziert. Zum einen würden Ausschlussklauseln erwartungsgemäß und üblicherweise am Ende eines Arbeitsvertrags stehen. Daher findet sich die Klausel zu den Ausschlussfristen genau dort, wo ein verständiger Arbeitnehmer sie auch erwarten würde. Zum anderen falle die Ausschlussklausel aufgrund ihrer Lage über dem Unterschriftenfeld auch besonders ins Auge, so dass sie nicht zu übersehen sei. Insbesondere die zweite Stufe der Ausschlussklausel sei extra textlich abgesetzt mit Leerzeile zwischen dem vorgehenden Text und dem Folgetext versehen worden. Die Kombination aus dieser Absetzung des Textblocks mit Leerzeile und der Lage der Klausel im Blickfeld über Unterschriftenzeile mache ein Übersehen der Klausel nahezu unmöglich. Eine eigene Überschrift oder besondere drucktechnische Hervorhebung könne allenfalls dann für eine Ausschlussklausel gefordert werden, wenn diese bei einem Durchblättern vor der Unterschrift nicht ins Auge falle, weil innerhalb des mehrere Seiten umfassenden Textes keine Überschrift "Ausschlussklausel" hervorsteche und auch am Anfang und Ende die Ausschlussklausel sich nicht durch die Lage dem Leser aufdränge. Im Hinblick darauf, dass die Ausschlussklausel vorliegend aufgrund ihrer Lage über dem Unterschriftenfeld ins Auge steche, könne von einer versteckten Klausel schon begrifflich nicht die Rede sein. Die von ihr im Einzelnen dargestellte Rechtsprechung sehe bei Klauseln am Vertragsende gerade kein "Verstecken" als gegeben an, sondern gehe gerade von einer besonderen Wahrnehmbarkeit aus. Auch die optische Hervorhebung durch Fettdruck der vorangehenden Ziffer des Arbeitsvertrags führe nicht dazu, dass die Ausschlussklausel als überraschend anzusehen wäre. Im Hinblick darauf, dass sich der Fettdruck in einer anderen Ziffer und auf einer anderen Seite des Arbeitsvertrages befinde, spiele die Ausgestaltung von Ziff. 12 des Arbeitsvertrages keine Rolle für die Wahrnehmung. Auch die Tatsache, dass zunächst in einer Ziffer des Arbeitsvertrags auf anwendbare Tarifverträge verwiesen werde, hindere den Arbeitgeber nicht daran, in einer späteren Ziffer des Arbeitsvertrags arbeitsvertragliche Ausschlussfristen aufzunehmen, die ggf. von der tariflichen Regelung abweichen würden. Dies mache eine Ausschlussfrist noch nicht überraschend im Sinne von § 305 c BGB. Im Übrigen wäre die Ausschlussklausel auch teilbar, wonach jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussklausel für sich betrachtet sowohl textlich abgesetzt als auch allein für sich inhaltlich sinnvoll und nach dem blue-pencil-Test wirksam sei.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

39

Das Berufungsgericht hat im Einverständnis beider Parteien durch Beschluss vom 14. Juni 2017 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.

Entscheidungsgründe

40

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist hingegen unbegründet.

I.

41

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

42

Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründung der Klägerin ohne weiteres den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO.

43

Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Klageanspruch der Klägerin auf Nachzahlung der Differenzen zum Tarifgehalt aus § 12 S. 1 des Arbeitsvertrages ergebe, aber bezüglich des Zeitraums von März bis Dezember 2014 mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen sei, weil das Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 auf den angegebenen Gesamtbetrag in Höhe von 408,55 EUR beschränkt sei und damit nur die fälligen Ansprüche bis Februar 2014, nicht aber die Ansprüche ab März 2014 umfasse. Mit dieser tragenden Begründung des Arbeitsgerichts (für die Abweisung der mit der Berufung weiterverfolgten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014) hat sich die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung im Einzelnen auseinandergesetzt und dargelegt, aus welchen Gründen sie entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts mit ihrem Geltendmachungsschreiben hinreichend deutlich gemacht habe, dass sie - neben der rückwirkenden Geltendmachung der Tariferhöhung - auch zukünftig an den bezeichneten Tariferhöhungen partizipieren wolle. Deshalb sei das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise zu korrigieren und die Beklagte zur Zahlung der weiteren Differenzgeldansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 verpflichtet.

44

Ergibt sich - wie hier - die Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Rechtsverstoßes unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil in Verbindung mit den Ausführungen in der Berufungsbegründung, bedarf sie keiner gesonderten Darlegung in der Berufungsbegründung (vgl. BGH 10. März 2015 - VI ZB 28/14 - NJW 2015, 1458). Entgegen der Ansicht der Beklagten bestand für die Klägerin kein besonderes Darlegungserfordernis hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit wegen der im Arbeitsvertrag enthaltenen Ausschlussklausel, weil das Arbeitsgericht darauf seine klageabweisende Entscheidung nicht gestützt hat (vgl. BGH 10. März 2015 - VI ZR 215/14 - NJW 2015, 1684). Vielmehr hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die unter den Schlussbestimmungen der Ziff. 13 des Arbeitsvertrags normierte zweite Stufe der Verfallfrist so ungewöhnlich und überraschend sei, dass die Klägerin nicht mit ihr habe rechnen müssen. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsgericht gemäß der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht angenommen hat, dass die Klausel gemessen am Maßstab des § 305c BGB keinen Bestand haben könne, brauchte die Klägerin hierzu keine Ausführungen zu machen.

II.

45

Die Berufung der Klägerin ist auch begründet.

46

Die Klägerin hat gemäß Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrags der Parteien einen Anspruch auf die von ihr geltend gemachte Differenzvergütung für die Monate März bis Dezember 2014 in rechnerisch unstreitiger Höhe. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts ist dieser Klageanspruch nicht verfallen.

47

1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Klageanspruch aus Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrags ergibt und die Formulierung "in der jeweils geltenden Fassung" eine dynamische Bezugnahme auf die bezeichneten Tarifverträge enthält. Weiterhin hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass Ziff. 12 S. 2 des Arbeitsvertrags dem nicht entgegensteht, weil die Beklagte bereits bei Vertragsabschluss nicht tarifgebunden war.

48

Der Eintritt der in dieser Klausel enthaltenen auflösenden Bedingung, nach der eine dynamische Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge bei Wegfall der Tarifbindung der Beklagten nicht mehr gegeben sein soll, war bereits von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich. Die Wirksamkeit der in Ziff. 12 S. 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt hiervon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist nämlich (im Übrigen) von Anfang an voll wirksam (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 28, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 49, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 61, juris).

49

Nichts anderes ergibt sich bei Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Bei dieser handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. von § 305 Abs. 1 BGB. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung, der keine der Parteien entgegengetreten ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 17, juris; BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 20, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 29 f., juris).

50

Ausgehend von diesen Grundsätzen soll nach dem eindeutigen Wortlaut der ausschließlich zukunftsbezogen formulierten Regelung in Ziff. 12 S. 2 des Arbeitsvertrages der Wegfall der dynamischen Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge bei Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, nämlich des Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers eintreten. Die ausschließliche Zukunftsbezogenheit dieser auflösenden Bedingung ergibt sich deutlich aus den verwandten Formulierungen "Dies gilt dann nicht mehr, wenn …" und "… nicht mehr tarifgebunden ist." Hingegen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die vereinbarte dynamische Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht eintreten sollte, zumal dies zu einer unauflösbaren Widersprüchlichkeit der in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelungen und zu einer völligen Sinnentleerung der in S. 1 dieser Verweisungsklausel enthaltenen Bestimmung führen würde (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 31, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 67, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 64, juris).

51

Die streitgegenständlichen Ansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien rechnerisch unstreitig.

52

2. Die Klageansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 sind nicht verfallen.

53

a) Die Klägerin hat diese zum damaligen Zeitpunkt noch nicht entstandenen und fälligen Ansprüche mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 rechtzeitig schriftlich geltend gemacht.

54

Nach § 16 Ziff. 1 Buchst. c des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sind die betreffenden Ansprüche innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Die tarifliche Ausschlussfrist stimmt insoweit mit der in Ziff. 13 S. 3 des Arbeitsvertrags der Parteien geregelten ersten Stufe der Verfallfrist überein, als danach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

55

Die sechsmonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 hinsichtlich der Klageansprüche von März bis Dezember 2014 gewahrt.

56

aa) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24, NZA 2013, 975).

57

Danach hat die Klägerin mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 die sechsmonatige Ausschlussfrist auch für die künftigen Ansprüche von März bis Dezember 2014 gewahrt. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts lässt sich das Schreiben der Klägerin vom 28. Februar 2014 nicht dahingehend auslegen, dass die Geltendmachung auf den beziffert angegebenen Betrag in Höhe von 408,55 EUR beschränkt worden ist. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens vom 28. Februar 2014, dass die Klägerin mit der "Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrags Einzelhandel Rheinland-Pfalz" nicht nur die "Tariferhöhung rückwirkend zum 01. August 2013 von 3 %", sondern auch "die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014" geltend gemacht hat. Zur Begründung des Anspruchs auf die genannten Tariferhöhungen verweist die Klägerin in ihrem Schreiben darauf, dass ihr Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisungsklausel enthält. Aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass die Klägerin unter Berufung auf die in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarte dynamische Verweisungsklausel nicht nur die bereits fälligen, sondern auch die künftigen Ansprüche geltend macht, die sich aus den in ihrem Schreiben angeführten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 und 01. Mai 2014 ergeben. Diese Geltendmachung ist mithin ersichtlich nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über Mai 2014 hinaus für die Beklagte ohne weiteres errechenbar war (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 81, juris).

58

bb) Zwar waren diese Ansprüche zum damaligen Zeitpunkt weder entstanden noch fällig. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls war es der Klägerin jedoch möglich, diese Ansprüche auch schon vor ihrer Entstehung und Fälligkeit gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

59

Die Geltendmachung eines Anspruchs setzt regelmäßig dessen Bestehen voraus. Anderenfalls liegt kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte. Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht grundsätzlich auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung von Ansprüchen bewahrt werden, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht. Er soll sich auf offene Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden können. Sind die rechtserzeugenden Tatsachen noch nicht eingetreten, können diese Ziele regelmäßig nicht erreicht werden. Es bleibt ungewiss, ob und in welchem Umfang Ansprüche entstehen. Auch wird die rasche Klärung von Ansprüchen nicht erreicht. In Ausnahmefällen können Sinn und Zweck der Ausschlussfrist aber die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch schon vor dessen Entstehen gebieten. Wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht, kann der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist, dem Schuldner zeitnah Gewissheit verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, auch durch eine einmalige Geltendmachung erreicht werden. Eine solche einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird; hier reicht im Zweifel die einmalige Geltendmachung der richtigen Berechnungsmethode auch für später entstehende Zahlungsansprüche aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen im Streit steht; in einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was von ihm verlangt wird und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seine Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat (BAG 03. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44 und 45, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 205; BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 29 ff., NZA 2013, 975, LAG Rheinland-Pfalz 22. Januar 2014 - 4 Sa 325/13 - Rn. 56 ff., juris).

60

Die Parteien streiten allein darüber, ob die in Ziff. 12 ihres Arbeitsvertrages enthaltene Bezugnahmeklausel zu einer dynamischen Anwendung der bezeichneten Tarifverträge mit der Folge führt, dass die Klägerin die im Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 bezeichneten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 von 3 % sowie von weiteren 2,1 % ab 01. Mai 2014 beanspruchen kann. Im Übrigen waren und sind die für die Berechnung der Klageforderung maßgeblichen Faktoren zwischen den Parteien unstreitig und mit den erteilten Gehaltsabrechnungen streitlos gestellt. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 28. Februar 2014 wahrt daher auch die Ausschlussfrist für die künftigen Ansprüche der Klägerin auf die geltend gemachten Tariferhöhungen. Für die Beklagte bestand ersichtlich keinerlei Zweifel darüber, was die Klägerin von ihr verlangte. Sie musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 22. Januar 2014 - 4 Sa 325/13 - Rn. 57 f., juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 80, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 85, juris).

61

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die mit der Berufung weiterverfolgten Ansprüche nicht mangels rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung nach Maßgabe der in Ziff. 13 S. 4 des Arbeitsvertrags der Parteien geregelten 2. Stufe der Verfallfristen verfallen.

62

aa) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei dieser Klausel entsprechend dem äußeren Erscheinungsbild um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB handelt, die als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.

63

Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt der Klausel, ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle, kann die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 24, NZA 2006, 324).

64

Gemessen an diesen Anforderungen ist die in Ziff. 12 S. 4 des Arbeitsvertrags enthaltene Verfallfrist zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen (2. Stufe) nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Klausel befindet sich am Ende eines Arbeitsvertrags, der insgesamt 13 Ziffern enthält. Darin sind neben den üblichen auch von § 2 Abs. 1 NachwG geforderten Bestimmungen u. a. die Abtretung von Schadensersatzansprüchen, Personalfragebogen, Nebentätigkeit, Rückgabe des Arbeitsmaterials, allgemeine Pflichten und die Vertragsstrafe eigenständig unter gesonderten Überschriften geregelt. Die "Schlussbestimmungen" in Ziff. 13 des Arbeitsvertrags enthalten zunächst eine salvatorische Klausel (Sätze 1 und 2). Sodann ist in den Sätzen 3 und 4 eine zweistufige Ausschlussfrist enthalten. Hieran schließt sich eine Regelung an, nach der Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen (Satz 5). Nach dem gesamten Erscheinungsbild des Vertrags hat die Beklagte die zweistufige Ausschlussklausel damit an einer aus Sicht eines redlichen Vertragspartners unerwarteten Stelle versteckt. Unter der Überschrift "Schlussbestimmungen" muss ein verständiger Arbeitnehmer bei einem so detaillierten Vertrag nicht mit einer Klausel rechnen, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung herbeigeführt werden soll (vgl. BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 25, NZA 2006, 324). Das gilt umso mehr, als vorliegend in der vorangegangenen Ziff. 12 eine Verweisungsklausel enthalten ist, in der - fettgedruckt - geregelt ist, dass im Übrigen die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz und die weiteren aufgeführten Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Arbeitsvertrag so aufgebaut, dass in den Ziffern 1 bis 11 die einzelnen arbeitsvertraglichen Bestimmungen geregelt sind und dann in Ziff. 12 ergänzend auf die maßgeblichen Tarifverträge Bezug genommen wird. Nach § 16 Ziff. 1 Buchst. c des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Hingegen ist eine zweite Stufe zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen im vorgenannten Manteltarifvertrag nicht vorgesehen. Nach der in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen umfassenden Verweisungsklausel, deren Text zudem noch durch Fettdruck gegenüber den Textpassagen der vorangegangenen Ziffern besonders hervorgehoben ist, braucht ein verständiger Arbeitnehmer nicht damit zu rechnen, dass in den nachfolgenden "Schlussbestimmungen" (Ziff. 13) - abweichend von dem in Ziff. 12 in Bezug genommenen Manteltarifvertrag - eine Klausel enthalten ist, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung herbeigeführt werden soll. Hinzu kommt noch, dass in Ziff. 13 des Vertrags sowohl in den ersten beiden Sätzen als auch im letzten Satz über der Unterschriftenzeile (Schluss)Bestimmungen enthalten sind, die ebenso wie die Überschrift nicht erwarten lassen, dass dazwischen noch eine zweistufige Ausschlussfrist untergebracht ist, die - abweichend von der nach Ziff. 12 in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristenregelung - den Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung bewirken soll.

65

bb) Unabhängig davon hält die zweite Stufe der vertraglichen Ausschlussfristenregelung auch einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht stand, weil diese Regelung in Widerspruch zu der über die Verweisungsklausel aus Ziff. 12 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussklausel steht, bei der die gerichtliche Geltendmachung gerade nicht erforderlich ist, um einen Anspruchsverfall zu verhindern (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 70 ff., juris).

66

Der in Ziff. 12 Satz 1 in Bezug genommene Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die inhaltlich der in Ziff. 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen, jedoch beide nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung Geltung beanspruchen. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlichen Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziff. 12, ebenso wie die Anwendung von Ziff. 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Deshalb ist die nur in Ziff. 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. blue-pencil-Tests zu streichen, während die in beiden Ziffern gleichlautend vorgesehene erste Stufe aufrechtzuerhalten ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 74, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 74, juris).

III.

67

Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet.

68

Gemäß den obigen Ausführungen bedurfte es entgegen der Ansicht der Beklagten keiner gerichtlichen Geltendmachung der Klageansprüche. Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht die geltend gemachten Differenzansprüche für die Zeit von August 2013 bis Februar 2014 in Höhe von 408,55 EUR brutto zuerkannt.

69

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

70

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 5 Sa 830/11 - insoweit aufgehoben, als es das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 30. März 2011 - 3 Ca 2345/10 - auf die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1) und des Zahlungsantrags zu 4) abgeändert und die Klage abgewiesen hat, sowie insoweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen hat.

1. Hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1) und des Zahlungsantrags zu 4) wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 30. März 2011 - 3 Ca 2345/10 - zurückgewiesen.

2. Hinsichtlich des Zahlungsantrags zu 5) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 30. März 2011 - 3 Ca 2345/10 - auf die Berufung des Klägers abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 424,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16. November 2010 zu zahlen.

3. Hinsichtlich der Zahlungsanträge zu 2) und 3) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsstreits - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Vergütungsanspruch des Klägers.

2

Der Kläger ist seit 1995 bei der Beklagten in deren Werk in S als Ziegeleiarbeiter beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag lautet ua. wie folgt:

        

§ 2   

Stundenlohn/Arbeitszeit

        

Der Arbeitgeber zahlt an den Arbeitnehmer einen Stundenlohn von brutto TL 3 = 18,96 DM.

        

Setzt sich der Stundenlohn aus einem Tariflohn gemäß § 10 dieses Vertrages und freiwilligen übertariflichen Zulagen zusammen, so können diese übertariflichen Zulagen jederzeit nach billigem Ermessen widerrufen werden. Auch durch die wiederholte Gewährung entsteht für die Zukunft kein Rechtsanspruch. Die übertariflichen Zulagen können auf tarifliche Veränderungen und tarifliche Umgruppierungen angerechnet werden.

        

Tarifliche Zulagen werden nur für die Dauer der tariflichen Voraussetzungen der Zulagen gewährt.

        

…       

        

§ 10   

Ergänzende Vereinbarungen

        

Im übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis ergänzend die Vorschriften des Tarifvertrages BRTV gewerbl. AN der Ziegelindustrie/der Arbeitsordnung vom 06.11.1990 in seiner/ihrer jeweiligen Fassung.

        

Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages bestehen zwischen den Parteien nicht.“

3

Die Beklagte wendet auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis den „Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in der Ziegelindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgenommen Bayern“ (MTV), den „Entgeltrahmentarifvertrag für die Ziegelindustrie in der Bundesrepublik Deutschland (ausgenommen Bayern)“ (ERTV) und den „Entgelttarifvertrag für die Ziegelindustrie in Nordrhein-Westfalen und südlichem Niedersachsen“ (ETV) in der jeweiligen Fassung an.

4

Im Jahre 1996 beabsichtigte die Beklagte, in dem Werk einen 3-Schichtbetrieb einzuführen. Diese Einführung war ua. Gegenstand eines Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht Wesel. Nachdem dort am 17. Dezember 1996 ein Anhörungstermin stattgefunden hatte, kam es am 18. Dezember 1996 im sog. Sozialraum der Beklagten zu einer Mitarbeiterbesprechung, an der auch der Kläger teilnahm. Das Protokoll der Besprechung hat auszugsweise folgenden Inhalt:

        

„Nachdem das Arbeitsgericht Wesel am 17.12.1996 die Rechtmäßigkeit der Einführung des 3-Schichtbetriebs bestätigt hat, wurde in dem Gespräch mit obigen Teilnehmern geklärt, wie nach Einführung des 3-Schichtbetriebs und der Abschaffung der Fegestunden die Entlohnung ausgeführt wird.

        

Dabei wurde folgende Regelung für die Mitarbeiter im 3-Schichtbetrieb getroffen:

        

1. Die Firma N erstattet denjenigen Mitarbeitern, die vom 2- in den 3-Schichtbetrieb umgesetzt werden, eine freiwillige Einmalzahlung, die sich orientiert an der Arbeitsstundenzahl von 1995 im Vergleich zu den Stunden beim 3-Schichtbetrieb.

        

Formel: (Arbeitsstunden 1995 - 2030 Stunden) * 1,- DM = Einmalzahlung. (Anlage)

        

2. Die betroffenen Mitarbeiter werden in eine höhere Lohngruppe eingestuft. (Anlage)

        

3. Es wird eine neue Prämienstaffelung eingeführt. (Anlage)

        

4. Die Fegestunden werden abgeschafft. Als Ausgleich erhalten die Mitarbeiter im Pressenbereich eine einmalige Zahlung von DM 3.600.-. Die Mitarbeiter an der Setzanlage werden einmalig mit DM 5.400.- abgegolten.

        

Die Auszahlung erfolgt im Dezember. Die Vorabzahlung vom 11.7.1996 wird damit verrechnet.

        

Für die Mitarbeiter, die nur gelegentlich (20 bis 35 Stunden) an den obigen Anlagen tätig waren, ergibt sich eine einmalige Zahlung von DM 1.000.-.

        

5. Die oben beschriebene Regelung gilt rückwirkend ab Einführung des 3-Schichtbetriebs am 13.5.1996.“

5

Die Anlage zum Protokoll hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

        

Vorschläge zur Verbesserung der Lohnsituation nach der Umstellung auf 3-Schicht-Betrieb in S

        

A)    

Es wird eine einmalige Zahlung ausgeschüttet, die sich an der Differenz der Jahresarbeitsstunden 1995 zu den möglichen Arbeitsstunden nach Einführung des 3-Schichtbetriebs orientiert.

                          

Bei der geplanten 40 Stunden-Woche können pro Jahr 2080 Arbeitsstunden geleistet werden. Für jede Stunde die 1995 mehr geleistet wurde, zahlt die Firma N einmalig 1,- DM.

        

B)    

Die Mitarbeiter werden in eine höhere Lohngruppe eingestuft.

                 

Der Lohn setzt sich derzeit zusammen aus Tariflohngruppe 3 plus 1,41 DM freiwilliger Zulage und ergibt sich zu 21,58 DM

                          

Es werden 3 betriebliche Bewertungsgruppen eingeführt, die sich wie folgt darstellen:

                          

BWG 1:

Für Pressenfahrer, Bühnenfahrer die Presse fahren können und Springer

                          

Tariflohngruppe 5 plus 1,50 DM freiwillige Zulage ergibt 22,53 DM

                          

BWG 2:

Betrifft alle anderen derzeitigen Mitarbeiter

                          

Tariflohngruppe 4 plus 1,25 DM freiwillige Zulage ergibt 21,00 DM

                          

BWG 3:

Für Kurve, Einhänger, Entlader und Neuzugänge

                          

Tariflohngruppe 3 ergibt 20,17 DM

                 
        

C)    

Es wird eine neue Prämienstaffelung eingeführt.

        

…       

        
        

Stundenlohnfindung:

        

Bewertungsgruppe 1:

(Pressenfahrer, Springer)

Tariflohngruppe 5:

21,03 DM

        
                          

Betriebliche Zulage:

1,50 DM

        
                          

Stundenlohn:

22,53 DM

        
                                                     
        

Bewertungsgruppe 2:

(Übrige Arbeitsplätze)

Tariflohngruppe 4:

20,35 DM

        
                          

Betriebliche Zulage:

1,25 DM

        
                          

Stundenlohn:

21,60 DM

        
                                                     
        

Bewertungsgruppe 3:

(Kurve, Entladung Einhänger und Neuzugänge)

Tariflohngruppe 3:

20,17 DM

        
                          

Betriebliche Zulage:

0,00 DM

        
                          

Stundenlohn:

20,17 DM

        
        

…“    

6

In den nachfolgenden zwölfeinhalb Jahren erhielt der Kläger eine Vergütung nach der Lohngruppe 5 MTV. Zwischenzeitlich vereinbarte Tabellenlohnerhöhungen wurden an ihn weitergegeben. Die Stundenvergütung des Klägers betrug im Jahre 2009 nach Maßgabe der Lohn- und Gehaltstarifverträge vom 30. August 2006 13,94 Euro brutto.

7

Am 5. Juni 2009 wurde ein neuer Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV 2009) vereinbart. Dieser sieht ua. eine neue Vergütungsordnung in Form einer Entgeltgruppeneinteilung mit neuen Tätigkeitsmerkmalen vor. Zugleich vereinbarten die Tarifvertragsparteien ein „Überführungsgitter“, aufgrund dessen die bisher nach dem MTV eingruppierten Arbeitnehmer in die neue Vergütungsordnung „regelüberführt“ werden sollten. Danach entsprachen die bisherigen Lohngruppen 3, 4 und 5 MTV den neuen Entgeltgruppen E 4, E 5 und E 6 ERTV 2009. Eine Besitzstandsregelung sollte die Erhaltung des bisherigen „Tarifentgelts“ sicherstellen.

8

Mit Schreiben vom 15. Juni 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass

        

„nach Ausgang der rechtlichen Auseinandersetzung bezüglich Ihrer Umgruppierung (Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 29.04.2010) die Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung in die Lohngruppe 3 als erteilt gilt. Wir werden daher die sich hieraus ergebenden Korrekturabrechnungen für den Zeitraum Oktober 2008 bis Mai 2010 ermitteln und in der nächsten Abrechnung zum Abzug bringen.

        

…       

        

Soweit sich aus der individuellen Rückrechnung der Monate Abzugsbeträge ergeben, nach denen das Nettoeinkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze fallen würde, werden wir in den einzelnen monatlichen Abrechnungen ab Juni 2010 jeweils nur bis zur Pfändungsfreigrenze verrechnen und die verbleibenden Differenzen auf die nächsten Monate vortragen …“

9

Der Kläger widersprach den Rückforderungsabsichten mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 30. Juni 2010, das ua. wie folgt lautet:

        

„Wir können nur anraten, zwingend darauf zu verzichten, etwaige Verrechnungen vor allen Dingen rückwirkend seit Oktober 2008 umzusetzen. Ein entsprechendes Umgruppierungsverlangen unseres Mandanten ist erstmals mit Ihrem Schreiben vom 15.06.2010 erfolgt, so dass Korrekturabrechnungen rückwirkend für den Zeitraum Oktober 2008 bis Mai 2010 schlicht auch aufgrund der bestehenden Verfallklausel in § 20 des Manteltarifvertrages für die Ziegeleiindustrie vom 30.08.2006 unzulässig sind. Würden Sie eine entsprechende Verrechnung vornehmen, würden wir unverzüglich im Rahmen einer einstweiligen Verfügung die dahingehenden Zahlungsansprüche geltend machen.“

10

Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 8. Juli 2010 mit, dass insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.716,76 Euro netto überzahlt worden sei. Sie behielt in der Folgezeit - wie angekündigt - vom Lohn des Klägers Nettobeträge ein, und zwar 404,01 Euro im Monat Juni 2010, 295,01 Euro im Monat August 2010, 315,01 Euro im Monat September 2010 und 424,72 Euro im Monat Oktober 2010.

11

Mit seiner beim Arbeitsgericht am 17. September 2010 eingegangenen und der Beklagten am 25. September 2010 zugestellten Klage hat der Kläger ua. die Feststellung begehrt, dass er in die Entgeltgruppe E 6 ERTV 2009 einzugruppieren sei, und die Nachzahlung der einbehaltenen Vergütungsbeträge für den Monat Juni 2010 verlangt. Mit Klageerweiterungen, die am 18. November 2010 und am 11. Januar 2011 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 23. November 2010 bzw. am 12. Januar 2011 zugestellt worden sind, hat er ferner die weiteren einbehaltenen Beträge für die Monate August 2010 und September 2010 sowie für Oktober 2010 eingeklagt. Er hat unter Hinweis auf das Besprechungsprotokoll vom 18. Dezember 1996 die Auffassung vertreten, er habe einen vertraglichen Anspruch auf eine Vergütung nach der Lohngruppe 5 MTV gehabt. Die langjährige Weiterzahlung einer Vergütung nach der Lohngruppe 5 MTV belege die individuell vereinbarte Höhergruppierung. In der Folge sei er nunmehr entsprechend dem „Überführungsgitter“ nach der Entgeltgruppe E 6 ERTV 2009 zu vergüten. Im Übrigen habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 15. Juni 2010 die Ansprüche verspätet geltend gemacht und zu Unrecht von seiner Vergütung abgezogen.

12

Der Kläger hat zuletzt, soweit für die Revision noch von Bedeutung, beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass er nach der Tarifgruppe West Entgeltgruppe E 6 des Entgeltrahmentarifvertrags für die Ziegeleiindustrie in der Bundesrepublik Deutschland vom 5. Juni 2009 zu vergüten ist,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 404,01 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. Juli 2010 zu zahlen (verrechneter Restlohn 6/2010),

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 295,01 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15. September 2010 zu zahlen (verrechneter Restlohn 8/2010),

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 315,01 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15. Oktober 2010 zu zahlen (verrechneter Restlohn 9/2010),

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 424,72 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11. November 2010 zu zahlen (verrechneter Restlohn 10/2010).

13

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dem Kläger stehe weder ein einzelvertraglicher noch ein tariflicher Anspruch auf die begehrte Eingruppierung zu. Es habe keine einzelvertragliche Zusage für ein übertarifliches Gehalt gegeben. Diese sei nur für den Zeitraum erfolgt, in dem tatsächlich im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet worden sei. Soweit der Kläger noch später nach der höheren Lohngruppe 5 MTV entlohnt worden sei, habe dem ein Irrtum zugrunde gelegen. Diesen habe die Beklagte mit der Umgruppierung korrigieren können. Die Vereinbarung des neuen Entgeltsystems und die Überführung aller Arbeitnehmer sei ein von den Tarifvertragsparteien gewollter Anlass, Ungerechtigkeiten und Ungleichbehandlungen zu beseitigen. Im Übrigen seien die Ansprüche des Klägers zumindest teilweise verfallen, weil er die tarifliche Ausschlussfrist nicht gewahrt habe.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu 1) und 4) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die hiergegen gerichteten Berufungen der Parteien hat das Landesarbeitsgericht nach Einholung einer „Tarifauskunft“ die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft der Berufung der Beklagten stattgegeben und diejenige des Klägers zurückgewiesen. Der Feststellungsantrag zu 1) ist begründet. Ebenfalls begründet sind die Zahlungsanträge zu 4) und 5). Die weiteren Zahlungsanträge zu 2) und 3) konnten mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils ( § 562 Abs. 1 ZPO ) und wegen fehlender ausreichender Feststellungen insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 ZPO ).

16

I. Der als ein nach allgemeinen Grundsätzen auch in der Privatwirtschaft zulässiger (vgl. zB BAG 30. November 1994 - 4 AZR 901/93 -) Eingruppierungsfeststellungsantrag auszulegende Antrag zu 1) des Klägers ist begründet. Die Beklagte ist auf der Grundlage vertraglicher Regelungen verpflichtet, den Kläger nach der Entgeltgruppe E 6 ERTV 2009 zu vergüten.

17

1. Allerdings folgt diese Vergütungspflicht nicht unmittelbar aus dem ERTV 2009. Dieser regelt allein die Zuordnung einer Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltordnung und weist dieses einer bestimmten Entgeltgruppe zu. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt jedoch kein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe E 6 ERTV 2009. Das ist inzwischen zwischen den Parteien nicht mehr streitig.

18

2. Die Verpflichtung der Beklagten ergibt sich aber aus den vertraglichen Abreden der Parteien. Die Beklagte hat dem Kläger am 18. Dezember 1996 individualvertraglich eine übertarifliche Vergütung zugesagt, an die sie nach wie vor gebunden ist. Die Auslegung dieser vertraglichen Zusage (zu den Maßstäben vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 22 mwN) ergibt, dass sie den Kläger nach der Entgeltgruppe E 6 ERTV 2009 zu vergüten hat.

19

a) Die Vorinstanzen sind rechtsfehlerfrei von einem Antrag der Beklagten und einer nachfolgenden Annahme des Klägers ausgegangen, ihm solle aufgrund des Besprechungstermins vom 18. Dezember 1996 ein einzelvertraglicher Anspruch auf Vergütung nach der Lohngruppe 5 MTV zustehen, der nicht auf die tatsächliche Zeitdauer eines Drei-Schicht-Betriebs begrenzt ist.

20

aa) Bis zum 18. Dezember 1996 richtete sich die Vergütung des Klägers aufgrund vertraglicher Bezugnahme der Tarifverträge der Ziegelindustrie nach den tariflichen Regelungen. Die Parteien waren sich insoweit darüber einig, dass die Tätigkeit des Klägers die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Lohngruppe 3 MTV erfüllt und er entsprechend vergütet wird.

21

bb) Diese Vergütungsvereinbarung haben die Parteien für die Zeit nach dem 18. Dezember 1996 geändert. Nach zutreffender Auffassung der Vorinstanzen ist dem Kläger - wie anderen Mitarbeitern auch - im Zusammenhang mit der Einführung eines Drei-Schicht-Betriebs individualvertraglich die Vergütung nach einer höheren Lohngruppe, nämlich der Lohngruppe 5 MTV angeboten wurden. Der Kläger gehörte als „Springer“ zu der in der Anlage zum Besprechungsprotokoll vom 18. Dezember 1996 aufgeführten „Bewertungsgruppe 1“, die ein Entgelt nach der Lohngruppe 5 MTV erhalten sollten. Diesen Antrag hat er durch Erbringung seiner Arbeitsleistung nach der von der Beklagten vorgenommen Schichteinteilung ab dem weiteren Monat Dezember 1996 konkludent angenommen. Er wurde dementsprechend in den folgenden mehr als zwölfeinhalb Jahren nach dieser Lohngruppe - einschließlich der tariflichen Lohnerhöhungen - vergütet.

22

cc) Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht sind weiterhin zutreffend davon ausgegangen, dass diese vertragliche Abrede nicht für den Zeitraum der tatsächlichen Beschäftigung im Drei-Schicht-Betrieb befristet war. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten.

23

(1) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass eine Befristung oder auflösende Bedingung jedenfalls nicht ausdrücklich vereinbart worden ist.

24

(2) Eine konkludente Vereinbarung kann dem Sachvortrag der dafür darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht entnommen werden. Der Verweis auf ein dahingehendes Interesse der Beklagten an einer solchen Einschränkung genügt nicht für die Annahme einer tatsächlichen Vereinbarung. Entscheidend gegen eine konkludente Vereinbarung einer befristeten Vergütungsabrede spricht, dass die Einstellung des Drei-Schicht-Betriebs durch die Beklagte bereits im Jahre 1998 erfolgte und sie gleichwohl bis zum Jahre 2009 weiterhin die übertarifliche Vergütung an den Kläger leistete. Dieses konkrete Verhalten der Vertragspartner nach dem Vertragsschluss lässt zugleich Rückschlüsse darauf zu, wie die Parteien die Vereinbarung im Zeitpunkt ihres Abschlusses verstanden haben. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Umsetzung des Drei-Schicht-Betriebs keine Anspruchsvoraussetzung war, sondern dass die vertragliche Zusage die Einholung des Einverständnisses mit einem solchen - auch nur möglichen - Arbeitszeitregime bezweckte. Hierauf hätte die Beklagte auch jederzeit zurückgreifen können und sie hat dies nach ihrem eigenen Vortrag in den Fällen, in denen auch nach dem Jahr 1998 vereinzelt wieder im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet wurde, tatsächlich getan. Mit der Vereinbarung, die Regelung gelte rückwirkend ab Einführung des Drei-Schicht-Betriebs, ist lediglich der Beginn der betreffenden Änderung festgelegt worden.

25

b) Seit dem 1. August 2009 kann der Kläger auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung infolge des neuen ERTV 2009 ein Entgelt nach der dort geregelten Entgeltgruppe E 6 beanspruchen.

26

aa) Die vertragliche Abrede erfasst nach ihrem Inhalt eine (übertarifliche) Vergütung nach der Lohngruppe 5 MTV. Der Kläger sollte so vergütet werden, als erfülle seine Tätigkeit die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals dieser Lohngruppe.

27

bb) Infolge der Neuregelung der Vergütungsordnung durch den ERTV 2009 ist zwar diese Lohngruppe weggefallen. Die von den Parteien vorgesehene und durchgeführte dynamische Anwendung der jeweiligen tariflichen Regelungen zur Lohngruppe 5 MTV führt vorliegend allerdings dazu, dass ab Inkrafttreten des ERTV 2009 nach den Maßgaben des tariflichen „Überführungsgitters“ dessen Entgeltgruppe E 6 jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ( ausf. zu den Voraussetzungen und Maßstäben BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10  - Rn. 20 , BAGE 141, 150 ; 6. Juli 2011 -  4 AZR 706/09  - Rn. 27 , 31 ff., BAGE 138, 269 ; 19. Mai 2010 -  4 AZR 796/08  - Rn. 23 , 31 ff., BAGE 134, 283 ) maßgebend ist.

28

(1) Aufgrund der übertariflichen Vergütungsabrede ist die tatsächliche Erfüllung der konkreten Tätigkeitsmerkmale der neuen Entgeltordnung durch den Kläger ebenso ohne Bedeutung, wie sie dies bereits für die vorherige Entgeltordnung war. Die Parteien haben die Vergütung gerade unabhängig von den in ihr formulierten Anforderungen festlegen wollen.

29

(2) Für den vorliegenden Fall einer Neugestaltung der Vergütungsordnung hätten die Parteien redlicherweise diejenige Entgeltgruppe des ERTV 2009 vereinbart, die der bisherigen Lohngruppe 5 MTV in der neuen Entgeltordnung entspricht. Ein Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit die Anforderungen der Lohngruppe 5 MTV erfüllte, wurde ab dem 1. August 2009 in Anwendung des „Überführungsgitters“ der Entgeltgruppe E 6 ERTV 2009 zugeordnet.

30

3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten stehen dem die Überleitungsvorschriften des ERTV 2009 nicht entgegen.

31

a) § 7 und § 8 ERTV 2009 haben folgenden Wortlaut:

        

§ 7   

        

Tarifüberführung

        

Die unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden Beschäftigten, die vor dem Zeitpunkt der Einführung des Entgelttarifvertrages in die bis dahin geltenden Lohn- und Gehaltsgruppenbestimmungen eingruppiert waren, werden gemäß dem Überleitungsraster (siehe Anlage 2 zum Entgeltrahmentarifvertrag) regelüberführt.

        

Sollten zwischen den Betriebsparteien bei der Regelüberführung Unstimmigkeiten oder Streitigkeiten auftreten, die nicht betrieblich zu bereinigen sind, so sind vor Einleitung von gerichtlichen Auseinandersetzungen die Tarifvertragsparteien einzuschalten.

        

§ 8     

        

Besitzstandswahrung

        

a.)     

Arbeitnehmern, deren neues Tarifentgelt unter dem Tarifentgelt der Lohn- bzw. Gehaltsgruppe liegt, in die sie vor dem Inkrafttreten des Entgelttarifvertrages eingruppiert waren, wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem neuen Tarifentgelt und ihrem bisherigen Tarifentgelt als persönliche Überführungszulage gewährt.

                 

Stichtag für die Gewährung der Überführungszulage sind die am 31. Juli 2009 geltenden Arbeitsverhältnisse.

                 

Die Überführungszulage bleibt auf Dauer erhalten, wird als normaler Entgeltbestandteil behandelt und nimmt daher an zukünftigen Tariferhöhungen teil.

                 

Voraussetzung für die Gewährung der Überführungszulage in der Zukunft ist gleiche Tätigkeit und gleiche Leistung.

        

b.)     

Anrechnungen sonstiger übertariflicher Zulagen bleiben von diesen Regelungen unberührt.“

32

b) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die Beklagte sei aus Anlass des neuen Tarifvertrags berechtigt gewesen, die „objektiv nicht (mehr) richtige Eingruppierung“ des Klägers - womit erkennbar die Erfüllung der entsprechenden Tätigkeitsmerkmale gemeint ist - „zurückzufahren und den aktuellen Vorgaben des ERTV neu anzupassen“. Entscheidendes Kriterium für die Eingruppierung solle die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit sein. Aus der „Tarifauskunft“ des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes ergebe sich, dass die im „Überführungsgitter“ zum Ausdruck gebrachte Regelüberführung nur dann erfolgen solle, wenn auch die bisherige Eingruppierung nach den Lohngruppen des MTV zutreffend gewesen sei. Diese Tarifauslegung führe auch zu einer vernünftigen, sachgerechten und praktisch brauchbaren Regelung, weil mögliche Ungleichbehandlungen beseitigt, dem Grundsatz: gleicher Lohn für gleiche Arbeit Rechnung getragen werden könne und die Auswirkungen für den Kläger aufgrund der Überführungszulage zumutbar seien.

33

c) Dies ist unzutreffend und verkennt das Verhältnis von individualvertraglichen und tariflichen Regelungen. Den Tarifvertragsparteien ist es verwehrt, durch tarifliche Regelungen auf günstigere individualvertragliche Rechte zuzugreifen. Tarifverträge regeln Mindestarbeitsbedingungen, denen gegenüber einzelvertragliche günstigere Arbeitsbedingungen jederzeit Vorrang haben (§ 4 Abs. 3 TVG). Selbst wenn - wie das Landesarbeitsgericht zu mutmaßen scheint - von den Tarifvertragsparteien ein Eingriff in vertragliche Rechte beabsichtigt gewesen wäre, scheiterte ein solches Vorhaben an den Grenzen tariflicher Regelungsbefugnis. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Abwägung zur „Zumutbarkeit“ der neuen tariflich geregelten Arbeitsbedingungen für den Kläger obliegt dabei im Grundsatz allein dem Arbeitnehmer selbst und lediglich im Falle einer entsprechenden Änderungskündigung den über deren Sozialwidrigkeit anhand der Maßstäbe des § 2 iVm. § 1 KSchG ggf. entscheidenden Gerichten für Arbeitssachen.

34

4. Ebenso wenig ist das von der Beklagten angeführte Umgruppierungsverfahren nach § 99 BetrVG und die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats von Bedeutung. Der Kläger stützt seinen Anspruch nicht auf die Erfüllung der Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals einer betrieblichen Vergütungsordnung, sondern allein auf die vertragliche Abrede der Parteien.

35

II. Die Revision des Klägers ist auch hinsichtlich der als Nettolohnklage zulässigen (BAG 26. Februar 2003 - 5 AZR 223/02 - mwN, BAGE 105, 181) Zahlungsanträge begründet. Auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen kann der Senat jedoch nur hinsichtlich der Zahlungsanträge zu 4) und 5) für die Monate September und Oktober 2010 abschließend entscheiden. Für die Entscheidung über die Anträge zu 2) und 3) für die Monate Juni und August 2010 bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen.

36

1. Der Zahlungsantrag zu 4) - Entgelt für den Monat September 2010 - ist begründet.

37

a) Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für diesen Zeitraum eine weitere Vergütung in Höhe von 315,01 Euro netto zu zahlen. Der Kläger war aufgrund einzelvertraglicher Abrede nach der Lohngruppe 5 MTV bzw. Entgeltgruppe E 6 ERTV 2009 zu vergüten. Deshalb kann sich die Beklagte für den Einbehalt nicht auf einen aufrechnungsfähigen Gegenanspruch berufen. Da der Kläger sich darauf beschränkt hat, die von der Beklagten selbst vorgenommene Lohnabrechnung mit Ausnahme der Aufrechnungsbeträge zur Grundlage seiner Klageforderung zu machen, bedarf es einer weiteren Darlegung der Begründetheit der Forderung nicht.

38

b)  Der Anspruch des Klägers auf den ungekürzten Lohn für den Monat September 2010 ist nicht verfallen. Die tarifliche Ausschlussfrist ist gewahrt worden.

39

aa) Aufgrund einzelvertraglicher Verweisung ist auf das Arbeitsverhältnis der MTV einschließlich der in § 20 geregelten Ausschlussfristen anzuwenden. Dieser lautet:

        

§ 20 

        

Ausschlussfristen

        

1.    

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit, spätestens aber innerhalb von 5 Wochen nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb, geltend gemacht werden.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei die Ansprüche ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung der Ansprüche, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden.“

40

bb) Die Ausschlussfrist gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch für noch offene Lohnansprüche für den Monat September 2010. Dies gilt unabhängig davon, ob die eigene Gegenforderung der Beklagten ihrerseits wegen der Nichteinhaltung der auch für sie geltenden Ausschlussfristen verfallen war.

41

Auch wenn die Beklagte zur Aufrechnung mit angeblichen Gegenansprüchen gegen den vertraglichen Entgeltanspruch nicht berechtigt war, führt dies nicht dazu, dass der Kläger seinerseits die tariflichen Ausschlussfristen nicht einhalten muss. Diese gelten für alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis, also auch für die zu Unrecht einbehaltenen Lohnanteile. Die Obliegenheit zur Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen besteht unabhängig davon, aus welchen Gründen ein berechtigter Anspruch nicht erfüllt worden ist.

42

cc) Der Kläger hat die tarifliche Ausschlussfrist gewahrt.

43

(1) Das gilt zunächst für die erste Stufe der außergerichtlichen Geltendmachung. § 20 Abs. 1 MTV fordert die schriftliche Geltendmachung innerhalb von zwei Monaten ab Fälligkeit der Forderung. Diese Frist hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 30. Juni 2010 eingehalten. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch auf das Entgelt für den Monat September 2010 zwar weder entstanden noch fällig. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles war es dem Kläger jedoch möglich, diesen Anspruch auch schon vor seiner Entstehung und seiner Fälligkeit gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

44

(a) Die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 20 Abs. 1 MTV setzt regelmäßig dessen Bestehen voraus. Andernfalls liegt kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte (so zB BAG 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 a der Gründe; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 109, 100 ). Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht grundsätzlich auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung von Ansprüchen bewahrt werden, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 22 ). Er soll sich auf offene Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden können (BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 4 b aa der Gründe, aaO). Sind die rechtserzeugenden Tatsachen noch nicht eingetreten, können diese Ziele regelmäßig nicht erreicht werden. Es bleibt ungewiss, ob und in welchem Umfang Ansprüche entstehen. Auch wird die rasche Klärung von Ansprüchen nicht erreicht (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 35 ).

45

In Ausnahmefällen können Sinn und Zweck der Ausschlussfrist aber die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch schon vor dessen Entstehen gebieten. Wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht, kann der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, auch durch eine einmalige Geltendmachung erreicht werden. Eine solche einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird; hier reicht im Zweifel die einmalige Geltendmachung der richtigen Berechnungsmethode auch für später entstehende Zahlungsansprüche aus (grundlegend dazu BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 31 f. mwN). Dies gilt insbesondere dann, wenn allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen im Streit steht; in einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was von ihm verlangt wird und der Gläubiger darf ohne Weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat.

46

(b) Gemessen an diesen Anforderungen hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 30. Juni 2010 bereits durch eine einmalige Geltendmachung der monatlichen Entgeltdifferenzen auch für die Zukunft die erste Stufe der tariflichen Ausschlussfrist eingehalten.

47

(aa) Zwischen den Parteien ist weder die absolute Höhe der monatlichen Vergütung noch deren Berechnung im Übrigen im Streit. Der Kläger hat hinsichtlich der streitigen Monatsbeträge - darunter auch bezüglich des Monats September 2010 - die von der Beklagten in der monatlichen Entgeltabrechnung zugrunde gelegten Beträge akzeptiert. Hiervon ausgenommen ist einzig der Berechnungsfaktor, der sich in allen hier streitigen Entgeltabrechnungen auswirkt, nämlich der von der Beklagten - jeweils anteilig - geltend gemachte Gegenanspruch wegen angeblicher Überzahlung in der Vergangenheit, den sie im Wege der Aufrechnung in mehreren aufeinanderfolgenden Lohnzahlungszeiträumen monatlich durchsetzen wollte.

48

(bb) Dieser dem Kläger gegenüber erklärten Absicht konnte dieser mit einer Ankündigung dahingehend begegnen, dass er die den verschiedenen Einbehaltungsbeträgen zugrunde liegende Gegenforderung nicht akzeptieren und sich hiergegen ggf. auch gerichtlich wehren würde. Damit hat er die durch die tarifliche Ausschlussfrist geschützten Interessen des Schuldners, hier der Beklagten gewahrt. Dieser war damit bekannt, welche Beträge von ihr für den Fall des Einbehalts verlangt würden. Einer jeweils auf die einzelnen monatlich einbehaltenen Beträge bezogenen außergerichtlichen Geltendmachung bedurfte es deshalb nicht.

49

(cc) Das Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 30. Juni 2010 wahrte damit die tarifliche Geltendmachungsfrist aus § 20 Abs. 1 MTV bezüglich aller Einzelansprüche, die aufgrund der Umsetzung der von der Beklagten erklärten Absicht eines Einbehalts von Vergütungsteilen entstanden waren oder in Zukunft entstehen würden. Hiervon sind alle später gerichtlich geltend gemachten Zahlungsansprüche der Anträge zu 2) bis 5) für die Monate Juni, August, September und Oktober 2010 erfasst.

50

(2) Der Kläger hat auch die zweite Stufe der tariflichen Ausschlussfrist nach § 20 Abs. 2 MTV eingehalten.

51

(a) Die Frist zur Einhaltung der zweiten Stufe nach § 20 Abs. 2 MTV begann nicht vor dem Entstehen und der Fälligkeit der Forderung.

52

Für den Fristbeginn ist die Besonderheit der Geltendmachung vor Entstehen einer Forderung zu berücksichtigen. Eine gerichtliche Geltendmachung ist dabei immer erst möglich, wenn der Anspruch tatsächlich entstanden ist, auch wenn die erste Stufe der Ausschlussfrist bei zukünftig entstehenden Ansprüchen bereits Monate vor deren Entstehen gewahrt werden kann. Darüber hinaus ist in der Erteilung der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Zeitraum unter ausdrücklicher Bezifferung auch desjenigen Betrages, der dem Grunde nach Gegenstand der außergerichtlichen Geltendmachung war, die Ablehnung des vorgerichtlich geltend gemachten Anspruchs iSv. § 20 Abs. 2 MTV zu sehen.

53

(b) Danach ist die Frist des § 20 Abs. 2 MTV vom Kläger vorliegend gewahrt worden. Das Entgelt für September 2010 war am 15. Oktober 2010 fällig; hierüber sind sich die Parteien ausdrücklich einig. Die auf die einbehaltene Vergütungsdifferenz gerichtete Klage ist bei Gericht am 18. November 2010 und damit innerhalb der Frist des § 20 Abs. 2 MTV eingegangen.

54

c) Über die Höhe des Anspruchs und über die Verzinsung nach §§ 288, 286 BGB besteht kein Streit zwischen den Parteien.

55

2. Auch der Zahlungsantrag zu 5) hinsichtlich des Monats Oktober 2010 ist in Höhe des einbehaltenen Betrags von 424,72 Euro netto begründet.

56

Dabei gilt für das Bestehen des Anspruchs und die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen durch den Kläger das für den Monat September 2010 Ausgeführte (s. oben unter II 1) entsprechend. Hier begann die Zweimonatsfrist für die gerichtliche Geltendmachung nach § 20 Abs. 2 MTV mit der Ablehnung des Anspruchs durch Übermittlung der Entgeltabrechnung für den Monat Oktober 2010. Der Lohnanspruch war am 15. November 2010 fällig. Mit dem Eingang der diesen Betrag erfassenden Klageerweiterung beim Arbeitsgericht am 11. Januar 2011 ist die zweite Stufe der Ausschlussfrist gewahrt.

57

3. Die Revision des Klägers ist zwar auch hinsichtlich der Entgeltansprüche für die Monate Juni und August 2010 begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte sie mit der von ihm gegebenen Begründung nicht verneinen dürfen. Der Senat kann aber aufgrund nicht hinreichender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entscheiden.

58

a) Für die Begründung der Ansprüche des Klägers auch in diesen beiden Bezugsmonaten Juni und August 2010 sowie für die Einhaltung der ersten Stufe der tariflichen Ausschlussfrist durch das hierauf gerichtete Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2010 wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

59

b) Ob der Kläger auch hinsichtlich dieser beiden Monate die zweite Stufe der Ausschlussfrist gewahrt hat, lässt sich jedoch nicht abschließend beurteilen.

60

Die zweite Stufe der Ausschlussfrist könnte durch die am 17. September 2010 (Monat Juni 2010) und am 18. November 2010 (Monat August 2010) beim Arbeitsgericht eingegangene Klage bzw. Klageerweiterung gewahrt worden sein. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn dem Kläger die Entgeltabrechnungen, in denen der im Schreiben vom 30. Juni 2010 geltend gemachte Anspruch durch Erteilung der entsprechenden Abrechnung jeweils abgelehnt worden ist, für den Monat Juni 2010 frühestens am 17. Juli 2010 und für den Monat August 2010 erst nach dem 18. September 2010 dem Kläger zugegangen wären. Hierzu fehlt es jedoch an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Den Parteien ist unter Berücksichtigung des Anspruchs rechtlichen Gehörs Gelegenheit zu einem ergänzenden Vortrag zu geben.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Hannig    

        

    H. Klotz    

                 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15. März 2014 und weitere 1.191,06 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31. Juli 2015 zu zahlen.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) hat die Beklagte zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche der Klägerin aufgrund tariflicher Gehaltserhöhungen von 3 % ab 01. August 2013 und 2,1 % ab 01. Mai 2014.

2

Die Klägerin ist seit 01. Juli 2008 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Verkäuferin in Teilzeit (80 %) aufgrund Arbeitsvertrags vom 05. Februar 2010 beschäftigt, der u.a. folgende Regelungen enthält:

3

"12. Verweisungsklausel

4

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn-/Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverband oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsübergangs vom Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge gewollt.

5

13. Schlussbestimmungen

6

Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

7

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden.

8

Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform."

9

Die in Ziff. 12 des Arbeitsvertrags enthaltene Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

10

Die Beklagte war bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes. Mit Schreiben vom 16. Juni 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie, obgleich keine Tarifbindung bestehe, auch nach dem 30. Juni 2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergütet werde.

11

Bis einschließlich Juli 2013 hatte die Beklagte die Klägerin nach den Bestimmungen des Gehalts-TV nach der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr eingruppiert und vergütet. Zum 01. August 2013 erhöhte sich die tarifliche Vergütung in der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr für Teilzeitkräfte mit 80 % einer Vollzeitkraft um 53,58 EUR von 1.798,40 EUR auf 1.851,98 EUR brutto monatlich und zum 01. Mai 2014 um weitere 39,22 EUR auf 1.891,20 EUR brutto monatlich.

12

Mit folgendem Schreiben vom 28. Februar 2014 machte die Klägerin rückwirkend zum 01. August 2013 die Tariferhöhung von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014 geltend:

13

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz

14

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 %, sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

15

Sehr geehrter Herr W.,
ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

16

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

17

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

18

Ich bitte sie mir bis zum 15.03.14 meinen Anspruch zu bestätigen."

19

Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18. März 2014 ab mit der Begründung, dass weder aufgrund originärer tarifrechtlicher Verpflichtungen noch aufgrund individueller arbeitsvertraglicher Regelungen ein Anspruch auf Erhöhung der monatlichen Vergütung bestehe.

20

Mit ihrer am 22. Juli 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen und der Beklagten am 30. Juli 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Nachzahlung der sich aus den tariflichen Gehaltserhöhungen ergebenden Differenzbeträge zu den von der Beklagten geleisteten Zahlungen in Anspruch genommen, die sich - rechnerisch unstreitig - für die Zeit von August 2013 bis Februar 2014 auf insgesamt 408,55 EUR brutto und für die Zeit von März 2014 bis Juni 2015 auf insgesamt 1.191,06 EUR brutto belaufen; wegen der Einzelheiten der errechneten Differenzbeträge wird auf die Berechnung der Klageforderungen im Schriftsatz der Klägerin vom 22. September 2015 verwiesen.

21

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

22

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15. März 2014 zu zahlen,

23

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.191,06 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 verwiesen. Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern der Klage in Höhe von 408,55 EUR für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 und weiteren 368,40 EUR brutto für den Zeitraum von Januar bis Juni 2015 stattgegeben und sie im Übrigen hinsichtlich der weitergehenden Ansprüche mangels Wahrung der tariflichen Verfallfrist abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

27

Gegen das ihr am 03. Dezember 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 04. Januar 2016, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag (Montag) eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 03. Februar 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen und der Beklagten am 22. Februar 2016 zugestellt, begründet. Die Beklagte hat nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist bis zum 22. April 2016 mit Schriftsatz vom 21. April 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Anschlussberufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin die vom Arbeitsgericht aberkannten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 in Höhe von 822,66 EUR brutto weiter (Klageantrag zu 2.: 1.191,06 EUR brutto für die Zeit von März 2014 bis Juni 2015 abzüglich des bereits zuerkannten Betrags in Höhe von 368,40 EUR brutto für die Zeit von Januar bis Juni 2015 = verbleibende Differenz in Höhe von 822,66 EUR brutto). Die Beklagte wendet sich mit ihrer Anschlussberufung nur insoweit gegen die stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts, als sie die Abweisung der Klage in Höhe von weiteren 408,55 EUR brutto für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 begehrt.

28

Die Klägerin trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die von ihr geltend gemachten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen seien. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei ihr Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass hiervon nur die bezifferten Differenzbeträge bis Februar 2014 umfasst seien. Das Arbeitsgericht sei hier fehlerhaft von einer unzureichenden Geltendmachung ausgegangen. Die Rechtsprechung erkenne an, dass eine entsprechende Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs möglich sei, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Im Streitfall sei zwischen den Parteien allein die Frage streitig, ob eine dynamische Verweisungsklausel vorliege und sie regelmäßig an der Tariflohnerhöhung teilnehme, während ihre Eingruppierung in die Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr unstreitig sei. Für den Arbeitgeber sei die Interessenlage damit hinreichend deutlich, insbesondere auch vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit diesbezüglich durchgeführten Rechtsstreite. Entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts könne etwas anderes auch nicht aus ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 hergeleitet werden. Darin werde deutlich gemacht, dass man Ansprüche des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz geltend mache. Neben der rückwirkenden Geltendmachung der Tariferhöhung ab 01. August 2013 um 3 % werde dem Arbeitgeber deutlich signalisiert, dass sie auch beabsichtige, an einer weiteren Gehaltserhöhung ab 01. Mai 2014 in Höhe von 2,1 % zu partizipieren. Etwas anderes könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die rückwirkend bis zu diesem Zeitpunkt bereits angefallenen Beträge beziffert worden seien, weil gleichzeitig deutlich gemacht werde, dass man auch zukünftig an der Tarifentwicklung partizipieren wolle. Entgegen der Darstellung der Beklagten in ihrer Anschlussberufung müsse der Beschäftigte beim Durchblättern des Arbeitsvertrages nicht damit rechnen, dass nach der Verweisungsklausel in den Schlussbestimmungen versteckt Ausschlussklauseln gesondert in Abweichung zum Tarifvertrag vereinbart würden. Vorliegend sei in Ziff. 12 des Arbeitsvertrags drucktechnisch die Geltung des Tarifvertrages hervorgehoben und in der nächsten Ziffer dann versteckt unter Schlussbestimmungen im Anschluss an eine salvatorische Klausel letztlich eine weitergehende Verfallsregelung in den Vertrag eingeführt worden.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 822,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

31

Die Beklagte beantragt,

32

die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen,

33

und im Wege der Anschlussberufung,

34

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - die Klage in Höhe von weiteren 408,55 EUR brutto nebst Zinsen seit 15. März 2014 abzuweisen.

35

Die Klägerin beantragt,

36

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

37

Die Beklagte erwidert, die Berufung sei bereits mangels ordnungsgemäßer Berufungsbegründung unzulässig. Die Klägerin habe sich in ihrer Berufungsbegründung weder ausreichend mit den Urteilsgründen des erstinstanzlichen Urteils auseinandergesetzt noch anhand der Urteilsbegründung konkrete Rechtsfehler sowie deren Erheblichkeit aufgezeigt. An keiner Stelle der Berufungsbegründung setze sich die Klägerin mit der Entscheidungserheblichkeit der gerügten Falschbeurteilung des Arbeitsgerichts auseinander. Die Klägerin hätte die Kausalität bzw. Entscheidungserheblichkeit des etwaigen Rechtsfehlers auch insbesondere deshalb darlegen müssen, weil auch in ihrem Arbeitsvertrag eine Ausschlussklausel enthalten sei. Selbst wenn die von der ersten Instanz abgewiesenen Forderungen nicht der tariflichen Ausschlussklausel unterlägen, greife die arbeitsvertragliche Ausschlussklausel. Die Klägerin hätte zur Begründung der Entscheidungserheblichkeit zumindest darlegen müssen, dass die abgewiesenen Forderungen auch nicht der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel unterfallen würden, d. h. ihr die zusätzlich geltend gemachten Forderungen zustünden. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin noch nicht einmal die Umstände vorgetragen habe, die zu einer Entscheidungserheblichkeit führten, sei die Berufung bereits unzulässig. Weiterhin sei das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Zahlungsansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen seien. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe, habe die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 nur die Ansprüche geltend gemacht, die bis zu diesem Zeitpunkt fällig geworden seien, d. h. die Ansprüche bis Februar 2014. Schon nach der Betreffzeile des Geltendmachungsschreibens seien bezüglich der Erhöhung von 3 % nur die Ansprüche vom Zeitpunkt der Geltendmachung an rückwirkend zum 01. August 2013 erfasst. Auch wenn in der Betreffzeile weiterhin die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014 stehe, ergebe sich aus der abschließenden Formulierung, nach der sich der Gesamtbetrag der Geltendmachung auf 408,55 EUR belaufe, dass der Zeitraum ab März 2014 dennoch nicht vom Schreiben der Klägerin umfasst sei. Die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 keine zukünftigen Ansprüche geltend gemacht. Wenn die Klägerin über den bezifferten Gesamtbetrag hinaus Ansprüche hätte geltend machen wollen, so hätte sie das mit der notwendigen Deutlichkeit in ihrem Geltendmachungsschreiben ausführen müssen. Zwar könne eine tarifliche Ausschlussfrist ausnahmsweise durch eine Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden, was jedoch an sehr enge Voraussetzungen geknüpft sei, die hier nicht vorlägen. Zum einen betreffe die Geltendmachung vom 28. Februar 2014 für die bereits fälligen Ansprüche die Tariferhöhung zum 01. August 2013 um 3 %, während die zukünftig fällig werdenden Ansprüche aus der Tariferhöhung ab dem 01. Mai 2014 um 2,1 % basierten. Danach beruhten die künftigen Ansprüche nicht auf derselben tatsächlichen Grundlage wie die bereits fälligen Ansprüche. Zudem sei der tatsächliche Umstand, auf den die noch nicht fälligen Ansprüche gestützt werden sollten, noch nicht einmal eingetreten, weshalb das Geltendmachungsschreiben auch nur von "der zu erwartenden Erhöhung von 2,1 %" spreche. Die mit der Berufung geltend gemachten und vom Arbeitsgericht abgewiesenen Ansprüche seien auch aufgrund der Ausschlussklausel in Ziff. 13 des Arbeitsvertrags verfallen. Die Klägerin habe weder die erste Stufe noch die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gewahrt. Selbst wenn man in der Geltendmachung vom 28. Februar 2014 auch eine Geltendmachung der Ansprüche von März bis Dezember 2014 sehen würde, wären diese Ansprüche jedenfalls wegen verspäteter gerichtlicher Geltendmachung verfallen. Mit ihrer Anschlussberufung wende sie sich gegen die rechtsfehlerhaft vom Arbeitsgericht zuerkannten Differenzlohnansprüche für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass diese Ansprüche der zweiten Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterfielen und danach verfallen seien. Bei der im Arbeitsvertrag enthaltenen Ausschlussklausel handele es sich nicht um eine überraschende Klausel. Vielmehr seien Ausschlussklauseln nach der ständigen Rechtsprechung im Arbeitsvertrag üblich und im Arbeitsleben weit verbreitet. Die Klausel zu den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen sei auch nicht versteckt platziert. Zum einen würden Ausschlussklauseln erwartungsgemäß und üblicherweise am Ende eines Arbeitsvertrags stehen. Daher findet sich die Klausel zu den Ausschlussfristen genau dort, wo ein verständiger Arbeitnehmer sie auch erwarten würde. Zum anderen falle die Ausschlussklausel aufgrund ihrer Lage über dem Unterschriftenfeld auch besonders ins Auge, so dass sie nicht zu übersehen sei. Insbesondere die zweite Stufe der Ausschlussklausel sei extra textlich abgesetzt mit Leerzeile zwischen dem vorgehenden Text und dem Folgetext versehen worden. Die Kombination aus dieser Absetzung des Textblocks mit Leerzeile und der Lage der Klausel im Blickfeld über Unterschriftenzeile mache ein Übersehen der Klausel nahezu unmöglich. Eine eigene Überschrift oder besondere drucktechnische Hervorhebung könne allenfalls dann für eine Ausschlussklausel gefordert werden, wenn diese bei einem Durchblättern vor der Unterschrift nicht ins Auge falle, weil innerhalb des mehrere Seiten umfassenden Textes keine Überschrift "Ausschlussklausel" hervorsteche und auch am Anfang und Ende die Ausschlussklausel sich nicht durch die Lage dem Leser aufdränge. Im Hinblick darauf, dass die Ausschlussklausel vorliegend aufgrund ihrer Lage über dem Unterschriftenfeld ins Auge steche, könne von einer versteckten Klausel schon begrifflich nicht die Rede sein. Die von ihr im Einzelnen dargestellte Rechtsprechung sehe bei Klauseln am Vertragsende gerade kein "Verstecken" als gegeben an, sondern gehe gerade von einer besonderen Wahrnehmbarkeit aus. Auch die optische Hervorhebung durch Fettdruck der vorangehenden Ziffer des Arbeitsvertrags führe nicht dazu, dass die Ausschlussklausel als überraschend anzusehen wäre. Im Hinblick darauf, dass sich der Fettdruck in einer anderen Ziffer und auf einer anderen Seite des Arbeitsvertrages befinde, spiele die Ausgestaltung von Ziff. 12 des Arbeitsvertrages keine Rolle für die Wahrnehmung. Auch die Tatsache, dass zunächst in einer Ziffer des Arbeitsvertrags auf anwendbare Tarifverträge verwiesen werde, hindere den Arbeitgeber nicht daran, in einer späteren Ziffer des Arbeitsvertrags arbeitsvertragliche Ausschlussfristen aufzunehmen, die ggf. von der tariflichen Regelung abweichen würden. Dies mache eine Ausschlussfrist noch nicht überraschend im Sinne von § 305 c BGB. Im Übrigen wäre die Ausschlussklausel auch teilbar, wonach jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussklausel für sich betrachtet sowohl textlich abgesetzt als auch allein für sich inhaltlich sinnvoll und nach dem blue-pencil-Test wirksam sei.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

39

Das Berufungsgericht hat im Einverständnis beider Parteien durch Beschluss vom 14. Juni 2017 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.

Entscheidungsgründe

40

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist hingegen unbegründet.

I.

41

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

42

Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründung der Klägerin ohne weiteres den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO.

43

Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Klageanspruch der Klägerin auf Nachzahlung der Differenzen zum Tarifgehalt aus § 12 S. 1 des Arbeitsvertrages ergebe, aber bezüglich des Zeitraums von März bis Dezember 2014 mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen sei, weil das Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 auf den angegebenen Gesamtbetrag in Höhe von 408,55 EUR beschränkt sei und damit nur die fälligen Ansprüche bis Februar 2014, nicht aber die Ansprüche ab März 2014 umfasse. Mit dieser tragenden Begründung des Arbeitsgerichts (für die Abweisung der mit der Berufung weiterverfolgten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014) hat sich die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung im Einzelnen auseinandergesetzt und dargelegt, aus welchen Gründen sie entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts mit ihrem Geltendmachungsschreiben hinreichend deutlich gemacht habe, dass sie - neben der rückwirkenden Geltendmachung der Tariferhöhung - auch zukünftig an den bezeichneten Tariferhöhungen partizipieren wolle. Deshalb sei das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise zu korrigieren und die Beklagte zur Zahlung der weiteren Differenzgeldansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 verpflichtet.

44

Ergibt sich - wie hier - die Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Rechtsverstoßes unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil in Verbindung mit den Ausführungen in der Berufungsbegründung, bedarf sie keiner gesonderten Darlegung in der Berufungsbegründung (vgl. BGH 10. März 2015 - VI ZB 28/14 - NJW 2015, 1458). Entgegen der Ansicht der Beklagten bestand für die Klägerin kein besonderes Darlegungserfordernis hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit wegen der im Arbeitsvertrag enthaltenen Ausschlussklausel, weil das Arbeitsgericht darauf seine klageabweisende Entscheidung nicht gestützt hat (vgl. BGH 10. März 2015 - VI ZR 215/14 - NJW 2015, 1684). Vielmehr hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die unter den Schlussbestimmungen der Ziff. 13 des Arbeitsvertrags normierte zweite Stufe der Verfallfrist so ungewöhnlich und überraschend sei, dass die Klägerin nicht mit ihr habe rechnen müssen. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsgericht gemäß der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht angenommen hat, dass die Klausel gemessen am Maßstab des § 305c BGB keinen Bestand haben könne, brauchte die Klägerin hierzu keine Ausführungen zu machen.

II.

45

Die Berufung der Klägerin ist auch begründet.

46

Die Klägerin hat gemäß Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrags der Parteien einen Anspruch auf die von ihr geltend gemachte Differenzvergütung für die Monate März bis Dezember 2014 in rechnerisch unstreitiger Höhe. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts ist dieser Klageanspruch nicht verfallen.

47

1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Klageanspruch aus Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrags ergibt und die Formulierung "in der jeweils geltenden Fassung" eine dynamische Bezugnahme auf die bezeichneten Tarifverträge enthält. Weiterhin hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass Ziff. 12 S. 2 des Arbeitsvertrags dem nicht entgegensteht, weil die Beklagte bereits bei Vertragsabschluss nicht tarifgebunden war.

48

Der Eintritt der in dieser Klausel enthaltenen auflösenden Bedingung, nach der eine dynamische Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge bei Wegfall der Tarifbindung der Beklagten nicht mehr gegeben sein soll, war bereits von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich. Die Wirksamkeit der in Ziff. 12 S. 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt hiervon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist nämlich (im Übrigen) von Anfang an voll wirksam (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 28, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 49, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 61, juris).

49

Nichts anderes ergibt sich bei Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Bei dieser handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. von § 305 Abs. 1 BGB. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung, der keine der Parteien entgegengetreten ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 17, juris; BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 20, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 29 f., juris).

50

Ausgehend von diesen Grundsätzen soll nach dem eindeutigen Wortlaut der ausschließlich zukunftsbezogen formulierten Regelung in Ziff. 12 S. 2 des Arbeitsvertrages der Wegfall der dynamischen Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge bei Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, nämlich des Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers eintreten. Die ausschließliche Zukunftsbezogenheit dieser auflösenden Bedingung ergibt sich deutlich aus den verwandten Formulierungen "Dies gilt dann nicht mehr, wenn …" und "… nicht mehr tarifgebunden ist." Hingegen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die vereinbarte dynamische Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht eintreten sollte, zumal dies zu einer unauflösbaren Widersprüchlichkeit der in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelungen und zu einer völligen Sinnentleerung der in S. 1 dieser Verweisungsklausel enthaltenen Bestimmung führen würde (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 31, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 67, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 64, juris).

51

Die streitgegenständlichen Ansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien rechnerisch unstreitig.

52

2. Die Klageansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 sind nicht verfallen.

53

a) Die Klägerin hat diese zum damaligen Zeitpunkt noch nicht entstandenen und fälligen Ansprüche mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 rechtzeitig schriftlich geltend gemacht.

54

Nach § 16 Ziff. 1 Buchst. c des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sind die betreffenden Ansprüche innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Die tarifliche Ausschlussfrist stimmt insoweit mit der in Ziff. 13 S. 3 des Arbeitsvertrags der Parteien geregelten ersten Stufe der Verfallfrist überein, als danach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

55

Die sechsmonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 hinsichtlich der Klageansprüche von März bis Dezember 2014 gewahrt.

56

aa) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24, NZA 2013, 975).

57

Danach hat die Klägerin mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 die sechsmonatige Ausschlussfrist auch für die künftigen Ansprüche von März bis Dezember 2014 gewahrt. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts lässt sich das Schreiben der Klägerin vom 28. Februar 2014 nicht dahingehend auslegen, dass die Geltendmachung auf den beziffert angegebenen Betrag in Höhe von 408,55 EUR beschränkt worden ist. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens vom 28. Februar 2014, dass die Klägerin mit der "Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrags Einzelhandel Rheinland-Pfalz" nicht nur die "Tariferhöhung rückwirkend zum 01. August 2013 von 3 %", sondern auch "die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014" geltend gemacht hat. Zur Begründung des Anspruchs auf die genannten Tariferhöhungen verweist die Klägerin in ihrem Schreiben darauf, dass ihr Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisungsklausel enthält. Aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass die Klägerin unter Berufung auf die in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarte dynamische Verweisungsklausel nicht nur die bereits fälligen, sondern auch die künftigen Ansprüche geltend macht, die sich aus den in ihrem Schreiben angeführten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 und 01. Mai 2014 ergeben. Diese Geltendmachung ist mithin ersichtlich nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über Mai 2014 hinaus für die Beklagte ohne weiteres errechenbar war (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 81, juris).

58

bb) Zwar waren diese Ansprüche zum damaligen Zeitpunkt weder entstanden noch fällig. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls war es der Klägerin jedoch möglich, diese Ansprüche auch schon vor ihrer Entstehung und Fälligkeit gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

59

Die Geltendmachung eines Anspruchs setzt regelmäßig dessen Bestehen voraus. Anderenfalls liegt kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte. Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht grundsätzlich auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung von Ansprüchen bewahrt werden, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht. Er soll sich auf offene Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden können. Sind die rechtserzeugenden Tatsachen noch nicht eingetreten, können diese Ziele regelmäßig nicht erreicht werden. Es bleibt ungewiss, ob und in welchem Umfang Ansprüche entstehen. Auch wird die rasche Klärung von Ansprüchen nicht erreicht. In Ausnahmefällen können Sinn und Zweck der Ausschlussfrist aber die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch schon vor dessen Entstehen gebieten. Wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht, kann der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist, dem Schuldner zeitnah Gewissheit verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, auch durch eine einmalige Geltendmachung erreicht werden. Eine solche einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird; hier reicht im Zweifel die einmalige Geltendmachung der richtigen Berechnungsmethode auch für später entstehende Zahlungsansprüche aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen im Streit steht; in einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was von ihm verlangt wird und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seine Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat (BAG 03. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44 und 45, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 205; BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 29 ff., NZA 2013, 975, LAG Rheinland-Pfalz 22. Januar 2014 - 4 Sa 325/13 - Rn. 56 ff., juris).

60

Die Parteien streiten allein darüber, ob die in Ziff. 12 ihres Arbeitsvertrages enthaltene Bezugnahmeklausel zu einer dynamischen Anwendung der bezeichneten Tarifverträge mit der Folge führt, dass die Klägerin die im Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 bezeichneten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 von 3 % sowie von weiteren 2,1 % ab 01. Mai 2014 beanspruchen kann. Im Übrigen waren und sind die für die Berechnung der Klageforderung maßgeblichen Faktoren zwischen den Parteien unstreitig und mit den erteilten Gehaltsabrechnungen streitlos gestellt. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 28. Februar 2014 wahrt daher auch die Ausschlussfrist für die künftigen Ansprüche der Klägerin auf die geltend gemachten Tariferhöhungen. Für die Beklagte bestand ersichtlich keinerlei Zweifel darüber, was die Klägerin von ihr verlangte. Sie musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 22. Januar 2014 - 4 Sa 325/13 - Rn. 57 f., juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 80, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 85, juris).

61

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die mit der Berufung weiterverfolgten Ansprüche nicht mangels rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung nach Maßgabe der in Ziff. 13 S. 4 des Arbeitsvertrags der Parteien geregelten 2. Stufe der Verfallfristen verfallen.

62

aa) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei dieser Klausel entsprechend dem äußeren Erscheinungsbild um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB handelt, die als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.

63

Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt der Klausel, ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle, kann die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 24, NZA 2006, 324).

64

Gemessen an diesen Anforderungen ist die in Ziff. 12 S. 4 des Arbeitsvertrags enthaltene Verfallfrist zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen (2. Stufe) nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Klausel befindet sich am Ende eines Arbeitsvertrags, der insgesamt 13 Ziffern enthält. Darin sind neben den üblichen auch von § 2 Abs. 1 NachwG geforderten Bestimmungen u. a. die Abtretung von Schadensersatzansprüchen, Personalfragebogen, Nebentätigkeit, Rückgabe des Arbeitsmaterials, allgemeine Pflichten und die Vertragsstrafe eigenständig unter gesonderten Überschriften geregelt. Die "Schlussbestimmungen" in Ziff. 13 des Arbeitsvertrags enthalten zunächst eine salvatorische Klausel (Sätze 1 und 2). Sodann ist in den Sätzen 3 und 4 eine zweistufige Ausschlussfrist enthalten. Hieran schließt sich eine Regelung an, nach der Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen (Satz 5). Nach dem gesamten Erscheinungsbild des Vertrags hat die Beklagte die zweistufige Ausschlussklausel damit an einer aus Sicht eines redlichen Vertragspartners unerwarteten Stelle versteckt. Unter der Überschrift "Schlussbestimmungen" muss ein verständiger Arbeitnehmer bei einem so detaillierten Vertrag nicht mit einer Klausel rechnen, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung herbeigeführt werden soll (vgl. BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 25, NZA 2006, 324). Das gilt umso mehr, als vorliegend in der vorangegangenen Ziff. 12 eine Verweisungsklausel enthalten ist, in der - fettgedruckt - geregelt ist, dass im Übrigen die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz und die weiteren aufgeführten Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Arbeitsvertrag so aufgebaut, dass in den Ziffern 1 bis 11 die einzelnen arbeitsvertraglichen Bestimmungen geregelt sind und dann in Ziff. 12 ergänzend auf die maßgeblichen Tarifverträge Bezug genommen wird. Nach § 16 Ziff. 1 Buchst. c des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Hingegen ist eine zweite Stufe zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen im vorgenannten Manteltarifvertrag nicht vorgesehen. Nach der in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen umfassenden Verweisungsklausel, deren Text zudem noch durch Fettdruck gegenüber den Textpassagen der vorangegangenen Ziffern besonders hervorgehoben ist, braucht ein verständiger Arbeitnehmer nicht damit zu rechnen, dass in den nachfolgenden "Schlussbestimmungen" (Ziff. 13) - abweichend von dem in Ziff. 12 in Bezug genommenen Manteltarifvertrag - eine Klausel enthalten ist, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung herbeigeführt werden soll. Hinzu kommt noch, dass in Ziff. 13 des Vertrags sowohl in den ersten beiden Sätzen als auch im letzten Satz über der Unterschriftenzeile (Schluss)Bestimmungen enthalten sind, die ebenso wie die Überschrift nicht erwarten lassen, dass dazwischen noch eine zweistufige Ausschlussfrist untergebracht ist, die - abweichend von der nach Ziff. 12 in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristenregelung - den Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung bewirken soll.

65

bb) Unabhängig davon hält die zweite Stufe der vertraglichen Ausschlussfristenregelung auch einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht stand, weil diese Regelung in Widerspruch zu der über die Verweisungsklausel aus Ziff. 12 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussklausel steht, bei der die gerichtliche Geltendmachung gerade nicht erforderlich ist, um einen Anspruchsverfall zu verhindern (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 70 ff., juris).

66

Der in Ziff. 12 Satz 1 in Bezug genommene Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die inhaltlich der in Ziff. 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen, jedoch beide nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung Geltung beanspruchen. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlichen Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziff. 12, ebenso wie die Anwendung von Ziff. 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Deshalb ist die nur in Ziff. 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. blue-pencil-Tests zu streichen, während die in beiden Ziffern gleichlautend vorgesehene erste Stufe aufrechtzuerhalten ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 74, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 74, juris).

III.

67

Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet.

68

Gemäß den obigen Ausführungen bedurfte es entgegen der Ansicht der Beklagten keiner gerichtlichen Geltendmachung der Klageansprüche. Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht die geltend gemachten Differenzansprüche für die Zeit von August 2013 bis Februar 2014 in Höhe von 408,55 EUR brutto zuerkannt.

69

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

70

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.10.2015 - Az.: 3 Ca 1004/15 - unter teilweiser Abänderung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.017,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 04.08.2015 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weitergabe von tariflichen Lohnerhöhungen und über den Ausschluss entsprechender Ansprüche aufgrund tarifvertraglicher Verfallfristen.

2

Die am … 1985 geborene Klägerin ist seit dem 21.04.2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin - der Firma r.,- - als Verkäuferin in der Betriebsstätte K. beschäftigt. Ihr mit der Beklagten abgeschlossener Arbeitsvertrag vom 09.02.2010 enthält u.a. - hinsichtlich des weiteren Inhalts des formularmäßig abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Anlage 4 zur Klageschrift Bezug genommen - folgende Regelung:

3

12. Verweisungsklausel

4

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn- /Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverband oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsüberganges vom Zeitpunkt des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge gewollt."

5

Diese Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

6

Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

7

„13. Schussbestimmungen

8

Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

9

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden."

10

Die Klägerin wurde in der Vergangenheit nach der Gehaltsgruppe G II Stufe 6 bei 129,6 Arbeitsstunden im Monat eingruppiert und vergütet. In der Folgezeit orientierte sich die Vergütung bis Juli 2013 stets an dem jeweils gültigen Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz.

11

Vor dem Betriebsübergang von r.,- auf die Beklagte gab r.,- den Arbeitnehmern mit Schreiben vom 08.05.2008 die Information, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Der Betriebsübergang auf die Beklagte erfolgte am 01.07.2008.

12

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage 5 zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in K. nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

13

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

14

Sehr geehrte Frau A.,

15

wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in K. nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

16

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

17

Wie geht es nun weiter?

18

Wenngleich wir in K. nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

19

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

20

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

21

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den MTV des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

22

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %.

23

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Erhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

24

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

25

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

26

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

27

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

28

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

29

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

30

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 3 R. d. A.) zurückgewiesen.

31

Mit der ursprünglichen Klage hatte die Klägerin Lohndifferenzen für die Monate August 2013 bis einschließlich Februar 2014 in Höhe von EUR 408,55 brutto geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 21.07.2015 hatte die Klägerin ihre Klage um weitere 1.095,00 EUR brutto als Differenzlohn für den Zeitraum März 2014 bis einschließlich Juni 2015 erweitert. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Klageerweiterungsforderung wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 21.07.2015 (Bl. 21, 21 R. d. A.) verwiesen.

32

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 13.08.2015 die Klageerweiterung vom 21.07.2015 abgetrennt und die Ursprungsklage durch Urteil beschieden (s. S. S. 2-5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2015, Bl. 25-27 d. A.). Die abgetrennte Klageerweiterung ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

33

Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.09.2015 die rechnerische Richtigkeit der Klageerweiterungsforderung bestritten hatte, hat die Klägerin ihre Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 24.09.2015 (Bl. 48-53 d. A.) modifiziert und nunmehr die – rechnerisch zwischen den Parteien unstreitige – Differenz von EUR 1017,88 EUR brutto für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015 geltend gemacht.

34

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,
der von ihr zuletzt geltend gemachte Anspruch auf Differenzvergütung für den Zeitraum März 2014 bis einschließlich Juni 2015 folge aus dem Arbeitsvertrag selbst. Denn darin sei vereinbart, dass die jeweiligen rheinland-pfälzischen Lohn- und Gehaltstarifverträge für den Einzelhandel Anwendung finden. Die dort vorgesehene Ausnahme bzw. das Ende der dynamischen Verweisungsklausel sei nicht gegeben. Daneben habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 zusätzlich ausdrücklich erklärt, dass die rheinland-pfälzischen Tarifverträge weiterhin Anwendung fänden. Diese Zusage habe die Beklagte in der Vergangenheit auch tatsächlich umgesetzt. Das Wort „freiwillig" in diesem Zusammenhang solle lediglich bedeuten, dass die Beklagte freiwillig diese Zusage gegeben habe. Es habe sie auch keiner dazu zwingen können, diese Zusage zu geben. Die Freiwilligkeit bedeute aber keineswegs, dass sich die Beklagte nicht verpflichtet habe.

35

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

36

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1017,88 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

37

Die Beklagte hat beantragt,

38

die Klage abzuweisen.

39

Die Beklagte hat vorgetragen,
aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich keineswegs entnehmen, dass dynamisch und dauerhaft verbindlich die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel, insbesondere die Lohn- und Gehaltstarifverträge, auch über 2011 hinaus Anwendung finden sollten. Dies hätten die Arbeitnehmer auch so aufgefasst und sei von ver.di selbst gegenüber den Mitgliedern so kommuniziert worden. Es sei in dem Schreiben auch ausdrücklich nur im Singular von der Weitergeltung des nächsten Tarifvertrages die Rede und nicht von den folgenden Tarifverträgen.

40

Aus dem Arbeitsvertrag werde außerdem deutlich, dass sie - die Beklagte - gerade keine dynamische Weitergeltung von Tarifverträgen gewollt habe. Jedenfalls seien die geltend gemachten Zahlungsansprüche vor Januar 2015 aufgrund der sich aus § 16 des Manteltarifvertrages des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz ergebenden Ausschlussfristen verfallen.

41

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Beklagte darauf hin durch Urteil vom 08.10.2015 - Az. 3 Ca 1004/15 - verurteilt, an die Klägerin 361,60 EUR brutto zuzüglich Zinsen ab dem 04.08.1015 zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat im zugesprochenen Umfang einen Anspruch der Klägerin auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen aus Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrages bejaht und die Klage im Übrigen mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin insoweit die tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 16 des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz nicht gewahrt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten der der Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 63-68 d. A.) Bezug genommen.

42

Gegen das ihr am 05.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 04.12.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 05.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 30.12.2015 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 05.02.2016 verlängert worden war.

43

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor:

44

Die Ansprüche seien für die Zukunft durch das Schreiben vom 07.03.2014, in dem auch die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab dem 01.05.2014 eingefordert worden sei, wirksam geltend gemacht worden. Sie – die Klägerin – habe hinreichend deutlich gemacht, auch zukünftig an der Tarifentwicklung partizipieren zu wollen. Eine entsprechende Geltendmachung bereits vor der Entstehung eines Anspruchs sei möglich, wenn - wie vorliegend - bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch die einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Diese Auslegung von Ausschlussfristen sei insbesondere dann geboten, wenn um die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten werde. Davon sei vorliegend auszugehen. Zudem habe sich die Beklagte aufgrund der zahlreichen Parallelstreitigkeiten auf eine Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderungen einstellen können und müssen.

45

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 05.02.2016 (Bl. 97 - 101 d. A.) Bezug genommen.

46

Die Klägerin beantragt zuletzt,

47

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.10.2015 -8 Ca 899/15- teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 656,28 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Berufung zurückzuweisen.

50

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und trägt vor:

51

Ihrer Auffassung nach sei die Berufung bereits als unzulässig zu verwerfen, insbesondere, da eine Auseinandersetzung mit der zweiten arbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage für den Verfall der Ansprüche nicht erfolgt sei.

52

Darüber hinaus sei eine Wahrung der Ausschlussfrist durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 für die streitgegenständlichen Forderungen nicht anzunehmen, da von diesem Schreiben nur die bereits fälligen, entstandenen Ansprüche erfasst gewesen seien, eine hinreichend deutliche Geltendmachung der noch nicht fälligen Ansprüche sei weder erfolgt, noch nach dem Einzelhandelstarifvertrag zulässig. Dieser sehe nämlich gerade keine Möglichkeit der Geltendmachung zukünftiger Ansprüche vor. Auch seien im vorliegenden Verfahren nicht lediglich „auf dem selben Rechtsgrund basierende, wiederkehrende und in der Höhe unstreitige Beträge“ in Streit, für die das Bundesarbeitsgericht eine Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung ausnahmsweise für zulässig erachte. Die noch nicht fälligen Forderungen basierten auf einer anderen Anspruchsgrundlage als die bereits fälligen Forderungen. Zudem sei der Umstand, auf dem diese noch nicht fälligen Forderungen sich gründeten, noch nicht eingetreten. Die rechtserzeugenden Anspruchsvoraussetzungen müssten jedoch nach dem Vorbringen des Anspruchsstellers bei der Geltendmachung bereits erfüllt sein. Eine vollumfängliche Einhaltung der Ausschlussfrist sei auch nicht durch die Klage vom 30.07.2014, den Schriftsatz vom 21.07.2015 und den Schriftsatz vom 24.09.2015 erfolgt. Die mit der Berufung geltend gemachten, vom Arbeitsgericht abgewiesenen Ansprüche seien jedenfalls gemäß Ziff. 13 des Arbeitsvertrages verfallen, da die Klägerin erst mehr als 3 Monate nach Ablehnung des Anspruchs seine Ansprüche gerichtlich geltend gemacht habe und mithin die 2. Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist nicht gewahrt habe.

53

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 15.03.2016 (Bl. 128-139 d. A) Bezug genommen.

54

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

55

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

56

Insbesondere hat sich die Klägerin in hinreichender Weise mit den rechtlichen Erwägungen des Urteils auseinandergesetzt, indem sie gerügt hat, dass das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, dass das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch eine zukunftsbezogene Geltendmachung enthalte und hierdurch nach ihrer Auffassung die Ausschlussfristen vollumfänglich gewahrt worden seien. Dass die Klägerin die arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen nicht thematisiert hat, kann vor dem Hintergrund, dass sie für die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht von Relevanz waren und in den Entscheidungsgründen keine Erwähnung gefunden haben, nicht zur Unzulässigkeit der Berufung führen.

B.

57

Das daher insgesamt zulässige Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts ist die Klage vollumfänglich begründet. Die Klägerin kann deshalb die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 1017,88 brutto nebst Zinsen verlangen.

I.

59

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Monate März 2014 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe des rechnerisch unstreitigen Differenzbetrages zwischen der tariflichen Vergütung der Klägerin nach Gehaltsgruppe II/ 6. Berufsjahr für die Angestellten im rheinland-pfälzischen Einzelhandel und des ihr von der Beklagten tatsächlich ausgezahlten Gehalts.

60

1. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts ergibt sich aus Ziffer 12 Satz 1 des Arbeitsvertrages, wonach auf das Arbeitsverhältnis u.a. die Vorschriften des Gehaltstarifvertrages für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. Im Hinblick auf die Verwendung der Formulierung "in der jeweils gültigen Fassung" beinhaltet diese Vertragsklausel zweifellos eine dynamische Bezugnahme.

61

2. Ziffer 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages, wonach eine dynamische Weitergeltung der tariflichen Gehaltsvorschriften bei Wegfall der Tarifbindung der Beklagten nicht mehr gegeben sein soll, steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Diese Klausel beinhaltet eine auflösende Bedingung i.S.v. § 158 Abs. 2 BGB, wobei deren Eintritt jedoch bereits von vorneherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich war. Die Wirksamkeit der in Ziffer 12 Satz 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt hiervon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist nämlich (im Übrigen) von Anfang an voll wirksam (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 27 f. m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

62

3. Nichts anderes ergibt sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - bei Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Bei dieser handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. von § 305 Abs. 1 BGB. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG v. 15.05.2013 - 10 AZR 325/12 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 29; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB).

63

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierenden Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. BAG 20.03.2013 - 10 AZR 636/11 - JURIS Rn. 20; LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 30; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Führt die objektive Auslegung zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, greift die Unklarheitenregelung (§ 305c Abs. 2 BGB) mit der Folge der arbeitnehmerfreundlichsten Auslegung ein (BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10 - JURIS Rn. 23 m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Die Anwendung des § 305c As. 2 BGB setzt also zwingend voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient (BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10 - JURIS Rn. 23 m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

64

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der Wortlaut der auflösenden Bedingung in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages eindeutig ist. Danach soll der Wegfall der dynamischen Weitergeltung des Gehaltstarifvertrages bei Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, nämlich des Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers eintreten. Die ausschließliche Zukunftsbezogenheit dieser Bedingung ergibt sich deutlich aus der Formulierung: "Dies gilt dann nicht mehr, wenn…", und der Formulierung: "…nicht mehr tarifgebunden ist." Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziffer 12 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte dynamische Weitergeltung der tariflichen Gehaltsvorschriften von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht zum Zuge kommen sollte, enthält die Vertragsklausel nicht. Die Rechtsansicht der Beklagten, unter deren Zugrundelegung vorliegend bereits von Anfang an keine dynamische Bezugnahme vereinbart sein könnte, hätte überdies nicht nur eine unauflösbare Widersprüchlichkeit der in Ziffer 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelungen zur Folge, sondern würde auch zu einer völligen Sinnentleerung der in Satz 1 dieser Verweisungsklausel enthaltenen Bestimmung führen (so auch LAG Rheinland- Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 31; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

65

4. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht § 12 Satz 5 des Arbeitsvertrages entgegen, der ein Ende der dynamischen Weitergeltung der Tarifvorschriften für den Fall eines Betriebsübergangs auf einen "neuen Arbeitgeber" vorsieht. Bei der Beklagten handelt es sich nämlich nicht um einen "neuen" Arbeitgeber im Sinne der vertraglichen Abrede. Als solcher käme nur ein der Beklagten gemäß § 613 a BGB nachfolgender Betriebsinhaber in Betracht, nicht hingegen die Beklagte als vertragsschließende Arbeitgeberin selbst (vgl. LAG Rheinland- Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 32; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

66

Die streitgegenständlichen Ansprüche sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien in der Kammerverhandlung vom 08.10.2015 unstreitig gestellt worden.

II.

67

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts sind die Ansprüche der Klägerin auch nicht insgesamt bzw. überwiegend nach Maßgabe einer anzuwenden Ausschlussfrist verfallen.

68

Das Arbeitsgericht hat in Anwendung des § 16 des Manteltarifvertrags Einzelhandel einen teilweisen Verfall der streitgegenständlichen Ansprüche angenommen. Nach Ansicht der Beklagtenseite hat zumindest die fehlende gerichtliche Geltendmachung innerhalb von 3 Monaten nach Ablehnung des streitgegenständlichen Anspruchs zu einem Verfall der Ansprüche nach Ziff. 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages geführt.

69

1. Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach vorliegend eine gerichtliche Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche zum Anspruchserhalt erforderlich war, nicht.

70

Zwar sieht Ziff. 13 des Arbeitsvertrages neben einer schriftlichen Geltendmachung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit der Ansprüche für den Fall, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf einer gesetzten Frist oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden, einen Verfall dieser Ansprüche vor. Diese Regelung steht jedoch im Widerspruch zu der über die Verweisungsklausel aus Ziff. 12 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussklausel (§ 16 MTV Einzelhandel), bei der die gerichtliche Geltendmachung gerade nicht erforderlich ist, um einen Anspruchsverfall zu verhindern.

71

Dieser Widerspruch führt, dass zu, dass die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung im Hinblick auf die zweite Stufe der Ausschlussfrist einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht standhält.

72

a) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 48; BAG 16.05. 2012 - 5 AZR 331/11 - JURIS Rn. 2). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was ihn erwartet: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge eintreten wird und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 48; BAG 31.08. 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372). Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 52; BAG 28.05. 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66).

73

b) Diesen Anforderungen genügt die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung vorliegend in Teilen nicht.

74

§ 12 Satz 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Formulararbeitsvertrages enthält - wie dargelegt - eine für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien rechtsverbindliche dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung. Dessen MTV sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die vollinhaltlich der in Ziffer 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen. Beide beanspruchen nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung jedoch Geltung. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlicher Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziffer 12, ebenso wie die Anwendung von Ziffer 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Dies hat zur Folge, dass ein Arbeitnehmer, der sich nicht sicher ist, ob er nun die erste Stufe oder auch die zweite Stufe einhalten muss, möglicherweise von einer weiteren Rechtsverfolgung absehen würde, wenn er die erste Stufe der Ausschlussfrist gewahrt, jedoch zu spät geklagt hätte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die in Ziffer 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. Blue-Pencil-Tests zu streichen ist, denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe berührt die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht; BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 54; BAG 16.05.2012 - 5 AZR 251/11 - JURIS Rn. 37; BAG 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 - JURIS Rn. 26 ff.). Die diesbezüglichen Formulierungen im Tarifvertrag und im Arbeitsvertrag sind inhaltsgleich, ausreichend transparent und bleiben, ebenso wie die übrigen arbeitsvertraglichen Bestimmungen gemäß § 306 Abs. 1 BGB wirksam.

75

c) Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass das Bundesarbeitsgericht in mehreren „equal-pay-Fällen“ (vgl. z. B. BAG 25.09.2013 - 5 AZR 815/12 - JURIS Rn. 18; BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 40) einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist gegenüber einer Ausschlussfrist aus einem in Bezug genommenen Tarifvertrag den Vorrang eingeräumt hat. Die diesen Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalte sind mit dem vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht vergleichbar:

76

Zum einen war in den den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalten zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits die Unwirksamkeit des in Bezug genommenen Tarifvertrages festgestellt. Es stand mithin fest, dass die im Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist gar nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist und die Verweisung in der Konsequenz gleichsam „leer lief“ (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 35). Zum anderen enthielten die Arbeitsverträge in den betreffenden Verfahren ausdrückliche Kollisionsregelungen zum Verhältnis zwischen arbeitsvertraglicher und tariflicher Regelung. Nicht zuletzt standen – anders als im vorliegenden Fall – die tariflichen Ausschlussfristen zu den arbeitsvertraglichen Regelungen gerade nicht im Widerspruch.

77

2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der eingeklagten Differenzvergütung ist auch nicht (zum Teil) wegen zu später schriftlicher Geltendmachung verfallen.

78

Zwar sieht § 16 Ziff. 1 c) MTV Einzelhandel Rheinland-Pfalz ebenso wie Ziff. 13 Abs. 1 S. 3 des Arbeitsvertrages vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen sind, da sie ansonsten verfallen.

79

Diesem Erfordernis hat die Klägerin jedoch durch das Schreiben vom 07.03.2014 Genüge getan. Dieses Schreiben beinhaltet neben der rückwirkenden Geltendmachung von Ansprüchen auch eine wirksame Geltendmachung der vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche auf Zahlung des Tarifgehalts für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015:

80

a) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt daher voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (vgl. BAG 22.04.2004 - 8 AZR 652/02 - AP Nr. 28 zu §§ 22, 23 BAT-O; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 48; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (vgl. BAG 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 48; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

81

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 07.03.2014 die Zahlung von Arbeitsvergütung auf der Grundlage der tariflichen Bestimmungen nicht nur rückwirkend zum 01.08.2013, sondern auch zukunftsbezogen geltend gemacht, indem sie sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Geltendmachungsschreibens nicht nur darauf beschränkt hat, die Tariferhöhung rückwirkend zum 01.08.2013 geltend zu machen, sondern auch „die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.2014“ eingefordert hat. Diese Geltendmachung ist mithin ersichtlich nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über Mai 2014 hinaus aufgrund der bereits abgeschlossenen Tarifverhandlungen für die Beklagte durch die Nennung des Prozentsatzes ersichtlich und bei Einsichtnahme in die jeweiligen Gehaltstarifverträge im Übrigen ohne Weiteres errechenbar war.

82

b) Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung noch nicht fällig waren. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchssteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (vgl. BAG 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 50; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

83

c) Der wirksamen Geltendmachung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung noch nicht entstanden waren.

84

Zwar widerspricht eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs regelmäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Eine tarifliche Ausschlussfrist kann deswegen ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs auch vor dessen Entstehung gewahrt werden, wenn der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist auch dann erreicht wird, wenn der Arbeitgeber also unzweifelhaft erkennen kann, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend macht und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Umständen diese abhängen (so BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12 - EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Hamburg 08.07.2014 - LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 3; BAG v. 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - NZA 2013, 975; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 51; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht). Das kommt z. B. dann in Betracht, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Besteht z.B. Streit ausschließlich über die Berechnungsgrundlage von tariflichen Zeitzuschlägen und werden Anzahl und Art der zuschlagpflichtigen Stunden durch Aufnahme in eine Lohnabrechnung streitlos gestellt, kann die einmalige Geltendmachung einer anderen Berechnung der Zeitzuschläge ausreichen, um den Verfall auch von künftigen Ansprüchen durch eine tarifliche Ausschlussfrist zu verhindern (BAG 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - EzA-SD 8/2013 S. 11 = NZA 2013, 976). Streiten die Parteien eines Arbeitsvertrages über die Höhe des monatlichen Entgelts und liegt diesem Streit lediglich und ausschließlich die Frage der - immer gleichbleibenden - Berechnungsweise zugrunde, kann die einmalige Geltendmachung der nach Auffassung des Arbeitnehmers zutreffenden Berechnungsgrundlage auch für später entstehende Zahlungsansprüche ausreichen. In einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was der Gläubiger von ihm verlangt (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12 - EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 52; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht).

85

Vorliegend stritten die Parteien bereits im Zeitpunkt des Geltendmachungsschreibens vom 07.03.2014 im Hinblick auf die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf tarifliche Arbeitsvergütung hat, ausschließlich über die Anwendbarkeit der maßgeblichen Tarifverträge. Zwar bestand im Nachgang zur Geltendmachung der künftigen Ansprüche prozessual kurzzeitig Unklarheit darüber, ob die vom Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum eingeklagten Beträge korrekt waren. Ursache dafür, war aber nicht, dass sich die Parteien über die geschuldete Arbeitszeit, die Eingruppierung, die prozentuale Tariflohnerhöhung oder sonstige Berechnungsgrundlagen uneinig waren. Vielmehr waren und sind die für die Berechnung der Klageforderung maßgeblichen Faktoren zwischen den Parteien unstreitig, durch die Lohnabrechnungen streitlos gestellt und es handelte sich schlicht um einen Rechenfehler. Die Beklagte konnte aufgrund der Tatsache, dass ihr Arbeitszeit und Eingruppierung bekannt war, unproblematisch erkennen, welche finanzielle Forderung bei der geltend gemachten Tariflohnerhöhung um 2,1 % ab dem 01.05.2014 auf sie zukommen würde. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 07.03.2014 wahrt daher auch die Ausschlussfrist für die künftigen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 53; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht).

86

Nach alledem war der Klage auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Mai 2014 bis Juni 2015 unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt stattzugeben.

III.

87

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten waren aufgrund der Reduzierung der Klageforderung in erster Instanz und der teilweisen Berufungsrücknahme in zweiter Instanz wie ausgeurteilt zu quoteln.

88

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben. Insbesondere liegt keine Abweichung von den durch die Beklagten in der Berufungsbegründung vom 15.03.2016 (S. 7-9) zitierten Entscheidungen vor. Soweit sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung sowie in der Kammerverhandlung vom 28.06.2016 insbesondere auf die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30.10.2013 – 2 Sa 744/13 – bezogen hat, wird darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung bereits deswegen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, weil der Kläger Ansprüche aus einer Höhergruppierung begehrt. Überdies stellt auch das LAG Hessen in seiner Entscheidungsbegründung (vgl. Juris Rn. 39) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar, dass eine tarifliche Ausschlussfrist ausnahmsweise auch durch Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden kann, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Genau diese Ausnahme war vorliegend gegeben, so dass die zitierte Rechtsprechung gerade einschlägig, nicht aber divergierend zur getroffenen Entscheidung ist.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15. März 2014 und weitere 1.191,06 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31. Juli 2015 zu zahlen.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) hat die Beklagte zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche der Klägerin aufgrund tariflicher Gehaltserhöhungen von 3 % ab 01. August 2013 und 2,1 % ab 01. Mai 2014.

2

Die Klägerin ist seit 01. Juli 2008 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Verkäuferin in Teilzeit (80 %) aufgrund Arbeitsvertrags vom 05. Februar 2010 beschäftigt, der u.a. folgende Regelungen enthält:

3

"12. Verweisungsklausel

4

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn-/Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverband oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsübergangs vom Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge gewollt.

5

13. Schlussbestimmungen

6

Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

7

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden.

8

Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform."

9

Die in Ziff. 12 des Arbeitsvertrags enthaltene Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

10

Die Beklagte war bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes. Mit Schreiben vom 16. Juni 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie, obgleich keine Tarifbindung bestehe, auch nach dem 30. Juni 2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergütet werde.

11

Bis einschließlich Juli 2013 hatte die Beklagte die Klägerin nach den Bestimmungen des Gehalts-TV nach der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr eingruppiert und vergütet. Zum 01. August 2013 erhöhte sich die tarifliche Vergütung in der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr für Teilzeitkräfte mit 80 % einer Vollzeitkraft um 53,58 EUR von 1.798,40 EUR auf 1.851,98 EUR brutto monatlich und zum 01. Mai 2014 um weitere 39,22 EUR auf 1.891,20 EUR brutto monatlich.

12

Mit folgendem Schreiben vom 28. Februar 2014 machte die Klägerin rückwirkend zum 01. August 2013 die Tariferhöhung von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014 geltend:

13

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz

14

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 %, sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

15

Sehr geehrter Herr W.,
ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

16

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

17

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

18

Ich bitte sie mir bis zum 15.03.14 meinen Anspruch zu bestätigen."

19

Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18. März 2014 ab mit der Begründung, dass weder aufgrund originärer tarifrechtlicher Verpflichtungen noch aufgrund individueller arbeitsvertraglicher Regelungen ein Anspruch auf Erhöhung der monatlichen Vergütung bestehe.

20

Mit ihrer am 22. Juli 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen und der Beklagten am 30. Juli 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Nachzahlung der sich aus den tariflichen Gehaltserhöhungen ergebenden Differenzbeträge zu den von der Beklagten geleisteten Zahlungen in Anspruch genommen, die sich - rechnerisch unstreitig - für die Zeit von August 2013 bis Februar 2014 auf insgesamt 408,55 EUR brutto und für die Zeit von März 2014 bis Juni 2015 auf insgesamt 1.191,06 EUR brutto belaufen; wegen der Einzelheiten der errechneten Differenzbeträge wird auf die Berechnung der Klageforderungen im Schriftsatz der Klägerin vom 22. September 2015 verwiesen.

21

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

22

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15. März 2014 zu zahlen,

23

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.191,06 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 verwiesen. Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern der Klage in Höhe von 408,55 EUR für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 und weiteren 368,40 EUR brutto für den Zeitraum von Januar bis Juni 2015 stattgegeben und sie im Übrigen hinsichtlich der weitergehenden Ansprüche mangels Wahrung der tariflichen Verfallfrist abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

27

Gegen das ihr am 03. Dezember 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 04. Januar 2016, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag (Montag) eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 03. Februar 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen und der Beklagten am 22. Februar 2016 zugestellt, begründet. Die Beklagte hat nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist bis zum 22. April 2016 mit Schriftsatz vom 21. April 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Anschlussberufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin die vom Arbeitsgericht aberkannten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 in Höhe von 822,66 EUR brutto weiter (Klageantrag zu 2.: 1.191,06 EUR brutto für die Zeit von März 2014 bis Juni 2015 abzüglich des bereits zuerkannten Betrags in Höhe von 368,40 EUR brutto für die Zeit von Januar bis Juni 2015 = verbleibende Differenz in Höhe von 822,66 EUR brutto). Die Beklagte wendet sich mit ihrer Anschlussberufung nur insoweit gegen die stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts, als sie die Abweisung der Klage in Höhe von weiteren 408,55 EUR brutto für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 begehrt.

28

Die Klägerin trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die von ihr geltend gemachten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen seien. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei ihr Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass hiervon nur die bezifferten Differenzbeträge bis Februar 2014 umfasst seien. Das Arbeitsgericht sei hier fehlerhaft von einer unzureichenden Geltendmachung ausgegangen. Die Rechtsprechung erkenne an, dass eine entsprechende Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs möglich sei, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Im Streitfall sei zwischen den Parteien allein die Frage streitig, ob eine dynamische Verweisungsklausel vorliege und sie regelmäßig an der Tariflohnerhöhung teilnehme, während ihre Eingruppierung in die Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr unstreitig sei. Für den Arbeitgeber sei die Interessenlage damit hinreichend deutlich, insbesondere auch vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit diesbezüglich durchgeführten Rechtsstreite. Entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts könne etwas anderes auch nicht aus ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 hergeleitet werden. Darin werde deutlich gemacht, dass man Ansprüche des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz geltend mache. Neben der rückwirkenden Geltendmachung der Tariferhöhung ab 01. August 2013 um 3 % werde dem Arbeitgeber deutlich signalisiert, dass sie auch beabsichtige, an einer weiteren Gehaltserhöhung ab 01. Mai 2014 in Höhe von 2,1 % zu partizipieren. Etwas anderes könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die rückwirkend bis zu diesem Zeitpunkt bereits angefallenen Beträge beziffert worden seien, weil gleichzeitig deutlich gemacht werde, dass man auch zukünftig an der Tarifentwicklung partizipieren wolle. Entgegen der Darstellung der Beklagten in ihrer Anschlussberufung müsse der Beschäftigte beim Durchblättern des Arbeitsvertrages nicht damit rechnen, dass nach der Verweisungsklausel in den Schlussbestimmungen versteckt Ausschlussklauseln gesondert in Abweichung zum Tarifvertrag vereinbart würden. Vorliegend sei in Ziff. 12 des Arbeitsvertrags drucktechnisch die Geltung des Tarifvertrages hervorgehoben und in der nächsten Ziffer dann versteckt unter Schlussbestimmungen im Anschluss an eine salvatorische Klausel letztlich eine weitergehende Verfallsregelung in den Vertrag eingeführt worden.

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Die Klägerin beantragt,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 822,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen,

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und im Wege der Anschlussberufung,

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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. November 2015 - 1 Ca 902/15 - die Klage in Höhe von weiteren 408,55 EUR brutto nebst Zinsen seit 15. März 2014 abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Anschlussberufung zurückzuweisen.

37

Die Beklagte erwidert, die Berufung sei bereits mangels ordnungsgemäßer Berufungsbegründung unzulässig. Die Klägerin habe sich in ihrer Berufungsbegründung weder ausreichend mit den Urteilsgründen des erstinstanzlichen Urteils auseinandergesetzt noch anhand der Urteilsbegründung konkrete Rechtsfehler sowie deren Erheblichkeit aufgezeigt. An keiner Stelle der Berufungsbegründung setze sich die Klägerin mit der Entscheidungserheblichkeit der gerügten Falschbeurteilung des Arbeitsgerichts auseinander. Die Klägerin hätte die Kausalität bzw. Entscheidungserheblichkeit des etwaigen Rechtsfehlers auch insbesondere deshalb darlegen müssen, weil auch in ihrem Arbeitsvertrag eine Ausschlussklausel enthalten sei. Selbst wenn die von der ersten Instanz abgewiesenen Forderungen nicht der tariflichen Ausschlussklausel unterlägen, greife die arbeitsvertragliche Ausschlussklausel. Die Klägerin hätte zur Begründung der Entscheidungserheblichkeit zumindest darlegen müssen, dass die abgewiesenen Forderungen auch nicht der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel unterfallen würden, d. h. ihr die zusätzlich geltend gemachten Forderungen zustünden. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin noch nicht einmal die Umstände vorgetragen habe, die zu einer Entscheidungserheblichkeit führten, sei die Berufung bereits unzulässig. Weiterhin sei das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Zahlungsansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen seien. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe, habe die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 nur die Ansprüche geltend gemacht, die bis zu diesem Zeitpunkt fällig geworden seien, d. h. die Ansprüche bis Februar 2014. Schon nach der Betreffzeile des Geltendmachungsschreibens seien bezüglich der Erhöhung von 3 % nur die Ansprüche vom Zeitpunkt der Geltendmachung an rückwirkend zum 01. August 2013 erfasst. Auch wenn in der Betreffzeile weiterhin die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014 stehe, ergebe sich aus der abschließenden Formulierung, nach der sich der Gesamtbetrag der Geltendmachung auf 408,55 EUR belaufe, dass der Zeitraum ab März 2014 dennoch nicht vom Schreiben der Klägerin umfasst sei. Die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 keine zukünftigen Ansprüche geltend gemacht. Wenn die Klägerin über den bezifferten Gesamtbetrag hinaus Ansprüche hätte geltend machen wollen, so hätte sie das mit der notwendigen Deutlichkeit in ihrem Geltendmachungsschreiben ausführen müssen. Zwar könne eine tarifliche Ausschlussfrist ausnahmsweise durch eine Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden, was jedoch an sehr enge Voraussetzungen geknüpft sei, die hier nicht vorlägen. Zum einen betreffe die Geltendmachung vom 28. Februar 2014 für die bereits fälligen Ansprüche die Tariferhöhung zum 01. August 2013 um 3 %, während die zukünftig fällig werdenden Ansprüche aus der Tariferhöhung ab dem 01. Mai 2014 um 2,1 % basierten. Danach beruhten die künftigen Ansprüche nicht auf derselben tatsächlichen Grundlage wie die bereits fälligen Ansprüche. Zudem sei der tatsächliche Umstand, auf den die noch nicht fälligen Ansprüche gestützt werden sollten, noch nicht einmal eingetreten, weshalb das Geltendmachungsschreiben auch nur von "der zu erwartenden Erhöhung von 2,1 %" spreche. Die mit der Berufung geltend gemachten und vom Arbeitsgericht abgewiesenen Ansprüche seien auch aufgrund der Ausschlussklausel in Ziff. 13 des Arbeitsvertrags verfallen. Die Klägerin habe weder die erste Stufe noch die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gewahrt. Selbst wenn man in der Geltendmachung vom 28. Februar 2014 auch eine Geltendmachung der Ansprüche von März bis Dezember 2014 sehen würde, wären diese Ansprüche jedenfalls wegen verspäteter gerichtlicher Geltendmachung verfallen. Mit ihrer Anschlussberufung wende sie sich gegen die rechtsfehlerhaft vom Arbeitsgericht zuerkannten Differenzlohnansprüche für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass diese Ansprüche der zweiten Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterfielen und danach verfallen seien. Bei der im Arbeitsvertrag enthaltenen Ausschlussklausel handele es sich nicht um eine überraschende Klausel. Vielmehr seien Ausschlussklauseln nach der ständigen Rechtsprechung im Arbeitsvertrag üblich und im Arbeitsleben weit verbreitet. Die Klausel zu den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen sei auch nicht versteckt platziert. Zum einen würden Ausschlussklauseln erwartungsgemäß und üblicherweise am Ende eines Arbeitsvertrags stehen. Daher findet sich die Klausel zu den Ausschlussfristen genau dort, wo ein verständiger Arbeitnehmer sie auch erwarten würde. Zum anderen falle die Ausschlussklausel aufgrund ihrer Lage über dem Unterschriftenfeld auch besonders ins Auge, so dass sie nicht zu übersehen sei. Insbesondere die zweite Stufe der Ausschlussklausel sei extra textlich abgesetzt mit Leerzeile zwischen dem vorgehenden Text und dem Folgetext versehen worden. Die Kombination aus dieser Absetzung des Textblocks mit Leerzeile und der Lage der Klausel im Blickfeld über Unterschriftenzeile mache ein Übersehen der Klausel nahezu unmöglich. Eine eigene Überschrift oder besondere drucktechnische Hervorhebung könne allenfalls dann für eine Ausschlussklausel gefordert werden, wenn diese bei einem Durchblättern vor der Unterschrift nicht ins Auge falle, weil innerhalb des mehrere Seiten umfassenden Textes keine Überschrift "Ausschlussklausel" hervorsteche und auch am Anfang und Ende die Ausschlussklausel sich nicht durch die Lage dem Leser aufdränge. Im Hinblick darauf, dass die Ausschlussklausel vorliegend aufgrund ihrer Lage über dem Unterschriftenfeld ins Auge steche, könne von einer versteckten Klausel schon begrifflich nicht die Rede sein. Die von ihr im Einzelnen dargestellte Rechtsprechung sehe bei Klauseln am Vertragsende gerade kein "Verstecken" als gegeben an, sondern gehe gerade von einer besonderen Wahrnehmbarkeit aus. Auch die optische Hervorhebung durch Fettdruck der vorangehenden Ziffer des Arbeitsvertrags führe nicht dazu, dass die Ausschlussklausel als überraschend anzusehen wäre. Im Hinblick darauf, dass sich der Fettdruck in einer anderen Ziffer und auf einer anderen Seite des Arbeitsvertrages befinde, spiele die Ausgestaltung von Ziff. 12 des Arbeitsvertrages keine Rolle für die Wahrnehmung. Auch die Tatsache, dass zunächst in einer Ziffer des Arbeitsvertrags auf anwendbare Tarifverträge verwiesen werde, hindere den Arbeitgeber nicht daran, in einer späteren Ziffer des Arbeitsvertrags arbeitsvertragliche Ausschlussfristen aufzunehmen, die ggf. von der tariflichen Regelung abweichen würden. Dies mache eine Ausschlussfrist noch nicht überraschend im Sinne von § 305 c BGB. Im Übrigen wäre die Ausschlussklausel auch teilbar, wonach jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussklausel für sich betrachtet sowohl textlich abgesetzt als auch allein für sich inhaltlich sinnvoll und nach dem blue-pencil-Test wirksam sei.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

39

Das Berufungsgericht hat im Einverständnis beider Parteien durch Beschluss vom 14. Juni 2017 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.

Entscheidungsgründe

40

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist hingegen unbegründet.

I.

41

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

42

Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründung der Klägerin ohne weiteres den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO.

43

Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Klageanspruch der Klägerin auf Nachzahlung der Differenzen zum Tarifgehalt aus § 12 S. 1 des Arbeitsvertrages ergebe, aber bezüglich des Zeitraums von März bis Dezember 2014 mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen sei, weil das Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 auf den angegebenen Gesamtbetrag in Höhe von 408,55 EUR beschränkt sei und damit nur die fälligen Ansprüche bis Februar 2014, nicht aber die Ansprüche ab März 2014 umfasse. Mit dieser tragenden Begründung des Arbeitsgerichts (für die Abweisung der mit der Berufung weiterverfolgten Differenzansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014) hat sich die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung im Einzelnen auseinandergesetzt und dargelegt, aus welchen Gründen sie entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts mit ihrem Geltendmachungsschreiben hinreichend deutlich gemacht habe, dass sie - neben der rückwirkenden Geltendmachung der Tariferhöhung - auch zukünftig an den bezeichneten Tariferhöhungen partizipieren wolle. Deshalb sei das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise zu korrigieren und die Beklagte zur Zahlung der weiteren Differenzgeldansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 verpflichtet.

44

Ergibt sich - wie hier - die Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Rechtsverstoßes unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil in Verbindung mit den Ausführungen in der Berufungsbegründung, bedarf sie keiner gesonderten Darlegung in der Berufungsbegründung (vgl. BGH 10. März 2015 - VI ZB 28/14 - NJW 2015, 1458). Entgegen der Ansicht der Beklagten bestand für die Klägerin kein besonderes Darlegungserfordernis hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit wegen der im Arbeitsvertrag enthaltenen Ausschlussklausel, weil das Arbeitsgericht darauf seine klageabweisende Entscheidung nicht gestützt hat (vgl. BGH 10. März 2015 - VI ZR 215/14 - NJW 2015, 1684). Vielmehr hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die unter den Schlussbestimmungen der Ziff. 13 des Arbeitsvertrags normierte zweite Stufe der Verfallfrist so ungewöhnlich und überraschend sei, dass die Klägerin nicht mit ihr habe rechnen müssen. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsgericht gemäß der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht angenommen hat, dass die Klausel gemessen am Maßstab des § 305c BGB keinen Bestand haben könne, brauchte die Klägerin hierzu keine Ausführungen zu machen.

II.

45

Die Berufung der Klägerin ist auch begründet.

46

Die Klägerin hat gemäß Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrags der Parteien einen Anspruch auf die von ihr geltend gemachte Differenzvergütung für die Monate März bis Dezember 2014 in rechnerisch unstreitiger Höhe. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts ist dieser Klageanspruch nicht verfallen.

47

1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Klageanspruch aus Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrags ergibt und die Formulierung "in der jeweils geltenden Fassung" eine dynamische Bezugnahme auf die bezeichneten Tarifverträge enthält. Weiterhin hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass Ziff. 12 S. 2 des Arbeitsvertrags dem nicht entgegensteht, weil die Beklagte bereits bei Vertragsabschluss nicht tarifgebunden war.

48

Der Eintritt der in dieser Klausel enthaltenen auflösenden Bedingung, nach der eine dynamische Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge bei Wegfall der Tarifbindung der Beklagten nicht mehr gegeben sein soll, war bereits von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich. Die Wirksamkeit der in Ziff. 12 S. 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt hiervon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist nämlich (im Übrigen) von Anfang an voll wirksam (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 28, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 49, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 61, juris).

49

Nichts anderes ergibt sich bei Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Bei dieser handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. von § 305 Abs. 1 BGB. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung, der keine der Parteien entgegengetreten ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 17, juris; BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 20, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 29 f., juris).

50

Ausgehend von diesen Grundsätzen soll nach dem eindeutigen Wortlaut der ausschließlich zukunftsbezogen formulierten Regelung in Ziff. 12 S. 2 des Arbeitsvertrages der Wegfall der dynamischen Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge bei Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, nämlich des Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers eintreten. Die ausschließliche Zukunftsbezogenheit dieser auflösenden Bedingung ergibt sich deutlich aus den verwandten Formulierungen "Dies gilt dann nicht mehr, wenn …" und "… nicht mehr tarifgebunden ist." Hingegen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die vereinbarte dynamische Weitergeltung der bezeichneten Tarifverträge von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht eintreten sollte, zumal dies zu einer unauflösbaren Widersprüchlichkeit der in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelungen und zu einer völligen Sinnentleerung der in S. 1 dieser Verweisungsklausel enthaltenen Bestimmung führen würde (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Januar 2015 - 4 Sa 487/14 - Rn. 31, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 67, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 64, juris).

51

Die streitgegenständlichen Ansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien rechnerisch unstreitig.

52

2. Die Klageansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2014 sind nicht verfallen.

53

a) Die Klägerin hat diese zum damaligen Zeitpunkt noch nicht entstandenen und fälligen Ansprüche mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 rechtzeitig schriftlich geltend gemacht.

54

Nach § 16 Ziff. 1 Buchst. c des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sind die betreffenden Ansprüche innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Die tarifliche Ausschlussfrist stimmt insoweit mit der in Ziff. 13 S. 3 des Arbeitsvertrags der Parteien geregelten ersten Stufe der Verfallfrist überein, als danach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

55

Die sechsmonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2014 hinsichtlich der Klageansprüche von März bis Dezember 2014 gewahrt.

56

aa) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24, NZA 2013, 975).

57

Danach hat die Klägerin mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 die sechsmonatige Ausschlussfrist auch für die künftigen Ansprüche von März bis Dezember 2014 gewahrt. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts lässt sich das Schreiben der Klägerin vom 28. Februar 2014 nicht dahingehend auslegen, dass die Geltendmachung auf den beziffert angegebenen Betrag in Höhe von 408,55 EUR beschränkt worden ist. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens vom 28. Februar 2014, dass die Klägerin mit der "Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrags Einzelhandel Rheinland-Pfalz" nicht nur die "Tariferhöhung rückwirkend zum 01. August 2013 von 3 %", sondern auch "die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01. Mai 2014" geltend gemacht hat. Zur Begründung des Anspruchs auf die genannten Tariferhöhungen verweist die Klägerin in ihrem Schreiben darauf, dass ihr Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisungsklausel enthält. Aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass die Klägerin unter Berufung auf die in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarte dynamische Verweisungsklausel nicht nur die bereits fälligen, sondern auch die künftigen Ansprüche geltend macht, die sich aus den in ihrem Schreiben angeführten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 und 01. Mai 2014 ergeben. Diese Geltendmachung ist mithin ersichtlich nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über Mai 2014 hinaus für die Beklagte ohne weiteres errechenbar war (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 81, juris).

58

bb) Zwar waren diese Ansprüche zum damaligen Zeitpunkt weder entstanden noch fällig. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls war es der Klägerin jedoch möglich, diese Ansprüche auch schon vor ihrer Entstehung und Fälligkeit gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

59

Die Geltendmachung eines Anspruchs setzt regelmäßig dessen Bestehen voraus. Anderenfalls liegt kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte. Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht grundsätzlich auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung von Ansprüchen bewahrt werden, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht. Er soll sich auf offene Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden können. Sind die rechtserzeugenden Tatsachen noch nicht eingetreten, können diese Ziele regelmäßig nicht erreicht werden. Es bleibt ungewiss, ob und in welchem Umfang Ansprüche entstehen. Auch wird die rasche Klärung von Ansprüchen nicht erreicht. In Ausnahmefällen können Sinn und Zweck der Ausschlussfrist aber die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch schon vor dessen Entstehen gebieten. Wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht, kann der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist, dem Schuldner zeitnah Gewissheit verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, auch durch eine einmalige Geltendmachung erreicht werden. Eine solche einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird; hier reicht im Zweifel die einmalige Geltendmachung der richtigen Berechnungsmethode auch für später entstehende Zahlungsansprüche aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen im Streit steht; in einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was von ihm verlangt wird und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seine Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat (BAG 03. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44 und 45, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 205; BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 29 ff., NZA 2013, 975, LAG Rheinland-Pfalz 22. Januar 2014 - 4 Sa 325/13 - Rn. 56 ff., juris).

60

Die Parteien streiten allein darüber, ob die in Ziff. 12 ihres Arbeitsvertrages enthaltene Bezugnahmeklausel zu einer dynamischen Anwendung der bezeichneten Tarifverträge mit der Folge führt, dass die Klägerin die im Geltendmachungsschreiben vom 28. Februar 2014 bezeichneten Tariferhöhungen zum 01. August 2013 von 3 % sowie von weiteren 2,1 % ab 01. Mai 2014 beanspruchen kann. Im Übrigen waren und sind die für die Berechnung der Klageforderung maßgeblichen Faktoren zwischen den Parteien unstreitig und mit den erteilten Gehaltsabrechnungen streitlos gestellt. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 28. Februar 2014 wahrt daher auch die Ausschlussfrist für die künftigen Ansprüche der Klägerin auf die geltend gemachten Tariferhöhungen. Für die Beklagte bestand ersichtlich keinerlei Zweifel darüber, was die Klägerin von ihr verlangte. Sie musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 22. Januar 2014 - 4 Sa 325/13 - Rn. 57 f., juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 80, juris; LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 85, juris).

61

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die mit der Berufung weiterverfolgten Ansprüche nicht mangels rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung nach Maßgabe der in Ziff. 13 S. 4 des Arbeitsvertrags der Parteien geregelten 2. Stufe der Verfallfristen verfallen.

62

aa) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei dieser Klausel entsprechend dem äußeren Erscheinungsbild um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB handelt, die als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.

63

Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt der Klausel, ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle, kann die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 24, NZA 2006, 324).

64

Gemessen an diesen Anforderungen ist die in Ziff. 12 S. 4 des Arbeitsvertrags enthaltene Verfallfrist zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen (2. Stufe) nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Klausel befindet sich am Ende eines Arbeitsvertrags, der insgesamt 13 Ziffern enthält. Darin sind neben den üblichen auch von § 2 Abs. 1 NachwG geforderten Bestimmungen u. a. die Abtretung von Schadensersatzansprüchen, Personalfragebogen, Nebentätigkeit, Rückgabe des Arbeitsmaterials, allgemeine Pflichten und die Vertragsstrafe eigenständig unter gesonderten Überschriften geregelt. Die "Schlussbestimmungen" in Ziff. 13 des Arbeitsvertrags enthalten zunächst eine salvatorische Klausel (Sätze 1 und 2). Sodann ist in den Sätzen 3 und 4 eine zweistufige Ausschlussfrist enthalten. Hieran schließt sich eine Regelung an, nach der Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen (Satz 5). Nach dem gesamten Erscheinungsbild des Vertrags hat die Beklagte die zweistufige Ausschlussklausel damit an einer aus Sicht eines redlichen Vertragspartners unerwarteten Stelle versteckt. Unter der Überschrift "Schlussbestimmungen" muss ein verständiger Arbeitnehmer bei einem so detaillierten Vertrag nicht mit einer Klausel rechnen, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung herbeigeführt werden soll (vgl. BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 25, NZA 2006, 324). Das gilt umso mehr, als vorliegend in der vorangegangenen Ziff. 12 eine Verweisungsklausel enthalten ist, in der - fettgedruckt - geregelt ist, dass im Übrigen die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz und die weiteren aufgeführten Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Arbeitsvertrag so aufgebaut, dass in den Ziffern 1 bis 11 die einzelnen arbeitsvertraglichen Bestimmungen geregelt sind und dann in Ziff. 12 ergänzend auf die maßgeblichen Tarifverträge Bezug genommen wird. Nach § 16 Ziff. 1 Buchst. c des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Hingegen ist eine zweite Stufe zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen im vorgenannten Manteltarifvertrag nicht vorgesehen. Nach der in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen umfassenden Verweisungsklausel, deren Text zudem noch durch Fettdruck gegenüber den Textpassagen der vorangegangenen Ziffern besonders hervorgehoben ist, braucht ein verständiger Arbeitnehmer nicht damit zu rechnen, dass in den nachfolgenden "Schlussbestimmungen" (Ziff. 13) - abweichend von dem in Ziff. 12 in Bezug genommenen Manteltarifvertrag - eine Klausel enthalten ist, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung herbeigeführt werden soll. Hinzu kommt noch, dass in Ziff. 13 des Vertrags sowohl in den ersten beiden Sätzen als auch im letzten Satz über der Unterschriftenzeile (Schluss)Bestimmungen enthalten sind, die ebenso wie die Überschrift nicht erwarten lassen, dass dazwischen noch eine zweistufige Ausschlussfrist untergebracht ist, die - abweichend von der nach Ziff. 12 in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristenregelung - den Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung bewirken soll.

65

bb) Unabhängig davon hält die zweite Stufe der vertraglichen Ausschlussfristenregelung auch einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht stand, weil diese Regelung in Widerspruch zu der über die Verweisungsklausel aus Ziff. 12 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussklausel steht, bei der die gerichtliche Geltendmachung gerade nicht erforderlich ist, um einen Anspruchsverfall zu verhindern (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 70 ff., juris).

66

Der in Ziff. 12 Satz 1 in Bezug genommene Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die inhaltlich der in Ziff. 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen, jedoch beide nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung Geltung beanspruchen. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlichen Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziff. 12, ebenso wie die Anwendung von Ziff. 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Deshalb ist die nur in Ziff. 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. blue-pencil-Tests zu streichen, während die in beiden Ziffern gleichlautend vorgesehene erste Stufe aufrechtzuerhalten ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Juni 2016 - 8 Sa 528/15 - Rn. 74, juris; LAG Rheinland-Pfalz 25. April 2016 - 3 Sa 529/15 - Rn. 74, juris).

III.

67

Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet.

68

Gemäß den obigen Ausführungen bedurfte es entgegen der Ansicht der Beklagten keiner gerichtlichen Geltendmachung der Klageansprüche. Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht die geltend gemachten Differenzansprüche für die Zeit von August 2013 bis Februar 2014 in Höhe von 408,55 EUR brutto zuerkannt.

69

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

70

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 7.2.2013 - 1 Ca 2331/11 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsgeld für die Jahre 2009, 2010 und 2011 in Höhe von insgesamt 2.014,65 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.1.2012 zu zahlen. Die weitergehende Klage auf Zahlung von Urlaubsgeld für diese Jahre wird abgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Jahre 2009, 2010 und 2011 tarifliche Sonderleistungen in Höhe von insgesamt 2.566,37 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.1.2012 zu zahlen.

Die weitergehende Klage auf Zahlung tariflicher Sonderleistungen für diese Jahre wird abgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin eine tarifliche Einmalzahlung für das Jahr 2010 in Höhe von 88,27 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.1.2012 zu zahlen.

Die Klage auf Zahlung tariflicher Altersvorsorgebeträge für die Jahre 2009, 2010 und 2011 in Höhe von insgesamt 1.106,84 € wird abgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Arbeitsvergütung für November 2011 in Höhe von 736,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2011 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, das der Klägerin mit Datum vom 1.6.2011 ausgefertigte Zwischenzeugnis in den Sätzen 1 und 2 wie folgt zu ändern:

"Frau A., geboren am ...1959 in F., trat zum …1982 als Fachverkäuferin in die Dienste des von mir geführten Modehauses. Dort ist sie als Teilzeitkraft im Verkauf der Filiale K-Center tätig".

Der Unterschrift der Beklagten ist ihr Name in Druckschrift hinzuzufügen und das Zwischenzeugnis umgehend neu zu übersenden.

Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Klägerin hat 16 % und die Beklagte 84 % der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren über mehrere Zahlungsansprüche der Klägerin auf Grundlage der Tarifverträge für den Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob diese Tarifverträge auf das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Darüber hinaus streiten die Parteien im vorliegenden Berufungsverfahren über einen Anspruch der Klägerin auf Berichtigung eines ihr von der Beklagten erteilten Zwischenzeugnisses.

2

Die am ...1959 geborene Klägerin ist seit dem ...1982 durchgehend als Fachverkäuferin in Modegeschäften in F. beschäftigt, die zunächst von der Beklagten selbst und zwischenzeitlich von deren Sohn betrieben wurden. Seit Mitte 2009 betreibt die Beklagte diese Geschäfte wieder selbst. Zuletzt arbeitete die Klägerin in einer (unselbständigen) Filiale der Beklagten im Familia-Center F..

3

Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag vom 31.08.1982 enthält u. a. folgende Bestimmungen:

4

"Entgelt
I. Tarifliche Bezahlung

5

Das monatliche Brutto-Tarifgehalt beträgt: nur während der Probezeit DM 1.200,00.
danach nach Tarif.

§ 14

6

Im Übrigen gelten die tariflichen Bestimmungen für Beschäftigte im Einzelhandel der Pfalz bzw. die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften.
Herr/Frau/Fräulein A. kann jederzeit den im Betrieb vorhandenen Manteltarifvertrag einsehen…"

7

Unter dem Datum vom 21.03.2009 richtete die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten ein Schreiben an den Sohn der Beklagten, der seinerzeit die betreffenden Modegeschäfte in F. führte. Das Schreiben enthält u. a. folgende Formulierungen:

8

"… Wie inzwischen festgestellt und Ihnen bekannt, beinhaltet der Arbeitsvertrag meiner Mandantin einen dynamischen Verweis auf die jeweils gültigen Tarifverträge des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

9

Sie haben diese Tarifordnung offenbar seit einiger Zeit durch veränderte Zahlungsmodalitäten einseitig unterlaufen und damit tarifwidrig vergütet.

10

Ich habe Sie deshalb aufzufordern, ab 01.04.2009 die Vergütung meiner Mandantin auf die Tarifsystematik, -struktur und -höhe des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages umzustellen.

11

Im Einzelnen sind das folgende Elemente:

12
Stundenlohn: € 12,75 statt von Ihnen gezahlter € 12,20
Urlaubsgeld: € 1.033,00q (Vollzeit) statt von Ihnen gezahlter € 988,15
Weihnachtsgeld: € 1.291,25q (Vollzeit) statt von Ihnen gezahlter € 1.235,19
Vorsorgetarif: € 300,00q (Vollzeit) statt von Ihnen gezahlter € 0,00
Altersvorsorge: € 170,00q (Vollzeit) statt von Ihnen gezahlter € 0,00

13

Die künftig zu erbringenden Zahlungen sind mit der vertraglich vereinbarten Stundenzahl zu multiplizieren. Für Jahresbeträge sind für Vollzeit 162 Monatsstunden in Ansatz zu bringen, die vertraglich vereinbarte Stundenzahl im Verhältnis zu 162 ergibt die Quote, um die die o. a. Jahresbeträge aufgrund Teilzeit zu kürzen sind. …"

14

In der Zeit von Juli 2009 bis einschließlich Juli 2010 belief sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin auf 27,5 Stunden, ab August 2010 reduzierte sich diese Arbeitszeit auf 22 Stunden pro Woche.

15

Mit ihrer am 29.12.2011 beim Arbeitsgericht eingereichten und mehrfach erweiterten Klage hat die Klägerin die Beklagte u. a. auf Nachzahlung tariflichen Urlaubsgeldes für die Jahre 2009 bis 2011, auf nachträgliche Leistung tariflicher Sonderzahlungen für die Jahre 2009 bis 2011, auf nachträgliche Leistung einer tariflichen Einmalzahlung für das Jahr 2010 sowie auf Nachzahlung eines tariflichen Altersvorsorgebetrages in einer Gesamthöhe von 5.974,49 € brutto in Anspruch genommen.

16

Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 01.11. bis 17.11.2011 in Höhe von 736,29 € brutto, einen Anspruch auf Nachzahlung tariflicher Gehaltsdifferenzen für den Zeitraum Juli 2009 bis einschließlich November 2011 in Höhe von insgesamt 2.356,07 € brutto sowie einen Anspruch auf Berichtigung eines ihr erteilten Zwischenzeugnisses geltend gemacht.

17

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 07.02.2013 (Bl. 177-184 d. A.). Von dieser Bezugnahme ausgenommen bleiben die Feststellungen des Arbeitsgerichts im dritten Absatz des Tatbestandes bezüglich der Arbeitszeit der Klägerin, da im weiteren Verlauf des Verfahrens zwischen den Parteien unstreitig wurde, dass sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin in der Zeit von Juli 2009 bis Juli 2010 auf 27,5 Stunden und ab August 2010 auf 22 Stunden belief.

18

Die Klägerin hat beantragt:

19

Die Beklagte wird verurteilt, das der Klägerin mit Datum 01.06.2011 ausgefertigte und mit Anwaltsschreiben vom 25.10.2011 übersandte Zwischenzeugnis wie folgt in Satz 2 zu ändern:

20

"Frau A., geboren am ...1959 in F., trat zum …1982 als Fachverkäuferin in die Dienste des inzwischen von mir geführten Modehauses. Dort ist sie als Teilzeitkraft im Verkauf in der Filiale K-Center tätig",

21

sowie die Unterschrift, den Namen und die Funktion der Unterzeichnerin maschinenschriftlich in Klarschrift hinzuzufügen und das Zeugnis ungefaltet neu zu übersenden.

22

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Gehalt für November 2011 (bis einschließlich 17.11.2011) brutto 736,29 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2011 zu zahlen.

23

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin brutto weitere 8.330,56 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 07.02.2013 der Klägerin Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld und auf Leistung tariflicher Sonderzahlungen in Höhe von insgesamt 5.091,81 € brutto sowie einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für November 2011 in Höhe von 736,29 € brutto zugesprochen. Auch dem Antrag der Klägerin auf Zeugnisberichtigung hat das Arbeitsgericht stattgegeben. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, mit Ausnahme der Klage auf Zahlung tariflicher Gehaltsdifferenzen betreffend den Zeitraum Juli 2009 bis November 2011, über die das Arbeitsgericht erst mit (weiterem) Teil-Urteil vom 16.05.2013 entschieden hat. Dieses Urteil ist Gegenstand des Berufungsverfahrens 4 Sa 381/13.

27

Gegen das ihr am 05.07.2013 zugestellte Teilurteil hat die Klägerin am 02.08.2013 Berufung eingelegt und diese am 02.09.2013 begründet. Die Beklagte, der das Teilurteil ebenfalls am 05.07.2013 zugestellt wurde, hat am 05.08.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 06.09.2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.10.2013 begründet.

28

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, zu Unrecht habe das Arbeitsgericht einen Teil der erstinstanzlichen geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung tarif-licher Urlaubsgelder und auf Leistung tariflicher Sonderzahlungen verneint. Diesbezüglich habe das Arbeitsgericht die für die Berechnung der tariflichen Leistungen maßgeblichen Vorschriften teilweise falsch angewendet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die betreffenden Ansprüche auch nicht zum Teil verfallen. Das maßgebliche Geltendmachungsschreiben vom 21.03.2009 beinhalte eine Geltendmachung nach Anspruchsgrund, Systematik und jeweiliger Höhe der einzelnen Ansprüche. Deshalb sei die Tarifdynamik, an der sowohl das Urlaubsgeld als auch die tarifliche Sonderzahlung teilnehme, von der Geltend-machung mit umfasst. Es sei der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, die betreffenden Ansprüche bei Fälligkeit zu errechnen. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch die Klage auf Zahlung der tariflichen Altersvorsorgebeträge abgewiesen. Ihr - der Klägerin - stehe diesbezüglich nämlich ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu, da die Beklagte ihrer in § 3 Ziffer 3 des maßgeblichen Tarifvertrages auferlegten Verpflichtung, den Tarifvertrag im Betrieb an geeigneter Stelle zur Einsicht auszulegen oder auszuhängen, nicht nachgekommen sei. Die Beklagte schulde daher Schadensersatz in Höhe des Erfüllungsschadens.

29

Zur Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung der Klägerin wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 29.08.2013 (Bl. 378 bis 381 d. A.) Bezug genommen.

30

Die Klägerin beantragt,

31

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 882,68 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

34

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil insoweit, als die Klage abgewiesen wurde und macht zur Begründung ihrer eigenen Berufung im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgericht bestehe das Arbeitsverhältnis zwischen ihr - der Beklagten - und der Klägerin nicht bereits seit dem …1982. Dementsprechend fänden auch nicht die im Arbeitsvertrag vom 31.08.1982 in Bezug genommenen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Das Arbeitsverhältnis sei am …2004 (neu) zustande gekommen, nachdem sie die Fa. Modehaus H. e.K. neu gegründet habe. Der Klägerin seien damals zwei unterschriebene Abschriften eines Arbeitsvertrages mit der Aufforderung, ein Exemplar zu unterschreiben, übergeben worden. Dieser Aufforderung sei die Klägerin jedoch nicht nachgekommen. Im Übrigen sei die Klägerin zwischenzeitlich bei ihrem Sohn beschäftigt gewesen. Hierdurch sei das ursprünglich zustande gekommene Arbeitsverhältnis beendet worden. Die Klägerin sei seinerzeit auf der Grundlage eines mündlich geschlossenen Arbeitsvertrages neu eingestellt worden. Falls die Tarifverträge für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz Anwendung fänden, so seien die Ansprüche der Klägerin verfallen. Die Klägerin habe ihre Ansprüche nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist wirksam geltend gemacht. Das an ihren Sohn als damaligen Betriebsinhaber gerichtete Schreiben vom 21.03.2009 beinhalte keine ordnungsgemäße Geltendmachung tariflicher Ansprüche. Darüber hinaus entfalte diese Geltendmachung ihr gegenüber keine Wirkung. Sie habe erstmalig durch Einreichung der Klageschrift von den vermeintlichen Ansprüchen erfahren.

35

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 07.10.2013 (Bl. 420 bis 424 d. A.) Bezug genommen.

36

Die Beklagte beantragt,

37

das erstinstanzliche Teil-Urteil vom 07.02.2013 abzuändern und die Klage, soweit sie Gegenstand dieses Teil-Urteils ist, insgesamt abzuweisen.

38

Die Klägerin beantragt,

39

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

40

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Teil-Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 06.11.2013 (Bl. 478 bis 482 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

41

Die statthafte Berufung der Klägerin ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel ist somit insgesamt zulässig.

42

Die Berufung der Beklagten ist zum Teil unzulässig. Zwar hat die Beklagte das Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt, auch erfolgte die Berufungsbegründung fristgerecht. Soweit sich diese jedoch (auch) gegen die im erstinstanzlichen Urteil erfolgte Stattgabe der Klage auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 01. bis 17.11.2011 in Höhe von 736,29 EUR brutto sowie der Klage auf Berichtigung des Zwischenzeugnisses richtet, erweist sie sich jedoch deshalb als unzulässig, weil die Berufungsbegründung insoweit nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO gerecht wird. Die Berufungsbegründung lässt insoweit jegliche Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils (dort unter I. und X.) vermissen.

43

Die Berufung der Beklagten war daher insoweit als unzulässig zu verwerfen, ohne dass dies im Tenor des Berufungsurteils gesondert zum Ausdruck zu bringen war.

44

Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten insgesamt zulässig.

II.

45

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten haben in der Sache jeweils nur zum Teil Erfolg.

46

Die Berufung der Klägerin ist insoweit begründet, als das Arbeitsgericht die Klage auf Leistung einer (anteiligen) tariflichen Einmalzahlung für das Jahr 2010 in Höhe von 88,27 EUR brutto abgewiesen hat. Die Berufung der Beklagten ist insoweit begründet, als das Arbeitsgericht der Klage auf Zahlung von Urlaubsgeld und auf Gewährung tariflicher Sonderzahlungen in einer Höhe von insgesamt 5.091,81 € brutto stattgegeben hat; die diesbezüglichen Ansprüche belaufen sich nämlich auf lediglich insgesamt 4.581,02 € brutto. Im Übrigen erweisen sich die Berufungen der Klägerin und der Beklagten als unbegründet.

1.

47

Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 2 des Tarifvertrages über Sonderleistungen für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: TV-Sonderleistungen) Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld für die Jahre 2009 bis 2011. Der Anspruch auf Gewährung einer tariflichen Sonderzahlung für diese Jahre resultiert aus § 2 TV-Sonderleistungen.

48

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften der Tarifverträge für den Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung.

49

Der zwischen den Parteien am 31.08.1982 geschlossene Arbeitsvertrag enthält, wie sich aus dem Inhalt der §§ 3 und 14 dieses Vertrages ergibt, sowohl bezüglich der Arbeitsvergütung, als auch bezüglich der sonstigen Arbeitsbedingungen eine dynamische Verweisung auf die tariflichen Bestimmungen des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz. Damit haben die Parteien die Anwendung der betreffenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung vereinbart. Dem stehen nicht die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sog. Gleichstellungsabrede entgegen, da die Beklagte selbst vorgetragen hat (vgl. Schriftsatz vom 22.01.2014, Bl. 599 f. d. A.), im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht Mitglied des tarifvertragsschließenden Einzelhandelsverbandes gewesen zu sein.

50

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin richtete sich durchgehend nach den im Arbeitsvertrag vom 31.08.1982 getroffenen Vereinbarungen, mithin auch nach den Tarifverträgen für den Einzel- und Versandhandel Rheinland-Pfalz. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin unstreitig seit dem 01.09.1992 durchgehend in den von der Beklagten bzw. zeitweise auch von deren Sohn geführten Modegeschäften in F. beschäftigt war, ohne dass ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt wurde. Soweit die Beklagte vorträgt, es sei unter dem 01.07.2004 ein (neues) Arbeitsverhältnis zustande gekommen, nachdem sie die Fa. Modehaus H. e.K. neu gegründet habe, so erweist sich dieses Vorbringen als unsubstantiiert und betrifft allenfalls die Frage, welche Person bzw. welche Firma den Betrieb, in welchem die Klägerin beschäftigt wurde, ab dem 01.07.2004 führte und somit Arbeitgeber der Klägerin war. Die (Fort-)Geltung der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen bleibt hiervon unberührt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten, ihr Modegeschäft bzw. dessen Filiale sei zeitweise von ihrem Sohn geführt worden, wodurch das zwischen ihr - der Beklagten - und der Klägerin ursprünglich zustande gekommene Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Ein Wechsel in der Person des Betriebsinhabers führt nämlich für sich genommen weder zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch zu einer Änderung arbeitsvertraglicher Bestimmungen. Es ist diesbezüglich im Übrigen vielmehr zur Überzeugung des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass das Modegeschäft der Beklagten nebst Filiale und somit auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß § 613 a BGB (zunächst) auf den Sohn der Beklagten und später wiederum von diesem auf die Beklagte bzw. auf die von dieser gegründete Einzelfirma übergegangen ist. Aus der Gesamtheit der unstreitigen Tatsachen ergibt sich zweifelsfrei, dass zunächst die Beklagte, sodann zeitweise deren Sohn und zuletzt wiederum die Beklagte selbst den Betrieb mit denselben Mitteln geführt bzw. fortgesetzt haben. Anhaltspunkte dafür, dass es im Zusammenhang mit dem Betriebsinhaberwechsel zu einer Änderung hinsichtlich der verwendeten sachlichen oder personellen Betriebsmittel gekommen ist, oder das sonstige Umstände vorliegen, die der Übertragung einer wirtschaftlichen Einheit entgegenstehen könnten, sind nicht ansatzweise ersichtlich.

51

b) Die streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Urlaubsgeld und Gewährung tariflicher Sonderzahlungen sind nicht verfallen.

52

Nach § 16 Ziffer 1 c) MTV-Einzelhandel sind die betreffenden Ansprüche innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Dieses Erfordernis ist vorliegend in Ansehung des Schreibens der Klägerin vom 21.03.2009 erfüllt. In diesem Schreiben hat die Klägerin den seinerzeitigen Betriebsinhaber unter Hinweis auf die Geltung der jeweils gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz ausdrücklich aufgefordert, ab dem 01.04.2009 nicht nur die Arbeitsvergütung, sondern auch die sonstigen Leistungen, so auch das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nach Maßgabe und unter Beachtung der betreffenden tariflichen Vorschriften zu zahlen. Dieses Schreiben beinhaltet eine wirksame Geltendmachung der vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche auf Urlaubsgeld und tarifliche Sonderzahlung.

53

Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt daher voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (BAG v. 22.04.2004 - 8 AZR 652/02 - AP Nr. 28 zu §§ 22, 23 BAT-O). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG v. 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist).

54

Die Klägerin hat mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2009 die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf der Grundlage der tariflichen Be-stimmungen ab dem 01.04.2009 geltend gemacht. Diese Geltendmachung ist nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über das Jahr 2009 hinaus für die Beklagte bzw. deren Sohn bei Einsichtnahme in die jeweiligen tariflichen Bestimmungen ohne weiteres errechenbar war.

55

Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung zum Teil noch nicht fällig waren. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchssteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (BAG v. 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170).

56

Der wirksamen Geltendmachung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung zumindest zum Teil noch nicht entstanden waren. Zwar widerspricht eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs regel-mäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von Ansprüchen gestritten wird (BAG v. 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - NZA 2013, 975).

57

Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind auch solche auf dauer-hafte Zahlung der tariflichen Vergütung und auf Zahlung tariflicher Sonderleis-tungen. Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen (hier: Geltung der einschlägigen tariflichen Vorschriften) im Streit, so erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel bestehen, was von ihm verlangt wird, und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung genüge getan hat (BAG v. 16.01.2003, a. a. O.).

58

Vorliegend stritten die Parteien - soweit ersichtlich - bereits im Zeitpunkt des Geltendmachungsschreibens vom 21.03.2009 im Hinblick auf die Frage, ob der Klägerin Ansprüche auf tarifliches Urlaubsgeld und tarifliche Sonderzahlung zustehen, ausschließlich über die Anwendbarkeit der maßgeblichen Tarifverträge. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche aus-reichend. Das Schreiben vom 21.03.2009 wahrt daher auch die künftigen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der betreffenden tariflichen Sonderleistungen. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistungen verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen.

59

Unerheblich ist letztlich, dass die Klägerin ihre Forderungen nicht gegenüber der Beklagten, sondern gegenüber deren Sohn als damaligem Betriebsinhaber geltend gemacht hat, da die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in dessen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eingetreten ist.

60

c) Die Klägerin hat somit gegen die Beklagte für die Jahre 2009 bis einschließlich 2011 Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld nach Maßgabe der Bestimmungen des § 2 TV-Sonderleistungen. Dieses beträgt bei einer Vollzeittätigkeit 50 % des Endgehaltes des am 01. Januar des Urlaubsjahres geltenden Gehaltstarifvertrages. Dieses Endgehalt belief sich am 01.01.2009 auf 2.066,00 EUR, am 01.01.2010 auf 2.108,00 EUR und am 01.01.2011 auf 2.140,00 EUR. Von dem daraus zu errechnenden hälftigen Betrag steht der Klägerin jedoch nur ein anteiliges Urlaubsgeld im Verhältnis ihrer tatsächlichen Arbeitszeit zur tariflichen Wochenarbeitszeit zu (§ 2 Ziffer 3 TV-Sonderleistungen), wobei im Hinblick auf die Regelung in § 2 Ziffer 6 TV-Sonderleistungen jeweils auf die Verhältnisse am 30.09. des jeweiligen Urlaubsjahres abzustellen ist. Am 30.09.2009 belief sich die Arbeitszeit der Klägerin auf 27,5 Stunden pro Woche (119,17 Stunden monatlich), am 30.09.2010 und am 30.09.2011 auf 22 Stunden wöchentlich (95,33 Stunden monatlich).

61

Unter Zugrundelegung dieser Daten und Berücksichtigung der tariflichen (Voll-) Arbeitszeit von 162 Stunden pro Woche errechnet sich ein Urlaubsgeld der Klägerin für das Jahr 2009 in Höhe von 762,50 EUR, für 2010 auf 622,50 EUR und für 2011 auf 630,00 EUR, wovon die Klägerin allerdings nur 629,65 EUR eingeklagt hat (Schriftsatz vom 10.04.2012, dort Seite 6 = Bl. 35 d. A.). Der auszuurteilende Anspruch der Klägerin auf Urlaubsgeld für die Jahre 2009 bis 2011 beläuft sich somit auf insgesamt 2.014,65 EUR brutto.

62

Die Ansprüche der Klägerin auf Sonderzahlung berechnen sich nach den Bestimmungen des § 3 TV-Sonderleistungen. Demnach beträgt die jährliche Sonderzahlung bei Vollzeitbeschäftigten 62,5 Prozent des monatlichen tariflichen Entgelts, wobei für die Berechnung jeweils die Verhältnisse am 30.11. des jeweiligen Kalenderjahres maßgeblich sind. Die Klägerin ist unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit und ihrer Berufsjahre in die Gehaltsgruppe II 6. Berufsjahr eingruppiert. Das diesbezügliche Tarifgehalt (bei Vollzeitbeschäftigung) betrug am 30.11.2009 2.108,00 EUR am 30.11.2010 2.140,00 EUR und am 30.11.2011 2.204,00 EUR. Unter Berücksichtigung des Umfangs ihrer jeweiligen, zum maßgeblichen Zeitpunkt (30.11.) zu leistenden Teilzeit ergibt sich somit für das Jahr 2009 ein Anspruch auf Sonderzahlung in Höhe von 969,00 EUR, für das Jahr 2010 in Höhe von 787,06 EUR und für das Jahr 2011 in Höhe von 810,31 EUR, woraus ein Gesamtanspruch in Höhe von 2.566,37 EUR brutto resultiert.

63

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf (anteilige) tarifliche Einmalzahlung für das Jahr 2010 in Höhe von 88,27 EUR brutto.

64

Dieser Anspruch ergibt sich aus § 4 des Gehaltstarifvertrages für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz vom 16.06.2009.

65

3. Die Klage auf Zahlung tariflicher Altersvorsorgebeträge nach Maßgabe der Be-stimmungen des Tarifvertrages über tarifliche Altersvorsorge für die Arbeitnehmer im Einzelhandel Rheinland-Pfalz vom 27.06.2001 ist unbegründet.

66

Die Unbegründetheit der Klage ergibt sich bereits daraus, dass nach A. § 2 Ziffer 7 dieses Tarifvertrages eine unmittelbare Auszahlung des Altersvorsorgebetrages an den Arbeitnehmer ausgeschlossen ist. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu. Dabei kann offen bleiben, ob aus der Nichterfüllung der in § 3 Ziffer 3 dieses Tarifvertrages normierten Verpflichtung, den Tarifvertrag im Betrieb auszulegen oder auszuhängen, ein Schadensersatzanspruch resultiert. Ein solcher kann nämlich seinem Umfang nur in Höhe des Versorgungsschadens bestehen, d. h. in Höhe des Nachteils, den die Klägerin infolge der Nichtdurchführung der tariflichen Bestimmungen erleidet. Hierzu hat die Klägerin jedoch nichts vorgetragen.

67

4. Die ausgeurteilten Zinsansprüche folgen aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

68

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

69

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

70

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.10.2015 - 8 Ca 899/15 - aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 510,88 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.03.2014 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.489,88 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit 24.07.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weitergabe von tariflichen Lohnerhöhungen und über den Ausschluss entsprechender Ansprüche aufgrund tarifvertraglicher Verfallfristen.

2

Die 35-jährige Klägerin ist seit Juli 2008 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag vom 09.02.2010 enthält u.a. -hinsichtlich des weiteren Inhalts des formularmäßig abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 10 ff. d. A. Bezug genommen- folgende Regelung:

3

12. Verweisungsklausel

4

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn- /Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverbandes oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsüberganges vom Zeitpunkt des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge gewollt."

5

Diese Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

6

Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

7

"13. Schussbestimmungen"

8

Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

9

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden."

10

Die Beklagte betreibt in der M.-straße in K. ein großes Einkaufscenter. Die Klägerin wurde in der Vergangenheit nach der Gehaltsgruppe G II Stufe 6 bei 162 Arbeitsstunden im Monat eingruppiert und vergütet. In der Folgezeit erhöhte die Beklagte auch jeweils die Vergütung entsprechend dem jeweils gültigen Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz.

11

Mit Schreiben vom 16.06.2011 wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in K. nicht tarifgebunden sei. In diesem Schreiben heißt es u.a.:

12

„Wenngleich wir in K. nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

13

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandeltarifvertrags vergüten.

14

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen - insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen - Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

15

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den MTV des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte (vgl. Bl. 22 d. A.). Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %.

16

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Erhöhungen mit Schreiben vom 03.03.2014 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

17

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz
Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.
Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.
Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.
Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 510,88 Euro.
Ich bitte sie mir bis zum 15.03.14 meinen Anspruch zu bestätigen."

18

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Bl. 41 d. A. ) zurückgewiesen.

19

Abzüglich der von der Beklagten geleisteten Zahlungen ergibt sich für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 eine rechnerisch zwischen den Parteien unstreitige Differenz von 510,88 Euro und für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015 eine Differenz von 1.489,88 Euro brutto.

20

Die Klägerin hat vorgetragen,
der von ihr geltend gemachte Anspruch folge aus dem Arbeitsvertrag selbst. Denn darin sei vereinbart, dass die jeweiligen rheinland-pfälzischen Lohn- und Gehaltstarifverträge für den Einzelhandel Anwendung finden. Die dort vorgesehene Ausnahme bzw. das Ende der dynamischen Verweisungsklausel sei nicht gegeben. Daneben habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 zusätzlich ausdrücklich erklärt, dass die rheinland-pfälzischen Tarifverträge weiterhin Anwendung fänden. Diese Zusage habe die Beklagte in der Vergangenheit auch tatsächlich umgesetzt. Das Wort „freiwillig" in diesem Zusammenhang solle lediglich bedeuten, dass die Beklagte freiwillig diese Zusage gegeben habe. Es habe sie auch keiner dazu zwingen können, diese Zusage zu geben. Die Freiwilligkeit bedeute aber keineswegs, dass sich die Beklagte nicht verpflichtet habe.

21

Die Ansprüche seien auch nicht verfallen. Denn die Klägerin habe mit der Geltendmachung vom 03.03.2014 auch die zukünftige Lohnerhöhung geltend gemacht. In Ausnahmefällen -wie vorliegend- sei auch bereits die Geltendmachung zukünftiger Lohnerhöhungen vor deren Entstehung möglich.

22

Im Übrigen handele es sich bei der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist um eine versteckte Klausel.

23

Die Klägerin hat beantragt,

24

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 510,88 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.03.2014 zu zahlen.

25

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.489,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit 24.07.2015 zu zahlen.

26

Die Beklagte hat beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Die Beklagte hat vorgetragen, aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich keineswegs entnehmen, dass dynamisch und dauerhaft verbindlich die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel, insbesondere die Lohn- und Gehaltstarifverträge, auch über 2011 hinaus Anwendung finden sollten. Dies hätten die Arbeitnehmer auch so aufgefasst und sei von ver.di selbst gegenüber den Mitgliedern so kommuniziert worden. Es sei in dem Schreiben auch ausdrücklich nur von der Einzahl der Weitergeltung des nächsten Tarifvertrages die Rede und nicht von den folgenden Tarifverträgen.

29

Aus dem Arbeitsvertrag werde außerdem deutlich, dass die Beklagte gerade keine dynamische Weitergeltung von Tarifverträgen gewollt habe.

30

Die Ansprüche seien zudem insgesamt nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Die Klausel sei keineswegs überraschend und - direkt über der Unterschrift - auch nicht versteckt. Die gerichtliche Geltendmachung sei nach der schriftlichen Ablehnung der Ansprüche von März 2014 viel zu spät erfolgt und die übrigen Ansprüche seien zudem erstmals überhaupt mit der Klage, die hier streitgegenständlich sei, geltend gemacht worden.

31

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Beklagte darauf hin durch Urteil vom 27.10.2015 - 8 Ca 899/15 - verurteilt, an die Klägerin 247,50 € brutto zuzüglich Zinsen zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 84 - 91 d. A. Bezug genommen.

32

Gegen das ihr am 05.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 04.12.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 04.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 30.12.2015 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 05.02.2016 einschließlich verlängert worden war.

33

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und heb insbesondere hervor, die Klausel im Arbeitsvertrag unter Ziff. 13 sei ungewöhnlich und überraschend; die Klägerin habe mit ihr nicht rechnen müssen. Aufgrund der fettgedruckten Verweisungsklausel auf die maßgeblichen Tarifverträge habe die Klägerin nicht damit rechnen müssen, dass davon abweichend im Arbeitsvertrage eine weitergehende Verfallklausel vereinbart worden sei. Die zweite Stufe der Verfallfrist, auf die sich die Beklagte berufe, sei nach dem Erscheinungsbild des Vertrages in den Schlussbestimmungen "versteckt". Für diese Auslegung spreche auch der Aufbau des Arbeitsvertrages, der in Ziffer 1 - 11 die einzelnen arbeitsvertraglichen Bestimmungen und Regelungen enthalte und ergänzend in Ziffer 12 auf die maßgeblichen Tarifverträge Bezug nehme. Ohne ausdrückliche Hervorhebung in einem weiteren Punkt habe die Klägerin nicht damit rechnen müssen, dass in den Schlussbestimmungen, die eine übliche salvatorische Klausel enthalte, noch von den Tarifverträgen abweichende Bestimmungen, die zum Erlöschen von Ansprüche führen könnten, geregelt seien.

34

Die Ansprüche seien für die Zukunft wirksam geltend gemacht worden. Eine entsprechende Geltendmachung bereits vor der Entstehung eines Anspruchs sei möglich, wenn - wie vorliegend - bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch die einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Diese Auslegung von Ausschlussfristen sei insbesondere dann geboten, wenn um die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten werde. Davon sei vorliegend auszugehen.

35

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 04.02.2016 (Bl. 121 - 125 d. A.) Bezug genommen.

36

Die Klägerin beantragt,

37

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.10.2015 -8 Ca 899/15- teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.753,26 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 24.07.2015 zu zahlen.

38

Die Beklagte beantragt,

39

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

40

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussklausel sei nicht überraschend. Denn Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen seien üblich und im Arbeitsleben weit verbreitet. Sie benachteiligten den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen, sofern sie für beide Parteien gelten und ausreichend lange Fristen enthalten. Die Klausel zu den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen sei auch nicht versteckt platziert. Die Platzierung am Vertragsende stelle zudem gerade kein "Verstecken" dar, sondern spreche für eine besondere Wahrnehmbarkeit der Klausel. Die Klausel sei auch nicht wegen anderer Regelungen im gleichen Paragrafen überraschend. Nichts anderes gelte für den Umstand, dass Ziffer 12 des Arbeitsvertrages in Fettdruck gehalten sei. Schließlich sei die Ausschlussklausel auch teilbar, d. h. sofern man aufgrund der fehlenden textlichen Absätze der ersten Stufe der Ausschlussklausel von einer überraschenden Klausel ausgehe, sei jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussklausel für sich betrachtet sowohl textlich abgesetzt als auch allein für sich inhaltlich sinnvoll und nach dem Bluepencil-Test wirksam.

41

Hilfsweise und für den Fall, dass jedenfalls die tarifliche Ausschlussfrist aus dem Manteltarifvertrag des Einzelhandels eingreife, berufe sich die Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin zusätzlich darauf, dass bereits die erste Stufe der Ausschlussfrist nicht eingehalten worden sei. Denn durch das Geltendmachungsschreiben vom 03.03.2014 seien lediglich die Ansprüche für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 umfasst. Ein bestehender Anspruch sei insbesondere und gerade für die "zu erwartende Erhöhung" nicht gegeben. Insoweit habe es einer erneuten Geltendmachung bedurft.

42

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 08.03.2016 (Bl. 142 - 153 d. A) Bezug genommen.

43

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

44

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.04.2016.

Entscheidungsgründe

I.

45

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

46

Das Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

47

Denn entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts ist die Klage voll umfänglich begründet. Die Klägerin kann deshalb die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 510,88 € brutto und weiteren 1489,88 € brutto, jeweils nebst Zinsen, verlangen.

48

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Zahlung nach dem Tarifvertrag aus Ziffer 12 Satz 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrags ergibt.

49

Danach sind auf das Arbeitsverhältnis dynamisch die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung anwendbar. Dem steht Ziffer 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages, wonach eine dynamische Weitergeltung der tarifvertraglichen Gehaltsvorschriften bei Wegfall der Tarifbildung nicht mehr gegeben sein soll, nicht entgegen. Denn diese Klausel beinhaltet eine auflösende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 BGB, wobei deren Eintritt jedoch bereits von vorneherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich war. Die Wirksamkeit der in Ziffer 12 Satz 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt davon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist von Anfang an als voll wirksam anzusehen (LAG R.-P. 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 -).

50

Nichts anderes ergibt sich auch nach einer Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Insoweit handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB. Dafür spricht, insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, bereits das äußere Erscheinungsbild und eine tatsächliche Vermutung, der keine der Parteien entgegen getreten ist. Erst Recht bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs.3 Nr. 1 BGB).

51

Insoweit gilt zusammengefasst Folgendes:

52

§§ 305 ff. BGB gelten nur für AGB, das sind Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen (mindestens drei; BAG 25.05.2005 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 3) vorformuliert sind, und die der Verwender i.d.R. der Arbeitgeber, der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Arbeitsvertrags oder dessen Änderung stellt (§ 305 Abs. 1 BGB). Aus dem äußeren Erscheinungsbild und dem Inhalt typisierter Bedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein für das Vorliegen von AGB ergeben (BAG 01.03.2006 EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 48m.Anm. Natzel SAE 2006, 225). Für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingungen liegen auch bereits dann vor, wenn eine Partei - einmalig - die von einem anderen vorformulierten Vertragsbedingungen benutzt, selbst wenn die Partei eine mehrfache Verwendung nicht plant (s. BGH 16.11.1990 NJW 1991, 843; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 22). Andererseits sind typische Erklärungen, die ein Arbeitgeber abgibt, nicht notwendig Allgemeine Geschäftsbedingungen. Nimmt der Arbeitgeber durch Schreiben, die für eine Mehrfachverwendung vorgesehen sind, inhaltsgleiche Änderungsangebote mehrerer Arbeitnehmer an, stellt er den Arbeitnehmern keine Vertragsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB (BAG 20.05.2008 - 9 AZR 271/07, FA 2008, 318, vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts für Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, Kap. 1 Rz. 676 ff.).

53

Der Arbeitgeber muss die Vertragsbedingungen stellen, d. h. er muss konkret die Einbeziehung in den Arbeitsvertrag verlangen (s. BAG 28.05.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 3). Nicht entscheidend ist, in welcher Form die gestellte Vertragsbedingung nach außen hin erscheint. AGB liegen auch vor, wenn ein im PC gespeichertes Formular verwendet wird, das einen individuellen Anschein erweckt. Ein Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt auf einer Gehaltsabrechnung oder in einem Schreiben, mit der eine Sonderzahlung gewährt wird, ist ebenso kontrollfähig (BAG 18.03.2009 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 43). wie die Bedingungen einer betrieblichen Übung, auch wenn sie nicht schriftlich festgehalten worden sind (BAG 27.08.2008 EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 49; LAG Bln-Bra. 08.12.2011 LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 28; s.a. Ricken DB 2006, 1374 ff.). Auch eine mündliche Vertragsbedingung, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, ist also eine AGB (BAG 16.05.201 EzA § 611 BGB 2002 Mehrarbeit Nr. 5 = NZA 2012, 908). Ebenso unterliegen die Bedingungen einer Gesamtzusage der Inhaltskontrolle (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 22).

54

Auslegung geht der Inhaltskontrolle stets voraus. Im Wege einer objektiven Auslegung ist der Kontrollgegenstand zu präzisieren. Sie kann durch das BAG als Revisionsgericht erfolgen (BAG 01.02.2006 EzA § 611BB 2002 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 2; 31.08.2005 EzA § 6 ArbZG § 6 Nr. 6); eine vom LAG vorgenommene Auslegung von AGB unterliegt also der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das BAG (BAG 24.01.201 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 20). Klauseln sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BAG 04.08.2011 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 19). Dabei sind die Verständnismöglichkeiten nicht des konkreten, sondern des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen, d. h des typischerweise bei Arbeitsverträgen zu erwartenden nicht rechtskundigen Arbeitnehmers (BAG 24.10.2007 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 26; 19.03.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 344; 04.08.2011 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 19). Für das Auslegungsergebnis von Bedeutung ist auch der von den Vertragsparteien verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (BAG 15.02.2011 EzA § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung Nr. 9), denn der Vertragspartner des Verwenders kann auf den Inhalt der AGB, die für eine Vielzahl von Fallgestaltungen vorformuliert worden sind und gerade unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls zur Anwendung kommen sollen, keinen Einfluss nehmen (BAG 04.08.2011 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 19).

55

Die Auslegung erfolgt mit der Maßgabe, dass die Inhaltskontrolle zunächst nicht auf der Grundlage einer kundenfreundlich ausgelegten Klausel durchzuführen ist. Erst wenn die Klausel nach den §§ 307-309 BGB gleichwohl Bestand, ist im Individualprozess die kundenfreundlichste Interpretation maßgebend (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 31; s.a. Preis/Roloff RdA 2005, 144); Voraussetzung dafür ist, dass nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 19.10.2011 EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Nr. 11). Führt die objektive Auslegung zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, greift die Unklarheitenregelung (§ 305 c Abs. 2 BGB) mit der Folge der arbeitnehmerfreundlichsten Auslegung ein (BAG 19.03.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 34). Die Anwendung der Unklarheitenregelung de § 305 c As. 2 BGB setzt aber voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keine den klaren Vorzug verdient (BAG 20.01.2010 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 18; 09.02.2011 EzA § 311 a BGB 202 Nr. 2; 19.10.2011 EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Nr. 11; 24.01.2013 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 20; s.a. BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10, EzA-SD 10/2011, S. 6 LS; Anrechnung von Vordienstzeiten EuroBerlin nicht unklar).

56

Bei der Auslegung können Begleitumstände, die nur den konkreten Vertragspartnern erkannt sind oder die den konkreten Einzelfall kennzeichnen grds. nicht berücksichtigt werden. Zur Auslegung heranzuziehen sind demgegenüber Begleitumstände dann, wenn sie nicht ausschließlich die konkrete Vertragsabschlusssituation betreffen, sondern den Abschluss einer jeden vergleichbaren Abrede begleiten (BAG 15.02.2011 EzA § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung Nr. 9).

57

Typisierte Vertragsklauseln müssen nicht nur bei der Auslegung, sondern auch im Rahmen der Inhaltskontrolle typisierenden und generalisierenden Wertungen unterzogen werden. Die Auslegung geht der Inhaltskontrolle vor. Hat eine Vertragsklausel einen unangemessen benachteiligenden Inhalt, ist es für die Wirksamkeit der Klausel nicht ausschlaggebend, ob sich der benachteiligende Inhalt auch im konkreten Einzelfall tatsächlich auswirkt. Entscheidend ist, welche Rechte nach dem konkreten Inhalt der Klausel geltend gemacht werden können und welche Folgen sich daraus bei genereller Betrachtung ergeben (s. BGH 23.06.1988 ZIP 1988, 1126; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 42). Auf Grund der Einordnung von Arbeitnehmern als Verbraucher ist dieser Prüfungsmaßstab nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB aber durch die Berücksichtigung konkret individueller Umstände des Vertragsschlusses zu ergänzen (BAG 31.08.2005 EzA § 6 ArZG Nr. 6; 07.12.2005 EzA § 12 TzBfG Nr. 1). Es kommt also auf die persönlichen Eigenschaften, die Geschäftserfahrung und Verhandlungsstärke, die Beurteilungsfähigkeit, das Angewiesensein auf die Leistung, auf intellektuelle Stärken und Schwächen sowie auf die konkrete Situation des Vertragsschlusses an, also z.B. darauf, ob der Verwender seinen Vertragspartner überrascht, überrumpelt oder den wahren Vertragsinhalt verschleiert hat (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 42).

58

§ 310 As. 3 Nr. 3 BGB beseitigt also nicht den generell-abstrakten Prüfungsmaßstab, sondern ergänzt ihn. Die Umstände des Vertragsschlusses allein können nicht die Unwirksamkeit der Klausel begründen, auch inhaltliche Kriterien müssen Bedenken gegen sie begründen, ohne zur Unwirksamkeit zu führen. Erst auf einer zweiten Ebene können die Umstände des Vertragsschlusses den Ausschlag geben, so dass eine unangemessene Benachteiligung angenommen werden kann. Damit kann gem. § 310 As. 3 Nr. 3 BGB flexibel reagiert werden, um z.B. Vertragsgestaltungen mit erfahrenen Spitzenkräften und leitenden Angestellten zurückhaltend zu kontrollieren (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 42).

59

Gem. § 307 Abs.2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbarten ist. Dahinter steht die Idee des Leitbildes des dispositiven Rechts. Die Anwendung im Arbeitsrecht ist nicht einfach, weil es zum großen Teil zwingend ist oder aus Richterrecht besteht. Andererseits erkennt auch die Zivilrechtsprechung die von ihr entwickelten Rechtsgrundsätze als gesetzliches Leitbild an (s. BGH 10.12.1992 BGHZ 121, 14, 18), was auf das Arbeitsrecht übertragen werden kann (s. ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 43).

60

Eine unangemessene Benachteiligung liegt im Zweifel auch dann vor, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben (sog. Kardinalpflichten), so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (s. z.B. BAG 25.04.2007 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 20; Freiwilligkeitsvorbehalt).Bei Verzichtserklärungen und Ausschlussfristen kann ein Verstoß gegen § 307 As. 2 Nr. 2 BGB darin liegen, dass die Klauseln zum Erlöschen der vertraglichen Hauptleistungspflicht führen können (BAG 28.09.2005 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 8; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 43; s. Preis/Sagan NZA 2012, 697 ff. Bauer/von Medern NZA 20122, 894 ff.).

61

Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB greift nicht bei normwiederholenden Klauseln und Preisabreden (§ 307 Abs. 3 S.2 BGB) sowie bei Bezugnahmen auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen (trotz § 310 Abs. 4 S. 3 BGB; BAG 28.06.2007 EzA § 310 BGB 2002 Nr. 5) ein. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass eine Vertragsbestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot ist Bestandteil der Angemessenheitskontrolle (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 44). Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 14.11.2012 EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 34; 01.09.201 - 5 AZR 517/09, EzA § 307 BGB 2002 Nr. 50). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB (BAG 14.11.201 EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 34; 18.05.2011 - 10 AZR 206/10; 10.12.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 40)

62

Gem. § 306 Abs. 1 BGB bleibt in Abweichung von § 139 BGB bei Teilnichtigkeit grds. der Vertrag im Übrigen aufrechterhalten; dieser Grundsatz gilt im Arbeitsrecht allgemein. Soweit die Klausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle das Gesetz (§ 306 Abs. 2 BGB). Die Teilbarkeit der Klausel ist durch eine Streichung des unwirksamen Teils mit einem blauen Stift zu ermitteln (Blue-Pencil-Test; BAG 21.04.2005 EzA § 309 BGB 2002 Nr. 3; 19.12.2006 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17; 12.03.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 33; s.a. LAG Köln 03.08.2010LAGE § 4 ArbZG Nr. 2; LAG Hessen 26.07.2010 - 7 a 1881/09, EzA-SD 22/2010 S. 10 LS).

63

Sprachliche Unteilbarkeit spricht im Übrigen für inhaltliche Unteilbarkeit. Sprachliche Teilbarkeit ist dagegen nur ein Indiz für inhaltliche Teilbarkeit. Um eine Umgehung des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zu vermeiden, ist zu prüfen, ob der Klauselteil üblicherweise nicht selbständig vorkommt oder ob eine gekünstelte Aufspaltung der Klausel vorliegt. Die unzulässige Vertragsstrafenregelung wegen schuldhaft vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers kann z. B. unter Aufrechterhaltung der Klausel im Übrigen gestrichen werden, wenn daneben an den Nichtantritt oder die Lösung des Arbeitsverhältnisses unter Vertragsbruch angeknüpft wird (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 103; a. A: DBD/Bonin § 306 Rn. 12).

64

Im Übrigen gilt das Verbot geltungserhaltender Reduktion unangemessener Klauseln (BAG 04.03.204 EzA § 309 BGB 2002 Nr. 1; 12.01.2005 EzA § 308 BGB 2002 Nr. 1; 25.05.2005 EzA § 306 BGB 202 Nr. 1; LAG Nbg. 12.01.2011 - 4 Sa 437/10, AuR 2011, 221 LS; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 104). Wer den Spielraum der Vertragsfreiheit durch AGB nutzt, muss das volle Risiko der Unwirksamkeit der Klausel tragen. Eine geltungserhaltende Reduktion ist aber dann möglich, wenn Normen eine Aufrechterhaltung unwirksamer Abreden ausdrücklich zulassen (s. z.B. § 622 As. 6 BGB i. V. m. § 89 Abs. 2 S. 2 HGB, § 74 a Abs. 1 S. 2 HGB; ErfK/Preis §§ 3055-310 BGB Rn. 104).

65

Nur ausnahmsweise ist auch eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB als Anwendung dispositiven Rechts nach § 306 Abs. 2 BGB möglich (instr. Bieder NZA 2011, Beil Nr. 3/2011 S. 142 ff.).

66

Das setzt aber voraus, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften keine angemessene, den Interessen der Parteien Rechnung tragende Lösung bietet, so dass der Regelungsplan der Vertragspartner infolge der Lücke einer Vervollständigung bedarf (BGH 03.11.1999 NJW 2000, 1110); Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 17.10.2012 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 89). Hinzukommen muss, dass ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel keine sachgerechte Lösung darstellt (BAG 28.11.2007 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 30; 07.07.2010, 09.06.2010 EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 49, 50; 16.11.2011 - 45 AZR 246/10, EzA-SD 8/2012 S. 7 LS; LAG Köln 03.08.2010 LAGE § 4 ArbZG Nr. 2; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 104; Günther ZTR 2011, 203 ff.). Bei unwirksamen Bestimmungen in AGB hat die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle solcher Bestimmungen nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre (BAG 11.10.2006 EzA § 308 BGB 2002 Nr. 6; 25.04.2007 EzA § 307BGB 2002 Nr. 20; 17.10.2012 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 89).

67

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der Wortlaut der auflösenden Bedingung in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages eindeutig ist. Er ist ausschließlich zukunftsbezogen formuliert, was sich schon aus der Formulierung "dies gilt dann nicht mehr, wenn" und der Formulierung "nicht mehr tarifgebunden ist" ergibt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die vereinbarte dynamische Weitergeltung der tarifvertraglichen Vorschriften von vorneherein bereits wegen der bei dem Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht zu Stande kommen sollte.

68

Die streitgegenständlichen Ansprüche sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien rechnerisch unstreitig.

69

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts sind sie auch nicht insgesamt bzw. überwiegend nach Maßgabe einer anzuwenden Ausschlussfrist verfallen.

70

Das Arbeitsgericht hat insoweit in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt:

71

" c) Die Ansprüche vor April 2015 sind jedoch nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Für die im Schreiben vom 03.03.2014 zweifellos geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 510,88 Euro fehlt es an der gerichtlichen Geltendmachung nach der Ablehnung. Nach Auffassung der Kammer ist die Klausel nicht überraschend, denn die Regelung von Verfallfristen in Arbeitsverträgen ist durchaus üblich. Nachdem die Beklagte nicht aufgrund einer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband tarifgebunden war, durfte auch von der tarifvertraglichen Klausel zu Lasten der Klägerin abgewichen werden.

72

Die Klausel ist auch nicht versteckt. Vielmehr befindet sie sich an der Stelle, die noch einmal unmittelbar vor der Unterzeichnung wahrgenommen wird. Allerdings folgt das Gericht der Auffassung der Klägerin, dass in dem Schreiben vom 03.03.2014 auch die Geltendmachung für die Zukunft liegt. Dann hat aber auch die Ablehnung der Beklagten diese Ansprüche erfasst, weshalb die gerichtliche Geltendmachung in der vorliegenden Klage nur noch die letzten drei Monate betraf. Daraus ergibt sich der Betrag von 247,50 Euro."

73

Dem vermag die Kammer nur teilweise im Ergebnis zu folgen. Denn zwar ist in dem Schreiben der Klägerin vom 03.03.2014 auch die Geltendmachung der streitgegenständlichen Beträge für die Zukunft zu sehen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten sind die Ansprüche der Klägerin aus der Zeit vor April 2015 jedoch nicht nach Maßgabe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Eine gerichtliche Geltendmachung war nicht erforderlich.

74

§ 12 Satz 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Formulararbeitsvertrages enthält, wie dargelegt, eine für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien rechtsverbindliche dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung. Dessen MTV sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die voll inhaltlich der in Ziffer 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen. Beide beanspruchen nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung jedoch Geltung. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlicher Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziffer 12, ebenso wie die Anwendung von Ziffer 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Insofern ist deshalb davon auszugehen, dass die in Ziffer 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. Blue-Pencil-Tests zu streichen ist. Das gleiche Ergebnis lässt sich auch durch eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB erzielen. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren die Auffassung vertreten hat, die Teilbarkeit der Ausschlussklausel habe zur Folge, dass jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussklausel für sich betrachtet, allein für sich auch inhaltlich sinnvoll und damit nach dem Blue-Pencil-Test wirksam sei, folgt die Kammer dem nicht. Denn die hier festzustellende Unklarheit der formularvertraglichen Regelung besteht gerade darin, dass nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob sich die Ausschlussklausel aus Ziffer 12 oder aber aus Ziffer 13 des Arbeitsvertrages ergibt. Dann liegt es nahe, die in beiden Ziffern gleichlautend vorgesehene erste Stufe als wirksam anzusehen und aufrechtzuerhalten, die nur in Ziffer 13 enthaltene zweite Stufe dagegen zu streichen. Folglich bedurfte es einer gerichtlichen Geltendmachung vorliegend nicht.

75

Mit dem Schreiben vom 03.03.2014 hat die Klägerin schließlich entgegen der Auffassung der Beklagten auch die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fälligen Ansprüche, soweit streitgegenständlich, rechtzeitig geltend gemacht. Insoweit gilt Folgendes:

76

Für den Beginn der Ausschlussfrist wird zumeist auf die Fälligkeit des Anspruchs -grds. unabhängig von der Kenntnis des Arbeitnehmers vom Bestehen des Anspruchs (BAG 13.12.2007 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 189) - abgestellt (s. BAG 14.03.2012 - 10 AZR 172/11, NZA-RR 2012, 480 = ZTR 2012, 518); davon ist insbes. dann auszugehen, wenn die Arbeitsvertragsparteien diesen Zeitpunkt nicht ausdrücklich festgelegt haben (BAG, 18.03.2003, NZA 2003, 1359 LS). Insoweit ist z.B. ein Anspruch auf Vergütung aus einem Arbeitszeitkonto frühestens zum Ablauf des Verteilungszeitraums fällig, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt eine Ausschlussfrist zu laufen beginnt (LAG Nds. 29.04.2005, NZA-RR 2005, 589). Die an die Eingruppierung anknüpfende Ausschlussfrist läuft insoweit nicht an, wenn der Arbeitgeber gar keine Tarifgruppe wählt, sondern einen Stundenlohn zugrunde legt, der keiner Tarifgruppe und keiner Tarifstufe entspricht (BAG 11.02.2009 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 194; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, a.a.O., Kap. 3 Rn. 4719 ff.).

77

Die Fälligkeit i.S. einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist kann von einer Abrechnung durch den Anspruchsgegner abhängen. Das ist dann der Fall, wenn der Anspruchsberechtigte die Höhe seiner Ansprüche ohne diese Abrechnung nicht erkennen kann (BAG 27.02.2002 EzA § 138 BGB Nr. 30). Fälligkeit einer tariflichen Leistung (z.B. einer Abfindung) tritt erst dann ein, wenn der maßgebende Tarifvertrag wirksam geworden, also unterzeichnet worden ist (§§ 1 Abs. 2 TVG, 126 Abs. 2 BGB). Denn eine Leistung ist erst fällig, wenn der Gläubiger sie verlangen kann (BAG 20.03.1997 NZA 1997, 896).

78

Eine Geltendmachung kann aber auch vor Fälligkeit erfolgen (BAG 20.06.2002 EzA § 611 BGB Arbeitgeberhaftung Nr. 11); sie ist andererseits aber grds. erst dann möglich, wenn der Anspruch bereits entstanden ist (BAG 10.07.2003 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 168; 11.12.2003 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170; 03.07.2013 - 4 AZR 476/12, EzA-SD 5/2014S. 15 LS). Abgesehen von dem Sonderfall der fristwahrenden Geltendmachung durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist (z.B. im Rahmen des § 18 Abs. 4 TV-DRK für die Geltendmachung von Überstundenvergütung) eine die tarifliche Ausschlussfrist wahrende Geltendmachung vor dem Entstehen des Anspruchs grds. nicht möglich (BAG 22.01.2009 - 6 AZR 5/08, NZA-RR 2010, 54 LS; 09.03.2005 EzA § 4 TVG Rotes Kreuz Nr. 5). Ein Anspruch auf Abfindung nach § 113 Abs. 2 BetrVG wird auch dann mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, wenn über die Kündigung, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat, noch ein Kündigungsschutzprozess anhängig ist und später rechtskräftig die Wirksamkeit der Kündigung festgestellt wird (BAG 03.08.1982 EzA § 113 BetrVG 1972 Nr. 10).

79

Eine tarifliche Ausschlussfrist kann allerdings ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs auch vor dessen Entstehung gewahrt werden, wenn der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist auch dann erreicht wird (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12, EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Hmb. 08.07.2014 LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 3), wenn der Arbeitgeber also unzweifelhaft erkennen kann, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend macht und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Umständen diese abhängen (LAG Hmb. 08.07.2014 LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 3). Das kommt z. B. dann in Betracht, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Besteht z.B. Streit ausschließlich über die Berechnungsgrundlage von tariflichen Zeitzuschlägen und werden Anzahl und Art der zuschlagpflichtigen Stunden durch Aufnahme in eine Lohnabrechnung streitlos gestellt, kann die einmalige Geltendmachung einer anderen Berechnung der Zeitzuschläge ausreichen, um den Verfall auch von künftigen Ansprüchen durch eine tarifliche Ausschlussfrist zu verhindern (BAG, 16.01.2013 - 10 AZR 863/11, EzA-SD 8/2013 S. 11 = NZA 2013, 976). Streiten die Parteien eines Arbeitsvertrages über die Höhe des monatlichen Entgelts und liegt diesem Streit lediglich und ausschließlich die Frage der - immer gleichbleibenden - Berechnungsweise zugrunde, kann die einmalige Geltendmachung der nach Auffassung des Arbeitnehmers zutreffenden Berechnungsgrundlage auch für später entstehende Zahlungsansprüche ausreichen. In einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was der Gläubiger von ihm verlangt (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12, EzA-SD 5/2014 S. 15 LS).

80

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Beklagte konnte unzweifelhaft erkennen, welche Ansprüche die Klägerin geltend macht und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Umständen sie abhängen. Die Erfüllung aller streitgegenständlichen gegenwärtigen und künftigen Ansprüche wurde auf einer der Beklagten ohne Weiteres und voll inhaltlich bekannten Rechnungsgrundlage verlangt und nur diese ist zwischen den Parteien streitig. Folglich genügte die einmalige Geltendmachung der nach Auffassung der Klägerin zutreffenden Auslegung des Formular-Arbeitsvertrages auf für später entstehende Zahlungsansprüche. Denn vorliegend bestand für die Beklagte ersichtlich keinerlei Zweifel darüber, was die Klägerin von ihr verlangte. Insoweit hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz im Urteil vom 22.01.2014 - 4 Sa 325/13 - für eine vergleichbare Sachverhaltsgestaltung zutreffend ausgeführt:

81

" Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt daher voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (BAG v. 22.04.2004 - 8 AZR 652/02 - AP Nr. 28 zu §§ 22, 23 BAT-O). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG v. 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist).

82

Die Klägerin hat mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2009 die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf der Grundlage der tariflichen Bestimmungen ab dem 01.04.2009 geltend gemacht. Diese Geltendmachung ist nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über das Jahr 2009 hinaus für die Beklagte bzw. deren Sohn bei Einsichtnahme in die jeweiligen tariflichen Bestimmungen ohne weiteres errechenbar war.

83

Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung zum Teil noch nicht fällig waren. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchssteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (BAG v. 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170).

84

Der wirksamen Geltendmachung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung zumindest zum Teil noch nicht entstanden waren. Zwar widerspricht eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs regel-mäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von Ansprüchen gestritten wird (BAG v. 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - NZA 2013, 975).

85

Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind auch solche auf dauer-hafte Zahlung der tariflichen Vergütung und auf Zahlung tariflicher Sonderleistungen. Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen (hier: Geltung der einschlägigen tariflichen Vorschriften) im Streit, so erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel bestehen, was von ihm verlangt wird, und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung genüge getan hat (BAG v. 16.01.2003, a. a. O.).

86

Vorliegend stritten die Parteien - soweit ersichtlich - bereits im Zeitpunkt des Geltendmachungsschreibens vom 21.03.2009 im Hinblick auf die Frage, ob der Klägerin Ansprüche auf tarifliches Urlaubsgeld und tarifliche Sonderzahlung zustehen, ausschließlich über die Anwendbarkeit der maßgeblichen Tarifverträge. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 21.03.2009 wahrt daher auch die künftigen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der betreffenden tariflichen Sonderleistungen. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistungen verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen."

87

Dem ist - zustimmend - nichts hinzuzufügen.

88

Folglich erweist sich die Klage der Klägerin als voll umfänglich begründet. Deshalb war die angefochtene Entscheidung auf die Berufung der Klägerin teilweise aufzuheben und der Klage insgesamt stattzugeben.

89

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

90

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.10.2015 - Az.: 3 Ca 1004/15 - unter teilweiser Abänderung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.017,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 04.08.2015 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weitergabe von tariflichen Lohnerhöhungen und über den Ausschluss entsprechender Ansprüche aufgrund tarifvertraglicher Verfallfristen.

2

Die am … 1985 geborene Klägerin ist seit dem 21.04.2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin - der Firma r.,- - als Verkäuferin in der Betriebsstätte K. beschäftigt. Ihr mit der Beklagten abgeschlossener Arbeitsvertrag vom 09.02.2010 enthält u.a. - hinsichtlich des weiteren Inhalts des formularmäßig abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Anlage 4 zur Klageschrift Bezug genommen - folgende Regelung:

3

12. Verweisungsklausel

4

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn- /Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverband oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsüberganges vom Zeitpunkt des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge gewollt."

5

Diese Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

6

Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

7

„13. Schussbestimmungen

8

Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

9

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden."

10

Die Klägerin wurde in der Vergangenheit nach der Gehaltsgruppe G II Stufe 6 bei 129,6 Arbeitsstunden im Monat eingruppiert und vergütet. In der Folgezeit orientierte sich die Vergütung bis Juli 2013 stets an dem jeweils gültigen Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz.

11

Vor dem Betriebsübergang von r.,- auf die Beklagte gab r.,- den Arbeitnehmern mit Schreiben vom 08.05.2008 die Information, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Der Betriebsübergang auf die Beklagte erfolgte am 01.07.2008.

12

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage 5 zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in K. nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

13

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

14

Sehr geehrte Frau A.,

15

wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in K. nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

16

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

17

Wie geht es nun weiter?

18

Wenngleich wir in K. nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

19

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

20

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

21

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den MTV des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

22

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %.

23

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Erhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

24

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

25

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

26

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

27

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

28

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

29

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

30

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 3 R. d. A.) zurückgewiesen.

31

Mit der ursprünglichen Klage hatte die Klägerin Lohndifferenzen für die Monate August 2013 bis einschließlich Februar 2014 in Höhe von EUR 408,55 brutto geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 21.07.2015 hatte die Klägerin ihre Klage um weitere 1.095,00 EUR brutto als Differenzlohn für den Zeitraum März 2014 bis einschließlich Juni 2015 erweitert. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Klageerweiterungsforderung wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 21.07.2015 (Bl. 21, 21 R. d. A.) verwiesen.

32

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 13.08.2015 die Klageerweiterung vom 21.07.2015 abgetrennt und die Ursprungsklage durch Urteil beschieden (s. S. S. 2-5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2015, Bl. 25-27 d. A.). Die abgetrennte Klageerweiterung ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

33

Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.09.2015 die rechnerische Richtigkeit der Klageerweiterungsforderung bestritten hatte, hat die Klägerin ihre Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 24.09.2015 (Bl. 48-53 d. A.) modifiziert und nunmehr die – rechnerisch zwischen den Parteien unstreitige – Differenz von EUR 1017,88 EUR brutto für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015 geltend gemacht.

34

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,
der von ihr zuletzt geltend gemachte Anspruch auf Differenzvergütung für den Zeitraum März 2014 bis einschließlich Juni 2015 folge aus dem Arbeitsvertrag selbst. Denn darin sei vereinbart, dass die jeweiligen rheinland-pfälzischen Lohn- und Gehaltstarifverträge für den Einzelhandel Anwendung finden. Die dort vorgesehene Ausnahme bzw. das Ende der dynamischen Verweisungsklausel sei nicht gegeben. Daneben habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 zusätzlich ausdrücklich erklärt, dass die rheinland-pfälzischen Tarifverträge weiterhin Anwendung fänden. Diese Zusage habe die Beklagte in der Vergangenheit auch tatsächlich umgesetzt. Das Wort „freiwillig" in diesem Zusammenhang solle lediglich bedeuten, dass die Beklagte freiwillig diese Zusage gegeben habe. Es habe sie auch keiner dazu zwingen können, diese Zusage zu geben. Die Freiwilligkeit bedeute aber keineswegs, dass sich die Beklagte nicht verpflichtet habe.

35

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

36

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1017,88 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

37

Die Beklagte hat beantragt,

38

die Klage abzuweisen.

39

Die Beklagte hat vorgetragen,
aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich keineswegs entnehmen, dass dynamisch und dauerhaft verbindlich die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel, insbesondere die Lohn- und Gehaltstarifverträge, auch über 2011 hinaus Anwendung finden sollten. Dies hätten die Arbeitnehmer auch so aufgefasst und sei von ver.di selbst gegenüber den Mitgliedern so kommuniziert worden. Es sei in dem Schreiben auch ausdrücklich nur im Singular von der Weitergeltung des nächsten Tarifvertrages die Rede und nicht von den folgenden Tarifverträgen.

40

Aus dem Arbeitsvertrag werde außerdem deutlich, dass sie - die Beklagte - gerade keine dynamische Weitergeltung von Tarifverträgen gewollt habe. Jedenfalls seien die geltend gemachten Zahlungsansprüche vor Januar 2015 aufgrund der sich aus § 16 des Manteltarifvertrages des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz ergebenden Ausschlussfristen verfallen.

41

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Beklagte darauf hin durch Urteil vom 08.10.2015 - Az. 3 Ca 1004/15 - verurteilt, an die Klägerin 361,60 EUR brutto zuzüglich Zinsen ab dem 04.08.1015 zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat im zugesprochenen Umfang einen Anspruch der Klägerin auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen aus Ziff. 12 S. 1 des Arbeitsvertrages bejaht und die Klage im Übrigen mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin insoweit die tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 16 des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz nicht gewahrt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten der der Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 63-68 d. A.) Bezug genommen.

42

Gegen das ihr am 05.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 04.12.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 05.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 30.12.2015 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 05.02.2016 verlängert worden war.

43

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor:

44

Die Ansprüche seien für die Zukunft durch das Schreiben vom 07.03.2014, in dem auch die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab dem 01.05.2014 eingefordert worden sei, wirksam geltend gemacht worden. Sie – die Klägerin – habe hinreichend deutlich gemacht, auch zukünftig an der Tarifentwicklung partizipieren zu wollen. Eine entsprechende Geltendmachung bereits vor der Entstehung eines Anspruchs sei möglich, wenn - wie vorliegend - bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch die einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Diese Auslegung von Ausschlussfristen sei insbesondere dann geboten, wenn um die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten werde. Davon sei vorliegend auszugehen. Zudem habe sich die Beklagte aufgrund der zahlreichen Parallelstreitigkeiten auf eine Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderungen einstellen können und müssen.

45

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 05.02.2016 (Bl. 97 - 101 d. A.) Bezug genommen.

46

Die Klägerin beantragt zuletzt,

47

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.10.2015 -8 Ca 899/15- teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 656,28 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Berufung zurückzuweisen.

50

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und trägt vor:

51

Ihrer Auffassung nach sei die Berufung bereits als unzulässig zu verwerfen, insbesondere, da eine Auseinandersetzung mit der zweiten arbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage für den Verfall der Ansprüche nicht erfolgt sei.

52

Darüber hinaus sei eine Wahrung der Ausschlussfrist durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 für die streitgegenständlichen Forderungen nicht anzunehmen, da von diesem Schreiben nur die bereits fälligen, entstandenen Ansprüche erfasst gewesen seien, eine hinreichend deutliche Geltendmachung der noch nicht fälligen Ansprüche sei weder erfolgt, noch nach dem Einzelhandelstarifvertrag zulässig. Dieser sehe nämlich gerade keine Möglichkeit der Geltendmachung zukünftiger Ansprüche vor. Auch seien im vorliegenden Verfahren nicht lediglich „auf dem selben Rechtsgrund basierende, wiederkehrende und in der Höhe unstreitige Beträge“ in Streit, für die das Bundesarbeitsgericht eine Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung ausnahmsweise für zulässig erachte. Die noch nicht fälligen Forderungen basierten auf einer anderen Anspruchsgrundlage als die bereits fälligen Forderungen. Zudem sei der Umstand, auf dem diese noch nicht fälligen Forderungen sich gründeten, noch nicht eingetreten. Die rechtserzeugenden Anspruchsvoraussetzungen müssten jedoch nach dem Vorbringen des Anspruchsstellers bei der Geltendmachung bereits erfüllt sein. Eine vollumfängliche Einhaltung der Ausschlussfrist sei auch nicht durch die Klage vom 30.07.2014, den Schriftsatz vom 21.07.2015 und den Schriftsatz vom 24.09.2015 erfolgt. Die mit der Berufung geltend gemachten, vom Arbeitsgericht abgewiesenen Ansprüche seien jedenfalls gemäß Ziff. 13 des Arbeitsvertrages verfallen, da die Klägerin erst mehr als 3 Monate nach Ablehnung des Anspruchs seine Ansprüche gerichtlich geltend gemacht habe und mithin die 2. Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist nicht gewahrt habe.

53

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 15.03.2016 (Bl. 128-139 d. A) Bezug genommen.

54

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

55

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

56

Insbesondere hat sich die Klägerin in hinreichender Weise mit den rechtlichen Erwägungen des Urteils auseinandergesetzt, indem sie gerügt hat, dass das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, dass das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch eine zukunftsbezogene Geltendmachung enthalte und hierdurch nach ihrer Auffassung die Ausschlussfristen vollumfänglich gewahrt worden seien. Dass die Klägerin die arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen nicht thematisiert hat, kann vor dem Hintergrund, dass sie für die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht von Relevanz waren und in den Entscheidungsgründen keine Erwähnung gefunden haben, nicht zur Unzulässigkeit der Berufung führen.

B.

57

Das daher insgesamt zulässige Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts ist die Klage vollumfänglich begründet. Die Klägerin kann deshalb die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 1017,88 brutto nebst Zinsen verlangen.

I.

59

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Monate März 2014 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe des rechnerisch unstreitigen Differenzbetrages zwischen der tariflichen Vergütung der Klägerin nach Gehaltsgruppe II/ 6. Berufsjahr für die Angestellten im rheinland-pfälzischen Einzelhandel und des ihr von der Beklagten tatsächlich ausgezahlten Gehalts.

60

1. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts ergibt sich aus Ziffer 12 Satz 1 des Arbeitsvertrages, wonach auf das Arbeitsverhältnis u.a. die Vorschriften des Gehaltstarifvertrages für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. Im Hinblick auf die Verwendung der Formulierung "in der jeweils gültigen Fassung" beinhaltet diese Vertragsklausel zweifellos eine dynamische Bezugnahme.

61

2. Ziffer 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages, wonach eine dynamische Weitergeltung der tariflichen Gehaltsvorschriften bei Wegfall der Tarifbindung der Beklagten nicht mehr gegeben sein soll, steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Diese Klausel beinhaltet eine auflösende Bedingung i.S.v. § 158 Abs. 2 BGB, wobei deren Eintritt jedoch bereits von vorneherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich war. Die Wirksamkeit der in Ziffer 12 Satz 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt hiervon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist nämlich (im Übrigen) von Anfang an voll wirksam (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 27 f. m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

62

3. Nichts anderes ergibt sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - bei Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Bei dieser handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. von § 305 Abs. 1 BGB. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG v. 15.05.2013 - 10 AZR 325/12 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 29; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB).

63

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierenden Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. BAG 20.03.2013 - 10 AZR 636/11 - JURIS Rn. 20; LAG Rheinland-Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 30; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Führt die objektive Auslegung zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, greift die Unklarheitenregelung (§ 305c Abs. 2 BGB) mit der Folge der arbeitnehmerfreundlichsten Auslegung ein (BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10 - JURIS Rn. 23 m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Die Anwendung des § 305c As. 2 BGB setzt also zwingend voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient (BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10 - JURIS Rn. 23 m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

64

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der Wortlaut der auflösenden Bedingung in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages eindeutig ist. Danach soll der Wegfall der dynamischen Weitergeltung des Gehaltstarifvertrages bei Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, nämlich des Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers eintreten. Die ausschließliche Zukunftsbezogenheit dieser Bedingung ergibt sich deutlich aus der Formulierung: "Dies gilt dann nicht mehr, wenn…", und der Formulierung: "…nicht mehr tarifgebunden ist." Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziffer 12 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte dynamische Weitergeltung der tariflichen Gehaltsvorschriften von vornherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht zum Zuge kommen sollte, enthält die Vertragsklausel nicht. Die Rechtsansicht der Beklagten, unter deren Zugrundelegung vorliegend bereits von Anfang an keine dynamische Bezugnahme vereinbart sein könnte, hätte überdies nicht nur eine unauflösbare Widersprüchlichkeit der in Ziffer 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelungen zur Folge, sondern würde auch zu einer völligen Sinnentleerung der in Satz 1 dieser Verweisungsklausel enthaltenen Bestimmung führen (so auch LAG Rheinland- Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 31; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

65

4. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht § 12 Satz 5 des Arbeitsvertrages entgegen, der ein Ende der dynamischen Weitergeltung der Tarifvorschriften für den Fall eines Betriebsübergangs auf einen "neuen Arbeitgeber" vorsieht. Bei der Beklagten handelt es sich nämlich nicht um einen "neuen" Arbeitgeber im Sinne der vertraglichen Abrede. Als solcher käme nur ein der Beklagten gemäß § 613 a BGB nachfolgender Betriebsinhaber in Betracht, nicht hingegen die Beklagte als vertragsschließende Arbeitgeberin selbst (vgl. LAG Rheinland- Pfalz 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 - JURIS Rn. 32; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

66

Die streitgegenständlichen Ansprüche sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien in der Kammerverhandlung vom 08.10.2015 unstreitig gestellt worden.

II.

67

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts sind die Ansprüche der Klägerin auch nicht insgesamt bzw. überwiegend nach Maßgabe einer anzuwenden Ausschlussfrist verfallen.

68

Das Arbeitsgericht hat in Anwendung des § 16 des Manteltarifvertrags Einzelhandel einen teilweisen Verfall der streitgegenständlichen Ansprüche angenommen. Nach Ansicht der Beklagtenseite hat zumindest die fehlende gerichtliche Geltendmachung innerhalb von 3 Monaten nach Ablehnung des streitgegenständlichen Anspruchs zu einem Verfall der Ansprüche nach Ziff. 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages geführt.

69

1. Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach vorliegend eine gerichtliche Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche zum Anspruchserhalt erforderlich war, nicht.

70

Zwar sieht Ziff. 13 des Arbeitsvertrages neben einer schriftlichen Geltendmachung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit der Ansprüche für den Fall, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf einer gesetzten Frist oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden, einen Verfall dieser Ansprüche vor. Diese Regelung steht jedoch im Widerspruch zu der über die Verweisungsklausel aus Ziff. 12 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussklausel (§ 16 MTV Einzelhandel), bei der die gerichtliche Geltendmachung gerade nicht erforderlich ist, um einen Anspruchsverfall zu verhindern.

71

Dieser Widerspruch führt, dass zu, dass die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung im Hinblick auf die zweite Stufe der Ausschlussfrist einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht standhält.

72

a) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 48; BAG 16.05. 2012 - 5 AZR 331/11 - JURIS Rn. 2). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was ihn erwartet: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge eintreten wird und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 48; BAG 31.08. 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372). Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 52; BAG 28.05. 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66).

73

b) Diesen Anforderungen genügt die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung vorliegend in Teilen nicht.

74

§ 12 Satz 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Formulararbeitsvertrages enthält - wie dargelegt - eine für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien rechtsverbindliche dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung. Dessen MTV sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die vollinhaltlich der in Ziffer 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen. Beide beanspruchen nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung jedoch Geltung. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlicher Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziffer 12, ebenso wie die Anwendung von Ziffer 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Dies hat zur Folge, dass ein Arbeitnehmer, der sich nicht sicher ist, ob er nun die erste Stufe oder auch die zweite Stufe einhalten muss, möglicherweise von einer weiteren Rechtsverfolgung absehen würde, wenn er die erste Stufe der Ausschlussfrist gewahrt, jedoch zu spät geklagt hätte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die in Ziffer 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. Blue-Pencil-Tests zu streichen ist, denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe berührt die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht; BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 54; BAG 16.05.2012 - 5 AZR 251/11 - JURIS Rn. 37; BAG 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 - JURIS Rn. 26 ff.). Die diesbezüglichen Formulierungen im Tarifvertrag und im Arbeitsvertrag sind inhaltsgleich, ausreichend transparent und bleiben, ebenso wie die übrigen arbeitsvertraglichen Bestimmungen gemäß § 306 Abs. 1 BGB wirksam.

75

c) Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass das Bundesarbeitsgericht in mehreren „equal-pay-Fällen“ (vgl. z. B. BAG 25.09.2013 - 5 AZR 815/12 - JURIS Rn. 18; BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 40) einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist gegenüber einer Ausschlussfrist aus einem in Bezug genommenen Tarifvertrag den Vorrang eingeräumt hat. Die diesen Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalte sind mit dem vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht vergleichbar:

76

Zum einen war in den den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalten zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt bereits die Unwirksamkeit des in Bezug genommenen Tarifvertrages festgestellt. Es stand mithin fest, dass die im Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist gar nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist und die Verweisung in der Konsequenz gleichsam „leer lief“ (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - JURIS Rn. 35). Zum anderen enthielten die Arbeitsverträge in den betreffenden Verfahren ausdrückliche Kollisionsregelungen zum Verhältnis zwischen arbeitsvertraglicher und tariflicher Regelung. Nicht zuletzt standen – anders als im vorliegenden Fall – die tariflichen Ausschlussfristen zu den arbeitsvertraglichen Regelungen gerade nicht im Widerspruch.

77

2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der eingeklagten Differenzvergütung ist auch nicht (zum Teil) wegen zu später schriftlicher Geltendmachung verfallen.

78

Zwar sieht § 16 Ziff. 1 c) MTV Einzelhandel Rheinland-Pfalz ebenso wie Ziff. 13 Abs. 1 S. 3 des Arbeitsvertrages vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen sind, da sie ansonsten verfallen.

79

Diesem Erfordernis hat die Klägerin jedoch durch das Schreiben vom 07.03.2014 Genüge getan. Dieses Schreiben beinhaltet neben der rückwirkenden Geltendmachung von Ansprüchen auch eine wirksame Geltendmachung der vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche auf Zahlung des Tarifgehalts für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015:

80

a) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt daher voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (vgl. BAG 22.04.2004 - 8 AZR 652/02 - AP Nr. 28 zu §§ 22, 23 BAT-O; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 48; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (vgl. BAG 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 48; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

81

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 07.03.2014 die Zahlung von Arbeitsvergütung auf der Grundlage der tariflichen Bestimmungen nicht nur rückwirkend zum 01.08.2013, sondern auch zukunftsbezogen geltend gemacht, indem sie sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Geltendmachungsschreibens nicht nur darauf beschränkt hat, die Tariferhöhung rückwirkend zum 01.08.2013 geltend zu machen, sondern auch „die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.2014“ eingefordert hat. Diese Geltendmachung ist mithin ersichtlich nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über Mai 2014 hinaus aufgrund der bereits abgeschlossenen Tarifverhandlungen für die Beklagte durch die Nennung des Prozentsatzes ersichtlich und bei Einsichtnahme in die jeweiligen Gehaltstarifverträge im Übrigen ohne Weiteres errechenbar war.

82

b) Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung noch nicht fällig waren. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchssteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (vgl. BAG 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 - 4 Sa 381/13 - JURIS Rn. 50; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 - noch nicht veröffentlicht).

83

c) Der wirksamen Geltendmachung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung noch nicht entstanden waren.

84

Zwar widerspricht eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs regelmäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Eine tarifliche Ausschlussfrist kann deswegen ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs auch vor dessen Entstehung gewahrt werden, wenn der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist auch dann erreicht wird, wenn der Arbeitgeber also unzweifelhaft erkennen kann, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend macht und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Umständen diese abhängen (so BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12 - EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Hamburg 08.07.2014 - LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 3; BAG v. 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - NZA 2013, 975; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 51; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht). Das kommt z. B. dann in Betracht, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Besteht z.B. Streit ausschließlich über die Berechnungsgrundlage von tariflichen Zeitzuschlägen und werden Anzahl und Art der zuschlagpflichtigen Stunden durch Aufnahme in eine Lohnabrechnung streitlos gestellt, kann die einmalige Geltendmachung einer anderen Berechnung der Zeitzuschläge ausreichen, um den Verfall auch von künftigen Ansprüchen durch eine tarifliche Ausschlussfrist zu verhindern (BAG 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - EzA-SD 8/2013 S. 11 = NZA 2013, 976). Streiten die Parteien eines Arbeitsvertrages über die Höhe des monatlichen Entgelts und liegt diesem Streit lediglich und ausschließlich die Frage der - immer gleichbleibenden - Berechnungsweise zugrunde, kann die einmalige Geltendmachung der nach Auffassung des Arbeitnehmers zutreffenden Berechnungsgrundlage auch für später entstehende Zahlungsansprüche ausreichen. In einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was der Gläubiger von ihm verlangt (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12 - EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 52; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht).

85

Vorliegend stritten die Parteien bereits im Zeitpunkt des Geltendmachungsschreibens vom 07.03.2014 im Hinblick auf die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf tarifliche Arbeitsvergütung hat, ausschließlich über die Anwendbarkeit der maßgeblichen Tarifverträge. Zwar bestand im Nachgang zur Geltendmachung der künftigen Ansprüche prozessual kurzzeitig Unklarheit darüber, ob die vom Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum eingeklagten Beträge korrekt waren. Ursache dafür, war aber nicht, dass sich die Parteien über die geschuldete Arbeitszeit, die Eingruppierung, die prozentuale Tariflohnerhöhung oder sonstige Berechnungsgrundlagen uneinig waren. Vielmehr waren und sind die für die Berechnung der Klageforderung maßgeblichen Faktoren zwischen den Parteien unstreitig, durch die Lohnabrechnungen streitlos gestellt und es handelte sich schlicht um einen Rechenfehler. Die Beklagte konnte aufgrund der Tatsache, dass ihr Arbeitszeit und Eingruppierung bekannt war, unproblematisch erkennen, welche finanzielle Forderung bei der geltend gemachten Tariflohnerhöhung um 2,1 % ab dem 01.05.2014 auf sie zukommen würde. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 07.03.2014 wahrt daher auch die Ausschlussfrist für die künftigen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 22.01.2014 – 4 Sa 381/13 – JURIS Rn. 53; LAG Rheinland-Pfalz 25.04.2016 - 3 Sa 529/15 – noch nicht veröffentlicht).

86

Nach alledem war der Klage auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Mai 2014 bis Juni 2015 unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt stattzugeben.

III.

87

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten waren aufgrund der Reduzierung der Klageforderung in erster Instanz und der teilweisen Berufungsrücknahme in zweiter Instanz wie ausgeurteilt zu quoteln.

88

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben. Insbesondere liegt keine Abweichung von den durch die Beklagten in der Berufungsbegründung vom 15.03.2016 (S. 7-9) zitierten Entscheidungen vor. Soweit sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung sowie in der Kammerverhandlung vom 28.06.2016 insbesondere auf die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30.10.2013 – 2 Sa 744/13 – bezogen hat, wird darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung bereits deswegen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, weil der Kläger Ansprüche aus einer Höhergruppierung begehrt. Überdies stellt auch das LAG Hessen in seiner Entscheidungsbegründung (vgl. Juris Rn. 39) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar, dass eine tarifliche Ausschlussfrist ausnahmsweise auch durch Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden kann, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Genau diese Ausnahme war vorliegend gegeben, so dass die zitierte Rechtsprechung gerade einschlägig, nicht aber divergierend zur getroffenen Entscheidung ist.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.