Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. März 2016 - 6 Sa 191/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0308.6SA191.15.0A
08.03.2016

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 18. März 2015 - 6 Ca 604/14 P - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der 1966 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger trat zum 01. Juni 1992 als Auszubildender in die Dienste der R Schuhzentrum GmbH. Ab 01. November 1998 wurde der Kläger aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24. November 1998 (Bl. 23 ff. d. A., im Folgenden: AV 1998) für die Beklagte, damals firmierend unter R Versandhandel GmbH, als Bereichsleiter Warenkoordination Vertrieb tätig. Vom 01. Juli 2004 bis 28. Februar 2007 arbeitete der Kläger kraft schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16. Juli 2004 als Verkaufsleiter erneut für die R Schuhzentrum GmbH (Bl. 12 ff. d. A., im Folgenden: AV Schuh 2004). Der AV 1998 mit der Beklagten wurde weder gekündigt, noch durch schriftliche Vereinbarung aufgehoben. Der Kläger wurde in der Folge kraft Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 16. März 2007 (Bl. 32 ff. d. A., im Folgenden: GF-V Schuh 2007) ab 01. März 2007 für die R Schuhzentrum GmbH als eingetragener Geschäftsführer der Gesellschaft tätig. Eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über die Beendigung des zuvor mit der R Schuh GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses oder dessen Kündigung erfolgte nicht. Zum 01. September 2011 wurde das gesamte Geschäft der R Schuh GmbH im Wege des Betriebsübergangs auf die R Schuh GmbH übertragen.

3

Ab 01. Januar 2008 arbeitete der Kläger als eingetragener Geschäftsführer für die zur Unternehmensgruppe der Beklagten gehörende H R Group Verwaltungs GmbH, zuletzt nach Verschmelzung firmierend unter H R Group GmbH. Dieser Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers wurde zum 31. Dezember 2015 gekündigt.

4

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 darauf hin, dass sie den AV 1998 durch die in der Folge abgeschlossenen Geschäftsführeranstellungsverträge für aufgehoben halte, kündigte jedoch gleichzeitig vorsorglich das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Mai 2015.

5

Der Kläger, der im Parallelverfahren (Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - 5 Ca 49/15 = LAG Rheinland-Pfalz 6 Sa 337/15) zugleich gegen die R Schuh GmbH gerichtlich den Bestand eines Arbeitsverhältnisses geltend macht, hat am 04. November 2014 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - gegen die Beklagte Kündigungsschutzklage erhoben und seine Weiterbeschäftigung verlangt.

6

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Parteien hätten den Anstellungsvertrag vom 16. Juli 2004 zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsführeranstellungsvertrages ruhend gestellt. Dies ergebe sich aus §§ 11, 13 Abs. 1 Satz 2 GF-V. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Selbst wenn die Beklagte weniger als zehn Mitarbeiter beschäftige, was mit Nichtwissen bestritten werde, bedürfe die Kündigung eines nachvollziehbaren Grundes.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die schriftliche Kündigung vom 17. Oktober 2014, zugegangen am 20. Oktober 2014, nicht mit Wirkung zum 31. Mai 2015 aufgelöst werden wird;

9

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht;

10

3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. und/oder zu 2 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Verkaufsleiter Deutschland weiter zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die vorsorglich erklärte Kündigung sei aus betrieblichen Gründen erfolgt, da sie keiner geschäftlichen Tätigkeit mehr nachgehe, insbesondere nicht mehr als 5 bzw. 10 Arbeitnehmer beschäftige.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. März 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien werde durch die Kündigung aufgelöst, da der Kläger die Behauptung, dass die Beklagte mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftige, nicht konkretisiert habe. Aufgrund des Vortrags der Beklagten, sie sei nicht mehr im Schuhhandel tätig und beschäftige keine Arbeitnehmer mehr, müsse davon ausgegangen werden, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Gründe, die die Kündigung als treuwidrig erscheinen ließen, habe der Kläger nicht vorgetragen. Der allgemeine Feststellungsantrag sei unzulässig, der Weiterbeschäftigungsantrag infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses unbegründet. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 77 - 79 d. A. Bezug genommen.

15

Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 13. April 2015 zugestellte Urteil mit am 22. April 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 13. Juli 2015 mit Schriftsatz vom 13. Juli 2015, der bei Gericht am gleichen Tag eingegangen ist, begründet.

16

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 13. Juli 2015 und seiner Schriftsätze vom 22. Juni 2015 und 07. März 2016, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 113 ff., Bl. 149 ff. und Bl. 199 ff. d. A.) zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

17

das Gericht habe die Behauptung der Beklagten, keiner geschäftlichen Tätigkeit mehr nachzugehen, nicht ohne weitere Prüfung als wahr unterstellen dürfen. Selbst wenn man von einer Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ausgehen würde, sei die Beklagte verpflichtet gewesen darzulegen, wann und auf welcher Grundlage der Betrieb eingestellt worden sei. Ihm sei mangels eigener Kenntnis ein entsprechender Beweis nicht möglich. Nach seinen Recherchen biete die R Gruppe im Internet über das Portal „preis.de“ Gutscheine für September 2015 an, die über die Kontaktadresse der Beklagten erworben werden könnten. Ergänzend sei darzulegen, dass es sich bei der Beklagten H R Group und ihren Untergesellschaften um einen gemeinsamen Betrieb iSd. § 23 KSchG handele und die Beklagte ihren Betrieb arbeitnehmerübergreifend mit institutioneller Leitung in sozialen und personellen Angelegenheiten durch die Geschäftsführer der mehr als 6.000 Mitarbeiter beschäftigenden H R Group GmbH, die auch Geschäftsführer der anderen zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften seien, organisiere. Die Beklagte stelle mit dem Grundstück ein grundlegendes Betriebsmittel, welches gemeinsam genutzt werde. Auch sei sein Arbeitsverhältnis nach § 613 a BGB auf eine andere Gesellschaft übergegangen.

18

Der Kläger beantragt,

19

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 18. März 2014, 6 Ca 604/14 P, wird der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die schriftliche Kündigung vom 17. Oktober 2014, zugegangen am 20. Oktober 2014, nicht mit Wirkung zum 31. Mai 2015 aufgelöst worden ist.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 26. August 2015 und ihres Schriftsatzes 22. Januar 2016 auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 129 ff., 164 ff. d. A.) und trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor,

23

das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei, weil sie eine Gesellschaft ohne operatives Geschäft sei, die lediglich innerhalb des Konzerns der H Group GmbH und Co. KG ihr Grundstück als Verwaltungssitz zur Verfügung stelle, was dem Kläger als Geschäftsführer innerhalb der Unternehmensgruppe auch bekannt gewesen. Sie betreibe (nach dem 31. Oktober 2013) keinen Internethandel oder Onlineshop mehr, mit dem Gutscheinportal „preis.de“ stehe sie in keinerlei geschäftlicher Beziehung und die genannten Kontaktdaten seien falsch. Die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb seien nicht gegeben, insbesondere keine einheitliche institutionelle Führung und Leitung in sozialen und personellen Angelegenheiten.

24

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 08. März 2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

25

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

26

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 13. April 2015 mit am 22. April 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und innerhalb bis 13. Juli 2015 verlängerter Frist mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 13. Juli 2015 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

27

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kündigung der Beklagten vom 17. Oktober 2014 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2015 beendet hat. Der vom Kläger fristgerecht iSd. § 4 Satz 1 KSchG erhobenen Kündigungsschutzklage blieb der Erfolg in der Sache versagt.

28

1. Zwischen den Parteien bestand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung durch die Beklagte mangels formwirksamer Beendigung gemäß § 623 BGB rechtlich ein Arbeitsverhältnis. Die Berufungskammer hat hierbei den klägerischen Antrag, der lediglich auf die Feststellung des Fortbestandes „des Arbeitsverhältnisses des Klägers“ gerichtet war, dahingehend ausgelegt, dass der Kläger den Fortbestand eines mit der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses - AV 1998 - geltend machen will. Hierfür spricht, dass ein gegen die Beklagte gerichteter Kündigungsschutzantrag, mit dem der Kläger den Bestand eines anderweitigen Arbeitsverhältnisses verfolgen wollte, von vorneherein mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Erfolg versagt wäre. Dafür, dass der Kläger, der zuletzt seine Weiterbeschäftigungsantrag als Verkaufsleiter (allein möglich nach AV Schuh 2004) nicht mehr verfolgt hat, eine unter diesem Gesichtspunkt aussichtslose Klage hätte erheben wollen, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten.

29

1.1. Der vom Kläger und der Beklagten unter dem 24. November 1998 geschlossene Arbeitsvertrag AV 1998 ist zu keinem Zeitpunkt gemäß § 623 BGB, eingeführt durch Gesetz vom 30. März 2000 mit Wirkung zum 01. Mai 2000, formwirksam schriftlich gekündigt oder einvernehmlich aufgehoben worden. Zwar hat der Kläger eine Tätigkeit für die Beklagte ab Juli 2004 nicht mehr erbracht, da er am 16. Juli 2004 einen Arbeitsvertrag als Verkaufsleiter mit der R Schuhzentrum GmbH (AV Schuh 2004) geschlossen hat. Weder dieser Vertrag, noch die später mit der R Schuhzentrum GmbH oder verschiedenen anderen zur Unternehmensgruppe der Beklagten gehörenden Gesellschaften vereinbarten Geschäftsführeranstellungsverträge waren jedoch geeignet, im Hinblick auf eine unterstellt konkludente Aufhebungsvereinbarung mit der Beklagten die Schriftform nach § 623 BGB zu wahren. Auch wenn im Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen Mitarbeiter im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses liegt und der schriftliche Geschäftsführer-Dienstvertrag regelmäßig das Formerfordernis des § 623 BGB für den Vertrag über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wahrt(BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1078/12 - Rn. 24, 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, mwN, jeweils zitiert nach juris), gilt dies nur, wenn die Parteien des Geschäftsführer-Dienstvertrags zugleich die Parteien des Arbeitsvertrags sind; anderenfalls gibt es kein schriftliches Rechtsgeschäft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in dem die Vereinbarung über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses liegen kann (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1078/12 - Rn. 25, aaO). Jedenfalls an einer schriftlichen Aufhebungsvereinbarung der Parteien fehlt es vorliegend.

30

1.2. Es kann dahinstehen, ob dem Kläger die Berufung auf den Formmangel nach § 623 BGB unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nach § 242 BGB verwehrt wäre. Ein Formmangel kann nach § 242 BGB nur ganz ausnahmsweise als unbeachtlich qualifiziert werden, wenn das Ergebnis für einen Vertragsteil schlechthin untragbar ist; hierfür reicht die Erfüllung der Voraussetzungen der Verwirkung nicht aus, es müssen vielmehr Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Berechtigten in hohem Maße als widersprüchlich erscheinen lassen (BAG 17. Dezember 2015 - 6 AZR 709/14 - Rn. 51, 15. März 2011 - 10 AZB 32/10 - Rn. 18 mwN, jeweils zitiert nach juris). Ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, bedarf letztlich keiner Entscheidung.

31

2. Selbst wenn sich der Kläger auf die fehlende Schriftform einer konkludenten Aufhebungsvereinbarung hinsichtlich des AV 1998 berufen dürfte und ihm zudem die Ausübung der Rechte aus dem ursprünglichen Arbeitsverhältnis nicht infolge Verwirkung versagt wäre (sei es in Form der Verwirkung materieller Rechte oder der Prozessverwirkung, vgl. BAG 25. November 2010 - 2 AZR 323/09 - Rn. 21, 23 mwN, zitiert nach juris), hat die von der Beklagten unter dem 17. Oktober 2014 vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis wirksam zum 31. Mai 2015 beendet. Hiervon ist das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht.

32

2.1. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Oktober 2014 ist nicht auf ihre soziale Rechtfertigung nach § 1 KSchG zu überprüfen, da der betriebliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes iSd. § 23 Abs. 1 KSchG nicht eröffnet ist.

33

a) Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes bis auf wenige Regelungen nicht in Betrieben mit in der Regel fünf oder weniger beschäftigten Arbeitnehmern nach der Zählweise des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG. Dies entspricht der Rechtslage vor dem 1. Januar 2004 (Inkrafttreten des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. I, S. 3002). Mit Überschreiten des Schwellenwerts findet dagegen grundsätzlich ua. § 1 KSchG Anwendung. § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KSchG schränkt diese Rechtsfolge ein: Nur wenn der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nach wie vor deshalb überschritten ist, weil die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern schon vor dem 1. Januar 2004 beschäftigt war („Alt-Arbeitnehmer”), ist der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes - für diese - eröffnet. Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung erst nach dem 31. Dezember 2003 aufgenommen haben, können sich dagegen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KSchG auf die Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nur und erst dann berufen, wenn im Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 16 f.; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 21 ff.; 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 14, 15, jeweils zitiert nach juris).

34

Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in § 23 Abs. 1 KSchG geregelten betrieblichen Geltungsvoraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes(BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 17 ff., zitiert nach juris). Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast ist hierbei darauf zu achten, dass vom Arbeitnehmer nicht Darlegungen verlangt werden, die er mangels eigener Kenntnismöglichkeiten nicht erbringen kann. Vielmehr genügt er seiner Darlegungslast - bei fehlender eigener Kenntnismöglichkeit - bereits durch die bloße Behauptung, der Arbeitgeber beschäftige mehr als zehn Arbeitnehmer. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, sich vollständig über die Anzahl der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer unter Benennung der ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel zu erklären. Hierzu muss daraufhin der Arbeitnehmer Stellung nehmen und Beweis antreten. Hat der Arbeitnehmer keine eigenen Kenntnisse über die vom Arbeitgeber behaupteten Tatsachen, kann er sich auf die sich aus dem Vorbringen des Arbeitgebers ergebenden Beweismittel stützen und die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vortragen, dass entgegen den Angaben des Arbeitgebers der Schwellenwert doch erreicht ist (BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 26, aaO). Will sich der Arbeitnehmer auf die Maßgeblichkeit des abgesenkten Schwellenwerts des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG berufen, genügt er seiner Darlegungslast regelmäßig zunächst dadurch, dass er schlüssige Anhaltspunkte für die Beschäftigung der erforderlichen Anzahl von „Alt-Arbeitnehmern“ aufzeigt. Auf entsprechenden Vortrag muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen erklären und ggf. dartun, welche rechtserheblichen Tatsachen der Behauptung des Arbeitnehmers entgegenstehen sollen. Tut er dies, ist es erneut Sache des Arbeitnehmers darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der abgesenkte Wert maßgeblich ist (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 35 mwN, aaO).

35

b) Ausgehend hiervon ist der Kläger der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast für die Eröffnung des betrieblichen Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes nicht nachgekommen.

36

aa) Die Beklagte hat auf die Behauptung des Klägers in der Klageschrift, sie beschäftige mehr als zehn Arbeitnehmer, dargelegt, sie sei nicht mehr im Schuhhandel tätig, betreibe nach dem 31. Oktober 2013 keinen Internethandel oder Onlineshop mehr und stelle lediglich ihr Grundstück als Verwaltungssitz zur Verfügung. Soweit der Kläger hierauf behauptet hat, auch in der Zurverfügungstellung eines Grundstückes liege eine geschäftliche Tätigkeit, mag dies zutreffen, ersetzt jedoch nicht die substantiierte Darlegung von Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte - selbst wenn die von ihr benannte Zeugin S ihre Arbeitnehmerin sein sollte - mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt oder zumindest insgesamt fünf „Alt-Arbeitnehmer“. Gleiches gilt für den Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren, die Anschrift der Beklagten sei als Kontaktadresse für eine Gutscheinaktion im September 2015 auf dem Online-Portal „preis.de“ angegeben. Abgesehen davon, dass die diesbezügliche Einlassung der Beklagten, in keinerlei geschäftlichem Kontakt mit dem Online-Anbieter zu stehen, welcher als bloßes Vergleichsportal ohne Zutun der Unternehmensgruppe der Beklagten falsche Kontaktdaten verwendet habe, der Berufungskammer nachvollziehbar erscheint, wäre es die Aufgabe des Klägers gewesen, zumindest schlüssige Anhaltspunkte dafür vorzutragen, aus welchen Gründen die Gutscheinaktion für die Beschäftigung einer den Schwellenwert nach § 23 Abs. 1 Satz 2, 3 KSchG überschreitenden Anzahl von Mitarbeitern zum Kündigungszeitpunkt spricht. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, die Tatsache, dass sie letztlich eine Gesellschaft ohne operatives Geschäft sei, sei dem Kläger als Organgeschäftsführer innerhalb des Konzerns bekannt gewesen.

37

bb) Auch die vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren verfolgte Argumentation, die Beklagte betreibe mit anderen Gesellschaften des Konzerns einen gemeinsamen Betrieb, führt nicht zur Eröffnung des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 30. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 – Rn. 30 mwN, zitiert nach juris), der sich die Berufungskammer anschließt, ist der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz regelmäßig nicht unternehmens-, dh. arbeitgeberübergreifend ausgestaltet. Die ausnahmsweise Annahme eines arbeitgeberübergreifenden Kündigungsschutzes kommt nur in Betracht, wenn sich zwei oder mehrere Unternehmen zur gemeinsamen Führung eines Betriebs - zumindest konkludent - rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (BAG 13. Juni 2002 – 2 AZR 327/01 - Rn. 20, zitiert nach juris). Tatsächliche Anhaltspunkte für eine derartige institutionelle Leitung hat der Kläger in keiner Weise dargetan, sondern lediglich pauschal behauptet, die Beklagte organisiere ihren Betrieb arbeitnehmerübergreifend mit institutioneller Leitung in sozialen und personellen Angelegenheiten durch die personenidentischen Geschäftsführer der Hamm R Group. Allein die Tatsache, dass die Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften personengleich sind, rechtfertigt nicht den zwingenden Schluss einer einheitlichen Ausübung der Rechte des Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg 27. Januar 2015 - 11 Sa 868/14 - Rn. 29, zitiert nach juris). Dass dies tatsächlich der Fall wäre, hat der Kläger nicht dargelegt. Ein - weitergehender - kündigungsschutzrechtlicher "Berechnungsdurchgriff im Konzern" ist nicht verfassungsrechtlich geboten (vgl. BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 609/01 - Rn. 27, zitiert nach juris). Die Argumentation des Klägers, das Grundstück der Beklagten stelle ein wesentliches gemeinsam genutztes Betriebsmittel für die Gesellschaften dar, lässt ebenfalls nicht auf einen gemeinsamen Betrieb schließen, da in der Zur-Verfügung-Stellung des Grundstückes durch die Beklagte eine gemeinsame Nutzung nicht liegt.

38

2.2. Sonstige Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung sind nicht ersichtlich. Weshalb ein Betriebsübergang - mit der Folge der etwaigen Unwirksamkeit der Kündigung nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB - vorliegen sollte, erschloss sich der Berufungskammer nicht. Auf die Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nach Hinweis der Beklagten auf das Fehlen eines Betriebsrates nicht mehr berufen. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) oder eine sonstige Treuwidrigkeit der Kündigung (§ 242 BGB,vgl. BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - Rn. 19 ff., zitiert nach juris) liegen nicht vor.

39

2.3. Da die Beklagte die Kündigungsfrist nach § 622 Abs. II Nr. 7 BGB eingehalten hat, hat die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2015 beendet.

B

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

41

Gründe die eine Zulassung der Revision iSd § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.

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(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 4. September 2012 - 17 Sa 1010/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten und über Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Die Beklagte ist die Spitzenorganisation der Betriebskrankenkassen und ihrer Landesverbände. Sie beschäftigt mehr als 100 Arbeitnehmer. Der Kläger war bei ihr seit 1989 als Angestellter beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Januar 2004 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, demzufolge der Kläger zum außertariflichen Angestellten wurde. Der Vertrag wurde mehrfach geändert. Zuletzt war der Kläger als Leiter des Stabsbereichs Unternehmensstrategie und Beteiligungscontrolling zu einem Bruttojahresgehalt von ca. 137.195,00 Euro zuzüglich Dienstwagen tätig.

3

Bis zum 31. Dezember 2008 wurde die Beklagte als vormalige Körperschaft des öffentlichen Rechts durch ihren hauptamtlichen Vorstand - ua. Herrn S - und den ehrenamtlichen Verwaltungsrat vertreten. Der Vorstand führte die laufenden Geschäfte einschließlich der Personalverwaltung. Er hatte die Letztverantwortung für die Ausgestaltung der Arbeitsverträge und vertrat die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich. Seit Januar 2009 ist die Beklagte aufgrund gesetzlicher Anordnung gemäß § 212 SGB V eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vertreten durch ihren Geschäftsführer.

4

Die Beklagte, der Bundesverband der Innungskrankenkassen, die DAK sowie weitere Ersatz- und Betriebskrankenkassen gründeten als Gemeinschaftsunternehmen die B GmbH. Diese diente nach dem Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 2008 den Belangen der Sozialversicherung und hatte bei ihrer Tätigkeit die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Ihre Gesellschafter wurden satzungsgemäß durch einen Aufsichtsrat vertreten, in den auch die Beklagte einen Vertreter entsandte. Von Juni 2008 bis zum 6. Oktober 2009 war Herr S Vorsitzender des Aufsichtsrats.

5

Im August 2008 schlossen der Kläger und die B GmbH mit Wirkung vom 1. September 2008 einen Geschäftsführer-Dienstvertrag. Der Vertrag war bis zum 31. August 2013 befristet und sah für den Kläger ein Jahresbruttogehalt von 193.000,00 Euro sowie einen Bonus von bis zu 25 vH des Grundgehalts vor. Der Vertrag war von dem bis dahin einzigen Geschäftsführer der B GmbH, Herrn K, erstellt, von einer Rechtsanwaltskanzlei überarbeitet und auf Seiten der B GmbH von Herrn S als Vorsitzendem des Aufsichtsrats sowie dessen beiden Stellvertretern unterschrieben worden. In dem Vertrag heißt es ua.:

        

§ 1 Aufgaben und Tätigkeitsbereich

        

…       

        

5.    

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, der Gesellschaft sein ganzes Wissen und Können sowie seine volle Arbeitskraft zu widmen. Jede Aufnahme einer Nebentätigkeit sowie … bedürfen der vorherigen Zustimmung des Präsidiums und des Aufsichtsrates der Gesellschaft.

        

6.    

Die folgenden Tätigkeiten gelten als genehmigt:

                 

…       

                 

Dem Geschäftsführer werden nach seinem freien Ermessen Tätigkeiten für den Bundesverband der Betriebskrankenkassen gestattet. Eine solche Tätigkeit ist zunächst bis zum 31.12.2008 vorgesehen.

        

…       

        
        

§ 11 Vertragsdauer

        

1.    

Dieser Vertrag beginnt am 01.09.2008.

        

2.    

Der Vertrag wird auf fünf Jahre fest abgeschlossen und endet mit Ablauf des 31.08.2013. Das ordentliche Kündigungsrecht der Gesellschaft ist während der festen Laufzeit des Vertrages ausgeschlossen. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Über eine mögliche Verlängerung werden die Parteien sich gegenseitig bis spätestens zwölf Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich informieren.

        

3.    

In Ausnahme zu Abs. 2 gilt während der Festlaufzeit des Vertrages Folgendes: Bei vorzeitiger organschaftlicher Abberufung des Geschäftsführers der B GmbH endet der vorliegende Anstellungsvertrag mit dem Wirksamwerden der Abberufung. In diesem Fall erhält der Geschäftsführer eine Abfindung. Die Höhe der Abfindung entspricht den Bezügen gemäß § 3 dieses Vertrages, d. h. dem Jahresgrundgehalt sowie der jährlichen Tantieme in voller Höhe sowie der Überlassung des Firmenwagens bis zum Ende der Vertragslaufzeit gemäß Abs. 2 oder bei entsprechender Vertragsverlängerung bis zum Ablauf der laufenden Vertragsperiode. …“

6

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 bat der Kläger Herrn S unter Bezug auf ein Gespräch vom 2. Juli 2008 darum, folgende Vereinbarung über das Ruhen seines - des Klägers - Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die B GmbH zu bestätigen:

        

„(1)   

Der BKK Bundesverband und der Unterzeichner sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Anstellungsverhältnis ab dem 31. Dezember 2008 ruht.

                 

…       

        

(2)     

…       

        

(3)     

Während des Ruhens des Anstellungsverhältnisses ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Die Ruhensvereinbarung ist bis zum 31. Dezember 2014 befristet.

        

(4)     

Die Hauptpflichten aus dem Vertrag mit dem BKK Bundesverband leben wieder auf, wenn die Anstellungs- und/oder Geschäftsführertätigkeit des Mitarbeiters bei der B oder verbundenen Unternehmen vollständig rechtlich beendet ist, gleich von welcher Seite, gleich aus welchem Grund.

        

(5)     

Mit Beendigung des Anstellungs- und Dienstverhältnisses des Mitarbeiters zur B und verbundenen Unternehmen wird der BKK Bundesverband dem Mitarbeiter eine seiner bisherigen Beschäftigung beim BKK Bundesverband gleichwertige Beschäftigung anbieten. Die gegenseitigen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen leben dann entsprechend auf.

        

…“    

        
7

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 bestätigte Herr S den Inhalt der Vereinbarung wie folgt:

        

„Ich habe die Formulierungen Ihres vorgenannten Schreibens anhand meiner Aufzeichnungen über unser Gespräch vom 25.08.2008 geprüft und bestätige durch meine Handzeichen auf dem wieder beigefügten Schreiben, dass sie unseren seinerzeitigen Absprachen vollumfänglich entsprechen.“

8

Von September bis Dezember 2008 zahlten dem Kläger sowohl die Beklagte als auch die B GmbH jeweils die vertraglich vereinbarten Bezüge.

9

Mit Schreiben vom 12. März 2010 kündigte die Beklagte „vorsorglich“ ein zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Sie hielt ihm Untreue zu ihren Lasten vor. Durch einstimmigen Beschluss des Aufsichtsrats der B GmbH vom 17. März 2010 wurde der Kläger als deren Geschäftsführer abberufen.

10

Unter dem 17. März 2010 erstattete die Beklagte gegen den Kläger und Herrn S Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue. Im Juni 2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Auf die Beschwerde der Beklagten verfügte sie im Juli 2011 dessen Wiederaufnahme. Im März 2012 wurde das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts erneut eingestellt.

11

Gegen die Kündigung vom 12. März 2010 hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben; er hat ferner Weiterbeschäftigung und Zahlung seiner monatlichen Vergütung ab April 2010 begehrt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es fehle an einem (wichtigen) Grund für die Kündigung und an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats. Der Vorwurf, er habe für den Zeitraum von September bis Dezember 2008 doppelt Vergütung bezogen, entbehre der inneren Berechtigung. Er habe in dieser Zeit sowohl für die Beklagte als auch für die B GmbH Arbeitsleistungen erbracht. Schon seit dem Frühjahr 2008 sei er mit Genehmigung von Herrn S neben seiner Tätigkeit für die Beklagte am Aufbau der B-Unternehmensgruppe beteiligt gewesen. Hierfür habe er bis September 2008 keine Vergütung bezogen, habe aber seine Dienstpflichten unter Verzicht auf einen wesentlichen Teil des Jahresurlaubs erfüllt und Arbeiten während des Urlaubs und an Wochenenden durchgeführt. Grund für seine Doppeltätigkeit sei gewesen, dass er sich im System des Bundesverbands der gesetzlichen Krankenkassen bestens ausgekannt habe, während sich ein Dritter in die komplexe und umfangreiche Materie erst hätte einarbeiten müssen. Von einem Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung könne nicht die Rede sein. Die Zahlungen seien überdies mit ausdrücklichem Einverständnis von Herrn S erfolgt.

12

Er habe die Vereinbarungen für den Fall seines Ausscheidens bei der B GmbH nicht in der Absicht getroffen, sich eine unangemessene Überversorgung auf Kosten der Beklagten zu verschaffen. Die Gespräche über die Ruhensvereinbarung seien im April/Mai 2008 aufgenommen worden, als abzusehen gewesen sei, dass er einer der Geschäftsführer der B GmbH werden solle. Sein Anstellungsvertrag habe eine Kündigungsfrist von sechs Jahren zum Jahresende vorgesehen. Er habe die Sicherheit einer Beschäftigung bei der Beklagten nicht gegen eine unsichere Anstellung als Geschäftsführer der B GmbH eintauschen wollen. Beide Parteien seien von einer interessengerechten und wirtschaftlichen Angemessenheit der Vereinbarung ausgegangen. Ein möglicher Missbrauch der Vertretungsmacht durch Herrn S sei für ihn nicht erkennbar gewesen.

13

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung vom 12. März 2010 beendet worden ist noch durch die fristgerechte Kündigung vom 12. März 2010 beendet werden wird;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn am 30. April 2010 sowie an jedem letzten Tag der Folgemonate, die vor rechtskräftiger Entscheidung der vorstehenden Klageanträge liegen, 11.432,94 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Leiter Stabsbereich Unternehmensstrategie/Beteiligungscontrolling oder in gleichwertiger Position zu beschäftigen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien habe seit dem Wechsel des Klägers zur B GmbH kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden. Es sei durch die Ruhensvereinbarung auch nicht wieder aufgelebt. Diese sei sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB. Der Kläger habe zusammen mit Herrn S planmäßig und bewusst zu ihrem Nachteil gehandelt. Dies ergebe sich aus der Zusammenschau aller Indizien, insbesondere aus der Kombination der Verträge. Diese stellten eine Rundumabsicherung des Klägers dar, die ihre Vermögenslage erheblich beeinträchtige. Wegen des vorgesehenen Wiederauflebens der bisherigen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen trage sie das volle wirtschaftliche Risiko der Beendigung des Vertrags mit der B GmbH. Von dieser wiederum erhalte der Kläger selbst bei einer Abberufung wegen Nichteignung die gesamten Bezüge für die Restlaufzeit seines Vertrags als Geschäftsführer. Gleichzeitig lebe der Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den alten Bezügen bei ihr, der Beklagten, wieder auf, ohne dass die Anrechnung von Abfindungszahlungen vorgesehen wäre. Bereits daraus ergebe sich die Sittenwidrigkeit der Verträge. Dem Kläger sei überdies bekannt gewesen - zumindest habe ihm bekannt sein müssen -, dass ihr damaliger Vorstand bei Abschluss der Verträge seine Vertretungsmacht missbraucht habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie gemäß § 69 SGB IV nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu handeln habe. Dieses Gebot sei nicht nur bei der Aufstellung des Haushaltsplans, sondern auch bei der Ausführung des Haushalts und damit bei Abschluss aller Verträge zu beachten.

15

In jedem Fall sei das Arbeitsverhältnis durch die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12. März 2010 beendet worden. Es liege ein wichtiger Grund vor. Ihr seit September 2009 bestellter neuer Geschäftsführer - zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der B GmbH - habe erstmals am 5. März 2010 erfahren, dass der Kläger von September bis Dezember 2008 Gehaltszahlungen sowohl von der B GmbH als auch von ihr erhalten habe. Ein solches Verhalten sei inakzeptabel. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, seine ganze Arbeitskraft ihr zur Verfügung zu stellen und dabei ggf. auch über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus tätig zu werden. Das habe er ersichtlich nicht getan. Niemand sei in der Lage, seine volle Arbeitskraft zeitgleich zweimal zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen sei der Kläger zu den Tätigkeiten für die B GmbH im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit ihr ohnehin verpflichtet gewesen. Dass er während des Urlaubs und an Wochenenden zusätzliche Arbeiten erbracht habe, hat die Beklagte bestritten. Die Billigung der Zahlungen durch ihren damaligen Vorstand sei ohne Bedeutung. Die Gesamtumstände ließen nur die Annahme eines gemeinschaftlichen kollusiven Verhaltens zu ihrem Nachteil zu. Auf die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen komme es kündigungsrechtlich nicht an.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht dem Zahlungsantrag unter der Bedingung, „dass das Arbeitsverhältnis besteht, der Kläger nicht zusammenhängend mehr als sechs Wochen krankgeschrieben war, kein unbezahlter Urlaub genommen wurde und keine unentschuldigten Fehlzeiten vorliegen“. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

18

I. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12. März 2010 beendet worden, noch wird es durch die fristgerechte Kündigung von diesem Tage zum Ende des Jahres 2016 beendet werden.

19

1. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis.

20

a) Einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG kann nur stattgegeben werden, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht bereits aufgrund anderer Beendigungstatbestände aufgelöst ist. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ist Voraussetzung für die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 738/11 - Rn. 9; 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13).

21

b) Der Kläger war bei der Beklagten als Angestellter, zuletzt aufgrund der Änderungsvereinbarung vom 18. Dezember 2007 als Leiter des Stabsbereichs Unternehmensstrategie und Beteiligungscontrolling, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war im Zeitpunkt der Kündigung vom 12. März 2010 nicht beendet. Es fehlt an einem formwirksamen Beendigungstatbestand, der es vor Zugang der Kündigung aufgelöst haben könnte.

22

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die zwischen dem Kläger und ihrem damaligen Vorstand geschlossene Ruhensvereinbarung wirksam war. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte das Arbeitsverhältnis - dann erst recht - fortbestanden. Für seinen rechtlichen Bestand ist es unerheblich, ob die Hauptleistungspflichten ruhten oder nicht.

23

bb) Der Geschäftsführer-Dienstvertrag des Klägers mit der B GmbH enthielt keine dem Formerfordernis des § 623 BGB genügende Vereinbarung über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Dies gilt unabhängig davon, ob nicht die Ruhensvereinbarung ohnehin gegen einen Beendigungswillen der Parteien sprach.

24

(1) Zwar liegt in dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen Mitarbeiter im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses (BAG 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8). Nach dem Willen der vertragschließenden Parteien soll in aller Regel neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis - ruhend - fortbestehen. Etwas anderes ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen, für die deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen (BAG 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - aaO; 14. Juni 2006 -  5 AZR 592/05  - Rn. 18, BAGE 118, 278 ). Der schriftliche Geschäftsführer-Dienstvertrag wahrt regelmäßig das Formerfordernis des § 623 BGB für den Vertrag über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses(BAG 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - aaO; vgl. auch 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06  - Rn. 23 , BAGE 123, 294).

25

(2) Dies gilt aber nur, wenn - wie in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen - die Parteien des Geschäftsführer-Dienstvertrags zugleich die Parteien des Arbeitsvertrags sind. Anderenfalls gibt es kein schriftliches Rechtsgeschäft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in dem die Vereinbarung über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses liegen kann. Soweit das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 14. Juni 2006 (- 5 AZR 592/05 - Rn. 18, BAGE 118, 278) angenommen hat, es komme nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer den Geschäftsführer-Dienstvertrag mit einer anderen Gesellschaft oder mit seinem Arbeitgeber abschließe, betraf dies die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses und fand § 623 BGB noch keine Anwendung.

26

(3) Der zwischen dem Kläger und der B GmbH geschlossene Geschäftsführer-Dienstvertrag datiert vom 25. August 2008. § 623 BGB ist am 1. Mai 2000 in Kraft getreten. Eine Aufhebungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten bedurfte deshalb der Schriftform. Sie ist durch den Geschäftsführer-Dienstvertrag mit der B GmbH nicht gewahrt. An diesem waren ausschließlich der Kläger und die B GmbH beteiligt. Die Beklagte hat nicht etwa geltend gemacht, es habe sich in Wirklichkeit um einen dreiseitigen Vertrag gehandelt, bei dessen Abschluss sie zwecks Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger durch die B GmbH vertreten worden sei. Im Übrigen wäre dies aus dem Vertrag nicht ersichtlich. § 126 BGB verlangt jedoch, dass die Parteien und etwaige Vertretungsverhältnisse in der Vertragsurkunde benannt sind(vgl. RG 30. September 1919 - II 105/19 - RGZ 96, 286, 289; APS/Greiner 4. Aufl. § 623 BGB Rn. 30).

27

2. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12. März 2010 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es fehle an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB. Ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist und der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde, bedarf keiner Entscheidung.

28

a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts der konkreten Umstände des Falls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht ( BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 13; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 14 ).

29

b) Ein wichtiger Grund lag im Streitfall nicht vor. Es fehlt an einem pflichtwidrigen Verhalten des Klägers.

30

aa) Der Kläger hat nicht dadurch gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, dass er eine der doppelten Gehaltszahlungen für die Zeit von September bis Dezember 2008 nicht zurückwies. Er hatte nicht offensichtlich auf eine der beiden Leistungen keinen Anspruch. Zugunsten der Beklagten kann dabei unterstellt werden, dass diese aufgrund ihrer Stellung als Mitgesellschafterin auch durch Zahlungsverpflichtungen der B GmbH nicht unerheblich belastet wurde.

31

(1) Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand während des fraglichen Zeitraums fort. Der Kläger hat auch tatsächlich bis Ende Dezember 2008 für die Beklagte Aufgaben im Zusammenhang mit den sog. Finanzhilfeverfahren erledigt. Seinem entsprechenden Vorbringen ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung diesen Sachverhalt zugrunde gelegt. Verfahrensrügen hat die Beklagte insoweit nicht erhoben. Daneben hatte der Kläger ab September 2008 die Tätigkeit als Geschäftsführer der B GmbH aufgenommen.

32

(2) Dass ihm offensichtlich eines der gezahlten Gehälter nicht zugestanden hätte, ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch objektiv ersichtlich. Die Beklagte hat nicht dargelegt, inwiefern der Kläger seinen Verpflichtungen ihr oder der B GmbH gegenüber zumindest teilweise nicht nachgekommen sei. Sie hat allein geltend gemacht, er habe seine Arbeitskraft zur gleichen Zeit nicht zweimal in vollem Umfang zur Verfügung stellen können. Daraus folgt nicht, dass er auf eines der Gehälter offensichtlich keinen Anspruch gehabt hätte.

33

(a) Die Vereinbarungen des Klägers mit der Beklagten und der B GmbH ließen das Entstehen eines solchen Doppelanspruchs zu. Der Kläger sollte ab dem 1. September 2008 als Geschäftsführer für die B GmbH tätig sein, obwohl ein Ruhen seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten erst mit Wirkung ab Januar 2009 vorgesehen war. § 1 Ziffer 6 Abs. 2 des Geschäftsführer-Dienstvertrags gestattete ihm ausdrücklich, die Tätigkeit für die Beklagte noch bis Ende Dezember 2008 weiter auszuüben.

34

(b) Auch wenn der Kläger nach dem Arbeitsvertrag der Parteien der Beklagten seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hatte, erlaubten die zuletzt getroffenen Vereinbarungen die Annahme, es bestehe Einigkeit, dass die Aufgaben, die er noch bis Ende des Jahres 2008 für sie zu erledigen hätte, es rechtfertigten, ihm den vollen Vergütungsanspruch zu belassen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wusste die Beklagte, dass der Kläger ab September 2008 seine Tätigkeit als Geschäftsführer der B GmbH aufnehmen würde. Dennoch hat sie sich mit ihm darauf verständigt, das Ruhen des Arbeitsverhältnisses erst ab Januar 2009 eintreten zu lassen und bis dahin von einer Kürzung seines Gehalts abzusehen. Der Umstand, dass sowohl die Beklagte als auch die B GmbH nach § 69 SGB IV an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden sind, lässt nicht erkennen, dass der Kläger insoweit Pflichten verletzt haben könnte. Bei der Gestaltung seiner Verträge mit der Beklagten und der B GmbH handelte er ausschließlich für sich selbst und nicht als Vertreter seines jeweiligen Vertragspartners. Die Wahrung der Grundsätze des § 69 SGB IV oblag in diesem Zusammenhang allein den für die Beklagte bzw. die B GmbH handelnden Personen.

35

(c) Dem Kläger musste nicht bewusst sein, dass er deshalb keinen Anspruch auf die doppelten Gehaltszahlungen habe, weil er sie im kollusiven Zusammenwirken mit dem damaligen Vorstand der Beklagten zu deren Nachteil erwirkt hätte oder es sich ihm aufdrängen musste, dieser habe seine Vertretungsmacht zum Nachteil der Beklagten überschritten.

36

(aa) Für ein bewusstes gemeinsames Handeln des Klägers und des Vorstands zum Nachteil der Beklagten fehlt es an Anhaltspunkten. Dass Letzterer von den Vereinbarungen mit dem Kläger irgendeinen eigenen Vorteil hatte, hat die Beklagte nicht behauptet. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen er sonst bewusst Abreden zum Nachteil der Beklagten hätte treffen sollen.

37

(bb) Es ist weder dargelegt noch objektiv ersichtlich, dass die erfolgten Zahlungen in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den vom Kläger in den Monaten September bis Dezember 2008 für die Beklagte bzw. die B GmbH erbrachten Arbeitsleistungen gestanden hätten. Unerheblich ist, ob der Kläger, wie er behauptet hat, schon vor September 2008 überobligationsmäßige Tätigkeiten für die B GmbH erbrachte. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, waren die doppelten Gehaltszahlungen schon deshalb nicht offensichtlich unberechtigt, weil der Kläger in der fraglichen Zeit tatsächlich für beide Gesellschaften tätig war.

38

(cc) Die Ruhensvereinbarung mit der Beklagten war nicht deshalb offensichtlich einseitig zu deren Nachteil, weil sie erst ab Januar 2009 gelten sollte, obwohl der Kläger seine Geschäftsführertätigkeit für die B GmbH bereits am 1. September 2008 aufnahm. Zwar hätte der Kläger nicht zur selben Zeit für die Beklagte und die B GmbH tätig werden und dementsprechend doppeltes Gehalt beziehen können, wenn die Parteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses bereits ab September 2008 vereinbart hätten. Für den Beginn ab Januar 2009 gab es nach dem Vorbringen des Klägers jedoch sachliche Gründe. Es sei erforderlich gewesen, dass er näher erläuterte Tätigkeiten noch bis Ende 2008 für die Beklagte erledigte. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob andere (ehemalige) Geschäftsführer der B GmbH ihre Dienstverträge so geschlossen oder die Vereinbarungen mit ihren früheren Arbeitgebern so getroffen hatten, dass kein paralleler Gehaltsbezug eintreten konnte.

39

bb) Der Kläger hat seine Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Belange der Beklagten aus § 241 Abs. 2 BGB nicht dadurch verletzt, dass er im kollusiven Zusammenwirken mit dem Vorstand oder weil er hätte erkennen müssen, dass dieser seine Vertretungsmacht missbrauche, für die Zeit nach einer Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit Vereinbarungen getroffen hätte, die einseitig zum Nachteil der Beklagten ausfielen. Auch insoweit kann unterstellt werden, dass die Beklagte als Gesellschafterin der B GmbH durch deren Zahlungsverpflichtungen ebenfalls belastet wurde.

40

(1) Für ein vorsätzliches gemeinsames Handeln des Klägers und des ehemaligen Vorstands der Beklagten bzw. Aufsichtsratsvorsitzenden der B GmbH fehlt es erneut an Anhaltspunkten. Auch aus den nachträglich eingetretenen Umständen lässt sich nicht auf eine mögliche Schädigungsabsicht schließen. So hat nicht etwa der Kläger selbst die Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer veranlasst. Vielmehr hat die B GmbH ihn als solchen abberufen und dadurch das Entstehen des Abfindungsanspruchs und das Wiederaufleben des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ausgelöst. Dass dem Kläger Vertragsverletzungen vorzuwerfen gewesen wären, die seine Abberufung erforderlich gemacht hätten, hat die Beklagte nicht behauptet. Ebenso wenig hat sie vorgetragen oder ist objektiv ersichtlich, dass Herr S auf die im März 2010 beschlossene Abberufung des Klägers Einfluss gehabt hätte. Vorsitzender des Aufsichtsrats der B GmbH war er nur bis Anfang Oktober 2009.

41

(2) Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer der Kläger notwendig davon hätte ausgehen müssen, dass Herr S ihm unter Überschreitung seiner Vertretungsmacht einseitig Vorteile zu ihren Lasten gewähre.

42

(a) Im Ausgangspunkt durfte der Kläger annehmen, die getroffenen Vereinbarungen seien nicht nur für ihn günstig, sondern lägen auch im Interesse der Beklagten und der B GmbH, da diese ihnen anderenfalls nicht hätten zuzustimmen brauchen.

43

(b) Dass Herr S seine Vertretungsmacht missbraucht haben musste, ergab sich weder aus dem Inhalt der Ruhensvereinbarung als solcher noch aus einer Zusammenschau mit der Abfindungsregelung im Geschäftsführer-Dienstvertrag.

44

(aa) Die Abreden der Parteien über das Ruhen des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses während der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der B GmbH und über ein Wiederaufleben des Vertrags nach deren Ende waren nicht unüblich. Sie trugen dem Interesse des Klägers Rechnung, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach einer Beendigung der Geschäftsführertätigkeit wieder aufnehmen zu können. Der Geschäftsführer-Dienstvertrag war - unabhängig von der Möglichkeit einer noch früheren Beendigung - auf fünf Jahre befristet. Der Kläger war zudem von Seiten der B GmbH nur bei einer vorzeitigen Abberufung als Geschäftsführer durch den Abfindungsanspruch abgesichert, nicht aber, falls sein Vertrag aus anderen Gründen enden würde. Die Vereinbarung über das Ruhen des Arbeitsverhältnisses lief auch nicht offenkundig den Interessen der Beklagten zuwider. Dass Herr S ihr zustimmte, ließ den Schluss zu, es liege auch in ihrem Interesse, den Kläger als Geschäftsführer für die B GmbH zu gewinnen. Umgekehrt war klargestellt, dass sie den Kläger ab Beginn des Jahres 2009 bis zur Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit nicht würde beschäftigen oder vergüten müssen.

45

(bb) Die Abfindung war ausschließlich für den Fall geschuldet, dass die B GmbH den Kläger vorzeitig als Geschäftsführer abberiefe. Da vereinbart war, dass der zugrunde liegende Vertrag mit dem Wirksamwerden der Abberufung automatisch enden würde, diente sie der Kompensation für dem Kläger dadurch entgehende Bezüge. Sie entsprach damit ebenfalls einem wirtschaftlich angemessenen Interessenausgleich. Zwar war für den Fall, dass der Kläger aus anderweitiger Tätigkeit - etwa aus der Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten - Einkünfte erzielte, keine Anrechnungsklausel vorgesehen. Auch darin lag aber kein offensichtlicher Missbrauch der Vertretungsmacht durch Herrn S. Das Fehlen einer Anrechnungsklausel konnte - wie auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat - ebenso gut darauf beruhen, dass bei Vertragsschluss niemand eine vorzeitige Abberufung des Klägers ernsthaft in Betracht gezogen hatte und damit verbundene Konsequenzen deshalb nicht ausreichend bedacht worden waren.

46

(c) Sonstige Umstände, aufgrund derer der Kläger hätte erkennen müssen, dass es Herrn S unter Missbrauch seiner Vertretungsmacht um eine den Interessen der Beklagten zuwiderlaufende Begünstigung seiner - des Klägers - Person ging, sind weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich. Auf die möglicherweise anderslautenden Vereinbarungen mit weiteren Geschäftsführern der B GmbH kann in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht abgestellt werden, weil die Beklagte nicht behauptet hat, dass diese dem Kläger bekannt waren.

47

3. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt und daher nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam. Der Kläger hat keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die ordentliche Kündigung nach der Ruhensvereinbarung nicht ohnehin ausgeschlossen war und ob der Betriebsrat zuvor ordnungsgemäß beteiligt wurde.

48

II. Der Zahlungsantrag ist zulässig und begründet. Er betrifft - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht - Verpflichtungen für die Vergangenheit und die Zukunft.

49

1. Die Revision ist allerdings auch hinsichtlich dieses Streitgegenstands eingelegt und zulässig. Die Beklagte verfolgt mit ihr das Ziel, die Klage möge insgesamt abgewiesen werden. Es fehlt nicht an der erforderlichen Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil. Die Entscheidung über den Zahlungsantrag hängt nach der Begründung des Landesarbeitsgerichts unmittelbar von derjenigen über die Kündigungsschutzklage ab. Vergütungsansprüche des Klägers für Zeiten nach Ausspruch der fristlosen Kündigung setzen voraus, dass diese das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Mit einem erfolgreichen Angriff auf die Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers fallen sie weg.

50

2. Der Zahlungsantrag ist auch insoweit zulässig, wie er im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht auf zukünftige Leistung gerichtet war.

51

a) Nach § 259 ZPO kann Klage auf künftige Leistung erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. § 259 ZPO lässt die Verurteilung auch zu solchen künftigen Leistungen zu, die von einer im Urteil anzugebenden Gegenleistung abhängig sind. Zukünftige Vergütungsansprüche von Arbeitnehmern rechnen zu den künftigen Leistungen iSv. § 259 ZPO( BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 904/07  - Rn. 42; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00  - zu I 1 der Gründe). Da künftige Vergütungsansprüche entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, die geschuldete Arbeitsleistung ausbleibt oder Vergütung nicht mehr fortzuzahlen ist (zB bei längerer Krankheit oder unbezahltem Urlaub), sind die für den Vergütungsanspruch maßgeblichen Bedingungen in den Antrag aufzunehmen. Unerwartetes kann unberücksichtigt bleiben ( BAG 9. April 2008 - 4 AZR 104/07  - Rn. 28; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00  - aaO).

52

b) Diesem Erfordernis, die maßgeblichen Bedingungen der künftigen Vergütungsansprüche in den Antrag aufzunehmen, ist der Kläger im Berufungsverfahren nachgekommen. Das Landesarbeitsgericht hat dem im Tenor seines Urteils Rechnung getragen.

53

c) Soweit das Landesarbeitsgericht die Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung durch die Beklagte als berechtigt angesehen hat, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hatte die Zahlung weiterer Vergütung - wegen des ihrer Ansicht nach spätestens durch die fristlose Kündigung beendeten Arbeitsverhältnisses - grundsätzlich abgelehnt und Zahlungen lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erbracht.

54

3. Der Kläger hat für die Zeit ab April 2010 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits einen Anspruch auf die vertragliche Vergütung aus § 615 Satz 1, § 611 Abs. 1 iVm. §§ 293 ff. BGB.

55

a) Aufgrund der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 12. März 2010 bestand das Arbeitsverhältnis der Parteien im Anspruchszeitraum fort. Zu welchem Zeitpunkt die ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis hätte auflösen können, kann dahinstehen, da auch sie unwirksam ist.

56

b) Ab dem Wiederaufleben der gegenseitigen Hauptleistungspflichten am 17. März 2010 - und somit allemal ab dem 1. April 2010 - befand sich die Beklagte iSd. §§ 293 ff. BGB mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers in Verzug. Da in einer fristlosen Kündigung zugleich die Erklärung des Arbeitgebers liegt, die Leistung des Arbeitnehmers nicht mehr annehmen zu wollen, bedurfte es keines Angebots des Klägers, um den Annahmeverzug zu begründen, §§ 295, 296 Satz 1 BGB(vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11  - Rn. 12, BAGE 141, 340; 24. September 2003 - 5 AZR 500/02  - zu I der Gründe mwN, BAGE 108, 27).

57

c) Der Anspruch des Klägers ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Vereinbarung der Parteien über das Wiederaufleben ihres Arbeitsverhältnisses iSv. § 138 BGB sittenwidrig wäre, wie die Beklagte geltend gemacht hat.

58

aa) Die Vereinbarung über das Wiederaufleben eines Arbeitsverhältnisses kann für sich genommen nicht sittenwidrig sein. Durch sie wird lediglich das Ruhen der Hauptleistungspflichten beendet und damit der übliche, auf Austausch von Arbeit und Vergütung gerichtete Rechtszustand wieder hergestellt. Die vorausgehende Vereinbarung, das Arbeitsverhältnis ruhen zu lassen, solange der Arbeitnehmer für einen anderen Arbeit-/Dienstgeber tätig ist, widerspricht ebenso wenig den guten Sitten. Wäre stattdessen die gesamte Ruhensvereinbarung nichtig, hätte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien im Übrigen erst recht fortbestanden.

59

bb) Die Vereinbarung der Parteien, ihr Arbeitsverhältnis wieder aufleben zu lassen, war auch nicht deshalb sittenwidrig, weil zugunsten des Klägers im Dienstvertrag mit der B GmbH der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung vorgesehen war. Die beiden Abreden sind je für sich zu betrachten. Das folgt schon daraus, dass sie von verschiedenen Vertragspartnern geschlossen wurden. Zudem hat die Beklagte nicht behauptet, dass die Ruhensvereinbarung mit ihr erst getroffen worden sei, nachdem bereits festgestanden habe, welchen Inhalt der Geschäftsführer-Dienstvertrag mit der B GmbH haben würde. Nach dem Schriftwechsel zwischen dem Kläger und Herrn S vom Dezember 2008 ist nicht ausgeschlossen, dass sie, wie vom Kläger vorgetragen, bereits in einem Gespräch im Juli 2008 geschlossen wurde. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, der Inhalt der Regelungen des Dienstvertrags mit der B GmbH vom 25. August 2008 habe schon zu diesem Zeitpunkt festgestanden. Es könnten deshalb allenfalls Zweifel an der Angemessenheit der dortigen Abfindungsregelung bestehen, weil diese keine Anrechnungsklausel enthielt. Dem braucht nicht weiter nachgegangen zu werden. Dem Vergütungsanspruch des Klägers aus dem wieder aufgelebten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten steht deren Anspruch auf die vereinbarte Arbeitsleistung gegenüber. Ein offensichtliches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung liegt schon aus diesem Grund nicht vor.

60

d) Der Anspruch des Klägers für die Zeit von April 2010 bis August 2012 ist nicht gemäß § 362 BGB durch Erfüllung erloschen.

61

aa) Die Erfüllung eines Zahlungsanspruchs nach dessen Titulierung setzt voraus, dass der betreffende Betrag nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil gezahlt wird. Der Klageanspruch muss dazu vielmehr aus freien Stücken und ohne Vorbehalt - endgültig - erfüllt werden (vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 320/11  - Rn. 12; BGH 24. Mai 1957 - VIII ZR 274/56 -; Musielak/Ball ZPO 10. Aufl. Vor § 511 Rn. 25). Ob das eine oder das andere anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls ( BAG 21. März 2012 - 5 AZR 320/11  - aaO; BGH 16. November 1993 -  X ZR 7/92  - zu A der Gründe; 25. Mai 1976 - III ZB 4/76  - zu 3 b der Gründe).

62

bb) Danach hat die Beklagte den Klageanspruch nicht, auch nicht teilweise iSv. § 362 BGB erfüllt. Soweit sie das Grundgehalt des Klägers iHv. 11.432,94 Euro brutto monatlich bis einschließlich August 2012 gezahlt hat, geschah dies nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungsurteil“. Zwar kann aus einem Beschäftigungstitel kein Zahlungsanspruch vollstreckt werden. Das Arbeitsgericht hatte die Beklagte jedoch außerdem zur Zahlung von Vergütung verurteilt. Die Beklagte hatte deshalb ersichtlich auch zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung aus diesem Titel gezahlt. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Verurteilung zu Recht auch insoweit aufrechterhalten. Sie schafft den Rechtsgrund dafür, dass der Kläger den mit der Klage geltend gemachten Betrag weiterhin behalten darf.

63

4. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

64

III. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.

65

IV. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen    

                 

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 20. August 2014 - 9 Sa 40/14 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 1. April 2014 - 11 Ca 1/14 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten zum 28. Februar 2014 endete oder bereits zum 30. November 2013 durch eine Erklärung der Klägerin aufgelöst wurde.

2

Die Beklagte betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Die Klägerin war dort seit dem 13. Mai 1997 beschäftigt. Mit Schreiben vom 26. August 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2014. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einer Kündigungsschutzklage. In diesem Verfahren schlossen die Parteien am 2. Oktober 2013 einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung mit Ablauf des 28. Februar 2014 enden sollte. Mit Wirkung ab dem 1. November 2013 wurde die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Gehalts freigestellt. § 4 des Vergleichs lautet wie folgt:

        

„Die Beklagte räumt der Klägerin das Recht zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ein. Die Klägerin wird ihr vorzeitiges Ausscheiden mit einer Ankündigungsfrist von drei Tagen, schriftlich, gegenüber der Beklagten anzeigen. Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis verpflichtet sich die Beklagte, für jeden Kalendertag vorzeitigen Ausscheidens eine Sozialabfindung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 70,00 Euro brutto je Kalendertag an die Klägerin zu bezahlen.“

3

Mit Schreiben vom 26. November 2013 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit, dass die Klägerin zum 1. Dezember 2013 eine andere Arbeitsstelle gefunden habe. Gemäß § 4 des gerichtlichen Vergleichs zeige er daher das Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis zum 30. November 2013 an. Das Schreiben wurde per Telefax übermittelt. Ein Original wurde nicht übersandt.

4

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Hiergegen hat sich die Klägerin wiederum mit einer Kündigungsschutzklage gewandt. Zudem hat sie begehrt festzustellen, dass sie durch die mit Telefaxschreiben vom 26. November 2013 erfolgte Ankündigung bereits zum 30. November 2013 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

5

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. Dezember 2013 unwirksam ist. Hinsichtlich des weiteren Feststellungsantrags hat es die Klage abgewiesen. Bei dem Schreiben vom 26. November 2013 handle es sich um eine Kündigung der Klägerin, welche das Schriftformerfordernis des § 623 BGB missachtet habe. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil keine Berufung eingelegt. Die Klägerin hat hingegen mit ihrer Berufung die Abänderung der Entscheidung verlangt, soweit die Klage hinsichtlich des weiteren Feststellungsantrags abgewiesen wurde.

6

Nach ihrer Auffassung wurde die gemäß § 127 Abs. 2 BGB vergleichsweise vereinbarte Schriftform durch die Übermittlung des Schreibens vom 26. November 2013 per Telefax gewahrt. § 623 BGB komme nicht zur Anwendung. Bei der Anzeige des vorzeitigen Ausscheidens handle es sich entsprechend dem Wortlaut des Vergleichs nicht um eine Willenserklärung, sondern um die Ausübung eines Optionsrechts, welches in einem Grundgeschäft, das heißt hier in dem gerichtlichen Vergleich, vereinbart worden sei. In diesem Grundgeschäft sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits formwirksam geregelt worden. Mit der Anzeige sei lediglich die Abwicklung der Restlaufzeit des Vertragsverhältnisses modifiziert worden. Statt Lohn schulde die Beklagte nunmehr die Zahlung einer Abfindung. Es sei kein Arbeitsverhältnis beendet worden, sondern nur noch ein „Freistellungsverhältnis“, denn die Erbringung von Arbeitsleistung sei nicht mehr vorgesehen gewesen.

7

Selbst bei angenommener Geltung des § 623 BGB wäre die Schriftform durch die erfolgte Zustellung der Anzeige von Anwalt zu Anwalt gewahrt worden. Die Beklagte verhalte sich zudem treuwidrig, wenn sie sich trotz des Erhalts der Anzeige per Telefax auf die Formvorschrift des § 623 BGB berufe.

8

Die Klägerin hat daher vor dem Landesarbeitsgericht beantragt, unter teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung

        

festzustellen, dass die Klägerin durch die mit Telefaxschreiben vom 26. November 2013 erfolgte Ankündigung vorzeitig zum 30. November 2013 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Antrag sei bereits unzulässig, da die Klägerin ihre allenfalls noch bestehenden Zahlungsansprüche im Wege einer Leistungsklage geltend machen könne. Die Klage sei zudem unbegründet. Das Telefaxschreiben vom 26. November 2013 genüge nicht dem nach § 623 BGB zu wahrenden Schriftformerfordernis. Die sog. Anzeige des vorzeitigen Ausscheidens sei eine Kündigung, da durch diese Willenserklärung das Arbeitsverhältnis beendet werden sollte.

10

Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Zurückweisung der Berufung weiter. Die Revision wurde unter Verwendung des Briefkopfes der Sozietät D & Partner eingelegt und begründet. Bei dieser handelt es sich um eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten. Die Schriftsätze wurden von Frau Rechtsanwältin A unterzeichnet, welche damals nicht auf dem Briefkopf als in der Kanzlei beschäftigte Rechtsanwältin angeführt war. Die Klägerin sieht die Revision deshalb als unzulässig an. Es werde nicht deutlich, ob diese Rechtsanwältin die Beklagte persönlich vertrete oder bevollmächtigt sei. Ein Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis („i.V.“) liege nicht vor.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Das Arbeitsverhältnis wurde nicht durch die sog. Ankündigung in dem Telefaxschreiben vom 26. November 2013 zum 30. November 2013 beendet. Bei dem Schreiben handelt es sich um eine Kündigung, welche gemäß § 623 BGB der Schriftform des § 126 BGB bedarf. Diese wurde durch die Übermittlung per Telefax nicht gewahrt. Die Kündigung ist daher gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig.

12

A. Die Revision ist zulässig. Die Schriftsätze, mit denen sie eingelegt und begründet wurde, sind von einer postulationsfähigen Rechtsanwältin unterzeichnet (§ 11 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 ArbGG). Diese handelte offensichtlich gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 PartGG als Vertreterin der nach § 7 Abs. 4 Satz 1 PartGG prozessbevollmächtigten Partnerschaftsgesellschaft.

13

I. Ein Mangel der Vollmacht der Partnerschaftsgesellschaft D & Partner ist nicht erkennbar. Die Klägerin hat nicht gemäß § 88 Abs. 1 ZPO gerügt, die Kanzlei D & Partner sei nicht prozessbevollmächtigt. In der Revisionserwiderung geht sie vielmehr davon aus, dass die Beklagte von dieser Kanzlei vertreten wird. Die Klägerin rügt lediglich, es sei nicht erkennbar, ob die unterzeichnende Rechtsanwältin dieser Kanzlei angehört und die Verantwortung für den Inhalt der Schriftsätze übernommen habe.

14

II. Solche Bedenken sind nicht berechtigt.

15

1. Das Gesamtbild der eingereichten Schriftsätze lässt auch ohne die Verwendung des Zusatzes „i.V.“ zweifelsfrei erkennen, dass die unterzeichnende Rechtsanwältin als Vertreterin der Sozietät gehandelt hat. Dies ergibt sich aus der Angabe des Aktenzeichens der Kanzlei, der Ausweisung der Rechtsanwältin als Sachbearbeiterin und der Verwendung des Plurals bei den Erklärungen (vgl. BGH 28. Juli 2005 - III ZB 56/05 - zu II 2 b aa der Gründe).

16

2. Es ist davon auszugehen, dass die unterzeichnende Rechtsanwältin mit ihrer Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für die Schriftsätze übernehmen will. Dies entspricht auch bei der Vertretung einer Partnerschaftsgesellschaft dem Regelfall (vgl. zu einer Berufungsschrift BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 25).

17

3. Aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung ergibt sich nichts anderes. Die benannten Entscheidungen beziehen sich auf andere Sachverhalte.

18

a) Das Oberlandesgericht Köln hatte mit seiner Entscheidung vom 10. Mai 2011 (- 19 U 116/10 -) einen Fall zu beurteilen, in dem der unterzeichnende Rechtsanwalt erkennbar nicht der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten angehörte und unklar blieb, ob er den Inhalt der Berufungsschrift verantworten will oder bloßer Erklärungsbote ist. Diese Unklarheiten bestehen vorliegend nicht.

19

b) Gleiches gilt hinsichtlich des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 2014 (- III-3 RVs 72/14 -). Die fehlende Klarheit der Verantwortung ergab sich dort aus der Formulierung „für RA S, nach Diktat verreist“.

20

c) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. August 2014 (- 2 StR 573/13 - BGHSt 59, 284) hatte eine Unterzeichnung mit dem Zusatz „für Rechtsanwältin …“ zu beurteilen. Diese Problematik liegt hier nicht vor. Zudem kann dieser Zusatz nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dahin verstanden werden, dass der Unterzeichnende lediglich seine Untervollmacht zum Ausdruck bringen wollte (Rn. 19).

21

B. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert. Die Berufung der Klägerin ist zurückzuweisen.

22

I. Die Klage ist zulässig.

23

1. Der auf die Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2013 gerichtete Antrag ist alleiniger Gegenstand sowohl des Berufungs- als auch des Revisionsverfahrens. Über die gegen die Kündigung der Beklagten vom 30. Dezember 2013 gerichtete Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht rechtskräftig entschieden, da die insoweit unterlegene Beklagte keine Berufung eingelegt hat. Die Berufung der Klägerin hat gemäß § 528 ZPO allein den auf die Feststellung der Beendigung zum 30. November 2013 gerichteten Antrag zum Gegenstand, da die Klägerin nur durch dessen Abweisung beschwert wurde und insoweit eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt hat.

24

2. Der Zulässigkeit des noch anhängigen Feststellungsantrags steht die Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Mit der Stattgabe der Kündigungsschutzklage wurde nicht zugleich entschieden, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der außerordentlichen Kündigung vom 30. Dezember 2013 noch bestanden hat (zum sog. erweiterten punktuellen Streitgegenstandsbegriff der Kündigungsschutzklage vgl.: BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 163/14 - Rn. 22; 20. März 2014 - 2 AZR 1071/12 - Rn. 17, BAGE 147, 358). Spätestens durch die Einlegung der nur auf den weiteren Feststellungsantrag bezogenen Berufung hat die Klägerin den Gegenstand der Kündigungsschutzklage punktuell auf die Wirksamkeit der angegriffenen außerordentlichen Kündigung begrenzt (zur sog. „Ausklammerung“ vgl.: BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 14; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 20; 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 16, BAGE 130, 166). Die Frage der vorherigen Beendigung zum 30. November 2013 ist Gegenstand des weiteren Feststellungsantrags.

25

3. Der Vorrang der Leistungsklage steht dem Feststellungsinteresse dieses noch anhängigen Antrags nicht entgegen. Zwar strebt die Klägerin infolge der von ihr angenommenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2013 aufgrund der vergleichsweise getroffenen Vereinbarung die Zahlung einer Abfindung für das vorzeitige Ausscheiden an. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine mögliche Folge der Beendigung. Die Frage des Bestands des Arbeitsverhältnisses betrifft auch die Anwendbarkeit weiterer arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Regelungen. Zudem kann der Streit der Parteien auch bezogen auf den etwaigen Abfindungsanspruch durch die begehrte Feststellung beseitigt werden. Hinsichtlich sonstiger Voraussetzungen und der Höhe des möglichen Anspruchs besteht zwischen den Parteien keine Differenz. Eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung über die Abfindung ist nicht zu erwarten. Dies ist ausreichend für die Bejahung des Feststellungsinteresses (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 687/14 - Rn. 16; 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15).

26

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte das Schreiben vom 26. November 2013 das Arbeitsverhältnis nicht beenden. Es fehlt an der nach § 623 BGB erforderlichen Wahrung der Schriftform des § 126 BGB.

27

1. Gemäß § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken (BAG 6. September 2012 - 2 AZR 858/11 - Rn. 16, BAGE 143, 84; 24. Januar 2008 - 6 AZR 519/07 - Rn. 11, BAGE 125, 325). Die Schriftform wird nach § 126 Abs. 1 BGB dadurch erfüllt, dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Durch die Unterzeichnung wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Sie stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller her (Identitätsfunktion). Außerdem wird durch die Verbindung zwischen Unterschrift und Erklärungstext gewährleistet, dass die Erklärung inhaltlich vom Unterzeichner herrührt (Echtheitsfunktion). Schließlich erhält der Empfänger der Erklärung die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist (Verifikationsfunktion). Die Schriftform des § 623 iVm. § 126 BGB schützt damit vor allem den Kündigungsempfänger(BAG 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 72, BAGE 119, 311). Darüber hinaus entfaltet das Schriftformerfordernis für den Erklärenden eine Warnfunktion (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 251).

28

2. § 623 BGB erfasst jedes Arbeitsverhältnis(BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 638/04 - Rn. 24, BAGE 117, 20). Der Gesetzgeber hat das Schriftformerfordernis als konstitutiv angesehen (BT-Drs. 14/626 S. 11). Es handelt sich deshalb um zwingendes Recht, welches weder durch vertragliche noch tarifvertragliche Regelungen abbedungen werden kann (HWK/Bittner 6. Aufl. § 623 BGB Rn. 39; AR/Fischermeier 7. Aufl. § 623 BGB Rn. 1; APS/Greiner 4. Aufl. § 623 BGB Rn. 11; MüKoBGB/Henssler 6. Aufl. § 623 Rn. 26; ErfK/Müller-Glöge 16. Aufl. § 623 BGB Rn. 10a; KR/Spilger 10. Aufl. § 623 BGB Rn. 30).

29

3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unterfällt hier die Anzeige des vorzeitigen Ausscheidens nach § 4 des Vergleichs dem Formzwang des § 623 BGB. Die sog. Anzeige ist eine einseitige Willenserklärung, welche auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin gerichtet ist. Mit Abgabe dieser Willenserklärung wird eine Kündigung erklärt und keine „Modifikation“ oder „Umgestaltung“ der vertraglichen Vereinbarungen vorgenommen.

30

a) § 623 BGB betrifft Kündigungen und Auflösungsverträge.

31

aa) Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Kündigenden sofort oder nach Ablauf der Kündigungsfrist unmittelbar beendet werden soll (BAG 28. Juni 2005 - 1 ABR 25/04 - Rn. 18, BAGE 115, 165; Stahlhacke/Preis 11. Aufl. Rn. 1). Voraussetzung für eine Kündigung ist nicht, dass der Begriff der Kündigung selbst gebraucht wird. Entscheidend ist, dass der Kündigende eindeutig seinen Willen kundgibt, das Arbeitsverhältnis einseitig lösen zu wollen (BAG 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 28, BAGE 119, 311).

32

bb) Ein Auflösungs- oder Aufhebungsvertrag ist dagegen eine Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Arbeitsverhältnis. Von dem Aufhebungsvertrag zu unterscheiden ist der Abwicklungsvertrag, welcher nicht der Schriftform nach § 623 BGB bedarf. Mit einem Abwicklungsvertrag vereinbaren die Parteien nach Erklärung einer Kündigung die Bedingungen, zu denen der Arbeitnehmer ausscheidet. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird nicht durch den Abwicklungsvertrag, sondern durch die Kündigung bewirkt (vgl. BAG 25. April 2007 - 6 AZR 622/06 - Rn. 21, BAGE 122, 197; vgl. aber zur Klageverzichtsvereinbarung BAG 19. April 2007 - 2 AZR 208/06 - Rn. 25 f., BAGE 122, 111). Vereinbaren die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits, dass das Arbeitsverhältnis durch die angegriffene arbeitgeberseitige Kündigung endet, genügt die einem solchen Abwicklungsvertrag zugrunde liegende formgerecht erklärte Kündigung dem Schriftformerfordernis (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 19, BAGE 120, 251).

33

b) Der hier vorliegende gerichtliche Vergleich ist bezogen auf die Beendigung zum 28. Februar 2014 ein Abwicklungsvertrag. Zur vorherigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses bedurfte es einer Kündigungserklärung. Auf diese findet § 623 BGB zwingend Anwendung, selbst wenn die Parteien gemäß § 127 Abs. 2 BGB für die sog. Anzeige des vorzeitigen Ausscheidens der Klägerin die schriftliche Form rechtsgeschäftlich bestimmen wollten.

34

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sollte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28. Februar 2014 durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26. August 2013 und nicht aufgrund einer vertraglichen Regelung erfolgen. Die Parteien vereinbarten bezogen auf die Restlaufzeit Abwicklungsmodalitäten (zB Freistellung). Dies ändert entgegen der Auffassung der Klägerin aber nichts daran, dass es sich weiterhin bis zur Beendigung um ein Arbeitsverhältnis handelte.

35

bb) Die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung ist in § 4 des Vergleichs vorgesehen. Die Parteien trafen insoweit aber keine vollständige und abschließende Regelung im Sinne eines Aufhebungsvertrags, da sie keine Vereinbarung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin vornahmen, sondern der Klägerin das Recht einräumten, mit einer Ankündigungsfrist von drei Tagen „vorzeitig auszuscheiden“. Dies stellt ein § 12 Satz 1 KSchG vergleichbares Sonderkündigungsrecht dar. Ein solches kann in einem Abwicklungsvertrag eingeräumt werden. Seine Ausübung unterfällt aber dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB.

36

(1) Der Vereinbarung eines Rechts des Arbeitnehmers zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einem Abwicklungsvertrag mit einer Ankündigungsfrist von drei Tagen gegen Zahlung einer Abfindung steht § 622 Abs. 1 iVm. Abs. 5 BGB nicht zwingend entgegen.

37

(a) Die gesetzliche Grundkündigungsfrist von vier Wochen gemäß § 622 Abs. 1 BGB stellt eine grundsätzlich nicht individualvertraglich abdingbare Mindestkündigungsfrist dar(Staudinger/Preis [2012] § 622 Rn. 28). Diese Frist kann auch nicht zu Lasten des Arbeitgebers bzw. zum Vorteil des Arbeitnehmers einzelvertraglich verkürzt werden (Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 9. Aufl. § 622 BGB Rn. 45; KR/Spilger 10. Aufl. § 622 BGB Rn. 144). Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind Ausnahmen nur während einer vereinbarten Probezeit (§ 622 Abs. 3 BGB) sowie nach § 622 Abs. 5 Satz 1 BGB zulässig. Ansonsten können einzelvertraglich nur längere Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 5 Satz 3 BGB vereinbart werden(vgl. BT-Drs. 12/4902 S. 8, 9).

38

(b) Bei einer Regelung der vorzeitigen Beendigung gegen Abfindungszahlung in einem Abwicklungsvertrag ist die Beschränkung des § 622 Abs. 5 Satz 1 BGB auf die dort genannten Ausnahmen jedoch teleologisch zu reduzieren(vgl. hierzu BAG 21. Mai 2015 - 6 AZR 254/14 - Rn. 29 mwN). Die Einhaltung der Grundkündigungsfrist dient dem Schutz beider Vertragsparteien (vgl. Kramer BB 1997, 731, 732). Bei der hier vorliegenden Regelung eines Abwicklungsvertrags bedürfen jedoch beide Parteien dieses Schutzes nicht. Der Arbeitnehmer hat in dieser Situation, typischerweise wegen einer neuen Beschäftigungsmöglichkeit, kein Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum vorgesehenen Beendigungstermin und bevorzugt stattdessen eine Abfindung. Die vorzeitige Beendigung ist in seinem Sinne. Gleiches gilt für den Arbeitgeber, der eine möglichst schnelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstrebt und hierfür eine erhöhte Abfindung zu zahlen bereit ist.

39

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber in einer vergleichbaren Situation dem Arbeitnehmer ein außerordentliches Sonderkündigungsrecht ausdrücklich eingeräumt hat. Gemäß § 12 Satz 1 KSchG hat der Arbeitnehmer das Recht zur Verweigerung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Falle der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung, wenn er inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist. Das bisherige Arbeitsverhältnis erlischt dann bereits mit dem Zugang der entsprechenden Erklärung (§ 12 Satz 3 KSchG). Vor diesem Hintergrund ist die zwingende Wahrung der Grundkündigungsfrist im Rahmen einer Abwicklungsvereinbarung wie der vorliegenden mit Sinn und Zweck der Fristsetzung nicht vereinbar.

40

(2) Die Ausübung des vertraglichen Rechts zur vorzeitigen Beendigung unterfällt ebenso wie das Sonderkündigungsrecht nach § 12 Satz 1 KSchG dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB.

41

(a) Die sog. Lossagung nach § 12 Satz 1 KSchG führt als Ausübung eines Sonderkündigungsrechts zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass § 623 BGB anzuwenden ist(vgl. HWK/Bittner 6. Aufl. § 623 BGB Rn. 20; AR/Fischermeier 7. Aufl. § 623 BGB Rn. 2; MüKoBGB/Henssler 6. Aufl. § 623 Rn. 17; ErfK/Kiel 16. Aufl. § 12 KSchG Rn. 6; Linck in vHH/L 15. Aufl. § 12 Rn. 9; ErfK/Müller-Glöge § 623 BGB Rn. 3b; Stahlhacke/Preis 11. Aufl. Rn. 23; Rambach in Thüsing/Laux/Lembke KSchG 3. Aufl. § 12 Rn. 19; Spinner in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. § 12 Rn. 7; HaKo/Spengler 5. Aufl. § 623 BGB Rn. 8; aA HK-KSchG/Dorndorf 4. Aufl. § 12 Rn. 11; Bader/Bram/Suckow Stand Juli 2014 § 12 Rn. 17). Dies gilt auch angesichts des Umstands, dass die Warnfunktion für den Arbeitnehmer im Falle des § 12 Satz 1 KSchG praktisch entfällt, weil er bereits ein anderes Arbeitsverhältnis eingegangen sein muss. Es verbleiben aber die Klarstellungs- und die Beweisfunktion des § 623 BGB, die auch den Arbeitgeber schützen(APS/Greiner 4. Aufl. § 623 BGB Rn. 6).

42

(b) Gleiches gilt bzgl. der hier vorliegenden Konstellation. Die vergleichsweise vereinbarte „Anzeige“ des vorzeitigen Ausscheidens stellt nicht nur eine geschäftsähnliche Handlung oder eine Wissenserklärung dar, mit welcher der Vertragspartner über die Beendigung informiert wird. Das Arbeitsverhältnis konnte vielmehr erst durch die Gestaltungswirkung dieser Erklärung zu einem konkreten Termin beendet werden. Deshalb handelte es sich bei der Erklärung um eine Kündigung, welche zwingend § 623 BGB unterfällt, auch wenn die Parteien die Erklärung als „Anzeige“ bezeichneten. Es besteht kein Anlass, insoweit eine teleologische Reduktion des § 623 BGB in Erwägung zu ziehen. § 623 BGB beinhaltet keine Einschränkungen, so dass alle auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Formen der Kündigung erfasst werden(Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 123 Rn. 51; ErfK/Müller-Glöge 16. Aufl. § 623 BGB Rn. 3). Der Zweck des § 623 BGB umfasst folglich auch die Erklärung der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Abwicklungsvereinbarung wie der vorliegenden. Das Ziel der Rechtssicherheit und der Beweiserleichterung im Rechtsstreit ist hier ebenfalls von Bedeutung, da anderenfalls ein Konflikt bezüglich des Zeitpunkts der (vorzeitigen) Beendigung leichter entstehen könnte. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift (§ 126 Abs. 1 BGB) mit der damit verbundenen Identitäts-, Echtheits- und Verifikationsfunktion ist ebenfalls von uneingeschränkter Relevanz. Es gilt nichts anderes als bei der Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Auch bei diesem steht die Beendigung aufgrund der Befristungsabrede fest, wenn diese nicht mit einer Befristungskontrollklage fristgemäß angegriffen wurde. Kündigt eine Partei das befristete Arbeitsverhältnis vorher außerordentlich gemäß § 626 BGB oder aufgrund eines nach § 15 Abs. 3 TzBfG eingeräumten Rechts zur ordentlichen Kündigung, gilt für diese Kündigung unzweifelhaft § 623 BGB.

43

c) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach es sich bei dem Schreiben vom 26. November 2013 nicht um eine Kündigung, sondern um eine Umgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen bzw. um eine Änderung der vereinbarten Modalitäten des Ausscheidens handle, ist unzutreffend. Mit der „Anzeige“ des Ausscheidens wollte die Klägerin das ihr mit dem Vergleich eingeräumte Recht der vorzeitigen Beendigung wahrnehmen. Die Ausübung dieses Gestaltungsrechts ändert die getroffenen Vereinbarungen nicht ab, sondern beruht auf ihnen.

44

d) Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2006 (- V ZR 97/05 -) kann entgegen der Auffassung der Klägerin und des Landesarbeitsgerichts kein Rückschluss auf § 623 BGB gezogen werden. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Verfahren zu dem Erfordernis der notariellen Beurkundung nach § 313 Satz 1 BGB aF entschieden, dass bei Abschluss eines durch eine Optionsausübung aufschiebend bedingten Grundstückskaufvertrags die Erklärung, die den Bedingungseintritt bewirkt, nicht mehr beurkundet werden muss, weil der Schutz der Formvorschrift durch die Beurkundung des bedingten Kaufvertrags gewahrt sei. Sowohl die sachkundige Beratung als auch der Schutz der Beteiligten vor Übereilung sei gewährleistet, weil der Notar über die rechtliche Bedeutung und die grundsätzliche Formfreiheit der Optionsausübung zu belehren habe (BGH 12. Mai 2006 - V ZR 97/05 - Rn. 20). Die Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Ausübung eines Kündigungsrechts zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses scheitert schon daran, dass der Gesetzgeber mit § 623 BGB diesbezüglich eine Spezialvorschrift erlassen hat, deren Anwendbarkeit nicht durch die Übertragung des Verständnisses von anderen Formvorschriften unterlaufen werden darf. Zudem fehlt es an einer vergleichbaren Situation, da eine notarielle Belehrung vor der Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu erfolgen hat.

45

e) Es besteht auch die seitens des Landesarbeitsgerichts angenommene Vergleichbarkeit mit der Unterzeichnung einer Blankoabrede nicht. Zwar kann eine Blankounterschrift die Schriftform des § 126 BGB wahren, allerdings wird bei Formvorschriften mit Warnfunktion die Formbedürftigkeit der Ermächtigung zur Ausfüllung des Blanketts gefordert(vgl. MüKoBGB/Einsele 7. Aufl. § 126 Rn. 11; Palandt/Ellenberger 74. Aufl. § 126 Rn. 7). Es ist unklar, ob der Schutzzweck des § 623 BGB es gebietet, die Ermächtigung zur Ausfüllung des Blanketts dem Formzwang zu unterwerfen(vgl. BeckOK ArbR/Gotthardt Stand 1. September 2015 BGB § 623 Rn. 20; KR/Spilger 10. Aufl. § 623 BGB Rn. 101). Dies kann hier offenbleiben. Zu prüfen ist die Wahrung der Schriftform bei einer Erklärung der Klägerin. Diese hat keine Blankounterschrift geleistet. Die in dem Vergleich mit der Beklagten getroffenen Regelungen enthalten keine Ermächtigung zur Ausfüllung eines Blanketts und sind mit einer solchen auch nicht vergleichbar, da sie - wie dargestellt - der Klägerin nur das Recht einräumen, vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Die (formgerechte) Abgabe der entsprechenden Willenserklärung ist allein Sache der Klägerin.

46

4. Die mit Telefaxschreiben vom 26. November 2013 übermittelte Kündigungserklärung entspricht nicht den Anforderungen des § 623 iVm. § 126 BGB. Die Kündigung ist daher gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig.

47

a) Eine per Telefax übermittelte schriftliche Erklärung genügt § 126 Abs. 1 BGB nicht, da die vom Empfangsgerät hergestellte Telekopie lediglich die Ablichtung der Originalunterschrift wiedergibt(BAG 11. Juni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b der Gründe, BAGE 101, 298; 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - Rn. 14; BGH 14. März 2006 - VI ZR 335/04 - Rn. 13).

48

b) Im Prozessrecht ist allerdings auf der Grundlage besonderer gesetzlicher Regelungen die Übermittlung per Telefax ausreichend (vgl. zB § 130 Nr. 6, § 174 Abs. 2 Satz 1, § 174 Abs. 4 Satz 2 ZPO). Für die zivilrechtlichen Anforderungen des § 126 BGB ist dies aber unbeachtlich(in diesem Sinne auch KR/Spilger 10. Aufl. § 623 BGB Rn. 121: „nachgelassen nur im Prozessrecht“). Die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts sind von denen des Prozessrechts strikt zu unterscheiden. So können Formvorschriften des bürgerlichen Rechts wegen der Eigenständigkeit des Prozessrechts weder unmittelbar noch entsprechend auf Prozesshandlungen angewendet werden (GmS-OGB 30. April 1979 - GmS-OGB 1/78 - zu V 1 der Gründe, BGHZ 75, 340). Umgekehrt ist es für § 126 BGB ohne Belang, dass von Anwalt zu Anwalt gemäß § 195 Abs. 1 Satz 5 iVm. § 174 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Telekopie zugestellt werden kann. Hierfür spricht auch der konkrete Gesetzeszweck. § 195 ZPO dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens(Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 36. Aufl. § 195 Rn. 1). Demgegenüber ist die dargestellte Zielsetzung von § 623 iVm. § 126 BGB wesentlich weiter gefasst. Die sog. Warnfunktion des Schriftformerfordernisses soll gerade eine gewisse Hürde für die Willenserklärung schaffen und nicht deren vereinfachte und beschleunigte Abgabe ermöglichen.

49

c) Die von der Klägerin im Revisionsverfahren herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Oktober 2000 - 5 AZR 313/99 - (BAGE 96, 28) ist nicht einschlägig. Dort wurde bezogen auf die Geltendmachung einer Forderung zur Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist angeführt, dass diese keine Willenserklärung, sondern eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung darstelle und § 126 BGB deshalb keine unmittelbare Anwendung finde. Eine analoge Anwendung wurde mangels Vergleichbarkeit des Normzwecks und der Interessenlage abgelehnt. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass eine Erklärungsübermittlung per Telefax im Geschäftsleben üblich sei (vgl. zu II 2 c der Gründe). Daraus lässt sich kein Rückschluss auf die Voraussetzungen des § 126 BGB bei Willenserklärungen ziehen. Deren Wirksamkeit hängt von der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben und nicht von der Üblichkeit des Geschäftslebens ab.

50

5. Der Beklagten ist die Berufung auf den Formmangel nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.

51

a) Ein Berufen auf einen Formmangel kann nur ausnahmsweise das Gebot von Treu und Glauben verletzen. Die Formvorschrift des § 623 BGB darf im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck nicht ausgehöhlt werden. Ein Formmangel kann deshalb nach § 242 BGB nur ganz ausnahmsweise als unbeachtlich qualifiziert werden. Das Ergebnis muss für einen Vertragsteil schlechthin untragbar sein (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 38 f.). Hierfür reicht die Erfüllung der Voraussetzungen der Verwirkung nicht aus. Es müssen vielmehr Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Berechtigten in hohem Maße als widersprüchlich erscheinen lassen (BAG 15. März 2011 - 10 AZB 32/10 - Rn. 18 mwN).

52

b) Dies ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hat schon durch die Erklärung der außerordentlichen Kündigung vom 30. Dezember 2013 zeitnah deutlich gemacht, dass sie das Arbeitsverhältnis nicht zum 30. November 2013 als beendet ansieht. Ein widersprüchliches Verhalten ist nicht erkennbar.

53

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lorenz     

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 5. Juli 2010 - 7 Ta 24/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 32.318,23 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von ordentlichen Kündigungen und vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

2

Der Kläger war seit dem 1. Juli 1996 als kaufmännischer Angestellter bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B GmbH, beschäftigt. Die Arbeitsbedingungen waren im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15. Februar 2001 niedergelegt, der ua. Regelungen über einen besonderen Bestandsschutz nach Vollendung des 50. Lebensjahres und die Rechtsfolgen einer vorzeitigen Pensionierung bei Bereichsleitern beinhaltete. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Vereinbarung vom 1. November 2006 auf die Beklagte übertragen. Der Kläger erhielt als „Head of Corporate Controlling“ eine Festvergütung in Höhe von 204.515,00 Euro brutto jährlich zuzüglich einer Sonderzahlung und einer variablen Vergütung im Rahmen der Vorgaben der Muttergesellschaft B.

3

Mit Wirkung zum 1. Februar 2008 wurde der Kläger in die Geschäftsführung der Beklagten berufen. Eine schriftliche Vereinbarung wurde nicht geschlossen.

4

Am 27. Mai 2009 berief der Aufsichtsrat der Beklagten den Kläger als Geschäftsführer der Beklagten mit Wirkung zum 15. Juni 2009 (24:00 Uhr) aus wichtigem Grund ab. Die Abberufung wurde am 9. Juli 2009 in das Handelsregister eingetragen.

5

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 3. Juni 2009 das „Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis“ zum 30. Juni 2011. Der Kläger hat diese Kündigung gemäß § 174 BGB zurückgewiesen.

6

Mit Schreiben vom 5. Juni 2009 und mit weiterem Schreiben vom 16. Juni 2009 kündigte die Beklagte vorsorglich „alle etwaig bestehenden Arbeits- oder sonstigen Dienstverhältnisse“ zum nächstzulässigen Zeitpunkt.

7

Gegen diese Kündigungen richtet sich die am 24. Juni 2009 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage des Klägers. Er hat ua. den Feststellungsantrag angekündigt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigungen beendet worden ist. Er meint, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei gegeben, da er sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wende. Sein ursprünglich bestehendes Arbeitsverhältnis sei mit seiner Berufung in die Geschäftsführung der Beklagten nicht wirksam aufgehoben und beendet worden. Es fehle an einem notwendigen schriftlichen Auflösungsvertrag. Nach seiner Abberufung als Geschäftsführer sei das ruhende Arbeitsverhältnis deshalb wieder aufgelebt.

8

Die Beklagte hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für nicht gegeben. Sie hat die Ansicht vertreten, der zuletzt als Geschäftsführer tätig gewordene Kläger sei nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Mit seiner Beförderung in die Geschäftsführung sei das frühere Arbeitsverhältnis zwar einvernehmlich umgestaltet, die Vertragsbeziehung aber nicht beendet worden. Bei dem Geschäftsführerdienstverhältnis handele es sich nicht um ein völlig neues, von den ursprünglichen vertraglichen Beziehungen losgelöstes, sondern vielmehr um ein an die geänderten Bedingungen angepasstes Rechtsverhältnis. Einer solchen Umwandlung stehe das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht entgegen. Im Übrigen verhalte sich der Kläger rechtsmissbräuchlich, wenn er sich jetzt auf das Schriftformerfordernis des § 623 BGB berufe. Er habe in Kenntnis des Verlusts seines bisherigen sozialen Besitzstands einvernehmlich den neuen Aufgaben- und Verantwortungsbereich übernommen und den nunmehr aus seiner Sicht formwidrigen Vertrag über einen langen Zeitraum praktiziert.

9

Das Arbeitsgericht Hamburg hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Hamburg (Kammer für Handelssachen) verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht angenommen.

11

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten in Betrieben einer juristischen Person oder Personengesamtheit Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt unabhängig davon, ob das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis materiellrechtlich ein freies Dienstverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis ist. Auch wenn ein Anstellungsverhältnis zwischen der juristischen Person und dem Mitglied des Vertretungsorgans wegen dessen starker interner Weisungsabhängigkeit als ein Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist und deshalb materielles Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus dieser Rechtsbeziehung die ordentlichen Gerichte berufen. Deshalb scheidet für eine Klage eines GmbH-Geschäftsführers gegen die Kündigung seines Anstellungsvertrags durch die GmbH der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen aus (BAG 6. Mai 1999 - 5 AZB 22/98 - zu II 3 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33; 20. August 2003 - 5 AZB 79/02 - zu B I 2 bis 4 der Gründe, BAGE 107, 165). Nur dann, wenn der Rechtsstreit zwischen dem Mitglied des Vertretungsorgans und der juristischen Person nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung betrifft, greift die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ein(BAG 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 20. August 2003 - 5 AZB 79/02 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 107, 165). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist aber nach der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer einer GmbH eine weitere Rechtsbeziehung in dem genannten Sinne regelmäßig zu verneinen. Mit dem Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrags wird vielmehr das bisherige Arbeitsverhältnis des angestellten Mitarbeiters im Zweifel aufgehoben (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 10, BAGE 123, 294; 5. Juni 2008 - 2 AZR 754/06 - Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 211; 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, aaO). Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll neben dem neu abgeschlossenen Dienstverhältnis kein „ruhendes“ Arbeitsverhältnis fortbestehen, das nach der Abberufung als Geschäftsführer ggf. wiederauflebt. Dem Arbeitnehmer ist im Regelfall auch klar, dass, wenn nichts anderes vereinbart worden ist, mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags die vertragliche Beziehung der Parteien auf eine neue Grundlage gestellt wird und er seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Eine andere Auslegung der anlässlich bei Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrags abgegebenen Parteierklärungen kommt nur dann in Betracht, wenn deutliche Anhaltspunkte für die Absicht einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Es müssen insoweit weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass die Parteien neben dem Geschäftsführer-Dienstvertrag noch einen Arbeitsvertrag ruhend fortbestehen lassen und nach der Abberufung wieder realisieren wollten (vgl. BAG 14. Juni 2006 - 5 AZR 592/05 - Rn. 18, BAGE 118, 278; 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 14, aaO; 5. Juni 2008 - 2 AZR 754/06 - Rn. 23, aaO; 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, aaO).

12

Allerdings setzt die wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 623 BGB voraus(BAG 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 22, BAGE 123, 294). Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Zweiten, Fünften und Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts wird das Schriftformerfordernis in diesen Fällen aber schon regelmäßig durch den Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführer-Dienstvertrags gewahrt (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 23, aaO; 5. Juni 2008 - 2 AZR 754/06 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 211; 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, aaO). Aus der schriftlichen Vereinbarung ergibt sich regelmäßig hinreichend deutlich die gleichzeitige Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses.

13

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben. Der Streit der Parteien betrifft die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, das nicht Grundlage der Geschäftsführerbestellung war. Eine formwirksame Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses der Parteien ist nicht, insbesondere nicht im Zusammenhang mit der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten, erfolgt. Die Parteien haben das Arbeitsverhältnis vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung nicht rechtswirksam beendet. Es hat vielmehr auch während der Dauer der Geschäftsführertätigkeit des Klägers fortbestanden und ist nach dessen Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten wieder aufgelebt.

14

a) Es ist zwar davon auszugehen, dass die Parteien im Zusammenhang mit der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten einen Geschäftsführer-Dienstvertrag abgeschlossen haben. Dies entspricht den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und leugnet auch die Beklagte nicht. Wird ein Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses, das keine Geschäftsführerbestellung vorsieht, zum Geschäftsführer bestellt, liegt dem notwendig eine weitere vertragliche Regelung zugrunde, die von dem bisherigen Arbeitsverhältnis unabhängig ist. Nur für den zusätzlichen Vertrag, der regelmäßig ein Geschäftsführer-Dienstvertrag sein wird, nicht aber für das bisherige Arbeitsverhältnis, gilt § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Mit dem Geschäftsführer-Dienstvertrag haben die Parteien jedoch das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht wirksam aufgehoben. Da sie den Geschäftsführer-Dienstvertrag lediglich mündlich geschlossen haben, ist für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Schriftform des § 623 BGB nicht eingehalten worden. Weder die Eintragung des Klägers in das Handelsregister noch seine Mitwirkung hieran haben den Formverstoß geheilt oder gar die erforderliche Schriftform ersetzt.

15

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es für Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Schriftform. Ihr Hinweis, das ursprüngliche Arbeitsverhältnis sei nicht beendet, sondern nur angepasst und „umgewandelt“ worden, rechtfertigt es nicht, von der Einhaltung der gesetzlichen Schriftform abzusehen. Eine solche Umgestaltung beinhaltet im Kern eine Beendigung der bisherigen Vertragsbeziehungen und damit des Arbeitsverhältnisses. Sähe man hierin keine Beendigung der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Beziehungen, so würde erst recht das ursprüngliche Arbeitsverhältnis neben der Geschäftsführerabrede weiter fortbestanden haben. Für die von der Beklagten befürwortete teleologische Reduktion des § 623 BGB besteht kein Bedürfnis. Die Parteien können jederzeit eine schriftliche Vereinbarung treffen. Fehlt es daran, wird gerade auch im Falle einer konkludenten Aufhebung des Arbeitsverhältnisses weder der gesetzlichen Warnfunktion noch der Klarstellungs- und Beweisfunktion hinreichend Rechnung getragen; denn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses kann für die Parteien durchaus eine sinnvolle Alternative darstellen.

16

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sich der Kläger nicht rechtsmissbräuchlich iSv. § 242 BGB verhalten. Seine Geltendmachung eines Formmangels verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

17

a) Ein Berufen auf einen Formmangel kann ausnahmsweise das Gebot von Treu und Glauben verletzen. Aus § 242 BGB folgt ua. der Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. „venire contra factum proprium“). Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung (BAG 4. Dezember 1997 - 2 AZR 799/96 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 87, 200; 12. März 2009 - 2 AZR 894/07 - Rn. 17, BAGE 130, 14). Die gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wird wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen. Ein Verhalten kann ua. dann als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn ein Berechtigter sich mit der Geltendmachung eines Rechts in Widerspruch zu seinem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und er durch dieses Verhalten beim Anspruchsgegner ein schutzwürdiges Vertrauen erweckt hat, er wolle sein Recht zukünftig nicht mehr in Anspruch nehmen (BAG 4. Dezember 1997 - 2 AZR 799/96 - aaO; siehe auch BGH 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03 - MDR 2006, 562). Wann dies der Fall ist, ist grundsätzlich von den Tatsachengerichten, die den vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 23/06 - DB 2007, 1034; 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 36, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113), unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände zu entscheiden (BAG 12. März 2009 - 2 AZR 894/07 - Rn. 17, aaO).

18

b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Formvorschrift des § 623 BGB dürfe im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck, nämlich einen Schutz vor Übereilung zu gewähren(Warnfunktion) und Rechtssicherheit zu gewährleisten (Klarstellungs- und Beweisfunktion), nicht ausgehöhlt werden und ein Formmangel könne deshalb nach § 242 BGB nur ganz ausnahmsweise als unbeachtlich qualifiziert werden(vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 659/03 - zu B I 1 der Gründe, AP BGB § 623 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 623 Nr. 1). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der Formvorschriften im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer acht gelassen werden dürfen (BGH 20. September 1984 - III ZR 47/83 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 92, 164; 24. April 1998 - V ZR 197/97 - zu II 5 der Gründe, BGHZ 138, 339; 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b der Gründe, NJW 2004, 3330). Eine Ausnahme kann danach nur in ganz besonderen Ausnahmefällen gemacht werden. An die Bejahung eines Ausnahmefalls sind strenge Anforderungen zu stellen; dass die Nichtigkeit den einen Vertragsteil hart trifft, reicht nicht aus, für diesen muss das Ergebnis schlechthin untragbar sein (BGH 24. April 1998 - V ZR 197/97 - zu II 5 der Gründe, aaO; 20. September 1984 - III ZR 47/83 - zu II 3 der Gründe, aaO; 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b aa der Gründe, aaO). Ein „untragbares Ergebnis“ liegt nicht ohne Weiteres vor, wenn lediglich die Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Es müssen vielmehr Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Berechtigten in hohem Maße als widersprüchlich erscheinen lassen (BGH 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b bb der Gründe, aaO).

19

c) Diese strengen Kriterien für die Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sind im Entscheidungsfall nicht erfüllt. Allein in der längeren Ausübung der Geschäftsführertätigkeit liegt kein solcher Umstand, der es schon rechtfertigen würde, den Formmangel als unbeachtlich und ein Berufen auf ihn als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Die Widersprüchlichkeit, die darin liegen kann, dass der Berechtigte die Wirksamkeit eines Vertrags nicht bezweifelt, um sich dann aber später auf dessen Formnichtigkeit zu berufen, reicht hierfür grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH 24. April 1998 - V ZR 197/97 - zu II 5 der Gründe, BGHZ 138, 339; 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b bb der Gründe, NJW 2004, 3330). Dementsprechend konnte die Beklagte allein aufgrund des Abschlusses des Geschäftsführer-Dienstvertrags und der Durchführung des Geschäftsführerverhältnisses schon nicht darauf vertrauen, der Kläger werde nach einer Abberufung als Geschäftsführer nicht wieder seine Rechte aus dem - noch nicht aufgehobenen - Arbeitsverhältnis geltend machen. Dies gilt umso mehr, als die Parteien entgegen § 623 BGB keine Klarheit und hinreichende Rechtssicherheit über den weiteren Status des Klägers als Arbeitnehmer herbeigeführt haben, obwohl es die Beklagte in der Hand gehabt hatte, hier durch eine schriftliche Vereinbarung für ausreichende Klärung zu sorgen. Auch liegen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts neben der Durchführung des Geschäftsführerverhältnisses keine weiteren deutlichen Anhaltspunkte für ein widersprüchliches Verhalten des Klägers vor; denn die Vereinbarung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses wäre rechtlich zulässig gewesen und während der Durchführung des Geschäftsführerverhältnisses war die Geltendmachung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses in keiner Weise erforderlich. Anhaltspunkte dafür, der Geschäftsführer-Dienstvertrag sei wegen § 139 BGB insgesamt nichtig gewesen, bestehen nicht.

20

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Eylert    

        

        

        

        

        

        

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Februar 2009 - 8 Sa 892/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und zweier Abmahnungen.

2

Der 1958 geborene Kläger war seit April 2000 bei der konzernangehörigen Beklagten als Leiter Rechnungswesen beschäftigt. Durch E-Mail vom April 2002 teilte er seinen Kollegen mit, für ihn werde Mitte des Jahres der Zeitpunkt seines Austritts kommen, „um plangemäß in die A Hauptverwaltung zurückzukehren“. Seit Anfang August 2002 war er auf eigenen Wunsch von der Arbeitsleistung freigestellt.

3

Mit Schreiben vom 28. November 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2002. Dagegen erhob der Kläger am 19. Dezember 2002 Kündigungsschutzklage und begehrte seine Weiterbeschäftigung. Am 22. Januar 2003 erklärte die Beklagte die Kündigung „verbindlich für gegenstandlos“ und forderte den Kläger auf, die Arbeit bei ihr wieder aufzunehmen. Dieser erklärte mit Schreiben vom 24. Januar 2003, die einseitige „Zurücknahme“ der Kündigung sei nicht möglich. Ihm sei eine Überlegungsfrist von einer Woche einzuräumen, binnen derer er sich erklären werde. Eine Arbeitsaufnahme scheide aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen aus. In Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 11 KSchG habe er zwischenzeitlich - unstreitig - ein anderweitiges - bis Juni 2008 währendes - Arbeitsverhältnis begründet.

4

Mit Schreiben vom 31. Januar und 10. Februar 2003 verlangte die Beklagte - jeweils unter Fristsetzung - der Kläger möge sich abschließend zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erklären und ggf. die Arbeit bei ihr wieder aufnehmen. Das Schreiben vom 10. Februar 2003 verband sie mit einer Abmahnung. Da der Kläger hierauf nicht reagierte, mahnte sie ihn mit Schreiben vom 13. Februar 2003 erneut ab und setzte ihm eine Frist zur Arbeitsaufnahme bis zum 17. Februar 2003. Nachdem der Kläger wiederum nicht zur Arbeit erschienen war, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25. Februar 2003 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2003.

5

Am 11. März 2003 fand im Verfahren über die Kündigung vom 28. November 2002 die Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht statt. Im Sitzungsprotokoll heißt es: „Die Parteien erörtern den Sach- und Streitstand“ und im Anschluss daran: „Im Einverständnis mit den Parteien verkündet der Vorsitzende folgenden Beschluss: Neuer Termin wird auf Antrag einer Partei bestimmt“.

6

Nach Terminsende, aber noch am selben Tag, ging beim Arbeitsgericht ein auf den 10. März 2003 datierter Schriftsatz des Klägers ein, mit dem dieser sich gegen die Kündigung vom 25. Februar 2003 und die beiden Abmahnungen wandte. Er bat um „förmliche Zustellung dieser Klageerweiterung“ und kündigte an, „im Termin der mündlichen Verhandlung“ die im Schriftsatz enthaltenen Anträge zu stellen. Der Schriftsatz wurde der Beklagten am 4. April 2003 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Einen Termin hat das Arbeitsgericht nicht bestimmt. Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2003 regte die Beklagte an, beim Kläger anzufragen, ob er die Klage aufrecht erhalte. Das Arbeitsgericht sandte das Schreiben formlos an dessen Prozessbevollmächtigten. Eine Antwort blieb aus.

7

Mit Schriftsatz vom 14. März 2006 beantragte der Kläger, dem Verfahren Fortgang zu geben und Termin zur Kammerverhandlung anzuberaumen. Im Kammertermin vom 16. November 2006 erklärte die Beklagte die Kündigung vom 28. November 2002 erneut „für gegenstandslos“. Der Kläger erklärte seine dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage daraufhin „für erledigt“. Die Klage gegen die Kündigung vom 25. Februar 2003 hat er aufrechterhalten und geltend gemacht, die Kündigung sei rechtsunwirksam. Es fehle an Kündigungsgründen und an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats. Die Abmahnungen seien unberechtigt. Er habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt.

8

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 25. Februar 2003 nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht;

        

2.    

die Beklagte - hilfsweise für den Fall des Obsiegens - zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Leiter Rechnungswesen weiterzubeschäftigen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen vom 10. Februar 2003 und vom 13. Februar 2003 aus der Personalakte zu entfernen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger fehle die „Klagebefugnis“. Er habe den Kündigungsschutzprozess für die Dauer von etwas mehr als drei Jahren nicht betrieben. Dadurch habe er den Eindruck erweckt, er habe sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgefunden. Das gelte erst recht unter Beachtung seiner vorgerichtlichen Äußerungen. Außerdem habe er im Gütetermin erklärt, die Klage nach erfolgreicher Probezeit im neuen Arbeitsverhältnis zurücknehmen zu wollen. Nachdem eine Reaktion auf ihren Schriftsatz vom Oktober 2003 ausgeblieben sei, habe sie zum 31. Dezember 2003 Rückstellungen für einen möglichen Prozessverlust aufgelöst. Außerdem habe sie die früheren Aufgaben des Klägers mehrfach innerbetrieblich umverteilt, seine Position in zwei Stellen aufgespalten und nachbesetzt. Im Übrigen sei die Kündigung vom 25. Februar 2003 gerechtfertigt. Der Kläger habe sich nach „Rücknahme“ ihrer vorangegangenen Kündigung illoyal verhalten. Er habe sie pflichtwidrig über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Unklaren gelassen.

10

Mit Urteil vom September 2008 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Anders als dieses angenommen hat, hat der Kläger sein „Recht“, die Unwirksamkeit der Kündigung vom 25. Februar 2003 geltend zu machen, nicht verwirkt. Ob die Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest.

12

I. Die Klage ist im noch interessierenden Umfang ordnungsgemäß erhoben. Eine Klagerücknahme liegt nicht vor.

13

1. Die Klageerweiterung vom 10. März 2003 war wirksam. Der Schriftsatz ist der Beklagten förmlich gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden (§ 174 Abs. 1 ZPO). Ob dem im Hinblick auf § 251 ZPO iVm. § 249 Abs. 2 ZPO Hindernisse entgegen standen, kann dahinstehen. Die Beklagte hat einen solchen Mangel nicht gerügt; sie hat vielmehr die Zustellung gegen sich gelten lassen (§ 295 ZPO).

14

2. Die Rechtshängigkeit ist nicht durch Klagerücknahme (§ 269 ZPO)entfallen.

15

a) Die Klage gilt nicht nach § 54 Abs. 5 Satz 4 ArbGG iVm. § 269 Abs. 3 ZPO als zurückgenommen.

16

aa) Nach § 54 Abs. 5 Satz 4 ArbGG iVm. § 269 Abs. 3 ZPO wird die Klagerücknahme fingiert, wenn in der Güteverhandlung oder im Anschluss daran das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde, weil beide Parteien nicht erschienen sind oder nicht „verhandelt“ haben, und wenn binnen sechs Monaten kein Terminsantrag gestellt wird.

17

bb) Die Parteien sind zum Gütetermin vom 11. März 2003 erschienen und haben im Sinne von § 54 Abs. 5 Satz 4 ArbGG verhandelt. Dafür reicht aus, dass eine dem Zweck der Güteverhandlung entsprechende Erörterung stattgefunden hat (BAG 22. April 2009 - 3 AZB 97/08 - EzA ArbGG 1979 § 54 Nr. 3; zur Säumnis durch „Nichtverhandeln“ BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 492/06 - BAGE 121, 67). Das ist im Streitfall laut Sitzungsprotokoll geschehen. Eine analoge Anwendung von § 54 Abs. 5 ArbGG auf Fälle einer gezielten vorübergehenden Abstandnahme von der Weiterführung des Rechtsstreits kommt nicht in Betracht(BAG 22. April 2009 - 3 AZB 97/08 - aaO). Das betrifft nicht nur den Fall außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen. Die Fiktion der Klagerücknahme wird auch nicht dadurch ausgelöst, dass zunächst die Entwicklung eines bestimmten Lebenssachverhalts, etwa der Verlauf eines neuen Arbeitsverhältnisses abgewartet werden soll (vgl. AnwK/Kloppenburg ArbGG 2. Aufl. § 54 Rn. 44; GMPM/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 54 Rn. 62; GK-ArbGG/Schütz Stand September 2010 § 54 Rn. 71; Schwab/Weth/Korinth ArbGG 3. Aufl. § 54 Rn. 42; aA BCF/Creutzfeldt ArbGG 5. Aufl. § 54 Rn. 17). Darum ging es hier. Ob sich die Wirkungen des § 54 Abs. 5 ArbGG auf eine erst nach dem Gütetermin erhobene Klageerweiterung erstrecken können, hinsichtlich derer das Verfahren nicht weiter betrieben wird, kann dahinstehen.

18

b) Soweit die Beklagte - nicht unwidersprochen - behauptet hat, der Kläger habe im Gütetermin in Aussicht gestellt, die Klage nach erfolgreicher Probezeit in seinem neuen Arbeitsverhältnis zurücknehmen, folgt daraus nichts anderes. Eine solche Aussage ist schon angesichts der Bedingungsfeindlichkeit der Klagerücknahme (vgl. BGH 19. Oktober 1988 - IVa ZR 234/87 - BGHR ZPO § 269 Abs. 1 Einwilligung Nr. 1)nicht geeignet, die Wirkungen des § 269 Abs. 3 ZPO auszulösen.

19

II. Der Kläger hat weder sein Klagerecht noch ein materielles „Recht“, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen, verwirkt.

20

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen (Senat 25. März 2004 - 2 AZR 295/03 - zu II 3 b der Gründe, AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 36 = EzA MuSchG § 9 nF Nr. 40). Ein Recht darf nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit, es in Anspruch zu nehmen, längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Inanspruchnahme als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde; der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (BVerfG 26. Januar 1972 - 2 BvR 255/67 - zu II 2 a der Gründe, BVerfGE 32, 305). Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BAG 10. Oktober 2007 - 7 AZR 487/06 - Rn. 19; 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 42, BAGE 121, 289; 12. Dezember 2006 - 3 AZR 806/05 - Rn. 27, BAGE 120, 345).

21

2. Die Verwirkung beschränkt sich nicht auf materiell-rechtliche Rechtspositionen des Berechtigten. Auch die Möglichkeit zur gerichtlichen Klärung einer Rechtsposition ist eine eigenständige Befugnis, die verwirken kann (st. Rspr., Senat 2. November 1961 - 2 AZR 66/61 - BAGE 11, 353; 6. November 1997 - 2 AZR 162/97 - zu II 3 b der Gründe, AP BGB § 242 Verwirkung Nr. 45 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 2; BAG 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 20, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114). Das gilt auch für die Befugnis zur Fortsetzung eines bereits rechtshängigen Verfahrens, das längere Zeit nicht betrieben wurde. In der Klageerhebung allein erschöpft sich das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung nicht (BAG 26. März 1987 - 8 AZR 54/86 - zu II 1 der Gründe; BGH 22. September 1983 - IX ZR 90/82 - zu 2 c aa der Gründe, MDR 1984, 226).

22

3. Geht es um eine Verwirkung des Klagerechts, muss aus rechtsstaatlichen Gründen (Art. 19 Abs. 4 GG) darauf geachtet werden, dass durch die Annahme einer Verwirkung der Weg zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert wird. Im anhängigen Rechtsstreit kann der Verlust des Klagerechts nur in begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Dies ist bei den Anforderungen an das Zeit- und Umstandsmoment zu berücksichtigen (BVerfG 26. Januar 1972 - 2 BvR 255/67 - zu II 2 b der Gründe, BVerfGE 32, 305; BAG 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 20, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114).

23

4. Ob ausgehend von diesen Grundsätzen im Streitfall eine „Prozessverwirkung“ in Rede steht oder die Verwirkung eines materiellen „Rechts“ des Klägers, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen, bedarf keiner Entscheidung (offen gelassen für den Fall der verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage Senat 28. Mai 1998 - 2 AZR 615/97 - zu II 4 a der Gründe mwN, BAGE 89, 48; vgl. auch BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95; KR/Rost 9. Aufl. § 7 KSchG Rn. 38 mwN). Die Beklagte kann sich unter keinem Gesichtspunkt auf Verwirkung berufen.

24

a) Der Kläger hat sein Klagerecht nicht durch Untätigkeit im Kündigungsschutzprozess verloren.

25

aa) Allerdings ist das erforderliche Zeitmoment erfüllt. Der Kläger hat seine Klageerweiterung unmittelbar im Anschluss an den Termin vom 11. März 2003 und im Bewusstsein der dortigen gerichtlichen Anordnungen eingereicht. Unter diesen Umständen musste sein Begehren dahin verstanden werden, dass die Terminlosstellung des Verfahrens - nach Zustellung - auf die mit der Klageerweiterung verfolgten Anträge ausgedehnt werden sollte. Jedenfalls musste der Kläger erkennen, dass das Arbeitsgericht sein Anliegen in diesem Sinn verstanden hat. Er hat folglich auch selbst das Verfahren drei Jahre nicht betrieben.

26

bb) Es fehlt jedoch an dem Umstandsmoment. Die Untätigkeit des Klägers war nicht geeignet, bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend zu begründen, er werde seine Kündigungsschutzklage nicht mehr verfolgen und habe sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endgültig abgefunden.

27

(1) Der Arbeitgeber hat auch nach Klageerhebung ein anerkennenswertes Interesse an einer zügigen Entscheidung über die Wirksamkeit einer Kündigung. Dem trägt das Gesetz insbesondere durch die Verpflichtung der Gerichte zur besonderen Prozessförderung in Kündigungsverfahren (§ 61a ArbGG)Rechnung. Gleichwohl duldet das Prozessrecht einen längeren Schwebezustand, wenn es deshalb nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung kommt, weil das Gericht auf Antrag oder im Einvernehmen mit den Parteien das Ruhen des Verfahrens anordnet (§ 251 ZPO) oder - was dem praktisch gleich steht - auf deren Wunsch zunächst keinen Verhandlungstermin anberaumt. Dem Interesse der Parteien, den Rechtsstreit nicht auf unabsehbare Zeit in der Schwebe zu belassen, ist dadurch Rechnung getragen, dass jede von ihnen die Möglichkeit hat, das Verfahren durch Terminsantrag wieder in Gang zu setzen und eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, erlischt die Rechtshängigkeit auch dann nicht, wenn das Verfahren längere Zeit nicht betrieben wird. Eine Verjährung der Rechtshängigkeit ist dem geltenden Verfahrensrecht fremd (vgl. BGH 22. September 1983 - IX ZR 90/82 - zu 2 c aa der Gründe, MDR 1984, 226).

28

(2) Angesichts dieser Prozesslage hat der Arbeitgeber selbst bei langjährigem Verfahrensstillstand grundsätzlich keinen Anlass darauf zu vertrauen, nicht mehr gerichtlich auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung in Anspruch genommen zu werden. Für eine Prozessverwirkung ist allenfalls in engen Grenzen Raum. Es müssen zur Untätigkeit des Arbeitnehmers besondere Umstände hinzutreten, die unzweifelhaft darauf hindeuten, er werde trotz der ihm eröffneten Möglichkeit einer ggf. späten Verfahrensaufnahme auf Dauer von der Durchführung des Rechtsstreits absehen. Daran fehlt es.

29

(a) Das Verhalten des Klägers vor dem Gütetermin ist kein solcher Umstand. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts nimmt nicht ausreichend auf die prozessuale Lage Bedacht.

30

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass die Parteien seit Mitte des Jahres 2002 eine „Trennung“ zum Jahresende anstrebten. Allerdings hatten sie dabei ein einvernehmliches Ausscheiden des Klägers unter Rückkehr zur Konzern-Hauptverwaltung im Blick, worauf sie sich später ersichtlich nicht mehr verständigen konnten. Dies war offenbar der Grund dafür, dass die Beklagte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 28. November 2002 anstrebte. Ob der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat, als er sich zur „Kündigungsrücknahme“ und dem darin liegenden Angebot der Beklagten, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich fortzusetzen, nicht äußerte, ist für die Frage der Verwirkung ohne Belang. Selbst wenn eine Erklärungspflicht des Klägers bestanden hätte, konnte die Beklagte seinem Schweigen - auch unter Berücksichtigung des mehrjährigen Nichtbetreibens des Kündigungsschutzprozesses - nicht entnehmen, er habe sich mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses endgültig abgefunden. Dagegen spricht, dass er sich nach dem Ergebnis des Gütetermins die jederzeitige Aufnahme des Verfahrens vorbehalten hat. Selbst wenn es dem Kläger - wie die Beklagte meint - in erster Linie um das „Wie“ der Beendigung gegangen sein sollte, ändert dies nichts daran, dass er gerade nicht bereit war, sich mit seinem Ausscheiden aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung abzufinden. Das gilt erst recht für die weitere Kündigung vom 25. Februar 2003 und die ihr vorausgegangen Abmahnungen. Weshalb der Kläger von einer Verteidigung gegen diese hätte Abstand nehmen wollen, ist nicht ersichtlich.

31

(b)  Es kann offen bleiben, ob der Kläger - was er bestreitet - im Gütetermin erklärt hat, er werde die Klage bei „Überstehen“ der Probezeit im neuen Arbeitsverhältnis zurücknehmen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob ihn das Schreiben der Beklagten vom 21. Oktober 2003 erreicht hat; der Kläger hat auch dies bestritten. Selbst wenn beides zugunsten der Beklagten unterstellt wird, konnte die - weitere - Untätigkeit des Klägers bei ihr nicht die berechtigte Erwartung auslösen, er werde gegen die Kündigung(en) nicht weiter vorgehen. Das Schweigen des Klägers kann ebenso gut dahin verstanden werden, dass er den Kündigungsschutzprozess bewusst möglichst lange in der Schwebe halten wollte. Soweit dies den Interessen der Beklagten zuwider lief, hätte auch sie die Möglichkeit gehabt, dem Verfahren Fortgang zu geben.

32

cc) Die Beklagte hat zudem nicht dargetan, dass sie im Hinblick auf die Untätigkeit des Klägers Dispositionen getroffen hätte, aufgrund derer es ihr unzumutbar gewesen wäre, sich auf die Kündigungsschutzklage noch im Jahr 2006 einzulassen. Die Neubesetzung der Stelle des Klägers hatte sie bereits Mitte des Jahres 2002 in die Wege geleitet, ohne sich mit ihm zuvor über die Modalitäten einer Vertragsbeendigung rechtsverbindlich verständigt zu haben. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, Ende des Jahres 2003 Rückstellungen zur Abdeckung der Prozessrisiken aufgelöst zu haben, geschah dies ersichtlich nicht erst mit Rücksicht auf den folgenden jahrelangen Verfahrensstillstand. Im Übrigen rechtfertigt das Fehlen von Rückstellungen nicht die Annahme, der Beklagten sei die Fortsetzung des Kündigungsrechtsstreits wegen möglicher Folgeansprüche wirtschaftlich unzumutbar (vgl. dazu BAG 10. Oktober 2007 - 7 AZR 487/06 - Rn. 29; 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 37, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114).

33

b) Die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Verwirkung liegen nicht vor. Zwar können - vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls - materielle Ansprüche und Rechte auch noch nach Rechtshängigkeit verwirken (MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 242 Rn. 300 mwN). Im Hinblick auf ein etwaiges materielles „Recht“ des Arbeitnehmers, sich auf die Unwirksamkeit einer Kündigung zu berufen, ist aber zu beachten, dass der Verwirkungstatbestand (§ 242 BGB) durch die Dreiwochenfrist konkretisiert wird (Senat 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, AP SGB IX § 85 Nr. 8 = EzA SGB IX § 85 Nr. 6). Im Fall der Fristversäumnis gilt die Kündigung - vorbehaltlich der sich aus §§ 5, 6 KSchG ergebenden Einschränkungen - als wirksam(§ 7 KSchG). Hat dagegen der Arbeitnehmer fristgerecht Klage erhoben, ist während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses für eine Verwirkung des „Rechts“, die Unwirksamkeit der Kündigung geltend zu machen, grundsätzlich kein Raum. Jedenfalls stehen im Streitfall die gegen eine Prozessverwirkung sprechenden Gesichtspunkte auch der Annahme einer materiell-rechtlichen Verwirkung entgegen.

34

III. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat vermag über die Wirksamkeit der Kündigung vom 25. Februar 2003 und der Abmahnungen nicht abschließend entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Standpunkt aus konsequent - nicht geprüft, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB vorliegt oder die Kündigung nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist. Dementsprechend fehlt es an hinreichenden Feststellungen. Unabhängig davon hat der Kläger auch die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gerügt, ohne dass dazu Feststellungen getroffen worden wären.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Bartz    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. November 2011 - 3 Sa 157/11 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie es der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26. Januar 2011 - 4 Ca 2050/10 - stattgegeben hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - noch - über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung.

2

Die Klägerin ist ausgebildete kartographische Zeichnerin und Ingenieurin für Kartographie und Geodäsie. Sie war bei der Beklagten - unter Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten - seit dem 1. September 1966 als Gruppenleiterin, Stereoauswerterin und Fachexpertin für photogrammetrische Spezialauswertungen tätig. Geschäftsführer der Beklagten ist seit dem 1. Februar 1999 D (senior).

3

Am 30. Oktober 2000 schlossen die Parteien mit Wirkung zum 31. Oktober 2000 einen Aufhebungsvertrag. Zugleich unterzeichnete die Klägerin einen neuen Anstellungsvertrag, der als Arbeitsbeginn den 1. November 2000 und als Tätigkeit die einer „Fachexpertin für Photogrammetrie“ vorsah. Als Arbeitgeberin war die „Firma D“, eine dem Sohn des Geschäftsführers der Beklagten gehörende Einzelfirma, aufgeführt. Der neue Vertrag wurde auf Geschäftspapier der Beklagten ausgefertigt und von deren Geschäftsführer mit dem Zusatz „i. V.“ unterzeichnet. Laut Nr. 1 des Vertrags „gilt [als Einstellungsdatum] der 01.09.1966“. In der Folgezeit bearbeitete die Klägerin - in Zusammenarbeit mit ihren bisherigen Arbeitskollegen - am selben Arbeitsplatz und mit denselben Arbeitsmitteln wie zuvor Aufträge der Beklagten. Der Geschäftsführer der Beklagten war - anders als sein Sohn - in den Geschäftsräumen präsent und erteilte sowohl der Klägerin als auch den übrigen Mitarbeitern Anweisungen.

4

Am 31. März 2005 wurde das mit der „Firma D“ bestehende Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Zuvor hatte die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit der g Geodatenservice, Informationssysteme und Neue Medien GmbH (im Folgenden: g GmbH) für eine Beschäftigung beginnend ab dem 1. April 2005 unterzeichnet. Einer der Gesellschafter der g GmbH war der Geschäftsführer der Beklagten; ihr Geschäftsführer war dessen Sohn. Die Tätigkeit der Klägerin und die tatsächlichen Umstände, unter denen sie ihre Arbeitsleistung zu erbringen hatte, blieben weiterhin unverändert. Im Zusammenhang mit der neuerlichen Vertragsänderung war der Klägerin eine Wiederanstellung bei der Beklagten in Aussicht gestellt worden. Im Vorgriff hierauf unterzeichneten die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 1. August 2005. Im Juli 2005 erklärte der Geschäftsführer der Beklagten demgegenüber, ein Wechsel von Mitarbeitern sei „aktuell ungünstig“.

5

Ihre Vergütung bezog die Klägerin über den Monat August 2005 hinaus von der g GmbH. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 ordentlich zum 30. November 2005. Zuvor hatte der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber der Klägerin erklärt, die Kündigung sei aus „firmeninternen Gründen“ geboten; er wolle sie als Arbeitskraft jedoch nicht verlieren. Entsprechende Erklärungen hatte er auch mit Blick auf die zwischen der Klägerin und seinem Sohn bzw. der g GmbH geschlossenen Arbeitsverträge und damit einhergehende Aufhebungsverträge abgegeben. Dementsprechend hatten die Parteien schon vor dem 25. Oktober 2005 einen auf den 1. Februar 2006 vordatierten Arbeitsvertrag über eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung der Klägerin bei der Beklagten mit Beginn ab März 2006 geschlossen. Außerdem schlossen die Parteien zwei befristete Arbeitsverträge, die eine geringfügige Beschäftigung der Klägerin zum Gegenstand hatten, einmal für die Monate Dezember 2005 und Januar 2006, und das andere Mal für den Monat Februar 2006. Regelungen betreffend die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten sind in diesen Verträgen - ebenso wenig wie im Arbeitsvertrag mit der g GmbH - nicht enthalten.

6

Gegen die Kündigung vom 25. Oktober 2005 erhob die Klägerin keine Klage. Seit dem 1. Dezember 2005 arbeitete sie als „Fachexpertin für Photogrammetrie“ wieder für die Beklagte. Eine Ausnahme bildeten die Tage vom 1. bis 19. März 2006. In dieser Zeit nahm die Klägerin in Abstimmung mit der Beklagten an einer von der Agentur für Arbeit geförderten Weiterbildungsmaßnahme teil. Der schriftliche Arbeitsvertrag betreffend die Vollzeitbeschäftigung ab März 2006 wurde entsprechend angepasst.

7

Im August 2006 und im Januar 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis jeweils ordentlich. Die Kündigung vom Januar 2007 verband sie mit dem Angebot einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen. Nachdem die Klägerin gegen beide Kündigungen erfolgreich Klage erhoben hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 28. November 2008 erneut ordentlich. Am 11. März 2010 gab das Landesarbeitsgericht der hiergegen gerichteten Klage wegen Sozialwidrigkeit der Kündigung statt; das vollständig abgefasste - inzwischen rechtskräftige - Urteil wurde der Klägerin am 1. April 2010 zugestellt.

8

Die Klägerin war mittlerweile ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eingegangen. Mit Schreiben vom 16. März 2010 forderte die Beklagte sie auf, die Arbeit bei ihr am 22. März 2010 wieder aufzunehmen. Zugleich teilte sie mit, der Arbeitseinsatz werde im vermessungstechnischen Außendienst erfolgen. Am 6. April 2010 verlangte sie von der Klägerin, eine Erklärung gemäß § 12 KSchG abzugeben oder die für das andere Arbeitsverhältnis maßgebende Kündigungsfrist bekannt zu geben. Nachdem die Klägerin diese Schreiben und eine weitere Arbeitsaufforderung vom 12. Mai 2010 unbeantwortet gelassen hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 17. Mai 2010 „fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Termin“. Zu dieser Zeit waren in ihrem Betrieb neben der Klägerin regelmäßig weitere acht Arbeitnehmer beschäftigt, darunter mindestens drei, deren Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. Januar 2004 begonnen hatte.

9

Die Klägerin hat mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage geltend gemacht, die Kündigungen vom 17. Mai 2010 seien unwirksam. Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Die ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Ihr stehe als „Alt-Arbeitnehmerin“ der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz zu. Die Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten, der Einzelfirma „D“ und der g GmbH stellten eine Einheit dar. Den Arbeitgeberwechseln liege jeweils ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB zugrunde. Daraus folge, dass von einem Arbeitsbeginn bei der Beklagten schon vor dem 1. Januar 2004 auszugehen sei. Die Klägerin hat behauptet, im Betrieb der Beklagten seien im Kündigungszeitpunkt weitere fünf, insgesamt also neun „Alt-Arbeitnehmer“ beschäftigt gewesen. Im Übrigen hat sie gemeint, selbst bei Nichtgeltung des Kündigungsschutzgesetzes sei die ordentliche Kündigung unwirksam; sie sei treuwidrig.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung vom 17. Mai 2010, noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist;

        

2.    

im Falle ihres Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, sie bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Fachexpertin für Photogrammetrie weiterzubeschäftigen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien wirksam. Die Klägerin habe im Anschluss an die gerichtliche Entscheidung vom 11. März 2010 die ihr zugewiesene Arbeit im vermessungstechnischen Dienst grundlos und beharrlich verweigert. Das stütze zumindest die ordentliche Kündigung, die keiner Überprüfung auf ihre soziale Rechtfertigung unterliege. Bei ihrem Betrieb habe es sich im Kündigungszeitpunkt um einen „Kleinbetrieb“ iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gehandelt. Die Voraussetzungen für die Maßgeblichkeit des Schwellenwerts in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG lägen nicht vor. Die ordentliche Kündigung verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Sie beruhe auf sachlichen Erwägungen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage hinsichtlich der ordentlichen Kündigung abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin, die erstinstanzliche Entscheidung in vollem Umfang wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin ist begründet. Es lässt sich noch nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 17. Mai 2010 aufgelöst worden ist. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung habe einer sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 KSchG nicht bedurft. Es steht noch nicht fest, dass es sich bei dem Betrieb der Beklagten im Kündigungszeitpunkt um einen Kleinbetrieb iSd. § 23 Abs. 1 KSchG gehandelt hat(I). Dies führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (II). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung findet (1). Dessen Geltung kann nicht dahinstehen (2).

14

I. Streitgegenstand im Revisionsverfahren ist nurmehr die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vom 17. Mai 2010. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung habe einer sozialen Rechtfertigung nicht bedurft, weil die betrieblichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht erfüllt seien, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

15

1. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes bis auf wenige Regelungen nicht in Betrieben mit in der Regel fünf oder weniger beschäftigten Arbeitnehmern nach der Zählweise des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG. Dies entspricht der Rechtslage vor dem 1. Januar 2004 (Inkrafttreten des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. I, S. 3002). Mit Überschreiten des Schwellenwerts findet dagegen grundsätzlich ua. § 1 KSchG Anwendung.

16

2. § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KSchG schränkt diese Rechtsfolge ein: Nur wenn der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nach wie vor deshalb überschritten ist, weil die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern schon vor dem 1. Januar 2004 beschäftigt war („Alt-Arbeitnehmer”), ist der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes - für diese - eröffnet. Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung erst nach dem 31. Dezember 2003 aufgenommen haben, können sich dagegen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KSchG auf die Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nur und erst dann berufen, wenn im Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind (BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 21 ff.; 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 14, 15, BAGE 119, 343).

17

3. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren im Betrieb der Beklagten zuletzt insgesamt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin kann sich auf den allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes folglich nur berufen, wenn im Kündigungszeitpunkt im Betrieb der Beklagten - einschließlich ihrer selbst - noch mehr als fünf „Alt-Arbeitnehmer“ iSv. § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KSchG beschäftigt waren.

18

4. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, diese Voraussetzungen lägen schon deshalb nicht vor, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 1. Dezember 2005 neu begründet worden sei. Die vorausgegangene Kündigung durch die g GmbH gelte, weil die Klägerin gegen sie nicht geklagt habe, gemäß § 7 KSchG als wirksam. Wegen der damit einhergehenden rechtlichen Unterbrechung scheide die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten aus. Darauf, ob die erfolgten Arbeitgeberwechsel auf einem Betriebsübergang (§ 613a BGB) beruht hätten, komme es nicht an.

19

5. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Regelungen in § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG schließen es bei ununterbrochener Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb nicht aus, mehrere aufeinanderfolgende Arbeitsverhältnisse sowohl zum selben als auch zu verschiedenen Arbeitgebern als Einheit anzusehen und für den Beginn des Arbeitsverhältnisses iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KSchG auf ein vorangegangenes Vertragsverhältnis abzustellen.

20

a) Mit Blick auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist von einem „ununterbrochenen“ Arbeitsverhältnis auch dann auszugehen, wenn innerhalb des Sechsmonatszeitraums zwar zwei oder mehr Arbeitsverhältnisse liegen, diese aber ohne zeitliche Unterbrechung unmittelbar aufeinanderfolgen. Selbst in Fällen, in denen es an einer nahtlosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses fehlt, kann die rechtliche Unterbrechung unschädlich sein, wenn die Dauer der tatsächlichen Unterbrechung verhältnismäßig kurz ist und zwischen den aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht (bspw. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 19, 29; grundlegend: 23. September 1976 - 2 AZR 309/75 - zu I 2 der Gründe, BAGE 28, 176).

21

b) Im Schrifttum - soweit es sich mit der Frage befasst - wird angenommen, diese Grundsätze seien auf die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG zu übertragen(vgl. MünchKommBGB/Hergenröder 6. Aufl. § 23 KSchG Rn. 19; KDZ-KSchR/Deinert 8. Aufl. § 23 Rn. 40; Bender/Schmidt NZA 2004, 358, 359; Hanau ZIP 2004, 1169, 1179; Kock MDR 2007, 1109). Dies trifft zu. Der Beginn des aktuellen Arbeitsverhältnisses iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG liegt in Fällen einer rechtlichen Unterbrechung am Beginn eines vorangehenden Arbeitsverhältnisses, wenn die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb ohne relevante Zäsur geblieben und dort sowohl vor als auch nach der Unterbrechung die erforderliche Anzahl von „Alt-Arbeitnehmern“ beschäftigt ist. Das gilt auch dann, wenn die Unterbrechung mit einem Wechsel des Arbeitgebers einhergeht, sofern die Identität des „virtuellen Altbetriebs“ (BT-Drucks. 15/1204 S. 14) und die Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zu diesem Betrieb gewahrt geblieben sind. Dieses Verständnis ist vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt und nach Sinn und Zweck des Gesetzes geboten. Das Gesetz will den zum „virtuellen Altbetrieb“ gehörenden Arbeitnehmern den Kündigungsschutz erhalten, solange der Personalbestand des „Altbetriebs“ dafür ausreichend groß bleibt.

22

aa) § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG stellt auf das „Arbeitsverhältnis“ und dessen Beginn ab. Der Wortlaut des Gesetzes lässt es zwanglos zu, bei der Beurteilung, wann das Arbeitsverhältnis, das die Zugehörigkeit zum Betrieb vermittelt, „begonnen hat“, rechtliche Unterbrechungen außer Acht zu lassen und vorangegangene Vertragsbeziehungen mit in den Blick zu nehmen. Selbst das Erfordernis eines „ununterbrochenen“ Arbeitsverhältnisses in § 1 Abs. 1 KSchG steht einer solchen Annahme nicht entgegen(BAG 23. September 1976 - 2 AZR 309/75 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 28, 176).

23

bb) Die Regelungen in § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG sollen für die schon am 31. Dezember 2003 im Betrieb beschäftigten „Alt-Arbeitnehmer“ einen ggf. unbefristeten Bestandsschutz gewährleisten. Für sie soll der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz so lange erhalten bleiben, wie ihre Anzahl nicht auf fünf oder weniger absinkt (BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 17 ff., BAGE 119, 343). Der vom Gesetz bezweckte Bestandsschutz wäre deutlich abgeschwächt, wenn rechtliche Unterbrechungen unabhängig von ihrem Anlass und ungeachtet einer durchgehenden Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb geeignet wären, dessen Zugehörigkeit zum „virtuellen Altbetrieb“ aufzuheben. Für einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers gibt es keinen Anhaltspunkt. Eine solche Intention folgt insbesondere nicht aus dem beschäftigungsfördernden Zweck der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KSchG. Mit der Anhebung des Schwellenwerts für die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes sollten Arbeitgeber von möglichen Einstellungshemmnissen bis zur Grenze von zehn Arbeitnehmern befreit werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, auf diese Weise die Entscheidung zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu erleichtern (vgl. schon BT-Drucks. 15/1204 S. 1, 2, 13). Um eine in diesem Sinne beschäftigungsfördernde Maßnahme handelt es sich aber nicht, wenn ein vor dem 1. Januar 2004 begründetes Arbeitsverhältnis später zwar rechtlich aufgelöst wird, sich ein neues Arbeitsverhältnis derselben Parteien aber ohne (relevante) Unterbrechungszeit anschließt. Dem steht nicht entgegen, dass Ersatzeinstellungen für ausgeschiedene „Alt-Arbeitnehmer“ eine Weitergeltung des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG nicht bewirken können(vgl. dazu BAG 5. November 2009 - 2 AZR 383/08 - Rn. 16 mwN; grundlegend: BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 18 ff., BAGE 119, 343). Da nur „Alt-Arbeitnehmer“ einen am 31. Dezember 2003 bestehenden Kündigungsschutz behalten sollen, zählen für den Schwellenwert in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur die Arbeitnehmer, die diesen ebenfalls genießen(BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 41, aaO). Bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer, der bereits am 31. Dezember 2003 dem Betrieb angehörte und in diesem sowohl vor als auch nach der rechtlichen Unterbrechung kontinuierlich weisungsabhängig tätig war, handelt es sich nicht um eine Ersatzeinstellung. Der Arbeitnehmer gehörte vielmehr durchweg zum Kreis der „Alt-Arbeitnehmer“ des Betriebs.

24

cc) Für einen Rückbezug des Beginns des Arbeitsverhältnisses trotz rechtlicher Unterbrechung sprechen überdies systematische Erwägungen. Der durch § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG gewährleistete Bestandsschutz knüpft wie § 1 Abs. 1 KSchG an das individuelle Arbeitsverhältnis der dem „Altbetrieb“ angehörenden Arbeitnehmer an. Ist der Arbeitgeber durchweg derselbe geblieben, ist ein nachvollziehbarer Grund, weshalb ein Arbeitnehmer zwar die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG durch Zusammenrechnung sich aneinanderreihender Arbeitsverträge soll erfüllen können, bei einem formalen Neubeginn des Arbeitsverhältnisses aber die Zugehörigkeit zum „virtuellen Altbetrieb“ zwingend zu verneinen sein soll, nicht zu erkennen(so auch Bender/Schmidt NZA 2004, 358, 359).

25

dd) Die Berücksichtigung einer Vorbeschäftigung im Rahmen von § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG ist nach Maßgabe der genannten Voraussetzungen auch dann möglich, wenn die rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem Arbeitgeberwechsel steht.

26

(1) Im Rahmen von § 1 Abs. 1 KSchG sind auch solche Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer vor einem Betriebsübergang nach § 613a BGB beim Betriebsveräußerer zurückgelegt hat. Hat der Veräußerer das Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Arbeitnehmer dagegen nicht geklagt und wurde er gleichwohl vom Erwerber übernommen, hindert dies die Anrechnung der betreffenden Zeiten nicht, wenn sich die Beschäftigung beim Erwerber nahtlos anschließt oder die rechtliche Unterbrechung wegen eines engen sachlichen Zusammenhangs der Arbeitsverhältnisse unbeachtlich ist (BAG 27. Juni 2002 - 2 AZR 270/01 - zu B der Gründe, BAGE 102, 58).

27

(2) Für die Beurteilung, wann ein Arbeitsverhältnis iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG „begonnen“ hat, kann nichts anderes gelten. Der durch § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG gewährleistete Bestandsschutz ist an „das Arbeitsverhältnis“ als solches und damit an die kontinuierliche Beschäftigung des Arbeitnehmers im „virtuellen Altbetrieb“ geknüpft. Die Person des Vertragsarbeitgebers ist unbeachtlich. In Fällen eines Betriebsübergangs entspricht die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten im Rahmen von § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG überdies dem Schutzzweck von § 613a BGB und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG(ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16). Der Entscheidung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2007 (- 8 AZR 397/06 - Rn. 15 ff., BAGE 121, 273) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Danach handelt es sich bei dem durch die Arbeitnehmerzahl gemäß § 23 Abs. 1 KSchG vermittelten Schutz nach dem Ersten Abschnitt des Gesetzes zwar nicht um ein „Recht“ iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Dauer einer beim Betriebsveräußerer zurückgelegten Beschäftigungszeit zählt aber zu den „Rechten und Pflichten“ iSd. § 613a Abs. 1 BGB, in die der Betriebserwerber eintritt(BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 397/06 - Rn. 18 ff., aaO).

28

(3) Der Rückbezug des Beginns des Arbeitsverhältnisses auf einen vor der rechtlichen Unterbrechung liegenden Zeitpunkt kommt im Fall eines Arbeitgeberwechsels auch dann in Betracht, wenn zwar kein Betriebsübergang vorliegt, der neue und der alte Vertragsarbeitgeber den fraglichen Betrieb aber gemeinsam führen oder zumindest vor der Unterbrechung gemeinsam geführt haben. Zwar ist der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht unternehmens-, dh. arbeitgeberübergreifend ausgestaltet. Eine Ausnahme hiervon bilden aber Fälle, in denen zwei oder mehrere Unternehmen die gemeinsame Führung eines Betriebs vereinbart haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich unternehmensübergreifend von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 609/01 - zu B I 2 a der Gründe). Liegt ein gemeinsamer Betrieb vor, sind die von den beteiligten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer bei der Ermittlung der nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG maßgebenden Arbeitnehmerzahl zusammenzurechnen(vgl. BAG 9. Oktober 1997 - 2 AZR 64/97 - zu II 2 der Gründe, BAGE 86, 374). Dies kann auch im Rahmen von § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG Bedeutung gewinnen. Findet nach dem 31. Dezember 2003 zwar ein Wechsel des Vertragsarbeitgebers statt, bleibt die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb aber unverändert bestehen, weil neuer und alter Arbeitgeber diesen gemeinsam führen, berührt der Arbeitgeberwechsel die Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zum „virtuellen Altbetrieb“ nicht. Der am Gemeinschaftsbetrieb beteiligte neue Vertragsarbeitgeber muss sich so behandeln lassen, als habe das Arbeitsverhältnis schon während der Zeit der Vorbeschäftigung mit ihm selbst bestanden.

29

(4) Auch wenn kein Betriebsübergang vorliegt oder Gemeinschaftsbetrieb besteht, kann es dem alten oder neuen Arbeitgeber nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB verwehrt sein, sich auf eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses zu berufen. Das ist etwa anzunehmen, wenn die Unterbrechung mit dem Ziel herbeigeführt wurde, den Bestandsschutz von „Alt-Arbeitnehmern“ nach § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG zu vereiteln(für die Ersatzeinstellung von Arbeitnehmern vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 22, BAGE 119, 343).

30

c) Danach durfte das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen nicht davon ausgehen, die Klägerin sei keine „Alt-Arbeitnehmerin“ im Sinne des Gesetzes. Es hätte prüfen müssen, ob Umstände vorliegen, die trotz der zum 30. November 2005 eingetretenen rechtlichen Unterbrechung dazu führen, dass der Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2004 zurückzubeziehen ist.

31

aa) Das Landesarbeitsgericht ist von einem Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember 2005 ausgegangen. Die nach diesem Zeitpunkt aufgrund des Auslaufens von Befristungen eingetretenen rechtlichen Unterbrechungen hat es für unschädlich erachtet. Letzteres ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Modalitäten der Beschäftigung wurden von der Beklagten vorgegeben. Die Arbeitsaufgaben der Klägerin blieben - auch wenn sich ihr zeitlicher Umfang änderte - die einer „Fachexpertin für Photogrammetrie“. Soweit das Arbeitsverhältnis Anfang März 2006 nicht nur rechtlich, sondern für die Dauer von 19 Kalendertagen auch zeitlich unterbrochen wurde, ist dies unschädlich. Die Parteien hatten ursprünglich eine nahtlose Weiterbeschäftigung der Klägerin im Anschluss an die beiden vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnisse vereinbart. Sie sind hiervon lediglich für die Durchführung einer Weiterbildung der Klägerin - einvernehmlich - abgerückt. Auf den unbedingten Willen der Beklagten, die Klägerin im Betrieb zu halten, hatte die Unterbrechung keinen Einfluss. Die Annahme eines engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den Vertragsverhältnissen ist unter diesen Umständen gerechtfertigt.

32

bb) Den Feststellungen im Berufungsurteil zufolge haben sich weder die äußeren Bedingungen, unter denen die Klägerin ihre Arbeitsleistung zu erbringen hatte, noch der Inhalt ihrer Tätigkeit durch die verschiedenen seit dem Jahr 2000 erfolgten Arbeitgeberwechsel geändert. Die Klägerin hat durchgängig am selben Ort, unter Nutzung derselben Geräte und in Zusammenarbeit mit denselben Kollegen Aufträge der Beklagten nach Weisung von deren Geschäftsführer erledigt. Damit liegen Umstände vor, die die Annahme rechtfertigen können, die Arbeitgeberwechsel stünden - wie von der Klägerin behauptet - im Zusammenhang mit Betriebsübergängen iSv. § 613a BGB. Sollte die Beklagte sogar Inhaberin der Betriebsmittel geblieben sein, können die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen auch ergeben, dass sie den Betrieb mit den jeweiligen Vertragsarbeitgebern der Klägerin gemeinsam geführt hat. Eine abschließende Bewertung ist dem Senat nicht möglich. Dazu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen.

33

II. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache - einschließlich des Antrags auf vorläufige Weiterbeschäftigung - an das Landesarbeitsgericht. Weder stellt sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO), noch kommt eine abschließende Sachentscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO zugunsten der Klägerin in Betracht.

34

1. Die Voraussetzungen für die Geltung des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes liegen nicht aus anderen Gründen nicht vor. Die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG hatte die Klägerin im Kündigungszeitpunkt erfüllt. Mit der Frage, ob im Betrieb der Beklagten eine für § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG hinreichend große Zahl anderer „Alt-Arbeitnehmer“ beschäftigt war, hat sich das Landesarbeitsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent - nicht befasst und den insoweit umstrittenen Sachverhalt nicht aufgeklärt. Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, sie sei ihrer Darlegungslast aus § 23 Abs. 1 KSchG nicht nachgekommen(zu dieser vgl. BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 29; 6. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 20 ff., BAGE 127, 102).

35

a) Will sich der Arbeitnehmer auf die Maßgeblichkeit des abgesenkten Schwellenwerts des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG berufen, genügt er seiner Darlegungslast regelmäßig zunächst dadurch, dass er schlüssige Anhaltspunkte für die Beschäftigung der erforderlichen Anzahl von „Alt-Arbeitnehmern“ aufzeigt. Auf entsprechenden Vortrag muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen erklären und ggf. dartun, welche rechtserheblichen Tatsachen der Behauptung des Arbeitnehmers entgegenstehen sollen (vgl. BAG 6. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - BAGE 127, 102). Tut er dies, ist es erneut Sache des Arbeitnehmers darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der abgesenkte Wert maßgeblich ist.

36

b) Danach hat die Klägerin ihrer Darlegungslast auf der ersten Stufe genügt. Sie hat neben den drei Personen, deren Arbeitsverhältnis unstreitig bereits vor dem 1. Januar 2004 begonnen hat, fünf weitere Arbeitnehmer namentlich benannt, von denen sie behauptet hat, sie seien bereits am 31. Dezember 2003 bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Der Vortrag impliziert die konkludente Behauptung, die fraglichen Arbeitnehmer hätten nach dem Stichtag dem „virtuellen Altbetrieb“ kontinuierlich angehört. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die betreffenden Arbeitnehmer seien bei ihr erst seit dem 1. März oder 1. April 2006 beschäftigt gewesen. Ob sie damit geltend machen will, diese Personen erstmals zu dem fraglichen Zeitpunkt eingestellt zu haben, oder ob sie sich auf eine Wiedereinstellung nach vorhergehender Unterbrechung berufen will, ist nicht klar. Sollte Letzteres zutreffen, sind von der Beklagten - soweit ihr, nicht aber der Klägerin bekannt - die Gründe für die Unterbrechung aufzuzeigen, um der Klägerin ggf. weitere Darlegungen zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu ermöglichen.

37

2. Die Geltung des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes kann nicht dahinstehen. Dass die Kündigung auch bei - unterstellter - Anwendbarkeit von § 1 KSchG sozial gerechtfertigt wäre, steht nicht fest. Umgekehrt ist die Kündigung wirksam, sollte der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht eingreifen. Weder ist sie in unzulässiger Weise bedingt, noch fehlt es ihr an der erforderlichen Bestimmtheit. Sie verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

38

a) Der Senat kann nicht selbst beurteilen, ob die Klägerin ihre Arbeitsleistung - so die Beklagte - beharrlich verweigert hat und die ordentliche Kündigung dadurch iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist.

39

aa) Eine beharrliche Arbeitsverweigerung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeit bewusst nicht erbringt und weiterhin nicht erbringen will, obwohl er zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Eine Arbeitspflicht besteht grundsätzlich nur im ungekündigten Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer verletzt deshalb regelmäßig keine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in einem von ihm angestrengten Kündigungsschutzprozess davon absieht, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft anzubieten.

40

bb) Überdies gibt § 12 KSchG einem Arbeitnehmer, der im Verlauf eines Kündigungsschutzprozesses ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, die Möglichkeit, binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem zu verweigern. Vor Ablauf der Wochenfrist des § 12 Satz 1 KSchG ist er zu einer solchen Erklärung nicht verpflichtet. Äußert sich der Arbeitnehmer - wie im Streitfall die Klägerin - binnen der Frist nicht, ist er, auch bei entgegenstehender innerer Willensrichtung, zur Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses verpflichtet (vgl. APS/Biebl 4. Aufl. § 12 KSchG Rn. 18; ErfK/Kiel 13. Aufl. § 12 KSchG Rn. 12; KR/Rost 10. Aufl. § 12 KSchG Rn. 13).

41

cc) Im Streitfall hatte das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 11. März 2010 die Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung vom 28. November 2008 festgestellt. Das vollständig abgefasste Urteil wurde der Klägerin am 1. April 2010 zugestellt. Es ist damit - da Anhaltspunkte für einen Rechtsmittelverzicht nicht vorliegen - frühestens am 3. Mai 2010, einem Montag, formell rechtskräftig geworden. Da die Klägerin bei Zustellung des Urteils bereits in einem Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber stand, war sie somit nicht vor Dienstag, dem 11. Mai 2010 gehalten, ihre Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen.

42

dd) Ob die Klägerin, weil sie auch anschließend noch der Arbeit ferngeblieben ist, ihre Arbeit verweigert hat, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Zur Hartnäckigkeit im Willen der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Beklagte der Klägerin eine Tätigkeit im vermessungstechnischen Außendienst angetragen hat. Ob dies vertragsgemäß war, ist ebenso wenig festgestellt. Ggf. wird zu prüfen sein, ob die Beklagte die Klägerin vor einer Kündigung hätte abmahnen müssen, um sie zu vertragsgerechtem Verhalten anzuhalten.

43

b) Eine abschließende Entscheidung ist auch zugunsten der Klägerin nicht möglich. Die ordentliche Kündigung vom 17. Mai 2010 hat Bestand, wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht anzuwenden ist.

44

aa) Die Kündigung enthält keine Bedingung, die ihrer Wirksamkeit im Wege stünde. Auch eine „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung drückt den Willen des Arbeitgebers aus, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Zusatz „hilfweise“ oder „vorsorglich“ macht lediglich deutlich, dass der Arbeitgeber sich in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand beruft, auf dessen Rechtswirkungen also nicht etwa verzichten will (BAG 12. Oktober 1954 - 2 AZR 36/53 - zu III der Gründe, BAGE 1, 110). Die „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung steht unter einer - zulässigen (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn. 22) - auflösenden Rechtsbedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB. Ihre Wirkung endigt, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst worden ist (ähnlich KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 169).

45

bb) Die ordentliche Kündigung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb unwirksam, weil im Kündigungsschreiben ein konkretes Beendigungsdatum nicht ausdrücklich genannt ist. Einer solchen Angabe bedurfte es nicht.

46

(1) Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Deshalb muss sich aus der Erklärung oder den Umständen zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 20, BAGE 116, 336). Ob dies hinreichend deutlich wird, richtet sich nach den Verhältnissen bei Ausspruch der Kündigung (BAG 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

47

(2) Die an eine ordentliche Kündigung zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen verlangen vom Kündigenden nicht, den Kündigungstermin als konkretes kalendarisches Datum in der Kündigungserklärung ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist (vgl. APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 20; APS/Linck 4. Aufl. § 622 BGB Rn. 66c; HaKo-KSchR/Fiebig/Mestwerdt 4. Aufl. Einl. Rn. 18; MünchKommBGB/Hesse 6. Aufl. § 620 Rn. 78; Palandt/Weidenkopf 72. Aufl. Vorb. § 620 BGB Rn. 32; Staudinger/Oetker (2012) Vorb. zu §§ 620 ff. Rn. 125; Eisemann NZA 2011, 601; Muthers RdA 2012, 172, 176; Fleddermann ArbRAktuell 2011, 347; Raab RdA 2004, 321, 326).

48

(3) Es kann dahinstehen, ob eine Kündigung, die vom Arbeitgeber isoliert als ordentliche Kündigung und als solche „zum nächstzulässigen Termin“ ausgesprochen wird, diesen Bestimmtheitsanforderungen in jedem Fall genügt. Zumindest eine nur „hilfsweise“ für den Fall der Unwirksamkeit einer fristlosen Kündigung ausgesprochene ordentliche Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ entspricht den gesetzlichen Anforderungen.

49

(a) Eine ordentliche Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ ist typischerweise so auszulegen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt (BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278). Der gewollte Beendigungstermin ist damit jedenfalls objektiv eindeutig bestimmbar. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert.

50

(b) Ob dies auch im anderen Falle ausreichend ist oder dem das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers entgegensteht, mit Blick auf die im ungekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Verpflichtung zur Arbeitsleistung und zur Unterlassung von Wettbewerb Auskunft darüber zu erhalten, zu welchem konkreten Zeitpunkt der Arbeitgeber subjektiv das Arbeitsverhältnis als beendet ansieht, braucht nicht entschieden zu werden. Es kann deshalb gleichermaßen offenbleiben, ob sich dieses Interesse des Arbeitnehmers auf die Bestimmtheit der Kündigungserklärung auswirkt oder etwa bestimmte Pflichten des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB begründet. Die Beklagte hat die ordentliche Kündigung nicht isoliert als solche erklärt. Sie hat vielmehr zuvörderst „fristlos“ und nur hilfsweise ordentlich zum „nächst zulässigen Termin“ gekündigt. Die Klägerin als Kündigungsempfängerin war damit nicht im Unklaren darüber, wann das Arbeitsverhältnis nach der Vorstellung der Beklagten tatsächlich beendet sein sollte - nämlich mit Zugang des Schreibens vom 17. Mai 2010. Darauf musste und konnte sie sich in ihrem praktischen Handeln einstellen. Darauf, ob es ihr ohne Schwierigkeiten möglich war, auch den Ablauf der Frist der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung zuverlässig zu ermitteln, kommt es unter diesen Umständen nicht an.

51

cc) Die ordentliche Kündigung vom 17. Mai 2010 verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe den Umständen nach im Kündigungszeitpunkt zumindest subjektiv davon ausgehen dürfen, die Klägerin habe an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei ihr kein wirkliches Interesse mehr, und hat mit dieser Begründung eine Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 242 BGB verneint. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zuvor abzumahnen, bestand außerhalb einer Geltung des Kündigungsschutzgesetzes nicht.

52

III. Sollte das Landesarbeitsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, das Arbeitsverhältnis sei durch die ordentliche Kündigung aufgelöst worden, wird es zu ermitteln haben, welche Kündigungsfrist einzuhalten war. Seine bisherige Auffassung, objektiv maßgebend sei eine Frist von zwei Monaten, berücksichtigt nicht das Vorbringen der Klägerin zum Vorliegen von Betriebsübergängen iSd. § 613a Abs. 1 BGB. Daraus kann sich - je nach den Umständen - das Erfordernis ergeben, Beschäftigungszeiten aus einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis anzurechnen (vgl. dazu BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 48; 18. September 2003 - 2 AZR 330/02 - zu B I der Gründe).

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Berger    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. November 2011 - 3 Sa 157/11 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie es der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26. Januar 2011 - 4 Ca 2050/10 - stattgegeben hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - noch - über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung.

2

Die Klägerin ist ausgebildete kartographische Zeichnerin und Ingenieurin für Kartographie und Geodäsie. Sie war bei der Beklagten - unter Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten - seit dem 1. September 1966 als Gruppenleiterin, Stereoauswerterin und Fachexpertin für photogrammetrische Spezialauswertungen tätig. Geschäftsführer der Beklagten ist seit dem 1. Februar 1999 D (senior).

3

Am 30. Oktober 2000 schlossen die Parteien mit Wirkung zum 31. Oktober 2000 einen Aufhebungsvertrag. Zugleich unterzeichnete die Klägerin einen neuen Anstellungsvertrag, der als Arbeitsbeginn den 1. November 2000 und als Tätigkeit die einer „Fachexpertin für Photogrammetrie“ vorsah. Als Arbeitgeberin war die „Firma D“, eine dem Sohn des Geschäftsführers der Beklagten gehörende Einzelfirma, aufgeführt. Der neue Vertrag wurde auf Geschäftspapier der Beklagten ausgefertigt und von deren Geschäftsführer mit dem Zusatz „i. V.“ unterzeichnet. Laut Nr. 1 des Vertrags „gilt [als Einstellungsdatum] der 01.09.1966“. In der Folgezeit bearbeitete die Klägerin - in Zusammenarbeit mit ihren bisherigen Arbeitskollegen - am selben Arbeitsplatz und mit denselben Arbeitsmitteln wie zuvor Aufträge der Beklagten. Der Geschäftsführer der Beklagten war - anders als sein Sohn - in den Geschäftsräumen präsent und erteilte sowohl der Klägerin als auch den übrigen Mitarbeitern Anweisungen.

4

Am 31. März 2005 wurde das mit der „Firma D“ bestehende Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Zuvor hatte die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit der g Geodatenservice, Informationssysteme und Neue Medien GmbH (im Folgenden: g GmbH) für eine Beschäftigung beginnend ab dem 1. April 2005 unterzeichnet. Einer der Gesellschafter der g GmbH war der Geschäftsführer der Beklagten; ihr Geschäftsführer war dessen Sohn. Die Tätigkeit der Klägerin und die tatsächlichen Umstände, unter denen sie ihre Arbeitsleistung zu erbringen hatte, blieben weiterhin unverändert. Im Zusammenhang mit der neuerlichen Vertragsänderung war der Klägerin eine Wiederanstellung bei der Beklagten in Aussicht gestellt worden. Im Vorgriff hierauf unterzeichneten die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 1. August 2005. Im Juli 2005 erklärte der Geschäftsführer der Beklagten demgegenüber, ein Wechsel von Mitarbeitern sei „aktuell ungünstig“.

5

Ihre Vergütung bezog die Klägerin über den Monat August 2005 hinaus von der g GmbH. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 ordentlich zum 30. November 2005. Zuvor hatte der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber der Klägerin erklärt, die Kündigung sei aus „firmeninternen Gründen“ geboten; er wolle sie als Arbeitskraft jedoch nicht verlieren. Entsprechende Erklärungen hatte er auch mit Blick auf die zwischen der Klägerin und seinem Sohn bzw. der g GmbH geschlossenen Arbeitsverträge und damit einhergehende Aufhebungsverträge abgegeben. Dementsprechend hatten die Parteien schon vor dem 25. Oktober 2005 einen auf den 1. Februar 2006 vordatierten Arbeitsvertrag über eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung der Klägerin bei der Beklagten mit Beginn ab März 2006 geschlossen. Außerdem schlossen die Parteien zwei befristete Arbeitsverträge, die eine geringfügige Beschäftigung der Klägerin zum Gegenstand hatten, einmal für die Monate Dezember 2005 und Januar 2006, und das andere Mal für den Monat Februar 2006. Regelungen betreffend die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten sind in diesen Verträgen - ebenso wenig wie im Arbeitsvertrag mit der g GmbH - nicht enthalten.

6

Gegen die Kündigung vom 25. Oktober 2005 erhob die Klägerin keine Klage. Seit dem 1. Dezember 2005 arbeitete sie als „Fachexpertin für Photogrammetrie“ wieder für die Beklagte. Eine Ausnahme bildeten die Tage vom 1. bis 19. März 2006. In dieser Zeit nahm die Klägerin in Abstimmung mit der Beklagten an einer von der Agentur für Arbeit geförderten Weiterbildungsmaßnahme teil. Der schriftliche Arbeitsvertrag betreffend die Vollzeitbeschäftigung ab März 2006 wurde entsprechend angepasst.

7

Im August 2006 und im Januar 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis jeweils ordentlich. Die Kündigung vom Januar 2007 verband sie mit dem Angebot einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen. Nachdem die Klägerin gegen beide Kündigungen erfolgreich Klage erhoben hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 28. November 2008 erneut ordentlich. Am 11. März 2010 gab das Landesarbeitsgericht der hiergegen gerichteten Klage wegen Sozialwidrigkeit der Kündigung statt; das vollständig abgefasste - inzwischen rechtskräftige - Urteil wurde der Klägerin am 1. April 2010 zugestellt.

8

Die Klägerin war mittlerweile ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eingegangen. Mit Schreiben vom 16. März 2010 forderte die Beklagte sie auf, die Arbeit bei ihr am 22. März 2010 wieder aufzunehmen. Zugleich teilte sie mit, der Arbeitseinsatz werde im vermessungstechnischen Außendienst erfolgen. Am 6. April 2010 verlangte sie von der Klägerin, eine Erklärung gemäß § 12 KSchG abzugeben oder die für das andere Arbeitsverhältnis maßgebende Kündigungsfrist bekannt zu geben. Nachdem die Klägerin diese Schreiben und eine weitere Arbeitsaufforderung vom 12. Mai 2010 unbeantwortet gelassen hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 17. Mai 2010 „fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Termin“. Zu dieser Zeit waren in ihrem Betrieb neben der Klägerin regelmäßig weitere acht Arbeitnehmer beschäftigt, darunter mindestens drei, deren Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. Januar 2004 begonnen hatte.

9

Die Klägerin hat mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage geltend gemacht, die Kündigungen vom 17. Mai 2010 seien unwirksam. Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Die ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Ihr stehe als „Alt-Arbeitnehmerin“ der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz zu. Die Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten, der Einzelfirma „D“ und der g GmbH stellten eine Einheit dar. Den Arbeitgeberwechseln liege jeweils ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB zugrunde. Daraus folge, dass von einem Arbeitsbeginn bei der Beklagten schon vor dem 1. Januar 2004 auszugehen sei. Die Klägerin hat behauptet, im Betrieb der Beklagten seien im Kündigungszeitpunkt weitere fünf, insgesamt also neun „Alt-Arbeitnehmer“ beschäftigt gewesen. Im Übrigen hat sie gemeint, selbst bei Nichtgeltung des Kündigungsschutzgesetzes sei die ordentliche Kündigung unwirksam; sie sei treuwidrig.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung vom 17. Mai 2010, noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist;

        

2.    

im Falle ihres Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, sie bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Fachexpertin für Photogrammetrie weiterzubeschäftigen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien wirksam. Die Klägerin habe im Anschluss an die gerichtliche Entscheidung vom 11. März 2010 die ihr zugewiesene Arbeit im vermessungstechnischen Dienst grundlos und beharrlich verweigert. Das stütze zumindest die ordentliche Kündigung, die keiner Überprüfung auf ihre soziale Rechtfertigung unterliege. Bei ihrem Betrieb habe es sich im Kündigungszeitpunkt um einen „Kleinbetrieb“ iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gehandelt. Die Voraussetzungen für die Maßgeblichkeit des Schwellenwerts in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG lägen nicht vor. Die ordentliche Kündigung verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Sie beruhe auf sachlichen Erwägungen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage hinsichtlich der ordentlichen Kündigung abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin, die erstinstanzliche Entscheidung in vollem Umfang wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin ist begründet. Es lässt sich noch nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 17. Mai 2010 aufgelöst worden ist. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung habe einer sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 KSchG nicht bedurft. Es steht noch nicht fest, dass es sich bei dem Betrieb der Beklagten im Kündigungszeitpunkt um einen Kleinbetrieb iSd. § 23 Abs. 1 KSchG gehandelt hat(I). Dies führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (II). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung findet (1). Dessen Geltung kann nicht dahinstehen (2).

14

I. Streitgegenstand im Revisionsverfahren ist nurmehr die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vom 17. Mai 2010. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung habe einer sozialen Rechtfertigung nicht bedurft, weil die betrieblichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht erfüllt seien, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

15

1. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes bis auf wenige Regelungen nicht in Betrieben mit in der Regel fünf oder weniger beschäftigten Arbeitnehmern nach der Zählweise des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG. Dies entspricht der Rechtslage vor dem 1. Januar 2004 (Inkrafttreten des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. I, S. 3002). Mit Überschreiten des Schwellenwerts findet dagegen grundsätzlich ua. § 1 KSchG Anwendung.

16

2. § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KSchG schränkt diese Rechtsfolge ein: Nur wenn der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nach wie vor deshalb überschritten ist, weil die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern schon vor dem 1. Januar 2004 beschäftigt war („Alt-Arbeitnehmer”), ist der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes - für diese - eröffnet. Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung erst nach dem 31. Dezember 2003 aufgenommen haben, können sich dagegen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KSchG auf die Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nur und erst dann berufen, wenn im Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind (BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 21 ff.; 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 14, 15, BAGE 119, 343).

17

3. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren im Betrieb der Beklagten zuletzt insgesamt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin kann sich auf den allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes folglich nur berufen, wenn im Kündigungszeitpunkt im Betrieb der Beklagten - einschließlich ihrer selbst - noch mehr als fünf „Alt-Arbeitnehmer“ iSv. § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KSchG beschäftigt waren.

18

4. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, diese Voraussetzungen lägen schon deshalb nicht vor, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 1. Dezember 2005 neu begründet worden sei. Die vorausgegangene Kündigung durch die g GmbH gelte, weil die Klägerin gegen sie nicht geklagt habe, gemäß § 7 KSchG als wirksam. Wegen der damit einhergehenden rechtlichen Unterbrechung scheide die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten aus. Darauf, ob die erfolgten Arbeitgeberwechsel auf einem Betriebsübergang (§ 613a BGB) beruht hätten, komme es nicht an.

19

5. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Regelungen in § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG schließen es bei ununterbrochener Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb nicht aus, mehrere aufeinanderfolgende Arbeitsverhältnisse sowohl zum selben als auch zu verschiedenen Arbeitgebern als Einheit anzusehen und für den Beginn des Arbeitsverhältnisses iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KSchG auf ein vorangegangenes Vertragsverhältnis abzustellen.

20

a) Mit Blick auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist von einem „ununterbrochenen“ Arbeitsverhältnis auch dann auszugehen, wenn innerhalb des Sechsmonatszeitraums zwar zwei oder mehr Arbeitsverhältnisse liegen, diese aber ohne zeitliche Unterbrechung unmittelbar aufeinanderfolgen. Selbst in Fällen, in denen es an einer nahtlosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses fehlt, kann die rechtliche Unterbrechung unschädlich sein, wenn die Dauer der tatsächlichen Unterbrechung verhältnismäßig kurz ist und zwischen den aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht (bspw. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 19, 29; grundlegend: 23. September 1976 - 2 AZR 309/75 - zu I 2 der Gründe, BAGE 28, 176).

21

b) Im Schrifttum - soweit es sich mit der Frage befasst - wird angenommen, diese Grundsätze seien auf die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG zu übertragen(vgl. MünchKommBGB/Hergenröder 6. Aufl. § 23 KSchG Rn. 19; KDZ-KSchR/Deinert 8. Aufl. § 23 Rn. 40; Bender/Schmidt NZA 2004, 358, 359; Hanau ZIP 2004, 1169, 1179; Kock MDR 2007, 1109). Dies trifft zu. Der Beginn des aktuellen Arbeitsverhältnisses iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG liegt in Fällen einer rechtlichen Unterbrechung am Beginn eines vorangehenden Arbeitsverhältnisses, wenn die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb ohne relevante Zäsur geblieben und dort sowohl vor als auch nach der Unterbrechung die erforderliche Anzahl von „Alt-Arbeitnehmern“ beschäftigt ist. Das gilt auch dann, wenn die Unterbrechung mit einem Wechsel des Arbeitgebers einhergeht, sofern die Identität des „virtuellen Altbetriebs“ (BT-Drucks. 15/1204 S. 14) und die Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zu diesem Betrieb gewahrt geblieben sind. Dieses Verständnis ist vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt und nach Sinn und Zweck des Gesetzes geboten. Das Gesetz will den zum „virtuellen Altbetrieb“ gehörenden Arbeitnehmern den Kündigungsschutz erhalten, solange der Personalbestand des „Altbetriebs“ dafür ausreichend groß bleibt.

22

aa) § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG stellt auf das „Arbeitsverhältnis“ und dessen Beginn ab. Der Wortlaut des Gesetzes lässt es zwanglos zu, bei der Beurteilung, wann das Arbeitsverhältnis, das die Zugehörigkeit zum Betrieb vermittelt, „begonnen hat“, rechtliche Unterbrechungen außer Acht zu lassen und vorangegangene Vertragsbeziehungen mit in den Blick zu nehmen. Selbst das Erfordernis eines „ununterbrochenen“ Arbeitsverhältnisses in § 1 Abs. 1 KSchG steht einer solchen Annahme nicht entgegen(BAG 23. September 1976 - 2 AZR 309/75 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 28, 176).

23

bb) Die Regelungen in § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG sollen für die schon am 31. Dezember 2003 im Betrieb beschäftigten „Alt-Arbeitnehmer“ einen ggf. unbefristeten Bestandsschutz gewährleisten. Für sie soll der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz so lange erhalten bleiben, wie ihre Anzahl nicht auf fünf oder weniger absinkt (BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 17 ff., BAGE 119, 343). Der vom Gesetz bezweckte Bestandsschutz wäre deutlich abgeschwächt, wenn rechtliche Unterbrechungen unabhängig von ihrem Anlass und ungeachtet einer durchgehenden Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb geeignet wären, dessen Zugehörigkeit zum „virtuellen Altbetrieb“ aufzuheben. Für einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers gibt es keinen Anhaltspunkt. Eine solche Intention folgt insbesondere nicht aus dem beschäftigungsfördernden Zweck der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KSchG. Mit der Anhebung des Schwellenwerts für die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes sollten Arbeitgeber von möglichen Einstellungshemmnissen bis zur Grenze von zehn Arbeitnehmern befreit werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, auf diese Weise die Entscheidung zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu erleichtern (vgl. schon BT-Drucks. 15/1204 S. 1, 2, 13). Um eine in diesem Sinne beschäftigungsfördernde Maßnahme handelt es sich aber nicht, wenn ein vor dem 1. Januar 2004 begründetes Arbeitsverhältnis später zwar rechtlich aufgelöst wird, sich ein neues Arbeitsverhältnis derselben Parteien aber ohne (relevante) Unterbrechungszeit anschließt. Dem steht nicht entgegen, dass Ersatzeinstellungen für ausgeschiedene „Alt-Arbeitnehmer“ eine Weitergeltung des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG nicht bewirken können(vgl. dazu BAG 5. November 2009 - 2 AZR 383/08 - Rn. 16 mwN; grundlegend: BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 18 ff., BAGE 119, 343). Da nur „Alt-Arbeitnehmer“ einen am 31. Dezember 2003 bestehenden Kündigungsschutz behalten sollen, zählen für den Schwellenwert in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur die Arbeitnehmer, die diesen ebenfalls genießen(BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 41, aaO). Bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer, der bereits am 31. Dezember 2003 dem Betrieb angehörte und in diesem sowohl vor als auch nach der rechtlichen Unterbrechung kontinuierlich weisungsabhängig tätig war, handelt es sich nicht um eine Ersatzeinstellung. Der Arbeitnehmer gehörte vielmehr durchweg zum Kreis der „Alt-Arbeitnehmer“ des Betriebs.

24

cc) Für einen Rückbezug des Beginns des Arbeitsverhältnisses trotz rechtlicher Unterbrechung sprechen überdies systematische Erwägungen. Der durch § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG gewährleistete Bestandsschutz knüpft wie § 1 Abs. 1 KSchG an das individuelle Arbeitsverhältnis der dem „Altbetrieb“ angehörenden Arbeitnehmer an. Ist der Arbeitgeber durchweg derselbe geblieben, ist ein nachvollziehbarer Grund, weshalb ein Arbeitnehmer zwar die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG durch Zusammenrechnung sich aneinanderreihender Arbeitsverträge soll erfüllen können, bei einem formalen Neubeginn des Arbeitsverhältnisses aber die Zugehörigkeit zum „virtuellen Altbetrieb“ zwingend zu verneinen sein soll, nicht zu erkennen(so auch Bender/Schmidt NZA 2004, 358, 359).

25

dd) Die Berücksichtigung einer Vorbeschäftigung im Rahmen von § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG ist nach Maßgabe der genannten Voraussetzungen auch dann möglich, wenn die rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem Arbeitgeberwechsel steht.

26

(1) Im Rahmen von § 1 Abs. 1 KSchG sind auch solche Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer vor einem Betriebsübergang nach § 613a BGB beim Betriebsveräußerer zurückgelegt hat. Hat der Veräußerer das Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Arbeitnehmer dagegen nicht geklagt und wurde er gleichwohl vom Erwerber übernommen, hindert dies die Anrechnung der betreffenden Zeiten nicht, wenn sich die Beschäftigung beim Erwerber nahtlos anschließt oder die rechtliche Unterbrechung wegen eines engen sachlichen Zusammenhangs der Arbeitsverhältnisse unbeachtlich ist (BAG 27. Juni 2002 - 2 AZR 270/01 - zu B der Gründe, BAGE 102, 58).

27

(2) Für die Beurteilung, wann ein Arbeitsverhältnis iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG „begonnen“ hat, kann nichts anderes gelten. Der durch § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG gewährleistete Bestandsschutz ist an „das Arbeitsverhältnis“ als solches und damit an die kontinuierliche Beschäftigung des Arbeitnehmers im „virtuellen Altbetrieb“ geknüpft. Die Person des Vertragsarbeitgebers ist unbeachtlich. In Fällen eines Betriebsübergangs entspricht die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten im Rahmen von § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG überdies dem Schutzzweck von § 613a BGB und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG(ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16). Der Entscheidung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2007 (- 8 AZR 397/06 - Rn. 15 ff., BAGE 121, 273) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Danach handelt es sich bei dem durch die Arbeitnehmerzahl gemäß § 23 Abs. 1 KSchG vermittelten Schutz nach dem Ersten Abschnitt des Gesetzes zwar nicht um ein „Recht“ iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Dauer einer beim Betriebsveräußerer zurückgelegten Beschäftigungszeit zählt aber zu den „Rechten und Pflichten“ iSd. § 613a Abs. 1 BGB, in die der Betriebserwerber eintritt(BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 397/06 - Rn. 18 ff., aaO).

28

(3) Der Rückbezug des Beginns des Arbeitsverhältnisses auf einen vor der rechtlichen Unterbrechung liegenden Zeitpunkt kommt im Fall eines Arbeitgeberwechsels auch dann in Betracht, wenn zwar kein Betriebsübergang vorliegt, der neue und der alte Vertragsarbeitgeber den fraglichen Betrieb aber gemeinsam führen oder zumindest vor der Unterbrechung gemeinsam geführt haben. Zwar ist der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht unternehmens-, dh. arbeitgeberübergreifend ausgestaltet. Eine Ausnahme hiervon bilden aber Fälle, in denen zwei oder mehrere Unternehmen die gemeinsame Führung eines Betriebs vereinbart haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich unternehmensübergreifend von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 609/01 - zu B I 2 a der Gründe). Liegt ein gemeinsamer Betrieb vor, sind die von den beteiligten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer bei der Ermittlung der nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG maßgebenden Arbeitnehmerzahl zusammenzurechnen(vgl. BAG 9. Oktober 1997 - 2 AZR 64/97 - zu II 2 der Gründe, BAGE 86, 374). Dies kann auch im Rahmen von § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG Bedeutung gewinnen. Findet nach dem 31. Dezember 2003 zwar ein Wechsel des Vertragsarbeitgebers statt, bleibt die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb aber unverändert bestehen, weil neuer und alter Arbeitgeber diesen gemeinsam führen, berührt der Arbeitgeberwechsel die Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zum „virtuellen Altbetrieb“ nicht. Der am Gemeinschaftsbetrieb beteiligte neue Vertragsarbeitgeber muss sich so behandeln lassen, als habe das Arbeitsverhältnis schon während der Zeit der Vorbeschäftigung mit ihm selbst bestanden.

29

(4) Auch wenn kein Betriebsübergang vorliegt oder Gemeinschaftsbetrieb besteht, kann es dem alten oder neuen Arbeitgeber nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB verwehrt sein, sich auf eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses zu berufen. Das ist etwa anzunehmen, wenn die Unterbrechung mit dem Ziel herbeigeführt wurde, den Bestandsschutz von „Alt-Arbeitnehmern“ nach § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG zu vereiteln(für die Ersatzeinstellung von Arbeitnehmern vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 22, BAGE 119, 343).

30

c) Danach durfte das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen nicht davon ausgehen, die Klägerin sei keine „Alt-Arbeitnehmerin“ im Sinne des Gesetzes. Es hätte prüfen müssen, ob Umstände vorliegen, die trotz der zum 30. November 2005 eingetretenen rechtlichen Unterbrechung dazu führen, dass der Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2004 zurückzubeziehen ist.

31

aa) Das Landesarbeitsgericht ist von einem Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember 2005 ausgegangen. Die nach diesem Zeitpunkt aufgrund des Auslaufens von Befristungen eingetretenen rechtlichen Unterbrechungen hat es für unschädlich erachtet. Letzteres ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Modalitäten der Beschäftigung wurden von der Beklagten vorgegeben. Die Arbeitsaufgaben der Klägerin blieben - auch wenn sich ihr zeitlicher Umfang änderte - die einer „Fachexpertin für Photogrammetrie“. Soweit das Arbeitsverhältnis Anfang März 2006 nicht nur rechtlich, sondern für die Dauer von 19 Kalendertagen auch zeitlich unterbrochen wurde, ist dies unschädlich. Die Parteien hatten ursprünglich eine nahtlose Weiterbeschäftigung der Klägerin im Anschluss an die beiden vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnisse vereinbart. Sie sind hiervon lediglich für die Durchführung einer Weiterbildung der Klägerin - einvernehmlich - abgerückt. Auf den unbedingten Willen der Beklagten, die Klägerin im Betrieb zu halten, hatte die Unterbrechung keinen Einfluss. Die Annahme eines engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den Vertragsverhältnissen ist unter diesen Umständen gerechtfertigt.

32

bb) Den Feststellungen im Berufungsurteil zufolge haben sich weder die äußeren Bedingungen, unter denen die Klägerin ihre Arbeitsleistung zu erbringen hatte, noch der Inhalt ihrer Tätigkeit durch die verschiedenen seit dem Jahr 2000 erfolgten Arbeitgeberwechsel geändert. Die Klägerin hat durchgängig am selben Ort, unter Nutzung derselben Geräte und in Zusammenarbeit mit denselben Kollegen Aufträge der Beklagten nach Weisung von deren Geschäftsführer erledigt. Damit liegen Umstände vor, die die Annahme rechtfertigen können, die Arbeitgeberwechsel stünden - wie von der Klägerin behauptet - im Zusammenhang mit Betriebsübergängen iSv. § 613a BGB. Sollte die Beklagte sogar Inhaberin der Betriebsmittel geblieben sein, können die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen auch ergeben, dass sie den Betrieb mit den jeweiligen Vertragsarbeitgebern der Klägerin gemeinsam geführt hat. Eine abschließende Bewertung ist dem Senat nicht möglich. Dazu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen.

33

II. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache - einschließlich des Antrags auf vorläufige Weiterbeschäftigung - an das Landesarbeitsgericht. Weder stellt sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO), noch kommt eine abschließende Sachentscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO zugunsten der Klägerin in Betracht.

34

1. Die Voraussetzungen für die Geltung des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes liegen nicht aus anderen Gründen nicht vor. Die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG hatte die Klägerin im Kündigungszeitpunkt erfüllt. Mit der Frage, ob im Betrieb der Beklagten eine für § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG hinreichend große Zahl anderer „Alt-Arbeitnehmer“ beschäftigt war, hat sich das Landesarbeitsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent - nicht befasst und den insoweit umstrittenen Sachverhalt nicht aufgeklärt. Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, sie sei ihrer Darlegungslast aus § 23 Abs. 1 KSchG nicht nachgekommen(zu dieser vgl. BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 29; 6. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 20 ff., BAGE 127, 102).

35

a) Will sich der Arbeitnehmer auf die Maßgeblichkeit des abgesenkten Schwellenwerts des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG berufen, genügt er seiner Darlegungslast regelmäßig zunächst dadurch, dass er schlüssige Anhaltspunkte für die Beschäftigung der erforderlichen Anzahl von „Alt-Arbeitnehmern“ aufzeigt. Auf entsprechenden Vortrag muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen erklären und ggf. dartun, welche rechtserheblichen Tatsachen der Behauptung des Arbeitnehmers entgegenstehen sollen (vgl. BAG 6. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - BAGE 127, 102). Tut er dies, ist es erneut Sache des Arbeitnehmers darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der abgesenkte Wert maßgeblich ist.

36

b) Danach hat die Klägerin ihrer Darlegungslast auf der ersten Stufe genügt. Sie hat neben den drei Personen, deren Arbeitsverhältnis unstreitig bereits vor dem 1. Januar 2004 begonnen hat, fünf weitere Arbeitnehmer namentlich benannt, von denen sie behauptet hat, sie seien bereits am 31. Dezember 2003 bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Der Vortrag impliziert die konkludente Behauptung, die fraglichen Arbeitnehmer hätten nach dem Stichtag dem „virtuellen Altbetrieb“ kontinuierlich angehört. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die betreffenden Arbeitnehmer seien bei ihr erst seit dem 1. März oder 1. April 2006 beschäftigt gewesen. Ob sie damit geltend machen will, diese Personen erstmals zu dem fraglichen Zeitpunkt eingestellt zu haben, oder ob sie sich auf eine Wiedereinstellung nach vorhergehender Unterbrechung berufen will, ist nicht klar. Sollte Letzteres zutreffen, sind von der Beklagten - soweit ihr, nicht aber der Klägerin bekannt - die Gründe für die Unterbrechung aufzuzeigen, um der Klägerin ggf. weitere Darlegungen zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu ermöglichen.

37

2. Die Geltung des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes kann nicht dahinstehen. Dass die Kündigung auch bei - unterstellter - Anwendbarkeit von § 1 KSchG sozial gerechtfertigt wäre, steht nicht fest. Umgekehrt ist die Kündigung wirksam, sollte der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht eingreifen. Weder ist sie in unzulässiger Weise bedingt, noch fehlt es ihr an der erforderlichen Bestimmtheit. Sie verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

38

a) Der Senat kann nicht selbst beurteilen, ob die Klägerin ihre Arbeitsleistung - so die Beklagte - beharrlich verweigert hat und die ordentliche Kündigung dadurch iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist.

39

aa) Eine beharrliche Arbeitsverweigerung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeit bewusst nicht erbringt und weiterhin nicht erbringen will, obwohl er zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Eine Arbeitspflicht besteht grundsätzlich nur im ungekündigten Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer verletzt deshalb regelmäßig keine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in einem von ihm angestrengten Kündigungsschutzprozess davon absieht, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft anzubieten.

40

bb) Überdies gibt § 12 KSchG einem Arbeitnehmer, der im Verlauf eines Kündigungsschutzprozesses ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, die Möglichkeit, binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem zu verweigern. Vor Ablauf der Wochenfrist des § 12 Satz 1 KSchG ist er zu einer solchen Erklärung nicht verpflichtet. Äußert sich der Arbeitnehmer - wie im Streitfall die Klägerin - binnen der Frist nicht, ist er, auch bei entgegenstehender innerer Willensrichtung, zur Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses verpflichtet (vgl. APS/Biebl 4. Aufl. § 12 KSchG Rn. 18; ErfK/Kiel 13. Aufl. § 12 KSchG Rn. 12; KR/Rost 10. Aufl. § 12 KSchG Rn. 13).

41

cc) Im Streitfall hatte das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 11. März 2010 die Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung vom 28. November 2008 festgestellt. Das vollständig abgefasste Urteil wurde der Klägerin am 1. April 2010 zugestellt. Es ist damit - da Anhaltspunkte für einen Rechtsmittelverzicht nicht vorliegen - frühestens am 3. Mai 2010, einem Montag, formell rechtskräftig geworden. Da die Klägerin bei Zustellung des Urteils bereits in einem Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber stand, war sie somit nicht vor Dienstag, dem 11. Mai 2010 gehalten, ihre Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen.

42

dd) Ob die Klägerin, weil sie auch anschließend noch der Arbeit ferngeblieben ist, ihre Arbeit verweigert hat, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Zur Hartnäckigkeit im Willen der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Beklagte der Klägerin eine Tätigkeit im vermessungstechnischen Außendienst angetragen hat. Ob dies vertragsgemäß war, ist ebenso wenig festgestellt. Ggf. wird zu prüfen sein, ob die Beklagte die Klägerin vor einer Kündigung hätte abmahnen müssen, um sie zu vertragsgerechtem Verhalten anzuhalten.

43

b) Eine abschließende Entscheidung ist auch zugunsten der Klägerin nicht möglich. Die ordentliche Kündigung vom 17. Mai 2010 hat Bestand, wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht anzuwenden ist.

44

aa) Die Kündigung enthält keine Bedingung, die ihrer Wirksamkeit im Wege stünde. Auch eine „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung drückt den Willen des Arbeitgebers aus, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Zusatz „hilfweise“ oder „vorsorglich“ macht lediglich deutlich, dass der Arbeitgeber sich in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand beruft, auf dessen Rechtswirkungen also nicht etwa verzichten will (BAG 12. Oktober 1954 - 2 AZR 36/53 - zu III der Gründe, BAGE 1, 110). Die „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung steht unter einer - zulässigen (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn. 22) - auflösenden Rechtsbedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB. Ihre Wirkung endigt, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst worden ist (ähnlich KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 169).

45

bb) Die ordentliche Kündigung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb unwirksam, weil im Kündigungsschreiben ein konkretes Beendigungsdatum nicht ausdrücklich genannt ist. Einer solchen Angabe bedurfte es nicht.

46

(1) Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Deshalb muss sich aus der Erklärung oder den Umständen zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 20, BAGE 116, 336). Ob dies hinreichend deutlich wird, richtet sich nach den Verhältnissen bei Ausspruch der Kündigung (BAG 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

47

(2) Die an eine ordentliche Kündigung zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen verlangen vom Kündigenden nicht, den Kündigungstermin als konkretes kalendarisches Datum in der Kündigungserklärung ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist (vgl. APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 20; APS/Linck 4. Aufl. § 622 BGB Rn. 66c; HaKo-KSchR/Fiebig/Mestwerdt 4. Aufl. Einl. Rn. 18; MünchKommBGB/Hesse 6. Aufl. § 620 Rn. 78; Palandt/Weidenkopf 72. Aufl. Vorb. § 620 BGB Rn. 32; Staudinger/Oetker (2012) Vorb. zu §§ 620 ff. Rn. 125; Eisemann NZA 2011, 601; Muthers RdA 2012, 172, 176; Fleddermann ArbRAktuell 2011, 347; Raab RdA 2004, 321, 326).

48

(3) Es kann dahinstehen, ob eine Kündigung, die vom Arbeitgeber isoliert als ordentliche Kündigung und als solche „zum nächstzulässigen Termin“ ausgesprochen wird, diesen Bestimmtheitsanforderungen in jedem Fall genügt. Zumindest eine nur „hilfsweise“ für den Fall der Unwirksamkeit einer fristlosen Kündigung ausgesprochene ordentliche Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ entspricht den gesetzlichen Anforderungen.

49

(a) Eine ordentliche Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ ist typischerweise so auszulegen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt (BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278). Der gewollte Beendigungstermin ist damit jedenfalls objektiv eindeutig bestimmbar. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert.

50

(b) Ob dies auch im anderen Falle ausreichend ist oder dem das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers entgegensteht, mit Blick auf die im ungekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Verpflichtung zur Arbeitsleistung und zur Unterlassung von Wettbewerb Auskunft darüber zu erhalten, zu welchem konkreten Zeitpunkt der Arbeitgeber subjektiv das Arbeitsverhältnis als beendet ansieht, braucht nicht entschieden zu werden. Es kann deshalb gleichermaßen offenbleiben, ob sich dieses Interesse des Arbeitnehmers auf die Bestimmtheit der Kündigungserklärung auswirkt oder etwa bestimmte Pflichten des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB begründet. Die Beklagte hat die ordentliche Kündigung nicht isoliert als solche erklärt. Sie hat vielmehr zuvörderst „fristlos“ und nur hilfsweise ordentlich zum „nächst zulässigen Termin“ gekündigt. Die Klägerin als Kündigungsempfängerin war damit nicht im Unklaren darüber, wann das Arbeitsverhältnis nach der Vorstellung der Beklagten tatsächlich beendet sein sollte - nämlich mit Zugang des Schreibens vom 17. Mai 2010. Darauf musste und konnte sie sich in ihrem praktischen Handeln einstellen. Darauf, ob es ihr ohne Schwierigkeiten möglich war, auch den Ablauf der Frist der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung zuverlässig zu ermitteln, kommt es unter diesen Umständen nicht an.

51

cc) Die ordentliche Kündigung vom 17. Mai 2010 verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe den Umständen nach im Kündigungszeitpunkt zumindest subjektiv davon ausgehen dürfen, die Klägerin habe an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei ihr kein wirkliches Interesse mehr, und hat mit dieser Begründung eine Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 242 BGB verneint. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zuvor abzumahnen, bestand außerhalb einer Geltung des Kündigungsschutzgesetzes nicht.

52

III. Sollte das Landesarbeitsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, das Arbeitsverhältnis sei durch die ordentliche Kündigung aufgelöst worden, wird es zu ermitteln haben, welche Kündigungsfrist einzuhalten war. Seine bisherige Auffassung, objektiv maßgebend sei eine Frist von zwei Monaten, berücksichtigt nicht das Vorbringen der Klägerin zum Vorliegen von Betriebsübergängen iSd. § 613a Abs. 1 BGB. Daraus kann sich - je nach den Umständen - das Erfordernis ergeben, Beschäftigungszeiten aus einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis anzurechnen (vgl. dazu BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 48; 18. September 2003 - 2 AZR 330/02 - zu B I der Gründe).

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Berger    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.