Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Jan. 2017 - 6 Sa 189/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0112.6Sa189.16.00
12.01.2017

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier - 5 Ca 552/15 - vom 09. März 2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der am ... Juni 1968 geborene Kläger hat vom 04. August 2008 bis 01. Juli 2010 am B-N-T T, einer berufsbildenden Schule, Fachschule für Technik, erfolgreich eine Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker Fachrichtung Elektrotechnik, Schwerpunkt Energieelektronik absolviert. Mit diesem berufsqualifizierenden Abschluss hat der Kläger die Fachhochschulreife erworben.

3

Der Kläger war beim beklagten Land zuletzt seit Anfang 2011 an verschiedenen Schulen und in verschiedenen Fächern als Lehrer eingesetzt, zuletzt auf der Basis eines befristeten schriftlichen Arbeitsvertrages vom 19. Februar 2013 (Bl. 292 ff. d. A.) in der Fassung des Änderungsvertrages vom 30. April 2013 (Bl. 302 ff. d. A.), wegen deren Regelungen im Einzelnen jeweils auf den Akteninhalt Bezug genommen wird.

4

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht Trier gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses geklagt und zuletzt zugleich seine Weiterbeschäftigung über das Befristungsende hinaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 70,37 % unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TV-L verlangt. Mit Urteil vom 12. Februar 2014 - 5 Ca 913/13 - hat das Arbeitsgericht Trier die Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung festgestellt, das beklagte Land zur Weiterbeschäftigung des Klägers mit der von ihm begehrten Arbeitszeit verurteilt, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im vom beklagten Land vor dem Landesarbeitsgericht angestrengten Berufungsverfahren - 3 Sa 134/14 - haben die Parteien am 31. Juli 2014 einen Vergleich folgenden Inhalts geschlossen:

5

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass zwischen ihnen ab dem 06.07.2013 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 51,85 % als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung besteht. Dies entspricht derzeit 14 von 27 Wochenunterrichtsstunden.

6

2. Die Tätigkeit des Klägers wird ab dem 06.07.2013 vorbehaltlich etwaiger Zwischenverdienste vergütet nach der Lohngruppe E 6 Stufe 2, wobei zwischen den Parteien Einigkeit besteht, dass diese Vergütung das nicht zu unterschreitende Mindestentgelt des Klägers darstellt.

7

3. Damit sind alle wechselseitigen finanziellen Ansprüche aus dem bis zum 05.07.2013 bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien abgegolten.

8

4. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Vergütung des Klägers tarifgerecht erfolgt.“

9

Der Kläger wurde ab Unterrichtsbeginn des Schuljahres 2014/2015 der K B-Realschule Plus in W zugewiesen und dort zunächst mit 7 Stunden, der Hälfte seiner Gesamtstundenzahl (14/27 Wochenstunden), an die Integrierte Gesamtschule (im Folgenden: IGS) in Z abgeordnet. Im ersten Halbjahr des Schuljahres 2015/2016 wurde die Abordnung des Klägers an die IGS Z auf 8 Stunden erhöht; im zweiten Halbjahr 2015/2016 wurde der Kläger mit sämtlichen 14 Wochenstunden an die IGS Z abgeordnet. Ab dem 01. August 2016 erfolgte die Versetzung des Klägers an die IGS Z.

10

Der Kläger hat im Schuljahr 2014/2015 an der IGS Z in der Mittelstufe Physik und Mathematik in Grundkursen, Förderkursen und sog. E-Kursen für leistungsstärkere Schüler, die nach Einschätzung der Schule einen Gymnasialabschluss absolvieren können, unterrichtet. Darüber hinaus hat der Kläger eine Stunde Lernzeit für Unterstufenschüler gegeben und sie im 2. Halbjahr in Bildender Kunst unterrichtet. An der Realschule Plus hat der Kläger im Schuljahr 2014/2015 in der Unterstufe informatorische Bildung und im 9. bzw. 10. Schuljahr Elektrotechnik und Mathematik unterrichtet.

11

Auf Aufforderung des Klägers im Nachgang zum Vergleich vom 31. Juli 2014 teilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 05. November 2014 mit, er werde rückwirkend ab dem 06. Juli 2013 unbefristet an der K-B-Realschule plus in W beschäftigt mit 14/27 Wochenstunden und übersandte ihm eine Bezügemitteilung, wonach er nach der Tarifgruppe E 6, Stufe 2, mit einem Entgelt in Höhe von 1.216,31 EUR brutto vergütet wird (vgl. Kopien Bl. 20 bis 21 d. A.). Mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 widersprach der Kläger der Eingruppierung und Bezügemitteilung (vgl. Kopie Bl. 22 f. d. A.). Mit Schreiben vom 21. Januar 2015 lehnte das beklagte Land eine höhere Eingruppierung des Klägers ab (vgl. Kopie Bl. 24 bis 26 d. A.).

12

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die im Vergleich festgehaltene Eingruppierung habe lediglich das nicht zu unterschreitende Mindestentgelt darstellen sollen. Er sei nach den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Arbeitsverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in der bereinigten Fassung der Tarifeinigung vom 10. März 2011 gemäß Beschluss der 12./2011 Mitgliederversammlung der TdL am 19./20. Dezember 2011 (im Folgenden: Lehrer-Richtlinien der TdL) einzugruppieren. Da er die subjektiven Merkmale des Abschnitts A nicht erfülle, komme eine Eingruppierung angesichts seiner Tätigkeit an der IGS Z nach Ziff. B I in die Entgeltgruppe 11 in Betracht, da er ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule als Techniker absolviert habe und mindestens in zwei Fächern (Mathematik und Physik) unterrichte. Soweit er an der Realschule plus unterrichte, sei er in die Entgeltgruppe 11 nach Abschnitt B II 2 einzugruppieren, da die Fachschulausbildung zum staatlich geprüften Techniker dem Studium an einer Hochschule nach § 1 HRG gleichzusetzen sei, zumal der Abschluss des Technikers wie der eines Bachelors dem Niveau 6 des deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) und des europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) entspreche. Zu berücksichtigen sei, dass die Ausbildung zum Techniker nicht nur die viersemestrige Fachschulausbildung, sondern zuvor eine dreieinhalbjährige Berufsausbildung und weitergehend eine einschlägige einjährige Beschäftigung nach Ausbildungsabschluss voraussetze. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei gemäß § 12 TV EntgeltO Bund zumindest nach Entgeltgruppe 14 einzugruppieren. Die vom beklagten Land vorgenommene Eingruppierung nach E 6, die der eines Hausmeisters oder einer Reinigungskraft vergleichbar sei, könne jedenfalls nicht zutreffend sein. Das beklagte Land sei zur Zahlung der Differenzvergütung zwischen Entgeltgruppe E 6 Stufe 2 und Entgeltgruppe 11 Stufe 2 in Höhe von monatlich 448,96 Euro brutto rückwirkend ab 06. Juli 2013. Zuletzt hat der Kläger vorgetragen, es sei ergänzend eine Anlehnung an den TVöD vorzunehmen und die auszuübende, mithin die übertragene Tätigkeit als maßgebend zu betrachten, was vorliegend vielfältigste Tätigkeiten seien, die derjenigen einer Lehrkraft nach Abschnitt A Lehrer-Richtlinie TdL exakt entspreche und weshalb er Vergütung nach Entgeltgruppe E 13 beanspruchen könne, was zu einem monatlichen Differenzvergütungsanspruch von 725,96 Euro brutto führe. Das von der Beklagten herangezogene Schreiben des Kultusministeriums vom 11. März 1987 könne keine Anwendung finden. Die Vorbereitung auf das Abitur beginne nicht erst im 12. Schuljahr, sondern die Weichenstellung erfolge bereits in der von ihm unterrichteten Mittelstufe. Selbst wenn man nur die Qualifikation eines Realschullehrers unterstellen wolle, ergebe sich bei einer Eingruppierung in E 12 ein monatlicher Differenzvergütungsanspruch in Höhe von 520,89 Euro brutto. Der Kläger hat zuletzt vorgetragen, zumindest ab 01. August 2015 sei er nach Ziff. 1, 2 Vorbemerkung 2 der neuen sog. „Entgeltordnung Lehrkräfte“ als Anlage zum TV-EntgO-L wegen seiner Tätigkeit an verschiedenen Schulformen nicht lediglich in Entgeltgruppe E 10, sondern in die Besoldungsgruppe A 13, dh. Entgeltgruppe 13* oder zumindest Entgeltgruppe 13 zuzuordnen.

13

Der Kläger hat mit seiner am 05. Mai 2015 beim Arbeitsgericht Trier eingegangenen und dem beklagten Land am 11. Mai 2015 zugestellten Klage zunächst nur die Differenzvergütung zwischen der von ihm bezogenen Vergütung und Vergütung nach Entgeltgruppe E 11 Stufe 2 für die Monate Juli 2013 bis März 2015 und einen entsprechenden Feststellungsantrag geltend gemacht. Mit dem beklagten Land am 04. September 2015 zugestelltem Schriftsatz vom 31. August 2015 hat er die Vergütungsdifferenz zur Entgeltgruppe E 11 Stufe 2 weitergehend auch für die Monate April bis August 2015 verlangt, diese jedoch ebenso wie die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe E 6 Stufe 2 und Entgeltgruppe E 12 Stufe 2 für den Zeitraum Juli 2013 bis August 2014 nur hilfsweise geltend gemacht und die Klage in erster Linie auf Differenzvergütungsanspruch für die Monate Juli 2013 bis August 2015 zwischen der Entgeltgruppe E 6 Stufe 2 und der Entgeltgruppe E 13 Stufe 2 gestützt. Seinen Feststellungantrag hat der Kläger entsprechend angepasst und erweitert.

14

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

15

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.874,96 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 725,96 EUR seit dem 01.07.2013, dem 01.08.2013, dem 01.09.2013, dem 01.10.2013, dem 01.11.2013, dem 01.12.2013, dem 02.01.2014, dem 01.02.2014, dem 01.03.2014, dem 01.04.2014, dem 02.05.2014, dem 01.06.2014, dem 01.07.2014, dem 01.08.2014, dem 01.09.2014, dem 01.10.2014, dem 01.11.2014, dem 01.12.2014, dem 02.01.2015, dem 01.02.2015, dem 01.03.2015, dem 01.04.2015, dem 02.05.2015, dem 01.06.2015, dem 01.07.2015 sowie dem 01.08.2015 zu zahlen;

16

hilfsweise:

17

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.543,14 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 520,89 EUR seit dem 01.07.2013, dem 01.08.2013, dem 01.09.2013, dem 01.10.2013, dem 01.11.2013, dem 01.12.2013, dem 02.01.2014, dem 01.02.2014, dem 01.03.2014, dem 01.04.2014, dem 02.05.2014, dem 01.06.2014, dem 01.07.2014, dem 01.08.2014, dem 01.09.2014, dem 01.10.2014, dem 01.11.2014, dem 01.12.2014, dem 02.01.2015, dem 01.02.2015, dem 01.03.2015, dem 01.04.2015, dem 02.05.2015, dem 01.06.2015, dem 01.07.2015 sowie dem 01.08.2015 zu zahlen;

18

äußerst hilfsweise:

19

11.896,96 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 457,56 EUR seit dem 01.07.2013, dem 01.08.2013, dem 01.09.2013, dem 01.10.2013, dem 01.11.2013, dem 01.12.2013, dem 02.01.2014, dem 01.02.2014, dem 01.03.2014, dem 01.04.2014, dem 02.05.2014, dem 01.06.2014, dem 01.07.2014, dem 01.08.2014, dem 01.09.2014, dem 01.10.2014, dem 01.11.2014, dem 01.12.2014, dem 02.01.2015, dem 01.02.2015, dem 01.03.2015, dem 01.04.2015, dem 02.05.2015, dem 01.06.2015, dem 01.07.2015 sowie dem 01.08.2015 zu zahlen;

20

2. festzustellen, dass er in die Entgeltgruppe E 13 TV-L, Stufe 2, als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung einzugruppieren ist;

21

hilfsweise:

22

festzustellen, dass er in die Entgeltgruppe E 12 TV-L Stufe 2 als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen der jeweils gültigen Fassung einzugruppieren ist;

23

äußerst hilfsweise:

24

festzustellen, dass er in die Entgeltgruppe E 11 TV-L, Stufe 2, als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung einzugruppieren ist.

25

Das beklagte Land hat beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Es hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, da der Kläger über ein 2. Staatsexamen des entsprechenden Lehramtes unstreitig nicht verfüge, richte sich seine Eingruppierung gemäß §§ 22, 23 BAT nicht nach Abschnitt A der Lehrer-Richtlinien der TdL. Auch weise der Kläger weder ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule (Universität), noch einen Abschluss an einer Hochschule nach § 1 HRG (Fachhochschule) auf, da das B-N-Technikum, das die Fachschule für Technik und das Technische Gymnasium vereine, weder eine Universität, noch eine Hochschule iSd. § 1 HRG sei. Der Abschluss des Technikers sei auch nicht mit dem eines Bachelors vergleichbar, der ein mindestens 6-semestriges Studium an einer Hochschule voraussetze, wohingegen der Abschluss des Technikers an der Fachschule gemäß §§ 2, 26 Fachschulverordnung für in modularer Organisationsform geführten Bildungsgänge in den Fachschulen Technik, Wirtschaft, Gestaltung sowie Ernährung und Hauswirtschaft vom 02. Oktober 2003 (FSOModBildG RP) erst den Zugang zu einer Fachhochschule ermögliche. Die Qualitätsrahmen DQR und EQR seien ein freiwilliges Transparenzinstrument ohne rechtliche Verbindlichkeit. Da der Kläger auch den weiteren Fallgruppen des Abschnitts B nicht zugeordnet werde könne, finde eine Verweisung auf Abschnitt B I statt, dem ebenfalls keine einschlägige Fallgruppe zu entnehmen sei. Gemäß der noch immer geltenden Weisung des Kultusministeriums vom 11. März 1987 (Bl. 55 d. A.) habe in diesem Fall die Eingruppierung im Wege der Lückenausfüllung nach BAT VI b zu erfolgen, was der heutigen Entgeltgruppe E 6 TV-L entspreche, in die der Kläger daher zu Recht eingruppiert sei. § 12 TV-L finde im Bereich der Lehrkräfte keine Anwendung, da eine Einigung der Tarifvertragsparteien zu einer Entgeltordnung für den Bereich der Lehrkräfte nicht erfolgt sei. Der Kläger habe im Übrigen seinen Zahlungsanspruch nicht substantiiert dargelegt. Auch nach Inkraft-Treten des TV EntgO-L ab 01. August 2015 ergebe sich nichts anderes, da der Kläger einen Antrag auf Korrektur seiner Zuweisung einer anderen Entgeltgruppe der neuen Entgeltordnung nach §§ 11 iVm. § 29 a TVÜ-L nicht gestellt habe. Eine Ungleichbehandlung des Klägers liege nicht vor.

28

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 09. März 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei unbegründet. Da es dem Kläger nicht gelungen sei darzulegen, dass er die Voraussetzungen der im Hauptantrag bzw. in den Hilfsanträgen geltend gemachten Entgeltgruppen erfülle oder aus anderen Gründen entsprechend zu vergüten sei. Abschnitt A der kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbaren Lehrer-Richtlinien der TdL sei auf den Kläger als sog. Nichterfüller nicht anwendbar. Eine Regelungslücke, die die Anwendbarkeit des § 12 TV EntgO Bund mit sich bringe, bestehe nicht. Auch die Eingruppierungsvoraussetzungen des Abschnitts B der Lehrer-Richtlinien der TdL seien nicht erfüllt. Angesichts des Einsatzes des Klägers an der Realschule plus W als Stammschule und nach Unterabschnitt VI Ziff. 2 komme zwar eine Einordnung in den Unterabschnitt II in Betracht. Der Kläger verfüge jedoch nicht iSd. allein in Frage kommenden Abschnitts B II 1 bis 3 über ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule (Universität) oder an einer Hochschule nach § 1 HRG (Fachhochschule). Der Abschluss des Technikers könne nicht dem eines Bachelors gleichgestellt werden. In Ermangelung einer Einordnung habe das beklagte Land zu Recht auf die Weisung des damaligen Kultusministeriums vom 11. März 1987 zurückgegriffen. Die danach vorgesehene Vergütungsgruppe BAT VI b entspreche der Entgeltgruppe 6 TV-L des Klägers. Eine tarifliche Regelungslücke liege schon nicht vor und könne - selbst wenn sie möglich wäre - nicht durch die ab 01. August 2015 in Kraft getretene neue Entgeltordnung für Lehrkräfte geschlossen werden, die ohnehin nur eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe E 10 rechtfertigen könne, die der Kläger aber nicht verlange. Schlüssige Zahlungsanträge seien nicht gestellt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 198 ff. d. A. verwiesen.

29

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 13. April 2016 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 13. Mai 2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 11. Juli 2016, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

30

Der Kläger hat mit Schreiben vom 12. April 2016 seine Überleitung in die „Entgeltordnung Lehrkräfte“ beantragt. Die Parteien haben unter dem 26. April 2016 mit Wirkung zum 01. August 2015 einen Änderungsvertrag geschlossen (Bl. 253 ff. d. A.), ausweislich dessen § 1 Abs. 3 für die Eingruppierung des Klägers § 12 TV-L idF. des § 3 TV EntgeltO-L, sowie die Entgeltordnung Lehrkräfte (Anlage zum TV EntgO-L) in der jeweiligen Fassung gilt und der Kläger danach in die Entgeltgruppe E 10 TV-L eingruppiert ist. Der Kläger, der kraft vertraglicher Vereinbarung an der K-B-Realschule plus in W eingesetzt ist, wird vom beklagten Land seit 01. August 2015 nach Entgeltgruppe E 10 TV-L vergütet.

31

Der Kläger trägt zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 11. Juli 2016, hinsichtlich deren weiteren Inhaltes auf Bl. 227 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, unter Verweis auch auf seinen erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen vor,
das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass er über die Qualifikation „Zweites Staatsexamen für ein Lehramt“ nicht verfüge, was sich bereits daran zeige, dass er im Sommer/Herbst 2015 zur Qualifizierungsmaßnahme ECDL-Turbo zugelassen worden sei und die Maßnahme mittlerweile erfolgreich abgeschlossen habe, die ein derartiges Examen als Teilnahmevoraussetzung verlange. Er sei als sog. Nichterfüller nach dem Abschnitt B einzugruppieren, dort jedoch nicht genau einem Unterabschnitt zuzuordnen, weshalb eine Lücke vorliege. Er habe eine Ausbildung absolviert, die angesichts der Bewertung eines Technikers und eines Bachelors nach dem europäischen und deutschen Qualifikationsrahmen einem abgeschlossenen Hochschulstudium gleichzusetzen sei. Es sei offenkundig, dass die Eingruppierung des beklagten Landes jedenfalls vor August 2015 bei einem Lehrer, der an zwei Schulformen unterrichte, dort den gesamten naturwissenschaftlichen Bereich abdecke und Schüler auf das Abitur vorbereite, nicht zutreffend sein könne. Da er mehr an Tätigkeiten ausübe und an subjektiven Qualifikationen habe, als ein einzelner Abschnitt, sei er höher wertzuschätzen und einzugruppieren, beispielsweise in die Entgeltgruppe 13, zumindest eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 12 oder 11, da Abschnitt B Ziff. VI auf die Lehrkräfte an Realschulen verweise. Da er Stoff für Schüler unterrichte, die das Abitur absolvieren werden, sei auch Abschnitt B IV „Lehrkräfte an Gymnasien“ einschlägig. Sollte man der Auffassung sein, dass Teil B Ziff. I „Lehrkräfte an Realschulen“ anzuwenden sei, sei er nach Einkommensgruppe 11 oder zumindest 10 einzugruppieren. Eine Lückenfüllung des TV-L habe unter Heranziehung des TVöD zu erfolgen. Soweit er im Berufungsverfahren hilfsweise seine Vergütung nach Entgeltgruppe E 10 TV-L Stufe 2 als Lehrer verlange, sei die Klageerweiterung zulässig, da er den Änderungsvertrag vom 26. April 2016 erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils unterzeichnet und seine Überleitung beantragt habe.

32

Der Kläger beantragt,

33

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.874,96 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 725,96 EUR seit dem 01.07.2013, dem 01.08.2013, dem 01.09.2013, dem 01.10.2013, dem 01.11.2013, dem 01.12.2013, dem 02.01.2014, dem 01.02.2014, dem 01.03.2014, dem 01.04.2014, dem 02.05.2014, dem 01.06.2014, dem 01.07.2014, dem 01.08.2014, dem 01.09.2014, dem 01.10.2014, dem 01.11.2014, dem 01.12.2014, dem 02.01.2015, dem 01.02.2015, dem 01.03.2015, dem 01.04.2015, dem 02.05.2015, dem 01.06.2015, dem 01.07.2015 sowie dem 01.08.2015 zu zahlen;

34

hilfsweise:

35

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.543,14 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 520,89 EUR seit dem 01.07.2013, dem 01.08.2013, dem 01.09.2013, dem 01.10.2013, dem 01.11.2013, dem 01.12.2013, dem 02.01.2014, dem 01.02.2014, dem 01.03.2014, dem 01.04.2014, dem 02.05.2014, dem 01.06.2014, dem 01.07.2014, dem 01.08.2014, dem 01.09.2014, dem 01.10.2014, dem 01.11.2014, dem 01.12.2014, dem 02.01.2015, dem 01.02.2015, dem 01.03.2015, dem 01.04.2015, dem 02.05.2015, dem 01.06.2015, dem 01.07.2015 sowie dem 01.08.2015 zu zahlen;

36

äußerst hilfsweise:

37

11.896,96 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 457,56 EUR seit dem 01.07.2013, dem 01.08.2013, dem 01.09.2013, dem 01.10.2013, dem 01.11.2013, dem 01.12.2013, dem 02.01.2014, dem 01.02.2014, dem 01.03.2014, dem 01.04.2014, dem 02.05.2014, dem 01.06.2014, dem 01.07.2014, dem 01.08.2014, dem 01.09.2014, dem 01.10.2014, dem 01.11.2014, dem 01.12.2014, dem 02.01.2015, dem 01.02.2015, dem 01.03.2015, dem 01.04.2015, dem 02.05.2015, dem 01.06.2015, dem 01.07.2015 sowie dem 01.08.2015 zu zahlen;

38

2. festzustellen, dass er in die Entgeltgruppe E 13 TV-L, Stufe 2, als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung einzugruppieren ist;

39

hilfsweise:

40

festzustellen, dass er in die Entgeltgruppe E 12 TV-L Stufe 2 als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen der jeweils gültigen Fassung einzugruppieren ist;

41

äußerst hilfsweise:

42

festzustellen, dass er in die Entgeltgruppe E 11 TV-L, Stufe 2, als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung einzugruppieren ist;

43

hilfsweise:

44

festzustellen, dass der Kläger in die Entgeltgruppe E 10 TV-L, Stufe 2 als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung einzugruppieren ist.

45

Das beklagte Land beantragt,

46

die Berufung wird zurückgewiesen.

47

Es verteidigt unter Verweis auf seinen erstinstanzlichen Vortrag das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 15. September 2016, auf die Bezug genommen wird (Bl. 319 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,

48

der Zeitraum vor dem 06. Juli 2013 sei auch vergütungsmäßig durch den Vergleich vom 31. Juli 2014 im Verfahren 3 Sa 134/14 erledigt; im Übrigen berufe sie sich auf die tarifvertraglichen Verfallfristen des § 37 TV-L. Die vom Kläger angeführte Qualifizierungsmaßnahme in 2015 könne seine Eingruppierung ab Juli 2013 per se nicht begründen. Der Kläger wiederhole im Wesentlichen seine erstinstanzlichen Argumente. Als Lehrkraft ohne zweites Staatsexamen sei der Kläger nach Abschnitt B der TdL einzugruppieren, wobei die Berücksichtigung unterschiedlicher Qualifikationen der Billigkeit entspreche. Der Technikerabschluss des Klägers stelle keinen Hochschulabschluss dar. Weder DQR, noch EQR seien verbindlich. Der Eingruppierungsfeststellungsantrag des Klägers zu Entgeltgruppe E 10 sei ab 01. August 2015 unzulässig, da dem entsprechend vergüteten Kläger das Feststellungsinteresse fehle.

49

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

50

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

51

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils 13. April 2016 mit am 13. Mai 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 11. Juli 2016 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

52

Die Berufung ist nicht begründet. Die als Leistungsklage zulässige Zahlungsklage ist in der Sache nicht erfolgreich. Der auf Feststellung gerichtete Antrag des Klägers ist überwiegend nicht zulässig und soweit zulässig nicht begründet.

53

1. Der Kläger hat für den Zeitraum von Juli 2013 bis August 2015 bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf die von ihm mit den Haupt- und Hilfsanträgen zu 1) geltend gemachte Vergütung nach den Entgeltgruppen E 13, E 12 oder E 11 TV-L iVm. den Lehrer-Richtlinien der TdL. Der Kläger, der sich in der Berufungsinstanz auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht mehr berufen hat, hat weder dargetan, dass er die Voraussetzungen der Lehrer-Richtlinien der TdL erfüllt, noch ergibt sich der Vergütungsanspruch aus ergänzender Vertragsauslegung. Ob der Kläger seine Ansprüche der Höhe nach schlüssig dargetan hat und ob diese - zumindest teilweise - nach § 37 TV-L verfallen wären, kann dahinstehen. Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsanträge zu 1) des Klägers zu Recht abgewiesen.

54

1.1. Dem Kläger steht für die Zeit vom 01. Juli 2013 bis 31. Juli 2015 weder die mit seinem Hauptantrag zu 1) beanspruchte Vergütung nach der Entgeltgruppe E 13 TV-L, noch eine solche nach Entgeltgruppe E 12 TV-L oder E 11 TV-L zu, die er mit seinen Hilfsanträgen zu 1) verfolgt.

55

1.1.1. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich in Streitzeitraum bis 31. Juli 2015 nach den materiell-rechtlichen Regelungen der Abschnitte A und B der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Arbeitsverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in der bereinigten Fassung der Tarifeinigung vom 10. März 2011 gemäß Beschluss der 12./2011 Mitgliederversammlung der TdL am 19./20. Dezember 2011 (im Folgenden: Lehrer-Richtlinien der TdL).

56

a) Eine beiderseitige Tarifgebundenheit von öffentlichem Arbeitgeber und Lehrkraft ist für die Eingruppierung ebenso ohne Bedeutung wie eine arbeitsvertragliche Verweisung auf den BAT oder den TV-L. Die Zuordnung der Tätigkeit einer Lehrkraft zu einem bestimmten Tätigkeitsmerkmal war allein in außertariflichen Regelungen festgehalten, die nur dann auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, wenn sie arbeitsvertraglich vereinbart sind. Fehlt es an einer solchen arbeitsvertraglichen Verweisung, bleiben die Lehrer-Richtlinien der TdL ohne Bedeutung für das Arbeitsverhältnis. Ist eine dynamische Verweisung vereinbart - wie in der Regel -, werden die späteren Änderungen der Lehrer-Richtlinien der TdL auch ohne eine weitere Vereinbarung unmittelbar Inhalt des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 20. März 2013 - 4 AZR 590/11 - Rn. 21, mwN, zitiert nach juris).

57

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen finden in der streitigen Zeit bis 31. Juli 2015 die Lehrer-Richtlinien der TdL Anwendung. Gemäß § 1 Abs. 3 des Änderungsvertrages vom 30. April 2013 zum Arbeitsvertrag vom 19. Februar 2013 haben die Parteien im Hinblick auf die Eingruppierung des Klägers die Geltung der Abschnitte A und B der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien der TdL) in der jeweiligen Fassung ausdrücklich vereinbart. Nichts anderes ergibt sich aus dem zwischen den Parteien im Verfahren 3 Sa 134/14 (= Arbeitsgericht Trier 5 Ca 913/13) vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleich vom 31. Juli 2014. Im Hinblick auf die dort in Ziff. 2 getroffene Regelung, dass der Kläger als nicht zu unterschreitendes Mindestentgelt Vergütung nach der Lohngruppe 6 Stufe 2 erhalten soll, haben die Parteien übereinstimmend vorgetragen, dass mit der Vergütungsregelung im Vergleich die Frage der Eingruppierung des Klägers nicht abschließend bestimmt sein, sondern einer weiteren Überprüfung anhand der Lehrer-Richtlinien der TdL vorbehalten bleiben sollte.

58

1.1.2. Der Kläger kann von Juli 2013 bis 31. Juli 2015 nach den Bestimmungen der Lehrer-Richtlinien der TdL keine Vergütung nach Entgeltgruppe E 13 TV-L verlangen.

59

a) Maßgebend für die Eingruppierung des Klägers sind die Bestimmungen des Abschnitts B Lehrer-Richtlinien der TdL.

60

aa) Der Abschnitt A ist nur auf Lehrkräfte anwendbar, „bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind“ (sogenannte „Erfüller“). Der Kläger erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis, weil er nicht die erforderliche Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen durch erfolgreiche Beendigung des Vorbereitungsdienstes mit der Zweiten Staatsprüfung gemäß § 5 Abs. 1 SchulLbVO RP erworben hat.

61

bb) Entgegen der vom Kläger in der Berufung vertretenen Ansicht sind die Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht dadurch erfüllt, dass er zwischenzeitlich die Qualifizierungsmaßnahme ECDL-Turbo absolviert hat und für die Zulassung zu dieser Fortbildung ein Zweites Staatsexamen für ein Lehramt an einer Schulart mindestens der Sekundarstufe I erforderlich ist. Selbst wenn die Erfüllung einer Zulassungsvoraussetzung für die Teilnahme an der Weiterbildung - hier: Zweites Staatsexamen für ein Lehramt - im Einzelfall des Klägers als entbehrlich betrachtet worden sein sollte, führt dies nicht zur tatsächlichen Erfüllung der Voraussetzung. Hiervon scheint auch der Kläger letztlich auszugehen, da er sich in der Berufungsbegründungsschrift selbst als sog. „Nichterfüller“ bezeichnet.

62

b) Eine Eingruppierung des Klägers nach Abschnitt B der Lehrer-Richtlinien der TdL in die Entgeltgruppe E 13 TV-L käme nur nach B IV 1 in Betracht. Die dort genannten Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.

63

aa) Abschnitt B Lehrer-Richtlinien der TdL regelt unter anderem:

64

„B. Sonstige Lehrkräfte an allgemein bildenden und an berufsbildenden Schulen

65

Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis, die nicht unter Abschnitt A fallen, können in die Entgeltgruppen des TV-L höchstens wie folgt eingruppiert werden:

66


IV. Lehrkräfte an Gymnasien

67

1. Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

68

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule,
die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen
13
…“

69

bb) Eine Eingruppierung in Entgeltgruppe E 13 TV-L nach Abschnitt B IV 1 Lehrer-Richtlinien der TdL scheidet vorliegend bereits deshalb aus, weil der Kläger unstreitig keinen Unterricht an einem Gymnasium erteilt und damit keine Lehrkraft an einem Gymnasium ist. Hieran ändert entgegen der von ihm vertretenen Auffassung auch die Tatsache nichts, dass der Kläger, soweit er im Streitzeitraum teilweise an der IGS in Z eingesetzt war, in der Mittelstufe in den sog. E-Kursen auch leistungsstärkere Schüler unterrichtet hat, die nach Einschätzung der Schule später einen Gymnasialabschluss absolvieren können. Gemäß Abschnitt B VI 1 Lehrer-Richtlinien der TdL werden nur Lehrkräfte an integrierten Gesamtschulen, die überwiegend in den Klassen (Jahrgangsstufen) 11 bis 13 unterrichten, wie die entsprechenden Lehrkräfte an Gymnasien eingruppiert. Dies war beim Kläger unstreitig nicht der Fall. Dass von ihm unterrichtete Schüler später das Abitur als Gymnasialabschluss ablegen, ist vor dem Hintergrund der Vorgaben der Lehrer-Richtlinien der TdL nicht maßgeblich.

70

1.1.3. Dem Kläger steht bis zum 31. Juli 2015 nach den Bestimmungen der Lehrer-Richtlinien der TdL keine Vergütung nach Entgeltgruppe E 12 TV-L zu.

71

a) Die für eine Eingruppierung des Klägers, der kein Religionslehrer ist, in E 12 TV-L allein in Betracht kommenden Vorschriften der Abschnitte B II 1 und B IV 2 Lehrer-Richtlinien der TdL lauten auszugsweise wie folgt:

72

„B. Sonstige Lehrkräfte an allgemein bildenden und an berufsbildenden Schulen

73

Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis, die nicht unter Abschnitt A fallen, können in die Entgeltgruppen des TV-L höchstens wie folgt eingruppiert werden:

74


II. Lehrkräfte an Realschulen

75

1. Lehrer in der Tätigkeit von Realschullehrern
mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule,
die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen
12

76

IV. Lehrkräfte an Gymnasien

77


2. Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten
mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule,
die überwiegend Unterricht in einem ihrem Studium entsprechenden wissenschaftlichen Fach erteilen
12“

78

b) Der Kläger kann keine Vergütung unter Eingruppierung in E 12 TV-L nach Abschnitt B II 1 iVm. B VI Lehrer-Richtlinien der TdL verlangen, da er nicht über ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule im Sinne der Vorschrift verfügt.

79

aa) Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass der vom Kläger am B-N-Technikum T erworbene Abschluss als staatlich geprüfter Techniker Fachrichtung Elektrotechnik, Schwerpunkt Energieelektronik nicht als Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule zu betrachten ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen macht die Berufungskammer sich die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts (Seite 16 - 18 des Urteils = Bl. 202 - 204 d. A.) zu eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

80

bb) Die Angriffe des Klägers in der Berufung rechtfertigen eine andere Betrachtung nicht.

81

(1) Gemäß § 1 Satz 1 HRG sind Hochschulen die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Hierunter fällt das B-N-Technikum T als berufsbildende Schule und Fachschule für Technik nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Lehrer-Richtlinien der TdL für eine Vergütung unter Eingruppierung in Entgeltgruppe E 12 TV-L ein abgeschlossenes Hochschulstudium zur Voraussetzung erheben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, der vergütungsrechtliche Bestimmungen nach einem generalisierenden Prinzip in Erlassen regelt, die Höhe der Vergütung von einer bestimmten Tätigkeit und vom Vorliegen bestimmter subjektiver, in der Person des Angestellten liegender Voraussetzungen abhängig machen; Unterschiede in der Lehrbefähigung sind grundsätzlich geeignet, eine Differenzierung hinsichtlich der Vergütung sachlich zu rechtfertigen (vgl. BAG 19. November 2014 - 4 AZR 845/12 - Rn. 28, mwN, zitiert nach juris).

82

(2) Der Kläger beruft sich auch ohne Erfolg auf die durch den Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen (DQR und EQR) im Niveau erfolgte Gleichbewertung seines Technikerabschlusses mit einem Bachelorgrad. Der am 1. Mai 2013 eingeführte DQR ist ein Instrument zur Einordnung der Qualifikationen des deutschen Bildungssystems. Er soll zum einen die Orientierung im deutschen Bildungssystem erleichtern und zum anderen zur Vergleichbarkeit deutscher Qualifikationen in Europa beitragen. Um transparenter zu machen, welche Kompetenzen im deutschen Bildungssystem erworben werden, definiert er acht Niveaus, die den acht Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) zugeordnet werden können. Eine normative oder sonst für die (landesrechtliche) Eingruppierung beachtliche Bindungswirkung hat die Einstufung durch den DQR nicht (vgl. VG Münster 12. Mai 2014 - 4 K 3369/12 - Rn. 20, BayVGH 15. Januar 2013 - 7 CE 12.2407 -, jeweils zitiert nach juris). Bestehende tarif- oder besoldungsrechtliche Regelungen werden vom DQR nicht berührt; beim DQR geht es um die Vergleichbarkeit von Kompetenzprofilen, nicht um eine tarif- oder besoldungsrechtliche Gleichstellung von Qualifikationen; in die hier bestehenden Zuständigkeiten greift der DQR in keiner Weise ein (vgl. www.dqr.de unter FAQ). Auch wenn der DQR den Technikerabschluss des Klägers einem Bachelorabschluss im Niveau gleichstellt, bedeutet dies daher nicht, dass der Technikerabschluss das abgeschlossene Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule als Voraussetzung für eine Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe E 12 TV-L iSd. Abschnitts B II 1 iVm. B VI Lehrer-Richtlinien der TdL ersetzen würde oder als gleichwertig zu betrachten wäre.

83

c) Eine Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe E 12 TV-L nach Abschnitt B IV 2 Lehrer-Richtlinien der TdL scheidet vorliegend bereits deshalb aus, weil der Kläger keine Lehrkraft am Gymnasium ist und infolge seiner überwiegenden Tätigkeit in der Mittelstufe an der IGS Z auch nicht gemäß Abschnitt B VI Ziff. 1 Lehrer-Richtlinien der TdL als solche entsprechend einzugruppieren ist. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen unter II. 1.1.2. b) bb) Bezug genommen.

84

1.1.4. Der Kläger hat nach den Bestimmungen der Lehrer-Richtlinien der TdL bis zum 31. Juli 2015 keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 11 TV-L. Die allein in Betracht kommende Eingruppierung nach Abschnitt B II 2 iVm. B VI 2 oder nach Abschnitt B I 1 iVm. B II aE erfordert jeweils ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule. Dass der Kläger hierüber nicht verfügt wurde bereits unter II. 1.1.3. b) dargelegt. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Eine Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe E 11 TV-L nach Abschnitt B IV 3 Lehrer-Richtlinien der TdL scheidet mangels Tätigkeit des Klägers als Lehrkraft am Gymnasium aus. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen unter II. 1.1.2. b) bb) Bezug genommen.

85

1.1.5 Entgegen der vom Kläger in der Berufung vertretenen Auffassung ergibt sich bis 31. Juli 2015 ein Anspruch auf Vergütung nach den Entgeltgruppen E 13, E 12, E 11 TV-L nicht aus sonstigen Gründen, weil er keinem Unterabschnitt der Lehrer-Richtlinien der TdL exakt zuzuordnen sei, jedoch ein mehr an Tätigkeiten ausübe und an subjektiven Qualifikationen habe als ein einzelner Abschnitt und daher höher wertzuschätzen und einzugruppieren sei. Insbesondere besteht ein derartiger Anspruch auch dann nicht nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung, wenn man zu Gunsten des Klägers annehmen wollte, dass die Vergütungsvereinbarung der Parteien lückenhaft wäre.

86

a) Bei einer lückenhaften vertraglichen Vereinbarung tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit bzw. Lückenhaftigkeit bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (vgl. BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 20, zitiert nach juris). Bei der Lückenfüllung ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 950/13 - Rn. 16; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, jeweils zitiert nach juris).

87

b) Ausgehend hiervon vermochte die Berufungskammer nicht anzunehmen, dass die Parteien hinsichtlich der Vergütung des Klägers bis 31. Juli 2015 dessen Eingruppierung in die Entgeltgruppen E 13, E 12 oder E 11 TV-L vereinbart hätten, wenn sie ihren Vertrag „zu Ende gedacht“ hätten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist vorliegend der Abschluss des Änderungsvertrages vom 30. April 2013 zum Arbeitsvertrag vom 19. Februar 2013. Für die Berufungskammer erschloss sich nicht, aus welchen Gründen die Parteien, die die Eingruppierung des Klägers nach Maßgabe ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen den Lehrer-Richtlinien der TdL unterstellt haben, wie vom Kläger auch mit der Berufung geltend gemacht, eine etwaige Vertragslücke durch Rückgriff auf den TVöD als gänzlich anderes Regelungswerk außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des beklagten Landes hätten schließen wollen. Auch vermag die Berufungskammer anders als das Arbeitsgericht - im Rahmen der mangels Tarifqualität der Lehrer-Richtlinien der TdL nicht zutreffenden Prüfung einer „Regelungslücke im Tarifvertrag“ - keine Lückenschließung durch die Heranziehung der erst zum 01. August 2015 in Kraft getretenen Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L) iVm. der Anlage zum TV-EntgO-L in Erwägung zu ziehen, da dem bereits die Tatsache entgegensteht, dass die entsprechenden Regelungen erst weit nach dem vorliegend für die Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens maßgeblichen Zeitpunkt getroffen worden sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist vielmehr die Annahme nicht zu beanstanden, dass die Parteien hinsichtlich der Eingruppierung des Klägers die in der Vergütungsvereinbarung bestehende Lücke in der beim beklagten Land üblichen Weise unter Heranziehung der Weisung des Kultusministeriums vom 11. März 1987 (Bl. 55 d. A.) zum Vollzug der Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte geschlossen hätten. Das beklagte Land hat grundsätzlich unwidersprochen vorgetragen, dass entsprechend der Weisung die Eingruppierung im Wege der Lückenausfüllung nach BAT VI b zu erfolgen hatte, was der heutigen Entgeltgruppe E 6 TV-L entspricht. Dass diese Eingruppierung des Klägers dem mutmaßlichen Willen der Parteien jedenfalls bis zum 31. Juli 2015 entsprach, ergibt sich im Übrigen auch aus der - unterstellt rein deklaratorischen - Angabe der Entgeltgruppe E 6 TV-L in § 1 Abs. 3 des Änderungsvertrages vom 30. April 2013 zum Arbeitsvertrag vom 19. Februar 2013, die die Parteien auch in Ziff. 2 des nachfolgenden Vergleichstextes vom 31. Juli 2014 als nicht zu unterschreitendes Mindestentgelt des Klägers bezeichnet haben. Vor dem Hintergrund der damit zutreffenden Vergütung des Klägers durch das beklagte Land bis zum 31. Juli 2015 kann dahinstehen, dass der Kläger selbst wenn man - wie das Arbeitsgericht - eine Eingruppierung nach dem Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L) iVm. der Anlage zum TV-EntgO-L infolge ergänzender Vertragsauslegung für möglich halten würde, zur Erfüllung der dortigen Eingruppierungsvoraussetzungen der Entgeltgruppen E 13 TV-L bis E 11 TV-L jeglichen Sachvortrag schuldig geblieben ist.

88

1.2. Der Kläger kann auch für August 2015 weder Vergütung nach der Entgeltgruppe E 13 TV-L, noch eine solche nach Entgeltgruppe E 12 TV-L oder E 11 TV-L verlangen. Das Arbeitsgericht, das den vom Kläger für August 2015 geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht ausdrücklich in den Entscheidungsgründen benannt, die Zahlungsklage jedoch insgesamt abgewiesen hat, ist hiervon im Ergebnis zu Recht ausgegangen.

89

1.2.1. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 12. April 2016 gemäß § 29 a Abs. 3 TV EntgO-L einen Antrag auf Überleitung in die Entgeltordnung Lehrkräfte rückwirkend zum 01. August 2015 gestellt hat, richtete sich die Eingruppierung des Klägers ab diesem Zeitpunkt nach der Entgeltordnung Lehrkräfte (Anlage zum TV EntgeltO-L).

90

1.2.2. Aus welchen Gründen dem Kläger für August 2015 Vergütung nach den Entgeltgruppen E 13, E 12 oder E 11 TV-L bei Anwendung der Entgeltordnung Lehrkräfte (Anlage zum TV EntgeltO-L) zustehen sollte, hat er im Berufungsverfahren in keiner Weise dargetan. Soweit er sich erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 23. November 2015 (Bl. 106 d. A.) auf eine Eingruppierung in E 13 nach Abschnitt 2 Ziff. 1 Entgeltordnung Lehrkräfte (Anlage zum TV EntgeltO-L) berufen hat, hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass Abschnitt 2 Ziff. 1 nur auf Lehrkräfte mit einem abgeschlossenen Lehramtsstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule anwendbar ist. Dies ist beim Kläger unstreitig nicht der Fall. Dass die Ausbildung des Klägers zum Techniker einem abgeschlossenen Studium an einer Hochschule nicht gleichgestellt werden kann, wurde bereits dargelegt. Zur Vermeidung von Weiderholungen wird auf die Ausführungen der Berufungskammer unter II. 1.1.3. b) verwiesen.

91

2. Die Feststellungsanträge des Klägers sind nur teilweise zulässig und soweit zulässig unbegründet.

92

2.1. Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2), den der Kläger in Form von Haupt- und Hilfsanträgen verfolgt, nur teilweise zulässig.

93

2.1.1. Soweit der Antrag, den der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer zeitlich nicht eingeschränkt hat, sich hinsichtlich der von ihm begehrten Eingruppierung auf die Entgeltgruppen E 13 TV-L, E 12 TV-L und E 11 TV-L auf die Zeit ab September 2015 bezieht, ist die Klage angesichts des Bestreitens der Beklagten als übliche Eingruppierungsfeststellungsklage auszulegen und zulässig. Unzulässig ist der Feststellungsantrag jedoch insoweit für die Zeit bis August 2015. Es fehlt der Klage das erforderliche besondere Feststellungsinteresse, weil der Kläger die Vergütungsdifferenz zwischen der von ihm bezogenen und der von ihm angestrebten Vergütung bis einschließlich August 2015 für die Entgeltgruppen E 13 TV-L, E 12 TV-L und E 11 TV-L mit dem Antrag zu 1. beziffert geltend gemacht hat und nicht ersichtlich ist, welches über eine entsprechende Gehaltszahlung hinausgehende Interesse an der begehrten Feststellung bestehen könnte (vgl. BAG 27. November 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 14, zitiert nach juris). Aus diesem Grund kommt auch eine Zulässigkeit als Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) nicht in Betracht; auch dies setzte voraus, dass irgendwelche Rechtsfolgen aus einer entsprechenden Feststellung möglich erscheinen, die über das mit der erfolgreichen Leistungsklage Erreichte hinausgehen (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 347/08 Rn. 12, zitiert nach juris). Hierfür sind Anhaltspunkte vom Kläger weder vorgetragen, noch ersichtlich.

94

2.1.2. Der vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise zur Entscheidung gestellte Feststellungsantrag bezüglich seiner Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 10 TV-L ist nur teilweise zulässig.

95

(1) Die Berufungskammer geht zunächst zu Gunsten des Klägers davon aus, dass selbst unterstellt, dass die Eingruppierung nach Entgeltgruppe E 10 nicht als „weniger“ in den ursprünglichen Klageanträgen enthalten, sondern ein „aliud“ und daher eine Klageänderung in der Berufungsinstanz erforderlich war (vgl. BAG 14.09.2016 - 4 AZR 456/14 - Rn. 20, zitiert nach juris), diese nach §§ 533, 529 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG zulässig ist. Auch steht das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 12. Februar 2014 - 5 Ca 913/13 - dem im Berufungsverfahren erstmals geltend gemachten, die Entgeltgruppe E 10 betreffenden Feststellungsantrag nicht unter Rechtskraftgesichtspunkten (§ 322 Abs. 1 ZPO) entgegen. Zwar hat das Arbeitsgericht im damaligen Verfahren die Klage rechtskräftig abgewiesen, soweit der Kläger seine Weiterbeschäftigung über den Befristungsablauf hinaus unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 geltend gemacht hatte. Zu Gunsten des Klägers nimmt die Berufungskammer hierbei jedoch an, dass der damalige auf Weiterbeschäftigung gerichtete Streitgegenstand mit der vorliegenden Eingruppierungsfeststellungsklage nicht identisch ist.

96

(2) Ungeachtet dessen erweist sich der die Eingruppierung nach Entgeltgruppe E 10 TV-L betreffende Feststellungantrag lediglich bis 31. Juli 2015 als übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig. Darüber hinaus fehlt es dem Kläger am erforderlichen Feststellungsinteresse, da - worauf das beklagte Land zu Recht hingewiesen hat - der Kläger seit 01. August 2015 nach der begehrten Entgeltgruppe E 10 TV-L vergütet wird und keine Anhaltspunkte für ein hierüber hinausgehendes Feststellungsinteresse des Klägers bestehen.

97

2.2. Die zulässigen Feststellungsanträge des Klägers sind nicht begründet.

98

2.2.1. Soweit der Kläger festgestellt wissen will, dass ihm ab 01. September 2015 Vergütung nach Entgeltgruppe E 13 TV-L bis E 11 TV- L zusteht, kann sich der Anspruch nach seinem Antrag gemäß § 29 a Abs. 3 TV EntgO-L vom 12. April 2016 auf Überleitung in die Entgeltordnung Lehrkräfte rückwirkend zum 01. August 2015 ausschließlich aus der Entgeltordnung Lehrkräfte (Anlage zum TV EntgeltO-L) ergeben. Substantiierten Sachvortrag zur Erfüllung der Eingruppierungsvoraussetzungen der begehrten Entgeltgruppen ist der Kläger indes schuldig geblieben. Auf die Ausführungen der Berufungskammer zu einem entsprechenden Vergütungsanspruch für August 2015 wird Bezug genommen (II.1.2.2.).

99

2.2.2. Der Kläger hat bis 31. Juli 2015 nach den Bestimmungen der bis zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Eingruppierung anwendbaren Lehrer-Richtlinien der TdL keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 10 TV-L. Eine allein in Betracht kommende Eingruppierung nach Abschnitt B I 3 iVm. B II aE, als auch eine solche nach Abschnitt B II 3 setzt ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraus, über das der Kläger nicht verfügt (vgl. II. 1.1.3. b). Das beklagte Land hat den Kläger bis 31. Juli 2015 aus den unter II. 1.1.5. dargestellten Gründen zu Recht nach Entgeltgruppe E 6 TV-L vergütet.

B

100

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

101

Gründe, die eine Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG rechtfertigen würden, sind nicht gegeben.

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Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 31. Oktober 2013 - 5 Sa 324/12 - wird zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 11. Feb. 2015 - 3 Sa 134/14

bei uns veröffentlicht am 11.02.2015

Tenor 1. Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 27.05.2014 – 2 Ca 309/13 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. 2. Die Kosten der Nebenintervention im Berufungsverfahren trägt die Nebenintervenienti

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Nov. 2014 - 4 AZR 845/12

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 28. Juni 2012 - 5 Sa 294/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Verwaltungsgericht Münster Urteil, 12. Mai 2014 - 4 K 3369/12

bei uns veröffentlicht am 12.05.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages ab

Arbeitsgericht Trier Urteil, 12. Feb. 2014 - 5 Ca 913/13

bei uns veröffentlicht am 12.02.2014

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 30.04. zum 07.06.2013 noch infolge der Befristungsvereinbarung vom 19.02. zum 05.07.2013 sein Ende gefun

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. März 2013 - 4 AZR 590/11

bei uns veröffentlicht am 20.03.2013

Tenor 1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2011 - 10 Sa 15/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 4 AZR 392/10

bei uns veröffentlicht am 18.04.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. April 2010 - 3 Sa 906/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Jan. 2011 - 6 AZR 578/09

bei uns veröffentlicht am 27.01.2011

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 23. Juni 2009 - 5 Sa 91/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08

bei uns veröffentlicht am 19.05.2010

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 - 8 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 30.04. zum 07.06.2013 noch infolge der Befristungsvereinbarung vom 19.02. zum 05.07.2013 sein Ende gefunden hat, sondern darüber hinaus fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 07.06.2013 hinaus und über den 05.07.2013 hinaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 70,37 % als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung weiterzubeschäftigen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 74 % und die Beklagte zu 26 %.

5. Der Streitwert wird auf 36.380 € festgesetzt.

6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier Befristungen und zutreffende Eingruppierung.

2

Der Kläger ist staatlich geprüfter Techniker FS Elektrotechnik. Er schloss mit dem beklagten Land seit Anfang 2011 eine Vielzahl befristeter Verträge, aufgrund derer er an verschiedenen Schulen in verschiedenen Fächern als Lehrer eingesetzt wurde. So vereinbarten die Parteien am 18.02.2011 eine befristete Tätigkeit als Vertretung für Herrn V im Fach Elektrotechnik an der Berufsbildenden Schule O vom 21.02.2011 bis zur Rückkehr von Herrn V, längstens bis 24.06.2011 (Beginn der Sommerferien), in Höhe von 45,83 % einer Vollzeitkraft. Als Herr V während dieses Zeitraums verstarb, erklärte die Beklagte dem Kläger, damit sei der Befristungsgrund entfallen, beschäftigte ihn aber gleichwohl weiter bis zum 24.06.2011. Am 19.08.2011 vereinbarten die Parteien eine Vertretungstätigkeit für Herrn U an der Realschule T in den Fächern Mathematik, Physik und Naturwissenschaften vom 19.08.2011 bis zu seiner Rückkehr, längstens bis 29.06.2012 (Beginn der Sommerferien), in Höhe von 81,48 %. Dabei wechselten sich An- und Abwesenheitsphasen des chronisch erkrankten Herrn U ab, so auch im Herbst 2011, was an der Tätigkeit des Klägers indes nichts änderte. Zwischenzeitlich schlossen die Parteien am 31.01.2012 einen Vertrag über eine Vertretungstätigkeit für Frau S an der Realschule T vom 01.02.2012 bis zu ihrer Rückkehr, längstens bis 29.06.2012, in Höhe von 66,67 %. Am 22.05.2012 wurde dieser Vertrag anlässlich einer Vertretungstätigkeit für Frau R auf 77,78 % erhöht, und zwar für die Zeit vom 14.05.2012 bis zu ihrer Rückkehr, längstens bis 29.06.2012. Nach einer Pause wurde der Kläger sodann aufgrund weiterer Befristungsvereinbarung vom 13.11. bis 19.12.2012 (Beginn der Weihnachtsferien) an der Realschule T für Herrn U mit einem Volumen von 37,04 % eingesetzt, wobei Herr U bereits Ende November wieder in den Dienst zurückkehrte, der Kläger aber gleichwohl weiter unterrichtete. Nach einer erneuten Unterbrechung wurde er vom 21.01. bis 04.03.2013 an der Integrierten Gesamtschule T (im Folgenden: IGS T) für Frau Q, welche die Fächer Deutsch, Englisch und Religion unterrichtete, mit 44,44 % beschäftigt. Mit "Änderungsvertrag" vom 18.02.2013, zu dem das beklagte Land den zuständigen Personalrat erst am 25.02.2013 anhörte, erhöhten die Parteien das Arbeitsvolumen infolge einer zusätzlichen Vertretung für Herrn U an der Realschule T für die Zeit vom 18.02. bis 04.03.2013 auf insgesamt 74,07 %. Mit Vertrag vom 19.02.2013 vereinbarten sie eine Tätigkeit an der IGS T für Frau Q für den Zeitraum vom 05.03. bis zu ihrer Rückkehr, längstens bis 05.07.2013 (Beginn der Sommerferien), in Höhe von 11,11 %. Mit Änderungsvertrag vom 20.02.2013 erhöhten sie das Vertretungsvolumen für die Zeit vom 05.03. bis 19.03.2013 (Beginn der Osterferien) auf 25,93 %; laut § 1 des Vertrages wurde die bisherige Arbeitszeitregelung "ersetzt", nach Befristungsablauf sollte "der bisherige Stundenumfang des Arbeitsverhältnisses fort(gelten)". Mit weiterem Änderungsvertrag vom 05.03.2013 vereinbarten sie eine zusätzliche Tätigkeit an der Realschule T für Herrn U für den Zeitraum 05.03. bis 19.03.2013 und "ersetzten" die Arbeitszeit durch ein Volumen von (insgesamt) 62,96 %; auch hier findet sich am Ende von § 1 die vorgenannte "Rückfallklausel" auf das vorherige Arbeitsvolumen nach Fristablauf. Mit weiterem Änderungsvertrag, ebenfalls vom 05.03.2013, zu dem der zuständige Personalrat erst am 08.03.2013 angehört wurde, vereinbarten sie eine zusätzliche Tätigkeit an der IGS T vom 05.03. bis 11.03.2013 als Vertretung für Frau P, welche die Fächer Deutsch, Geschichte und Chemie unterrichtete, im ersetzenden Umfang von 87,96 %, wieder einschließlich Rückfallklausel. Mit Änderungsvertrag vom 08.04.2013 vereinbarten sie eine zusätzliche Tätigkeit an der Realschule T für Herrn U vom 08.04. bis 30.04.2013 im Umfang von ersetzenden 92,59 % einschließlich Rückfallklausel, mit Vertrag vom 30.04.2013 eine Tätigkeit an der Realschule T für Herrn U vom 01.05. bis 07.06.2013 im Umfang von ersetzenden 70,37 % einschließlich Rückfallklausel (die hierzu erfolgte Personalratsanhörung blieb ohne Stellungnahme). Trotz Rückkehr von Herrn U am 10.06.2013 wurde der Kläger bis zum Abschluss des Schuljahres – neben seiner Tätigkeit an der IGS T – von der Beklagten an der Realschule weiter als unterrichtender Lehrer eingesetzt und übte dort zudem Aufsichts- sowie verschiedene Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Abschlussfeier und den Abschiedsstreichen aus. Außer seiner "direkten" Tätigkeit in den von den Lehrkräften V, U, Q und P unterrichteten Fächern setzte ihn das beklagte Land als Vertretungslehrer in Französisch, Englisch, Religion, Musik, IT, Biologie und Deutsch sowie in Arbeitsgemeinschaften und der sog. Lernzeitbetreuung ein.

3

Die Vergütung des Klägers bemisst sich nach den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien der TdL) Abschnitt B. Beim Kläger handelt es sich um einen sog. „Nichterfüller“, da er kein Zweites Staatsexamen im Lehramt abgelegt hat, sondern Quereinsteiger ist. Seine Vergütung erfolgte für die Tätigkeit an der Berufsbildenden Schule O gemäß Abschnitt B V (Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen) nach Entgeltgruppe E 9 TV-L und für seine Vertretung der Förderlehrerin S nach Entgeltgruppe E 8 (gemäß Abschnitt B III – Lehrkräfte an Sonderschulen oder vergleichbaren Schulformen). Im übrigen wurde er nach Entgeltgruppe E 6 Stufe 1 vergütet, und zwar in Anlehnung an ein Schreiben des Kultusministeriums Rheinland-Pfalz vom 11.03.1987, wonach Lehrkräfte, die von ihrer Vorbildung her nicht unter Abschnitt B der TdL-Richtlinien fallen, in Vergütungsgruppe VI b BAT einzustufen sind – ohne Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs –, was der heutigen Entgeltgruppe E 6 TV-L entspricht.

4

Der Kläger hält die zuletzt geschlossene Befristungsvereinbarung vom 30.04.2013 wie auch die vorher getroffene, aber als letzte auslaufende Vereinbarung vom 19.02.2013 für unwirksam. Er vertritt die Ansicht, die Beklagte berufe sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung und schiebe diesen nur vor, obwohl sie in Wahrheit dauerhaften Vertretungsbedarf habe. Dies zeige sich daran, dass sie ihn teilweise auch nach Rückkehr der angeblich zu vertretenden Lehrkräfte weiter beschäftigt habe, sowie an seinem fachfremden Einsatz in einer Vielzahl von Schulfächern. Frau S habe er an der Realschule T nicht vertreten können, da sie dort zu dieser Zeit überhaupt nicht beschäftigt gewesen sei; Gleiches gelte wohl auch für Frau R. Eine Arbeitsunfähigkeit von Frau P bestreitet er ebenso die von der Beklagten behauptete stufenweise Wiedereingliederung von Frau Q. Diese habe er zwar vom 05.03. bis 05.07.2013 mit 11,11 % – dies entspricht 3 Unterrichtsstunden – vertreten sollen. Von diesen 3 Stunden – eine Stunde Deutsch und zwei Stunden Religion – habe er jedoch eine Stunde variabel unterrichtet, eine Stunde Mathematik für den Kollegen N und eine Stunde Lernzeitbetreuung. Im übrigen sei Frau Q schon am 10.06.2013 wieder vollständig in den Dienst zurückgekehrt. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die "Rahmenbefristung" vom 05.03 bis 05.07.2013 in Höhe von 11,11 % nicht nur zwischenzeitlich aufgestockt worden, vielmehr handle es sich jeweils um eigenständige befristete Verträge. Dies zeige sich vor allem daran, dass es um andere Lehrer, einen anderen Dienstort und sogar eine andere Schulform gehe. Daher unterfielen diese Verträge den Vorschriften des TzBfG und nicht lediglich einer allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Weiter rügt der Kläger die Nichteinhaltung der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG und weist darauf hin, dass jedenfalls die Befristung vom 30.04.2013 gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergegangen sei, da er seine Tätigkeit trotz Rückkehr von Herrn U mit Wissen und Wollen der Beklagten fortgesetzt habe. Im übrigen seien die Befristungen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, da für ihn aufgrund der Vielzahl der geschlossenen Verträge und zeitgleich zu leistenden Vertretungen und Vertretungsanteile nicht mehr erkennbar gewesen sei, an welcher Schule er welchen Lehrer nun mit wie viel Prozent habe vertreten sollen.

5

Vergütung begehrt er nach Entgeltgruppe E 10 Stufe 2 TV-L. Zur Begründung verweist er darauf, er erfülle die Voraussetzungen von Abschnitt B I Nr. 9 und 10 sowie B III Nr. 8 der TdL-Richtlinien, da er mehrere Jahre als technischer Lehrer an der Berufsbildenden Schule O sowie als Lehrer für mehrere naturwissenschaftliche Fächer an der Realschule T eingesetzt worden sei. Das Schreiben des Kultusministeriums könne keine Anwendung finden.

6

Nach Umstellung seiner Anträge im Kammertermin hat der Kläger beantragt,

7

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 21.01.2013 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,

8

2. hilfsweise festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 30.04. zum 07.06.2013 noch infolge der Befristungsvereinbarung vom 19.02. zum 05.07.2013 endet,

9

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 07.06.2013 hinaus und auch über den 05.07.2013 hinaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 70,37 % als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TV-L Stufe 2 weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie vertritt die Ansicht, das TzBfG finde vorliegend keine Anwendung, da der am 19.02.2013 geschlossene Rahmenvertrag vom 05.03. bis 05.07.2013 über 11,11 % hinsichtlich des Arbeitsvolumens zwar verschiedentlich aufgestockt worden sei, diese Aufstockungen aber keine eigenständigen Arbeitsverträge darstellten. Arbeitgeber sei in allen Fällen das Land Rheinland-Pfalz. Die 11,11 % resultierten daraus, dass Frau Q ab März 2013 aus einer Erkrankung stufenweise wieder eingegliedert worden sei – woraus auch die am 20.02.2013 für den Zeitraum 05.03. bis 19.03.2013 vereinbarte anfängliche höhere Vertretungstätigkeit resultiere –, sie aber von 3 Stunden ihrer Unterrichtsverpflichtung bis zum Ende des Schuljahres entpflichtet gewesen sei. Von diesen 3 Stunden habe eine Stunde die Kollegin M übernommen, welche ihrerseits eine Stunde Lernzeit an den Kläger abgegeben habe. Die übrigen zwei Stunden seien von Frau L übernommen worden, die dafür zwei Stunden Mathematik an den Kläger abgegeben habe. Die Befristungen seien durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Ein Rechtsmissbrauch liege nicht vor, da die Regelwerte der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht überschritten seien. Es handle sich vorliegend um lediglich sechs befristete Arbeitsverträge (ausschließlich der Aufstockungen) in knapp zweieinhalb Jahren für verschiedene Lehrkräfte an unterschiedlichen Schulen. Dies sei nicht zu beanstanden. Da das TzBfG nicht zur Anwendung gelange, könne sich der Kläger auch weder auf dessen § 14 noch auf § 15 Abs. 5 berufen. Vielmehr sei lediglich eine allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB durchzuführen, die aber keine unangemessene Benachteiligung ergebe.

13

Hinsichtlich der Vergütung verweist die Beklagte auf das Schreiben des Kultusministeriums, welches für Nichterfüller lediglich Entgeltgruppe E 6 vorsehe. Eine höhere Vergütung sei dem Kläger nur für seine Tätigkeit an der Berufsbildenden Schule gezahlt worden, da insoweit Abschnitt B V der TdL-Richtlinien Anwendung finde, und für seine Vertretungstätigkeit für die Förderlehrerin Frau S gemäß Abschnitt B III.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

15

Der allgemeine Feststellungsantrag ist bereits unzulässig, die übrigen Anträge sind zulässig und mit Ausnahme des Eingruppierungsantrags begründet.

I.

16

1. Der Hauptantrag zu 1) auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses seit dem 21.01.2013 ist unzulässig.

17

Der Kläger hat auf Nachfrage im Kammertermin wie auch durch die Fassung seines Hilfsantrages deutlich gemacht, sich gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses insgesamt wenden zu wollen und nicht nur gegen eine vorübergehende Änderung der Vertragsinhalte. Ein solches Begehren ist in einen punktuellen Befristungskontrollantrag nach § 17 TzBfG zu fassen. Es wurde im Kammertermin erörtert und ist auch nicht zu beanstanden, dass der Klägervertreter aus Gründen anwaltlicher Vorsorge gleichwohl einen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO gestellt hat vor dem Hintergrund, dass das Bundesarbeitsgericht die Vorschriften des TzBfG – und damit auch dessen § 17 – auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen wie eine vorübergehende Erhöhung der Arbeitszeit für nicht anwendbar hält (BAG 14.01.2004 NZA 2004, 719, 721; 18.06.2008 AP Nr. 52 zu § 14 TzBfG; 02.09.2009 NZA 2009, 1253, 1254; 15.12.2011 NZA 2012, 674, 675). Bei den angegriffenen Vereinbarungen vom 19.02. und 30.04.2013 handelt es sich nach Auffassung der Kammer jedoch nicht nur um die vorübergehende Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, sondern um zwei voneinander unabhängige, eigenständige (Teilzeit-)Arbeitsverträge mit so unterschiedlichen Inhalten, dass dies einen kumulativen Angriff durch den Kläger gestattet und dessen Geltendmachung nach § 17 TzBfG gebietet.

18

Hierfür spricht bereits, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur diejenigen Arbeitnehmer schützen soll, denen es um die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses insgesamt geht. Befristet beschäftigte Arbeitnehmer seien "nur Arbeitnehmer, deren Arbeitsverträge insgesamt befristet sind, nicht hingegen Arbeitnehmer, die im Rahmen unbefristeter Arbeitsverträge beschäftigt werden und lediglich die befristete Änderung einzelner Arbeitsbedingungen vereinbaren" (BAG 14.01.2004 NZA 2004, 719, 721; vgl. ferner BAG 03.09.2003 NZA 2004, 255, 256 f.). Ein solcher Fall liegt hier aber gerade nicht vor, da der Kläger nicht im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses die vorübergehende Änderung seiner Arbeitszeit angreift, sondern er insgesamt in einem nur befristeten Arbeitsverhältnis steht und sich gegen dessen Befristung insgesamt wendet.

19

Zum anderen weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die beiden angegriffenen Befristungsvereinbarungen vollkommen unterschiedliche Vertragsinhalte aufweisen, die es rechtfertigen, von zwei eigenständigen Verträgen auszugehen, die unabhängig voneinander in ihrer jeweiligen Befristung angegriffen werden können. Schon rein äußerlich existieren zwei Vertragsurkunden, die für das beklagte Land von unterschiedlichen Schulleitern (ausweislich der Unterschriftenzeile) jeweils als "Arbeitgeber" unterzeichnet wurden. Auch inhaltlich weisen die geschuldeten Tätigkeiten und deren Bedingungen gewichtige Unterschiede auf: Die Vereinbarung vom 19.02. beinhaltet eine Lehrtätigkeit an der Integrierten Gesamtschule zur (im Ergebnis allenfalls mittelbaren) Vertretung für Frau Q im Fach Mathematik und der Übernahme einer allgemeinen Lernzeit (sowie nach dem Vortrag des Klägers einer weiteren variablen Stunde) im Umfang von 11,11 %, wohingegen die Vereinbarung vom 30.04. eine Vertretungstätigkeit an der Realschule für Herrn U in den Fächern Mathematik, Physik und Naturwissenschaften im Umfang von (70,37 - 11,11 =) 59,26 % beinhaltet. Damit handelt es sich nicht nur um überwiegend unterschiedliche Schulfächer, sondern zudem um andere Schüler, um andere Kollegen, um andere Vorgesetzte, um eine andere Schule einhergehend mit einer anderen betrieblichen Organisation, in die sich der Kläger einzugliedern hat und nicht zuletzt um eine ganz andere Schulform. Genau vor diesem Hintergrund bedurfte es ja auch zweier verschiedener Vertragsurkunden. Damit unterscheiden sich die Inhalte beider Verträge aber fast vollkommen voneinander, bis auf die Tätigkeit im Fach Mathematik und die Identität des beklagten Landes als übergeordnetem Arbeitgeber. Letzterer Umstand, auf den die Beklagte im Kammertermin hinwies, steht der Annahme zweier eigenständiger Arbeitsverträge aber nicht entgegen, da ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch mit ein und demselben Arbeitgeber mehrere Arbeitsverträge über inhaltlich verschiedene Tätigkeiten schließen kann, solange dem keine gesetzlichen Vorschriften wie etwa das Arbeitszeitgesetz entgegenstehen (was hier nicht der Fall ist).

20

Daher konnte sich der Kläger kumulativ gegen beide Befristungsvereinbarungen wenden. Beide sind an der jeweiligen Schulform das letzte und damit angreifbare Glied in der Befristungskette. Für die Vereinbarung vom 30.04.2013 ergibt sich dies von vornherein daraus, dass die Parteien nach diesem Datum keinen Vertrag mehr geschlossen haben. Für die Vereinbarung vom 19.02.2013 folgt es daraus, dass diese als letzte, nämlich am 05.07.2013, enden sollte, während die weiteren zwischenzeitlichen Vereinbarungen vom 20.02. und 05.03.2013 bereits am 19.03. bzw. 11.03.2013 ausliefen (für deren isolierte Anfechtbarkeit ohnehin die Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG verstrichen wäre). So heißt es auch in den jeweiligen "Änderungsverträgen" ausdrücklich, nach Ablauf dieser (kürzeren) Befristungen sollten die Regelungen des ursprünglichen Vertrags vom 19.02.2013 fortgelten. Daher war hier eine Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG zu erheben.

21

2. Die Zulässigkeit der übrigen Anträge begegnet keinen Bedenken.

II.

22

1. Der Befristungskontrollantrag ist auch begründet. Die Befristungsvereinbarungen vom 19.02.2013 und vom 30.04.2013 sind unwirksam.

23

a) Die Vereinbarung vom 30.04.2013 gilt bereits gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG als auf unbestimmte Zeit verlängert. Vorgenannte Regelung gelangt hier zur Anwendung, da es sich bei der Befristungsvereinbarung, wie oben dargestellt, um einen eigenständigen (Teilzeit-)Arbeitsvertrag handelt, dessen Befristung den Regelungen des TzBfG unterfällt und somit isoliert angreifbar ist.

24

Dieser vom 01.05. bis 07.06.2013 befristete Vertrag wurde nach Zeitablauf und Zweckerreichung – da der zu vertretende, bis Freitag, den 07.06.2013, arbeitsunfähig erkrankte Lehrer U ab Montag, dem 10.06.2013, seinen Dienst an der Realschule wieder aufnahm – fortgesetzt. Es ist unstreitig, dass der Kläger an der Realschule trotz Rückkehr von Herrn U bis zum Ende des Schuljahres weiter unterrichtete, Aufsichtstätigkeiten übernahm und verschiedene Arbeiten im Zusammenhang mit der Abschlussfeier und den Abschiedsstreichen ausführte. Ob er dabei weiterhin gerade für Herrn U unterrichtete oder nicht, spielt keine Rolle, da der Sachgrund für die Vertretung – die Abwesenheit von Herrn U – ab 10.06.2013 entfallen war. Der darüber hinausgehende Einsatz des Klägers erfolgte auch mit Wissen und Wollen der Beklagten, da diese ihn zum entsprechenden Unterricht und zumindest den Aufsichtstätigkeiten einteilte und ihm diese zuwies. Dass zu diesem Zeitpunkt sowohl die kalendermäßige Befristung abgelaufen wie auch der mit dieser verfolgte Zweck erreicht war, war angesichts der Rückkehr von Herrn U allen bekannt.

25

Damit gilt die Vereinbarung vom 30.04.2013 im Umfang des dort ausgewiesenen Arbeitsvolumens von 70,37 % als auf unbestimmte Zeit verlängert. Dies hat der Kläger gem. § 17 Satz 3 TzBfG auch rechtzeitig geltend gemacht.

26

b) Diese Verlängerung endete nicht etwa am 05.07.2013 zusammen mit der nach Ansicht der Beklagten zugrundeliegenden "Rahmenbefristung" vom 19.02.2013, denn diese Befristung ist ihrerseits unwirksam.

27

aa) Die Vereinbarung vom 19.02.2013 ist ebenfalls, wie oben ausgeführt, als rechtlich eigenständiger Teilzeitvertrag zu werten und damit isoliert anfechtbar sowie den Regelungen des TzBfG unterworfen.

28

bb) Da der Kläger im Zeitpunkt der Vereinbarung noch keine zwei Jahre bei der Beklagten beschäftigt war – die Pausenzeiten vom 30.06. bis 12.11.2012 und vom 20.12.2012 bis 20.01.2013 sind insoweit herauszurechnen –, eben infolge dieser Unterbrechungen aber die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zur Anwendung gelangt, bedurfte es für die neuerliche Befristung am 19.02.2013 eines sachlichen Grundes. Ein solcher liegt nach Auffassung der Kammer schon nicht vor.

29

aaa) Die Beklagte beruft sich auf den Sachgrund der Vertretung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG. Dieser kann grundsätzlich eine Befristung rechtfertigen. Dass der Kläger dabei keine unmittelbar von Frau Q ausgeübten Lehrtätigkeiten übernommen hat, steht dem nicht entgegen. Der Sachgrund der Vertretung erfasst auch Fälle, in denen der Vertreter nicht die Tätigkeit des zu Vertretenden übernimmt, sondern dies Dritte tun, deren Tätigkeit ihrerseits vom befristet eingestellten Vertreter wahrgenommen wird (sog. mittelbare Vertretung, vgl. BAG 25.08.2004 NZA 2005, 472, 473; 15.02.2006 NZA 2006, 781 f.; KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, § 14 TzBfG Rn. 135; Laux/Schlachter, TzBfG, 2007, § 14 Rn. 44; DLW/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 5 Rn. 39). Es genügt insoweit – wenn der Arbeitgeber anlässlich der Befristung die Arbeitsaufgaben umverteilt –, dass der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers letztlich wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entstanden ist, und der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters der oder den abwesenden Personen nach außen hin erkennbar gedanklich zuordnet, etwa durch entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag (BAG 06.10.2010 NZA 2011, 1155, 1157; 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1353; 10.10.2012 NZA-RR 2013, 185, 186; 13.02.2013 NZA 2013, 1292, 1293; ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, § 14 TzBfG Rn. 37; KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 154 ff.).

30

bbb) Auf einen solchen Fall beruft sich die Beklagte mit ihrem Vortrag, von den drei Unterrichtsstunden von Frau Q habe eine Stunde Frau M und zwei Stunden Frau L übernommen, deren freigewordene Stunden dann der Kläger vertreten habe. Der Kläger behauptet hingegen, nur eine Mathematikstunde und diese nicht von Frau L, sondern von Herrn N erhalten zu haben, der seinerseits unstreitig nicht für Frau Q eingesprungen ist. Zudem sei die dritte Stunde variabel, also nicht auf ein Unterrichtsfach festgelegt, gewesen. Dem ist die Beklagte nicht mehr substantiiert entgegengetreten, insbesondere hat sie für ihre abweichende Behauptung keinen Beweis angetreten, obwohl sie nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für den Sachgrund trägt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 17.03.2004 – 9 Sa 1177/03; 05.09.2011 – 5 Sa 552/10; LAG Hamm 25.11.2003 LAGE § 14 TzBfG Nr. 12a; DLW/Hoß, Kap. 5 Rn. 83; APS/Backhaus, 4. Aufl. 2012, § 14 TzBfG Rn. 76; KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 572 f. m.w.N.; Laux/Schlachter, § 14 Rn. 23). Die gedankliche Zuordnung in der Befristungsvereinbarung benennt nur Frau Q. Hinzu kommt, dass der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, auch fachfremden Vertretungsunterricht, etwa in Biologie, Deutsch, Musik, Englisch oder Französisch, erteilt zu haben, was zu seinem Vorbringen der dritten variablen Stunde passt. Die Beklagte hat diesen Vortrag nicht bestritten, sondern fachfremde Einsätze vielmehr ausdrücklich bestätigt, ihrerseits aber nicht näher erläutert, in welcher Zeit sonst der Kläger diese fachfremden Fächer unterrichtet haben soll. Auch dies hätte ihr im Rahmen einer substantiierten Erwiderung oblegen. Die Zuteilung einer dritten, variablen Stunde spräche zudem – jedenfalls in diesem Umfang – für die vom Kläger behauptete unzulässige Dauervertretung. Bei einer solchen wird der Arbeitnehmer von vornherein nicht nur zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt, sondern es ist bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen (BAG 25.03.2009 NZA 2010, 34, 36 m.w.N.; 17.11.2010 NZA 2011, 34, 36; 18.07.2012, NZA 2012, 1351, 1353; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn. 36).

31

ccc) Unabhängig hiervon hat der Kläger vorgetragen, Frau Q sei jedenfalls ab 10.06.2013 wieder in vollem Umfang von der Beklagten eingesetzt worden, so dass der Sachgrund für die Zweckbefristung entfallen, er aber gleichwohl bis zum Ende des Schuljahres weiter beschäftigt worden sei. Auch insoweit hat die Beklagte lediglich behauptet, Frau Q sei nach einer stufenweisen Wiedereingliederung bis zum Ende des Schuljahres mit drei Unterrichtsstunden ausgefallen. Auf den sich anschließenden Gegenvortrag des Klägers hat sie dann nicht mehr substantiiert erwidert oder Beweis für ihr Vorbringen angetreten. Dies hätte ihr auch hier oblegen, da nicht auszuschließen ist, dass die nach ihrem Vorbringen bereits seit März 2013 durchgeführte Wiedereingliederung von Frau Q schon vor Abschluss des Schuljahres zum Erfolg geführt hat und der Zweck der 11,11 %igen Befristung damit entfallen wäre. Auch einen Wiedereingliederungsplan, aus dem zumindest die ursprüngliche Planung hervorginge, Frau Q bis zum Schuljahresende von drei Unterrichtsstunden zu entpflichten, hat sie nicht vorgelegt.

32

ddd) Damit hat die Beklagte bereits zum behaupteten Sachgrund keinen hinreichenden Vortrag gehalten, jedenfalls ist sie insoweit beweisfällig geblieben. Unabhängig davon, ob die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Schuljahresende trotz früherer Rückkehr von Frau Q bereits am 10.06.2013 einen Fortfall der Befristung nach § 15 Abs. 5 TzBfG nach sich zöge, war die Befristungsvereinbarung jedenfalls gemäß § 16 Satz 1 TzBfG unwirksam, so dass der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Dies betrifft den Umfang von 11,11 %; hinzu kommen entsprechend obigen Ausführungen die weiteren 59,26 % bzw. die gesamten 70,37 % der Vereinbarung vom 30.04.2013.

33

cc) Selbst wenn man aber dem Vorbringen der Beklagten folgen und einen Sachgrund annehmen wollte, ergäbe sich nichts anderes, denn die Befristungsabrede erweist sich nach dem Dafürhalten der Kammer in Ansehung des gesamten Befristungsgebarens des beklagten Landes als klar rechtsmissbräuchlich.

34

aaa) Die Gerichte haben sich bei der Befristungskontrolle nach § 14 TzBfG nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrundes zu beschränken, sondern sind aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift (EuGH 26.01.2012 NZA 2012, 135, 138; BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1356; 18.07.2012, 1359, 1364; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1356; 18.07.2012, 1359, 1364; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). Ein solcher Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012, 1359, 1364). Hierzu bedarf es einer Bewertung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls, wobei besondere Bedeutung der Gesamtdauer und Laufzeit der befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen zukommt (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). Das Bundesarbeitsgericht hat in seinen bislang zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen betont, zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung lediglich eine "grobe Orientierung" geben, aber weder alle zu berücksichtigenden Umstände benennen noch eine quantitative Angabe leisten zu können, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen, die einen Missbrauch indizieren, genau liegen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357, 1358; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365). Anknüpfungspunkt in quantitativer Hinsicht soll bei an sich gegebenem Sachgrund eine mehrfache, alternative oder kumulative Überschreitung der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzwerte für eine sachgrundlos mögliche Befristung (bis zu dreimalige Verlängerung innerhalb zweier Jahre) sein, was dann hinreichenden Anlass für eine umfassende Missbrauchskontrolle gebe (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1358; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). So hat das BAG bei 4 Befristungen in 7 Jahren und 9 Monaten keine Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch gesehen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1359 ff.), bei 13 Befristungen in über 11 Jahren dagegen schon (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351 ff.).

35

Ausgehend von diesen Grundsätzen gelangte die Kammer zur Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Beklagten.

36

bbb) Die vorgenannten Grenzwerte indizieren entgegen der Ansicht der Beklagten durchaus die Notwendigkeit einer eingehenderen Missbrauchskontrolle. Zwar überschreitet die Gesamtdauer der Befristung des Klägers mit ca. 20 Monaten (bzw. ca. 30 Monaten, wenn man die sich zeitlich überschneidenden Befristungen jeweils gesondert zählt) für sich genommen den Schwellenwert von 2 Jahren nicht mehrfach und ist daher nach der Rechtsprechung des BAG nicht zu beanstanden. Dies gilt jedoch nicht für die Anzahl der Befristungsvereinbarungen. Die Beklagte stellt insoweit zu Unrecht auf lediglich sechs befristete Arbeitsverträge ab mit der Begründung, im übrigen handle es sich lediglich um vorübergehende Aufstockungen der Arbeitszeit, aber keine eigenständigen befristeten Verträge. Die von der Beklagten selbst mit "Änderungsvertrag" überschriebenen Befristungsvereinbarungen ändern keineswegs nur das Volumen der vom Kläger zu erbringenden Lehrtätigkeit, sondern beziehen sich auf je nach Lehrer unterschiedliche zu unterrichtende Fächer, auf verschiedene Schulen und sogar auf verschiedene Schulformen (Berufsbildende Schule O, Realschule T, Integrierte Gesamtschule T). Die Parteien schlossen jedes Mal einen eigenständigen, neuen Vertrag. Dass der Befristungszeitraum der Verträge sich zum Teil überschneidet, ändert an dieser inhaltlichen Bewertung nichts. Daher handelt es sich insgesamt um 13 befristete Verträge in weniger als zwei Jahren, weshalb der Schwellenwert des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG – sachgrundlos zulässige viermalige Befristung – wie vom BAG gefordert mehrfach überschritten ist. Eine kumulative mehrfache Überschreitung auch der Gesamtbefristungsdauer verlangt das BAG nicht. Selbst wenn man aber zugunsten des beklagten Landes auf eine geringere Befristungsanzahl käme, wäre es dem Kläger nach Ansicht der Kammer nicht zuzumuten, sich der geschilderten gängigen Befristungspraxis des Landes noch weitere Jahre auszusetzen, wenn und weil bereits jetzt absehbar ist, dass es an dieser nichts ändern wird.

37

ccc) Damit ist nach den oben dargestellten Grundsätzen ein Rechtsmissbrauch allerdings noch nicht gegeben, sondern lediglich eine genauere Prüfung der Einzelfallumstände angezeigt. Diese veranlasste die Kammer allerdings, hier im Ergebnis einen Rechtsmissbrauch anzunehmen.

38

(1) Zunächst fällt auf, dass die Beklagte den Kläger in mehreren Fällen weiterhin eingesetzt hat, nachdem der Sachgrund bereits entfallen war. So unterrichtete er im Dezember 2012 für den zu vertretenden Herrn U trotz dessen Rückkehr schon im November. Den gesamten Juni 2013 wurde er eingesetzt, obwohl der bis zum 07.06.2013 arbeitsunfähig erkrankte und deshalb nur bis dahin zu vertretende Herr U ab 10.06.2013 wieder in den Dienst zurückgekehrt war. Gleiches hat der Kläger in Bezug auf Frau Q vorgetragen, die ab 10.06.2013 wieder vollumfänglich von der Beklagten eingesetzt worden sei. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert genug entgegengetreten, jedenfalls aber beweisfällig geblieben. Im übrigen hat sie den vom 19.08.2011 bis 29.06.2012 zur Vertretung von Herrn U befristeten Vertrag während seiner Laufzeit am 31.01.2012 geändert in eine Vertretung für Frau S. Auf Nachfrage im Kammertermin, ob Herr U zu diesem Zeitpunkt zurückgekehrt sei, konnte sie sich nicht genau erklären. Eine Aufstockung zwecks doppelter Vertretung scheidet jedenfalls aus, da das Arbeitsvolumen im Vertrag vom 31.01.2012 nicht herauf-, sondern von 81,48 % auf 66,67 % herabgesetzt wurde. Gleiches gilt für die Vertretung, die der Kläger vom 08.04. bis 30.04.2013 für Herrn U zu leisten hatte. Auch dieser Vertrag wurde am 30.04. für die Zeit ab 01.05. von 92,59 % auf 70,37 % heruntergestuft, ohne dass die Beklagte hierzu eine nähere Erklärung hätte abgeben können. Daher ist in diesen Fällen unklar, ob Vertretungsbedarf im ursprünglich vereinbarten höheren Umfang für die im Vertrag benannte zu vertretende Lehrkraft überhaupt bestand.

39

(2) Dass der Kläger nicht nur Vertretungstätigkeiten für die im Vertrag benannten Lehrer leistete, ergibt sich im übrigen zum einen aus seinem unwidersprochenen Vortrag, im Juni 2013 an der Realschule trotz Rückkehr von Herrn U nicht nur weiterhin mit Unterricht, Aufsichtstätigkeiten und Arbeiten im Zusammenhang mit der Abschlussfeier und den Abschiedsstreichen betraut worden zu sein. Zum anderen folgt es aus seinem ebenfalls unwidersprochenen Vortrag, die Beklagte habe ihn außer in seinem angestammten Fach Elektrotechnik auch als unterrichtende Kraft in den Fächern Mathematik, Physik, Naturwissenschaften, Chemie, Französisch, Englisch, Religion, Musik, IT, Deutsch und Biologie eingesetzt. Dabei unterrichteten Herr V Elektrotechnik, Herr U Mathematik, Physik und Naturwissenschaften, Frau P Deutsch und Chemie, für Frau Q hat der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten mittelbar Mathematik und Lernzeitbetreuung übernommen. Damit verblieben für den Rest der vorgenannten übrigen Fächer nur Frau S und Frau R, auf die sich diese Fächer kaum alle verteilen durften, was wiederum die Vermutung nahelegt, dass der Kläger zwischenzeitlich noch weitere Lehrkräfte vertreten hat, ohne dass hierfür ein eigenständiger Sachgrund vorlag oder von der Beklagten angeführt wurde. Die Kammer findet es schon für sich genommen befremdlich, wenn das beklagte Land einen gelernten Elektrotechniker ohne pädagogische Ausbildung offenbar in der Mittelstufe Fächer wie Französisch, Englisch, Biologie, Musik oder Deutsch unterrichten lässt (und sei es nur vertretungsweise). Indes ist es an dieser Stelle nicht Aufgabe des Gerichts, die Qualität der schulischen Ausbildung zu beurteilen. Der Umstand, dass der Kläger unstreitig in einer Vielzahl "fachfremder Fächer" eingesetzt wurde, erhärtet aber dessen Vortrag, er sei von der Beklagten nicht nur in den Fächern der laut Befristungsvereinbarung zu vertretenden Lehrkraft eingesetzt worden, sondern vielmehr zur allgemeinen Bedarfsdeckung immer dort, wo gerade eine Lücke zu schließen gewesen sei.

40

(3) Nun folgt zwar selbst aus einem ständigen oder dauerhaften Vertretungsbedarf, den der Arbeitgeber auch mit unbefristet eingestellten Arbeitnehmern abdecken könnte, noch nicht automatisch ein Rechtsmissbrauch (EuGH 26.01.2012 NZA 2012, 135, 137; BAG 10.10.2012 NZA-RR 2013, 185, 187). Insbesondere muss der Arbeitgeber einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch Vorhaltung einer Personalreserve begegnen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1364). Ein solcher ständiger Vertretungsbedarf kann aber gleichwohl im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden (BAG 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781; ähnlich EuGH 26.01.2012 NZA 2012, 135, 138; ferner KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 145 b, c, 146 a). Zudem betonen sowohl der Europäische Gerichtshof wie auch das Bundesarbeitsgericht, dass die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines Bedarfs, der faktisch kein zeitweiliger, sondern ein ständiger und dauerhafter ist, nicht mehr durch § 5 Nr. 1 lit. a der EGB-UNICE-CEEP-Rahmen-vereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG gerechtfertigt ist (EuGH 23.04.2009 AP Nr. 6 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 103, 107; 26.01.2012 NZA 2012, 135, 137; hierzu gerade für den Öffentlichen Dienst kritisch und nachdrücklich Brose, NZA 2009, 706, 709 f.). Die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung wird dem Arbeitgeber vom Gesetzgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall einer Arbeitskraft zugebilligt, darf von ihm aber nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1364). Für diese Arbeitnehmer wäre dann nämlich de facto das befristete Arbeitsverhältnis der Normalfall und nicht das unbefristete, was nicht nur dem Leitbild des § 5 Nr. 1 lit. a der europäischen Rahmenvereinbarung widerspricht (EuGH 04.07.2006 AP Nr. 1 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 61; 23.04.2009 AP Nr. 6 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 104; 26.01.2012 NZA 2012, 135, 137; BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1364), sondern auch dem des TzBfG (BAG 27.07.2005 NZA 2006, 40, 46; 08.08.2007 NZA 2008, 229, 231; 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677; LAG Rheinland-Pfalz 05.09.2011 – 5 Sa 552/10; DLW/Hoß, Kap. 5 Rn. 83; KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 145 ff., 572 f.; APS/Backhaus, § 14 TzBfG Rn. 14, 76; Laux/Schlachter, § 14 Rn. 23). Dieses Leitbild findet auch sowohl auf europäischer Ebene im Erwägungsgrund Nr. 6 der Rahmenvereinbarung wie auf nationaler Ebene in der Gesetzesbegründung des TzBfG (BT-Drucks. 14/4374, S. 12) hinreichend Ausdruck.

41

Genau dieses Regel-/Ausnahmeverhältnis zwischen befristetem und unbefristetem Arbeitsverhältnis wird durch die Befristungspraxis des beklagten Landes in sein Gegenteil verkehrt. Die Parteien haben im Jahre 2013 bis zu den Sommerferien nicht nur monatlich neue Befristungsabreden getroffen, sondern innerhalb von zwei Wochen (18.02. bis 05.03.) fünf verschiedene Befristungen vereinbart – teilweise täglich (18., 19., 20.02.) oder sogar mehrfach täglich (05.03.) –, von denen sich vier (!) auf denselben Anfangszeitpunkt, nämlich den 05.03., bezogen. So sollte der Kläger nach einem Vertrag, wohl dem Rahmenvertrag, vom 05.03. bis 05.07. mit 11,11 % für Frau Q tätig werden, vom 05.03. bis 19.03. mit 25,93 % für Frau Q, vom 05.03. bis 19.03. mit 62,96 % für Herrn U und vom 05.03. bis 11.03. mit 87,96 % für Frau P. Dass dabei die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats mitunter auf der Strecke blieb – wie unstreitig bei den Vereinbarungen vom 22.05.2012, 18.02.2013, 05.03.2013 (05.03. bis 11.03.) und 30.04.2013 –, verwundert nicht. Das beklagte Land will in der Sache jeden aufkommenden Vertretungsfall möglichst taggenau durch den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages abfedern, was hier in kürzester Zeit zu einer anschaulichen Unübersichtlichkeit verschiedener paralleler Befristungsvereinbarungen und -gründe führte. Selbst die Parteien hatten im Kammertermin auf verschiedene Nachfragen keinen Überblick mehr darüber, wann genau der Kläger aufgrund welcher Vereinbarung für welchen Lehrer mit welchem Fach in welchem Stundenvolumen tatsächlich zum Einsatz gebracht wurde (zumal sich bei Frau Q und Herrn U nach Aussage der Beklagten An- und Abwesenheitszeiten ständig abwechselten). Derartige Auswüchse, die nach dem ausdrücklichen Vortrag des beklagten Landes "der in der Schullandschaft gelebten Wirklichkeit" entsprechen – was die erkennende Kammer in Anbetracht der zahlreichen, allein im letzten Jahr bei ihr anhängigen Entfristungsklagen von Lehrern gegen das Land nur bestätigen kann –, sind nicht mehr von Sinn und Zweck des TzBfG gedeckt. Der Gesetzgeber will dem Arbeitgeber zwar ermöglichen, aus sachlichen Gründen einen Arbeitnehmer "nur" befristet einzustellen. Grundtypus bleibt aber weiterhin das unbefristete Arbeitsverhältnis. Daran ändert die gerade in den letzten Jahren deutlich zunehmende Praxis vieler – auch öffentlicher – Arbeitgeber, unbefristete Verträge anscheinend nur noch im Ausnahmefall anzubieten, nichts. Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als Quelle potentiellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um eine "Prekarisierung der Lage der Beschäftigten" zu verhindern (so ausdrücklich EuGH 04.07.2006 AP Nr. 1 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 63; 23.04.2009 AP Nr. 6 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 73; 26.01.2012 NZA 2012, 135, 136; BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1358; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365; hierzu unter Verweis auf Erwägungsgrund Nr. 3 der Richtlinie 1999/70/EG Brose, NZA 2009, 706, 710).

42

Der Hintergrund für diese gesetzgeberische und höchstrichterliche Wertung wird durch den vorliegenden Fall eindrucksvoll veranschaulicht: Während sich das Arbeitsvolumen des Klägers zwischen Februar 2011 und Juni 2012 zwischen 45,83 % und 81,48 % bewegte, betrug es Ende 2012 37,04 %, dann bis zum 18.02.2013 44,44 %, danach für zwei Wochen 74,07 %, ehe es am 05.03. auf die 11,11 % des Rahmenvertrags abfiel, für eine Woche direkt wieder auf 87,96 % angehoben wurde, dann für eine Woche auf 62,96 % und danach für mehrere Wochen weiter auf 11,11 % abfiel, ehe es am 08.04.2013 auf 92,59 % stieg, ab 01.05. dann wieder auf 70,37 % fiel und nach dem 07.06. schließlich wieder 11,11 % betrug. Hieran wird hinreichend deutlich, dass es der Beklagten primär darum ging, so plötzlich, wie eine Kraft ausfiel – laut ihrer Klageerwiderung kommt es täglich zu kurz- oder langfristigen Ausfällen –, diese durch eine neue Befristung zu ersetzen, ähnlich einem Arbeitgeber, der für seinen Arbeitnehmer durchgehend nicht genügend Arbeit zur Verfügung hat, ihm aber gleichwohl nur die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vergüten will. Diese Situation ist deshalb vergleichbar, weil sie das vom Arbeitgeber typischerweise zu tragende Betriebs- und Wirtschaftsrisiko einseitig und vollständig auf den Arbeitnehmer abwälzen will, was dem Grundgedanken des Arbeitsvertrages aber diametral entgegensteht, denn die dem TzBfG zu Grunde liegende Wertung, dass der unbefristete Vertrag der Normalfall und der befristete die Ausnahme ist, gilt auch für den Umfang der Arbeitszeit, schließlich spielt dieser für eine längerfristige Planungssicherheit auf Seiten des Arbeitnehmers eine maßgebliche Rolle (so BAG 27.07.2005 NZA 2006, 40, 47; 08.08.2007 NZA 2008, 229, 231; 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677). Das Bundesarbeitsgericht betont ausdrücklich, dass der Vorbehalt des Arbeitgebers, durch entsprechende Vertragsgestaltung auf einen ungewissen Arbeitsbedarf flexibel reagieren zu können, gerade keinen Sachgrund für eine Befristung darstellt, sondern die Ungewissheit über künftigen Arbeitskräftebedarf zu seinem unternehmerischen Risiko gehört, das nicht durch den Abschluss befristeter Arbeitsverträge oder auch die Vereinbarung befristet geltender Arbeitsbedingungen (BAG 14.01.2004 NZA 2004, 719, 722) auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden kann (BAG 22.03.2000 NZA 2000, 881, 882; 05.06.2002 NZA 2003, 149, 151; 14.01.2004 NZA 2004, 719, 722).

43

Aus diesem Grunde spielt es vorliegend auch keine entscheidende Rolle, wenn sich die Beklagte darauf beruft, es handle sich in sieben Fällen nicht um eigenständige Befristungsvereinbarungen, sondern nur um vorübergehende Aufstockungen der Arbeitszeit, die einer Kontrolle nach dem TzBfG nicht unterfielen. Mit diesen Aufstockungen verfolgt die Beklagte genau das Ziel, das, wie eben dargestellt, durch die Regelungen des TzBfG verhindert werden soll, zumal das BAG selbst darauf hinweist, dass sich eine befristete Aufstockung der Arbeitszeit der Sache nach kaum noch unterscheiden lässt vom Abschluss eines zusätzlichen befristeten Arbeitsvertrags, welcher unmittelbar der Befristungskontrolle nach dem TzBfG unterliegt (BAG 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677). Abgesehen davon, dass es die vorübergehende Befristung von Arbeitsbedingungen einer Kontrolle nach dem TzBfG bislang nur Arbeitnehmern entzogen hat, die ansonsten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen – was bei dem Kläger gerade nicht der Fall und die Rechtsprechung daher auf seinen Fall nicht übertragbar ist –, hat auch das BAG für eine vorübergehende Arbeitszeitänderung um mehr als die Hälfte die Maßstäbe des TzBfG (im Rahmen der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle) für einschlägig gehalten (BAG 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677). Damit griffen hier ohnehin die Wertungen des TzBfG, da die Befristungsvereinbarung vom 19.02.2013 die Arbeitszeit ab 05.03.2013 mit 11,11 % beziffert, die Vereinbarung vom 18.02.2013 hingegen bis zum 04.03.2013 ein Arbeitsvolumen von 74,07 % auswies und nach Ablauf des Vertrages vom 30.04. zum 07.06.2013 ein Abfall des Arbeitsvolumens von 70,37 % auf 11,11 % erfolgte, so dass sowohl zu Beginn wie auch am Ende der Befristungsvereinbarung vom 19.02.2013 die Differenz jeweils mehr als 50 % beträgt.

44

(4) Ein Befristungsverhalten wie das diesem Fall zugrundeliegende mag beim beklagten Land seit Jahren gängige Praxis sein. Von der Rechtsordnung gedeckt ist es nach Auffassung der Kammer nicht mehr.

45

dd) Nach alledem war die Befristungsvereinbarung vom 19.02.2013 unwirksam.

46

2. Dementsprechend war dem Klageantrag zu 3) stattzugeben, sofern er auf Weiterbeschäftigung nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen gerichtet war.

47

3. Abzuweisen war er hingegen in Bezug auf die begehrte Vergütung nach Entgeltgruppe 10 Stufe 2 TV-L.

48

Eine solche Vergütung kann der Kläger nicht aus Abschnitt B I Nr. 9 oder 10 der TdL-Richtlinien herleiten. Zwar bemisst sich seine Vergütung grundsätzlich nach Abschnitt B I, da er für seine Tätigkeit an der Integrierten Gesamtschule gemäß Abschnitt B VI Nr. 2 wie eine entsprechende Lehrkraft an Realschulen, d.h. nach Abschnitt B II, zu vergüten ist und dieser – mangels Einschlägigkeit der benannten Beispiele – am Ende bzgl. der "übrigen Lehrkräfte" für eine solche Tätigkeit auf die Eingruppierung an Grund- und Hauptschulen (Abschnitt B I Nr. 2, 2a, 9-13) verweist. Eine Vergütung nach Abschnitt B I Nr. 2, 2a, 12 und 13 macht der Kläger selbst nicht geltend, da die Voraussetzungen hierfür unzweifelhaft nicht vorliegen. Aber auch eine Vergütung nach Nr. 9-11 entfällt, da er zwar staatlich geprüfter Techniker ist, aber weder an der Integrierten Gesamtschule T noch an der Realschule T eine Tätigkeit als "technischer Lehrer" ausübt. Dies mag an der Berufsbildenden Schule O so gewesen sein, wofür er auch die entsprechende Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 bezog. Wenn er an der Integrierten Gesamtschule und der Realschule aber in anderen als technischen Fächern eingesetzt wird, erfüllt dies nicht das Tatbestandsmerkmal des "technischen Lehrers". Unabhängig davon, ob der Inhalt des Schreibens des Kultusministeriums aus dem Jahre 1987 für ihn verbindlich ist oder nicht, hätte er die Anspruchsvoraussetzungen einer höheren Vergütungsgruppe als der ihm gewährten E 6 darzulegen. Die Vorschriften, auf die er sich insoweit beruft, stützen sein Begehren jedenfalls nicht.

49

Gleiches gilt für Abschnitt B III Nr. 8 der TdL-Richtlinien. Dieser findet bereits deshalb keine Anwendung, da er nur für Lehrkräfte an Sonderschulen oder vergleichbaren Schulformen gilt, wozu weder die Integrierte Gesamtschule noch die Realschule zählen (für erstere gilt Abschnitt B VI, für letztere Abschnitt B II).

B.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

C.

51

Bei der Streitwertentscheidung wurden die Klageanträge zu 1) und 2) mit insgesamt 7.035 € (drei Bruttomonatsgehältern) bewertet, der Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Bruttomonatsgehalt (2.345 €) und der Eingruppierungsantrag gem. § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dem dreijährigen Unterschiedsbetrag zwischen gewährter und begehrter Vergütung in Höhe von (36 x [3.095 - 2.345] =) 27.000 €.

D.

52

Die Berufung war vorliegend nicht gesondert zuzulassen, da es hierfür an den Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG fehlt. Insbesondere sieht die Kammer ihre Ausführungen zum Rechtsmissbrauch als Bewertung des vorliegenden Einzelfalls an, die nicht im Widerspruch zu für einschlägig gehaltener höchstrichterlicher Rechtsprechung steht.

Hochschulen im Sinne dieses Gesetzes sind die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dieses Gesetz betrifft, soweit dies in § 70 bestimmt ist, auch die staatlich anerkannten Hochschulen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2011 - 10 Sa 15/11 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger. Er ist seit September 2007 als pädagogische Fachkraft an einer Förderschule im Schuldienst des beklagten Landes beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), das beklagte Land ist Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL).

3

Im letzten Formulararbeitsvertrag vom 13. März 2008 vereinbarten die Parteien ua.:

        

„§ 1   

        

Herr S wird ab dem Tag der Dienstaufnahme, frühestens ab 01.04.2008,

        

auf unbestimmte Zeit

        

als vollbeschäftigte Pädagogische Fachkraft mit wöchentlich 38,50 Pflichtstunden eingestellt.

        

…       

        

Etwaig bestehende Vertragsverhältnisse mit dem Land Rheinland-Pfalz (Vertretungsverträge) enden mit Beginn dieses Vertrages.

        

…       

        

§ 2     

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten

        

-       

der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L),

        

-       

der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder), sowie

        

-       

die Tarifverträge, die den TV-L und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen,

        

in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land Rheinland-Pfalz jeweils gilt, solange der Arbeitgeber hieran gebunden ist.

        

…       

        

§ 4     

        

Für die Eingruppierung gelten die Abschnitte A und B der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien der TdL) in der jeweiligen Fassung in Verbindung mit der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder. Die Pädagogische Fachkraft ist danach in die Entgeltgruppe 8 TV-L eingruppiert.

        

…       

        

Der Arbeitgeber ist berechtigt, der Pädagogischen Fachkraft aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen.

        

Anpassungen der Eingruppierung aufgrund des In-Kraft-Tretens einer neuen Entgeltordnung können auch entgeltgruppenübergreifend erfolgen (§ 17 Abs. 4 TVÜ-Länder).

        

Bis zum In-Kraft-Treten einer neuen Entgeltordnung sind alle Eingruppierungsvorgänge vorläufig und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand (§ 17 Absatz 3 Satz 1 TVÜ-Länder).“

4

Die Lehrer-Richtlinien der TdL (LRL-TdL) hatten in ihrer Fassung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„Die Mitgliederversammlung beschließt, die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte, für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1 a zum BAT nicht gilt, durch Arbeitsvertrag wie folgt zu regeln:

        

…       

        

B.    

        

Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis

        

an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen

        

…       

        

III.   

Lehrkräfte an Sonderschulen

Vergütungsgruppe

        

…       

        

7.    

Erzieher …

                 

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung

        
                 

als pädagogische Unterrichtshilfen

V c     

                 

nach mehrjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

V b     

        

…       

        

Protokollnotizen zu Abschnitt B:

        

…       

        

Nr. 2 

Für die Eingruppierung ist auf diejenige Tätigkeit abzustellen, die zeitlich mindestens zur Hälfte und nicht nur vorübergehend auszuüben ist. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses.

                 

Soweit Tätigkeitsmerkmale einen Aufstieg (z. B. Bewährungsaufstieg, Tätigkeitsaufstieg) enthalten, gilt § 23 b Abschn. A BAT entsprechend.

                 

Auf die Bewährungszeit können Zeiten einer entsprechenden Unterrichtstätigkeit im sonstigen anerkannten Schuldienst oder im kirchlichen Dienst nach Maßgabe des Unterabsatzes 2 angerechnet werden.

                 

…“    

5

Mit Schreiben vom 3. März 2010 machte der Kläger für die Zeit ab dem 1. April 2010 nach zweijähriger Bewährung erfolglos einen Anspruch auf Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L geltend. Der monatliche Unterschiedsbetrag zwischen den Entgeltgruppen 8 und 9 TV-L beträgt ca. 150,00 Euro brutto.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach § 4 des Arbeitsvertrags fänden für seine Eingruppierung nur die LRL-TdL Anwendung, die - anders als der TV-L - nach wie vor einen Bewährungsaufstieg vorsähen. Die arbeitsvertraglich vereinbarten LRL-TdL könnten durch tarifvertragliche Regelungen nicht verschlechtert werden.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 1. April 2010 in die Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrags der Länder höherzugruppieren.

8

Das beklagte Land hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag von März 2008 sehe genauso wenig wie der am 1. November 2006 in Kraft getretene TV-L einen Bewährungsaufstieg vor. Ein Anspruch auf Teilnahme am Bewährungsaufstieg und damit auf eine Höhergruppierung ergebe sich auch nicht aus dem Verweis auf die LRL-TdL. Vielmehr sei durch die Tarifreform im öffentlichen Dienst der Bewährungsaufstieg abgeschafft worden, was aufgrund der vertraglich in Bezug genommenen Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder zu berücksichtigen sei.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage.

10

Nach der Verkündung des Berufungsurteils haben die Tarifvertragsparteien des TV-L zum 1. Januar 2012 eine neue Entgeltordnung (EntgeltO 2012) verabschiedet. Zum gleichen Termin sind nach einem Beschluss der Mitgliederversammlung der TdL vom 19./20. Dezember 2011 die neuen LRL-TdL 2012 in Kraft getreten, die einen Bewährungsaufstieg nicht mehr vorsehen. Gleichzeitig wurde eine neue eigenständige Entgeltgruppe „9*“ geschaffen, in der eine Zuordnung zu höheren Entwicklungsstufen erst nach längeren Laufzeiten in den jeweils unteren Stufen erfolgt als in der Entgeltgruppe 9 TV-L. Der Kläger hat bei der Beklagten den in den LRL-TdL 2012 vorgesehenen Antrag auf eine zum 1. Januar 2012 rückwirkende Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9* gestellt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes gegen das erstinstanzliche Urteil ohne Rechtsfehler zurückgewiesen. Die Klage ist begründet.

12

A. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage nach der Senatsrechtsprechung (vgl. nur BAG 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 13 mwN; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 447/01 - zu I 1 der Gründe) zulässig.

13

I. Der Antrag kann entsprechend der Klarstellung des Klägers in der Revisionsverhandlung als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag dahin ausgelegt werden festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu vergüten.

14

II. Entsprechend der weiteren Klarstellung des Klägers in der Revisionsverhandlung beschränkt sich der Zeitraum, für den er ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 verlangt, nun auf die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Dezember 2011. Der Kläger hat von der nach der Neufassung der Lehrer-Richtlinien der TdL ab dem 1. Januar 2012 bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Antrag auf zu diesem Datum rückwirkende Eingruppierung in die neue Entgeltgruppe 9* LRL-TdL 2012 zu stellen.

15

III. Das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Es ist bei Eingruppierungsfeststellungsklagen, die die Vergangenheit betreffen, in der Regel gegeben, wenn von der begehrten Feststellung Rechte oder Ansprüche des Klägers abhängen (vgl. zB BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - BAGE 108, 224). Dies ist hinsichtlich des hier noch in Rede stehenden streitigen Zeitraums der Fall.

16

B. Mit diesen Maßgaben ist die Klage begründet. Der Kläger war im Zeitraum vom 1. April 2010 bis zum 31. Dezember 2011 in der Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert und hat demzufolge einen Anspruch auf die entsprechende Vergütung.

17

I. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel ausschließlich nach den materiell-rechtlichen Regelungen der Abschnitte A und B der LRL-TdL in ihrer im Streitzeitraum geltenden Fassung. Das folgt aus der Auslegung des Arbeitsvertrags. Der TV-L und der TVÜ-Länder, die für die Parteien wegen beiderseitiger Tarifgebundenheit auch normativ gelten, enthalten keine eigenständige Eingruppierungsregelung für Lehrkräfte.

18

1. § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien verweist für die Eingruppierung des Klägers auf die LRL-TdL in ihrer jeweiligen Fassung. Danach sind für den Streitzeitraum die Regelungen der LRL-TdL in ihrer Fassung vom 1. Februar 1992, zuletzt geändert durch Beschluss der Mitgliederversammlung der TdL vom 13. Juni 2007, maßgebend. Dieses aus dem eindeutigen Wortlaut der arbeitsvertraglichen Klausel folgende Ergebnis entspricht dem allgemeinen Verständnis und der praktischen Durchführung der Eingruppierung von Lehrkräften an öffentlichen Schulen und Einrichtungen. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen, auch wenn es eine ältere Fassung der LRL-TdL zugrunde gelegt hat; die hier maßgebenden Vorschriften waren von den zwischenzeitlichen Änderungen nicht betroffen.

19

a) Die Eingruppierung von Lehrkräften haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes seit langem den Arbeitsvertragsparteien und damit im Ergebnis dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der Arbeitgeberseite überlassen.

20

aa) Mit dieser Gestaltung wollen die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer weitgehenden Gleichstellung von angestellten und verbeamteten Lehrern erreichen. Nach den Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT kamen bei den Lehrkräften deshalb weder die Regelungen der §§ 22 bis 24 BAT(siehe jetzt § 12 Abs. 1 TV-L) noch die Anlage 1a zum BAT zur Anwendung (BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 28/92 -; 18. Mai 1994 - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23). An deren Stelle traten über eine entsprechende einzelarbeitsvertragliche Bezugnahme die jeweiligen vergütungsrechtlichen Landesregelungen, wie bspw. im vorliegenden Fall die nicht auf Arbeitsvorgänge iSv. § 22 Abs. 2 BAT abstellenden „Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte“. Dabei unterscheiden die LRL-TdL grundsätzlich zwischen angestellten Lehrern, die die Anforderungen für eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis erfüllten (sog. Erfüller) und den Angestellten, bei denen dies nicht der Fall war (sog. Nichterfüller). Die Regelungen für die „Erfüller“ bestehen zumeist in einer tabellenähnlichen Verweisung auf die jeweiligen Besoldungsgruppen nach den Beamtenbesoldungsgesetzen. Die „Nichterfüller“ sind regelmäßig aufgrund bestimmter Tätigkeitsmerkmale Vergütungsgruppen zugeordnet, die sich in der LRL-TdL-Fassung bis zum 31. Dezember 2011 zumeist an den Bezeichnungen der Anlage 1a zum BAT orientierten (im Erg. grundsätzlich ebenso für die neuen Bundesländer § 2 Nr. 3 ÄndTV Nr. 1 zum BAT-O iVm. den Lehrer-Richtlinien-O der TdL).

21

bb) Eine beiderseitige Tarifgebundenheit von öffentlichem Arbeitgeber und Lehrkraft ist für die Eingruppierung ebenso ohne Bedeutung wie eine arbeitsvertragliche Verweisung auf den BAT (BAG 23. Februar 1994 - 4 AZR 219/93 - BAGE 76, 44; 30. September 2004 - 8 AZR 551/03 -) oder den TV-L. Die Zuordnung der Tätigkeit einer Lehrkraft zu einem bestimmten Tätigkeitsmerkmal war und ist allein in außertariflichen Regelungen festgehalten, die nur dann auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, wenn sie arbeitsvertraglich vereinbart sind. Fehlt es an einer solchen arbeitsvertraglichen Verweisung, bleiben die LRL-TdL ohne Bedeutung für das Arbeitsverhältnis (BAG 15. November 1995 - 4 AZR 489/94 -; ebenso bereits 25. November 1970 - 4 AZR 69/69 - BAGE 23, 83; s. auch 13. Januar 1987 - 4 AZN 370/86 -). Ist eine dynamische Verweisung vereinbart - wie in der Regel -, werden die späteren Änderungen der LRL-TdL auch ohne eine weitere Vereinbarung unmittelbar Inhalt des Arbeitsverhältnisses (BAG 25. November 1987 - 4 AZR 386/87 -).

22

cc) Die Verbindlichkeit der LRL-TdL für das Arbeitsverhältnis führt dazu, dass die nach diesen eingeordnete Lehrkraft nicht nur die Vergütung aus der - regelmäßig im Arbeitsvertrag gesondert genannten - Vergütungsgruppe, sondern - wie bei einer tarifvertraglichen Vergütungsordnung - auch die Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe fordern kann, wenn die Tätigkeit die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale einer höheren Vergütungsgruppe der LRL-TdL erfüllt, wie es zB bis zum 31. Dezember 2011 nach einer erfolgreichen Bewährungszeit vorgesehen war (BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 498/92 -; 15. November 1995 - 4 AZR 658/94 -). Dabei gab es in den LRL-TdL für die „Nichterfüller“ kaum ein Tätigkeitsmerkmal, das keinen Bewährungsaufstieg vorsah. Der jeweils maßgebende Zeitraum der Bewährung war unterschiedlich (von fünfzehn über sechs und vier Jahre bis zu „mehrjähriger Bewährung“ oder „langjähriger Bewährung“).

23

Auf die allgemeinen tariflichen Regelungen zum Bewährungsaufstieg konnte sich eine Lehrkraft hingegen nicht berufen, da § 23a BAT für sie nicht galt. Dem stand bereits der Ausschluss der Eingruppierungsregelungen nach der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT entgegen (BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 28/92 -; 4. April 2001 - 4 AZR 194/00 -; ebenso für § 24 BAT: 26. April 2001 - 8 AZR 281/00 -).

24

b) Die Tarifreform im öffentlichen Dienst hat mit der Inkraftsetzung des TV-L und des TVÜ-Länder zum 1. November 2006 an dieser Regelungstechnik und den daraus folgenden Eingruppierungsregelungen grundsätzlich nichts geändert.

25

aa) Der TV-L und der TVÜ-Länder haben ua. die bisher nach der Anlage 1a zum BAT bestehenden tariflichen Aufstiegsmöglichkeiten aufgrund von Bewährung, Zeitablauf oder Tätigkeit abgeschafft (§ 17 Abs. 5 TVÜ-Länder) und für die am 31. Oktober/1. November 2006 übergeleiteten Arbeitnehmer Übergangsbestimmungen ua. zur Eingruppierung bis zur Erstellung einer neuen Entgeltordnung geschaffen, indem bspw. bei den unmittelbar nach Anlage 1a zum BAT eingruppierten Arbeitnehmern deren erreichte Besitzstände auch hinsichtlich der - noch nicht vollendeten - Bewährungszeit mittels einer pauschalierenden Regelung bei der Überleitung in die neuen Entgeltgruppen berücksichtigt wurden. Dabei wurden Bewährungszeiten, die einen bestimmten Stand erreicht hatten (so etwa die Hälfte der noch in der Anlage 1a zum BAT vorgesehenen Bewährungszeit), aufgrund von Sonderregelungen auch nach dem 1. November 2006 fiktiv weiterentwickelt (vgl. bspw. § 8 Abs. 1 TVÜ-Länder).

26

Für die nach dem 1. November 2006 neu eingestellten Arbeitnehmer galt nur der TV-L, nicht jedoch die Übergangsregelungen des TVÜ-Länder. Sie sollten nur dann dem TVÜ-Länder unterliegen, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist (§ 1 Abs. 2 TVÜ-Länder). Dies war nach § 17 Abs. 1 TVÜ-Länder bei den Bestimmungen zur Eingruppierung bis zum 31. Dezember 2011 der Fall. Damit regelte der TVÜ-Länder (mit Ausnahme der neuen Entgeltgruppe 1 - „Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten“ -, der früheren Vergütungsgruppe I BAT und der Eingruppierung von Ärzten, vgl. § 17 Abs. 2 TVÜ-Länder) bis zu diesem Zeitpunkt die Weitergeltung der §§ 22, 23 BAT und der vergleichbaren Eingruppierungsregelungen der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes; „die den Vergütungs- und Lohngruppen zugrunde liegenden Tätigkeitsmerkmale werden durch die Zuordnung zu Entgeltgruppen des TV-L nicht zu deren Tätigkeitsmerkmalen“ (Durchführungshinweise der TdL zu § 17 Abs. 7 TVÜ-Länder, hervorgeh. im Orig.). Dementsprechend mussten neu eingestellte Arbeitnehmer mit ihren Tätigkeiten weiterhin zunächst den entsprechenden Fallgruppen der Vergütungsgruppen des BAT zugeordnet werden, um daran anschließend die so ermittelte Vergütungsgruppe des BAT über die Tabelle in Anlage 4 (Teil A) TVÜ-Länder einer Entgeltgruppe des TV-L zuzuordnen. Dabei haben die Tarifvertragsparteien die nach der Vergütungsordnung zum BAT seinerzeit möglichen Aufstiege, die den Tätigkeitsmerkmalen bzw. Fallgruppen zugeordnet waren, pauschaliert, bei der Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TV-L berücksichtigt und damit gewissermaßen „eingearbeitet“. Eine fiktive weitere „Beobachtung“ der Arbeitsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt etwa einer noch zu vollendenden Bewährungszeit ist - anders als bei den übergeleiteten Arbeitnehmern - bei neu eingestellten Arbeitnehmern ausgeschlossen. Für sie ist die Entgeltgruppe mit der erstmaligen (und insoweit eigentlich „einmaligen“) Zuordnung der ermittelten BAT-Vergütungsgruppe zur TV-L-Entgeltgruppe festgeschrieben.

27

Insoweit hatten die Tarifvertragsparteien bereits vor der Tarifreform ihre Regelungsmacht ausgeübt; sie veränderten damit zulässigerweise lediglich den von ihnen vorher selbst geschaffenen Normenbestand.

28

bb) Das bis 2006 praktizierte System der Eingruppierung von Lehrkräften wurde mit dem Inkrafttreten des TV-L und des TVÜ-Länder nicht grundsätzlich modifiziert.

29

(1) Hinsichtlich der Eingruppierung von Lehrkräften hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes - ausdrücklich und nachhaltig und durch die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierin immer wieder bestätigt - keine eigenen Regelungen getroffen und treffen wollen. Mit der regelmäßig und durchgängig vereinbarten dynamischen Anwendung der LRL-TdL bestand eine gegenüber den anderen Angestellten des öffentlichen Dienstes abweichende Ausgangssituation. Die vertraglich in Bezug genommenen Regelungen galten über den 1. November 2006 hinaus unverändert fort und waren für den Streitzeitraum gerade nicht angepasst worden.

30

(2) Die Anpassung der Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte in den LRL-TdL ist tatsächlich erst fünf Jahre später erfolgt. Diese grundsätzliche Struktur ist durch die zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Neuregelungen nicht verändert worden. Sowohl die seitdem geltende neue Entgeltordnung zum TV-L als auch die zeitgleich erfolgte Neufassung der LRL-TdL entsprechen in ihrer Regelungstechnik - bis ins Detail - dem bisherigen Zustand.

31

(a) Die EntgeltO 2012 enthält nunmehr - wie früher die Vergütungsordnung zum BAT - eine allgemeine Vorbemerkung (jetzt: Nr. 4) „zu allen Teilen der Entgeltordnung“, die wie folgt lautet:

        

„Die Entgeltordnung gilt nicht für Beschäftigte, die als Lehrkräfte - auch wenn sie nicht unter § 44 TV-L fallen - beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist.“

32

Die Tarifvertragsparteien haben also erneut und bewusst keinerlei Tätigkeitsmerkmale für Lehrkräfte vereinbart. Für deren Eingruppierung erklären sie sich damit selbst nach wie vor als „unzuständig“.

33

(b) Auf der anderen Seite hat die TdL in ihren Durchführungshinweisen zum Änderungstarifvertrag Nr. 4 zum TV-L, durch den die neue Entgeltordnung zum TV-L mit Wirkung ab 1. Januar 2012 eingeführt wurde, formuliert:

        

„Für Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen bleibt es weiterhin grundsätzlich bei der Eingruppierung auf der Grundlage der Lehrer-Richtlinien der TdL …“

34

Die neu gefassten LRL-TdL 2012 orientieren sich damit zwar nicht mehr am Vergütungsgruppensystem des BAT, sondern am Entgeltgruppensystem des TV-L. Sie sind aber wieder als eine eigenständige Vergütungsordnung ausgestaltet worden. Da sie nunmehr - analog zur Entgeltordnung und im Einklang mit den allgemeinen tariflichen Eingruppierungsbestimmungen - keinen Bewährungsaufstieg mehr formulieren, kann ihnen unmittelbar entnommen werden, welche Tätigkeit nach welcher Entgeltgruppe des TV-L zu vergüten ist.

35

Damit bestätigen die neuen LRL-TdL 2012 und die EntgeltO 2012 nicht nur die bisherige Regelungstechnik, sondern zugleich, dass eine grundlegende Veränderung der Eingruppierung von Lehrkräften, vor allem in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Tarifvertragsparteien einerseits und dem Normgeber der Richtlinien andererseits weder gewollt war noch letztlich durchgeführt worden ist. Im Gegenteil ist gerade in Bezug auf dieses Verhältnis die jedenfalls bis zum 31. Oktober 2006 bestehende Rechtslage perpetuiert worden.

36

(3) Für den Zwischenzeitraum vom 1. November 2006 bis zum 31. Dezember 2011 wird damit deutlich, dass von einer kontinuierlichen Weitergeltung der bisherigen Eingruppierungsregelungen auszugehen ist. So war die Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT, in der der „Verzicht“ der Tarifvertragsparteien auf die Regelung materiell-rechtlicher Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte festgeschrieben war, auch während dieses Zeitraums gültiges Tarifrecht. Das ergibt sich zum einen aus dem allgemeinen Verweis zur Weiteranwendung der Anlage 1a zum BAT in § 17 Abs. 1 und - für Neueingestellte - Abs. 7 TVÜ-Länder, der auch deren Vorbemerkungen erfasst. Zum anderen sehen die Sonderregelungen für Lehrer im TVÜ-Länder, zB in der Anlage 4 Teil B und in § 8, in ihren Anwendungsbereichsvoraussetzungen ausdrücklich vor, dass sie (nur) für Lehrkräfte gelten, „für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1a zum BAT/BAT-O nicht gilt“(so die Überschrift von Anlage 4 Teil B und § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder). Ferner wurde die im Streitzeitraum maßgebende Fassung der LRL-TdL noch am 13. Juni 2007, also nach Inkrafttreten des TVÜ-Länder mit seinen oben behandelten Regelungen, in Teilen geändert, im Übrigen aber unverändert gelassen. Zu den unveränderten Teilen gehörten aber gerade die Eingruppierungsregelungen mit den vielfältigen Möglichkeiten eines Bewährungsaufstiegs für „Nichterfüller“ und die Bezugnahme auf § 23b BAT. Damit wurde die grundsätzliche Alleinzuständigkeit der LRL-TdL für die Eingruppierung von Lehrkräften sieben Monate nach Inkrafttreten des TVÜ-Länder von jedenfalls einer der Tarifvertragsparteien festgeschrieben (vgl. auch BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 203/11 -, im Ergebnis geht auch der Zehnte Senat von der Kontinuität der besonderen Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte aus, die nunmehr durch die Anpassungen in der EntgeltO 2012 und den LRL-TdL 2012 weiter fortgeschrieben worden sind).

37

In dieser Zeit zwischen 2006 und 2011 bestanden die LRL-TdL in der bisherigen Form fort und bildeten - nach wie vor - die einzige materiell-rechtliche Grundlage für die Eingruppierung von Lehrkräften. Entgegen der Auffassung der Revision kann angesichts dessen allein aus der vertraglichen Bezugnahme (§ 4 des Arbeitsvertrags) auf die Überleitungstabelle in der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder keine eigenständige tarifliche, materiell-rechtliche Regelung entnommen werden. Wegen des Weiterbestehens der bisher hierfür allein maßgebenden LRL-TdL wäre es ansonsten zu einer Kollision der unterschiedlichen Regelungssysteme gekommen, die in ihrem Nebeneinander als solche offensichtlich von den beteiligten Tarifvertragsparteien und der TdL gewollt waren. Auch hätten sich die Tarifvertragsparteien damit angemaßt, ohne jede ausdrückliche Bezugnahme Bestimmungen der LRL-TdL, die überdies einzelvertraglich Inhalt der Arbeitsverhältnisse von Lehrkräften waren, abweichend zu regeln.

38

(4) Im Übrigen wäre eine eigenständige tarifliche Modifizierung der einzelvertraglich vereinbarten Lehrereingruppierung, wenn die Tarifvertragsparteien eine solche mit den Regelungen im TVÜ-Länder beabsichtigt haben sollten, wegen einer Überschreitung der tariflichen Regelungsmacht unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt entschieden, dass tarifliche Regelungen, die einzelvertraglich vereinbarte Entgeltbestandteile der Verfügung der Arbeitsvertragsparteien entziehen, in unzulässiger Weise in deren Vertragsbeziehungen eingreifen (zB BAG 26. August 2009 - 4 AZR 294/08 - Rn. 49; 16. Juni 2004 - 4 AZR 408/03 - BAGE 111, 108; grdl. 14. Februar 1968 - 4 AZR 275/67 - BAGE 20, 308 zur sog. Effektivklausel). Nichts anderes gilt auch für einzelvertraglich vereinbarte außertarifliche Eingruppierungsregelungen. Mit der dynamischen Verweisung auf die LRL-TdL ist auch deren Änderung dem dafür vorgesehenen Verfahren durch die dafür zuständigen Gremien unterworfen. Mit dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht korrespondiert dabei sowohl eine vollständige Vertragskontrolle nach §§ 305 ff. BGB als auch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle nach §§ 315 ff. BGB (BAG 18. Mai 1994 - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23; 28. März 1990 - 4 AZR 619/89 -). Der mit der Eingruppierung verbundene Umfang des Direktionsrechts des Arbeitgebers (vgl. dazu nur für den konkreten Fall § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien) ist zudem für die Leistungspflicht des Arbeitnehmers entscheidend. Diese individualvertraglich geregelte Konstellation können Tarifvertragsparteien nicht durch Einzelbestimmungen umgestalten, sondern allenfalls durch die Schaffung normativ geltender Mindestarbeitsbedingungen insgesamt - nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG) - verdrängen (vgl. zB JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 82; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1893, 1895). Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder haben aber keine eigene Regelung zur Eingruppierung von Lehrkräften getroffen, sondern greifen allenfalls ganz punktuell und für eine begrenzte Zeit in das geschlossene komplexe System der einzelvertraglich vereinbarten Eingruppierungsregelungen ein. Wegen der darin liegenden Überschreitung der tariflichen Regelungsmacht würden deshalb die entsprechenden Regelungen selbst dann keine normative Wirkung für das einzelne Arbeitsverhältnis entfalten, wenn dies von den Tarifvertragsparteien beabsichtigt worden wäre (vgl. dazu auch Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 531).

39

2. Weder der im Zusammenhang mit der Bezugnahmeklausel stehende arbeitsvertragliche Verweis (§ 4 des Arbeitsvertrags) auf die Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder („… in Verbindung mit …“) noch die in § 4 des Arbeitsvertrags genannten Regelungen des § 17 Abs. 3 und Abs. 4 TVÜ-Länder ändern etwas an der unmittelbaren Anwendung der LRL-TdL und einer darauf aufbauenden Eingruppierung. Diese Tarifregelungen enthalten keine materiellen Eingruppierungsbestimmungen. Insbesondere die Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder hat keine eigene Bedeutung für die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu den für ihn verbindlichen Tätigkeitsmerkmalen der LRL-TdL, sondern ordnet lediglich die sich aus den LRL-TdL ergebende Eingruppierung in eine BAT-Vergütungsgruppe einer der im TV-L zugrunde gelegten Entgeltgruppen zu.

40

a) Im Ausgangspunkt noch zutreffend meint die Revision, bei einer Auslegung des Arbeitsvertrags und einer Eingruppierung des Klägers sei auch die vertraglich einbezogene Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder zu berücksichtigen. Weiter gehend ist sie aber der unzutreffenden Auffassung, bereits aus der Überschrift zur Anlage 4 TVÜ-Länder („Vorläufige Zuordnung …“) folge, dass bei der nach den Tabellen vorgenommenen Ersteingruppierung der früher mögliche Bewährungsaufstieg bei der Zuordnung zu den neuen Entgeltgruppen des TV-L berücksichtigt und deshalb auch für die Eingruppierung von Lehrkräften kein Bewährungsaufstieg und keine sich daraus ergebende höhere Eingruppierung für nach dem 1. November 2006 eingestellte Lehrkräfte mehr möglich sei; ansonsten würde der Wille der Tarifvertragsparteien konterkariert.

41

b) Diese Auffassung ist schon deshalb unzutreffend, weil durch die vertragliche Formulierung „in Verbindung mit der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder“ keine materiell-rechtliche Eingruppierungsregelung in Bezug genommen wird, die der Tätigkeit des Klägers Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsordnung zuordnen würde.

42

aa) Die Anlage 4 TVÜ-Länder hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„Vorläufige Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für ab dem 1. November 2006 stattfindende Eingruppierungsvorgänge (Länder)

        

Teil A

        

Beschäftigte mit Ausnahme der Lehrkräfte im Sinne des Teils B

        

…       

        

Teil B

        

Lehrkräfte, für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1 a zum BAT/BAT-O nicht gilt

        

Entgeltgruppe

Eingruppierung Lehrkräfte ‚Erfüller’ Vergütungsgruppe

Eingruppierung Lehrkräfte ‚Nichterfüller’ Vergütungsgruppe

        

…       

…       

…       

        

10    

IVa     

IVa ohne Aufstieg nach III

                          

IVb mit Aufstieg nach IVa

        

9       

IVb     

IVb ohne Aufstieg nach IVa

                 

Vb (Stufe 3 nach 5 Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach 9 Jahren in Stufe 3, keine Stufe 5)

Vb mit Aufstieg nach IVb
Vb ohne Aufstieg nach IVb (Stufe 3 nach 5 Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach 9 Jahren in Stufe 3, keine Stufe 5)

        

8       

Vc    

Vc ohne Aufstieg

                          

Vc mit Aufstieg nach Vb“

43

bb) Der Aussagewert der Tabelle in Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder ist im Zusammenhang mit der Verweisungsklausel - wie früher und ab dem 1. Januar 2012 die gesamte tarifliche Entgeltordnung - darauf beschränkt, die einer Lehrkraft nach der einzelvertraglich vereinbarten Vergütungsordnung zustande gekommene Vergütungsgruppe in die entsprechende Entgeltgruppe des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes, hier: TV-L, zu „übersetzen“. Die originäre Vergütungsgruppe ist dabei nach wie vor der Vergütungsordnung der LRL-TdL zu entnehmen. Aus der Tabelle ergibt sich gleichsam rein „arithmetisch“ die dieser zugeordnete Entgeltgruppe. Ein eigener materiell-rechtlicher Regelungsgehalt, der wichtige Teile der ausdrücklich vereinbarten differenzierten Vergütungsordnung konstitutiv verändert und insbesondere ausdrücklich geregelte Aufstiegsmöglichkeiten de facto beseitigt, lässt sich hieraus - und im Übrigen auch für den Kläger hinreichend erkennbar (vgl. nur die Unklarheitenregel gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) - nicht entnehmen.

44

c) Auch die im Arbeitsvertrag vereinbarten Verweisungen auf § 17 Abs. 3 und Abs. 4 TVÜ-Länder führen zu keinem anderen Ergebnis.

45

aa) In § 17 Abs. 3 TVÜ-Länder ist der Ausschluss eines Vertrauensschutzes für die vor dem Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung vorgenommenen Eingruppierungen geregelt. § 17 Abs. 4 TVÜ-Länder, der im Übrigen durch § 1 Nr. 6 Buchst. c des Änderungstarifvertrags Nr. 4 zum TVÜ-Länder vom 2. Januar 2012 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 aufgehoben worden ist, regelte im Wesentlichen Besitzstandszulagen, die aufgrund von finanziellen Nachteilen bei der Eingruppierung nach einer neuen Entgeltordnung entstehen können.

46

bb) Bei keiner der beiden Bestimmungen handelt es sich um eine materiell-rechtliche Eingruppierungsregelung über die Zuordnung einer Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal aus einer Vergütungs- oder Entgeltordnung. Sie sind deshalb für die Eingruppierung des Klägers ohne Bedeutung.

47

d) Auch die weiteren vom beklagten Land angezogenen Sonderbestimmungen für Lehrkräfte im TV-L und im TVÜ-Länder enthalten keine materiell-rechtlichen Regelungen, die sich mit der Zuordnung der Tätigkeit einer Lehrkraft zu einem konkreten Tätigkeitsmerkmal befassen, und sind deshalb für den Streitfall ohne Belang.

48

aa) So stellt § 44 TV-L Sonderregelungen für Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen auf, die jedoch nicht die Eingruppierung betreffen, sondern deren Arbeitszeit, die Stufen der Entgelttabelle, den Urlaub und die Befristung(entspr. der früheren SR 2l l zum BAT).

49

bb) Der weitere Verweis der Revision auf § 20 TVÜ-Länder(„Anwendung der Entgelttabelle auf Lehrkräfte“) erweist sich schon deshalb als unbegründet, weil die Regelung Sachverhalte betrifft, die eine Eingruppierung der Lehrkräfte notwendig voraussetzt, sie aber nicht eigenständig begründet oder gestaltet. Die Entgelttabelle enthält - auch für Lehrkräfte - tarifliche Normen, die durch die Tarifvertragsparteien gestaltet worden sind und deshalb auch geändert werden dürfen, aber keine Bestimmungen zur Zuordnung von Tätigkeiten einer Lehrkraft zu Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsordnung.

50

II. Unter Anwendung der Eingruppierungsregelungen der LRL-TdL erfüllt der Kläger seit dem 1. April 2010 und damit im Streitzeitraum das Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe Vb LRL-TdL, die der Entgeltgruppe 9 TV-L entspricht.

51

1. Der Kläger ist als pädagogische Unterrichtshilfe tätig und verfügt über eine einschlägige Ausbildung als staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger. Er hat sich seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses und damit auch „mehrjährig“ in dieser Tätigkeit und in der maßgebenden Vergütungsgruppe Vc bewährt. Der Begriff „mehrjährige Bewährung“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zB BAG 18. Mai 1983 - 4 AZR 539/80 -) und nach übereinstimmender Auffassung der Tarifvertragsparteien (so Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT VergO BL Stand August 2008 Anlage 1a Teil I Allg. Teil Erl. 10) bereits durch eine mindestens zweijährige Bewährung erfüllt. Im Falle des Klägers war sie mit Ablauf des 31. März 2010 absolviert. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

52

2. Unter Anwendung der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder hat der Kläger damit einen Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TV-L.

53

Der Vergütungsgruppe Vb LRL-TdL entspricht die Entgeltgruppe 9 TV-L. Das ergibt sich unmittelbar aus der „Nichterfüller“-Tabelle in der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder. Dort ist bei den „Ausgangsgruppen“ die Vergütungsgruppe Vb in verschiedenen Varianten („mit Aufstieg …“, „ohne Aufstieg …“) der Entgeltgruppe 9 TV-L zugeordnet.

54

Ob ein in die Überleitungstabelle eingearbeiteter möglicher Bewährungsaufstieg bei anderen Lehrkräften, insbesondere Nichterfüllern, deren bisherige Vergütungsgruppe je nach einzelnen Maßgaben nicht derselben, sondern unterschiedlichen Entgeltgruppen zugeordnet wird, bei einem während der Zeit zwischen dem 1. November 2006 und dem 31. Dezember 2011 erfolgten Bewährungsaufstieg nach den LRL-TdL zu berücksichtigen ist, muss vorliegend nicht entschieden werden. Die für den Kläger maßgebenden Vergütungsgruppen Vc und Vb LRL-TdL werden in der Überleitungstabelle jeweils nur einer einzigen Entgeltgruppe zugeordnet, so dass auch bei einer originären Eingruppierung in die höhere Vergütungsgruppe eine Zuordnung zu der entsprechend höheren Entgeltgruppe erfolgt wäre.

55

C. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

Tenor

1. Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 27.05.2014 – 2 Ca 309/13 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Nebenintervention im Berufungsverfahren trägt die Nebenintervenientin.

3. Die Revision gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die persönliche Haftung der drei Beklagten, die bei der P + S Werften GmbH (künftig Gemeinschuldnerin) als Geschäftsführer tätig waren, für nicht gesichertes Wertguthaben aus einem Altersteilzeitvertrag.

2

Die klagende Partei hat am 27.10.2006 mit der damaligen P.-Werft GmbH einen am 01.01.2007 beginnenden Arbeitsvertrag für verblockte Altersteilzeit abgeschlossen. Die Freistellungsphase begann – nach einer Unterbrechung der Altersteilzeit – am 01.01.2011. Vor dem Hintergrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin erhielt die klagende Partei in der Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.10.2012 Insolvenzgeld und danach Sozialleistungen. Die von der klagenden Partei als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen im Zusammenhang mit den Folgen einer zwischen den Parteien streitigen Insolvenzsicherung wurden dort anerkannt.

3

Auf vertraglicher Grundlage vom 31.05.2010 wurden die ehemalige V.werft S. GmbH und die ehemalige P.-Werft GmbH rückwirkend zum 01.11.2009 auf die Gemeinschuldnerin verschmolzen. Der Beklagte zu 1 war vom 03.05.2010 bis zum 24.08.2012, der Beklagte zu 2 seit dem 16.06.2011 und der Beklagte zu 3 in der Zeit vom 26.04.2007 bis zum 28.08.2012 Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Der für die Bereiche Materialwirtschaft, Finanzen, REWE/Controlling, Personal und IT zuständige Geschäftsführer D. schied laut Registerauszug mit Wirkung vom 23.11.2011 aus seiner Stellung als Geschäftsführer aus. Zuständig für die vorgenannten Arbeitsbereiche wurde der laut Registerauszug mit Wirkung vom 08.05.2012 zum Geschäftsführer bestellte H. M..

4

Am 29.08.2012 beantragte die Gemeinschuldnerin bei dem zuständigen Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es erfolgte am 29.08.2012 die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt B. zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 19.10.2012 wurde der Gemeinschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Gemeinschuldnerin einschließlich des Rechts auf Einzug von Bankguthaben und anderen Forderungen ging auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Am 01.11.2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter bestellt.

5

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 136 Arbeitnehmer in Altersteilzeit und zwar allesamt im sogenannten Blockmodell. 17 Altersteilzeitverträge wurden dabei in den Jahren 2007 und 2008 und 119 Altersteilzeitverträge – vor dem Hintergrund der wirtschaftlich schwierigen Situation zum Zweck eines sozialverträglichen Personalabbaus – im Jahr 2009 in Anwendung des Tarifvertrages zum flexiblen Übergang in die Rente vom 01.10.2008 (künftig TVFlexÜ) abgeschlossen. 38 Arbeitnehmer befanden sich im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch in der Arbeitsphase. Diese Arbeitsverhältnisse mit der Gemeinschuldnerin wurden verbunden mit einem Wechsel in die im Zuge der Insolvenzeröffnung gegründete Transfergesellschaft - zum 31.10.2012 beendet und die Altersteilzeitverträge als sogenannte „Störfälle“ nach der Vorgabe des § 5 Abs. 5 TVFlexÜ abgewickelt. Alle 136 Arbeitnehmer erhielten für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.10.2012 Insolvenzgeld. Die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung in der Freistellungsphase befindlichen 98 Arbeitnehmer bezogen seit dem 01.11.2012 monatliche Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit.

6

Ob für die betroffenen 136 Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung am 01.11.2012 ein wirksamer Versicherungsschutz im Sinne des § 8a Altersteilzeitgesetz bestand, ist zwischen den Parteien streitig.

7

Die ehemalige P.-Werft GmbH hatte mit der R + V Allgemeine Versicherung AG (künftig Versicherung) am 26.11./05.12.2002 einen Kautionsversicherungsvertrag für Altersteilzeit mit einem Bürgschaftslimit von einer Million Euro abgeschlossen – Versicherungsschein-Nummer 45 28 39 18 0 -. Die ehemalige V.werft S. GmbH hatte die Insolvenzsicherung mit der D. Bank A/S vereinbart, die durch Bürgschaftserklärung Nr. 04 G 016 181 7 gegenüber Herrn Rechtsanwalt S., handelnd als bevollmächtigter Vertreter der vom Tarifvertrag über Altersteilzeit begünstigten Beschäftigten der ehemaligen V.werft S. GmbH die selbstschuldnerische, unwiderrufliche Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit und Vorauszahlung für die Erfüllung der Insolvenzsicherung aus dem Tarifvertrag über Altersteilzeit übernahm. Die Bürgschaft belief sich auf einen Höchstbetrag von 1.892.000,00 Euro. Sie war zunächst bis zum 31.07.2010 befristet. Die Gültigkeit wurde durch insgesamt elf Zusatzerklärungen bis zum 05.02.2012 verlängert. Im September 2011 wiesen die Wirtschaftsberater der Gemeinschuldnerin darauf hin, dass durch die Zusammenführung der beiden unterschiedlichen Insolvenzsicherungen Liquidität gewonnen werden könne. Daraufhin nahm die Gemeinschuldnerin entsprechende Verhandlungen mit der Versicherung auf. Diese erklärte sich bereit, die Kautionsversicherungen für Wertguthaben aus Altersteilzeitarbeitsverträgen für sämtliche Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin zu übernehmen. Die Versicherung wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Aufstockungsbeträge nach § 8a Altersteilzeitgesetz bei der Berechnung des Wertguthabens nicht zu berücksichtigen seien, sondern das Wertguthaben aus 50 Prozent des Vollzeitentgelts zuzüglich Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung abzusichern seien. Die Gemeinschuldnerin hatte die Aufstockungsbeträge vom zu sichernden Wertguthaben abgezogen. Die Versicherung wies darauf hin, dass dies der gesetzlichen Regelung widerspreche und die Absicherungssumme deshalb höher sein müsse. Die Gemeinschuldnerin blieb bei ihrer Auffassung und wünschte eine Absicherung über 3,8 Millionen Euro. Am 23.01.2012 stellte die Versicherung im Rahmen einer Änderungsvereinbarung den Versicherungsschein-Nr. 4 07/97/45 28 39 180, Kautionsversicherung für Altersteilzeit zu Gunsten der Gemeinschuldnerin über 3,8 Millionen Euro aus (Sicherheit 1.140.000,00 Euro durch Bankbürgschaft oder Abtretung von Bankguthaben). Diese Urkunde wurde am 27.01.2012 für die Gemeinschuldnerin durch den Beklagten zu 1 sowie den Prokuristen R. F. unterzeichnet. Die Gemeinschuldnerin entschied, das Wertguthaben durch eine Globalbürgschaft abzusichern. Sie benannte der Versicherung Herrn Dr. M. S., HSW Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH, c/o W. Rechtsanwälte. Nachdem die Versicherung mit Herrn Dr. S. die Aufgaben des Treuhänders besprochen hatte, übersandte sie diesem am 09.02.2012 das Muster einer Treuhandvereinbarung. Ein schriftlicher Treuhandvertrag wurde nicht abgeschlossen. Unter dem 24.04.2012 stellte die Versicherung die Globalbürgschaft zur Absicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeit über einen Höchstbetrag 3,8 Million Euro aus. Als Bürgschaftsempfänger wurde Dr. M. S., HSW Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH, c/o W. Rechtsanwälte, aufgeführt. Im Zuge der vorgenannten Verhandlungen mit der Versicherung wurden die zu dem Kautionsversicherungsvertrag 3 10/97/45 28 39 180 erteilten Bürgschaften über ein Gesamtvolumen von 726.275,00 Euro (Kautionssicherung ehemalige P.-Werft GmbH) von der Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 15.05.2012 an die Klägerin zurückgegeben. Dies gilt ebenso für die ursprünglich bestehende Insolvenzsicherung für die ehemalige V.werft S. GmbH mit der D. Bank. Mit Schreiben vom 07.02.2012 wurde die Originalbürgschaft mit elf Zusatzerklärungen durch die Gemeinschuldnerin an die D. Bank zurückgesandt.

8

In den Jahren 2009 und 2010 wurde insbesondere durch die Personalverantwortlichen (Herr K. für die ehemalige P.-Werft GmbH; Herr K. für die ehemalige V.werft S. GmbH) anlässlich unterschiedlicher Betriebsratssitzungen bzw. einer Informationsveranstaltung für interessierte Arbeitnehmer darauf hingewiesen, dass der gesetzlich vorgesehene Insolvenzschutz für Altersteilzeitarbeitsverträge gewährleistet sei. Über die Änderung der bestehenden Insolvenzsicherungen im Winter 2011/2012 bei der Gemeinschuldnerin wurden die betroffenen Arbeitnehmer dagegen nicht informiert.

9

Nachdem die Gemeinschuldnerin am 29.08.2012 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, meldete sich bei der Versicherung für die HSW Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH Herr Rechtsanwalt H. aus der Kanzlei der Nebenintervenientin. Die Versicherung wies darauf hin, dass ein schriftlicher Treuhandvertrag nicht abgeschlossen worden sei und die bloße Benennung des Herrn Dr. S. in der Urkunde als Treuhändler und Bürgschaftsempfänger nicht ausreichend sei, so dass eine Zahlung auf Grund der Bürgschaftsurkunde nicht erfolgen könne. Daraufhin verhandelte der vorläufige Insolvenzverwalter mit der Versicherung mit dem Ziel, eine Zahlung auf Grund der angesparten und zu sichernden Wertguthaben zu erreichen. Mit Zustimmung der IG Metall einigte sich der vorläufige Insolvenzverwalter mit der Versicherung am 29.10.2012 darauf, dass die Versicherung Schadensersatzforderungen der geschädigten Mitarbeiter im Umfang von 3,8 Millionen Euro ankauft und im Gegenzug zunächst 2.660.000,00 Euro zur Verfügung stellt, die anteilig unter Berücksichtigung des Anteils an der Gesamtforderung an die Mitarbeiter ausgezahlt werden sollten, wenn alle Mitarbeiter die ihnen zustehenden Schadensersatzforderungen gequotelt im Verhältnis zur Summe von 3,8 Millionen Euro an die Versicherung abtreten würden. Unter dem 10./12./13.12.2012 schlossen die Versicherung, der Insolvenzverwalter und Herr Dr. S. einen Treuhandvertrag ab.

10

Der Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin entwarf sodann formularmäßig die mit den 136 Arbeitnehmern zu treffenden – bis auf das unterschiedliche jeweilige Zahlenwerk inhaltsgleichen – Abtretungsvereinbarungen. Diese wurden den Arbeitnehmern – und so auch der klagenden Partei - im Dezember 2012 vorgelegt und von ihnen unterzeichnet. Die Unterzeichnung der 136 Abtretungsvereinbarungen durch die Versicherung erfolgte im Januar 2013. Mit Abtretungserklärung vom 30.10.2013 hat der Insolvenzverwalter vermeintliche Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagten zu 1 bis 3 im Zusammenhang mit der streitigen Insolvenzsicherung zu Gunsten der 136 betroffenen Arbeitnehmer an die Versicherung abgetreten.

11

Die Versicherung zahlte an den Treuhänder 2.660.000,00 Euro.

12

Die klagende Partei macht mit ihrer am 26.06.2013 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage weitergehende Schadensersatzansprüche in Höhe von 7.384,01 Euro jeweils Zug um Zug gegen Abtretung der zur Insolvenztabelle angemeldeten und festgestellten Ansprüche geltend. Außerdem begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagten sich im Verzug mit der Annahme des Abtretungsangebotes der klagenden Partei befinden. Zudem beantragt sie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die hinsichtlich des Zahlungsantrages geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge an die zuständigen Sozialversicherungsträger zu zahlen.

13

Mit Schriftsatz vom 16.12.2013 hat die klagende Partei der Nebenintervenientin den Streit verkündet. Diese hatte die Gemeinschuldnerin im Hinblick auf eine Strukturierung und Vorbereitung eines möglichen Insolvenzverfahrens beraten und ist auf Seiten der klagenden Partei dem Rechtsstreit beigetreten.

14

Mit Urteil vom 27.05.2014 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen argumentiert, eine persönliche Haftung der Geschäftsführer einer GmbH sei grundsätzlich gemäß § 13 Abs. 3 GmbHG ausgeschlossen. Vertragliche Ansprüche seien nicht gegeben. Insbesondere komme eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 auf Grund Nebenpflichtverletzung nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB nicht in Betracht, da ein solcher Anspruch voraussetze, dass ein Geschäftsführer im besonderen Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen habe und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst habe. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV sei ebenfalls auszuschließen. Nach dem Wortlaut des § 8a Abs. 1 Satz 1 AltTZG komme eine Anwendung von § 7e SGB IV nicht in Betracht. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts könne unter Berücksichtigung des Vortrages der Parteien von einer deliktischen Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 ebenfalls nicht ausgegangen werden. Soweit sich die klagende Partei auf eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation berufe, so sei dies abzulehnen, da die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Grundsätze der Drittschadensliquidation nicht gegeben seien.

15

Gegen diese am 02.06.2014 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 16.06.2014 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der klagenden Partei nebst der am 25.07.2014 eingegangenen Berufungsbegründung.

16

Die klagende Partei hält an ihren erstinstanzlichen Rechtsausführungen fest. Anfang 2012 sei eine rechtsverbindliche Bürgschaftsverpflichtung zu Lasten der Versicherung nicht begründet worden, da zwischen der Gemeinschuldnerin und Herrn Dr. S. kein rechtswirksamer Treuhandvertrag als Voraussetzung für eine entsprechende Bürgschaftsverpflichtung zu Lasten der Versicherung zu Stande gekommen sei. Ein schriftlicher Treuhandvertrag liege unstreitig nicht vor. Der Vortrag der Beklagten zu 1 bis 3 hinsichtlich des behaupteten konkludenten Treuhandvertrages sei nicht schlüssig. Die konkreten Rechte und Pflichten seien nicht benannt. Außerdem sei nicht ersichtlich, wer für die Gemeinschuldnerin einen solchen konkludenten Treuhandvertrag abgeschlossen haben solle. Der Hinweis auf den Schriftverkehr zwischen Dr. S. und dem Prokuristen der Gemeinschuldnerin F. sei nicht einschlägig, da Herr F. nicht allein vertretungsberechtigt gewesen sei. Der fehlende Treuhandvertrag habe auch nach dem 29.08.2012 wegen Gläubigerbevorzugung gemäß §§ 131, 132 InsO nicht mehr abgeschlossen werden können.

17

Als Anspruchsgrundlage sei vorliegend – entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts – § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV einschlägig. Bereits aus der gesetzgeberischen Entwicklung der Vorschriften zum Insolvenzschutz von Wertguthaben sei zu folgern, dass die benannte Anspruchsgrundlage gegen die Organe einer juristischen Person auch für Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen heranzuziehen sei. Daran ändere auch der Wortlaut von § 8 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz AltTZG nichts. Dort sei zwar festgelegt, dass § 7e SGB IV keine Anwendung finde. Nach der vorzunehmenden Auslegung beziehe sich diese Vorgabe jedoch nicht auf den in § 7e Abs. 7 SGB IV normierten Schadensersatzanspruch inklusive der Organhaftung nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV. Die klagende Partei vertritt diesbezüglich die Rechtsauffassung, dass § 8a AltTZG insoweit nicht als Spezialvorschrift angesehen werden könne. Denn dies setze voraus, dass § 8a AltTZG als Spezialvorschrift über alle Merkmale der allgemeinen Norm des § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV verfüge und darüber hinaus mindestens ein weiteres Merkmal enthalte. Nur dann könne von einem speziellen Gesetz gesprochen werden, welches das allgemeine Gesetz verdränge. Eine spezielle Regelung zur Sekundärhaftung der organschaftlichen Vertreter einer juristischen Person bei nicht geeigneter oder nicht ausreichender oder gänzlich fehlender Insolvenzsicherung finde sich in § 8a AltTZG aber gerade nicht. Die Haftung von Organmitgliedern einer juristischen Person in § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV werde in der insoweit vermeintlich speziellen Regelung des § 8a AltTZG nicht angesprochen. Die Rechtsfolge des § 8a AltTZG (Wirksambleiben der Altersteilzeitarbeitsverhältnisse) schließe nicht aus, dass ein Schadensersatzanspruch gegen Organvertreter bestehe. Da sich die Rechtsfolgen der benannten Normen nicht ausschließen, werde § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV durch § 8a AltTZG nicht aus Gründen der Spezialität verdrängt. Allein die Bezeichnung dieser Vorschrift als lex specialis in der Gesetzesbegründung führe nicht dazu, dass angenommen werden könne, § 8a AltTZG sei Spezialgesetz im Sinne der juristischen Auslegungsregelung für den gesamten Inhalt von § 7e SGB IV. Gesetzgeberischer Wille sei es gewesen, die speziellen Insolvenzschutzregeln des § 8a AltTZG zu erhalten, nämlich die Pflicht des Arbeitgebers zum Insolvenzschutz ohne Mitwirkungsverpflichtung des Arbeitnehmers in der Altersteilzeitvereinbarung und Bestand des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auch bei fehlendem Insolvenzschutz. Zudem wäre ein anderes Auslegungsergebnis verfassungswidrig. Werde § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AltTZG auch auf § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV bezogen, lasse sich der Vorrang der Regelungen des Altersteilzeitgesetzes nicht mit dem Auslegungsgrundsatz lex specialis begründen. Die allgemeine Anordnung des Gesetzgebers, dass die persönliche Haftung organschaftlicher Vertreter bei fehlender Insolvenzsicherung von Wertguthaben in Altersteilzeitarbeitsverhältnissen nicht eingreifen solle, sei mithin an Artikel 3 Grundgesetz zu messen. Der diesbezügliche Hinweis des Arbeitsgerichts in der streitigen Entscheidung auf den Schutz der Sozialversicherungsbeiträge in § 7e SGB IV greife nicht durch. Bereits aus der Gesetzesbegründung werde deutlich, dass es dem Gesetzgeber in § 7e SGB IV in Verbindung mit § 7 Abs. 1a SGB IV nicht lediglich um die Sicherung der Ansprüche der Sozialversicherungsträger, sondern – zur Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes – eben auch gleichrangig um den Schutz der Arbeitnehmerschaft im Falle bereits erdienter Wertguthaben gegangen sei. § 7e Abs. 7 SGB IV normiere anders als § 7e Abs. 6 SGB IV keinen Anspruch der Rentenversicherungsträger auf Absicherung der Beträge, sondern normiere einen Schadensersatzanspruch des Beschäftigten. Dieser Schadensersatzanspruch des Beschäftigten sei im Insolvenzfall gegen die Gemeinschuldnerin praktisch wertlos. Daher habe der Gesetzgeber den Schutz des Beschäftigten durch die Schadensersatzverpflichtung von Geschäftsführern und Vorständen des als juristische Person tätigen Arbeitgebers bezweckt. Da durch § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV den Beschäftigten ein zusätzlicher Anspruch gegen den Verlust des Wertguthabens eingeräumt werde, lasse sich eine Ungleichbehandlung zwischen Beschäftigten im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, die wegen Insolvenz ihr Wertguthaben verlieren und Beschäftigten, die wegen Insolvenz Wertguthaben auf Grund von Langzeitguthaben verlieren, nicht mit den Erwägungen rechtfertigen, die das Arbeitsgericht in der streitigen Entscheidung herangezogen habe. Bei der Ergänzung der insolvenzrechtlichen Vorschriften um den Schadensersatzanspruch des Beschäftigten gegen organschaftliche Vertreter des Arbeitgebers gehe es nicht um Schutz von Rentenversicherungsbeiträgen, sondern es gehe um zusätzlichen Schutz der Beschäftigten. Bei der Anwendung von Artikel 3 Grundgesetz sei demnach zu prüfen, ob im Hinblick auf den Sekundäranspruch Beschäftigte in Altersteilzeitarbeitsverhältnissen, deren Wertguthaben unzureichend gegen Insolvenz gesichert sei, aus sachlichen Gründen anders behandelt werden dürfen als Beschäftigte, die im Rahmen von Langzeitkonten Wertguthaben ansammelten und es wegen unzureichender Insolvenzsicherung verloren haben. Ansprüche gegen den Arbeitgeber seien für beide Gruppen vorhanden. Der Sekundäranspruch gegen die organschaftlichen Vertreter juristischer Personen stehe nur den Beschäftigten zu, die ein Wertguthaben außerhalb des Altersteilzeitverhältnisses aufgebaut haben. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.

18

Zudem sei eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation gegeben. Bei der Drittschadensliquidation werde der Schaden zur Anspruchsgrundlage gezogen. Die Voraussetzungen der schadensersatzbegründenden Anspruchsgrundlage müssten infolge dessen bei der GmbH liegen, auf Grund einer zufälligen Schadensverlagerung müsse der Schaden nicht bei der GmbH, sondern bei Dritten eingetreten sein. Der Schadensersatzanspruch werde von der GmbH im eigenen Namen zu Gunsten des Dritten geltend gemacht. Der Schadensersatzanspruch aus Drittschadensliquidation sei infolge dessen kein Anspruch auf Durchgriffshaftung außenstehender Dritter gegen die Geschäftsführer, sondern ein im Innenverhältnis bestehender Anspruch der GmbH gegen die Geschäftsführer wegen Pflichtverletzung aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag. Bei dem Aufbau von Wertguthaben aus erarbeitetem, aber nicht ausgezahltem Arbeitseinkommen habe der Arbeitgeber ihm vom Gesetzgeber übertragene Pflichten zur sorgfältigen Verwahrung und Sicherung des Arbeitsentgeltguthabens zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber übernehme gegenüber dem Arbeitnehmer die einem Treuhänder vergleichbare Rechtsstellung. Er könne über das nicht ausgezahlte Vermögen verfügen, müsse es aber für den Treugeber, den Arbeitnehmer, sichern. Auf Grund ihres Anstellungsvertrages seien die Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass das überlassene Wertguthaben vor dem Risiko einer Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers geschützt werde. Geschehe dies nicht, trete der Verlust des Wertguthabens im Insolvenzfall bei der GmbH ein. Der Arbeitnehmer habe keinen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber, sondern lediglich eine wirtschaftlich in der Regel deutlich weniger wertvolle Insolvenzforderung. Die Pflichtverletzung der unterbliebenen Insolvenzsicherung des Wertguthabens führe damit nicht zu einem Schaden der GmbH. Der Arbeitnehmer erhalte zu gegebener Zeit am Ende des Insolvenzverfahrens das, was anteilig übrig geblieben ist. Die unterbliebene Insolvenzsicherung führe zu einem Schaden bei den Arbeitnehmern. Er beruhe auf der Pflichtverletzung der Geschäftsführer aus dem Anstellungsvertrag gegenüber der GmbH, die gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss einer Insolvenzsicherung einzuhalten. Der Schaden der Arbeitnehmer sei unmittelbare Folge einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung und begründe Schadensersatzansprüche der GmbH gegen die Geschäftsführer, allerdings nur zu Gunsten der Arbeitnehmer, bei denen der Schaden tatsächlich eingetreten sei. Zwar handele es sich insoweit nicht um eine der bislang von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen der Drittschadensliquidation. Jedoch bestehe vorliegend eine entsprechende Interessenlage.

19

Die weiteren rechtlichen Einwände der Beklagten zu 1 bis 3 seien ebenfalls unbegründet. Eine Exkulpationsmöglichkeit durch die behauptete Übertragung der Durchführung der Insolvenzsicherung auf den Prokuristen F. sei nicht gegeben. Dies gelte ebenso hinsichtlich der vermeintlichen Tätigkeit von Herrn S.. Dieser sei – insoweit unstreitig – nicht durch Gesellschafterbeschluss zum Geschäftsführer bestellt und in das Register als Geschäftsführer eingetragen worden. Es verbleibe mithin bei der Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1 bis 3 für die ordnungsgemäßen Geschäftsabläufe.

20

Die klagende Partei behauptet, die gesamte abzusichernde Forderung aus Wertguthaben belaufe sich auf 29.136,10 Euro. Hiervon seien 20.914,65 Euro abgetreten worden, so dass sich eine Differenz in Höhe von 8.221,45 Euro ergebe. Mit Rücksicht darauf, dass bei der Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle berücksichtigt worden sei, dass die Sozialversicherungsbeiträge von den Sozialversicherungsträgern angemeldet und an diese aus dem Vermögen der Arbeitgeberin gezahlt werden, ergebe sich, dass die klagende Partei im Hinblick auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch seinerseits einen Betrag in Höhe von 7.384,01 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet habe. Die Differenz in Höhe von 837,44 Euro werde von dem Sozialversicherungsträger zur Tabelle angemeldet.

21

Die Nebenintervenientin schließt sich dem Vortrag der klagenden Partei an. Sie trägt zudem vor, sie sei zu keinem Zeitpunkt mit der Prüfung der ausreichenden Absicherung der Altersteilzeitguthaben im Insolvenzfalle beauftragt gewesen. Das Beratungsmandat sei ausdrücklich beschränkt gewesen auf die „Strukturierung und Vorbereitung eines möglichen Insolvenzverfahrens“. Auch sei eine Exkulpation der Beklagten zu 1 bis 3 durch die angeblich fehlerhafte Rechtsberatung nicht möglich, da die Gemeinschuldnerin der Nebenintervenientin weder umfassende Informationen zu der Sicherung der Altersteilzeitverträge übermittelt, noch eine Plausibilitätskontrolle durchgeführt habe.

22

Die klagende Partei beantragt,

23

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 27.05.2014, Aktenzeichen 2 Ca 309/13, wie folgt zu erkennen:

1.

24

die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.384,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2013 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung eines Betrages in Höhe von 7.384,01 Euro der zu Gunsten von A. unter lfd. Nr. 504 der Insolvenztabelle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der P + S Werften GmbH, Amtsgericht Stralsund, Geschäftsnummer – 12 IN 231/12 -, festgestellten Forderung in Höhe von 38.509,89 Euro.

2.

25

Es wird festgestellt, dass die Beklagten sich im Verzug der Annahme des Abtretungsangebotes des Klägers befinden.

3.

26

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, zusätzlich zu dem in Ziffer 1 genannten Betrag die hierzu geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge an die zuständigen Sozialversicherungsträge zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der von den zuständigen Sozialversicherungsträgern zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen auf Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für das während der Arbeitsphase erarbeitete Wertguthaben.

27

Die Nebenintervenientin schließt sich den vorgenannten Anträgen an.

28

Die Beklagten zu 1 bis 3 beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

29

Es sei bereits eine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht vorhanden. Insbesondere komme die Anwendbarkeit des § 7e Abs. 7 SGB IV angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AltTZG und der Gesetzessystematik sowie der Ausführungen in der Gesetzesbegründung nicht in Betracht. Auch eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation sowie des Rechtsinstituts des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter sei bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Selbst wenn man von einer Anwendbarkeit des § 7e Abs. 7 SGB IV ausgehen wolle, so seien die dort benannten Voraussetzungen hier nicht erfüllt. Die Aufgabe zur Gewährung der Insolvenzsicherung sei an den Prokuristen F. übertragen worden. Er sei zum Abschluss der Treuhandvereinbarung mit Dr. S. ermächtigt worden. Auf Grund der Delegation der Insolvenzsicherung an den Prokuristen F. und der von der Nebenintervenientin durchgeführten anwaltlichen Beratung fehle es an einem Verschulden der Beklagten zu 1 bis 3. Zudem sei der geltend gemachte Schaden der Höhe nach nicht gegeben.

30

Eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 komme aber auch bereits deshalb nicht in Betracht, weil ein geeigneter und ausreichender Insolvenzschutz bestanden habe. Zwischen der Gemeinschuldnerin und Herrn Dr. S. sei eine konkludente Treuhandvereinbarung geschlossen worden. Die Pflicht des Treuhänders sei die Sicherung und Erhaltung des ihm überlassenen Treugutes. Dies sei Herrn Dr. S., der bereits zuvor als Treuhänder tätig gewesen sei, bekannt gewesen. Ausweislich der vorgelegten E-Mail-Korrespondenz war für die Beteiligten, Herrn Dr. S., Herrn S. von der Versicherung und Herrn F. von der Gemeinschuldnerin zudem klar, dass und welche Pflichten Herr Dr. S. als Treuhänder übernommen habe. Schließlich habe er mit der E-Mail vom 09.02.2012 gegenüber der Gemeinschuldnerin mitgeteilt, dass er Kontakt mit Herrn S. – Mitarbeiter der Versicherung – „wegen der Bürgschaftsurkunde zur Absicherung der Altersteilzeit“ aufnehmen werde. Gegenstand der Treuhandvereinbarung sei dementsprechend die Absicherung der Altersteilzeitguthaben für den Insolvenzfall und die Auszahlung derselben im Falle der Insolvenz durch den Treuhänder an die Arbeitnehmer gewesen. Dem stehe auch die fehlende Vereinbarung über die Vergütung des Treuhänders nicht entgegen. Der konkludente Abschluss des Treuhandvertrages scheitere nicht an einer fehlenden Vertretungsmacht des Herrn F.. Dieser habe den Treuhandvertrag mit Dr. S. wirksam allein abschließen können. Herr F. sei durch die Beklagten zu 1 bis 3 zum Abschluss der Treuhandvereinbarung ermächtigt gewesen.

31

Außerdem fehle es an einem Verschulden der Beklagten zu 1 bis 3. in zweifacher Hinsicht. Zum einen habe man die Insolvenzsicherung der Altersteilzeitguthaben an den langjährigen Mitarbeiter und Prokuristen der Gemeinschuldnerin delegiert. Ein Auswahl- und Überwachungsverschulden der Beklagten zu 1 bis 3 sei in dieser Hinsicht nicht gegeben. Zum anderen habe die Gemeinschuldnerin die Nebenintervenientin bereits im Vorfeld der Insolvenz mit einer umfassenden insolvenzrechtlichen Beratung beauftragt. Sowohl der Kautionsversicherungsvertrag als auch die Globalbürgschaft seien der Nebenintervenientin übermittelt worden.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

33

Die zulässige Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 16.04.2014 ist nicht begründet.

34

Unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie des Bundesgerichtshofes verfügt die klagende Partei gegen die Beklagten zu 1 bis 3 über keine vertraglichen Schadensersatzansprüche (I.). Deliktische Schadensersatzansprüche der klagenden Partei gegen die Beklagten zu 1 bis 3 sind ebenfalls nicht gegeben (II.). Schließlich scheidet auch § 7e Abs. 7 Satz 1 und 2 SGB IV als Anspruchsgrundlage aus (III.). Die klagende Partei hat mithin als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (IV.). Die Revisionszulassung ist vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Bedeutung zur Frage der Anwendbarkeit von § 7e Abs. 7 SGB IV im Rahmen von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen gerechtfertigt (V.).

I.

35

Bereits unter Berücksichtigung des Vortrages der klagenden Partei selbst liegen die Voraussetzungen für eine vertragliche Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 1 bis 3 nicht vor.

1.

36

Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 auf Grund einer Nebenpflichtverletzung wegen unterbliebener Insolvenzsicherung gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB ist nicht gegeben.

37

Dies hat das Arbeitsgericht in der streitigen Entscheidung sowohl im Ergebnis als auch mit zutreffender Begründung rechtsfehlerfrei entschieden und diesbezüglich wie folgt ausgeführt:

38

„Eine Haftung der Beklagten nach § 311 Abs. 3 BGB wegen des Verhaltens der Beklagten bei der Begründung der Altersteilzeitverhältnisse scheidet aus. Nach § 311 Abs. 3 BGB entsteht ein haftungsbegründendes Schuldverhältnis mit dem Dritten, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst (BAG, Urteil vom 13.02.2007 – 9 AZR 106/06 -). Selbst wenn die Beklagten bestehende Aufklärungspflichten verletzt haben sollten, scheidet eine persönliche Haftung der Beklagten aus. Eine Schadensersatzpflicht träfe nicht die Beklagten, sondern die von ihnen gesetzlich vertretene Gemeinschuldnerin. Werden Vertragsverhandlungen von einem Vertreter geführt, richten sich Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach §§ 164, 278 BGB regelmäßig gegen den Vertretenden und nicht gegen den Vertreter (BAG, Urteil vom 21.11.2006 – 9 AZR 206/06 -). Nur ausnahmsweise haften Vertreter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Das setzt voraus, dass der Vertreter entweder dem Vertragsgegenstand besonders nahe steht und bei wirtschaftlicher Betrachtung gewissermaßen in eigener Sache handelt oder er gegenüber dem Verhandlungspartner in besonderem Maß persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat (BAG, Urteil vom 23.10.2010 – 9 AZR 44/09 -; vom 13.02.2007 – 9 AZR 207/06 -; vom 21.11.2006 –9 AZR 206/06-).

39

Der Kläger beruft sich nicht darauf, dass er aufgrund seines Vertrauens in die Person der Beklagten davon ausgegangen ist, dass seine im Altersteilzeitarbeitsverhältnis erworbenen Ansprüche von der Arbeitgeberin erfüllt werden.“

40

Das erkennende Gericht schließt sich dieser Argumentation an und sieht von weiteren Ausführungen ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG), da in der Berufungsinstanz durch die Parteien diesbezüglich keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen worden sind.

2.

41

Der von der klagenden Partei geltend gemachte Anspruch ist nicht nach dem Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter gerechtfertigt.

42

Soweit die klagende Partei hier die Auffassung vertritt, der jeweilige Geschäftsführeranstellungsvertrag der Beklagten zu 1 bis 3 mit der Gemeinschuldnerin entfalte jeweils bezüglich der Frage der vorzunehmenden Insolvenzsicherung nach § 8a AltTZG Schutzwirkung zu Gunsten der betroffenen 136 Arbeitnehmer, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

43

Zwar ist anerkannt, dass auch dritte Personen, die nicht unmittelbar an einem Vertrag beteiligt sind, in den Schutzbereich eines solchen Vertrages einbezogen werden können (BGH vom 02.07.1996 – X ZR 104/94 -; juris Rn. 11). Dies setzt jedoch neben der notwendigen Leistungsnähe weiter voraus, dass ein schutzwürdiges Interesse des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages gegeben sein muss. Ein solches Schutzbedürfnis ist jedenfalls dann abzulehnen, wenn dem Dritten – hier der klagenden Partei – ein eigener vertraglicher Anspruch – gleich gegen wen – zusteht, der über den selben bzw. einen gleichwertigen Inhalt verfügt (BGH vom 02.07.2006, a. a. O., Rn. 17, 18; a. A. Deinert, „zur Haftung organschaftlicher Vertreter für unzureichende Insolvenzsicherung von Altersteilzeitkonten“, RdA 2014, Seite 327, 335).

44

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen kommt eine Anwendung des Rechtsinstituts des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter nicht in Betracht. Dieses Ergebnis folgt einerseits bereits aus der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Beschränkung der Haftung für Verbindlichkeiten einer Gesellschaft auf ausschließlich das Gesellschaftsvermögen nach § 13 Abs. 2 GmbhG in Verbindung mit der in § 43 GmbHG normierten Innenhaftung eines Geschäftsführers.

45

Angesichts des aufgezeigten gesetzgeberischen Hintergrundes können einem Geschäftsführeranstellungsvertrag jedenfalls grundsätzlich keine Schutzwirkungen zu Gunsten der bei der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer entnommen werden. Denn der Vertrag zwischen einem Geschäftsführer und der Gesellschaft regelt – wenn nicht ausnahmsweise weitergehende Vereinbarungen getroffen werden – die Rechte und Pflichten zwischen diesen Vertragsparteien und sieht im Fall von Vertragspflichtverletzungen gegebenenfalls eine Innenhaftung (§ 43 GmbHG) vor. Im Außenverhältnis verbleibt es gegenüber den sonstigen Vertragspartnern der Gesellschaft bei der ausschließlich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung nach § 13 Abs. 2 GmbHG. Nach diesen unmissverständlichen gesetzlichen Vorgaben vermag ein Geschäftsführeranstellungsvertrag jedenfalls dem Grunde nach keine Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter zu entfalten. Davon geht offenbar im Übrigen auch der Gesetzgeber selbst aus. Denn die mit § 7e Abs. 7 SGB IV eingeführte Durchgriffshaftung auf die Organe einer juristischen Person wäre ansonsten überflüssig gewesen.

46

Zudem verfügt die klagende Partei nicht über das notwendige Schutzbedürfnis im oben genannten Sinn. Denn auch die klagende Partei stellt nicht in Abrede, dass diesbezüglich direkte Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer gegen die Gemeinschuldnerin selbst bestehen. Die von der klagenden Partei vertretene Auffassung würde im Ergebnis dazu führen, dass die Frage der notwendigen Schutzbedürftigkeit dritter Personen nicht auf der Grundlage einer diesbezüglichen Auslegung des Vertrages zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner zu beantworten wäre, sondern vielmehr von der zu erzielenden - zufälligen – (Befriedigungs-)quote nach Abwicklung und Abschluss eines Insolvenzverfahrens abhängig wäre. Ein solches Ergebnis vermag nach Ansicht der Kammer rechtlich nicht zu überzeugen.

3.

47

Die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation sind nicht gegeben.

48

Im Rahmen einer Drittschadensliquidation macht derjenige, in dessen Person die Voraussetzungen einer Anspruchsnorm mit Ausnahme des Schadens erfüllt sind, fremden Schaden geltend, wobei er seinen Anspruch an den wirtschaftlich geschädigten Dritten abzutreten hat. Damit soll verhindert werden, dass der Schädiger aus der für ihn zufälligen Verlagerung des Schadens auf einen nicht anspruchsberechtigten Dritten Vorteile zieht (BAG vom 18.07.2006 – 1 AZR 578/05 -, juris Rn. 15).

49

Die genannten Vorgaben sind vorliegend nicht erfüllt. Unabhängig von der Frage, ob eine Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation hier bereits an der unter I. 2. beschriebenen Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG scheitert, ist jedenfalls die Voraussetzung einer zufälligen Schadensverlagerung nicht gegeben. Denn der Schaden – sofern man mit der klagenden Partei von einer fehlenden Insolvenzsicherung ausgeht – ist von vornherein bei den betroffenen 136 Arbeitnehmern angesiedelt und entstanden, verbunden mit einem daraus resultierenden Ersatzanspruch unmittelbar gegen die Gemeinschuldnerin. Mithin sind Anhaltspunkte für eine zufällige Schadensverlagerung nicht erkennbar. Der Schaden ist – wenn er denn zu bejahen ist – unter Verletzung der Pflichten der Gemeinschuldnerin aus den jeweiligen Arbeitsverträgen originär bei den betroffenen Arbeitnehmern und mithin bei der klagenden Partei mit der Folge daraus resultierender Ersatzansprüche gegen die Gemeinschuldnerin entstanden. Vereinfacht gesagt ist es für die rechtliche Argumentation der klagenden Partei erforderlich, die Voraussetzung der zufälligen Schadensverlagerung durch das Erfordernis einer notwendigen Verlagerung des Insolvenzrisikos zu ersetzen. Entgegen der Auffassung der klagenden Partei ist mithin keine vergleichbare Interessenkonstellation mit den in der Rechtsprechung anerkannten Fällen der Drittschadensliquidation gegeben. Vielmehr geht es der klagenden Partei um eine Erweiterung der Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation auf einen bisher nicht umfassten Sachverhalt. Dafür besteht aber nach Auffassung des erkennenden Gerichts angesichts des anerkannt restriktiven Anwendungsbereiches der Drittschadensliquidation keine Rechtsgrundlage.

II.

50

Deliktische Schadensersatzansprüche der klagenden Partei gegen die Beklagten zu 1 bis 3 sind ebenfalls nicht gegeben.

51

Das Arbeitsgericht Stralsund hat in der streitigen Entscheidung jeweils mit zutreffenden Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgeführt, eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht, da ein Wertguthaben, welches ein Arbeitsnehmer in der Altersteilzeit angespart habe, kein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstelle. Eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 8a Abs. 1 AltTZG komme nicht in Frage. Zwar stelle § 8a AltTZG ein Schutzgesetz im Verhältnis zum Arbeitgeber dar. Dies beziehe sich jedoch nur auf die Gemeinschuldnerin. Die Vorschrift begründe keine Durchgriffshaftung von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen. Für organschaftliche Vertreter fehle der besondere Haftungsgrund, da diese keine Normadressaten seien. Schließlich biete der Vortrag der Klägerin keinerlei Anhaltspunkte für eine Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 266 StGB. Dies gelte ebenso für die Frage einer sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB. Auch hier biete der Sachverhalt keinerlei Hinweise.

52

Diesen zutreffenden Ausführungen unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schließt sich das erkennende Gericht an (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auf weitere Ausführungen wird insoweit verzichtet, da die Parteien im Berufungsverfahren diesbezüglich keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen haben.

III.

53

Die klagende Partei verfügt gegen die Beklagten zu 1 bis 3 nicht über einen Anspruch auf Erstattung des – erdienten – Wertguthabens gemäß § 7e Abs. 7 SGB IV.

54

Denn nach Auffassung des erkennenden Gerichts erstreckt sich die Möglichkeit der Durchgriffshaftung nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV nicht auf unterlassene Insolvenzsicherungen aus Altersteilzeitverhältnissen im Sinne von § 8a AltTZG.

55

Gemäß § 8a Abs. 1 Satz 1, zweiter Halbsatz AltTZG findet § 7e SGB IV keine Anwendung. Ob diese Bestimmung nur auf den spezialgesetzlichen Vorrang der Regelungen des § 8a AltTZG im Verhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber hinweist oder auch die Durchgriffshaftung des organschaftlichen Vertreters nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV ausschließt, ist umstritten (unentschieden BAG vom 23.02.2010 – 9 AZR 44/09 -, juris Rn. 54).

56

Die Kammer ist in Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln zu dem Ergebnis gelangt, dass die Durchgriffshaftung nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV auf die gesetzliche Regelung zur Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen nach § 8a AltTZG keine Anwendung findet. Der Gesetzgeber hat die unterschiedlichen Regelungsmaterien von Wertguthaben aus Arbeitsverhältnissen einerseits und solchen aus Altersteilzeitverträgen andererseits mit jeweils abschließenden gesetzlichen Normierungen abweichend voneinander geregelt. Nach dem Wortlaut des § 8a Abs. 1, zweiter Halbsatz AltTZG ist eine Anwendbarkeit des § 7e SGB IV ausnahmslos nicht gegeben. Ansonsten hätte eine textliche Klarstellung – z. B.: mit Ausnahme des § 7e Abs. 7 SGB IV – nahe gelegen. Soweit die klagende Partei die Auffassung vertritt, auf der Grundlage des unergiebigen Wortlautes des § 8a Abs. 1, zweiter Halbsatz AltTZG biete die Gesetzessystematik bereits überwiegende Anhaltspunkte für die Anwendbarkeit der Durchgriffshaftung nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV, jedenfalls sei sie aber nach verfassungskonformer Auslegung geboten, so vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen.

57

Sowohl nach Sinn und Zweck als auch nach der zu Grunde liegenden Gesetzessystematik der Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Arbeitsverhältnissen einerseits und der Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen andererseits lässt sich ein vom Wortlaut des § 8a Abs. 1, zweiter Halbsatz AltTZG abweichendes Ergebnis nicht herleiten. Dies gilt im Übrigen auch für die Formulierungen in der Gesetzesbegründung (Drucksache 16/10289, Seite 10 bis 20).

58

Zunächst ist offenbar auch der Gesetzgeber insoweit von zu differenzierenden Regelungsmaterien ausgegangen, als in der vorbenannten Drucksache auf Seite 11 ausgeführt wird:

59

„Der auf die Besonderheiten der Altersteilzeit zugeschnittene Insolvenzschutz im Altersteilzeitgesetz ist für eine wirkungsvolle Verbesserung des Insolvenzschutzes für all die bisweilen völlig unterschiedlichen Formen und Modelle von Wertguthaben nur bedingt geeignet und auch nicht auf alle flexiblen Arbeitszeitmodelle anwendbar. Daneben unterliegt der normierte Anspruch auf Sicherheitsleistung wie alle vergleichbaren Rechtshandlungen der Insolvenzanfechtung und bietet für das Wertguthaben selbst keinen hinreichenden Insolvenzschutz. Im Übrigen muss der Insolvenzschutz anders als bei der Altersteilzeit in vielen Fällen auf eine Laufzeit von Wertguthaben von mehreren Jahrzehnten, im Extremfall auf 50 Jahre abgestimmt sein, so dass die Anforderungen hieran in besonderer Weise zugeschnitten werden müssen.“

60

Es entspricht mithin dem Willen des Gesetzgebers, für Wertguthaben aus Arbeitsverhältnissen einerseits und solchen aus Altersteilzeitverträgen andererseits in § 8a AltTZG und § 7e SGB IV jeweils unterschiedlich ausgestaltete Insolvenzschutzregelungen treffen zu wollen. In Kenntnis der Problematik um eine fehlende Durchgriffshaftung hat der Gesetzgeber nicht nur auf die Aufnahme einer in § 7e Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 SGB IV vergleichbaren Regelung in § 8a AltTZG verzichtet, sondern darüber hinaus den § 7e SGB IV ausdrücklich und ausnahmslos für nicht anwendbar erklärt und diesbezüglich konsequent in der Gesetzesbegründung § 8a AltTZG als „lex speczialis“ zu § 7e SGB IV erklärt (Drucksache 16/10289, Seite 20 zu Artikel 2). Danach finden lediglich im Übrigen die Wertguthabenvorschriften des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Anwendung. Die weiteren Ausführungen zu Artikel 2 enthalten ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Anwendung von § 7e Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 SGB IV auf die Insolvenzsicherung nach § 8a AltTZG.

61

Schließlich bestehen auch gesetzessystematische Bedenken gegen eine Anwendbarkeit von § 7e Abs. 7 SGB IV im Rahmen des § 8a AltTZG. Der Schutzumfang des § 7e Abs. 7 Satz 1 SGB IV (Schutz vor Verringerung und Verlust des erdienten Wertguthabens) entspricht nicht dem Versicherungsschutz nach § 8a AltTZG. Die Vorgaben des § 8a Abs. 2 AltTZG finden in § 7e Abs. 7 Satz 1 SGB IV keine Berücksichtigung. Hätte der Gesetzgeber eine Erstreckung des Anwendungsbereiches des § 7e Abs. 7 SGB IV auf § 8a AltTZG beabsichtigt, so wäre eine Ergänzung um die Schadensdefinition bei fehlender Insolvenzsicherung in Altersteilzeitverträgen insbesondere im Blockmodell geboten gewesen. Auch diesbezüglich lässt die Gesetzesbegründung keinerlei Rückschlüsse zu.

62

Entgegen der Ansicht der klagenden Partei ist auch kein anderes Ergebnis im Rahmen einer vorzunehmenden verfassungskonformen Auslegung wegen Besorgnis der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geboten (a. A. Deinert, a. a. O., Seite 333). Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz wird bei der hier vertretenen Auffassung nicht tangiert. Dieser verbietet grundsätzlich die unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte. Ein solcher Tatbestand ist aber vorliegend bereits deshalb - ungeachtet des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes – nicht gegeben, weil es sich bei der gesetzlich ausgestalteten Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen nach § 8a AltTZG einerseits und solchen aus Arbeitsverhältnissen gemäß § 7e SGB IV andererseits nicht um vergleichbare Sachverhalte handelt. Wertguthaben aus Arbeitsverhältnissen können sofort abgewickelt werden, wenn es an einer - hinreichenden – Insolvenzsicherung fehlt, da es lediglich um Beträge geht, die in der Vergangenheit durch den Arbeitnehmer erdient und angespart worden sind und zwar in der Regel ohne Zusatzleistungen durch den Arbeitgeber. Im Falle von Altersteilzeitverträgen insbesondere im Blockmodell stellt sich dementgegen das Problem, dass für die Vergangenheit Aufstockungsleistungen gezahlt worden sind und im Blockmodell die angesparten Wertguthaben sukzessiv während der Freistellungsphase verbraucht werden sollen. In diesen Fällen ist die sofortige Abwicklung im Fall einer nicht bestehenden bzw. nicht nachgewiesenen Insolvenzsicherung gesetzlich gerade nicht vorgesehen. Auf Grund der Zukunftswirkung sieht § 8a Abs. 4 AltTZG deshalb in Abweichung von § 7e SGB IV einen sofortigen und durchsetzbaren Sicherungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber in Höhe des bestehenden Wertguthabens vor, so dass es offenbar nach den Vorstellungen des Gesetzgebers keiner gesteigerten Schutzmaßnahme im Wege der Verankerung einer Durchgriffshaftung nach dem Vorbild des § 7e Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 SGB IV bedarf.

63

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen bleibt unentschieden, ob die Gesetzesänderung mit Wirkung zum 01.01.2009 rückwirkend auf die vorliegende Fallgestaltung Anwendung findet.

64

Im Ergebnis bleiben die klageweise geltend gemachten Forderungen daher ohne Erfolg.

IV.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

66

Die Kosten der Nebenintervenientin im Berufungsverfahren trägt diese selbst.

V.

67

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Bedeutung zur Frage der Anwendbarkeit von § 7e Abs. 7 SGB IV im Rahmen von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen gerechtfertigt.

68

[ Hinweis der Dokumentationsstelle: Der Berichtigungsbeschluss vom 23.07.2015 wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet und lautet:

69

Beschluss vom 23.07.2015

70

1. Das Urteil des erkennenden Gerichts vom 11.02.2015 wird auf Seite 20, unter Abschnitt III, Satz 1 wie folgt berichtigt:

71

Die Worte „aus abgetretenem Recht“ werden gestrichen.

72

2. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

73

Gründe:

74

Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO sind u. a. offenbare Unrichtigkeiten, die in einem Urteil vorkommen, jederzeit berichtigungsfähig.

75

Die genannten Voraussetzungen liegen hier vor. Es ist offenkundig, dass die klagende Partei hier nicht aus abgetretenem Recht vorgeht, sondern dass offensichtlich fehlerhaft auf Seite 20, unter Abschnitt III, Satz 1 eine Formulierung aus der teilweisen Parallelentscheidung zum Aktenzeichen 3 Sa 107/14 übernommen worden ist. Die Formulierung „aus abgetretenem Recht“ ist daher zu streichen.

76

Diese Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein (§ 64 Abs. 7 in Verbindung mit § 53 ArbGG).

77

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

78

Mithin ist ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gegeben. ]

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Hochschulen im Sinne dieses Gesetzes sind die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dieses Gesetz betrifft, soweit dies in § 70 bestimmt ist, auch die staatlich anerkannten Hochschulen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 28. Juni 2012 - 5 Sa 294/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist beim beklagten Freistaat, der Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist, seit 1984 als angestellte Lehrerin an beruflichen Schulen tätig. Sie besitzt die Befähigung für das Lehramt an Realschulen. Die Regelstudienzeit des entsprechenden Studiengangs (mit den Fachrichtungen Chemie und Physik) beträgt sieben Semester. Ihr Diplomstudium im Fach Chemie hatte sie nach fünf Semestern ohne Abschluss abgebrochen. Seit dem 1. Februar 2012 nimmt sie unbezahlten Sonderurlaub in Anspruch.

3

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 4. September 1986 ist ua. geregelt, dass

        

„die Angestellte entsprechend … in die Vergütungsgruppe IIa BAT nach Maßgabe der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder … eingereiht [ist]“.

4

Im zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 15. August 1991 heißt es in dessen § 4: „Der/Die Angestellte wird in die Vergütungsgruppe IIa BAT eingruppiert“. Eine Bezugnahme auf Eingruppierungsrichtlinien enthält dieser Arbeitsvertrag nicht.

5

Die Klägerin wurde zunächst nach der VergGr. IIa BAT vergütet. Seit Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) am 1. November 2006 erhält sie ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 13, Stufe 5+ TV-L.

6

Mit Schreiben vom 22. Februar 2010 hat die Klägerin gegenüber dem beklagten Freistaat „im Rahmen der geltenden Ausschlussfristen“ Ansprüche auf Zahlung der Differenz zwischen der VergGr. IIa BAT und der VergGr. Ib BAT geltend gemacht.

7

Mit ihrer Klage hat sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe eine Vergütung nach Entgeltgruppe 14, Stufe 5 TV-L zu. Nach einer 15-jährigen Tätigkeit in der VergGr. IIa BAT hätte sie in Anwendung der „Richtlinien über die Eingruppierung der an den staatlichen beruflichen Schulen in Bayern im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in die Vergütungsgruppen des Bundesangestelltentarifvertrages (Eingruppierungsrichtlinien - berufliche Schulen)“ (im Folgenden: Eingruppierungsrichtlinien) in die VergGr. Ib BAT höhergruppiert werden müssen. Für diejenigen Lehrkräfte, die - anders als die Klägerin - die Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis nicht erfüllen (sog. Nichterfüller), sähen die Eingruppierungsrichtlinien die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs in die VergGr. Ib BAT nach 15 Jahren vor. Diese Differenzierung zwischen sog. Erfüllern und Nichterfüllern sei sachlich nicht gerechtfertigt und verletze den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zwar setze der für die sog. Nichterfüller vorgesehene Bewährungsaufstieg ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern voraus. Die im Vergleich zu dem von der Klägerin absolvierten Studium um lediglich ein Semester längere Regelstudienzeit rechtfertige die Ungleichbehandlung jedoch nicht, zumal sich diese erst nach einer Tätigkeitsdauer von mindestens 15 Jahren realisiere. Im Übrigen sei sie auch ebenso vielseitig einsetzbar wie Kollegen, die die Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis nicht erfüllten, aber ein Studium mit einer Regelstudienzeit von acht Semestern absolviert hätten.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass der beklagte Freistaat verpflichtet ist, ihr ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 14 TV-L für den Zeitraum 1. August 2009 bis 31. Januar 2012 zu zahlen.

9

Der beklagte Freistaat hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin werde zutreffend nach Abschnitt A Nr. 2 Eingruppierungsrichtlinien als Realschullehrerin vergütet. Bei beamteten Realschullehrern sei ein funktionsloses Beförderungsamt nicht vorgesehen. Die von den Eingruppierungsrichtlinien vorgesehene Differenzierung zwischen sog. Erfüllern und Nichterfüllern sei sachlich gerechtfertigt. Der Abschluss eines Hochschulstudiums mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern, den die Klägerin nicht aufweise, gewährleiste eine tiefere Durchdringung des zu vermittelnden Unterrichtsstoffs.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, der beklagte Freistaat sei nicht verpflichtet, die Klägerin nach der Entgeltgruppe 14 Stufe 5 TV-L zu vergüten. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich weder aus den Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Freistaats noch aus dem Arbeitsvertrag. Beide sehen einen Bewährungsaufstieg, wie ihn die Klägerin beansprucht, nicht vor.

12

I. Für die als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage (vgl. nur BAG 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 13 mwN; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 447/01 - zu I 1 der Gründe) liegt das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO vor. Die Klägerin war nicht verpflichtet, aufgrund des im Verlauf des Berufungsverfahrens in Anspruch genommenen Sonderurlaubs zur Leistungsklage überzugehen (BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 20 mwN).

13

II. Die Klage ist unbegründet. Der beklagte Freistaat ist nicht verpflichtet, die Klägerin im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Januar 2012 nach der Entgeltgruppe 14 Stufe 5 TV-L zu vergüten.

14

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 14 TV-L auf der Grundlage der Eingruppierungsrichtlinien iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu.

15

a) Die Eingruppierungsrichtlinien finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

16

aa) Bei den Eingruppierungsrichtlinien handelt es sich um vom beklagten Freistaat erstellte Regelungen. Sie haben keinen Rechtsnormcharakter und entfalten keine unmittelbaren Wirkungen für das Arbeitsverhältnis. Ihre Anwendung kommt nur in Betracht, wenn sie von den Vertragsparteien zum Inhalt ihres Arbeitsvertrags gemacht worden sind (vgl. BAG 7. Juni 2000 - 10 AZR 254/99 - zu II 1 der Gründe; 25. November 1998 - 10 AZR 518/97 - zu II 3 der Gründe).

17

bb) Die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss zuließen, die Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Freistaats seien Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses.

18

(1) Der letzte Arbeitsvertrag vom 15. August 1991 nimmt auf die Eingruppierungsrichtlinien keinen Bezug.

19

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich eine Bezugnahme nicht aus dem Arbeitsvertrag vom 4. September 1986. In diesem wird ausschließlich auf die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, nicht aber auf die von den Parteien herangezogenen Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Freistaats verwiesen. Zudem ist nicht erkennbar, dass diese vertragliche Bezugnahme auf die TdL-Richtlinien für das Arbeitsverhältnis überhaupt noch maßgebend sein soll, nachdem die Parteien dieses mit dem Arbeitsvertrag vom 15. August 1991 auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt haben, die eine solche Verweisung gerade nicht enthält.

20

(3) Soweit die Klägerin meint, die Anwendbarkeit der Eingruppierungsrichtlinien könne sich auch im Laufe des Arbeitsverhältnisses mündlich oder durch schlüssiges Verhalten ergeben, fehlt es schon an der Darlegung einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Eine mündliche Abrede hat sie nicht behauptet. Sie hat auch keine Umstände vorgetragen, die die Annahme rechtfertigten, die Parteien hätten die Anwendung der Eingruppierungsrichtlinien konkludent vereinbart. Insbesondere kann die Zahlung der Vergütung nach der VergGr. IIa BAT und nach Inkrafttreten des TV-L gemäß der entsprechenden Entgeltgruppe 13 TV-L auch allein auf die arbeitsvertragliche Vereinbarung zurückzuführen sein.

21

b) Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, die Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Freistaats seien auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar, ist die Klage unbegründet. Die Eingruppierungsrichtlinien sehen einen Höhergruppierungsanspruch für Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt an Realschulen nicht vor. Diese Regelung verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

22

aa) Die maßgebenden Vorschriften der Eingruppierungsrichtlinien vom 1. Oktober 1994 lauten:

        

„Gruppe der Lehrer

Vergütungsgruppe BAT

        

I.    

        
        

A.    

        
        

Lehrkräfte, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen

        
        

1.    

Lehrer in der Laufbahn der Studienräte

        
        

1.1     

mit der Befähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen

IIa     

        

1.2     

mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien

IIa     

        

...     

                 
        

2.    

Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an Realschulen

IIa     

        

...     

                 
        

4.    

Lehrer unter Nr. 1 werden höhergruppiert nach

Ib    

                 

zu dem Zeitpunkt, zu dem vergleichbare beamtete Lehrer zu Oberstudienräten (BesGr. A 14) befördert werden.

        
                 

...     

        
        

B.    

        
        

Sonstige Lehrkräfte (Lehrkräfte, bei denen die pädagogischen und/oder die fachlichen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllt sind)

        
        

1.    

Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten

        
                 

mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule (Regelstudienzeit mindestens acht Semester), die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens einer beruflichen Fachrichtung oder in mindestens zwei Fächern haben und überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen (…)

IIa     

                 

nach mindestens fünfzehnjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

Ib    

                 

...“   

        
23

bb) In Anwendung der Eingruppierungsrichtlinien ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf eine Höhergruppierung in die VergGr. Ib BAT und ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 14 TV-L. Die Klägerin hat die Befähigung für das Lehramt an Realschulen. Sie erfüllt damit die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis im Sinne des Abschnitts A. der Eingruppierungsrichtlinien. Für diese Gruppe der Lehrkräfte sehen die Richtlinien die Vergütung nach der VergGr. IIa BAT ohne eine Möglichkeit der Höhergruppierung in die VergGr. Ib BAT vor.

24

cc) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus den Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Freistaats in Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

25

(1) Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat ein Arbeitgeber, der Teilen seiner Arbeitnehmer nach einem bestimmten erkennbaren generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt, Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm danach sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253). Trotz des Grundsatzes der Vertragsfreiheit gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung, sofern die Vergütung aufgrund eines bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzips erfolgt (BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 19; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstiger sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 421/04 - Rn. 22 mwN).

26

(2) Die Bestimmungen in der Eingruppierungsrichtlinie verletzen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.

27

(a) Allerdings ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die in den Eingruppierungsrichtlinien vorgesehenen Regelungen seien der Rechtskontrolle durch die Gerichte deshalb weitgehend entzogen, weil den Tarifvertragsparteien ebenso wie dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung stehe. Bei den Eingruppierungsrichtlinien handelt es sich um ein einseitig vom beklagten Freistaat gestelltes Regelwerk. Deshalb haben sie nicht - wie ein Tarifvertrag - die Vermutung der Angemessenheit für sich (BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 29 mwN) und unterliegen einer Prüfung anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (BAG 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 23).

28

(b) Die in den Eingruppierungsrichtlinien vorgesehene Differenzierung innerhalb der Gruppe der sog. Erfüller, der zufolge Lehrer in der Laufbahn der Studienräte in die VergGr. Ib BAT höhergruppiert werden können, während eine solche Möglichkeit für die Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an Realschulen nicht vorgesehen ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht deshalb verletzt, weil für diejenigen angestellten Lehrkräfte, die - wie die Klägerin - die Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen und über die Befähigung zum Lehramt an Realschulen verfügen, die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs in die VergGr. Ib BAT nicht vorgesehen ist, während für sog. Nichterfüller, die ein Studium mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern an einer wissenschaftlichen Hochschule absolviert haben, der Bewährungsaufstieg nach mindestens 15-jähriger Bewährung in der Tätigkeit und der Vergütungsgruppe eröffnet ist. Diese Ungleichbehandlung ist sachlich hinreichend gerechtfertigt.

29

(aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, der vergütungsrechtliche Bestimmungen nach einem generalisierenden Prinzip in Erlassen regelt, die Höhe der Vergütung von einer bestimmten Tätigkeit und vom Vorliegen bestimmter subjektiver, in der Person des Angestellten liegender Voraussetzungen abhängig machen (BAG 17. April 2003 - 8 AZR 273/02 - zu B I 2 d cc der Gründe mwN; 6. August 1997 - 10 AZR 638/96 - zu II 1 b der Gründe mwN). Unterschiede in der Lehrbefähigung sind grundsätzlich geeignet, eine Differenzierung hinsichtlich der Vergütung sachlich zu rechtfertigen (BAG 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 24; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 421/04 - Rn. 22 mwN).

30

(bb) Der beklagte Freistaat hat die Möglichkeit einer Höhergruppierung für die sog. Nichterfüller an den von der angestellten Lehrkraft absolvierten Studienabschluss geknüpft. Dann besteht die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs nur, wenn die Lehrkraft ein wissenschaftliches Studium mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern abgeschlossen hat. Damit soll ersichtlich der Tiefe der durch das Studium erworbenen wissenschaftlichen Kenntnisse - finanziell - Rechnung getragen werden. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise durfte der beklagte Freistaat davon ausgehen, dass die entsprechenden Kenntnisse erst durch ein Studium mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern erlangt werden können. Die Entscheidung, dass ein Studium mit einer kürzeren Regelstudienzeit - sei es auch nur ein Semester - die Anforderungen an die Tiefe der wissenschaftlichen Kenntnisse nicht zu erfüllen vermag, lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen.

31

(cc) Ebenso wenig ist es sachwidrig, dass die Eingruppierungsrichtlinien die Möglichkeit einer Höhergruppierung für die Gruppe der sog. Nichterfüller, die ein wissenschaftliches Hochschulstudium mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern abgeschlossen haben, nach einer Dauer von mindestens 15 Jahren vorsehen. Mit den Eingruppierungsrichtlinien verfolgt der beklagte Freistaat erkennbar die Gleichbehandlung der angestellten und der beamteten Lehrkräfte. Deshalb knüpft er die Höhergruppierung der sog. Erfüller in der Laufbahn der Studienräte an den Zeitpunkt, zu dem bei vergleichbaren beamteten Lehrern gewöhnlich eine sog. Regelbeförderung zu Oberstudienräten stattfindet (BesGr. A 14 BayBesG). Für die Gruppe der sog. Nichterfüller bedarf es einer konkreten Zeitvorgabe deshalb, weil es vergleichbare beamtete Lehrkräfte, an deren Höhergruppierung sich der Zeitpunkt des Bewährungsaufstiegs orientieren könnte, nicht gibt. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeitdauer von mindestens 15 Jahren willkürlich gewählt wäre, sind nicht ersichtlich.

32

(dd) Der Umstand, dass die Klägerin über einen Zeitraum von fünf Semestern im Rahmen eines Diplomstudiengangs Chemie studiert hat, ist eingruppierungsrechtlich ohne Bedeutung. Sie verfügt insoweit nicht über einen Abschluss. Es ist nicht willkürlich, bei der Eingruppierung und ihren vergütungsrechtlichen Folgen danach zu unterscheiden, ob eine Lehrkraft ein „abgeschlossenes“ Hochschulstudium absolviert hat oder nicht. Ein entsprechender Abschluss bietet grundsätzlich die Gewähr, dass die Lehrkraft über die vom Richtliniengeber geforderten - vertieften - wissenschaftlichen Kenntnisse verfügt.

33

(ee) Unerheblich ist es schließlich, dass die Klägerin die gleichen Tätigkeiten ausübt wie ein von ihr namentlich benannter Kollege. Dieser verfügt über ein abgeschlossenes wissenschaftliches Studium mit einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern und erfüllt deshalb die Voraussetzungen der Eingruppierungsrichtlinien für einen Bewährungsaufstieg in die VergGr. Ib BAT. Würde allein auf die tatsächliche Tätigkeit abgestellt, würden die - sachlich gerechtfertigten - Anforderungen an die Ausbildungsqualifikationen vernachlässigt (vgl. BAG 17. April 2003 - 8 AZR 273/02 - zu B I 2 d cc der Gründe mwN).

34

2. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Arbeitsvertrag der Parteien. Selbst wenn es sich bei der in diesem enthaltenen Regelung, nach der die Klägerin „in die Vergütungsgruppe IIa BAT eingruppiert“ ist, um eine sog. konstitutive Entgeltabrede handeln sollte, weil sich die angegebene Vergütungsgruppe nicht anhand von im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Eingruppierungsregelungen ermitteln lässt (BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12, BAGE 146, 29), entspricht die Vergütungsgruppe einem Entgelt nach der Entgeltgruppe 13 TV-L. Einen Bewährungsaufstieg sieht der Arbeitsvertrag vom 15. August 1991 nicht vor.

35

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Redeker    

                 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. April 2010 - 3 Sa 906/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Vergütung nach dem zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (vom 17. August 2006 - TV-Ärzte/VKA) beanspruchen kann.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1996 bei der Beklagten, die nicht Mitglied in einem Mitgliedsverband der VKA ist, zuletzt als leitender Oberarzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 5./24. Oktober 1995 beschäftigt. In diesem heißt es ua.:

        

㤠2

        

Für das Arbeitsverhältnis gilt der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 1.4.61 in der jeweils für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA) unter Berücksichtigung der in § 5 dieses Vertrages aufgeführten Ausnahmen und Ergänzungen.

        

Ergänzende Tarifverträge finden ebenfalls Anwendung, sofern sie für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände gelten und in § 5 des Arbeitsvertrages nichts Gegenteiliges bestimmt ist.

        

§ 3

        

Der Arzt erhält eine Vergütung nach Vergütungsgruppe Ia Altersstufe 9 BAT/VKA.

        

...     

        

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach § 15, Abs. 1 BAT/VKA.“

3

In § 5 des Arbeitsvertrages haben die Parteien zu einigen Bestimmungen des BAT/VKA und den diesen ergänzenden Tarifverträgen abweichende Regelungen getroffen oder deren Anwendung ausgeschlossen.

4

Zum 1. Oktober 2005 trat der zwischen der VKA und ua. der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (vom 13. September 2005 - TVöD/VKA) sowie für den Bereich der Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen dessen besonderer Teil Krankenhäuser (BT-K) in Kraft. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum TVöD-BT-K vom 1. August 2006 wurde der BT-K mit Wirkung zum 1. August 2006 in den Besonderen Teil Krankenhäuser nF und den Besonderen Teil Pflege- und Betreuungseinrichtungen (BT-B) aufgegliedert. Ebenfalls am 1. August 2006 trat der TV-Ärzte/VKA in Kraft. Bereits seit dem 1. Oktober 2005 wurde der Kläger nach der Entgeltgruppe II, Stufe 4, TVöD-BT-K vergütet. Mit Schreiben vom 30. Juni 2007 wandte sich der Kläger gegen die vorgenommene Tarifumstellung und die Eingruppierung nach dem TVöD-BT-K. Mit weiterem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2008 machte er eine Vergütung nach der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA geltend.

5

Mit seiner am 8. Januar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die in der Höhe zwischen den Parteien unstreitige Vergütungsdifferenz zwischen der seiner Meinung nach zutreffenden Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA und der ihm von der Beklagten gezahlten Vergütung für die Zeit ab dem 1. August 2006 verlangt. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass der TV-Ärzte/VKA für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sei. Es handele sich dabei um ein spezielles Regelwerk für an kommunalen Krankenhäusern beschäftigte Ärzte. Das Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2007 erfasse den gesamten Streitzeitraum, da der TV-Ärzte/VKA nicht bereits am 17. August 2006 wirksam zustande gekommen sei, sondern erst durch die Unterzeichnung der Urschrift des Tarifvertrages am 23. Februar 2007.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.993,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB aus 1.110,00 Euro seit dem 1. September 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. Oktober 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. November 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. Dezember 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. Januar 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Februar 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. März 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. April 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Mai 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Juni 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Juli 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. August 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. September 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Oktober 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. November 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Dezember 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Januar 2008, aus 759,60 Euro seit dem 1. Februar 2008, aus 759,60 Euro seit dem 1. März 2008, aus 759,60 Euro seit dem 1. April 2008, aus 1.121,50 Euro seit dem 1. Mai 2008, aus 1.121,50 Euro seit dem 1. Juni 2008, aus 1.121,50 Euro seit dem 1. Juli 2008 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die für eine ergänzende Vertragsauslegung erforderliche Lücke innerhalb der vertraglichen Bezugnahmeregelung sei nicht eingetreten. Im Übrigen komme selbst dann eine Auslegung zugunsten des TV-Ärzte/VKA nicht in Betracht, weil mehrere Auslegungsergebnisse in gleicher Weise möglich seien und der hypothetische Wille der Parteien heute nicht mehr ermittelt werden könne.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Klage nicht abgewiesen werden. Der Senat kann aber mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Sache nicht abschließend entscheiden. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

10

I. Der auf Zahlung gerichtete Antrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist der Klagebetrag als Bruttovergütung gefordert. Der Kläger hat bereits im Rahmen seiner Klagebegründung, die für die Antragsauslegung heranzuziehen ist, stets Bruttoentgeltbeträge und -entgeltdifferenzen zugrunde gelegt. Davon ist auch erkennbar das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung ausgegangen und hat die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages verurteilt. Dies hat der Kläger auch nicht gerügt.

11

II. Der Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Zahlungsklage begründet ist. Zwar richtet sich das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr nach den Bestimmungen des BAT in der für die VKA geltenden Fassung (BAT/VKA). Der Senat kann aber nicht abschließend darüber befinden, welcher der beiden möglichen Nachfolgetarifverträge auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Das führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

12

1. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Anwendbarkeit des TV-Ärzte/VKA ergebe sich nicht aus den Vereinbarungen in den §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag sei zwar aufgrund der mangelnden Fortführung des BAT/VKA lückenhaft geworden. Eine ergänzende Vertragsauslegung führe aber nicht zu dem Ergebnis, welches der Kläger verfolge. Seit dem 1. Oktober 2005 seien die Vergütungsregelungen des TVöD/VKA als Ersatzregelung maßgebend. Die Tarifvertragsparteien einschließlich des Marburger Bundes hätten zum Ausdruck gebracht, dass sie einer Überleitung aus dem BAT/VKA in den TVöD/VKA ab 1. Oktober 2005 zustimmten. Dem entspreche auch § 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA, wonach der TV-Ärzte/VKA den TVöD einschließlich des BT-K ablöse. Entsprechend sei das Arbeitsverhältnis in dem Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006 einvernehmlich auf der Grundlage des TVöD/VKA weitergeführt worden, was einer Vertragslücke zum 1. August 2006 entgegenstehe. Selbst im Falle einer Regelungslücke fehle es an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, der TV-Ärzte/VKA könne zur Lückenfüllung herangezogen werden.

13

2. Dem folgt der Senat nicht. Die Nichtanwendung des TV-Ärzte/VKA kann mit der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht begründet werden.

14

a) Nach § 2 des Arbeitsvertrages gelten - abgesehen von den unter § 5 aufgeführten Ausnahmen und Ergänzungen - für das Arbeitsverhältnis der „Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 1.4.61 in der jeweils für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA)“ sowie die ergänzenden Tarifverträge. Diese Abrede (zu den Maßstäben der Auslegung einer solchen Allgemeinen Geschäftsbedingung BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 23 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21)enthält jedenfalls hinsichtlich der streitgegenständlichen Vergütungsregelungen eine zeitdynamische Bezugnahme, die den jeweiligen BAT/VKA und nach Absatz 2 der Vertragsbestimmung auch ihn ergänzende Tarifverträge erfasst. Dem entspricht die nachstehende Regelung in § 3 des Arbeitsvertrages. Sie benennt die sich aus der vorstehenden Bezugnahme ergebende Vergütungsgruppe, die für die Tätigkeit des Klägers maßgebend ist. Von diesem dynamischen Verständnis der Bezugnahmeklausel gehen auch die Parteien im Grundsatz übereinstimmend aus.

15

Die Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut allerdings weder den den BAT/VKA ersetzenden TVöD/VKA noch den TV-Ärzte/VKA. Beide Tarifverträge sind weder eine jeweilige Fassung des BAT/VKA noch ihn ergänzende Tarifverträge iSd. § 2 des Arbeitsvertrages(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, BAGE 134, 283 ). Die Vertragsregelung ist zeitdynamisch ausgestaltet, jedoch nicht inhaltsdynamisch. Ein Zusatz, dass auch die „ersetzenden“ Tarifverträge Anwendung finden sollen (dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 25 mwN, BAGE 130, 286; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38), wurde nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

16

b) Die unbedingte dynamische Bezugnahme bewirkt spätestens ab dem 1. August 2006 und damit für den streitgegenständlichen Zeitraum eine nachträgliche Lücke der vertraglichen Vereinbarung, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (ausf. zu den Voraussetzungen und Maßstäben BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23, 31 ff., BAGE 134, 283; 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 27, 31 ff., NZA 2012, 100) zu schließen ist.

17

aa) Die dynamische Bezugnahmeregelung in § 2 des Arbeitsvertrages ist lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Parteien, jedenfalls die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen für das Arbeitsverhältnis, nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie dynamisch an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) auszurichten. Durch die weitestgehende Ersetzung des BAT/VKA für den Bereich der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA] vom 13. September 2005) sowie den TV-Ärzte/VKA zum 1. August 2006 (§ 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA) hat die dynamische Entwicklung des BAT/VKA und die zu seiner Ergänzung geschlossenen Tarifverträge ihr Ende gefunden. Da die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf dieser Dynamik aufbaut, ist der Vertrag durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst spätestens seit dem 1. August 2006 lückenhaft geworden (st. Rspr., BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 25 ff., BAGE 134, 283; 24. August 2011 - 4 AZR 683/09 - Rn. 23 mwN; 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 23).

18

bb) Eine nachträgliche Regelungslücke kann, wie es auch das Landesarbeitsgericht zutreffend gewürdigt hat, nicht deshalb verneint werden, weil der BAT/VKA noch mit seinem - statischen - Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien regeln könnte, wie es die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar (ausf. BAG 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 26 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21 sowie 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 24).

19

cc) Die mit der Ersetzung des BAT/VKA entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

20

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (st. Rspr., BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31 mwN, BAGE 134, 283; 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 26 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79; 24. August 2011 - 4 AZR 683/09 - Rn. 29 mwN).

21

(2) Die ergänzende Vertragsauslegung bedeutet vorliegend in einem ersten Schritt, dass die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerks das nachfolgende Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart hätten, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der bestehenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach. Die Parteien haben mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das Tarifwerk des BAT/VKA in § 2 des Arbeitsvertrages - mit Ausnahme der in § 5 aufgeführten Ausnahmen und Ergänzungen - die Regelungen der Arbeitsbedingungen für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Bereich der VKA anvertraut.

22

(3) Der ergänzenden Vertragsauslegung steht nicht entgegen, dass von der arbeitsvertraglichen Verweisung einzelne Bestimmungen des BAT aufgrund der Regelungen des § 5 des Arbeitsvertrages ausgenommen sind. Die Parteien haben - anders als in der grundlegend anders gelagerten Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - AP BGB § 157 Nr. 38) zugrunde lag - nicht etwa mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden, die einer Grundvorstellung des Arbeitsvertrages entgegensteht, mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk des BAT sollten für die Zukunft die arbeitsvertraglichen Bedingungen im Grundsatz der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut werden (s. auch BAG 24. August 2011 - 4 AZR 683/09 - Rn. 32; 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 37).

23

Aus den in § 5 des Arbeitsvertrages im Einzelnen aufgeführten unanwendbaren oder geänderten Bestimmungen des BAT/VKA und der diesen ergänzenden Tarifverträge ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien die grundsätzliche Anbindung ihres Arbeitsverhältnisses an die tariflichen Bedingungen des öffentlichen Dienstes im Bereich der VKA hinsichtlich der streitigen Vergütungs- und Eingruppierungsbestimmungen ausschließen wollten. Die Herausnahme der § 6(Gelöbnis) und § 69 BAT(Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Vorschriften) von der Verweisung ist naheliegend, da die Beklagte nicht dem öffentlichen Dienst angehört. Das gilt im Wesentlichen auch für § 20 BAT(Dienstzeit). § 32 BAT(Örtlicher Sonderzuschlag) war bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch den 55. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 9. Januar 1987 gestrichen. § 33 BAT regelt Zulagen für Bereiche, die für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht einschlägig sind, die §§ 62 bis 64 BAT das Übergangsgeld nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei den Änderungen und Ergänzungen im Übrigen handelt es sich im Wesentlichen um Sonderregelungen für die spezielle Berufsgruppe des Klägers (zB §§ 42 und 50 BAT)und die Anpassung an den kirchlichen/diakonischen Dienst (zB §§ 8, 29 Abs. 5 bis Abs. 7 BAT, Regelungen im Bereich des Zuwendungs-Tarifvertrages für Angestellte).

24

(4) Aufgrund der Aufspaltung der Regelungen des BAT/VKA in die tariflichen Regelungen des TVöD/VKA und den TV-Ärzte/VKA ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung nach § 2 des Arbeitsvertrages maßgebend sein soll, also welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie die eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten.

25

c) Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die den Klageanspruch ausschließende Anwendung des TVöD/VKA ab dem 1. Oktober 2005 nicht angenommen werden.

26

aa) Bereits die grundlegende Annahme des Landesarbeitsgerichts, aufgrund der zeitlichen Abfolge sei die vertragliche Regelung schon zum 1. Oktober 2005 lückenhaft geworden und infolgedessen sei der TVöD/VKA anzuwenden, der als einziger Tarifvertrag bereits zu diesem Zeitpunkt zur Lückenfüllung dienen konnte, ist nicht zwingend. Das Landesarbeitsgericht übersieht, dass der BAT/VKA, soweit er vom Marburger Bund mit abgeschlossen wurde, von diesem erst zum 31. Dezember 2005 gekündigt wurde und bis zum Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA zwischen dem Marburger Bund und der VKA gemäß § 4 Abs. 5 TVG nachwirkte(zur Tarifhistorie s. etwa BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 3, BAGE 135, 80). Eine vertraglich lückenhafte Regelung bereits ab dem 1. Oktober 2005 könnte nur dann angenommen werden, wenn es dem Willen der Parteien entsprochen hätte, gerade das zwischen der VKA und der Gewerkschaft ver.di vereinbarte Tarifwerk und damit auch dessen Nachfolgeregelung, nicht dagegen dasjenige des Marburger Bundes in Bezug zu nehmen (für die allerdings abweichende Fallgestaltung einer Vergütungsabrede eines Chefarztes „entsprechend der Vergütungsgruppe I BAT“ anders, weil hier eine Überleitungsregelung im TVÜ-VKA besteht und der TV-Ärzte/VKA nach seinem persönlichen Geltungsbereich Chefärzte nicht erfasst BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 696/09 - NZA 2011, 109). Dazu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen seitens des Landesarbeitsgerichts.

27

bb) Das Landesarbeitsgericht beruft sich hierbei auch zu Unrecht auf § 2 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte/VKA. Soweit dort die Parteien dieses Tarifvertrages eine Ersetzung des TVöD und des BT-K vereinbart haben, ist dies ohne Bedeutung. Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Ärzte/VKA können in ihrem Tarifwerk nicht die Ersetzung von Tarifverträgen festlegen, die von anderen Tarifvertragsparteien geschlossen wurden. Deshalb konnten sie damit auch nicht zum Ausdruck bringen, sie hätten einer Überleitung „aus dem BAT in den TVöD ab 01.10.2005“ zugestimmt, wie es das Berufungsgericht angenommen hat. Für die tarifgebundenen Mitglieder ist allein die tarifliche Rechtslage maßgebend. Für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ist eine solche von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten vereinbarte „Tarifregelung“ und ein sich etwaiger daraus ableitbarer Wille der Tarifvertragsparteien grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20 mwN, BAGE 134, 283).

28

cc) Schließlich folgt die Anwendung des TVöD/VKA im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht aus der Durchführung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006 auf der Grundlage dieses Tarifvertrages.

29

(1) Zwar darf sich das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht in Widerspruch zum Parteiwillen setzen. Dieser Grundsatz ist aber dahingehend zu präzisieren, dass eine ergänzende Vertragsauslegung nicht im Widerspruch zu dem im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Parteiwillen stehen und nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen darf (BGH 22. April 1953 - II ZR 143/52 - BGHZ 9, 273). Ohne Bedeutung sind hingegen unterschiedliche Auffassungen der Parteien, wie eine Regelungslücke zu schließen ist. Bei den Begleitumständen, die Rückschlüsse auf den erklärten Geschäftswillen haben können, sind bei der Auslegung grundsätzlich nur diejenigen zu berücksichtigen, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts erkennbar waren. Dies gilt auch im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung. Soweit gleichwohl ein nachträgliches Verhalten der Parteien bei der Auslegung von Willenserklärungen berücksichtigt wird (vgl. Staudinger/Singer BGB Neubearbeitung 2012 § 133 Rn. 50 mwN), muss es „Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen“. Hierzu bedarf es in der Regel aber einer über längere Zeit geübten einverständlichen Vertrags- und Zahlungspraxis.

30

(2) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei kann es dahinstehen, ob aus der Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis für den genannten Zeitraum auf Grundlage des TVöD/VKA durchgeführt wurde, nach den genannten Kriterien überhaupt auf einen Willen der Parteien bei Vertragsschluss geschlossen werden kann, es solle der TVöD/VKA maßgebend sein. Selbst wenn man davon ausgehen würde, fehlt es an einer über längere Zeit einverständlich ausgeübten Vertrags- oder Zahlungspraxis. Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass ausweislich des Schreibens des Klägers vom 30. Juni 2007 die Beklagte die „Tarifumstellung“ mit ihrem Schreiben vom 27. März 2007 mitgeteilt hat, weshalb schon nicht feststeht, ob tatsächlich ab dem 1. Oktober 2005 bereits eine „vollständige“ Überleitung in den TVöD/VKA vorgenommen worden ist.

31

dd) Entgegen der hilfsweise herangezogenen Annahme des Landesarbeitsgerichts kann eine ergänzende Vertragsauslegung für die Zeit ab dem 1. August 2006 auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es hätte eine Vielzahl von möglichen Regelungsmöglichkeiten bestanden, weshalb es an ausreichenden Anhaltspunkten für die Durchführung einer ergänzenden Vertragsauslegung fehle. Für eine „Abkoppelung“ von den Tarifwerken des öffentlichen Dienstes als mutmaßlichen Parteiwillen gibt es keinerlei Hinweise. Dem steht zudem entgegen, dass die Parteien mit der dynamischen Inbezugnahme des BAT/VKA sich gerade der Regelungsbefugnis dieser Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut haben. Deshalb kann des Weiteren auch nicht angenommen werden, die Vertragsparteien hätten im Wege der Lückenfüllung die einschlägigen kirchlichen Arbeitsvertrags-Richtlinien in Bezug genommen. Hier handelt es sich nicht um Regelungen, deren Urheber die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes sind.

32

3. Über die Klage kann nicht aus anderen Gründen abschließend entschieden werden. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen keinen Schluss darauf zu, welchen der beiden hier in Frage stehenden Tarifverträge die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Ersetzung des BAT/VKA durch mehrere Tarifverträge Kenntnis gehabt hätten.

33

a) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass entgegen der Auffassung des Klägers der TV-Ärzte/VKA gegenüber dem TVöD/VKA nicht der sachnähere Tarifvertrag ist. Der TVöD-BT-K idF vom 1. August 2006 stellt für das ärztliche Personal in Krankenhäusern ein vollständiges Tarifwerk mit speziellen Entgeltgruppen und -regelungen dar. Die einzelnen Bestimmungen beider Tarifwerke stimmen mit Ausnahme der Vergütungshöhe im Wesentlichen überein. Unterschiede, die vorrangig den Entgeltbereich betreffen, führen für sich genommen nicht zu größerer Sachnähe (s. nur Bayreuther NZA 2009, 935).

34

Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel, die dazu dient, eine Tarifkonkurrenz aufzulösen (vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 49, AP TVG § 3 Nr. 48 = EzA TVG § 3 Nr. 34). Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen (s. nur BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34). Für die ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb das tarifrechtliche Prinzip der Spezialität ohne Belang, sofern sich nicht aus dem Regelungsplan des Vertrages Gegenteiliges ergibt (BAG 29. Juni 2011 - 5 AZR 186/10 - Rn. 30, KHE 2011/126). Solche Anhaltspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich.

35

b) Eine Mitgliedschaft des Klägers im Marburger Bund allein kann für die Interessenlage der Parteien bei Vertragsschluss keine Hinweise geben. Selbst wenn die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt davon Kenntnis gehabt hätte, fehlt es nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien an Anhaltspunkten dafür, dieser Umstand sei von Bedeutung für den Inhalt der Bezugnahmeklausel gewesen.

36

c) Für eine Anwendung des TVöD/VKA im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung könnte allerdings sprechen, dass die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts über Jahrzehnte mit dem gesamten, also auch dem nicht-ärztlichen Personal den BAT/VKA vereinbart hatte. Für die unmittelbar im Anschluss getroffene Schlussfolgerung des Landesarbeitsgerichts, dies sei „mithin“ zur Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung erfolgt, fehlt es aber an entsprechenden Tatsachenfeststellungen. Insbesondere hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ob auch mit dem nicht-ärztlichen Personal entsprechende, ggf. auf den jeweiligen Beschäftigtenkreis bezogene Ausnahmen und Ergänzungen getroffen wurden, wie sie in § 5 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vereinbart sind. Anderenfalls könnte nicht mehr ohne Weiteres von einer „Schaffung möglichst einheitlicher Arbeitsbedingungen“ ausgegangen werden.

37

4. Der Rechtsstreit ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

38

a) Das Landesarbeitsgericht wird im Rahmen der neuen Verhandlung Feststellungen darüber zu treffen haben, ob den von der Beklagten vereinbarten Bezugnahmeklauseln unter Berücksichtigung von „Ausnahmen und Ergänzungen“ iSd. § 5 des vorliegenden Arbeitsvertrages der Regelungszweck entnommen werden kann, für alle Beschäftigten Arbeitsbedingungen zu schaffen, die sich an der einheitlichen Anwendung eines Tarifvertrages orientieren, der für sämtliche Beschäftigtengruppen Regelungen enthält. Hierfür könnte auch sprechen, dass es sich vorliegend um einen tarifungebundenen Arbeitgeber handelt, der die seinen Betrieb in ihrem fachlichen Geltungsbereich erfassenden Tarifverträge vor allem deshalb in Bezug genommen haben könnte, weil dies die bezweckte einheitliche Regelung der Arbeitsbedingungen herbeiführen kann, und er nicht zugleich an Tarifverträge eines Verbandes gebunden ist, die dieser mit anderen Tarifvertragsparteien auf Arbeitnehmerseite geschlossen hat. Ausgehend von einem solchen - allerdings noch festzustellenden - Regelungszweck wäre dies nicht der TV-Ärzte/VKA, der nach seinem § 1 Abs. 1 Satz 1 lediglich für Ärztinnen und Ärzte Regelungen trifft, sondern der TVöD/VKA, weil er sowohl nach seinem fachlichen als auch nach seinem persönlichen Geltungsbereich in der Lage ist, für die Gesamtheit der im Betrieb der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer den verfolgten Zweck zu gewährleisten(so bereits BAG 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 33, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21).

39

Sollten hingegen nur mit den ärztlichen Beschäftigten Vereinbarungen iSd. § 5 des Arbeitsvertrages geschlossen worden sein, könnte dies ein Anhaltspunkt für die Absicht sein, für diese gesonderte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Ob sich daraus die weitere Annahme ableiten lässt, der TV-Ärzte/VKA sei anzuwenden, wird das Landesarbeitsgericht unter Würdigung der Vertragspraxis der Beklagten insgesamt und des weiteren Sachvortrags der Parteien zu entscheiden haben.

40

b) Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zur Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gelangt, wird es zu prüfen haben, ob der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte/VKA gewahrt hat, die bei einer vertraglichen Bezugnahme des TV-Ärzte/VKA aufgrund der Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrages zur Anwendung käme.

41

aa) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Dies braucht zwar nicht wörtlich, muss jedoch hinreichend klar geschehen. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung bestehen wird. Die Geltendmachung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte/VKA setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und dessen Höhe, dh. der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Klarheit ersichtlich gemacht wird. Der Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, dem Schuldner gegenüber den behaupteten Anspruch so zu kennzeichnen, dass er sich über Inhalt und Umfang klar werden kann und dem Gläubiger die Erhebung einer formellen Klage zunächst erspart wird. Deshalb müssen für den Arbeitgeber die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein. Eine rechtliche Begründung ist nicht erforderlich (vgl. zu § 70 BAT BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 83 mwN, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 b der Gründe mwN, AP BAT-O § 70 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 136). Darüber hinaus muss dem Anspruchsschuldner gegenüber unmissverständlich klargestellt werden, dass auf der Anspruchserfüllung bestanden wird. Allein die Aufforderung, die bisherige Nichterfüllung „zu überdenken“ oder „zu überprüfen“ ist noch keine Geltendmachung im Tarifsinn, weil ihr das eindeutige Erfüllungsverlangen fehlt. Gleiches gilt für den Hinweis, sich „die Geltendmachung der Ansprüche vorzubehalten“ (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 39 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40).

42

bb) Das Geltendmachungsschreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2008 wahrt jedenfalls die Ausschlussfrist für eventuelle nach § 25 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte/VKA am 30. Juni 2008 und danach fällig gewordene Entgeltansprüche. Es bezeichnet eindeutig den Tarifvertrag und die Entgeltgruppe, nach denen der Kläger die Vergütung verlangt. Darüber hinaus nennt es den Zeitraum, für den die Nachzahlung beansprucht wird.

43

cc) Demgegenüber erfüllt das Schreiben des Klägers vom 30. Juni 2007 diese Anforderungen nicht, weshalb es dahinstehen kann, ob die Ausschlussfristen erst durch die abschließende Unterzeichnung des TV-Ärzte/VKA am 23. Februar 2007 in Gang gesetzt wurden.

44

(1) Dem Schreiben ist nicht eindeutig zu entnehmen, welches tarifliche Regelwerk der Kläger auf sein Arbeitsverhältnis angewendet wissen will. Er ist der Auffassung, dass angesichts des Wortlauts von § 2 des Arbeitsvertrages, der den „BAT/VKA“ in Bezug nehme, ein „Automatismus dahingehend, dass automatisch ein den BAT/VKA ersetzender Tarifvertrag gilt“, seinem Vertrag nicht zu entnehmen sei. Daher sei bereits die Anwendung des TVöD fragwürdig. Nur für den Fall, dass das in Bezug genommene tarifliche Regelwerk überhaupt durch ein anderes ersetzt werde, sei der TV-Ärzte/VKA anzuwenden.

45

(2) Damit hat der Kläger lediglich eine Rechtsauffassung dargelegt, ohne einen konkreten Anspruch nach dem TV-Ärzte/VKA zu reklamieren. Vielmehr stellt er die Anwendung eines ersetzenden Tarifvertrages auf sein Arbeitsverhältnis gerade in Abrede. Nur für den Fall, dass der Standpunkt der Beklagten zuträfe, es komme eine Ersetzung in Betracht, legt der Kläger dar, warum dies aus seiner Sicht der TV-Ärzte/VKA und in der Folge die Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA sei. Damit argumentiert der Kläger nur alternativ und ohne konkret zum Ausdruck zu bringen, welcher Tarifvertrag hinsichtlich der Eingruppierung auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden sei. Dem entspricht es, dass er abschließend um eine wohlwollende Prüfung bittet, ohne ein Erfüllungsverlangen zu formulieren. Dies stellt lediglich eine Aufforderung an die Beklagte dar, ihre vorgenommene Eingruppierung und die Anwendung des TVöD/VKA als einschlägigen Tarifvertrag noch einmal zu überprüfen, nicht jedoch eine ordnungsgemäße Geltendmachung im Rahmen einer tariflichen Ausschlussfrist.

        

    Creutzfeldt    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Steding     

        

    Rupprecht    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 31. Oktober 2013 - 5 Sa 324/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin sowie über die Bezahlung von jeweils 3,22 Wochenarbeitsstunden im Zeitraum März 2007 bis November 2010.

2

Die Klägerin ist beim Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 24. Juli 2001 seit September 2001 als Angestellte beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

1       

        

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 29,77 Stunden. …

        

2       

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages vom 23.02.1961 (BAT) in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung, der einschlägigen Sonderregelung SR 2 y zum BAT und den zusätzlichen für den Bereich des Arbeitgebers verbindlichen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung.

        

3       

        

…       

        

Die Angestellte ist gem. § 22 BAT in Vergütungsgruppe V b eingruppiert.

        

…“    

4

Die Klägerin war zu Beginn des Arbeitsverhältnisses zunächst als Erzieherin tätig. Nachdem sie eine berufsbegleitende staatliche sonderpädagogische Zusatzausbildung zur Heilpädagogischen Förderlehrerin im Sommer 2006 erfolgreich abgeschlossen hatte, wurde sie fortan im Förderzentrum des Beklagten eingesetzt. Auf den Lohnabrechnungen für die Monate September/Oktober 2007 wurde sie der Personengruppe „Heilp. Förderlehreri“ zugeordnet. Die Klägerin erhielt seit Oktober 2007 eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD/VKA und seit Oktober 2012 nach Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD/VKA.

5

Mit Schreiben vom 2. Februar 2007 bot der Beklagte der Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie statt der arbeitsvertraglich vereinbarten 29,77 Zeitstunden nur 26,55 Zeitstunden (entsprechend 20 Unterrichtsstunden) im Förderzentrum wöchentlich erbringe, an, entweder die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab März 2007 zu reduzieren oder die Differenz von 3,22 Zeitstunden zukünftig in der heilpädagogischen Tagesstätte abzuleisten. Einen ihr übermittelten und von Arbeitgeberseite bereits unterzeichneten „Nachtrag zum Arbeitsvertrag“ vom 2. März 2007, der eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 26,55 Stunden vorsah, unterzeichnete die Klägerin nicht. Sie erbrachte in der Folgezeit weiterhin regelmäßig eine wöchentliche Arbeitszeit im Umfang von 26,55 Zeitstunden. Ab März 2007 reduzierte der Beklagte das monatliche Bruttoentgelt der Klägerin deshalb von 2.190,34 Euro auf 1.953,44 Euro.

6

Mit Schreiben vom 29. November 2010 forderte der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten zur Erläuterung der Diskrepanz zwischen der im schriftlichen Arbeitsvertrag genannten Arbeitszeit von 29,77 Stunden und der tatsächlichen Beschäftigung im Umfang von nur 26,55 Stunden auf. Mit einem weiteren Schreiben von Februar 2011 bat er um Mitteilung, ob eine Abrechnung des Anspruchs auf Nachzahlung des Differenzlohns erfolgen werde.

7

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - die Auffassung vertreten, ihr stehe für den Zeitraum März 2007 bis November 2010 wegen Annahmeverzugs die Zahlung von je 236,90 Euro brutto für insgesamt 45 Kalendermonate zu. Mit der unterbliebenen Unterzeichnung der Vertragsänderung habe sie ein konkludentes Angebot zur Leistung von weiteren 3,22 Wochenstunden abgegeben, sofern ein Angebot sowieso nicht bereits entbehrlich sei. Zudem sei der Beklagte mindestens ab August 2010 zur Zahlung einer Vergütung nach Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA verpflichtet. Der Arbeitsvertrag verweise auf den BAT und auf den Nachfolgetarifvertrag TVöD/VKA. Tarifliche Eingruppierungsregelungen für Heilpädagogische Förderlehrer enthielten diese Tarifwerke aber nicht. Die dadurch entstehende Lücke sei mittels einer ergänzenden Vertragsauslegung durch die entsprechende Heranziehung der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-RL TdL) in der vor dem 10. März 2011 geltenden Fassung und nicht durch die Richtlinien der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen (Lehrer-RL VKA) zu schließen. Gemäß B. III. 4. der Lehrer-RL TdL stehe ihr nach vierjähriger Bewährung eine Vergütung nach VergGr. IVa BAT zu, was nach Inkrafttreten des TVöD/VKA der Entgeltgruppe 10 entspreche. Letztlich folge auch aus § 612 BGB ein Anspruch auf Höhergruppierung nach dem Erwerb ihrer Zusatzqualifikation.

8

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt:

        

1.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. August 2010 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.660,50 Euro brutto zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung.

9

Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass Annahmeverzugsansprüche schon aufgrund der Anfang 2007 einvernehmlich erfolgten Arbeitszeitreduzierung nicht bestünden. Auch habe die Klägerin die Arbeitsleistung im erweiterten Umfang nicht angeboten. Etwaige Ansprüche seien zudem nach § 37 TVöD/VKA verfallen. Die Klägerin sei des Weiteren zutreffend eingruppiert. Sie sei Erzieherin und werde allein aufgrund ihrer Zusatzausbildung nicht zur Lehrkraft. Die Lehrer-RL TdL seien ohnehin nicht einschlägig.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts ohne Rechtsfehler zurückgewiesen. Der Beklagte ist weder zur Vergütung der Klägerin nach Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA ab 1. August 2010 noch zur Zahlung von 10.660,50 Euro brutto für den Zeitraum von März 2007 bis November 2010 verpflichtet.

12

I. Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Antrag zu 1. der Klägerin ist unbegründet.

13

1. Die Klägerin ist nicht seit dem 1. August 2010 nach der Entgeltgruppe 10 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung seit dem 1. Oktober 2005 anwendbaren TVöD/VKA in seiner jeweiligen Fassung zu vergüten.

14

a) Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie tatsächlich als Heilpädagogische Förderlehrerin und nicht lediglich als Erzieherin eingesetzt wird. Es kann ferner zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit einer Heilpädagogischen Förderlehrerin als diejenige einer Lehrkraft im tariflichen Sinne anzusehen ist (anders als Art. 60 Abs. 2 BayEUG nahelegt; vgl. dazu aber auch BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 234/08 - Rn. 35 mwN sowie Anlage D.7 zum TVöD-V Protokollerklärung zu Nr. 1), so dass die Verweisungsklausel auf die tariflichen Bestimmungen hinsichtlich der Eingruppierung „ins Leere“ ginge, da die Anlage 1a zum BAT/VKA nach Nr. 5 der Bemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung BAT/VKA bei Lehrkräften keine Anwendung findet. Dann könnte insoweit eine Lücke in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vorliegen, wenn man - wiederum zu Gunsten der Klägerin - angesichts dessen die ausdrückliche Vereinbarung einer Eingruppierung in der VergGr. Vb BAT nicht ausnahmsweise als konstitutive eigenständige Vertragsbestimmung ansehen will.

15

b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auch für diesen Fall nicht aus den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung.

16

aa) Bei einer lückenhaften vertraglichen Vereinbarung tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit bzw. Lückenhaftigkeit bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (vgl. BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 20, BAGE 141, 150). Bei der Lückenfüllung ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283).

17

bb) Auch bei Anwendung dieser Grundsätze hätte die Klägerin keinen Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA. Dabei kann erneut zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass nicht die Lehrer-RL VKA zur Lückenfüllung heranzuziehen wären, obwohl sich die Parteien mit ihrer arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien des BAT/VKA unterstellt haben. Die von ihr angestrebte Rechtsfolge einer entsprechenden Eingruppierung ergibt sich selbst bei einer Anwendung der Lehrer-RL TdL nicht.

18

(1) Zunächst führt die Anwendung der Lehrer-RL TdL nicht zu einer Eingruppierung und damit zu einem Entgeltanspruch nach einer Entgeltgruppe des TVöD - und zwar weder in der Fassung für den Bund noch in derjenigen für den Bereich der VKA -, weil die dort benannten Tätigkeiten jeweils einer Entgeltgruppe des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zugeordnet sind.

19

(2) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt zudem nicht die entsprechenden Anforderungen derjenigen Vergütungsgruppen, die eine Überleitung in die Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA gem. Anlage 1 zum TVÜ-VKA oder in die Entgeltgruppe 10 TV-L gem. Anlage 2 Teil B zum TVÜ-Länder („Lehrkräfte, für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1a zum BAT/BAT-O nicht gilt … Überleitung Lehrkräfte ‚Nichterfüller‘“) vorsehen. Hierfür wäre eine Eingruppierung in die VergGr. IVa BAT einerseits oder in die VergGr. IVb BAT mit ausstehendem Aufstieg nach IVa BAT erforderlich. Deren Tätigkeitsmerkmale erfüllt die Klägerin nicht.

20

(a) Die am 1. August 2010 geltenden Lehrer-RL TdL idF vom 13. Juni 2007 lauten - soweit von Interesse - auszugsweise wie folgt:

        

„B.     

Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemein bildenden und an berufsbildenden Schulen

        
                 

…       

        
                 

III.   

Lehrkräfte an Sonderschulen

        
                          

…       

                 
                                                     
                                                     
                          

4.    

Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung und

        
                                            

mit abgeschlossener zusätzlicher Spezialausbildung (z.B. heilpädagogischer, sozialtherapeutischer oder sozialpsychiatrischer Ausbildung)

                 
                                            

als pädagogische Unterrichtshilfen

IV b   

                                   

nach mindestens vierjähriger Berufsausübung

                 
                                            

nach Ablegung der Zusatzausbildung

 IV a 

                          

…       

                 
                          

6.    

Erzieher, Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen, Krankengymnastinnen, Logopäden und Beschäftigungstherapeuten

        
                                            

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung und Zusatzausbildung

                 
                                            

als pädagogische Unterrichtshilfen

V b     

                                   

mit mindestens vierjähriger Bewährung in

        
                                            

dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

 IV b“

                                                              
21

(b) Die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale aus B. III. 4. Lehrer-RL TdL erfüllt die Klägerin nicht, auch wenn sie über eine abgeschlossene zusätzliche Spezialausbildung als Heilpädagogische Förderlehrerin verfügt. Sie ist weder Jugendleiterin mit staatlicher Prüfung noch Sozialpädagogin oder Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung. Wenn die Richtlinien Anwendung fänden, wäre sie als ausgebildete Erzieherin nach B. III. 6. Lehrer-RL TdL nicht nach der VergGr. IVa BAT zu vergüten, sondern wohl - ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankäme - nach den VergGr. Vb bzw. IVb BAT. Folglich wäre sie nach Inkrafttreten des TVöD bzw. TV-L jedenfalls nicht in die Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA bzw. TV-L übergeleitet worden (vgl. Anlage 1 zum TVÜ-VKA bzw. Anlage 2 Teil B zum TVÜ-Länder).

22

(3) Bei Anwendung der Lehrer-RL TdL in der ab dem 10. März 2011 geltenden Fassung, die eine unmittelbare Zuordnung der Tätigkeiten zu den neuen Entgeltgruppen vorsieht, ergibt sich nichts anderes. Gem. B. III. 6. bzw. 7. dieser Richtlinien sind Erzieher als pädagogische Unterrichtshilfen ebenfalls lediglich nach Entgeltgruppe 9 TV-L zu vergüten.

23

2. Auch aus anderen vertraglichen oder tariflichen Rechtsgrundlagen resultiert der begehrte Anspruch der Klägerin nicht.

24

a) Aus der Anwendung der Anlage 1a zum BAT/VKA ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA.

25

aa) Dies entspräche bei Anwendung der Überleitungsregelungen aus dem TVÜ-VKA im konkreten Fall einer - früheren - Eingruppierung in der VergGr. IVa oder IVb (mit ausstehendem Aufstieg nach IVa) BAT (§ 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. Anlage 1). Für die Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zu einer entsprechenden Vergütungsgruppe gibt es keine Anhaltspunkte.

26

bb) Unterstellt, die Klägerin wäre als Lehrkraft eingesetzt worden und es fänden, wie der Beklagte gemeint hat, auf ihr Arbeitsverhältnis die Lehrer-RL VKA Anwendung, ergäbe sich auch aus diesen kein Anspruch auf die begehrte Eingruppierung. Hinsichtlich des Wortlauts der Richtlinien kann auf die oben zitierten Lehrer-RL TdL verwiesen werden, die mit einer hier bedeutungslosen sprachlichen Abweichung (B. III. 6.: „nach [statt: ‚mit‘] mindestens vierjähriger Bewährung…“) wortlautidentisch dem der Lehrer-RL VKA sind. Die dazu oben dargelegten Ausführungen gelten deshalb uneingeschränkt auch für die letzteren.

27

b) Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich auf § 612 BGB berufen. Selbst wenn man zu ihren Gunsten von einer fehlenden Vergütungsvereinbarung iwS (die Tatbestandsvoraussetzung der Norm ist, vgl. dazu ErfK/Preis 16. Aufl. § 612 BGB Rn. 2 mwN) ausgehen würde, hat sie keine Tatsachen dargelegt, aus denen sich als „übliche“ Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB einer Heilpädagogischen Förderlehrerin ein Entgelt nach Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA ergebe(vgl. zum Erfordernis der Darlegung von Anknüpfungstatsachen BAG 17. Dezember 2014 - 5 AZR 663/13 - Rn. 29, BAGE 150, 223). Die Ausführungen der Klägerin in der Revisionsbegründung, der Beklagte vergüte nach Vergütungsgruppen, weshalb sie wegen der zusätzlich erworbenen Qualifikation „nach dem Wortlaut des § 612 I BGB eine Vergütungsgruppe höhergruppiert werden [müsse], also im Ergebnis in die Vergütungsgruppe 10 TVöD“ sind im Hinblick auf die Bestimmung der üblichen Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB ungeeignet. Der Erwerb einer Zusatzqualifikation muss keineswegs zwangsläufig zu einer höheren Vergütung führen. Auch insoweit bedarf es einer Anspruchsgrundlage, die vorliegend nicht gegeben ist.

28

c) Auf eine Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten und daraus resultierende Schadensersatzansprüche stützt die Klägerin ihr Begehren in der Revision nicht mehr. Insoweit handelt es sich um einen eigenen Streitgegenstand, der in der Revision nicht zur Entscheidung angefallen ist. Gleiches gilt für die Anspruchsbegründung mit einem vermeintlich treuwidrigen Handeln des Beklagten.

29

3. Ob die Klägerin ggf. einen Anspruch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gründen könnte, war nicht zu entscheiden, denn die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen ihren Anspruch gegen den Beklagten hierauf nicht gestützt. Gleichwohl war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aber insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es einen möglichen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes abgelehnt hat.

30

a) Der Antragsgrundsatz nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dass sie dies beantragt hat, sondern auch, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat(BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 21, BAGE 151, 235).

31

b) Die Klägerin hat sich in den Vorinstanzen nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt. Sie hat zwar ausgeführt, sie könne nicht verstehen, warum andere Kursteilnehmer bei ihren jeweiligen Arbeitgebern im Geltungsbereich des TV-L nach Abschluss der Zusatzausbildung höhergruppiert worden seien und sie nicht. Darin liegt jedoch nur eine bloße Kundgabe einer empfundenen Ungerechtigkeit und noch keine eigenständige Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

32

c) Indem das Landesarbeitsgericht einen möglichen Anspruch der Klägerin aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausdrücklich verneint hat, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Das Urteil ist daher - ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte - zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft auszuschließen (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 23 mwN, BAGE 151, 235).

33

II. Der Klägerin steht kein Anspruch auf die begehrten Entgeltdifferenzen für den Zeitraum März 2007 bis November 2010 aus Annahmeverzug zu (§ 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob der arbeitsvertragliche Arbeitszeitumfang zwischen den Parteien (konkludent) auf 26,55 Wochenstunden herabgesetzt worden ist, wie der Beklagte meint. Auch wenn dies nicht der Fall wäre, fehlte es jedenfalls an dem nach §§ 293 ff. BGB erforderlichen Angebot der Klägerin.

34

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt ein Gläubiger gem. § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich(st. Rspr., zuletzt etwa BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 41 mwN, BAGE 151, 45).

35

2. Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung befand sich der Beklagte im gesamten Zeitraum März 2007 bis November 2010 nicht im Verzug. Die Klägerin hat weder tatsächlich noch wörtlich ihre Arbeitsleistung insoweit angeboten.

36

a) Ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Arbeitgeber vorher erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers unterbleibt. Das wörtliche Angebot muss als rechtsgeschäftsähnliche Handlung dem Arbeitgeber zugehen (grdl. BAG 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - zu B II 1 der Gründe) und es muss sich inhaltlich auf die geschuldete Arbeitsleistung, dh. am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise beziehen (BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 37, BAGE 149, 144).

37

b) Ein entsprechendes Angebot der Klägerin liegt nicht vor.

38

aa) Entgegen der Revision stellt die fehlende Reaktion der Klägerin auf das Änderungsangebot des Beklagten vom 2. März 2007 kein „konkludentes“ Angebot dar. Hierbei ging es um eine mögliche Einigung der Parteien über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Der Erklärungswert des Schweigens der Klägerin geht jedenfalls nicht über die Ablehnung des Angebots auf eine vertragliche Stundenreduzierung hinaus.

39

bb) Auch das Schreiben der Klägervertreter vom 29. November 2010 an den Beklagten hat diesen nicht in Annahmeverzug gesetzt. Abgesehen davon, dass es nur dann für den letzten Tag des geltend gemachten mehr als dreieinhalbjährigen Annahmeverzugszeitraums Wirkung hätte entfalten können, wenn es noch am selben Tage dem Beklagten zugegangen wäre, wozu die Klägerin im Übrigen nichts vorgetragen hat, wird in dem Schreiben keine Bereitschaft der Klägerin zur Ableistung der weiteren 3,22 Stunden erklärt, sondern „um kurze Erläuterung“ der verminderten Beschäftigung gebeten, weil man „dies mit dem Wortlaut des Arbeitsvertrages nicht ganz in Einklang bringen“ könne. Eine unbedingte Bereitschaft zur erweiterten Leistungserbringung am Folgetag ist darin nicht zu erkennen.

40

3. Auf die Frage des Verfalls des weitaus größten Teils der Ansprüche gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT kommt es danach nicht mehr an.

41

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Mayr    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 - 8 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind und in diesem Zusammenhang über eine Zahlung nach dem Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 vom 8. Juni 2006 (TV EZ) .

2

Der Kläger ist seit dem 1. November 1995 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Erzieher beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine Vergütung nach der VergGr. Vb der Anlage 1 zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). In dem mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Arbeitsvertrag vom 6. Oktober 1995 heißt es ua.:

        

„2.

Soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist, gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge.

        

…       

        
        

8.   

Der Mitarbeiter erhält jährlich 32 Tage Erholungsurlaub.

        

9.   

Der Mitarbeiter erhält die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung im Versorgungswerk VBLU zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder zu jedem späteren Zeitpunkt abzuschließen.“

3

Am 1. November 2006 trat der am 12. Oktober 2006 geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder(TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) in Kraft. Bereits am 8. Juni 2006 schlossen die Tarifvertragsparteien des TV-L den TV-EZ. Die Beklagte wendet nicht diese Tarifverträge, sondern nach wie vor die Bestimmungen des BAT auf das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis an.

4

Mit seiner Klage will der Kläger die Anwendung der Nachfolgetarifverträge zum BAT für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder auf sein Arbeitsverhältnis festgestellt wissen. Mit Klageerweiterung vom 5. Juli 2007 hat er - soweit für die Revision von Bedeutung - eine Einmalzahlung auf Basis der Entgeltgruppe 9 TV-L nach dem TV-EZ für das Jahr 2007 iHv. 210,00 Euro brutto verlangt. Die Anwendung der angeführten Tarifverträge ergebe sich aus einer ergänzenden Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Im Arbeitsvertrag sei eine planwidrige Regelungslücke entstanden. Hätten die Parteien diese bei Abschluss des Arbeitsvertrages erkannt, wäre nur eine Bezugnahme auf die Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes der Länder in Betracht gekommen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.   

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) anwendbar ist, mit der Ausnahme, dass sich die Altersversorgung nach vertraglichen Vereinbarungen richtet,

        

2.   

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 210,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2007 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der nach wie vor bestehende BAT sei weiterhin für das Arbeitsverhältnis maßgebend. Die vertragliche Regelung sei nicht lückenhaft. Der TV-L habe den BAT nicht abgelöst. Zudem könne nicht vom Willen der Parteien ausgegangen werden, das gegenüber dem BAT völlig neue Tarifwerk des TV-L anzuwenden. Durch die dynamische Bezugnahme auf den BAT hätten die Parteien ein Regelwerk vereinbaren wollen, welches über Jahrzehnte auch den Rahmenbedingungen des schwächsten der drei auf Arbeitgeberseite Beteiligten Rechnung getragen habe. Dies sei durch die Auflösung der Tarifgemeinschaft nicht mehr gewährleistet.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet.

9

I. Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 1) zulässig.

10

1. Der Feststellungsantrag zu 1) bedarf der Auslegung. Nach dem Vorbringen des Klägers will er nicht nur die Anwendbarkeit des TV-L und des TVÜ-L auf sein Arbeitsverhältnis geklärt wissen, sondern auch die derjenigen Tarifverträge, die - entsprechend dem Inhalt der Bezugnahmeklausel in Nr. 2 des Arbeitsvertrages - „die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“ bilden. Die im Antrag genannten Tarifverträge sollen anstelle des in der Bezugnahmeklausel genannten BAT neben den weiteren dort aufgeführten Zusatztarifverträgen maßgebend sein. Dies zeigt auch das klägerische Anliegen, dass er die einschlägigen Vergütungstarifverträge einschließlich des TV EZ für sein Arbeitsverhältnis als maßgebend ansieht. Ein entsprechendes Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch klargestellt.

11

2. Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein(st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 ).

12

II. Die Klage ist auch begründet.

13

1. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers richtet sich seit 1. November 2006 nicht mehr nach dem BAT. Es finden vielmehr der TV-L, der TVÜ-L sowie die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge Anwendung. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der Nr. 2 des Arbeitsvertrages.

14

a) Nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis „die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“. Diese Vereinbarung enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge zunächst nicht erfasst.

15

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Nr. 2 als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12 mwN, NZA 2010, 401). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

16

bb) Danach enthält Nr. 2 des Arbeitsvertrages eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestattet ist.

17

(1) In Nr. 2 des Arbeitsvertrages knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Für das Arbeitsverhältnis sollen die Bestimmungen des BAT und die hierzu abgeschlossenen Zusatztarifverträge in der jeweils gültigen Fassung gelten. Damit wollte die Rechtsvorgängerin der Beklagten in ihrem Betrieb das im öffentlichen Dienst geltende Tarifwerk - vorbehaltlich anderer Bestimmungen des Arbeitsvertrages hinsichtlich der günstigeren Urlaubsregelung in Nr. 8 und der Zusatzversorgung des Arbeitnehmers in Nr. 9 - anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung nachvollziehen. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind(BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338, 343; s. auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, NZA 2010, 401). Dass die Bezugnahme - jedenfalls im Rahmen des Bezugsobjekts BAT - dynamisch sein sollte, ist zwischen den Parteien nicht streitig und wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.

18

(2) Die Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut allerdings nicht den den BAT ersetzenden TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge. Der TV-L ist keine „gültige Fassung“ des BAT. Nr. 2 des Arbeitsvertrages ist zeitdynamisch ausgestaltet, jedoch nicht inhaltsdynamisch(so auch BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154).

19

Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war(dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154 ), nicht in den Arbeitsvertrag der tarifungebundenen Parteien aufgenommen.

20

Ein anderes folgt nicht aus § 2 Abs. 1 TVÜ-L. Mit dieser Bestimmung werden ua. der BAT sowie der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 durch den TV-L ersetzt. Die Tarifvertragsparteien haben zu § 2 Abs. 1 TVÜ-L zwar eine Niederschriftserklärung abgegeben, nach der sie davon ausgehen, dass der TV-L und der TVÜ-L das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten. Diese von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten erfolgte Niederschriftserklärung ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel aber ohne Bedeutung(so auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15, NZA 2010, 401).

21

b) Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge ergibt sich allerdings aufgrund einer ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält infolge einer Tarifsukzession eine spätestens am 1. November 2006 nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

22

aa) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

23

(1) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist(BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, AP BetrAVG § 2 Nr. 60). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt (BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO). Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO).

24

(2) Danach ist die Bestimmung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages lückenhaft.

25

Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

26

Die Parteien haben allerdings bei Abschluss des Arbeitsvertrages die nun tatsächlich eingetretene Situation nicht bedacht, dass nämlich das dynamisch in Bezug genommene Regelwerk des BAT nicht mehr fortgeführt werden könnte. Für diesen Fall fehlt deshalb eine Regelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages. Durch die weitestgehende Ersetzung des BAT für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-Bund]; § 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA], jew. vom 13. September 2005) und für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L vom 12. Oktober 2006 nach § 2 TVÜ-L ist der Vertrag spätestens seit dem 1. November 2006 lückenhaft geworden.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision kann eine nachträgliche Regelungslücke nicht deshalb verneint werden, weil der BAT noch fortbestehe und mit seinem - statischen - Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien noch regeln könne. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar. Es träte eine statische Fortgeltung der bereits heute überholten tariflichen Rechtslage des Jahres 2003 ein. Der ersichtliche Regelungswille der Parteien betraf die Einbeziehung der tariflichen Regelungen im öffentlichen Dienst für die Angestellten in ihrer jeweiligen Entwicklung. Für die von dem in Bezug genommenen BAT unmittelbar erfassten Arbeitsverhältnisse hat sich die typischerweise an die tatsächliche Entwicklung angepasste Tarifentwicklung fortgesetzt. Es sind die Nachfolgetarifverträge zum BAT an dessen Stelle getreten.

28

(4) Eine Lücke kann nicht deshalb verneint werden, weil die Vertragsparteien - wie die Revision es anführt - sich mit der vertraglichen Bezugnahme nur an den jeweiligen BAT binden wollten, die Dynamik aber nicht mehr zum Tragen kommen sollte, wenn es zu verschiedenen Nachfolgetarifverträgen kommen sollte. Für eine solche beiderseitige Vorstellung fehlt es sowohl in der vertraglichen Regelung als auch im Übrigen an Anhaltspunkten. Hiergegen spricht zudem, dass die Parteien, wie es das Landesarbeitsgericht für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt hat, eine fehlende Fortführung des BAT nicht bedacht haben, also gerade von dessen ununterbrochener Fortsetzung ausgegangen sind. Nur wenn die Parteien die tatsächliche Entwicklung bedacht hätten, könnte überhaupt von einem diesbezüglichen Regelungswillen ausgegangen werden, wie ihn die Beklagte geltend macht. Nur in diesem Fall könnte es entgegen der in der Bezugnahmeklausel vereinbarten Dynamik bei einer - nunmehr im Ergebnis statischen - Anwendung des BAT verbleiben und es deshalb an einer Vertragslücke fehlen.

29

(5) Ohne Erfolg ist auch der weitere Einwand der Beklagten, der BAT gelte nach wie vor in Berlin und - jedenfalls bis Ende des Jahres 2009 bis zum Inkrafttreten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen vom 1. September 2009 am 1. Januar 2010 - in Hessen. Sowohl die Beklagte als auch ihre Rechtsvorgängerin sind und waren in Hamburg ansässig. Anhaltspunkte dafür, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel beziehe sich hinsichtlich ihrer Dynamik nicht auf die Entwicklung, wie sie die Tarifvertragsparteien des BAT durch dessen Ersetzung mittels der Nachfolgetarifverträge TVöD und TV-L gestaltet haben, sondern lediglich auf die in den beiden von ihr genannten Ländern, die selbst nicht unmittelbar Tarifvertragspartei des BAT gewesen sind, entstandene, sind weder der vertraglichen Vereinbarung zu entnehmen noch sonst vorgetragen oder ersichtlich.

30

bb) Die mit der Ersetzung des BAT durch den TV-L spätestens am 1. November 2006 entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien den TV-L und die zu diesem geschlossenen Zusatztarifverträge in Bezug genommen hätten.

31

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre(etwa BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, NZA 2010, 401 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182; BGH 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99 - zu B II 2 b aa der Gründe, BGHZ 151, 229; 13. November 1997 - IX ZR 289/96 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 137, 153). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur am Willen und Interesse der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a, d der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

32

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerkes das nachfolgende tarifliche Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der hier vorliegenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach(oben unter aa [2]). Weiterhin hätten die Vertragsparteien von den nach der Tarifsukzession in Betracht kommenden Tarifwerken des öffentlichen Dienstes die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart.

33

(a) Die Parteien hätten, wenn sie die im Bereich des BAT in den Jahren 2005 und 2006 eingetretene Tarifsukzession vorhergesehen hätten, die an die Stelle des BAT nachfolgenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes vereinbart.

34

(aa) Die Parteien haben die nähere Ausgestaltung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses - mit Ausnahme der Regelungsbereiche betriebliche Altersversorgung und Erholungsurlaub - mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk des BAT für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Allein die im Arbeitsvertrag abweichend vereinbarte Regelung hinsichtlich einer Zusatzversicherung beim Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V. (VBLU) sowie die gegenüber dem BAT für den Kläger günstigere Urlaubsregelung hindert entgegen der Auffassung der Beklagten eine solche Annahme nicht. Es handelt sich vorliegend nicht um eine besondere Verwendung einer Verweisung auf lediglich einzelne Bestimmungen des BAT, die mit anderen arbeitsvertraglichen Regelungen auch innerhalb einzelner Regelungsbereiche verknüpft werden, sondern - mit Ausnahme der Bestimmungen in Nr. 8 und 9 des Arbeitsvertrages - um eine pauschale Anknüpfung an das in Nr. 2 genannte Tarifwerk hinsichtlich aller weiteren wesentlichen Arbeitsbedingungen und damit an die allgemein für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen. Die Beklagte hat - anders als in der besonders gelagerten und vom vorliegenden Rechtsstreit abweichenden Fallgestaltung in der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - ZTR 2010, 154) - nicht mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden.

35

Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine tiefgreifende inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrages. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 24, NZA 2010, 401). Deshalb greift auch der Einwand der Beklagten nicht, die Parteien hätten sich nicht an ein ihnen unbekanntes Tarifwerk binden wollen.

36

(bb) Entgegen der Auffassung der Revision steht dem nicht entgegen, dass es sich bei der vertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel nicht um eine sog. Tarifwechselklausel oder große dynamische Verweisungsklausel handelt.

37

Bei der Ersetzung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich bereits nicht um einen Tarifwechsel iSd. Rechtsprechung des Senats zu arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln, sondern um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages(ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41). Schon deshalb ist eine sog. Tarifwechselklausel für den Klageerfolg nicht erforderlich. Im Übrigen dürfte es bei Vereinbarung einer wirksamen sog. Tarifwechselklausel regelmäßig schon an einer Lücke als Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung fehlen (vgl. BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 ff. mwN, BAGE 124, 34). Es führt in einem solchen Fall bereits die Vertragsauslegung zur Inbezugnahme jedenfalls der an die Stelle des BAT tretenden Nachfolgetarifverträge.

38

(b) Aufgrund der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 weitgehend gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in die tariflichen Regelungen des TVöD(Bund und Kommunen) und des TV-L ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung weiterhin zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages maßgebend sein soll, also welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie die eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten. Das ist vorliegend das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

39

(aa) Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Lässt sich aus dieser - wie hier - nicht zweifelsfrei feststellen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke nunmehr Anwendung finden soll, ist dies nach Sinn und Zweck einer Inbezugnahme tariflicher Regelungen zu ermitteln. Der Zweck der dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden(zur Inbezugnahme der Vergütungsregelungen des BAT BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26, NZA 2010, 401).

40

(bb) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend sind, bestehen keine Anknüpfungspunkte, die eine Beziehung der Arbeitsvertragsparteien zum Bund oder den Gemeinden ergeben könnten. Deshalb ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeitsvertragsparteien, wäre ihnen eine künftige Tarifsukzession bekannt gewesen, die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart hätten.

41

Fehlt es an Hinweisen, die eine Orientierung an den tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes für die Angestellten des Bundes oder der durch die VKA vertretenen kommunalen Arbeitgeberverbände und ihrer Mitglieder erkennen lassen, kann nicht angenommen werden, dass die Parteien die für diesen Bereich geltenden Nachfolgeregelungen vereinbart hätten. Deshalb kann bei den drei hier in Betracht kommenden Nachfolgetarifverträgen des BAT nicht angenommen werden, der TVöD für den Bereich des Bundes oder für den der Kommunen wäre vereinbart worden. Insoweit macht auch die Revision nicht - wenigstens hilfsweise - geltend, bei einer ergänzenden Vertragsauslegung könne der TVöD zur Anwendung kommen.

42

(cc) Soweit die Revision anführt, die Parteien hätten entgegen den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht übereinstimmend erklärt, die Regelungen des TV-L und des TVÜ-L seien die sachnäheren Regelungswerke, ist diese Rüge jedenfalls unerheblich. Denn unabhängig davon ergibt sich aus den vorstehend angeführten Gründen bereits eine Bezugnahme des TV-L und des TVÜ-L einschließlich der entsprechenden Zusatztarifverträge im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.

43

Darüber hinaus hat die Beklagte in dem von der Revision angeführten Vorbringen in der Berufungsinstanz keinen der Feststellung des Landesarbeitsgerichts entgegenstehenden Sachvortrag gehalten. Soweit sie dort geltend gemacht hat, bereits der BAT führe zu „nicht mehr marktgerecht hohen Gehältern insbesondere durch seine diversen Zulagen“, weshalb ein „Einfrieren selbstverständlich folgerichtig“ sei, und weiterhin anführt, der TV-L bedeute „durch seine Übergangsregelungen einen Kostenanstieg“, wendet sie sich nicht gegen die Sachnähe des TV-L, sondern gegen das Vergütungsniveau des öffentlichen Dienstes insgesamt. Dieser Einwand richtet sich sowohl gegen den unstreitig in Bezug genommenen BAT als auch den TV-L. Diese Argumentation ließe sich gleichermaßen gegen den TVöD als Nachfolgeregelung anführen. Ein Argument für oder gegen die größere Sachnähe eines bestimmten Nachfolgetarifvertrages des BAT im Verhältnis zu einem anderen Nachfolgetarifvertrag ergibt sich daraus nicht. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Annahme der Revision bei seiner Beweiswürdigung - genauer: der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme -, die durch das Revisionsgericht nur beschränkt auf die Wahrung der Voraussetzungen und Grenzen von § 286 ZPO überprüfbar ist(BAG 12. März 1997 - 5 AZR 766/95 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 85, 237; 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - Rn. 38, AP BErzGG § 15 Nr. 43 = EzA BErzGG § 15 Nr. 14; 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 45), keinen Vortrag der Beklagten als wesentlichen Gesichtspunkt unberücksichtigt gelassen.

44

(dd) Ein anderes ergibt sich nicht aus dem von der Beklagten angeführten Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des BAT auf Arbeitgeberseite nicht mehr in gleicher Form an(nur) einem Nachfolgetarifvertrag beteiligt sind. Der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel kann nicht entnommen werden, dass ihre Dynamik dann entfallen soll, wenn auf Arbeitgeberseite nicht mehr alle Tarifvertragsparteien beteiligt sein sollten. Die von der Beklagten angeführten unterschiedlichen Arbeitszeit- und Sonderzahlungsregelungen im Bereich des TVöD gegenüber denen im Bereich des TV-L stehen in Anbetracht der geringen Unterschiede zwischen den beiden Tarifwerken einer unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben erfolgenden ergänzenden Vertragsauslegung einer dynamischen Bezugnahmeklausel, die die Arbeitsvertragsbedingungen ja von vornherein an sich ändernde Tarifbestimmungen koppelt, nicht entgegen.

45

(ee) An der Richtigkeit der vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung ändert auch der Einwand der Revision nichts, der TV-L enthalte anders als der BAT nur „rudimentäre“ Bestimmungen zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft, es sei für die Beklagte aber essentiell gewesen, wegen solcher Regelungen die Bezugnahme des BAT zu vereinbaren, solange alle drei Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite einen gemeinsamen Tarifvertrag ausgehandelt hätten, seien auch die Interessen derjenigen Arbeitgeber bedacht worden, die auf Bereitschaftszeitregelungen angewiesen seien.

46

Hierbei handelt es sich um einen nach § 559 Abs. 1 ZPO in der Revisionsinstanz unzulässigen neuen Tatsachenvortrag. Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht näher dargetan, inwieweit die Regelungen zum Bereitschaftsdienst, die § 7 Abs. 3 TV-L enthält, für ihren Betrieb von den Bestimmungen des § 15 Abs. 6a BAT iVm. Nr. 5 SR 2b BAT derart abweicht, dass nicht mehr von einer dem ursprünglichen Vertragswillen ergänzend zu entnehmenden Bezugnahme des TV-L ausgegangen werden kann. Hinsichtlich der von der Revision in diesem Zusammenhang erstmals angeführten Regelungen zur Vergütung von Bereitschaftsdienst gelten zudem nach § 8 Abs. 6 Satz 2 TV-L „die in dem jeweiligen Betrieb/der jeweiligen Verwaltung/Dienststelle am 31. Oktober 2006 jeweils geltenden Bestimmungen fort“, bis das „Entgelt für Bereitschaftsdienst … durch besonderen Tarifvertrag“ nach Satz 1 der tariflichen Bestimmung geregelt ist.

47

(c) Entgegen der Auffassung der Revision kann schließlich nicht angenommen werden, die Arbeitsvertragsparteien hätten bei Kenntnis der weiteren Entwicklung auf den Tarifvertrag für die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V.(TV AVH vom 19. September 2005, derzeit idF vom 28. Oktober 2008) oder den Kirchlichen Tarifvertrag Diakonie (KTD vom 15. August 2002, derzeit idF vom 16. März 2009) verwiesen.

48

(aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, die Arbeitsvertragsparteien hätten den TV AVH vereinbart, ist nach den genannten Grundsätzen nicht möglich. Die Parteien haben bereits dessen Vorläuferregelung, den MTV Angestellte(vom 1. August 1961, in der Neufassung vom 23. März 1993), nicht in der arbeitsvertraglichen Abrede aus dem Jahre 1995 in Bezug genommen, sondern den auf Arbeitgeberseite von Bund, Ländern und Kommunen geschlossenen BAT. Deshalb kann nicht angenommen werden, sie hätten zum maßgebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Fall, dass sie die Lückenhaftigkeit der Vertragsregelung erkannt hätten, die Anwendung eines Tarifwerks vereinbart, an dem auf Arbeitgeberseite ein anderer Vertragspartner beteiligt ist.

49

(bb) Gleiches gilt für den von der Beklagten angeführten KTD. Auch hier handelt es sich um einen von einem anderen Arbeitgeberverband - dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien - geschlossenen Tarifvertrag, der zudem zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses noch nicht existierte.

50

2. Begründet ist auch der Klageantrag zu 2). Der Anspruch auf die geltend gemachte Einmalzahlung ergibt sich aus der Bezugnahmeregelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ.

51

a) Nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ werden mit den Bezügen für den Monat Januar 2007 in den Entgeltgruppen E 9 bis E 12 als Einmalzahlung 210,00 Euro ausgezahlt. Der Kläger, der nach der VergGr. Vb BAT vergütet wurde, ist nach § 3, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L iVm. der Anlage 2(Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 31. Oktober 2006/1. November 2006 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung), Teil A, der Entgeltgruppe 9 TV-L zugeordnet und kann daher diesen Betrag beanspruchen.

52

b) Der Kläger hat die Einmalzahlungen rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TV-L geltend gemacht. Die mit den Bezügen für Januar 2007 auszuzahlende Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ hat der Kläger mit der am 10. Juli 2007 der Beklagten zugestellten Klageerweiterung geltend gemacht und so die sechsmonatige Frist ab Fälligkeit des Anspruchs gewahrt. In der Zustellung der Klageerweiterung an die Beklagte liegt hinsichtlich der Einmalzahlung eine rechtzeitige schriftliche Geltendmachung(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 34, NZA 2010, 401; s. auch BAG 9. Juli 2008 - 5 AZR 518/07 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 21 = EzA ZPO 2002 § 249 Nr. 1).

53

c) Der Zinsanspruch für die Einmalzahlung ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

54

III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Görgens    

        

    Th. Hess    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 23. Juni 2009 - 5 Sa 91/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Zeiten, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind, für die Stufenlaufzeit nach einer Höhergruppierung.

2

Die 1976 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit 1997 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Vereinbarung zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung, seit dem 1. April 2006 der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) vom 5. Oktober 2000. Bei ihrer Überleitung in den TV-V wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe 8 Stufe 1 TV-V eingruppiert.

3

Durch Änderungsvertrag vom 22. September 2006 vereinbarten die Parteien mit Wirkung zum 1. Dezember 2006 die Beförderung der Klägerin zur Controllerin. Die Klägerin wurde in die Entgeltgruppe 10 Stufe 1 höhergruppiert. Seitdem erhielt sie ein monatliches Tabellenentgelt von 2.704,42 Euro statt zuvor 2.366,38 Euro.

4

Die maßgeblichen Bestimmungen des TV-V lauten:

        

㤠4

        

Betriebszugehörigkeit

        

Betriebszugehörigkeit ist die bei demselben Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit.

        

§ 5

        

Eingruppierung

        

(1)     

1Der Arbeitnehmer ist entsprechend seiner mindestens zur Hälfte regelmäßig auszuübenden Tätigkeit in einer Entgeltgruppe nach Anlage 1 eingruppiert. ...

        

(2)     

1Die Entgeltgruppen 2 bis 15 sind in sechs Stufen aufgeteilt. 2Beginnend mit der Stufe 1 erreicht der Arbeitnehmer die jeweils nächste Stufe innerhalb seiner Entgeltgruppe unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit (§ 4) nach folgenden Zeiten:

                 

Stufe 2 nach zwei Jahren in Stufe 1,

        
                 

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

        
                 

Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

        
                 

Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4,

        
                 

Stufe 6 nach vier Jahren in Stufe 5.

        
                 

3Förderliche Zeiten können für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden. 4Bei Leistungen, die erheblich über dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in den Stufen verkürzt werden. 5Bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in jeder Stufe einmal bis zur Hälfte verlängert werden. ...“

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre seit dem 1. April 2006 in der Stufe 1 der Entgeltgruppe 8 zurückgelegte Stufenlaufzeit müsse auch nach ihrer Höhergruppierung berücksichtigt werden. Sie habe deshalb bereits seit dem 1. April 2008 und nicht erst seit dem 1. Dezember 2008 der Stufe 2 der Entgeltgruppe 10 zugeordnet werden müssen. Maßgeblich für die Stufenzuordnung sei allein die Betriebszugehörigkeit. Das ergebe sich aus dem Verweis auf § 4 TV-V in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V. Würden die in der niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegten Stufenlaufzeiten nach einer Höhergruppierung nicht berücksichtigt, so verdiene der beförderte Arbeitnehmer unter Umständen weniger, als wenn er in der niedrigeren Entgeltgruppe verblieben wäre und dort früher in die nächste Stufe aufgestiegen wäre. Diese unbillige Härte könne durch entsprechende Auslegung des Tarifvertrags vermieden werden.

6

Die Klägerin hat zuletzt unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Klägerin bereits in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. November 2008 in die Stufe 2 der Entgeltgruppe 10 TV-V eingruppiert war,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.658,82 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 5. November 2008 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V könnten nur Zeiten in derselben Entgeltgruppe für den Stufenaufstieg berücksichtigt werden.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision beantragt die Klägerin hilfsweise

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin bereits in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. November 2008 nach der Entgeltgruppe 10, Stufe 2 TV-V zu vergüten.

9

Sie trägt zur Begründung ihrer Revision vertiefend vor, es müsse sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer in jedem Fall nach einer Höhergruppierung eine höhere Vergütung als zuvor erhalte. Die Regelung umgehe andernfalls den Änderungskündigungsschutz gemäß § 2 KSchG und verstoße gegen den Gleichheitssatz sowie gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

11

A. Die Feststellungsklage ist zulässig.

12

I. Dem Wortlaut nach richtet sich der in den Tatsacheninstanzen gestellte Antrag auf die Feststellung, dass die Klägerin in eine bestimmte Stufe „eingruppiert“ ist. Damit begehrt die Klägerin nicht die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern die Klärung einzelner Voraussetzungen eines solchen, die noch keine konkreten Verpflichtungen der Beklagten auslösen. Ein derartiger Antrag wäre unzulässig (BAG 2. Juli 2008 - 4 AZR 392/07 - Rn. 13; 16. April 1997 - 4 AZR 270/96 - AP MTVAng-LV § 22 Nr. 1 = EzBAT BAT § 23b Nr. 8). Bei gebotener Auslegung ist jedoch bereits der in den Tatsacheninstanzen gestellte Feststellungsantrag dahin zu verstehen, dass die Klägerin im Wege der Eingruppierungsfeststellungsklage die Feststellung einer konkreten Vergütungsverpflichtung der Beklagten verlangt. Das hat sie mit dem erstmals in der Revisionsinstanz gestellten Hilfsantrag klargestellt. Eine derartige Klarstellung ist keine Klageänderung und darum auch in der Revisionsinstanz noch uneingeschränkt zulässig (vgl. Senat 5. Februar 2009 - 6 AZR 114/08 - Rn. 12, BAGE 129, 284).

13

II. In dieser Auslegung ist der Feststellungsantrag zulässig.

14

1. Allerdings fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit der Antrag den Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 30. September 2008 erfasst, für den die Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen der von ihr erhaltenen und der begehrten Vergütung beziffert geltend macht. Sie hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgten Zahlungen hinausgehende Interesse für diesen Zeitraum an der begehrten Feststellung besteht (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 347/08 - Rn. 12; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 18, BAGE 124, 240).

15

2. Die Klage ist insoweit jedoch als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

16

a) Die Zwischenfeststellungsklage trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 322 ZPO nur die Entscheidung über den Klageanspruch, nicht aber auch über das ihn bedingende Rechtsverhältnis in Rechtskraft erwächst und demgemäß ein späterer Rechtsstreit derselben Parteien über weitere auf das vorgreifliche Rechtsverhältnis gestützte Ansprüche zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte. Mit ihr wird ein Element aus der Gesamtentscheidung, das geeignet ist, über den konkreten Einzelfall hinaus Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für mögliche Folgestreitigkeiten herzustellen, mit eigener Rechtskraft versehen. Das für eine solche Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt darum nur dann vor, wenn das inzidenter ohnehin zu klärende streitige Rechtsverhältnis noch über den gegenwärtigen Prozess hinaus zwischen den Parteien Bedeutung hat oder jedenfalls gewinnen kann. Diese Vorgreiflichkeit macht das für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich. Werden mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien mit Rechtskraftwirkung erschöpfend geregelt, ist bzw. wird die Zwischenfeststellungsklage unzulässig (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 20, BAGE 124, 240; BGH 28. September 2006 - VII ZR 247/05 - Rn. 12, BGHZ 169, 153).

17

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Feststellungsantrag für die Zeit der Überschneidung mit der bezifferten Leistungsklage als Zwischenfeststellungsklage zulässig. Das danach festzustellende Rechtsverhältnis ist mit der Entscheidung über die Leistungsklage nicht erschöpfend geklärt. Die Frage, ob die Klägerin bereits seit April 2008 eine Vergütung aus der Stufe 2 der Entgeltgruppe 10 verlangen konnte, wirkt sich auch auf den Zeitpunkt ihres Aufstiegs in die höheren Stufen dieser Entgeltgruppe aus. Darauf hat die Klägerin zutreffend hingewiesen. Damit sind Rechtsfolgen aus der begehrten Feststellung möglich, die über das mit der erfolgreichen Leistungsklage Erreichte hinausgehen (vgl. für die Bejahung der Vorgreiflichkeit bei Eingruppierungsfeststellungsklagen BAG 23. September 2009 - 4 AZR 347/08 - Rn. 12; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 21, BAGE 124, 240; 24. April 1996 - 4 AZR 876/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 1).

18

3. Hinsichtlich der Monate Oktober und November 2008, für die die Klägerin keine Leistungsklage erhoben hat, ist die Klage als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 347/08 - Rn. 12; 24. April 1996 - 4 AZR 876/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 1). Das gilt ungeachtet des Umstands, dass sie sich auf einen abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit bezieht. Der erforderliche Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil anstrebt. Ist das angestrebte Feststellungsurteil wie hier auch geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden, liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor (Senat in st. Rspr. seit Urteil vom 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 13, AP BGB § 241 Nr. 4).

19

B. Die Klage ist unbegründet.

20

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V die Stufenlaufzeit nach einer Höhergruppierung in der Stufe, der der Arbeitnehmer in der höheren Entgeltgruppe zugeordnet worden ist, neu zu laufen beginnt. Stufenlaufzeiten, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind und die dort noch nicht zu einem Stufenaufstieg geführt haben, werden bei einer Höhergruppierung nicht mitgenommen (ebenso Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 5 TV-V Rn. 26, 37 ff.).

21

1. § 5 Abs. 2 TV-V enthält - anders als zB § 17 Abs. 4 TVöD - keine ausdrückliche Regelung für die Stufenzuordnung nach einer Höhergruppierung. Der TV-V bestimmt zum einen nicht ausdrücklich, welcher Stufe Arbeitnehmer unmittelbar nach der Höhergruppierung zuzuordnen sind, ob also etwa ein Arbeitnehmer, der in der Entgeltgruppe 8 der Stufe 6 zugeordnet war, nach seiner Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9 dort der Stufe 1 zuzuordnen ist (für die Mitnahme der Stufe ohne Begründung Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 5 TV-V Rn. 26; für eine Zuordnung zu einer höheren Stufe als der Stufe 1 nur über § 5 Abs. 2 Satz 3 TV-V Herzberg/Schlusen TV-V Stand Dezember 2010 Kapitel B Rn. 18). Zum anderen fehlt es an einer Regelung darüber, wie sich nach der Höhergruppierung die Stufenlaufzeit berechnet, ob also die Stufenlaufzeit aus der Stufe, der der Arbeitnehmer zugeordnet worden ist, in der höheren Entgeltgruppe von Grund auf neu zu laufen beginnt oder ob dafür noch die Stufenlaufzeiten aus der niedrigeren Entgeltgruppe, die dort noch nicht zu einem Stufenaufstieg geführt haben, Berücksichtigung finden. Die Klägerin ist nach ihrer Höhergruppierung derselben Stufe zugeordnet worden wie in ihrer früheren Entgeltgruppe. Darum stellt sich die Frage nach der „Mitnahme“ der Stufe aus einer niedrigeren Entgeltgruppe im vorliegenden Rechtsstreit nicht. Streitbefangen ist allein die Berücksichtigung der „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten. Das berücksichtigt die Klägerin bei ihrer Argumentation nicht durchgehend.

22

2. § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V legt fest, dass der Arbeitnehmer die jeweils nächste Stufe „innerhalb seiner Entgeltgruppe“ nach Ablauf der in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V genannten Stufenlaufzeiten „unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit“ nach § 4 TV-V erreicht. Die Laufzeit der Stufe in der jeweiligen Entgeltgruppe bestimmt sich also nach zwei Tatbestandsmerkmalen, die kumulativ erfüllt sein müssen.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Merkmal „innerhalb seiner Entgeltgruppe“ nach einer Stufenzuordnung des Arbeitnehmers in der höheren Entgeltgruppe die Berücksichtigung von Zeiten, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind, für die Stufenlaufzeit ausschließt. Insoweit ist der Wortlaut der Vorschrift eindeutig. Entgegen der Auffassung der Revision soll damit nicht nur klargestellt werden, dass der Arbeitnehmer die nächste Stufe in der Entgeltgruppe erreicht, in der er sich aktuell befindet. Einer derartigen Klarstellung bedarf es nicht. Folgte man dem Verständnis der Klägerin, wäre die Einschränkung „in seiner Entgeltgruppe“ überflüssig. Aus dieser Formulierung ergibt sich jedoch, dass nach der Zuordnung zu einer Stufe der höheren Entgeltgruppe für den weiteren Stufenaufstieg des Arbeitnehmers nur die Stufenlaufzeit in „seiner“ Entgeltgruppe zählen soll. „Seine“ Entgeltgruppe ist allein die aktuell maßgebliche des Arbeitnehmers, also die Entgeltgruppe, in die er seit seiner Höhergruppierung eingruppiert ist. Für den Aufstieg in den Stufen der höheren Entgeltgruppe zählt daher allein die in dieser Entgeltgruppe zurückgelegte Zeit.

24

b) Aus dem zweiten Tatbestandsmerkmal, der Betriebszugehörigkeit, folgt nichts anderes. Die Annahme der Revision, in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V komme die Grundregel zum Ausdruck, dass die Entgeltstufensteigerung ausschließlich von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig sei, lässt sich mit dem ersten Tatbestandsmerkmal der Vorschrift, wonach allein die in der aktuellen Entgeltgruppe zurückgelegte Stufenlaufzeit für den Stufenaufstieg maßgeblich ist, nicht vereinbaren. Der Verweis auf § 4 TV-V soll, wie bereits das Landesarbeitsgericht mit Recht ausgeführt hat, lediglich klarstellen, dass nur die Zeiten beim aktuellen Arbeitgeber, nicht aber die bei einem anderen Arbeitgeber maßgeblich sind. Nur diese Auslegung bringt beide Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V in Einklang, während die Klägerin mit ihrer Auffassung das Merkmal „in seiner Entgeltgruppe“ ausblenden muss. Insoweit gilt nichts anderes als bei § 16 Abs. 3 TVöD (VKA). Danach erreichen die Beschäftigten nach bestimmten Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit „innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber“ die nächste Stufe. Für diese Regelung hat der Senat bereits entschieden, dass für den weiteren Stufenaufstieg nur die nach der erstmaligen Zuordnung zu einer Entgeltgruppe des TVöD zurückgelegte Zeit maßgeblich ist, ohne dass daran der Bezug auf die Zeit der Beschäftigung bei „ihrem Arbeitgeber“ etwas ändert (Senat 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 15, AP TVöD § 5 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 7 Nr. 3).

25

3. Der Zweck der mit dem TV-V erstmals in einem Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes eingeführten Entgeltstufen bestätigt dieses Auslegungsergebnis und beseitigt etwaige verbliebene Auslegungszweifel.

26

a) Die Entgeltstufen des TV-V knüpfen, wie die in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V festgelegten Stufenlaufzeiten zeigen, an die zunehmende Erfahrung des Arbeitnehmers bei Ausübung seiner Tätigkeit an. Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TV-V soll die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien sind offenkundig davon ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern (vgl. für die Entgeltstufen des TVöD Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 16 [VKA] Rn. 13 f.). Diese Annahme einer Produktivitätssteigerung durch Erfahrungsgewinn entspricht der Lebenserfahrung (vgl. BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 73/92 - zu III 2 c aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Milch-Käseindustrie Nr. 1 = EzA TVG § 4 Milchindustrie Nr. 1; vgl. auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 45, AP BAT-O § 23a Nr. 4). Erfahrungswissen kann auch nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses noch wachsen (BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375).

27

b) Die Berücksichtigung von Zeiten für den Stufenaufstieg, die in einer niedrigeren Entgeltgruppe zurückgelegt worden sind, würde diesem Zweck der Honorierung von Berufserfahrung widersprechen. Der höhergruppierte Arbeitnehmer muss in der Stufe, der er nunmehr zugeordnet ist, grundsätzlich erst die volle Laufzeit durchmessen, um die von den Tarifvertragsparteien für den weiteren Stufenaufstieg vorausgesetzte Erfahrung in dieser Stufe zu gewinnen, so dass die bei typisierender Betrachtung damit verbundene Verbesserung seiner Arbeitsleistung eintritt. In der höheren Entgeltgruppe beginnt also nach Zuordnung zu einer Stufe der Erfahrungsgewinn in dieser Stufe als Voraussetzung für den (weiteren) Stufenaufstieg in der höheren Entgeltgruppe von Neuem. Bei einer vom Durchschnitt abweichenden schnelleren Entwicklung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe ggf. nach § 5 Abs. 2 Satz 4 TV-V verkürzen.

28

4. Die Annahme der Revision, es könne nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprechen, dass Arbeitnehmer in einigen Entgeltgruppen und -stufen nach einer Höhergruppierung weniger verdienen würden, als wenn sie in der niedrigeren Entgeltgruppe verblieben und dort früher als in der höheren Gruppe in die nächste Stufe aufgestiegen wären, trägt nicht. Nach Wortlaut und Zweck der Norm haben die Tarifvertragsparteien die Wertigkeit der Arbeit eines höhergruppierten Arbeitnehmers in der ersten Zeit nach seiner Höhergruppierung in einzelnen Entgeltgruppen und -stufen als geringer angesehen als die eines eingearbeiteten Arbeitnehmers der niedrigeren Gruppe. Sie haben es in diesen Fällen für ausreichend erachtet, dass der Höhergruppierte erst im weiteren Verlauf des Aufstiegs in den Stufen seiner Entgeltgruppe einen Entgeltvorteil erzielt. Ob diese Annahme derartige Nachteile rechtfertigt, ist erst im Rahmen der Kontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts zu prüfen.

29

5. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Systematik des § 5 Abs. 2 TV-V und der von ihm angenommenen Korrekturmöglichkeit durch die Anrechnung förderlicher Zeiten nach § 5 Abs. 2 Satz 3 TV-V betreffen ebenso wie die dagegen gerichteten Angriffe der Revision allein die hier, wie ausgeführt, nicht streitbefangene Frage der Mitnahme der in der niedrigeren Entgeltgruppe erreichten Stufe bei einer Höhergruppierung.

30

Angesichts des eindeutigen Auslegungsergebnisses anhand von Wortlaut und Zweck des § 5 Abs. 2 TV-V bedarf es keines Rückgriffs auf weitere Auslegungskriterien mehr, insbesondere nicht auf die Tarifsystematik und die Tarifgeschichte. Sollten außerhalb der aktuellen Entgeltgruppe zurückgelegte Stufenlaufzeiten Berücksichtigung finden, hätten die Tarifvertragsparteien dies ausdrücklich regeln müssen.

31

6. Die von der Klägerin angemahnte gesetzes- bzw. verfassungskonforme Auslegung kommt angesichts der Eindeutigkeit des Auslegungsergebnisses nicht in Betracht. Dieser Grundsatz kann nur dann Anwendung finden, wenn mehrere Auslegungen möglich sind (vgl. BVerfG 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247, 274; 16. Juni 2009 - 1 BvR 2269/07 - Rn. 4, BauR 2009, 1424; BAG 23. Februar 2000 - 7 AZR 891/98 - zu B II 5 a der Gründe, AP MTL II § 62 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 1).

32

II. § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V ist mit höherrangigem Recht vereinbar, soweit diese Bestimmung anordnet, dass die Stufenlaufzeit nach einer Höhergruppierung in der Stufe, der der Arbeitnehmer in der höheren Entgeltgruppe zugeordnet worden ist, neu zu laufen beginnt.

33

1. § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V verletzt nicht das Verbot mittelbarer Altersdiskriminierung in § 3 Abs. 2 AGG iVm. § 1 AGG. § 5 TV-V knüpft nicht mehr wie die Vorgängervorschrift in § 27 BAT an das Lebensalter, sondern an die Berufserfahrung. Eine unmittelbare Altersdiskriminierung scheidet damit aus. Die Klägerin hat auch keine Indizien für eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters für den Personenkreis jüngerer Arbeitnehmer, dem sie angehört, dargelegt.

34

Im Entgeltsystem des TV-V besteht keine Korrelation zwischen Entgeltstufe und Lebensalter des Beschäftigten. Maßgeblich sind vielmehr Erfahrung, Leistung und Betriebszugehörigkeit (vgl. BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 378/09 - Rn. 22 für den TV-N NW). Das Verbot der mittelbaren Altersdiskriminierung steht dem Rückgriff auf das Kriterium der Berufserfahrung, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, als entgeltbestimmenden Faktor nicht per se entgegen (vgl. EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 34 f., Slg. 2006, I-9583 für Art. 141 EG). Die Klägerin hat keine Indizien dafür aufgezeigt, dass der Rückgriff auf den Erfahrungsgewinn als typisierenden Anknüpfungspunkt für eine Verbesserung der Arbeitsleistung, die mit einer Entgeltsteigerung innerhalb der Entgeltgruppe honoriert werden soll, ungeeignet ist. Sie beschränkt sich auf den Hinweis, dass ältere Arbeitnehmer, die höhergruppiert werden, möglicherweise den Verlust „angebrochener“ Stufenlaufzeiten nicht im gleichen Maße kompensieren könnten wie jüngere Arbeitnehmer. Die 1976 geborene Klägerin behauptet aber nicht, dass sie selbst im Lauf ihres Berufslebens den „Verlust“ von acht Monaten Stufenlaufzeit in der Stufe 1 der Entgeltgruppe 10 nicht mehr ausgleichen könnte.

35

Ohnehin reichte die von der Klägerin aufgezeigte subjektive Härte als Indiz für eine mögliche mittelbare Altersdiskriminierung durch den Verlust „angebrochener“ Stufenlaufzeiten nicht aus, denn diese steht mit dem von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziel, eine bessere Arbeitsleistung infolge größerer Berufserfahrung zu honorieren, in keinem Zusammenhang (vgl. zur Darlegungslast bei mittelbarer Diskriminierung EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 37 f., Slg. 2006, I-9583).

36

2. Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.

37

a) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - BAGE 129, 93).

38

b) § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V diskriminiert Arbeitnehmer, deren Stufenlaufzeiten aus einer niedrigeren Entgeltgruppe, die noch nicht zu einem Stufenaufstieg in der niedrigeren Entgeltgruppe geführt haben, nach einer Höhergruppierung nicht mehr berücksichtigt werden, nicht gleichheitswidrig.

39

aa) Die Revision weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Nichtberücksichtigung solcher „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten auch für die höhergruppierten Arbeitnehmer, die ihre in einer niedrigeren Entgeltgruppe erreichte Stufe „mitgenommen“ haben, zu vorübergehenden Entgeltnachteilen führen kann. Zu derartigen Nachteilen kommt es in den Stufen 2 und 3 der Entgeltgruppen 9 bis 14 sowie in der Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 5 TV-V Rn. 40). In diesen Entgeltgruppen und -stufen ist das Tabellenentgelt in der nächsthöheren Stufe der alten Entgeltgruppe höher als in der Stufe, der der höhergruppierte Arbeitnehmer auch bei Mitnahme seiner bisherigen Stufe zugeordnet worden ist. Ein höhergruppierter Arbeitnehmer hätte in diesen Fällen die nächsthöhere Stufe in seiner alten Entgeltgruppe früher erreicht als in der neuen Entgeltgruppe und hätte in der Zwischenzeit ein höheres Tabellenentgelt als in der neuen Entgeltgruppe erhalten. Durch den zeitversetzten Stufenaufstieg kommt es insoweit also vorübergehend zu Entgeltnachteilen.

40

bb) Die Klägerin hat keine derartigen Entgeltnachteile erlitten. Sie hat nach ihrer Höhergruppierung aus der Stufe 1 der Entgeltgruppe 8 in die Stufe 1 der Entgeltgruppe 10 ungeachtet des zeitversetzten Stufenaufstiegs durchgehend ein höheres Tabellenentgelt erzielt, als wenn sie in der Entgeltgruppe 8 verblieben wäre. Ihr Begehren geht letztlich dahin, einen noch höheren Verdienst durch den schnelleren Aufstieg in den Stufen der Entgeltgruppe 10 zu erzielen. Dies wird durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht gewährleistet.

41

cc) § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V diskriminiert aber auch die Arbeitnehmer nicht gleichheitswidrig, bei denen es durch den zeitversetzten Stufenaufstieg nach ihrer Höhergruppierung zu vorübergehenden Entgeltnachteilen kommt.

42

(1) Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 14, PersR 2010, 482). Danach fehlt es hier bereits an einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Personengruppen. Nach dem Konzept der Tarifvertragsparteien soll der Gewinn an Berufserfahrung zu einer nach Qualität und Quantität verbesserten Arbeitsleistung führen und diese bessere Arbeitsleistung durch den Aufstieg in den Stufen honoriert werden. Das bedingt zwingend, dass die hier allein streitbefangenen „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten in der höheren Entgeltgruppe nicht weiter zu berücksichtigen sind, sondern die Berufserfahrung in der Stufe, der der Arbeitnehmer nach seiner Höhergruppierung zugeordnet worden ist, „auf Null gesetzt“ wird. Der höhergruppierte Arbeitnehmer hat keine Berufserfahrung, die ihm in der Entgeltstufe, der er nach seiner Höhergruppierung zugeordnet worden ist, zugute kommen könnte. Nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien sind darum die Arbeitnehmer, die einen ununterbrochenen Erfahrungsgewinn in der niedrigeren Entgeltgruppe zu verzeichnen haben, und die Arbeitnehmer, deren Erfahrungsgewinn durch die Höhergruppierung unterbrochen worden ist, hinsichtlich der im Zeitpunkt der Höhergruppierung „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten von vornherein nicht zu vergleichen.

43

Auch die Revision nimmt lediglich an, dass der Arbeitnehmer, der eine höherwertige Tätigkeit verrichte, nicht nur gleich und erst recht nicht schlechter entlohnt werden dürfe als der Arbeitnehmer, der eine weniger anspruchsvolle Aufgabe erfülle, wenn beide sich hinsichtlich der Berufserfahrung auf derselben Stufe befänden. Sie blendet dabei aus, dass es nach der Annahme der Tarifvertragsparteien nach einer Höhergruppierung gerade an einer solchen Berufserfahrung „auf derselben Stufe“ fehlt. Im Übrigen ist bereits die Grundannahme der Klägerin unzutreffend: Einen allgemeinen Grundsatz, nach dem Beförderungen stets und sofort einen Vergütungsvorteil mit sich bringen müssten, gibt es nicht (vgl. Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - AP TVÜ § 4 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 4 Nr. 3 für die Beförderung zum Meister; 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1 für Nachteile durch die Herausnahme Beförderter aus dem allgemeinen Stufenaufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund zum 1. Oktober 2007; vgl. auch BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 637/09 - Rn. 26, ArztR 2010, 284 für ein Abstandsgebot von Chef- und Oberärzten).

44

(2) Schließlich wären die in einigen Entgeltgruppen und -stufen durch den zeitversetzten Stufenaufstieg eintretenden vorübergehenden Entgeltnachteile auch gerechtfertigt. Diese Entgeltnachteile folgen nicht unmittelbar aus der Nichtberücksichtigung der „angebrochenen“ Stufenlaufzeiten, sondern aus den von den Tarifvertragsparteien den einzelnen Stufen der unterschiedlichen Entgeltgruppen zugeordneten Beträgen. Auch die Revision streitet den Tarifvertragsparteien nicht das Recht ab, allein auf den Erwerb von Berufserfahrung innerhalb derselben Entgeltgruppe abzustellen und darum die Stufenlaufzeit aus niedrigeren Entgeltgruppen nicht zu berücksichtigen. Sie nimmt jedoch an, dass in diesem Fall garantiert werden müsse, dass ein höherer Verdienst erzielt werde. Ihre Rüge zielt damit auf das tarifliche Entgeltgefüge. Den staatlichen Gerichten ist wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie ein Eingriff in dieses Entgeltgefüge jedoch weitgehend verwehrt.

45

(a) Die autonome vergütungsrechtliche Bewertung einzelner Tätigkeiten ist integraler Bestandteil der Tarifautonomie. Der Möglichkeit staatlicher Gewalt einschließlich der Judikative, den Tarifvertragsparteien in diesem Bereich Vorgaben zu machen, sind enge Grenzen gezogen. Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen. Das schließt auch die Befugnis zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen. Haben solche Regelungen zur Folge, dass bestimmte Arbeitsplätze nicht mehr mit geeignetem Personal besetzt werden können, weil sie den in Frage kommenden Arbeitnehmern finanziell unattraktiv erscheinen, liegt es in der Hand der Tarifvertragsparteien, darauf mit Änderungen der von ihnen gefundenen Entgeltregelungen zu reagieren. Die Grenzen der Tarifautonomie sind auch in solchen Fällen erst dann überschritten, wenn anders als hier in einem einheitlichen Vergütungssystem oder in mehreren, von denselben Tarifvertragsparteien geschlossenen Tarifverträgen Arbeitnehmer, die identische Tätigkeiten verrichten, vergütungsrechtlich unterschiedlich behandelt werden (Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 19, 24, AP TVÜ § 4 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 4 Nr. 3).

46

(b) Danach sind die vorübergehenden Entgeltnachteile auch in den genannten Fällen noch hinzunehmen. Die Klägerin berücksichtigt bei ihrer Annahme, die Tarifvertragsparteien seien verpflichtet, höhergruppierten Arbeitnehmern eine Einkommensgarantie zu gewähren, nicht, dass es sich bei § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V nicht um eine Besitzstandsregelung zur Gewährleistung von Vertrauensschutz, sondern um eine Ausprägung des erstmals im öffentlichen Dienst eingeführten Leistungsprinzips handelt. Darüber hinaus führt die Tarifsystematik nicht unterschiedslos, sondern nur in bestimmten Entgeltgruppen und -stufen und nur für begrenzte Zeiträume zu geringfügigen Entgeltnachteilen, die langfristig bei typisierender Betrachtung durch den weiteren Aufstieg in den Stufen der höheren Entgeltgruppe oder den weiteren Aufstieg in noch höhere Entgeltgruppen nicht nur ausgeglichen werden, sondern zu einem höheren Verdienst als ohne Höhergruppierung führen. Derartige Nachteile sind mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar(vgl. Senat 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 32, AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1). Ob die Tarifvertragsparteien damit die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden haben, hat der Senat nicht zu prüfen. Jedenfalls haben sie mit der Nichtberücksichtigung „angebrochener“ Stufenlaufzeiten auch insoweit den ihnen unter Beachtung ihrer Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zukommenden Gestaltungsspielraum noch nicht überschritten, als es durch einen zeitversetzten Stufenaufstieg zu vorübergehenden Entgeltnachteilen kommen kann (Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12, PersR 2010, 482).

47

3. Auch § 2 KSchG steht § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V nicht entgegen. Zum einen berücksichtigt die Klägerin nicht, dass Arbeitnehmer zur Übernahme höherwertiger Tätigkeiten nicht verpflichtet sind und eine Vertragsänderung, die zu einer Höhergruppierung führt, nicht durch eine Änderungskündigung, sondern einvernehmlich erfolgt. Zum anderen verschlechtert sich durch den zeitversetzten Stufenaufstieg die Vergütung nicht sofort und dauerhaft, sondern allenfalls zum Zeitpunkt des fiktiven Aufstiegs in die nächsthöhere Stufe der alten Entgeltgruppe und auch dann nur vorübergehend.

48

III. Ob die Klägerin die begehrte Einstufung unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung förderlicher Zeiten (§ 5 Abs. 2 Satz 3 TV-V) verlangen könnte, kann dahinstehen. Sie hat dazu nichts vorgetragen.

49

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    U. Lauth    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. Mai 2013 - 11 Sa 984/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist seit April 2002 ununterbrochen - zunächst auf der Grundlage verschiedener befristeter Arbeitsverträge - bei der Beklagten beschäftigt. In ihren Arbeitsverträgen wurde auf die Tarifwerke des öffentlichen Dienstes (BAT und TVöD) verwiesen.

3

In den Jahren 2004 bis 2009 waren der Klägerin Tätigkeiten der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT übertragen worden. Mit Inkrafttreten des TVöD zum 1. Oktober 2005 wurde sie in die Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TVöD übergeleitet. Aufgrund erfolgreicher Bewährung erfolgte zum 1. Januar 2007 eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD.

4

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr befristetes Arbeitsverhältnis ende mit Ablauf des 31. Dezember 2009. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 wies sie darauf hin, dass die „Entfristung des derzeit befristeten Arbeitsvertrags nicht zielführend“, sondern „die Neubegründung des Arbeitsverhältnisses, basierend auf der neuen Beschäftigung“ angezeigt sei. Sofern sich die Klägerin damit einverstanden erkläre, solle „sie den anliegenden Arbeitsvertrag“ unterzeichnet zurücksenden.

5

Am 2. Dezember 2009 schlossen die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010, der auch eine Bezugnahmeklausel auf den TVöD, den TVÜ-Bund und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung enthält, und in dem eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 TVöD vereinbart wurde.

6

Bis zum 30. Juni 2010 wurde die Klägerin mit Tätigkeiten der VergGr. VII BAT beschäftigt und nach der Entgeltgruppe 5 Stufe 4 TVöD vergütet. Im Zeitraum von Juli 2010 bis November 2010 wurden ihr vorübergehend erneut höherwertige Tätigkeiten der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT übertragen, für deren Ausübung sie eine Zulage erhielt. Ab dem 1. Dezember 2010 wurden ihr diese Tätigkeiten dauerhaft übertragen. In der Folge erhielt sie ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TVöD.

7

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ab dem 1. Dezember 2010 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD und ab dem 1. Januar 2014 nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 5 TVöD zu. Sie habe aufgrund ihres erfolgreichen Bewährungsaufstiegs zum 1. Januar 2007 bereits die Entgeltgruppe 9, Stufe 4 TVöD erreicht. Dieser sei auch bei der Eingruppierung ab Dezember 2010 zu beachten. Jedenfalls habe sie Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 6, zumindest aber Stufe 5 TVöD.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr seit dem 1. Dezember 2010 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 4 TVöD und seit dem 1. Januar 2014 nach der Entgeltgruppe 9a, Stufe 5 TVöD zu zahlen sowie die anfallenden monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen den Entgeltgruppen 8, Stufe 3 TVöD und 9, Stufe 4 TVöD beginnend mit dem 1. Dezember 2010 und zwischen den Entgeltgruppen 8, Stufe 4 TVöD und 9a, Stufe 5 TVöD beginnend mit dem 1. Januar 2014 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

                 

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr seit dem 1. Dezember 2010 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 8, Stufe 6 TVöD zu zahlen sowie die anfallenden monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen den Entgeltgruppen 8, Stufe 3 TVöD und 8, Stufe 6 TVöD beginnend mit dem 1. Dezember 2010 und zwischen den Entgeltgruppen 8, Stufe 4 TVöD und 8, Stufe 6 TVöD beginnend mit dem 1. Januar 2014 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

                 

äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr seit dem 1. Dezember 2010 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 8, Stufe 5 TVöD zu zahlen sowie die anfallenden monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen den Entgeltgruppen 8, Stufe 3 TVöD und 8, Stufe 5 TVöD beginnend mit dem 1. Dezember 2010 und zwischen den Entgeltgruppen 8, Stufe 4 TVöD und 8, Stufe 5 TVöD beginnend mit dem 1. Januar 2014 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, § 8 TVÜ-Bund sei nicht anwendbar. Die Klägerin sei im Dezember 2010 nicht vom BAT in den TVöD übergeleitet, sondern neu eingruppiert worden. Im Übrigen werde sie zutreffend nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 8 TVöD vergütet.

10

Die Vorinstanzen haben die - zunächst teilweise auf Zahlung gerichtete - Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin unter Anpassung ihres Antrags an die zum 1. Januar 2014 in Kraft getretene Änderung des TVöD sowie unter Hinzufügung zweier Hilfsbegehren ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 bzw. 9a TVöD noch auf eines nach den Stufen 6 oder 5 der Entgeltgruppe 8 TVöD.

12

I. Die Klage ist mit den in der Revision gestellten Anträgen zulässig.

13

1. Nach § 559 Abs. 1 ZPO ist eine Klageänderung in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch hinsichtlich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Ausnahmen hiervon können in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO sowie dann gelten, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten oder von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden(vgl. nur BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 36 mwN).

14

2. Danach war im Streitfall die Änderung der Anträge in der Revisionsinstanz zulässig.

15

a) In dem Wechsel vom Leistungs- zum Feststellungsantrag bei unverändertem Sachverhalt und Klagegrund liegt lediglich eine - qualitative - Beschränkung des Klageantrags ohne Änderung des Klagegrundes iSd. § 264 Nr. 2 ZPO(BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 156/15 - Rn. 15), er verändert in einem solchen Fall nicht den Streitgegenstand (BAG 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 21). Eine Entscheidung über den insoweit geänderten Klageantrag lässt sich allein auf die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen stützen.

16

b) Soweit die Klägerin nunmehr auch die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Januar 2014 nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 5 TVöD zu vergüten und Zinsen aus dem Differenzbetrag zu der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD zu zahlen, stellt auch dies keine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung dar. Die Klägerin trägt mit der Antragsänderung erkennbar nur dem Umstand Rechnung, dass seit dem 1. Januar 2014 eine veränderte Entgelttabelle gilt.

17

aa) Die Unterteilung der Entgeltgruppe 9 TVöD in eine sog. „kleine“ Entgeltgruppe 9 TVöD mit verlängerten Stufenlaufzeiten und den Stufen 1 bis 4 und eine sog. „große“ Entgeltgruppe 9 TVöD mit regulären Stufenlaufzeiten und der Endstufe 5 ist entfallen. Die bisherige „kleine“ Entgeltgruppe 9 TVöD wurde zu einer eigenständigen Entgeltgruppe 9a TVöD mit regulären Stufenlaufzeiten und einem geringen materiellen Zugewinn. Die bisherige „große“ Entgeltgruppe 9 TVöD wurde zur Entgeltgruppe 9b TVöD ohne materielle Änderungen (vgl. Krämer/Reinecke ZTR 2014, 3, 14). Nach dem seit dem 1. Januar 2014 geltenden § 27 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund sind Beschäftigte der Entgeltgruppe 9, für die gemäß Anhang zu § 16 TVöD/Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung besondere Stufenregelungen gelten (hier nach Satz 1 Buchst. a), unter Beibehaltung der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in die Stufe der Entgeltgruppe 9a übergeleitet, deren Betrag dem Betrag ihrer bisherigen Stufe entspricht. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung ab 1. Januar 2014 aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund nach den §§ 12, 13 TVöD/Bund fand im Fall der Klägerin mangels einer Änderung der Tätigkeit nicht statt(vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 12).

18

bb) Danach handelt es sich lediglich um eine verfahrensrechtliche Anpassung des Antrags an die nach Beendigung der Berufungsinstanz geänderte tarifliche Regelung. Einer solchen steht die aus § 559 ZPO folgende grundsätzliche Unzulässigkeit einer Klageänderung in der Revisionsinstanz nicht entgegen(vgl. BAG 5. Mai 2015 - 1 AZR 765/13 - Rn. 40).

19

c) Auch mit den Hilfsanträgen wird die Klage nicht unzulässigerweise in der Revisionsinstanz erweitert. Sie waren bereits in den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen enthalten.

20

aa) Die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs erfasst grundsätzlich auch einen Anspruch, der als ein „Weniger“ in ihm enthalten ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 15; vgl. auch 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - Rn. 16). Aus § 308 Abs. 1 ZPO ergibt sich damit die Verpflichtung des Gerichts, bei Klagen, die sich auf eine bestimmte Eingruppierung stützen, auch ohne gesonderten Antrag zu prüfen, ob die Klage nicht insoweit teilweise begründet ist, als sie auf eine nicht ausdrücklich geltend gemachte - niedrigere - Entgeltgruppe gestützt werden kann. Das setzt jedoch voraus, dass es sich bei dem - möglicherweise - begründeten Teil der Klage um ein „Weniger“ und nicht um etwas anderes, dh. ein „aliud“, handelt (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 275/10 - Rn. 36 mwN). Im letzteren Fall bedarf es einer gesonderten prozessualen Geltendmachung durch mehrere Klageanträge (vgl. BAG 23. Oktober 2013 - 4 AZR 321/12 - Rn. 36; 25. Februar 2009 - 4 AZR 41/08 - Rn. 35, BAGE 129, 355). Ob es sich bei dem „geringeren“ Anspruch um ein „Weniger“ oder ein „aliud“ handelt, hängt von den konkreten Umständen und Ansprüchen sowie dem erkennbaren Begehren der klagenden Partei ab. Sie bestimmt den Streitgegenstand. Ihr darf vom Gericht nichts zugesprochen werden, was nicht beantragt wurde. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 41/08 - Rn. 34, aaO; 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - Rn. 17 mwN).

21

bb) Hiervon ausgehend handelt es sich bei den erstmals in der Revision angekündigten Hilfsanträgen um ein solches „Weniger“, welches bereits in dem früheren Hauptantrag der Klägerin als „minus“ enthalten war.

22

(1) Zwischen den Parteien besteht nur Streit darüber, ob die Klägerin ausgehend von einer Tätigkeit, die das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT erfüllt, nach den Regelungen des TVÜ-Bund in die Entgeltgruppe 8 TVöD oder - so die Auffassung der Klägerin - in die Entgeltgruppe 9 TVöD eingruppiert ist. Aus einer Verneinung einer Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe 9 TVöD folgt aber denknotwendig eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 TVöD. Deshalb erfordert die Entscheidung über die Hilfsanträge nicht die Beurteilung eines anderen Lebenssachverhalts, sondern lediglich die Anwendung von Tarifnormen auf den bereits dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung unterbreiteten Streitgegenstand.

23

(2) Zudem war für die Beklagte ausreichend erkennbar, dass die Klägerin jedenfalls eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 6, hilfsweise Stufe 5 TVöD begehrte. Sie hat mit ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich gerügt, die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TVöD sei selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts unzutreffend, da jegliche Vorbeschäftigungszeiten außer Acht blieben. Die Stufenzuordnung hätte zur Stufe 6 führen müssen. Mit ihrem Schriftsatz vom 7. Mai 2013 hat die Klägerin überdies ausgeführt, sie habe mindestens der Stufe 5 der Entgeltgruppe 8 TVöD zugeordnet werden müssen. Danach konnte die Beklagte ihre Verteidigung auf dieses Begehren einstellen, was sie auch mit ihrer Berufungserwiderung getan hat.

24

3. Auch im Übrigen begegnet die Zulässigkeit der Eingruppierungsfeststellungsklage keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO für die Anträge erforderliche Feststellungsinteresse. Mit der erstrebten Feststellung wird der Streit der Parteien über die zutreffende Stufenzuordnung und mit ihr die Berechnung der Vergütung auch zukunftsbezogen abschließend geklärt. Das Feststellungsinteresse besteht auch bezogen auf die gegenüber der Hauptforderung akzessorischen Zinsforderungen (vgl. zB BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 9 mwN).

25

II. Die Klage ist unbegründet.

26

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TVöD.

27

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung zunächst der BAT und nach der Überleitung zum 1. Oktober 2005 der TVöD und der TVÜ-Bund in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

28

b) Die hier maßgeblichen Tarifregelungen in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung des TVÜ-Bund lauten:

        

§ 8   

        

Bewährungs- und Fallgruppenaufstiege

        

(1)     

Aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O in eine der Entgeltgruppen 3, 5, 6 oder 8 übergeleitete Beschäftigte, die am 1. Oktober 2005 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben, sind zu dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in die nächsthöhere Entgeltgruppe des TVöD eingruppiert. Abweichend von Satz 1 erfolgt die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 5, wenn die Beschäftigten aus der Vergütungsgruppe VIII BAT/BAT-O mit ausstehendem Aufstieg nach Vergütungsgruppe VII BAT/BAT-O übergeleitet worden sind; sie erfolgt in die Entgeltgruppe 8, wenn die Beschäftigten aus der Vergütungsgruppe VIb BAT/BAT-O mit ausstehendem Aufstieg nach Vergütungsgruppe Vc BAT/BAT-O übergeleitet worden sind. Voraussetzung für die Höhergruppierung nach Satz 1 und 2 ist, dass

                 

-       

zum individuellen Aufstiegszeitpunkt keine Anhaltspunkte vorliegen, die bei Fortgeltung des bisherigen Rechts einer Höhergruppierung entgegengestanden hätten, und

                 

-       

bis zum individuellen Aufstiegszeitpunkt nach Satz 1 weiterhin eine Tätigkeit auszuüben ist, die diesen Aufstieg ermöglicht hätte.

                 

Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht in den Fällen des § 4 Abs. 2. Erfolgt die Höhergruppierung vor dem 1. Oktober 2007, gilt - gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Satzes 2 - § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 entsprechend.

        

…       

        

§ 17   

        

Eingruppierung

        

…       

        

(3)     

Mit Ausnahme der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 1 sind alle zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung stattfindenden Eingruppierungsvorgänge (Neueinstellungen und Umgruppierungen) vorläufig und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand. Dies gilt nicht für Aufstiege gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 3.

        

…       

        

(5)     

Bewährungs-, Fallgruppen- und Tätigkeitsaufstiege gibt es ab dem 1. Oktober 2005 nicht mehr; §§ 8 und 9 bleiben unberührt. Satz 1 gilt auch für Vergütungsgruppenzulagen, es sei denn, dem Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsgruppe der Allgemeinen Vergütungsordnung (Anlage 1a) ist eine Vergütungsgruppenzulage zugeordnet, die unmittelbar mit Übertragung der Tätigkeit zusteht; bei Übertragung einer entsprechenden Tätigkeit wird diese bis zum In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung unter den Voraussetzungen des bisherigen Tarifrechts als Besitzstandszulage in der bisherigen Höhe gezahlt; § 9 Abs. 4 gilt entsprechend.

        

…       

        

(7)     

Für Eingruppierungen zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung werden die Vergütungsgruppen der Allgemeinen Vergütungsordnung (Anlage 1a) und die Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses gemäß Anlage 4 TVÜ-Bund den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet. …“

29

c) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin nicht ab 1. Dezember 2010 in die Entgeltgruppe 9 TVöD eingruppiert ist.

30

aa) Die Klägerin war nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 in die Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD eingruppiert. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

31

bb) Ab dem 1. Januar 2010 war die Klägerin in die Entgeltgruppe 5 TVöD eingruppiert. Ab Jahresanfang 2010 waren ihr auf der Grundlage ihres letzten Arbeitsvertrags vom 2. Dezember 2009 Tätigkeiten der VergGr. VII BAT übertragen worden. Die mit dieser Eingruppierung erfolgte notwendige Zuordnung der VergGr. der Anlage 1a zum BAT zu einer Entgeltgruppe des TVöD nach § 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (aF) ergab nach der anzuwendenden Anlage 4 TVÜ-Bund eine Zuordnung zur Entgeltgruppe 5 TVöD.

32

cc) Die - dauerhafte - Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT ab Dezember 2010 führte zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TVöD.

33

(1) Die Zuordnung der VergGr. der Anlage 1a zum BAT zu einer Entgeltgruppe des TVöD erfolgte nach § 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-Bund aF und der Anlage 4 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung. Daraus folgte eine Zuordnung zur Entgeltgruppe 8 TVöD.

34

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich nicht aus § 8 TVÜ-Bund etwas anderes. Er findet im Streitfall keine Anwendung.

35

(a) Als Ausnahme zu § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD schafft § 8 TVÜ-Bund eine Besitzstandsregelung für bestimmte Beschäftigte, deren Höhergruppierungen nach dem 30. September 2005 anstanden. Damit sollte aber das „System des Bewährungsaufstiegs“ nicht generell und auch nicht für jene Beschäftigte „fortgeschrieben“ werden, denen erst nach dem Inkrafttreten des TVöD eine Tätigkeit - neu - übertragen wurde, die nach den - alten - Tätigkeitsmerkmalen des BAT einen Bewährungsaufstieg ermöglicht hätte. Sinn und Zweck der Besitzstandsregelung würden verkannt, wenn man auch nach dem Überleitungszeitpunkt erfolgte Umgruppierungen unter Außerachtlassung des § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD noch von der Bestimmung des § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund als erfasst ansähe(BAG 17. April 2013 - 4 AZR 770/11 - Rn. 23).

36

(b) Dementsprechend besteht der geltend gemachte Anspruch nicht. Die Besitzstandsregelung des § 8 TVÜ-Bund erfasst den Streitfall nicht. Der mit der neuen Eingruppierung der Klägerin zum 1. Januar 2010 einhergehende Verlust der infolge des vollzogenen Bewährungsaufstiegs erworbenen Entgeltgruppe beruht allein auf der Zuweisung und Übernahme einer anderen Tätigkeit. Dass bei erneuter Übertragung einer früher ausgeübten Tätigkeit die ursprüngliche Eingruppierung wieder auflebt, regelt § 8 TVÜ-Bund entgegen der Auffassung der Klägerin nicht.

37

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Bestandsschutz für den Fall der Übertragung einer anderen Tätigkeit, die mit einer Höher- oder Herabgruppierung einhergeht, auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 TVÜ-Bund aF. Beide Regelungen stellen lediglich klar, dass der nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 sowie Abs. 3 TVÜ-Bund gesicherte Besitzstand - bei unveränderter Tätigkeit - unberührt bleibt. Auf den Fall einer erneuten Eingruppierung nach § 17 Abs. 7 TVÜ-Bund aF aufgrund eines Tätigkeitswechsels ist § 8 TVÜ-Bund aber gerade nicht anwendbar.

38

dd) Schließlich gebieten auch die Benachteiligungsverbote des § 4 Abs. 2 TzBfG kein anderes Ergebnis. Die Klägerin ist gegenüber einem vergleichbaren unbefristeten Beschäftigten nicht schlechter gestellt. Die Nichtberücksichtigung von Bewährungszeiten beruht nicht auf der ursprünglichen Befristung, sondern auf dem zwischenzeitlichen Wechsel der zugewiesenen Tätigkeit.

39

2. Die Klage ist auch unbegründet, soweit die Klägerin die Feststellung einer Vergütungsverpflichtung nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 5 TVöD seit dem 1. Januar 2014 begehrt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des mit Wirkung zum 1. Januar 2014 eingeführten § 27 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund, auf den die Klägerin ihr Feststellungsbegehren stützt, sind nicht erfüllt. Die Klägerin ist keine Beschäftigte der Entgeltgruppe 9 TVöD.

40

3. Die Hilfsanträge sind unbegründet. Die Klägerin ist weder der Stufe 6 noch der Stufe 5 der Entgeltgruppe 8 TVöD zuzuordnen. Zutreffend rügt sie zwar, das Landesarbeitsgericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, den Sachverhalt auch ohne einen gesonderten Antrag hinsichtlich der Stufenzuordnung innerhalb der Entgeltgruppe 8 TVöD zu überprüfen. Die Entscheidung erweist sich aber insoweit als im Ergebnis zutreffend. Der Senat kann den Rechtsstreit auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts abschließend entscheiden (§ 561 ZPO).

41

a) Zur Stufenzuordnung bestimmt der TVöD in der hier maßgebenden Fassung:

        

§ 16 (Bund)

        

Stufen der Entgelttabelle

        

…       

        

(3)     

Bei Einstellung in eine der Entgeltgruppen 2 bis 8 werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Ansonsten wird die/der Beschäftigte bei entsprechender Berufserfahrung von mindestens einem Jahr der Stufe 2 zugeordnet. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

                 

Protokollerklärungen zu den Absätzen 2 und 3:

                 

1. Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

        

…       

        

(4)     

Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

                 

- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

                 

- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

                 

- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

                 

- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und

                 

- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5 bei den Entgeltgruppen 2 bis 8.

                 

Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (Bund) geregelt.

        

…       

        

§ 17   

        

Allgemeine Regelungen zu den Stufen

        

…       

        
        

(3)     

Den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 16 (Bund) Abs. 4 Satz 1 und des § 16 (VKA) Abs. 3 Satz 1 stehen gleich:

                 

a)    

Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,

                 

b)    

Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit nach § 22 bis zu 39 Wochen,

                 

c)    

Zeiten eines bezahlten Urlaubs,

                 

d)    

Zeiten eines Sonderurlaubs, bei denen der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches bzw. betriebliches Interesse anerkannt hat,

                 

e)    

Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von weniger als einem Monat im Kalenderjahr,

                 

f)    

Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

                          

Zeiten der Unterbrechung bis zu einer Dauer von jeweils drei Jahren, die nicht von Satz 1 erfasst werden, und Elternzeit bis zu jeweils fünf Jahren sind unschädlich, werden aber nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet. Bei einer Unterbrechung von mehr als drei Jahren, bei Elternzeit von mehr als fünf Jahren, erfolgt eine Zuordnung zu der Stufe, die der vor der Unterbrechung erreichten Stufe vorangeht, jedoch nicht niedriger als bei einer Neueinstellung; die Stufenlaufzeit beginnt mit dem Tag der Arbeitsaufnahme. Zeiten, in denen Beschäftigte mit einer kürzeren als der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten beschäftigt waren, werden voll angerechnet.

        

(4)     

Bei Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe werden die Beschäftigten derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2. Beträgt der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt nach Satz 1 ab 1. Januar 2010 weniger als 50 Euro in den Entgeltgruppen 1 bis 8 bzw. weniger als 80 Euro in den Entgeltgruppen 9 bis 15, so erhält die/der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit anstelle des Unterschiedsbetrages einen Garantiebetrag von monatlich 50 Euro (Entgeltgruppen 1 bis 8) bzw. 80 Euro (Entgeltgruppen 9 bis 15). Wird die/der Beschäftigte nicht in die nächsthöhere, sondern in eine darüber liegende Entgeltgruppe höhergruppiert, ist das Tabellenentgelt für jede dazwischen liegende Entgeltgruppe nach Satz 1 zu berechnen; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass auf das derzeitige Tabellenentgelt und das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe abzustellen ist, in die die/der Beschäftigte höhergruppiert wird. Die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe ist die/der Beschäftigte der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen. Die/Der Beschäftigte erhält vom Beginn des Monats an, in dem die Veränderung wirksam wird, das entsprechende Tabellenentgelt aus der in Satz 1 oder Satz 5 festgelegten Stufe der betreffenden Entgeltgruppe, ggf. einschließlich des Garantiebetrags.“

42

b) In Anwendung dieser Vorschriften ist die von der Beklagten vorgenommene Stufenzuordnung rechtlich nicht zu beanstanden.

43

aa) Die Beklagte hat der Klägerin ab dem 1. Januar 2010 eine neue Tätigkeit zugewiesen und sie nach der Entgeltgruppe 5 Stufe 4 TVöD vergütet. Sie hat sie der gleichen Stufe (4) wie in dem zuletzt befristeten Arbeitsverhältnis zugeordnet. Die Klägerin macht nicht geltend, diese Eingruppierung und Stufenzuordnung sei fehlerhaft gewesen.

44

bb) Nach § 17 Abs. 4 Satz 3 iVm. Satz 1 TVöD war die Klägerin ab dem 1. Dezember 2010 der Stufe 3 der Entgeltgruppe 8 TVöD zuzuordnen.

45

(1) Mit der dauerhaften Übertragung der höherwertigen Tätigkeit erfolgte eine Höhergruppierung. Die Stufenzuordnung richtete sich daher nach § 17 Abs. 4 Satz 3 iVm. Satz 1 TVöD in der bis zum 28. Februar 2014 geltenden Fassung (aF).

46

(2) Aus § 17 Abs. 3 TVöD aF folgt nichts anderes. Die Vorschrift findet auf Höher- oder Herabgruppierungen keine Anwendung. Diese Fälle sind vielmehr nach der Spezialregelung des § 17 Abs. 4 TVöD aF zu beurteilen(vgl. BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 1067/12 - Rn. 14 und 19, BAGE 148, 312). Abgesehen davon bezieht sich § 17 Abs. 3 TVöD aF nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf die Gleichstellung bestimmter Zeiten bezüglich der Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 4 Satz 1 TVöD/Bund, der die regulären Stufenlaufzeiten „innerhalb derselben Entgeltgruppe“ regelt, und ergänzt diese Vorschrift(BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 1067/12 - Rn. 19, aaO). Im Fall der Klägerin fehlt es aber bereits an dieser Voraussetzung. Die Klägerin war gerade nicht durchgehend in derselben Entgeltgruppe eingruppiert. Vielmehr wurde sie von Januar bis November 2010 unstreitig zutreffend nach der Entgeltgruppe 5 TVöD vergütet.

47

c) Dem vorstehenden Ergebnis steht auch nicht der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG entgegen. Er gebietet es nicht, eine zuvor erworbene Berufserfahrung im Rahmen der Stufenzuordnung bei der Höhergruppierung entsprechend § 16 Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 3a TVöD/Bund zu berücksichtigen oder aber die zwischenzeitliche Herabgruppierung entsprechend den § 17 Abs. 3 TVöD aF unterfallenden Sachverhalten als unschädliche Unterbrechung außer Acht zu lassen.

48

aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen(BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 29, BAGE 151, 235; 16. Oktober 2014 - 6 AZR 661/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 149, 297).

49

bb) Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln(st. Rspr. des BVerfG, vgl. nur BVerfG 21. März 2015 - 1 BvR 2031/12 - Rn. 6 mwN). Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (BAG 15. Dezember 2015 - 9 AZR 611/14 - Rn. 30; 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 28). Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie bei der Ausgestaltung tariflicher Regelungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen und dem Zweck der Leistung ab. Dabei steht den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zu (BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 31 mwN, BAGE 151, 235; 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 32 mwN). Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts wie auch der weiteren, den tarifgebundenen Arbeitnehmern zufließenden Leistungen grundsätzlich Sache der Tarifvertragsparteien, weil dies nach Überzeugung des Gesetzgebers zu sachgerechteren Ergebnissen führt, als eine staatlich beeinflusste Entgelt- und Leistungsfindung. Das schließt auch die Befugnis zur Vereinbarung von Regelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen mögen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gar gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffenen, differenzierenden Regelungen ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 32 mwN, aaO). Zudem müssen ihre Verallgemeinerungen im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen. Die bei einer solchen Typisierung entstehenden unvermeidlichen Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die Interessenlage von derjenigen abweicht, die die Tarifvertragsparteien als typisch angenommen haben, sind grundsätzlich hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwerwiegend sind und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (BAG 16. Oktober 2014 - 6 AZR 661/12 - Rn. 28, BAGE 149, 297).

50

cc) Danach ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien bei der Stufenzuordnung nicht einzelfallbezogen auf das tatsächliche Vorhandensein von für die auszuübende Tätigkeit nützlicher Berufserfahrung abstellen, sondern typisierend und generalisierend danach differenzieren, ob es sich um Einstellungen (§ 16 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 3a TVöD/Bund) oder Höher- und Herabgruppierungen im laufenden Arbeitsverhältnis (§ 17 Abs. 4 TVöD aF) handelt. Die Tarifvertragsparteien haben bei dieser Ausgestaltung der Stufenzuordnung den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

51

(1) Die Stufenzuordnung bei Höhergruppierungen auf der einen und Neu- oder Wiedereinstellungen auf der anderen Seite erfolgt nach dem Konzept der Tarifvertragsparteien grundsätzlich unterschiedlichen Regeln (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 17).

52

(a) Bei Höhergruppierungen erfolgt nach § 17 Abs. 4 TVöD aF - anders als nach § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD in der seit dem 1. März 2014 geltenden Fassung - die Stufenzuordnung nicht stufengleich, sondern orientiert sich an der Höhe des bisherigen Entgelts. Gewährleistet wird lediglich ein Mindestmehrverdienst in Höhe des Garantiebetrags. Die in der unteren Entgeltgruppe erworbene, in der Stufenzuordnung dokumentierte Berufserfahrung wird nicht berücksichtigt. Die Stufen sind auf die jeweilige Entgeltgruppe bezogen. Nur die in dieser Entgeltgruppe gewonnene Berufserfahrung wird durch den Aufstieg in den Stufen honoriert. Deshalb wird bei einer Höhergruppierung die Stufe nach den Regeln des § 17 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 TVöD aF neu ermittelt und die Stufenlaufzeit beginnt gemäß § 17 Abs. 4 Satz 4 TVöD aF neu. Die Berufserfahrung, die der höhergruppierte Beschäftigte in der bisherigen Entgeltgruppe erworben hat, spielt für die neue Tätigkeit keine Rolle mehr (BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 1067/12 - Rn. 15 mwN, BAGE 148, 312).

53

(b) Demgegenüber richtet sich die Stufenzuordnung bei Neu- oder Wiedereinstellungen nach § 16 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 3a TVöD/Bund, wonach die erworbene Berufserfahrung berücksichtigt werden kann(vgl. nur BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 16 mwN).

54

(2) Danach findet die bereits erworbene Berufserfahrung bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD/Bund nur Berücksichtigung, wenn sie dem Beschäftigten bei seiner neuen Tätigkeit von Nutzen ist. Bei Höhergruppierungen haben die Tarifvertragsparteien hingegen typisierend angenommen, dass dies nicht der Fall ist. Nur bei Einstellungen kommt die Berücksichtigung von Berufserfahrung überhaupt in Betracht. Dieses Konzept ist von der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien gedeckt. Sie durften einen Anreiz zur Rückkehr solcher Beschäftigten in den öffentlichen Dienst schaffen, die bereits einschlägige Berufserfahrung bei demselben öffentlichen Arbeitgeber erworben hatten (vgl. zu § 16 Abs. 2 TVöD/VKA BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 1067/12 - Rn. 30, BAGE 148, 312; zu § 16 Abs. 2 TV-L 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 21 ff. mwN).

55

dd) Auch eine entsprechende Anwendung von § 17 Abs. 3 TVöD kommt nicht in Betracht. Die Norm erfasst nur Unterbrechungen bei unveränderter Tätigkeit. Höher- oder Herabgruppierungen stellen nach dem Konzept der Tarifvertragsparteien im System der Stufenzuordnung aber eine Zäsur dar. Diese Differenzierung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die vor der Höhergruppierung zurückgelegten Zeiten sind auf die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe nicht einmal dann anzurechnen, wenn zuvor dieselbe Tätigkeit als höherwertige Tätigkeit iSv. § 14 TVöD vorübergehend verrichtet und deshalb mit einer persönlichen Zulage vergütet wurde(BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 1067/12 - Rn. 16, BAGE 148, 312).

56

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Kiefer    

        

    G. Kleinke    

                 

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 30.04. zum 07.06.2013 noch infolge der Befristungsvereinbarung vom 19.02. zum 05.07.2013 sein Ende gefunden hat, sondern darüber hinaus fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 07.06.2013 hinaus und über den 05.07.2013 hinaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 70,37 % als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung weiterzubeschäftigen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 74 % und die Beklagte zu 26 %.

5. Der Streitwert wird auf 36.380 € festgesetzt.

6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier Befristungen und zutreffende Eingruppierung.

2

Der Kläger ist staatlich geprüfter Techniker FS Elektrotechnik. Er schloss mit dem beklagten Land seit Anfang 2011 eine Vielzahl befristeter Verträge, aufgrund derer er an verschiedenen Schulen in verschiedenen Fächern als Lehrer eingesetzt wurde. So vereinbarten die Parteien am 18.02.2011 eine befristete Tätigkeit als Vertretung für Herrn V im Fach Elektrotechnik an der Berufsbildenden Schule O vom 21.02.2011 bis zur Rückkehr von Herrn V, längstens bis 24.06.2011 (Beginn der Sommerferien), in Höhe von 45,83 % einer Vollzeitkraft. Als Herr V während dieses Zeitraums verstarb, erklärte die Beklagte dem Kläger, damit sei der Befristungsgrund entfallen, beschäftigte ihn aber gleichwohl weiter bis zum 24.06.2011. Am 19.08.2011 vereinbarten die Parteien eine Vertretungstätigkeit für Herrn U an der Realschule T in den Fächern Mathematik, Physik und Naturwissenschaften vom 19.08.2011 bis zu seiner Rückkehr, längstens bis 29.06.2012 (Beginn der Sommerferien), in Höhe von 81,48 %. Dabei wechselten sich An- und Abwesenheitsphasen des chronisch erkrankten Herrn U ab, so auch im Herbst 2011, was an der Tätigkeit des Klägers indes nichts änderte. Zwischenzeitlich schlossen die Parteien am 31.01.2012 einen Vertrag über eine Vertretungstätigkeit für Frau S an der Realschule T vom 01.02.2012 bis zu ihrer Rückkehr, längstens bis 29.06.2012, in Höhe von 66,67 %. Am 22.05.2012 wurde dieser Vertrag anlässlich einer Vertretungstätigkeit für Frau R auf 77,78 % erhöht, und zwar für die Zeit vom 14.05.2012 bis zu ihrer Rückkehr, längstens bis 29.06.2012. Nach einer Pause wurde der Kläger sodann aufgrund weiterer Befristungsvereinbarung vom 13.11. bis 19.12.2012 (Beginn der Weihnachtsferien) an der Realschule T für Herrn U mit einem Volumen von 37,04 % eingesetzt, wobei Herr U bereits Ende November wieder in den Dienst zurückkehrte, der Kläger aber gleichwohl weiter unterrichtete. Nach einer erneuten Unterbrechung wurde er vom 21.01. bis 04.03.2013 an der Integrierten Gesamtschule T (im Folgenden: IGS T) für Frau Q, welche die Fächer Deutsch, Englisch und Religion unterrichtete, mit 44,44 % beschäftigt. Mit "Änderungsvertrag" vom 18.02.2013, zu dem das beklagte Land den zuständigen Personalrat erst am 25.02.2013 anhörte, erhöhten die Parteien das Arbeitsvolumen infolge einer zusätzlichen Vertretung für Herrn U an der Realschule T für die Zeit vom 18.02. bis 04.03.2013 auf insgesamt 74,07 %. Mit Vertrag vom 19.02.2013 vereinbarten sie eine Tätigkeit an der IGS T für Frau Q für den Zeitraum vom 05.03. bis zu ihrer Rückkehr, längstens bis 05.07.2013 (Beginn der Sommerferien), in Höhe von 11,11 %. Mit Änderungsvertrag vom 20.02.2013 erhöhten sie das Vertretungsvolumen für die Zeit vom 05.03. bis 19.03.2013 (Beginn der Osterferien) auf 25,93 %; laut § 1 des Vertrages wurde die bisherige Arbeitszeitregelung "ersetzt", nach Befristungsablauf sollte "der bisherige Stundenumfang des Arbeitsverhältnisses fort(gelten)". Mit weiterem Änderungsvertrag vom 05.03.2013 vereinbarten sie eine zusätzliche Tätigkeit an der Realschule T für Herrn U für den Zeitraum 05.03. bis 19.03.2013 und "ersetzten" die Arbeitszeit durch ein Volumen von (insgesamt) 62,96 %; auch hier findet sich am Ende von § 1 die vorgenannte "Rückfallklausel" auf das vorherige Arbeitsvolumen nach Fristablauf. Mit weiterem Änderungsvertrag, ebenfalls vom 05.03.2013, zu dem der zuständige Personalrat erst am 08.03.2013 angehört wurde, vereinbarten sie eine zusätzliche Tätigkeit an der IGS T vom 05.03. bis 11.03.2013 als Vertretung für Frau P, welche die Fächer Deutsch, Geschichte und Chemie unterrichtete, im ersetzenden Umfang von 87,96 %, wieder einschließlich Rückfallklausel. Mit Änderungsvertrag vom 08.04.2013 vereinbarten sie eine zusätzliche Tätigkeit an der Realschule T für Herrn U vom 08.04. bis 30.04.2013 im Umfang von ersetzenden 92,59 % einschließlich Rückfallklausel, mit Vertrag vom 30.04.2013 eine Tätigkeit an der Realschule T für Herrn U vom 01.05. bis 07.06.2013 im Umfang von ersetzenden 70,37 % einschließlich Rückfallklausel (die hierzu erfolgte Personalratsanhörung blieb ohne Stellungnahme). Trotz Rückkehr von Herrn U am 10.06.2013 wurde der Kläger bis zum Abschluss des Schuljahres – neben seiner Tätigkeit an der IGS T – von der Beklagten an der Realschule weiter als unterrichtender Lehrer eingesetzt und übte dort zudem Aufsichts- sowie verschiedene Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Abschlussfeier und den Abschiedsstreichen aus. Außer seiner "direkten" Tätigkeit in den von den Lehrkräften V, U, Q und P unterrichteten Fächern setzte ihn das beklagte Land als Vertretungslehrer in Französisch, Englisch, Religion, Musik, IT, Biologie und Deutsch sowie in Arbeitsgemeinschaften und der sog. Lernzeitbetreuung ein.

3

Die Vergütung des Klägers bemisst sich nach den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien der TdL) Abschnitt B. Beim Kläger handelt es sich um einen sog. „Nichterfüller“, da er kein Zweites Staatsexamen im Lehramt abgelegt hat, sondern Quereinsteiger ist. Seine Vergütung erfolgte für die Tätigkeit an der Berufsbildenden Schule O gemäß Abschnitt B V (Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen) nach Entgeltgruppe E 9 TV-L und für seine Vertretung der Förderlehrerin S nach Entgeltgruppe E 8 (gemäß Abschnitt B III – Lehrkräfte an Sonderschulen oder vergleichbaren Schulformen). Im übrigen wurde er nach Entgeltgruppe E 6 Stufe 1 vergütet, und zwar in Anlehnung an ein Schreiben des Kultusministeriums Rheinland-Pfalz vom 11.03.1987, wonach Lehrkräfte, die von ihrer Vorbildung her nicht unter Abschnitt B der TdL-Richtlinien fallen, in Vergütungsgruppe VI b BAT einzustufen sind – ohne Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs –, was der heutigen Entgeltgruppe E 6 TV-L entspricht.

4

Der Kläger hält die zuletzt geschlossene Befristungsvereinbarung vom 30.04.2013 wie auch die vorher getroffene, aber als letzte auslaufende Vereinbarung vom 19.02.2013 für unwirksam. Er vertritt die Ansicht, die Beklagte berufe sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung und schiebe diesen nur vor, obwohl sie in Wahrheit dauerhaften Vertretungsbedarf habe. Dies zeige sich daran, dass sie ihn teilweise auch nach Rückkehr der angeblich zu vertretenden Lehrkräfte weiter beschäftigt habe, sowie an seinem fachfremden Einsatz in einer Vielzahl von Schulfächern. Frau S habe er an der Realschule T nicht vertreten können, da sie dort zu dieser Zeit überhaupt nicht beschäftigt gewesen sei; Gleiches gelte wohl auch für Frau R. Eine Arbeitsunfähigkeit von Frau P bestreitet er ebenso die von der Beklagten behauptete stufenweise Wiedereingliederung von Frau Q. Diese habe er zwar vom 05.03. bis 05.07.2013 mit 11,11 % – dies entspricht 3 Unterrichtsstunden – vertreten sollen. Von diesen 3 Stunden – eine Stunde Deutsch und zwei Stunden Religion – habe er jedoch eine Stunde variabel unterrichtet, eine Stunde Mathematik für den Kollegen N und eine Stunde Lernzeitbetreuung. Im übrigen sei Frau Q schon am 10.06.2013 wieder vollständig in den Dienst zurückgekehrt. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die "Rahmenbefristung" vom 05.03 bis 05.07.2013 in Höhe von 11,11 % nicht nur zwischenzeitlich aufgestockt worden, vielmehr handle es sich jeweils um eigenständige befristete Verträge. Dies zeige sich vor allem daran, dass es um andere Lehrer, einen anderen Dienstort und sogar eine andere Schulform gehe. Daher unterfielen diese Verträge den Vorschriften des TzBfG und nicht lediglich einer allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Weiter rügt der Kläger die Nichteinhaltung der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG und weist darauf hin, dass jedenfalls die Befristung vom 30.04.2013 gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergegangen sei, da er seine Tätigkeit trotz Rückkehr von Herrn U mit Wissen und Wollen der Beklagten fortgesetzt habe. Im übrigen seien die Befristungen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, da für ihn aufgrund der Vielzahl der geschlossenen Verträge und zeitgleich zu leistenden Vertretungen und Vertretungsanteile nicht mehr erkennbar gewesen sei, an welcher Schule er welchen Lehrer nun mit wie viel Prozent habe vertreten sollen.

5

Vergütung begehrt er nach Entgeltgruppe E 10 Stufe 2 TV-L. Zur Begründung verweist er darauf, er erfülle die Voraussetzungen von Abschnitt B I Nr. 9 und 10 sowie B III Nr. 8 der TdL-Richtlinien, da er mehrere Jahre als technischer Lehrer an der Berufsbildenden Schule O sowie als Lehrer für mehrere naturwissenschaftliche Fächer an der Realschule T eingesetzt worden sei. Das Schreiben des Kultusministeriums könne keine Anwendung finden.

6

Nach Umstellung seiner Anträge im Kammertermin hat der Kläger beantragt,

7

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 21.01.2013 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,

8

2. hilfsweise festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 30.04. zum 07.06.2013 noch infolge der Befristungsvereinbarung vom 19.02. zum 05.07.2013 endet,

9

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 07.06.2013 hinaus und auch über den 05.07.2013 hinaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 70,37 % als Lehrer im öffentlichen Schuldienst nach Maßgabe des TV-L und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils gültigen Fassung unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TV-L Stufe 2 weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie vertritt die Ansicht, das TzBfG finde vorliegend keine Anwendung, da der am 19.02.2013 geschlossene Rahmenvertrag vom 05.03. bis 05.07.2013 über 11,11 % hinsichtlich des Arbeitsvolumens zwar verschiedentlich aufgestockt worden sei, diese Aufstockungen aber keine eigenständigen Arbeitsverträge darstellten. Arbeitgeber sei in allen Fällen das Land Rheinland-Pfalz. Die 11,11 % resultierten daraus, dass Frau Q ab März 2013 aus einer Erkrankung stufenweise wieder eingegliedert worden sei – woraus auch die am 20.02.2013 für den Zeitraum 05.03. bis 19.03.2013 vereinbarte anfängliche höhere Vertretungstätigkeit resultiere –, sie aber von 3 Stunden ihrer Unterrichtsverpflichtung bis zum Ende des Schuljahres entpflichtet gewesen sei. Von diesen 3 Stunden habe eine Stunde die Kollegin M übernommen, welche ihrerseits eine Stunde Lernzeit an den Kläger abgegeben habe. Die übrigen zwei Stunden seien von Frau L übernommen worden, die dafür zwei Stunden Mathematik an den Kläger abgegeben habe. Die Befristungen seien durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Ein Rechtsmissbrauch liege nicht vor, da die Regelwerte der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht überschritten seien. Es handle sich vorliegend um lediglich sechs befristete Arbeitsverträge (ausschließlich der Aufstockungen) in knapp zweieinhalb Jahren für verschiedene Lehrkräfte an unterschiedlichen Schulen. Dies sei nicht zu beanstanden. Da das TzBfG nicht zur Anwendung gelange, könne sich der Kläger auch weder auf dessen § 14 noch auf § 15 Abs. 5 berufen. Vielmehr sei lediglich eine allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB durchzuführen, die aber keine unangemessene Benachteiligung ergebe.

13

Hinsichtlich der Vergütung verweist die Beklagte auf das Schreiben des Kultusministeriums, welches für Nichterfüller lediglich Entgeltgruppe E 6 vorsehe. Eine höhere Vergütung sei dem Kläger nur für seine Tätigkeit an der Berufsbildenden Schule gezahlt worden, da insoweit Abschnitt B V der TdL-Richtlinien Anwendung finde, und für seine Vertretungstätigkeit für die Förderlehrerin Frau S gemäß Abschnitt B III.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

15

Der allgemeine Feststellungsantrag ist bereits unzulässig, die übrigen Anträge sind zulässig und mit Ausnahme des Eingruppierungsantrags begründet.

I.

16

1. Der Hauptantrag zu 1) auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses seit dem 21.01.2013 ist unzulässig.

17

Der Kläger hat auf Nachfrage im Kammertermin wie auch durch die Fassung seines Hilfsantrages deutlich gemacht, sich gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses insgesamt wenden zu wollen und nicht nur gegen eine vorübergehende Änderung der Vertragsinhalte. Ein solches Begehren ist in einen punktuellen Befristungskontrollantrag nach § 17 TzBfG zu fassen. Es wurde im Kammertermin erörtert und ist auch nicht zu beanstanden, dass der Klägervertreter aus Gründen anwaltlicher Vorsorge gleichwohl einen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO gestellt hat vor dem Hintergrund, dass das Bundesarbeitsgericht die Vorschriften des TzBfG – und damit auch dessen § 17 – auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen wie eine vorübergehende Erhöhung der Arbeitszeit für nicht anwendbar hält (BAG 14.01.2004 NZA 2004, 719, 721; 18.06.2008 AP Nr. 52 zu § 14 TzBfG; 02.09.2009 NZA 2009, 1253, 1254; 15.12.2011 NZA 2012, 674, 675). Bei den angegriffenen Vereinbarungen vom 19.02. und 30.04.2013 handelt es sich nach Auffassung der Kammer jedoch nicht nur um die vorübergehende Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, sondern um zwei voneinander unabhängige, eigenständige (Teilzeit-)Arbeitsverträge mit so unterschiedlichen Inhalten, dass dies einen kumulativen Angriff durch den Kläger gestattet und dessen Geltendmachung nach § 17 TzBfG gebietet.

18

Hierfür spricht bereits, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur diejenigen Arbeitnehmer schützen soll, denen es um die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses insgesamt geht. Befristet beschäftigte Arbeitnehmer seien "nur Arbeitnehmer, deren Arbeitsverträge insgesamt befristet sind, nicht hingegen Arbeitnehmer, die im Rahmen unbefristeter Arbeitsverträge beschäftigt werden und lediglich die befristete Änderung einzelner Arbeitsbedingungen vereinbaren" (BAG 14.01.2004 NZA 2004, 719, 721; vgl. ferner BAG 03.09.2003 NZA 2004, 255, 256 f.). Ein solcher Fall liegt hier aber gerade nicht vor, da der Kläger nicht im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses die vorübergehende Änderung seiner Arbeitszeit angreift, sondern er insgesamt in einem nur befristeten Arbeitsverhältnis steht und sich gegen dessen Befristung insgesamt wendet.

19

Zum anderen weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die beiden angegriffenen Befristungsvereinbarungen vollkommen unterschiedliche Vertragsinhalte aufweisen, die es rechtfertigen, von zwei eigenständigen Verträgen auszugehen, die unabhängig voneinander in ihrer jeweiligen Befristung angegriffen werden können. Schon rein äußerlich existieren zwei Vertragsurkunden, die für das beklagte Land von unterschiedlichen Schulleitern (ausweislich der Unterschriftenzeile) jeweils als "Arbeitgeber" unterzeichnet wurden. Auch inhaltlich weisen die geschuldeten Tätigkeiten und deren Bedingungen gewichtige Unterschiede auf: Die Vereinbarung vom 19.02. beinhaltet eine Lehrtätigkeit an der Integrierten Gesamtschule zur (im Ergebnis allenfalls mittelbaren) Vertretung für Frau Q im Fach Mathematik und der Übernahme einer allgemeinen Lernzeit (sowie nach dem Vortrag des Klägers einer weiteren variablen Stunde) im Umfang von 11,11 %, wohingegen die Vereinbarung vom 30.04. eine Vertretungstätigkeit an der Realschule für Herrn U in den Fächern Mathematik, Physik und Naturwissenschaften im Umfang von (70,37 - 11,11 =) 59,26 % beinhaltet. Damit handelt es sich nicht nur um überwiegend unterschiedliche Schulfächer, sondern zudem um andere Schüler, um andere Kollegen, um andere Vorgesetzte, um eine andere Schule einhergehend mit einer anderen betrieblichen Organisation, in die sich der Kläger einzugliedern hat und nicht zuletzt um eine ganz andere Schulform. Genau vor diesem Hintergrund bedurfte es ja auch zweier verschiedener Vertragsurkunden. Damit unterscheiden sich die Inhalte beider Verträge aber fast vollkommen voneinander, bis auf die Tätigkeit im Fach Mathematik und die Identität des beklagten Landes als übergeordnetem Arbeitgeber. Letzterer Umstand, auf den die Beklagte im Kammertermin hinwies, steht der Annahme zweier eigenständiger Arbeitsverträge aber nicht entgegen, da ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch mit ein und demselben Arbeitgeber mehrere Arbeitsverträge über inhaltlich verschiedene Tätigkeiten schließen kann, solange dem keine gesetzlichen Vorschriften wie etwa das Arbeitszeitgesetz entgegenstehen (was hier nicht der Fall ist).

20

Daher konnte sich der Kläger kumulativ gegen beide Befristungsvereinbarungen wenden. Beide sind an der jeweiligen Schulform das letzte und damit angreifbare Glied in der Befristungskette. Für die Vereinbarung vom 30.04.2013 ergibt sich dies von vornherein daraus, dass die Parteien nach diesem Datum keinen Vertrag mehr geschlossen haben. Für die Vereinbarung vom 19.02.2013 folgt es daraus, dass diese als letzte, nämlich am 05.07.2013, enden sollte, während die weiteren zwischenzeitlichen Vereinbarungen vom 20.02. und 05.03.2013 bereits am 19.03. bzw. 11.03.2013 ausliefen (für deren isolierte Anfechtbarkeit ohnehin die Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG verstrichen wäre). So heißt es auch in den jeweiligen "Änderungsverträgen" ausdrücklich, nach Ablauf dieser (kürzeren) Befristungen sollten die Regelungen des ursprünglichen Vertrags vom 19.02.2013 fortgelten. Daher war hier eine Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG zu erheben.

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2. Die Zulässigkeit der übrigen Anträge begegnet keinen Bedenken.

II.

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1. Der Befristungskontrollantrag ist auch begründet. Die Befristungsvereinbarungen vom 19.02.2013 und vom 30.04.2013 sind unwirksam.

23

a) Die Vereinbarung vom 30.04.2013 gilt bereits gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG als auf unbestimmte Zeit verlängert. Vorgenannte Regelung gelangt hier zur Anwendung, da es sich bei der Befristungsvereinbarung, wie oben dargestellt, um einen eigenständigen (Teilzeit-)Arbeitsvertrag handelt, dessen Befristung den Regelungen des TzBfG unterfällt und somit isoliert angreifbar ist.

24

Dieser vom 01.05. bis 07.06.2013 befristete Vertrag wurde nach Zeitablauf und Zweckerreichung – da der zu vertretende, bis Freitag, den 07.06.2013, arbeitsunfähig erkrankte Lehrer U ab Montag, dem 10.06.2013, seinen Dienst an der Realschule wieder aufnahm – fortgesetzt. Es ist unstreitig, dass der Kläger an der Realschule trotz Rückkehr von Herrn U bis zum Ende des Schuljahres weiter unterrichtete, Aufsichtstätigkeiten übernahm und verschiedene Arbeiten im Zusammenhang mit der Abschlussfeier und den Abschiedsstreichen ausführte. Ob er dabei weiterhin gerade für Herrn U unterrichtete oder nicht, spielt keine Rolle, da der Sachgrund für die Vertretung – die Abwesenheit von Herrn U – ab 10.06.2013 entfallen war. Der darüber hinausgehende Einsatz des Klägers erfolgte auch mit Wissen und Wollen der Beklagten, da diese ihn zum entsprechenden Unterricht und zumindest den Aufsichtstätigkeiten einteilte und ihm diese zuwies. Dass zu diesem Zeitpunkt sowohl die kalendermäßige Befristung abgelaufen wie auch der mit dieser verfolgte Zweck erreicht war, war angesichts der Rückkehr von Herrn U allen bekannt.

25

Damit gilt die Vereinbarung vom 30.04.2013 im Umfang des dort ausgewiesenen Arbeitsvolumens von 70,37 % als auf unbestimmte Zeit verlängert. Dies hat der Kläger gem. § 17 Satz 3 TzBfG auch rechtzeitig geltend gemacht.

26

b) Diese Verlängerung endete nicht etwa am 05.07.2013 zusammen mit der nach Ansicht der Beklagten zugrundeliegenden "Rahmenbefristung" vom 19.02.2013, denn diese Befristung ist ihrerseits unwirksam.

27

aa) Die Vereinbarung vom 19.02.2013 ist ebenfalls, wie oben ausgeführt, als rechtlich eigenständiger Teilzeitvertrag zu werten und damit isoliert anfechtbar sowie den Regelungen des TzBfG unterworfen.

28

bb) Da der Kläger im Zeitpunkt der Vereinbarung noch keine zwei Jahre bei der Beklagten beschäftigt war – die Pausenzeiten vom 30.06. bis 12.11.2012 und vom 20.12.2012 bis 20.01.2013 sind insoweit herauszurechnen –, eben infolge dieser Unterbrechungen aber die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zur Anwendung gelangt, bedurfte es für die neuerliche Befristung am 19.02.2013 eines sachlichen Grundes. Ein solcher liegt nach Auffassung der Kammer schon nicht vor.

29

aaa) Die Beklagte beruft sich auf den Sachgrund der Vertretung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG. Dieser kann grundsätzlich eine Befristung rechtfertigen. Dass der Kläger dabei keine unmittelbar von Frau Q ausgeübten Lehrtätigkeiten übernommen hat, steht dem nicht entgegen. Der Sachgrund der Vertretung erfasst auch Fälle, in denen der Vertreter nicht die Tätigkeit des zu Vertretenden übernimmt, sondern dies Dritte tun, deren Tätigkeit ihrerseits vom befristet eingestellten Vertreter wahrgenommen wird (sog. mittelbare Vertretung, vgl. BAG 25.08.2004 NZA 2005, 472, 473; 15.02.2006 NZA 2006, 781 f.; KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, § 14 TzBfG Rn. 135; Laux/Schlachter, TzBfG, 2007, § 14 Rn. 44; DLW/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 5 Rn. 39). Es genügt insoweit – wenn der Arbeitgeber anlässlich der Befristung die Arbeitsaufgaben umverteilt –, dass der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers letztlich wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entstanden ist, und der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters der oder den abwesenden Personen nach außen hin erkennbar gedanklich zuordnet, etwa durch entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag (BAG 06.10.2010 NZA 2011, 1155, 1157; 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1353; 10.10.2012 NZA-RR 2013, 185, 186; 13.02.2013 NZA 2013, 1292, 1293; ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, § 14 TzBfG Rn. 37; KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 154 ff.).

30

bbb) Auf einen solchen Fall beruft sich die Beklagte mit ihrem Vortrag, von den drei Unterrichtsstunden von Frau Q habe eine Stunde Frau M und zwei Stunden Frau L übernommen, deren freigewordene Stunden dann der Kläger vertreten habe. Der Kläger behauptet hingegen, nur eine Mathematikstunde und diese nicht von Frau L, sondern von Herrn N erhalten zu haben, der seinerseits unstreitig nicht für Frau Q eingesprungen ist. Zudem sei die dritte Stunde variabel, also nicht auf ein Unterrichtsfach festgelegt, gewesen. Dem ist die Beklagte nicht mehr substantiiert entgegengetreten, insbesondere hat sie für ihre abweichende Behauptung keinen Beweis angetreten, obwohl sie nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für den Sachgrund trägt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 17.03.2004 – 9 Sa 1177/03; 05.09.2011 – 5 Sa 552/10; LAG Hamm 25.11.2003 LAGE § 14 TzBfG Nr. 12a; DLW/Hoß, Kap. 5 Rn. 83; APS/Backhaus, 4. Aufl. 2012, § 14 TzBfG Rn. 76; KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 572 f. m.w.N.; Laux/Schlachter, § 14 Rn. 23). Die gedankliche Zuordnung in der Befristungsvereinbarung benennt nur Frau Q. Hinzu kommt, dass der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, auch fachfremden Vertretungsunterricht, etwa in Biologie, Deutsch, Musik, Englisch oder Französisch, erteilt zu haben, was zu seinem Vorbringen der dritten variablen Stunde passt. Die Beklagte hat diesen Vortrag nicht bestritten, sondern fachfremde Einsätze vielmehr ausdrücklich bestätigt, ihrerseits aber nicht näher erläutert, in welcher Zeit sonst der Kläger diese fachfremden Fächer unterrichtet haben soll. Auch dies hätte ihr im Rahmen einer substantiierten Erwiderung oblegen. Die Zuteilung einer dritten, variablen Stunde spräche zudem – jedenfalls in diesem Umfang – für die vom Kläger behauptete unzulässige Dauervertretung. Bei einer solchen wird der Arbeitnehmer von vornherein nicht nur zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt, sondern es ist bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen (BAG 25.03.2009 NZA 2010, 34, 36 m.w.N.; 17.11.2010 NZA 2011, 34, 36; 18.07.2012, NZA 2012, 1351, 1353; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn. 36).

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ccc) Unabhängig hiervon hat der Kläger vorgetragen, Frau Q sei jedenfalls ab 10.06.2013 wieder in vollem Umfang von der Beklagten eingesetzt worden, so dass der Sachgrund für die Zweckbefristung entfallen, er aber gleichwohl bis zum Ende des Schuljahres weiter beschäftigt worden sei. Auch insoweit hat die Beklagte lediglich behauptet, Frau Q sei nach einer stufenweisen Wiedereingliederung bis zum Ende des Schuljahres mit drei Unterrichtsstunden ausgefallen. Auf den sich anschließenden Gegenvortrag des Klägers hat sie dann nicht mehr substantiiert erwidert oder Beweis für ihr Vorbringen angetreten. Dies hätte ihr auch hier oblegen, da nicht auszuschließen ist, dass die nach ihrem Vorbringen bereits seit März 2013 durchgeführte Wiedereingliederung von Frau Q schon vor Abschluss des Schuljahres zum Erfolg geführt hat und der Zweck der 11,11 %igen Befristung damit entfallen wäre. Auch einen Wiedereingliederungsplan, aus dem zumindest die ursprüngliche Planung hervorginge, Frau Q bis zum Schuljahresende von drei Unterrichtsstunden zu entpflichten, hat sie nicht vorgelegt.

32

ddd) Damit hat die Beklagte bereits zum behaupteten Sachgrund keinen hinreichenden Vortrag gehalten, jedenfalls ist sie insoweit beweisfällig geblieben. Unabhängig davon, ob die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Schuljahresende trotz früherer Rückkehr von Frau Q bereits am 10.06.2013 einen Fortfall der Befristung nach § 15 Abs. 5 TzBfG nach sich zöge, war die Befristungsvereinbarung jedenfalls gemäß § 16 Satz 1 TzBfG unwirksam, so dass der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Dies betrifft den Umfang von 11,11 %; hinzu kommen entsprechend obigen Ausführungen die weiteren 59,26 % bzw. die gesamten 70,37 % der Vereinbarung vom 30.04.2013.

33

cc) Selbst wenn man aber dem Vorbringen der Beklagten folgen und einen Sachgrund annehmen wollte, ergäbe sich nichts anderes, denn die Befristungsabrede erweist sich nach dem Dafürhalten der Kammer in Ansehung des gesamten Befristungsgebarens des beklagten Landes als klar rechtsmissbräuchlich.

34

aaa) Die Gerichte haben sich bei der Befristungskontrolle nach § 14 TzBfG nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrundes zu beschränken, sondern sind aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift (EuGH 26.01.2012 NZA 2012, 135, 138; BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1356; 18.07.2012, 1359, 1364; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1356; 18.07.2012, 1359, 1364; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). Ein solcher Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012, 1359, 1364). Hierzu bedarf es einer Bewertung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls, wobei besondere Bedeutung der Gesamtdauer und Laufzeit der befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen zukommt (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). Das Bundesarbeitsgericht hat in seinen bislang zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen betont, zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung lediglich eine "grobe Orientierung" geben, aber weder alle zu berücksichtigenden Umstände benennen noch eine quantitative Angabe leisten zu können, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen, die einen Missbrauch indizieren, genau liegen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357, 1358; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365). Anknüpfungspunkt in quantitativer Hinsicht soll bei an sich gegebenem Sachgrund eine mehrfache, alternative oder kumulative Überschreitung der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzwerte für eine sachgrundlos mögliche Befristung (bis zu dreimalige Verlängerung innerhalb zweier Jahre) sein, was dann hinreichenden Anlass für eine umfassende Missbrauchskontrolle gebe (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1358; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365; 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781). So hat das BAG bei 4 Befristungen in 7 Jahren und 9 Monaten keine Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch gesehen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1359 ff.), bei 13 Befristungen in über 11 Jahren dagegen schon (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351 ff.).

35

Ausgehend von diesen Grundsätzen gelangte die Kammer zur Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Beklagten.

36

bbb) Die vorgenannten Grenzwerte indizieren entgegen der Ansicht der Beklagten durchaus die Notwendigkeit einer eingehenderen Missbrauchskontrolle. Zwar überschreitet die Gesamtdauer der Befristung des Klägers mit ca. 20 Monaten (bzw. ca. 30 Monaten, wenn man die sich zeitlich überschneidenden Befristungen jeweils gesondert zählt) für sich genommen den Schwellenwert von 2 Jahren nicht mehrfach und ist daher nach der Rechtsprechung des BAG nicht zu beanstanden. Dies gilt jedoch nicht für die Anzahl der Befristungsvereinbarungen. Die Beklagte stellt insoweit zu Unrecht auf lediglich sechs befristete Arbeitsverträge ab mit der Begründung, im übrigen handle es sich lediglich um vorübergehende Aufstockungen der Arbeitszeit, aber keine eigenständigen befristeten Verträge. Die von der Beklagten selbst mit "Änderungsvertrag" überschriebenen Befristungsvereinbarungen ändern keineswegs nur das Volumen der vom Kläger zu erbringenden Lehrtätigkeit, sondern beziehen sich auf je nach Lehrer unterschiedliche zu unterrichtende Fächer, auf verschiedene Schulen und sogar auf verschiedene Schulformen (Berufsbildende Schule O, Realschule T, Integrierte Gesamtschule T). Die Parteien schlossen jedes Mal einen eigenständigen, neuen Vertrag. Dass der Befristungszeitraum der Verträge sich zum Teil überschneidet, ändert an dieser inhaltlichen Bewertung nichts. Daher handelt es sich insgesamt um 13 befristete Verträge in weniger als zwei Jahren, weshalb der Schwellenwert des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG – sachgrundlos zulässige viermalige Befristung – wie vom BAG gefordert mehrfach überschritten ist. Eine kumulative mehrfache Überschreitung auch der Gesamtbefristungsdauer verlangt das BAG nicht. Selbst wenn man aber zugunsten des beklagten Landes auf eine geringere Befristungsanzahl käme, wäre es dem Kläger nach Ansicht der Kammer nicht zuzumuten, sich der geschilderten gängigen Befristungspraxis des Landes noch weitere Jahre auszusetzen, wenn und weil bereits jetzt absehbar ist, dass es an dieser nichts ändern wird.

37

ccc) Damit ist nach den oben dargestellten Grundsätzen ein Rechtsmissbrauch allerdings noch nicht gegeben, sondern lediglich eine genauere Prüfung der Einzelfallumstände angezeigt. Diese veranlasste die Kammer allerdings, hier im Ergebnis einen Rechtsmissbrauch anzunehmen.

38

(1) Zunächst fällt auf, dass die Beklagte den Kläger in mehreren Fällen weiterhin eingesetzt hat, nachdem der Sachgrund bereits entfallen war. So unterrichtete er im Dezember 2012 für den zu vertretenden Herrn U trotz dessen Rückkehr schon im November. Den gesamten Juni 2013 wurde er eingesetzt, obwohl der bis zum 07.06.2013 arbeitsunfähig erkrankte und deshalb nur bis dahin zu vertretende Herr U ab 10.06.2013 wieder in den Dienst zurückgekehrt war. Gleiches hat der Kläger in Bezug auf Frau Q vorgetragen, die ab 10.06.2013 wieder vollumfänglich von der Beklagten eingesetzt worden sei. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert genug entgegengetreten, jedenfalls aber beweisfällig geblieben. Im übrigen hat sie den vom 19.08.2011 bis 29.06.2012 zur Vertretung von Herrn U befristeten Vertrag während seiner Laufzeit am 31.01.2012 geändert in eine Vertretung für Frau S. Auf Nachfrage im Kammertermin, ob Herr U zu diesem Zeitpunkt zurückgekehrt sei, konnte sie sich nicht genau erklären. Eine Aufstockung zwecks doppelter Vertretung scheidet jedenfalls aus, da das Arbeitsvolumen im Vertrag vom 31.01.2012 nicht herauf-, sondern von 81,48 % auf 66,67 % herabgesetzt wurde. Gleiches gilt für die Vertretung, die der Kläger vom 08.04. bis 30.04.2013 für Herrn U zu leisten hatte. Auch dieser Vertrag wurde am 30.04. für die Zeit ab 01.05. von 92,59 % auf 70,37 % heruntergestuft, ohne dass die Beklagte hierzu eine nähere Erklärung hätte abgeben können. Daher ist in diesen Fällen unklar, ob Vertretungsbedarf im ursprünglich vereinbarten höheren Umfang für die im Vertrag benannte zu vertretende Lehrkraft überhaupt bestand.

39

(2) Dass der Kläger nicht nur Vertretungstätigkeiten für die im Vertrag benannten Lehrer leistete, ergibt sich im übrigen zum einen aus seinem unwidersprochenen Vortrag, im Juni 2013 an der Realschule trotz Rückkehr von Herrn U nicht nur weiterhin mit Unterricht, Aufsichtstätigkeiten und Arbeiten im Zusammenhang mit der Abschlussfeier und den Abschiedsstreichen betraut worden zu sein. Zum anderen folgt es aus seinem ebenfalls unwidersprochenen Vortrag, die Beklagte habe ihn außer in seinem angestammten Fach Elektrotechnik auch als unterrichtende Kraft in den Fächern Mathematik, Physik, Naturwissenschaften, Chemie, Französisch, Englisch, Religion, Musik, IT, Deutsch und Biologie eingesetzt. Dabei unterrichteten Herr V Elektrotechnik, Herr U Mathematik, Physik und Naturwissenschaften, Frau P Deutsch und Chemie, für Frau Q hat der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten mittelbar Mathematik und Lernzeitbetreuung übernommen. Damit verblieben für den Rest der vorgenannten übrigen Fächer nur Frau S und Frau R, auf die sich diese Fächer kaum alle verteilen durften, was wiederum die Vermutung nahelegt, dass der Kläger zwischenzeitlich noch weitere Lehrkräfte vertreten hat, ohne dass hierfür ein eigenständiger Sachgrund vorlag oder von der Beklagten angeführt wurde. Die Kammer findet es schon für sich genommen befremdlich, wenn das beklagte Land einen gelernten Elektrotechniker ohne pädagogische Ausbildung offenbar in der Mittelstufe Fächer wie Französisch, Englisch, Biologie, Musik oder Deutsch unterrichten lässt (und sei es nur vertretungsweise). Indes ist es an dieser Stelle nicht Aufgabe des Gerichts, die Qualität der schulischen Ausbildung zu beurteilen. Der Umstand, dass der Kläger unstreitig in einer Vielzahl "fachfremder Fächer" eingesetzt wurde, erhärtet aber dessen Vortrag, er sei von der Beklagten nicht nur in den Fächern der laut Befristungsvereinbarung zu vertretenden Lehrkraft eingesetzt worden, sondern vielmehr zur allgemeinen Bedarfsdeckung immer dort, wo gerade eine Lücke zu schließen gewesen sei.

40

(3) Nun folgt zwar selbst aus einem ständigen oder dauerhaften Vertretungsbedarf, den der Arbeitgeber auch mit unbefristet eingestellten Arbeitnehmern abdecken könnte, noch nicht automatisch ein Rechtsmissbrauch (EuGH 26.01.2012 NZA 2012, 135, 137; BAG 10.10.2012 NZA-RR 2013, 185, 187). Insbesondere muss der Arbeitgeber einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch Vorhaltung einer Personalreserve begegnen (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1364). Ein solcher ständiger Vertretungsbedarf kann aber gleichwohl im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden (BAG 13.02.2013 NZA 2013, 777, 781; ähnlich EuGH 26.01.2012 NZA 2012, 135, 138; ferner KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 145 b, c, 146 a). Zudem betonen sowohl der Europäische Gerichtshof wie auch das Bundesarbeitsgericht, dass die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines Bedarfs, der faktisch kein zeitweiliger, sondern ein ständiger und dauerhafter ist, nicht mehr durch § 5 Nr. 1 lit. a der EGB-UNICE-CEEP-Rahmen-vereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG gerechtfertigt ist (EuGH 23.04.2009 AP Nr. 6 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 103, 107; 26.01.2012 NZA 2012, 135, 137; hierzu gerade für den Öffentlichen Dienst kritisch und nachdrücklich Brose, NZA 2009, 706, 709 f.). Die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung wird dem Arbeitgeber vom Gesetzgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall einer Arbeitskraft zugebilligt, darf von ihm aber nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1364). Für diese Arbeitnehmer wäre dann nämlich de facto das befristete Arbeitsverhältnis der Normalfall und nicht das unbefristete, was nicht nur dem Leitbild des § 5 Nr. 1 lit. a der europäischen Rahmenvereinbarung widerspricht (EuGH 04.07.2006 AP Nr. 1 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 61; 23.04.2009 AP Nr. 6 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 104; 26.01.2012 NZA 2012, 135, 137; BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1357; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1364), sondern auch dem des TzBfG (BAG 27.07.2005 NZA 2006, 40, 46; 08.08.2007 NZA 2008, 229, 231; 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677; LAG Rheinland-Pfalz 05.09.2011 – 5 Sa 552/10; DLW/Hoß, Kap. 5 Rn. 83; KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 145 ff., 572 f.; APS/Backhaus, § 14 TzBfG Rn. 14, 76; Laux/Schlachter, § 14 Rn. 23). Dieses Leitbild findet auch sowohl auf europäischer Ebene im Erwägungsgrund Nr. 6 der Rahmenvereinbarung wie auf nationaler Ebene in der Gesetzesbegründung des TzBfG (BT-Drucks. 14/4374, S. 12) hinreichend Ausdruck.

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Genau dieses Regel-/Ausnahmeverhältnis zwischen befristetem und unbefristetem Arbeitsverhältnis wird durch die Befristungspraxis des beklagten Landes in sein Gegenteil verkehrt. Die Parteien haben im Jahre 2013 bis zu den Sommerferien nicht nur monatlich neue Befristungsabreden getroffen, sondern innerhalb von zwei Wochen (18.02. bis 05.03.) fünf verschiedene Befristungen vereinbart – teilweise täglich (18., 19., 20.02.) oder sogar mehrfach täglich (05.03.) –, von denen sich vier (!) auf denselben Anfangszeitpunkt, nämlich den 05.03., bezogen. So sollte der Kläger nach einem Vertrag, wohl dem Rahmenvertrag, vom 05.03. bis 05.07. mit 11,11 % für Frau Q tätig werden, vom 05.03. bis 19.03. mit 25,93 % für Frau Q, vom 05.03. bis 19.03. mit 62,96 % für Herrn U und vom 05.03. bis 11.03. mit 87,96 % für Frau P. Dass dabei die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats mitunter auf der Strecke blieb – wie unstreitig bei den Vereinbarungen vom 22.05.2012, 18.02.2013, 05.03.2013 (05.03. bis 11.03.) und 30.04.2013 –, verwundert nicht. Das beklagte Land will in der Sache jeden aufkommenden Vertretungsfall möglichst taggenau durch den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages abfedern, was hier in kürzester Zeit zu einer anschaulichen Unübersichtlichkeit verschiedener paralleler Befristungsvereinbarungen und -gründe führte. Selbst die Parteien hatten im Kammertermin auf verschiedene Nachfragen keinen Überblick mehr darüber, wann genau der Kläger aufgrund welcher Vereinbarung für welchen Lehrer mit welchem Fach in welchem Stundenvolumen tatsächlich zum Einsatz gebracht wurde (zumal sich bei Frau Q und Herrn U nach Aussage der Beklagten An- und Abwesenheitszeiten ständig abwechselten). Derartige Auswüchse, die nach dem ausdrücklichen Vortrag des beklagten Landes "der in der Schullandschaft gelebten Wirklichkeit" entsprechen – was die erkennende Kammer in Anbetracht der zahlreichen, allein im letzten Jahr bei ihr anhängigen Entfristungsklagen von Lehrern gegen das Land nur bestätigen kann –, sind nicht mehr von Sinn und Zweck des TzBfG gedeckt. Der Gesetzgeber will dem Arbeitgeber zwar ermöglichen, aus sachlichen Gründen einen Arbeitnehmer "nur" befristet einzustellen. Grundtypus bleibt aber weiterhin das unbefristete Arbeitsverhältnis. Daran ändert die gerade in den letzten Jahren deutlich zunehmende Praxis vieler – auch öffentlicher – Arbeitgeber, unbefristete Verträge anscheinend nur noch im Ausnahmefall anzubieten, nichts. Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als Quelle potentiellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um eine "Prekarisierung der Lage der Beschäftigten" zu verhindern (so ausdrücklich EuGH 04.07.2006 AP Nr. 1 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 63; 23.04.2009 AP Nr. 6 zu Richtlinie 99/70/EG Rn. 73; 26.01.2012 NZA 2012, 135, 136; BAG 18.07.2012 NZA 2012, 1351, 1358; 18.07.2012 NZA 2012, 1359, 1365; hierzu unter Verweis auf Erwägungsgrund Nr. 3 der Richtlinie 1999/70/EG Brose, NZA 2009, 706, 710).

42

Der Hintergrund für diese gesetzgeberische und höchstrichterliche Wertung wird durch den vorliegenden Fall eindrucksvoll veranschaulicht: Während sich das Arbeitsvolumen des Klägers zwischen Februar 2011 und Juni 2012 zwischen 45,83 % und 81,48 % bewegte, betrug es Ende 2012 37,04 %, dann bis zum 18.02.2013 44,44 %, danach für zwei Wochen 74,07 %, ehe es am 05.03. auf die 11,11 % des Rahmenvertrags abfiel, für eine Woche direkt wieder auf 87,96 % angehoben wurde, dann für eine Woche auf 62,96 % und danach für mehrere Wochen weiter auf 11,11 % abfiel, ehe es am 08.04.2013 auf 92,59 % stieg, ab 01.05. dann wieder auf 70,37 % fiel und nach dem 07.06. schließlich wieder 11,11 % betrug. Hieran wird hinreichend deutlich, dass es der Beklagten primär darum ging, so plötzlich, wie eine Kraft ausfiel – laut ihrer Klageerwiderung kommt es täglich zu kurz- oder langfristigen Ausfällen –, diese durch eine neue Befristung zu ersetzen, ähnlich einem Arbeitgeber, der für seinen Arbeitnehmer durchgehend nicht genügend Arbeit zur Verfügung hat, ihm aber gleichwohl nur die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vergüten will. Diese Situation ist deshalb vergleichbar, weil sie das vom Arbeitgeber typischerweise zu tragende Betriebs- und Wirtschaftsrisiko einseitig und vollständig auf den Arbeitnehmer abwälzen will, was dem Grundgedanken des Arbeitsvertrages aber diametral entgegensteht, denn die dem TzBfG zu Grunde liegende Wertung, dass der unbefristete Vertrag der Normalfall und der befristete die Ausnahme ist, gilt auch für den Umfang der Arbeitszeit, schließlich spielt dieser für eine längerfristige Planungssicherheit auf Seiten des Arbeitnehmers eine maßgebliche Rolle (so BAG 27.07.2005 NZA 2006, 40, 47; 08.08.2007 NZA 2008, 229, 231; 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677). Das Bundesarbeitsgericht betont ausdrücklich, dass der Vorbehalt des Arbeitgebers, durch entsprechende Vertragsgestaltung auf einen ungewissen Arbeitsbedarf flexibel reagieren zu können, gerade keinen Sachgrund für eine Befristung darstellt, sondern die Ungewissheit über künftigen Arbeitskräftebedarf zu seinem unternehmerischen Risiko gehört, das nicht durch den Abschluss befristeter Arbeitsverträge oder auch die Vereinbarung befristet geltender Arbeitsbedingungen (BAG 14.01.2004 NZA 2004, 719, 722) auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden kann (BAG 22.03.2000 NZA 2000, 881, 882; 05.06.2002 NZA 2003, 149, 151; 14.01.2004 NZA 2004, 719, 722).

43

Aus diesem Grunde spielt es vorliegend auch keine entscheidende Rolle, wenn sich die Beklagte darauf beruft, es handle sich in sieben Fällen nicht um eigenständige Befristungsvereinbarungen, sondern nur um vorübergehende Aufstockungen der Arbeitszeit, die einer Kontrolle nach dem TzBfG nicht unterfielen. Mit diesen Aufstockungen verfolgt die Beklagte genau das Ziel, das, wie eben dargestellt, durch die Regelungen des TzBfG verhindert werden soll, zumal das BAG selbst darauf hinweist, dass sich eine befristete Aufstockung der Arbeitszeit der Sache nach kaum noch unterscheiden lässt vom Abschluss eines zusätzlichen befristeten Arbeitsvertrags, welcher unmittelbar der Befristungskontrolle nach dem TzBfG unterliegt (BAG 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677). Abgesehen davon, dass es die vorübergehende Befristung von Arbeitsbedingungen einer Kontrolle nach dem TzBfG bislang nur Arbeitnehmern entzogen hat, die ansonsten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen – was bei dem Kläger gerade nicht der Fall und die Rechtsprechung daher auf seinen Fall nicht übertragbar ist –, hat auch das BAG für eine vorübergehende Arbeitszeitänderung um mehr als die Hälfte die Maßstäbe des TzBfG (im Rahmen der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle) für einschlägig gehalten (BAG 15.12.2011 NZA 2012, 674, 677). Damit griffen hier ohnehin die Wertungen des TzBfG, da die Befristungsvereinbarung vom 19.02.2013 die Arbeitszeit ab 05.03.2013 mit 11,11 % beziffert, die Vereinbarung vom 18.02.2013 hingegen bis zum 04.03.2013 ein Arbeitsvolumen von 74,07 % auswies und nach Ablauf des Vertrages vom 30.04. zum 07.06.2013 ein Abfall des Arbeitsvolumens von 70,37 % auf 11,11 % erfolgte, so dass sowohl zu Beginn wie auch am Ende der Befristungsvereinbarung vom 19.02.2013 die Differenz jeweils mehr als 50 % beträgt.

44

(4) Ein Befristungsverhalten wie das diesem Fall zugrundeliegende mag beim beklagten Land seit Jahren gängige Praxis sein. Von der Rechtsordnung gedeckt ist es nach Auffassung der Kammer nicht mehr.

45

dd) Nach alledem war die Befristungsvereinbarung vom 19.02.2013 unwirksam.

46

2. Dementsprechend war dem Klageantrag zu 3) stattzugeben, sofern er auf Weiterbeschäftigung nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen gerichtet war.

47

3. Abzuweisen war er hingegen in Bezug auf die begehrte Vergütung nach Entgeltgruppe 10 Stufe 2 TV-L.

48

Eine solche Vergütung kann der Kläger nicht aus Abschnitt B I Nr. 9 oder 10 der TdL-Richtlinien herleiten. Zwar bemisst sich seine Vergütung grundsätzlich nach Abschnitt B I, da er für seine Tätigkeit an der Integrierten Gesamtschule gemäß Abschnitt B VI Nr. 2 wie eine entsprechende Lehrkraft an Realschulen, d.h. nach Abschnitt B II, zu vergüten ist und dieser – mangels Einschlägigkeit der benannten Beispiele – am Ende bzgl. der "übrigen Lehrkräfte" für eine solche Tätigkeit auf die Eingruppierung an Grund- und Hauptschulen (Abschnitt B I Nr. 2, 2a, 9-13) verweist. Eine Vergütung nach Abschnitt B I Nr. 2, 2a, 12 und 13 macht der Kläger selbst nicht geltend, da die Voraussetzungen hierfür unzweifelhaft nicht vorliegen. Aber auch eine Vergütung nach Nr. 9-11 entfällt, da er zwar staatlich geprüfter Techniker ist, aber weder an der Integrierten Gesamtschule T noch an der Realschule T eine Tätigkeit als "technischer Lehrer" ausübt. Dies mag an der Berufsbildenden Schule O so gewesen sein, wofür er auch die entsprechende Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 bezog. Wenn er an der Integrierten Gesamtschule und der Realschule aber in anderen als technischen Fächern eingesetzt wird, erfüllt dies nicht das Tatbestandsmerkmal des "technischen Lehrers". Unabhängig davon, ob der Inhalt des Schreibens des Kultusministeriums aus dem Jahre 1987 für ihn verbindlich ist oder nicht, hätte er die Anspruchsvoraussetzungen einer höheren Vergütungsgruppe als der ihm gewährten E 6 darzulegen. Die Vorschriften, auf die er sich insoweit beruft, stützen sein Begehren jedenfalls nicht.

49

Gleiches gilt für Abschnitt B III Nr. 8 der TdL-Richtlinien. Dieser findet bereits deshalb keine Anwendung, da er nur für Lehrkräfte an Sonderschulen oder vergleichbaren Schulformen gilt, wozu weder die Integrierte Gesamtschule noch die Realschule zählen (für erstere gilt Abschnitt B VI, für letztere Abschnitt B II).

B.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

C.

51

Bei der Streitwertentscheidung wurden die Klageanträge zu 1) und 2) mit insgesamt 7.035 € (drei Bruttomonatsgehältern) bewertet, der Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Bruttomonatsgehalt (2.345 €) und der Eingruppierungsantrag gem. § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dem dreijährigen Unterschiedsbetrag zwischen gewährter und begehrter Vergütung in Höhe von (36 x [3.095 - 2.345] =) 27.000 €.

D.

52

Die Berufung war vorliegend nicht gesondert zuzulassen, da es hierfür an den Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG fehlt. Insbesondere sieht die Kammer ihre Ausführungen zum Rechtsmissbrauch als Bewertung des vorliegenden Einzelfalls an, die nicht im Widerspruch zu für einschlägig gehaltener höchstrichterlicher Rechtsprechung steht.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.