Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Okt. 2016 - 5 Sa 100/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1006.5SA100.16.0A
06.10.2016

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 26. Januar 2016, Az. 2 Ca 1514/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Abschluss eines Vorruhestandsvertrags.

2

Der im Juli 1960 geborene, schwerbehinderte Kläger war seit Dezember 1982 bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse Rheinhessen-Pfalz in A-Stadt als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Zum 01.01.2013 ist sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen. Der Kläger arbeitet seit 2005 als Sachbearbeiter in der Abteilung Pflegekasse zu einem Grundentgelt nach Entgeltgruppe 9 TVöD iHv. € 3.931,43 brutto.

3

Durch Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) vom 12.04.2012 wurde die Beklagte zum 01.01.2013 als Trägerin für die landwirtschaftliche Sozialversicherung errichtet; die bisherigen Träger wurden eingegliedert und aufgelöst. Die Beklagte trat nach Art. 2 § 1 Abs. 3 LSV-NOG in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Die Beklagte sollte bis zum 31.12.2015 das Personal um ca. 700 Vollzeitkräfte verringern und Standorte schließen, um Kosten in einer Größenordnung von ca. 40 Mio. Euro einzusparen. Der Standort A-Stadt soll erhalten bleiben. Der Arbeitsplatz des Klägers ist nicht weggefallen, weil im Bereich Pflegekasse durch das Pflegeneuordnungsgesetz ein personeller Mehrbedarf von acht Vollzeitkräften entstanden ist.

4

Nach Art. 2 § 1 Abs. 4 LSV-NOG findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag zur Regelung arbeitsrechtlicher Auswirkungen bei der Vereinigung von Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 01.12.1999 (FuTV) Anwendung. Darin ist auszugsweise geregelt:

5

"§ 2 Begriffsbestimmung

6

Maßnahmen im Sinne dieses Tarifvertrages sind beabsichtigte oder veranlasste organisatorische und/oder technische Maßnahmen, wie z.B. die Auflösung, Verlegung, Zusammenlegung oder Ausgliederung eines LSV-Trägers oder von deren Verbänden oder von Teilen von diesen, ...

7

§ 5 Arbeitsplatzsicherung

8

(1) Bei Maßnahmen im Sinne von § 2 ist für den Beschäftigten vorrangig der Erhalt des bisherigen Arbeitsplatzes zu sichern.

9

Sollte dies nicht möglich sein, ist der Arbeitgeber zu einer abgestuften Arbeitsplatzsicherung nach folgender Reihenfolge verpflichtet:

10

a) gleichartiger Arbeitsplatz am bisherigen Beschäftigungsort,…
f) anderer Arbeitsplatz am nächstmöglichen Beschäftigungsort. …

11

§ 11 Vorruhestandsgeld

12

(1) Kann einem Beschäftigten kein Arbeitsplatz nach § 5 Abs. 1 angeboten werden, so endet das Beschäftigungsverhältnis auf Antrag des Beschäftigten mit gleichzeitiger Zusage der Zahlung eines Vorruhestandgeldes. Die Höhe des Vorruhestandsgeldes beträgt monatlich

13

- 75 % der Urlaubsvergütung, wenn der Beschäftigte das 50. Lebensjahr und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hat,
- 85 % der Urlaubsvergütung, wenn der Beschäftigte das 55. Lebensjahr (bei Schwerbehinderung das 50. Lebensjahr) vollendet hat.

14

Voraussetzung ist, dass mindestens 240 Umlagemonate (…) zurückgelegt worden sind oder für mindestens 120 Kalendermonate ein Beschäftigungsverhältnis bei LSV-Trägern oder deren Verbänden bestanden hat. …"

15

Die gemeinsame Personalvertretung informierte die Beschäftigten am 20.03.2013 ua. darüber, dass diejenigen, die in den nächsten ein bis drei Jahren an einer Vorruhestandsregelung nach § 11 FuTV interessiert seien, ggü. der Personaladministration, die eine Liste führe, ihr Interesse bekunden könnten. Das Gerücht, Vorruhestandsanträge würden nach dem Eingangsdatum abgearbeitet, entbehre jeder Grundlage. Der Kläger zeigte mit Schreiben vom 28.03.2013 und vom 14.04.2014 sein Interesse an einer Vorruhestandsregelung an.

16

Die Beklagte veröffentlichte am 06.06.2014 folgende Informationen über Interessenbekundungen am Vorruhestand und einstweiligen Ruhestand im Intranet:

17

"Nach aktueller Planung werden bis zum 31.12.2014 mindestens 250 Vollzeitarbeitskräfte, insb. durch Versetzung in den einstweiligen Ruhestand/Vorruhestand oder durch Wechsel auf Stellenangebote des Bundes ausscheiden. Vorrangig soll dies durch den sog. Arbeitsplatzwegfall im Rahmen von Standortschließungen oder anderer organisatorischer Maßnahmen erfolgen. Weitere Beschäftigte werden durch den sog. Kriterienkatalog (Punkteschema) ausgewählt.

18

Nachstehend informieren wir Sie über den mit den Interessenvertretungen der Beschäftigten abgestimmten Kriterienkatalog zur Festlegung der Rangfolge der Interessenbekundungen am Vorruhestand bzw. einstweiligen Ruhestand. Dieser Kriterienkatalog findet Anwendung, soweit nicht ein individueller Arbeitsplatzwegfall gegeben ist. Auf der Grundlage der Kriterien wird nach dem jeweils erreichten Gesamtpunktwert eine Rangliste gebildet. Hieraus kann dann der maßgebliche Personenkreis für den vorzunehmenden Personalabbau ermittelt werden.

19

Als verbindliche Kriterien sind festgelegt:

20

- Besoldung-/Vergütungsgruppe
- Beschäftigungszeit bei der LSV
- Lebensalter (Geburtsdatum)
- Schwerbehinderung/Gleichstellung
- Standort.

21

Die Bewertung der Kriterien entnehmen Sie bitte nachfolgender Datei.

22

Neben den o.a. harten Kriterien sollen auch soziale Aspekte nicht unberücksichtigt bleiben. Dies kann unter anderem die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger sein. Die Bepunktung beträgt hier bis zu zehn Punkte. Bereits berücksichtigte Kriterien (Lebensalter, Schwerbehinderung) können hierunter nicht erneut bepunktet werden.

23

Zur Berücksichtigung dienstlicher Belange werden zuerst die Stabs- und Bereichsleiter/-innen über den jeweiligen vorgesehenen Personalabbau in ihrem Bereich informiert. Seitens der Vorgesetzten soll im Rahmen ihrer Stellungnahmen eine Angabe über den jeweiligen möglichen Austrittszeitpunkt erfolgen. Über den sich hieraus ergebenden Personenkreis wird die jeweilige Personal- und Schwerbehindertenvertretungen umgehend informiert. Sofern auf der Grundlage der Stellungnahmen auf Beschäftigte grundsätzlich oder zum vorgesehenen Termin nicht verzichtet werden kann, ist in Abstimmung mit der Stabsstelle Organisation/Innenrevision und dem Arbeitsbereich Personalplanung und -entwicklung/BGM/BEM zu entscheiden, ob dienstliche Belange einem vorzeitigen Ausscheiden entgegenstehen.

24

Zur Klärung von Unstimmigkeiten oder Zweifelsfällen wird eine Schiedsstelle errichtet. Hierzu gehört auch die Festlegung der Bepunktung der im Einzelfall vorgetragenen sozialen Aspekte. Zusätzlich wird die Schiedsstelle darüber informiert, bei wem dienstliche Belange einem vorzeitigen Ausscheiden entgegenstehen. …

25

Insgesamt werden nach derzeitiger Schätzung um die 700 Vollzeitarbeitskräfte bis zum 31.12.2015 abzubauen sein."

26

Der Kläger erzielte nach dem Kriterienkatalog 164 Gesamtpunkte. Im Einzelnen: Vergütungsgruppe (E 9 TVöD) 60 Punkte, Beschäftigungszeit (30-39 Jahre) 40 Punkte, Lebensalter 5 Punkte, Schwerbehinderung 15 Punkte, Standort A-Stadt 40 Punkte, pflegebedürftige Angehörige 4 Punkte. Die errichtete Schiedsstelle war mit dem Antrag des Klägers am 11.05.2015 befasst. Das Ergebnis ist streitig.

27

Am 06.07.2015 informierte die Beklagte im Intranet darüber, dass statt des ursprünglich geplanten Abbaus von 714 Vollzeitstellen bis zum 31.12.2015 der Personalabbau nach erreichten 616 Stellen nicht fortgesetzt werden soll. Der Personalabbau und die Veränderungen in den einzelnen Bereichen gefährde die Arbeitsfähigkeit in einzelnen Organisationseinheiten zunehmend; so seien Rückstände in der Bearbeitung aufgetreten, außerdem seien vermehrt Überlastungsanzeigen erfolgt. Somit sei der Personalabbau über das Ranglistenverfahren abgeschlossen.

28

Mit Schreiben vom 10.08.2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Abschluss einer Vorruhestandsvereinbarung aus dienstlichen Gründen nach einer fachlichen Stellungnahme der Bereichsleitung und der Bestätigung der Stabsstelle Organisation/Innenrevision ab. Mit seiner am 21.09.2015 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingegangenen Klage macht der Kläger den Vertragsschluss gerichtlich geltend.

29

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

30

die Beklagte zu verurteilen, mit ihm eine Vorruhestandsvereinbarung mit gleichzeitiger Zusage der Zahlung eines Vorruhestandsgeldes gemäß dem Tarifvertrag zur Regelung arbeitsrechtlicher Auswirkungen bei der Vereinigung von Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 01.12.1999 mit sofortiger Wirkung abzuschließen,

31

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss einer Vorruhestandsvereinbarung mit gleichzeitiger Zusage der Zahlung eines Vorruhestandsgeldes gemäß dem Tarifvertrag zur Regelung arbeitsrechtlicher Auswirkungen bei der Vereinigung von Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 01.12.1999 mit sofortiger Wirkung anzunehmen.

32

Die Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 26.01.2016 Bezug genommen.

35

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe aus § 11 FuTV keinen Anspruch auf einen Vorruhestandsvertrag, weil sein Arbeitsplatz unstreitig nicht weggefallen sei. Ein Anspruch folge auch nicht aus dem zwischen der Beklagten und dem Gesamtpersonalrat vereinbarten Kriterienkatalog iVm. § 315 BGB. Der Kläger habe keinen Verstoß gegen die erstellte Rangliste dargelegt, insb. keinen Beschäftigten mit einem kleineren Punktwert benannt, mit dem die Beklagte einen Vorruhestandsvertrag geschlossen habe. Die Ablehnung seines Antrags verstoße nicht gegen billiges Ermessen, denn die Beklagte habe bei ihrer Auswahlentscheidung dienstliche Belange berücksichtigen dürfen. Deren Berücksichtigung sei nicht auf vorruhestandswillige Beschäftigte in "Schlüsselpositionen" oder "mit kurzfristig nicht ersetzbarem Spezialwissen" beschränkt worden. Die dienstlichen Belange der Beklagten überwögen das Interesse des Klägers am Vorruhestand. Im Bereich Pflegekasse sei ein personeller Mehrbedarf entstanden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Bearbeitung von Vorgängen aus dem Bereich Pflegekasse vom Standort A-Stadt an den Standort K. zu verlagern. Es sei vielmehr sachgerecht, dass bei mehreren Standorten jeder personell und sachlich in der Lage sei, die übertragenen Arbeiten durchzuführen. Es sei unerheblich, dass die Beklagte zwei Beschäftigte aus dem Bereich Pflegekasse in A-Stadt (Frau St. und Frau B.) in die Abteilung innerer Dienst bzw. Berufsgenossenschaft versetzt habe. Die Beklagte habe dargelegt, dass Frau St. aus gesundheitlichen Gründen gewechselt sei, Frau B. sei durch einen anderen Beschäftigten ersetzt worden. Soweit der Kläger geltend mache, dass sein Vorgesetzter und eine Mitarbeiterin aus dem Bereich Pflegekasse (Frau G.) vom Arbeitsbereichsleiter angesprochen worden seien, ob sie eine Vorruhestandsvereinbarung abzuschließen wollen, stünde dies den dienstlichen Belangen an der Ablehnung seines Antrags nicht entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 26.01.2016 Bezug genommen.

36

Gegen das am 18.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 18.03.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 18.05.2016 verlängerten Begründungsfrist mit am 18.05.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.

37

Er macht geltend, er könne aus dem verbindlichen Kriterienkatalog, den die Beklagte mit dem Gesamtpersonalrat vereinbart habe, den Abschluss eines Vorruhestandsvertrags beanspruchen. Bei der Rangliste handele es sich um eine Namensliste iSd. § 1 Abs. 5 KSchG. Aus einem vor dem Arbeitsgericht geführten Parallelverfahren sei ihm bekannt geworden, dass eine 49-jährige Beschäftigte aus A-Stadt (Entgeltgruppe 8, 32 Jahre beschäftigt, nicht schwerbehindert, Gesamtpunktwert 120) auf ihren Antrag in den Vorruhestand versetzt worden sei. Sein Vorgesetzter sei mit einem Gesamtpunktwert von 160 gefragt worden, ob er in Vorruhestand wechseln wolle. Auch der Mitarbeiterin G. habe die Beklagte, trotz niedrigerer Punktzahl, eine Versetzung in den Vorruhestand angeboten.

38

Seinem Anspruch aus der Namensliste könne die Beklagte keine dienstlichen Belange entgegenhalten. Zwischen der Beklagten und dem Gesamtpersonalrat sei vereinbart worden, dass dienstliche Belange nur für ganz wenige Mitarbeiter "in Schlüsselpositionen" oder "mit kurzfristig nicht ersetzbarem Spezialwissen" im Rahmen des billigen Ermessens berücksichtigungsfähig seien. Da er keine Schlüsselposition einnehme und als Quereinsteiger nicht über Spezialkenntnisse in diesem Sinne verfüge, hätte das Arbeitsgericht über die streitige Vereinbarung Beweis erheben müssen. Auch im Übrigen entspreche die Entscheidung der Beklagten nicht billigem Ermessen. Soweit sie sich darauf berufe, dass die Funktionsfähigkeit des Bereichs Pflegekasse gewährleistet bleiben müsse, verwehre sie sämtlichen Mitarbeitern dieses Bereichs - ungeachtet ihrer Gesamtpunktzahl - eine Vorruhestandsregelung. Der Bereich Pflegekasse sei jedoch in Kenntnis des Pflegeneuordnungsgesetzes und des damit einhergehenden erhöhten Arbeitsaufwands nicht aus den Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Gesamtpersonalrat ausgenommen worden.

39

Weil bei der Auslegung des Begriffs "dienstliche Belange" die zu § 8 TzBfG aufgestellten Grundsätze heranzuziehen seien, hätte die Beklagte die konkreten Auswirkungen seiner Versetzung in den Vorruhestand auf die betrieblichen Abläufe darlegen müssen. Die Beklagte habe alle zumutbaren organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen, um seinem Antrag zu entsprechen. Die Bearbeitung der Vorgänge im Bereich Pflegekasse erfolge standortübergreifend und ausschließlich aktenlos. So habe der Abschnittsleiter am 25.01.2016 angeordnet, dass zwei Sachbearbeiter des Standorts A-Stadt aus der Abteilung Pflegekasse die Sachbearbeitung für Gebiete des Standorts K. übernehmen müssen. Der Beklagten sei daher möglich, organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die Arbeitsfähigkeit des Bereichs Pflegekasse aufrechtzuerhalten. Dies sei ihr auch während seiner fünfmonatigen krankheitsbedingten Fehlzeit im Jahr 2015 gelungen. Sollte er in den Vorruhestand wechseln, ginge die Arbeitsfähigkeit der gesamten Abteilung Pflegekasse an den Standorten in A-Stadt und K. sicherlich nicht verloren. Die Grenze der Belastbarkeit sei nicht erreicht. Hierfür spreche auch, dass die Beklagte seinem Vorgesetzten und Frau G. angeboten habe, in den Vorruhestand zu wechseln.

40

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich zuletzt,

41

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 26.01.2016, Az. 2 Ca 1514/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss einer Vorruhestandsvereinbarung mit gleichzeitiger Zusage der Zahlung eines Vorruhestandsgeldes gemäß dem Tarifvertrag zur Regelung arbeitsrechtlicher Auswirkungen bei der Vereinigung von Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 01.12.1999 anzunehmen.

42

Die Beklagte beantragt,

43

die Berufung zurückzuweisen.

44

Sie trägt vor, es sei zutreffend, dass sie eine 49-jährige Mitarbeiterin aus A-Stadt (nicht schwerbehindert, Gesamtpunktwert 120) auf ihren Antrag in den Vorruhestand versetzt habe. Diese Mitarbeiterin sei jedoch im Abschnitt X im Team Y tätig gewesen. Sie habe den Antrag des Klägers nicht mit der Begründung abgelehnt, dass er den erforderlichen Punktwert nicht erreicht habe, sondern aus dienstlichen Gründen. Es treffe zu, dass sie dem Vorgesetzten des Klägers bei einem Gesamtpunktwert von 160 die Möglichkeit eröffnet habe, in den Vorruhestand zu wechseln. Der Aufgabenbereich des Vorgesetzten als Teamleiter sei nicht identisch mit dem Aufgabenbereich des Klägers als Sachbearbeiter. Frau G. habe ihren Antrag auf Vorruhestand zurückgenommen, nachdem sie dessen Chancenlosigkeit erkannt habe.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

46

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

B.

47

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Abschluss einer Vorruhestandsvereinbarung.

I.

48

Der auf die Verurteilung der Beklagten zur Annahme des im Klageantrag liegenden Vertragsangebots des Klägers gerichtete zweitinstanzliche Antrag ist zulässig. Der Vertragsschluss soll mit der Rechtskraft eines der Klage stattgebenden Urteils nach § 894 Satz 1 ZPO herbeigeführt werden (vgl. BAG 15.09.2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 15 mwN).

II.

49

Der Antrag ist unbegründet.

50

1. Ein Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Vorruhestandsvertrags folgt weder aus dem Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) vom 12.04.2012 noch aus dem Tarifvertrag zur Regelung arbeitsrechtlicher Auswirkungen bei der Vereinigung von Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (FuTV) vom 01.12.1999, der nach Art. 2 § 1 Abs. 4 LSV-NOG auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

51

Der Anspruch auf einen Vorruhestandsvertrag nach § 11 FuTV setzt voraus, dass dem Beschäftigten kein Arbeitsplatz nach § 5 Abs. 1 FuTV angeboten werden kann. Nach dieser tariflichen Vorschrift ist bei Änderungen der Organisationsstrukturen "vorrangig" der Erhalt des bisherigen Arbeitsplatzes zu sichern. Da der bisherige Arbeitsplatz des Klägers im Bereich Pflegekasse am Standort A-Stadt unstreitig nicht weggefallen ist, muss die Beklagte dessen Antrag auf einen Wechsel in den Vorruhestand nicht annehmen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

52

2. Der Kläger kann einen Anspruch auf eine Vorruhestandvereinbarung auch nicht aus dem am 06.06.2014 von der Beklagten im Intranet veröffentlichten Ranglistenverfahren herleiten. Der Kriterienkatalog, den die Beklagte mit dem gemeinsamen Personalrat zur Festlegung der Rangfolge der Interessenbekundungen am Vorruhestand "abgestimmt" hat, stellt keine Dienstvereinbarung iSd. § 73 BPersVG dar. Die gemeinsame Personalvertretung hätte nach § 75 Abs. 3 BPersVG auch kein Mitbestimmungsrecht gehabt, weil dem die Sperrwirkung der Regelungen im Tarifvertrag zur Regelung arbeitsrechtlicher Auswirkungen bei der Vereinigung von Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 01.12.1999 (FuTV) entgegensteht, der kraft Gesetzes Anwendung findet (Art. 2 § 1 Abs. 4 LSV-NOG).

53

In § 11 FuTV sind die Anspruchsvoraussetzungen für einen Wechsel der Beschäftigten in den Vorruhestand vollständig, unmittelbar und erschöpfend geregelt. Weder das LSV-NOG noch der FuTV enthalten Bestimmungen, die zur Leistung von Vorruhestandsgeld in weiteren als den von § 11 FuTV erfassten Konstellationen ermächtigen würden. Aus dem Umfang, der inhaltlichen Ausdifferenzierung und der systematischen Vollständigkeit des FuTV kann abgelesen werden, dass die Tarifvertragsparteien einen Willen zur abschließenden Regelung der Materie besaßen. Für eine zusätzliche Regelung von Vorruhestandsansprüchen zwischen der Beklagten und der gemeinsamen Personalvertretung bleibt daher kein Raum.

54

Die Frage, inwiefern die gesetzliche Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung durch das LSV-NOG die Merkmale einer Rationalisierungsmaßnahme iSv. § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG erfüllt, kann dahinstehen (zur Schließung einer Betriebskrankenkasse durch das Bundesversicherungsamt vgl. BVerwG 28.11.2012 - 6 P 11/11).

55

Entgegen der Ansicht der Berufung musste das Arbeitsgericht keinen Beweis über die Behauptung des Klägers erheben, zwischen der gemeinsamen Personalvertretung und der Beklagten sei vereinbart worden, dass sich die Beklagte nur bei vorruhestandswilligen Mitarbeitern in "Schlüsselpositionen" oder "mit kurzfristig nicht ersetzbarem Spezialwissen" darauf berufen dürfe, ihrem Ausscheiden stünden dienstliche Belange entgegen. Eine derartige Vereinbarung wäre schon aufgrund des im Eingangssatz von § 75 Abs. 3 BPersVG normierten Gesetzes- und Tarifvorrangs unwirksam.

56

Nichts anderes ergibt sich im Lichte des tariflichen Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG). Im Anwendungsbereich betriebsverfassungsrechtlicher bzw. personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmungstatbestände, die vom Gesetzgeber unter Tarifvorrang gestellt worden sind, kann dieses Prinzip, wenn - wie hier - Tariföffnungsklauseln fehlen - nicht zum Vorrang günstigerer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen führen, weil hierdurch die Anordnung des Tarifvorrangs und die mit ihr bezweckte Absicherung der tariflichen Regelungsebene gegen konkurrierende betriebs- bzw. dienststelleninterne Rechtssetzungsaktivitäten unterlaufen würde (vgl. BVerwG 16. April 2013 - 6 P 11/12 - Rn. 18 mwN).

57

3. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der am 06.06.2014 von der Beklagten im Intranet veröffentlichten Information an die Beschäftigten, die - wie der Kläger - ihr Interesse an einer Vorruhestandsvereinbarung bekundet haben, um eine Gesamtzusage handelt. Der Kläger hätte nur dann einen Anspruch auf einen Vorruhestandsvertrag, wenn er die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllte (vgl. BAG 20.08.2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 14 mwN).

58

Das ist nicht der Fall. Die Beklagte hat den Arbeitnehmern, deren Arbeitsplatz - wie der des Klägers - nicht weggefallen ist, nicht uneingeschränkt zugesagt, ihrem Vorruhestandswunsch ausschließlich in der Reihenfolge der erreichten Gesamtpunkte (nach Kriterienkatalog) zu entsprechen. Vielmehr sind nach dem eindeutigen Wortlaut der Information vom 06.06.2014 "dienstliche Belange" zu berücksichtigen. Dies entspricht auch den gesetzlichen Pflichten der Beklagten, die die Neuorganisation gegenüber ihren Beschäftigten sozialverträglich umsetzen (Art. 2 § 1 Abs. 6 LSV-NOG) und bei der Aufgabenverteilung eine fachlich umfängliche Betreuung der Versicherten sicherstellen (Art. 1 § 4 Abs. 1 LSV-NOG) soll.

59

Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Vorschriften des § 1 Abs. 5 KSchG oder § 8 TzBfG - weder unmittelbar noch analog - zur Auslegung der Information der Beklagten im Intranet vom 06.06.2014 heranzuziehen. Aus der Information geht eindeutig hervor, dass es einer Prüfung bedarf, ob "dienstliche Belange" dem beantragten Vorruhestand entgegenstehen. Die vorliegende Fallkonstellation ist mit einer betriebsbedingten Kündigung oder der Durchsetzung eines Anspruchs auf Teilzeitarbeit (unter proportionaler Verringerung des Gehalts) nicht vergleichbar. Die organisatorische Gestaltungsfreiheit der Beklagten lässt sich - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht dahin einschränken, dass sie die Aufgabenverteilung zur Sicherstellung der fachlich umfänglichen Betreuung der Versicherten an den Vorruhestandswünschen ihrer Beschäftigten zu orientieren hätte.

60

4. Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ist die Beklagte bei der Entscheidung über den Vorruhestandsantrag des Klägers nicht frei in der Ausübung ihres Ermessens. Der Kläger hat vielmehr Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Entscheidung über seinen Antrag billiges Ermessen gemäß § 315 BGB wahrt. Die Beklagte muss bei ihrer Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen (zu Altersteilzeitanträgen vgl. BAG 27.01.2011 - 8 AZR 280/09 - Rn. 41; BAG 15.09.2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 26 mwN).

61

Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass die ablehnende Entscheidung der Beklagten der Billigkeit entspricht. Die Berufungskammer schließt sich dem an. Die Interessen des Klägers an einem Eintritt in den Vorruhestand (mit einem Vorruhestandsgeld von 85 %) liegen auf der Hand. Zu Gunsten des Klägers fällt ins Gewicht, dass er mit einem GdB von 50 schwerbehindert und nach einem ärztlichen Attest, das er der Beklagten vorgelegt hat, aufgrund Hypertonie schlaganfallgefährdet ist. Sowohl seine Mutter als auch seine Schwiegermutter sind pflegebedürftig. Hinzu kommt, dass der Kläger im Jahr 2015 fünf Monate arbeitsunfähig erkrankt war. Im betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) wurde er nach seinem unbestritten gebliebenen Vortrag von der Vertretungsregelung für andere Mitarbeiter sowie von Zusatzaufgaben und zusätzlichen Fallzahlen ausgenommen.

62

Die dienstlichen Belange der Beklagten an der Weiterbeschäftigung des Klägers als Sachbearbeiter in der Abteilung Pflegekasse überwiegen die des Klägers am Vorruhestand. Es ist unstreitig, dass im Bereich der Pflegekasse durch das Pflegeneuordnungsgesetz ein personeller Mehrbedarf von acht Vollzeitkräften entstanden ist, der nicht durch Neueinstellungen abgedeckt wird. Nach der vom Kläger vorgelegten Anlage K 12 rügte der Gesamtpersonalrat am 30.04.2015 eine Überlastung der verbliebenen Mitarbeiter. Es ist weiterhin unstreitig, dass der Standort A-Stadt erhalten bleiben soll. Die Beklagte muss deshalb dafür sorgen, dass in A-Stadt eine fachlich umfängliche Betreuung der Versicherten sichergestellt ist (Art. 1 § 4 Abs. 1 LSV-NOG). Das ist ein Sachgrund für die Ablehnung des klägerischen Antrags. Eine ordnungsgemäße Sachbearbeitung setzt (auch) voraus, dass genügend qualifiziertes Personal am Standort vorhanden ist. Die Beklagte muss deshalb die Aufgaben, die der Kläger am Standort A-Stadt wahrzunehmen hat, entgegen der Ansicht der Berufung, nicht an den Standort K. verlagern, um ihm einen Eintritt in den Vorruhestand zu ermöglichen. Soweit der Kläger geltend macht, es sei der Beklagte auch gelungen, seine fünfmonatige Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2015 zu überbrücken, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg. Krankheitsbedingte Ausfallzeiten kann die Beklagte nicht beeinflussen; sie müssen ggf. durch Mehrarbeit kompensiert werden. Den verbleibenden Mitarbeitern kann jedoch nicht zugemutet werden, die unstreitig vorhandene Arbeit des Klägers auf Dauer mitzuerledigen, damit er in den Vorruhestand wechseln kann.

63

5. Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden.

64

Dieser Grundsatz verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. nur BAG 31.07.2014 - 6 AZR 822/12 - Rn. 41 mwN).

65

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht ersichtlich. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer übereinstimmend erklärt, dass die Beklagte mit keinem Sachbearbeiter aus dem Bereich Pflegekasse in A-Stadt einen Vorruhestandsvertrag abgeschlossen hat. Die Beklagte hat den zweitinstanzlichen neuen Vortrag des Klägers, sie habe eine 49-jährige Mitarbeiterin aus A-Stadt (nicht schwerbehindert, Gesamtpunktwert 120) auf ihren Antrag in den Vorruhestand versetzt, bestätigt. Diese Mitarbeiterin war jedoch unstreitig nicht im Bereich Pflegekasse, sondern im Abschnitt X im Team Y tätig. Daher ist sie mit dem Kläger nicht vergleichbar. Es verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass der Vorgesetzte des Klägers (Gesamtpunktwert 160) vom Bereichsleiter angesprochen worden ist, ob er in den Vorruhestand wechseln wolle, was dieser unstreitig abgelehnt hat. Der Aufgabenbereich des vorgesetzten Teamleiters ist mit dem des Klägers als Sachbearbeiter nicht vergleichbar. Es kann auch dahinstehen, ob die Beschäftigte Gleich mit dem Kläger vergleichbar ist, denn sie ist ebenfalls nicht in den Vorruhestand gewechselt.

C.

66

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

67

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 894 Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung


Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 8 Zeitlich nicht begrenzte Verringerung der Arbeitszeit


(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. (2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Ve

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG 2021 | § 75 Bindung an die Beschlüsse der Einigungsstelle


(1) Der Beschluss der Einigungsstelle bindet die Beteiligten mit Ausnahme der in den Absätzen 2 und 3 geregelten Fälle. (2) Die oberste Dienstbehörde kann einen Beschluss der Einigungsstelle in Angelegenheiten, die im Einzelfall wegen ihrer Auswi

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG 2021 | § 73 Bildung und Zusammensetzung der Einigungsstelle


(1) Die Einigungsstelle wird bei der obersten Dienstbehörde gebildet. (2) Die Einigungsstelle besteht aus je drei Beisitzerinnen oder Beisitzern, die von der obersten Dienstbehörde und der bei ihr bestehenden zuständigen Personalvertretung bestel

Ladesäulenverordnung - LSV | § 4 Punktuelles Aufladen


Der Betreiber eines Ladepunkts hat den Nutzern von elektrisch betriebenen Fahrzeugen das punktuelle Aufladen zu ermöglichen. Dies stellt er sicher, indem er1.an dem jeweiligen Ladepunkt keine Authentifizierung zur Nutzung fordert, und die Leistungser

Referenzen - Urteile

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Okt. 2016 - 5 Sa 100/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Okt. 2016 - 5 Sa 100/16 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Aug. 2014 - 10 AZR 453/13

bei uns veröffentlicht am 20.08.2014

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. März 2013 - 11 Sa 1640/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 31. Juli 2014 - 6 AZR 822/12

bei uns veröffentlicht am 31.07.2014

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juli 2012 - 1 Sa 9/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Jan. 2011 - 8 AZR 280/09

bei uns veröffentlicht am 27.01.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Januar 2009 - 3 Sa 548/08 - aufgehoben.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Okt. 2016 - 5 Sa 100/16.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. Sept. 2017 - 1 Sa 284/17

bei uns veröffentlicht am 15.09.2017

Tenor I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 19.01.2017, Az.: 1 Ca 2157/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. II. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Partei

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.

(2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

(3) Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Er hat mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die von ihm festzulegende Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen.

(4) Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Ablehnungsgründe vereinbaren.

(5) Die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung in Textform mitzuteilen. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nach Absatz 3 Satz 1 über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn in Textform abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 3 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit in Textform abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt. Der Arbeitgeber kann die nach Satz 3 oder Absatz 3 Satz 2 festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.

(6) Der Arbeitnehmer kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.

(7) Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gilt die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.

(1) Die Einigungsstelle wird bei der obersten Dienstbehörde gebildet.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus je drei Beisitzerinnen oder Beisitzern, die von der obersten Dienstbehörde und der bei ihr bestehenden zuständigen Personalvertretung bestellt werden, sowie einer oder einem unparteiischen Vorsitzenden, auf die oder den sich beide Seiten einigen. Unter den Beisitzerinnen und Beisitzern, die von der Personalvertretung bestellt werden, muss sich je eine Beamtin oder ein Beamter und eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer befinden, es sei denn, die Angelegenheit betrifft nur die Beamtinnen und Beamten oder nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Kommt eine Einigung über die Person der oder des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt sie oder ihn die Präsidentin oder der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts.

(1) Der Beschluss der Einigungsstelle bindet die Beteiligten mit Ausnahme der in den Absätzen 2 und 3 geregelten Fälle.

(2) Die oberste Dienstbehörde kann einen Beschluss der Einigungsstelle in Angelegenheiten, die im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, innerhalb von vier Wochen nach dessen Zustellung ganz oder teilweise aufheben und in der Angelegenheit endgültig entscheiden. Die Aufhebung und deren Gründe sind der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden der Einigungsstelle sowie den beteiligten Dienststellen und Personalvertretungen unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.

(3) In den Fällen des § 78 Absatz 1 und des § 80 Absatz 1 Nummer 10 bis 13 und 19 bis 21 beschließt die Einigungsstelle, wenn sie sich nicht der Auffassung der obersten Dienstbehörde anschließt, eine Empfehlung an diese. Die oberste Dienstbehörde entscheidet sodann endgültig.

Gründe

I.

1

Die City BKK, die Antragstellerin, zeigte mit Schreiben vom 12. April 2010 dem Bundesversicherungsamt ihre Überschuldung an. Mit Schreiben vom 26. Mai 2010 beantragte der Hauptpersonalrat der City BKK, der Beteiligte zu 1, bei der Antragstellerin den Abschluss eines Sozialplans für den Fall der Kassenschließung. Da eine Einigung hierüber nicht zustande kam, rief der Beteiligte zu 1 die Einigungsstelle der City BKK, die Beteiligte zu 2, an. Diese beschloss am 16. Juni 2010 einen Sozialplan über Abfindungsleistungen. Deren Höhe bemisst sich nach einem Produkt aus der Zahl der Beschäftigungsjahre, dem Betrag von 4 100 € sowie einem altersbezogenen, von 1,25 bis 1,75 reichenden Faktor. Mit Bescheid vom 4. Mai 2011 ordnete das Bundesversicherungsamt die Schließung der Antragstellerin wegen fehlender auf Dauer gesicherter Leistungsfähigkeit zum 30. Juni 2011 an.

2

Das von der Antragstellerin angerufene Verwaltungsgericht hat den Beschluss der Beteiligten zu 2 vom 16. Juni 2010 aufgehoben. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 hat der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Die Schließung der Antragstellerin sei keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG, so dass für eine Mitbestimmung des Personalrats hinsichtlich der Aufstellung eines Sozialplans kein Raum sei. Damit gebe es auch keine Zuständigkeit der Beteiligten zu 2 als Einigungsstelle für den Spruch über den Sozialplan vom 16. Juni 2010. Entscheidendes Merkmal einer Rationalisierungsmaßnahme sei grundsätzlich, dass durch sie die Leistungen der Dienststelle durch eine zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen verbessert werden sollten, indem der menschliche Aufwand an Arbeit oder auch an Zeit, Energie, Material und Kapital herabgesetzt werde. Eine Rationalisierungsmaßnahme könne dazu führen, dass durch organisatorische Maßnahmen ganze Aufgabenbereiche und Organisationseinheiten in der Bearbeitung erleichtert oder gar wegrationalisiert würden. Die Komplettschließung einer Betriebskrankenkasse und die damit verbundene Auflösung eines körperschaftlich verfassten Rechtsträgers sei keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes. Die mit einer Rationalisierung typischerweise einhergehende und sie deshalb kennzeichnende Verringerung des Ressourcenaufwandes zur Erreichung eines bestimmten Ergebnisses oder zu dessen Verbesserung bei gleich bleibendem Aufwand sei bei Aufgabe des Tätigkeitsfeldes generell nicht gegeben, vielmehr komme es zum Wegfall der Aufgabe und daraus folgend zur Entbehrlichkeit der bisher zur Aufgabenerfüllung eingesetzten Beschäftigten. Dies sei anzunehmen, wenn mit der Schließung einer Betriebskrankenkasse deren Tätigkeit als Versicherungsträger auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung vollständig eingestellt werde, so dass von einem Wegfall der von ihr bisher durch ihre Beschäftigten erfüllten Aufgaben unter Verlust ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu sprechen sei. Der Mitbestimmungstatbestand könne nicht dadurch als erfüllt betrachtet werden, dass auf eine übergreifende, auf das Gesamtsystem der Daseinsvorsorge bezogene Betrachtung abgestellt werde, wonach eine Kasse nur Teil der als Einheit zu begreifenden gesetzlichen Krankenversicherung sei. Damit werde der konzeptionelle Rahmen des Bundespersonalvertretungsgesetzes verlassen. Für die Frage, ob eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes vorliege, seien nur die betroffene Körperschaft bzw. Verwaltungseinheit und die betroffenen Dienststellen als das Gegenüber der Personalvertretung in den Blick zu nehmen. Rationalisierungsmaßnahmen seien nur möglich, wenn die Körperschaft bzw. Verwaltungseinheit als Rechtsträger bzw. Dienstherr zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben noch weiter bestehe. § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG setze voraus, dass die betreffende Rationalisierungsmaßnahme der Verwaltung im Sinne des § 1 BPersVG bzw. der Dienststelle im Sinne des § 6 Abs. 1 BPersVG als verantwortliche Entscheidung zuzuordnen sei. Die Schließung einer Betriebskrankenkasse erfolge aber durch Anordnung des Bundesversicherungsamts als zuständiger Aufsichtsbehörde. Im Rahmen des Mitbestimmungstatbestandes dürfe die Zuordnung der Kassenschließung zur Verwaltung bzw. Dienststelle im Sinne der §§ 1, 6 Abs. 1 BPersVG nicht ausgeklammert werden. Die Schließung sei keine verantwortliche Entscheidung der Betriebskrankenkasse selbst und deshalb nicht beteiligungspflichtig. Eine Ausgleichs- bzw. Milderungspflicht durch Aufstellung eines Sozialplans könne die Verwaltung bzw. Dienststelle nur für eine von ihr zu verantwortende Entscheidung über eine Rationalisierungsmaßnahme treffen. Die für unbefriedigend erachtete Rechtslage hinsichtlich der Beschäftigungsverhältnisse bei Schließung einer Betriebskrankenkasse könne nicht dadurch korrigiert werden, dass auf der Ebene des geltenden Personalvertretungsrechts unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip dem Begriff der Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes ein Verständnis unterlegt werde, das auch die Schließung einer Betriebskrankenkasse als gesamter Körperschaft bzw. Verwaltungseinheit erfasse. Bei Verfassungswidrigkeit der geltenden Rechtslage hinsichtlich der Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse bedürfe es eines Tätigwerdens des Gesetzgebers unter Wahrnehmung des ihm zustehenden Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums.

3

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs haben die Beteiligten zu 1 und 2 Rechtsbeschwerde eingelegt.

4

Zu deren Begründung trägt der Beteiligte zu 1 vor: Die vollständige Schließung einer Körperschaft sei eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG. Die Schließung einer Dienststelle erweise sich immer dann als Rationalisierungsmaßnahme, wenn dies zur Vermeidung weiterer Defizite geschehe. In diesem Fall werde ein besseres Ergebnis (keine weiteren Defizite) durch weniger Aufwand (Nullaufwand) erreicht. Mit der Schaffung des Mitbestimmungstatbestandes nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG habe der Gesetzgeber die Absicht verfolgt, die Beschäftigten vor den Folgen eines Stellenabbaus aufgrund unternehmerischer Entscheidungen zu schützen und ihnen dafür einen Ausgleich zu gewähren. Ein Erfordernis zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile sei nicht nur dann gegeben, wenn sich das Arbeitsumfeld oder Tätigkeiten veränderten, sondern auch und erst recht dann, wenn sich die Maßnahme in einer Schließung erschöpfe und deswegen alle Arbeitsplätze wegfielen. Verlange man für eine Rationalisierungsmaßnahme eine Effizienzsteigerung, so sei es jedenfalls nicht erforderlich, dass die Effizienzsteigerung bei der geschlossenen Dienststelle selbst eintrete. Ausreichend sei, wenn die Effizienzsteigerung bei wenigstens einer anderen Dienststelle oder in einem Dienststellen-Verbund eintrete. Um einen solchen Verbund handele es sich bei dem System der gesetzlichen Krankenkassen. Der Gesundheitsfonds und der Risikostrukturausgleich bewirkten im Ergebnis die Einheitsversorgung zum Einheitskostensatz für alle abhängig Beschäftigten. Die Schließung der Antragstellerin erweise sich als Rationalisierungsmaßnahme, weil sie im Gesamtkontext der Aufrechterhaltung einer leistungsfähigen Gesundheitsversorgung diene. Die von der Antragstellerin wahrgenommenen Aufgaben der Daseinsvorsorge fielen nicht weg, sondern würden durch andere Krankenkassen fortgesetzt. Die Krankenkassen seien zwar Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Autonom seien sie jedoch nicht. Für alle Krankenkassen bestimmten sich die von ihnen zu erbringenden Leistungen und die zu erhebenden Beiträge einheitlich nach dem SGB V. Ein Ermessen bestehe grundsätzlich nicht. Bestehe ein Anspruch auf Krankenbehandlung, müsse die Kasse ihn erfüllen. Beitragssätze seien grundsätzlich gesetzlich vorgegeben. Die Beiträge würden nicht mehr von den Versicherten an die Krankenkasse selbst gezahlt, sondern an eine zentrale Stelle, von der die Mittel an die einzelnen Krankenkassen nach einem bestimmten Risikoschlüssel verteilt würden. Die Schließung einer Kasse mangels Leistungsfähigkeit werde aufgrund bundeseinheitlicher Vorgaben zentral gesteuert. Die Schließung einer Kasse bedeute im Gesamtkontext eine Maßnahme zur Konsolidierung des Kassensystems. Dass die Schließungsentscheidung der Aufsichtsbehörde selbst nicht beteiligungspflichtig sei, sei unerheblich. Der Sozialplan sei als Maßnahme zur Umsetzung einer organisatorischen Entscheidung mitbestimmungspflichtig. § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG verlange nicht, dass die die Sozialplanpflichtigkeit auslösende Rationalisierungsmaßnahme von der Dienststelle veranlasst worden sei. Der Zweck des Mitbestimmungstatbestandes, den individualrechtlichen Schutz der Beschäftigten vor Eingriffen in ihr Beschäftigungsverhältnis kollektivrechtlich zu ergänzen und zu erweitern, komme auch bei der vorliegenden Fallgestaltung zum Tragen.

5

Diesen Ausführungen schließt sich die Beteiligte zu 2 an und trägt ergänzend vor: Die Bestimmungen des SGB V zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Falle der Schließung einer Betriebskrankenkasse seien verfassungswidrig. Mit Blick darauf sei eine verfassungskonforme Auslegung des Mitbestimmungstatbestandes in § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG in der Weise geboten, dass sich dessen Anwendungsbereich auf die vorliegende Fallgestaltung zur erstrecken habe.

6

Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. September 2011 und den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. März 2011 zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen, den Beschluss der Beteiligten zu 2 vom 16. Juni 2010 aufzuheben.

7

Die Antragstellerin beantragt,

die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss.

II.

9

Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 sind zulässig. Insbesondere ist den Anforderungen Rechnung getragen, welche an den Inhalt der Rechtsbeschwerdebegründung zu stellen sind (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung, mit welcher er die Aufhebung des Einigungsstellenbeschlusses durch das Verwaltungsgericht bestätigt hat, allein darauf gestützt, dass ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG nicht gegeben sei. Damit haben sich die Beteiligten zu 1 und 2 in ihren Rechtsbeschwerdebegründungen ausführlich auseinandergesetzt. Auf die Frage der Überdotierung des Sozialplans brauchten sie nicht einzugehen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof diese Frage am Ende seines Beschlusses (S. 37 f.) angesprochen. Doch hat er sich in dieser Hinsicht nicht festgelegt, so dass von einer selbständig tragenden Hilfserwägung keine Rede sein kann. Abgesehen davon haben sich die Beteiligten zu 1 und 2 auch mit dieser Frage in ihren Rechtsbeschwerdebegründungen befasst (S. 20 f. bzw. S. 8 f.).

10

Die Rechtsbeschwerden sind jedoch nicht begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Beschluss der Beteiligten zu 2 vom 16. Juni 2010 ist rechtswidrig und daher auf Antrag der insoweit antragsbefugten Antragstellerin im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren aufzuheben.

11

Der Antrag, einen Beschluss der Einigungsstelle aufzuheben, ist insbesondere dann begründet, wenn dieser kompetenzwidrig ergangen ist. Wie sich aus der Regelung in § 69 Abs. 4 BPersVG und deren Einbettung in die vorhergehenden Bestimmungen in § 69 Abs. 1 bis 3 BPersVG ergibt, ist das Verfahren vor der Einigungsstelle die letzte Stufe des Mitbestimmungsverfahrens. Die Einigungsstelle ist daher nicht befugt, in einer Angelegenheit zu entscheiden, für welche dem Personalrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht.

12

Der Beschluss der Beteiligten zu 2 vom 16. Juni 2010 kann sich allein auf den Mitbestimmungstatbestand in § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG stützen. Danach hat der Personalrat - in Ermangelung einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung - mitzubestimmen über Aufstellung von Sozialplänen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die den Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen. Dieses Mitbestimmungsrecht steht dem Beteiligten zu 1 hier schon deswegen nicht zu, weil die Schließung der Antragstellerin durch das Bundesversicherungsamt nicht als Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes zu werten ist.

13

1. Ein Sozialplan im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG ist die Gesamtheit der Regelungen, die dem Ausgleich oder der Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen der Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen dienen sollen. Typischer Inhalt eines Sozialplans sind namentlich Abfindungen in Ermangelung möglicher oder zumutbarer Weiterbeschäftigung (vgl. dazu allgemein: Rehak, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, § 75 Rn. 180 ff.; Altvater, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 75 Rn. 22 ff.; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD, Band V, K § 75 Rn. 103 und 104a; Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 75 Rn. 168 f.; Kaiser, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 75 Rn. 473 ff.; von Roetteken, PersR 1994, 552 <555 ff.>; Bosch, PersR 1993, 71 <72>). Die den Beschäftigten entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, deren Ausgleich und Milderung der Sozialplan dient, müssen die Folgen von Rationalisierungsmaßnahmen sein. Nach dem Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes besteht eine enge Verzahnung von Rationalisierungsmaßnahme und Sozialplan.

14

2. Entscheidendes Merkmal einer Rationalisierungsmaßnahme ist grundsätzlich, dass durch sie die Leistungen der Dienststelle durch eine zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen verbessert werden sollen, indem der menschliche Aufwand an Arbeit oder auch an Zeit, Energie, Material und Kapital herabgesetzt wird. Diese Voraussetzungen können auch erfüllt sein, wenn durch organisatorische Maßnahmen ganze Aufgabenbereiche und Organisationseinheiten in der Bearbeitung erleichtert oder gar "wegrationalisiert" werden. Die Rationalisierungsmaßnahme ist auf Effektivitäts- und Leistungssteigerung angelegt (vgl. Beschluss vom 17. Juni 1992 - BVerwG 6 P 17.91 - BVerwGE 90, 228 <232 ff.> = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 79 S. 81 ff.; BAG, Urteil vom 19. Juni 2012 - 1 AZR 137/11 - juris Rn. 14; Rehak, a.a.O. § 75 Rn. 166 f.; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 75 Rn. 103; Kaiser, a.a.O. § 75 Rn. 468 ff.; teilweise abweichend bei Personalverringerung wegen Nachfragerückgangs: von Roetteken, a.a.O. S. 554; Altvater, a.a.O. § 75 Rn. 220).

15

a) Keiner Entscheidung bedarf, ob eine Rationalisierungsmaßnahme auch in der Auflösung einer Dienststelle bestehen kann, und zwar unter der Voraussetzung, dass damit ein Effizienzgewinn für einen Geschäftsbereich im Ganzen verbunden ist.

16

b) Jedenfalls gelangt § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG nicht zur Anwendung, wenn eine Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde aufgelöst wird. Dies folgt aus den Grundsätzen der Dienststellenverfassung, in welche die Mitbestimmungstatbestände nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz eingebettet sind.

17

aa) Mitbestimmungspflichtig sind unter der Voraussetzung, dass der jeweilige Mitbestimmungstatbestand erfüllt ist, Maßnahmen einer Dienststelle gegenüber den Beschäftigten dieser Dienststelle. Zur Mitbestimmung befugt ist der bei dieser Dienststelle gebildete Personalrat (örtlicher Personalrat). Unter der gleichen Voraussetzung mitbestimmungspflichtig sind die Maßnahmen einer übergeordneten Dienststelle, welche diese gegenüber den Beschäftigten nachgeordneter Dienststellen trifft. Mitbestimmungsbefugt ist die Stufenvertretung bei der übergeordneten Dienststelle (§ 82 Abs. 1 und 4 BPersVG), welche ihrerseits nach Maßgabe von § 82 Abs. 2 BPersVG den örtlichen Personalrat anhört. Die Zuständigkeit der Stufenvertretung erstreckt sich auf den Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle, bei welcher sie gebildet ist (vgl. § 53 Abs. 1 und 2 BPersVG). Die maßgebliche Festlegung auf den Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle wird auch im Sonderfall des § 82 Abs. 5 BPersVG eingehalten. Trifft zum Beispiel eine Dienststelle mit zentralem Zuständigkeitsbereich Maßnahmen gegenüber den Beschäftigten nicht nachgeordneter Dienststellen, so hat sie die Stufenvertretung bei derjenigen übergeordneten Dienststelle zu beteiligen, zu deren Geschäftsbereich sowohl sie als auch die Beschäftigungsdienststelle gehören (vgl. dazu Rehak, a.a.O. § 82 Rn. 42 ff.; Altvater, a.a.O. § 82 Rn. 36 ff.; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 82 Rn. 14 f.; Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 82 Rn. 26; Schwarze, in: Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 82 Rn. 38).

18

bb) Im Rahmen von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG ist mitbestimmungspflichtige Maßnahme die Aufstellung des Sozialplans. Typischerweise geschieht dies durch diejenige Dienststelle, deren Beschäftigte von der Rationalisierungsmaßnahme betroffen sind. Die Rationalisierungsmaßnahme selbst muss nicht von der Beschäftigungsdienststelle getroffen worden sein. Wegen der systematischen Einbettung des Mitbestimmungstatbestandes in die Dienststellenverfassung wird jedoch unausgesprochen vorausgesetzt, dass über die Rationalisierungsmaßnahme, welche die Sozialplanpflichtigkeit auslöst, entweder von der Beschäftigungsdienststelle oder von der dieser übergeordneten Dienststelle entschieden wird. Denn die übergeordneten Dienststellen, insbesondere die an der Spitze einer mehrstufigen Verwaltung stehende oberste Dienstbehörde, sind für die effektive Arbeitsorganisation innerhalb ihres Geschäftsbereichs verantwortlich.

19

Diese Erwägung wird durch den systematischen Zusammenhang zwischen § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG und § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG bestätigt. Nach der zuletzt genannten Bestimmung unterliegen die dort genannten organisatorischen Entscheidungen (Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen) der Mitwirkung des Personalrats. Diese besonders einschneidenden Maßnahmen werden häufig die Sozialplanpflichtigkeit nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG auslösen. Demgemäß ist die Mitwirkung der Stufenvertretung bei der Organisationsentscheidung der übergeordneten Dienststelle und die Mitbestimmung des örtlichen Personalrats bei der Aufstellung des Sozialplans durch die zu schließende Beschäftigungsdienststelle ein typisches Szenario (vgl. Lorenzen, a.a.O. § 78 Rn. 22 und 30; Altvater/Baden, a.a.O. § 78 Rn. 21; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 75 Rn. 105 und K § 78 Rn. 12; Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 75 Rn. 165; Kaiser, a.a.O. § 75 Rn. 459; Benecke, in: Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 78 Rn. 13; von Roetteken, a.a.O. S. 555; Bosch, a.a.O. S. 71). Dass die nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitwirkungsbedürftige organisatorische Maßnahme von der Beschäftigungsdienststelle selbst oder von einer ihr übergeordneten Dienststelle verfügt sein muss, unterliegt keinen Zweifeln.

20

cc) Die vorstehenden systematischen Überlegungen werden durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes unterstützt.

21

Im Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 13. Februar 1973 hatten die Koalitionsfraktionen vorgeschlagen, die hier in Rede stehenden Beteiligungstatbestände wie folgt zu fassen:

"(2) Der Personalrat wirkt mit bei

...

2. Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen,

3. Aufstellung eines Sozialplans zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Bediensteten infolge einer der unter Nummer 2 bezeichneten Maßnahmen entstehen" (BTDrucks 7/176 S. 17).

22

Nach diesem Gesetzentwurf war der Zusammenhang zwischen den organisatorischen Grundentscheidungen und der auf diese folgenden Aufstellung eines Sozialplanes offenkundig. Ebenso eindeutig war, dass die organisatorischen Maßnahmen, welche die Sozialplanpflichtigkeit auslösten, nach dem personalvertretungsrechtlichen Grundkonzept nur solche der Beschäftigungsdienststelle selbst oder ihr übergeordneter Dienststellen sein konnten.

23

Im Laufe der Beratungen des Innenausschusses haben die genannten Beteiligungstatbestände - von der Nummerierung der Paragrafen und deren Unterteilungen abgesehen - ihre bis heute geltende Fassung gefunden (BTDrucks 7/1339 S. 34 und 36). Die Anhebung der Angelegenheit "Aufstellung von Sozialplänen" auf Mitbestimmungsniveau entsprach dem Anliegen des Gesetzgebers, die Mitbestimmungsbefugnisse der Personalvertretung unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Schranken zu erweitern (BTDrucks 7/1373 S. 2). Hinsichtlich der organisatorischen Entscheidungen verblieb es bei der Mitwirkung entsprechend der Einschätzung des Gesetzgebers, dass in diesen Angelegenheiten die Verantwortung dem Dienststellenleiter auch nicht teilweise abgenommen werden kann (BTDrucks 7/176 S. 34 zu § 75). Mit der Aufnahme des Merkmals "Rationalisierungsmaßnahme" in § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG hat der Gesetzgeber die Mitbestimmung bei der Aufstellung von Sozialplänen im Vergleich zur Entwurfsfassung sowohl erweitert als auch eingeschränkt. Erweitert hat er sie, weil auch solche Rationalisierungsmaßnahmen die Mitbestimmung auslösen können, welche nicht die Dimension der organisatorischen Maßnahmen in § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG erreichen. Eingeschränkt hat er die Mitbestimmung, weil die organisatorischen Maßnahmen nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zur Sozialplanpflichtigkeit nur führen, wenn es sich bei ihnen um Rationalisierungsmaßnahmen handelt. Dafür jedoch, dass der Gesetzgeber bei alledem die Rationalisierungsmaßnahme aus dem beschriebenen Dienststellenzusammenhang herauslösen wollte, der für die Konzeption des Bundespersonalvertretungsgesetzes prägend ist, fehlt es an jeglichem Anhalt.

24

dd) Sinn und Zweck der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG sprechen ebenfalls dafür, dass die Rationalisierungsmaßnahme von der Beschäftigungsdienststelle oder einer ihr übergeordneten Dienststelle angeordnet worden sein muss.

25

Wie sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes ergibt, sollen durch den Sozialplan wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen oder gemildert werden, die den Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen. Der Sozialplan stellt sich damit als eine kollektivrechtliche Ergänzung des Schutzes der Beschäftigten aus dem Beamten- oder Arbeitsverhältnis dar (vgl. Beschluss vom 26. März 1986 - BVerwG 6 P 38.82 - Buchholz § 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 45 S. 45 f.; Altvater, a.a.O. § 75 Rn. 219; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 75 Rn. 103; Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 75 Rn. 165; Kaiser, a.a.O. § 75 Rn. 458; Rehak, a.a.O. § 75 Rn. 178; von Roetteken, a.a.O. S. 552). Der Mitbestimmungstatbestand setzt die rationalisierungsbedingten Vorteile der Dienststelle und die dadurch den Beschäftigten entstandenen wirtschaftlichen Nachteile in Beziehung zueinander. Der Dienststelle erwächst aus der Rationalisierungsmaßnahme ein Effizienzgewinn, in dem das Dienstleistungsergebnis durch eine zweckmäßigere Gestaltung der Arbeitsabläufe verbessert wird. Dieser Vorteil, der den Grundsätzen wirtschaftlicher Verwaltung entspricht (§ 69 Abs. 2 SGB IV) und letztlich dem Allgemeinwohl zugute kommt, ist mit wirtschaftlichen Nachteilen auf Seiten der Beschäftigten verbunden. Der Sozialplan soll diese Nachteile ausgleichen oder mildern.

26

ee) Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Schließung einer Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde nicht als Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG betrachtet werden kann.

27

Eine Selbstverwaltungskörperschaft ist nach der Konzeption des Bundespersonalvertretungsgesetzes ein selbständiger Dienststellenorganismus. Ist sie einstufig, so ist sie als Ganzes mit der Dienststelle gemäß § 6 Abs. 1 BPersVG identisch. Ist sie mehrstufig, so verfügt sie - ebenso wie die staatliche Verwaltung - über eine oberste Dienstbehörde und nachgeordnete Dienststellen (vgl. § 69 Abs. 3 Satz 2 BPersVG). Dies gilt auch für Sozialversicherungsträger (§ 88 BPersVG). Verfügt daher die oberste Dienstbehörde einer Selbstverwaltungskörperschaft die Schließung einer nachgeordneten Dienststelle, so mag dies unter den weiteren Voraussetzungen des § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG sozialplanpflichtig sein. Dies scheidet jedoch aus, wenn die Aufsichtsbehörde eine Selbstverwaltungskörperschaft auflöst. Denn sie steht außerhalb des Dienststellensystems der Selbstverwaltungskörperschaft. Ihre Schließungsentscheidung trägt nicht den Charakter einer innerdienstlichen Maßnahme, an welche in Gestalt einer Rationalisierungsmaßnahme § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG die Sozialplanpflichtigkeit anknüpft.

28

ff) Art. 3 Abs. 1 GG steht nicht dagegen.

29

Innerdienstliche Rationalisierungsmaßnahmen und die Schließung einer Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde sind wesensverschiedene Sachverhalte. Im erstgenannten Fall geht es um Effektivitäts- und Leistungssteigerung durch zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen innerhalb einer Verwaltung. Die aufsichtsbehördliche Schließungsentscheidung folgt dagegen gesamtstaatlichen Interessen bzw. übergreifenden Gründen des Gemeinwohls. Das sind typischerweise andere Dimensionen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz hindert nicht, die kollektivrechtliche Verpflichtung zur Aufstellung eines Sozialplans auf innerorganisatorische Entscheidungen zu beschränken, so dass der "begünstigte" Veranlasser für die Nachteile auf Seiten "seiner" Beschäftigten aufkommen muss.

30

gg) Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verlangt ebenfalls nicht, die Schließung einer Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde in die Mitbestimmung bei der Aufstellung von Sozialplänen einzubeziehen. Dem Gesetzgeber ist durch das Sozialstaatsprinzip nicht vorgeschrieben, wie er die Beteiligung der Personalvertretung an sozialen, personellen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten der Beschäftigten im Einzelnen ausgestaltet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. März 1979 - 2 BvL 2/77 - BVerfGE 51, 43 <58> und vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <69>). Folglich kann aus dem Sozialstaatsprinzip nicht hergeleitet werden, dass sich die Mitbestimmung des Personalrats bei der Aufstellung von Sozialplänen auf organisatorische Entscheidungen erstrecken muss, die außerhalb des nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz maßgeblichen Dienststellensystems ergangen sind (vgl. in diesem Zusammenhang BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1983 - 2 BvR 485, 486/80 - BVerfGE 65, 182 <193 f.>).

31

c) Die Schließung einer Betriebskrankenkasse durch das Bundesversicherungsamt ist keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG.

32

aa) Die Betriebskrankenkassen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 und 2 SGB V und § 29 SGB IV). Sie unterliegen staatlicher Aufsicht, welche auf Rechtsaufsicht beschränkt ist (§ 87 Abs. 1 SGB IV) und bei bundesunmittelbaren Versicherungsträgern wie der Antragstellerin vom Bundesversicherungsamt ausgeübt wird (§ 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Betriebskrankenkasse mit ihren Untergliederungen einerseits und das Bundesversicherungsamt andererseits sind somit organisatorisch eindeutig voneinander getrennt. Die staatliche Aufsichtsbehörde gehört nicht zum Dienststellensystem der Betriebskrankenkasse. Ihre Schließungsverfügung ist daher eine externe Entscheidung, die schon deswegen keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes sein kann.

33

bb) Abgesehen davon handelt es sich dabei in der Sache nicht um eine Rationalisierungsmaßnahme. Nach § 153 Satz 1 Nr. 3 SGB V wird eine Betriebskrankenkasse von der Aufsichtsbehörde geschlossen, wenn ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr auf Dauer gesichert ist. Dieser gesetzliche Schließungstatbestand ist nicht darauf angelegt, bei den übrigen Betriebskrankenkassen durch eine zweckmäßige Gestaltung der Arbeitsabläufe die Effizienz zu steigern. Vielmehr knüpft sie an die dauerhaft fehlende Leistungsfähigkeit der zu schließenden Kasse an und trägt damit zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems der gesetzlichen Krankenversicherung bei. Damit wird die Dimension personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung überschritten, wie bereits oben bei der Behandlung des Gleichbehandlungsgrundsatzes betont wurde.

34

cc) Die enge Bindung der Krankenkassen durch den Gesetzgeber rechtfertigt es nicht, die organisatorische Trennung von selbstverwalteten Krankenkassen und staatlicher Aufsicht personalvertretungsrechtlich zu vernachlässigen. Die Festlegung der Krankenkassen auf den Katalog von Pflichtleistungen (§§ 11 ff. SGB V), die Vorgabe eines allgemeinen Beitragssatzes (§ 241 SGB V) sowie die Finanzierung der Kassen durch Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 266 SGB V) stehen nicht in Widerspruch zum Gedanken der Selbstverwaltung. Vielmehr ist funktionale Selbstverwaltung mit Blick auf das demokratische Prinzip verfassungsrechtlich gerade dann unbedenklich, wenn Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Selbstverwaltungsorgane durch detaillierte gesetzliche Vorgaben ausreichend vorherbestimmt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2002 - 2 BvL 5, 6/98 - BVerfGE 107, 59 <94>).

35

d) Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen des SGB V, welche die individualrechtlichen arbeitsrechtlichen Verhältnisse im Falle der Kassenschließung betreffen, gebieten es nicht, den Mitbestimmungstatbestand nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG auf die aufsichtsbehördliche Schließung einer Betriebskrankenkasse zu erstrecken. Sollten die Regelungen in § 155 Abs. 4 Satz 9, § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V so zu verstehen sein, dass die Arbeitsverhältnisse der nicht bei einer anderen Betriebskrankenkasse untergebrachten Beschäftigten zum Schließungstermin unter Ausschluss des Kündigungsschutzes enden, so könnte das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG berührt sein. Soweit § 155 Abs. 4 Satz 9, § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V zu entnehmen ist, dass im Falle der Schließung der Betriebskrankenkasse deren ordentlich kündbare Arbeitnehmer nicht bei anderen Kassen unterzubringen sind, stellt sich die Frage eines Gleichheitsverstoßes, weil sich die Rechtslage sowohl von derjenigen bei Schließung einer Innungskrankenkasse oder einer allgemeinen Ortskrankenkasse (§ 146a Satz 3 SGB V) als auch von derjenigen im - nicht kassenarztspezifischen - Insolvenzfall unterscheidet (§ 170d Abs. 1 Satz 5 SGB V). Ein etwaiges dahingehendes verfassungsrechtlich relevantes Defizit ist im Bereich des Individualarbeitsrechts zu korrigieren, sei es im Wege verfassungskonformer Auslegung durch die Arbeitsgerichte, sei es im Wege der Gesetzesänderung. Die kollektivrechtlichen Regelungen und Grundsätze des Bundespersonalvertretungsgesetzes wären nicht geeignet, etwaige Defizite im Bereich des Individualarbeitsrechts zu korrigieren. Erst recht verbietet sich eine systemwidrige Kompensation im Wege richterlicher Rechtsfortbildung, die nur um den Preis einer Durchbrechung der beschriebenen tragenden Grundsätze des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu erreichen ist.

Beschluss

36

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe:

37

Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 RVG ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten ein Gegenstandswert, der "feststeht", von den Gerichten als solcher festzusetzen. Steht der Gegenstandswert nicht fest, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG ist er in diesem Fall in erster Linie - ohne Begrenzung auf einen Höchstbetrag - zu schätzen. Fehlt es an genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung, ist der Gegenstandswert - auch bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten - auf 4 000 € nach Lage des Falles auch niedriger oder höher, jedoch nicht über den Betrag von 500 000 € hinaus anzusetzen (vgl. zur gleichlautenden Regelung in § 8 Abs. 2 BRAGO: BAG, Beschlüsse vom 9. November 2004 - 1 ABR 11/02 - juris Rn. 6 ff. und vom 20. Juli 2005 - 1 ABR 23/03 - juris Rn. 3).

38

Vermögensrechtlich ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit, wenn dieser auf die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen gerichtet ist, die auf Geld oder Geldwerteleistung gerichtet sind (vgl. BAG, Beschluss vom 9. November 2004 a.a.O. Rn. 14). So liegt es hier. Das Begehren der Antragstellerin ist darauf gerichtet, den Beschluss der Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans aufzuheben, durch welchen Geldleistungen an ihre Beschäftigten festgelegt wurden. Dieser Charakter des streitigen Begehrens wird nicht dadurch berührt, dass die Antragstellerin den Beschluss der Beteiligten zu 2 in erster Linie für kompetenzwidrig hält.

39

Der Gegenstandswert steht hier weder fest, noch gibt es genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 30. November 2011 - PB 15 S 2921/11 - S. 6 f.). Es gilt daher die Begrenzung auf den Höchstbetrag von 500 000 €. Dieser Betrag ist hier festzusetzen, weil das Volumen des Sozialplans vom 16. Juni 2010 keinesfalls darunter liegt.

(1) Der Beschluss der Einigungsstelle bindet die Beteiligten mit Ausnahme der in den Absätzen 2 und 3 geregelten Fälle.

(2) Die oberste Dienstbehörde kann einen Beschluss der Einigungsstelle in Angelegenheiten, die im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, innerhalb von vier Wochen nach dessen Zustellung ganz oder teilweise aufheben und in der Angelegenheit endgültig entscheiden. Die Aufhebung und deren Gründe sind der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden der Einigungsstelle sowie den beteiligten Dienststellen und Personalvertretungen unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.

(3) In den Fällen des § 78 Absatz 1 und des § 80 Absatz 1 Nummer 10 bis 13 und 19 bis 21 beschließt die Einigungsstelle, wenn sie sich nicht der Auffassung der obersten Dienstbehörde anschließt, eine Empfehlung an diese. Die oberste Dienstbehörde entscheidet sodann endgültig.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Gründe

I.

1

Im Streit ist die Frage der Sozialplanfähigkeit (§ 80 Abs. 3 Nr. 13 SächsPersVG a.F., nunmehr § 81 Abs. 2 Nr. 9 SächsPersVG) bestimmter Maßnahmen zum Ausgleich von Nachteilen, die Beschäftigten des Erzgebirgskreises im Zusammenhang mit einer kommunalen Gebietsreform bzw. einer Verwaltungsreform im Freistaat Sachsen entstanden sind.

2

Durch Gesetz vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 102) wurde eine kommunale Gebietsreform im Freistaat Sachsen durchgeführt und hierbei u.a. der neue Landkreis Erzgebirgskreis gebildet. Ihm gehören alle Gemeinden von vier bisherigen Landkreisen an, die durch dieses Gesetz aufgelöst worden sind. Der Erzgebirgskreis ist Gesamtrechtsnachfolger dieser Landkreise. Mit der Neubildung wurde er Dienstherr bzw. Arbeitgeber ihrer Beschäftigten.

3

Durch ein weiteres Gesetz vom selben Tag (SächsGVBl. S. 138) wurde eine Verwaltungsreform im Freistaat Sachsen durchgeführt und hierbei u.a. den Landkreisen die Erledigung bestimmter bisher vom Land erledigter Aufgaben übertragen. Hierzu wurden Beschäftigte des Landes auf die Landkreise, u.a. auch auf den Erzgebirgskreis, übergeleitet.

4

Die kommunale Verwaltung im neugebildeten Erzgebirgskreis wurde sodann vom Beteiligten neu strukturiert. Hierbei wurden unter Auflösung bisheriger Organisationseinheiten neue Organisationseinheiten gebildet und verschiedene Funktionsstellen gestrichen. In diesem Zusammenhang wurden zahlreiche Beschäftigte neuen Verwendungen - teilweise an anderen Standorten - zugeführt.

5

Der Antragsteller legte im Wege des Initiativantrags den Entwurf einer Dienstvereinbarung über Maßnahmen zum Nachteilsausgleich vor. Nach ablehnender Stellungnahme des Beteiligten beschloss die vom Antragsteller angerufene Einigungsstelle ihre Unzuständigkeit mit der Begründung, es fehle an einer Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 80 Abs. 3 Nr. 13 SächsPersVG a.F.

6

Das Verwaltungsgericht hat die vom Antragsteller begehrte Feststellung, der Beschluss der Einigungsstelle sei rechtswidrig, abgelehnt. Die im Zuge der Neustrukturierung der kommunalen Verwaltung vorgenommenen Maßnahmen seien Reaktionen auf veränderte gesetzliche Gegebenheiten und daher keine Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne von § 80 Abs. 3 Nr. 13 SächsPersVG a.F.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat der Beschwerde des Antragstellers stattgegeben und die von ihm begehrte Feststellung ausgesprochen. Die Neustrukturierungsmaßnahmen hätten auf eine rationellere Arbeitsweise gezielt. Sie beruhten auf eigenen Entscheidungen des Beteiligten. Sinn und Zweck des Personalvertretungsrechts würden es gebieten, die Neustrukturierungsfolgen sozialverträglich abzufedern.

8

Der Beteiligte wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, den der Antragsteller verteidigt. Beide Verfahrensbeteiligten ergänzen und vertiefen ihren Vortrag aus den Vorinstanzen.

II.

9

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und hat daher Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Unrecht der Beschwerde des Antragstellers stattgegeben. Dies führt im Ergebnis zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

10

1. Der Feststellungsantrag ist nur in beschränktem Umfang zulässig.

11

Im angefochtenen Beschluss ist festgestellt, zwischen den Verfahrensbeteiligten befinde sich im Streit, ob ein Nachteilsausgleich durch Vereinbarungen zur Wegstreckenentschädigung sozialplanfähig sei (BA Rn. 3). Diese Feststellung wird durch die Einlassungen der Verfahrensbeteiligten gedeckt. In seinem Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 2. Juni 2010 hat der Beteiligte ausgeführt, über einen erheblichen Teil der vom Antragsteller ursprünglich geforderten Maßnahmen seien im Zuge des Einigungsstellenverfahrens Verständigungen - teilweise durch Abschluss gesonderter Dienstvereinbarungen - erzielt worden; kontrovers geblieben sei allein, ob Vereinbarungen zur Wegstreckenentschädigung sozialplanfähig seien (GA I 21). Diesem Vortrag ist der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 8. Juli 2010 (GA I 45 ff.) ebenso wenig wie in späteren Schriftsätzen entgegengetreten. Auf richterliche Nachfrage hin hat der Beteiligte im Rechtsbeschwerdeverfahren bekräftigt, lediglich die vom Antragsteller geforderte Vereinbarung zur Wegstreckenentschädigung sei im Streit. Der Antragsteller hat auf diese Nachfrage vorgetragen, er fordere "das Aufstellen eines Sozialplanes zur Abfederung wirtschaftlicher Nachteile für Beschäftigte, die diese durch längere Fahrzeiten/Wegstrecken erfahren" (Schriftsatz vom 26. März 2013 S. 7).

12

Ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einigungsstellenbeschlusses vom 25. November 2009 kann dem Antragsteller vor diesem Hintergrund nur insoweit zuerkannt werden, als sich die mit diesem Beschluss angenommene Unzuständigkeit der Einigungsstelle thematisch auf die Frage der Sozialplanfähigkeit der vom Antragsteller geforderten Regelung speziell zur Wegstreckenentschädigung bezieht. Ob weitere Regelungsinhalte sozialplanfähig sein und somit eine Zuständigkeit der Einigungsstelle begründen könnten, kann der Antragsteller nicht zur gerichtlichen Klärung bringen, da sich diese Frage zwischen den Verfahrensbeteiligten schon bei Abschluss des Einigungsstellenverfahrens nicht mehr im Streit befand. Der Antragsteller kann diesbezüglich auch kein sog. abstraktes Feststellungsinteresse geltend machen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern entsprechende Streitfragen künftig auftauchen könnten (vgl. Beschluss vom 9. Juli 2007 - BVerwG 6 P 9.06 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 30 Rn. 13).

13

2. In dem Umfang, in dem er nach dem Vorgesagten überhaupt zulässig ist, ist der Feststellungsantrag unbegründet. Die vom Antragsteller begehrte Regelung zur Wegstreckenentschädigung ist nicht sozialplanfähig im Sinne von § 80 Abs. 3 Nr. 13 SächsPersVG a.F., so dass insoweit keine Zuständigkeit der Einigungsstelle gegeben ist. Der Sozialplanfähigkeit dieser Regelung steht der im Eingangssatz von § 80 Abs. 3 SächsPersVG a.F. normierte Gesetzes- und Tarifvorrang entgegen. Danach greift die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung über die in § 80 Abs. 3 SächsPersVG a.F. aufgeführten Gegenstände nur, "soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht". Eine die Mitbestimmung ausschließende gesetzliche oder tarifliche Regelung ist dann gegeben, wenn darin ein Sachverhalt vollständig, umfassend und erschöpfend geregelt ist (vgl. Beschluss vom 18. Mai 2004 - BVerwG 6 P 13.03 - BVerwGE 121, 38 <41> = Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 17 S. 2 f. m.w.N.). Solche Regelungen liegen in Bezug auf Wegstreckenentschädigungen in Gestalt der Sächsischen Trennungsgeldverordnung sowie in Gestalt von § 44 Abs. 1 TVöD BT-V vor (im Grundsatz ebenso Rehak, in: Vogelgesang/Bieler u.a., Landespersonalvertretungsrecht für den Freistaat Sachsen, Stand 2012, G § 81 Rn. 260; Sommer, in: Ilbertz/Widmaier/ders., BPersVG, 12. Aufl. 2012, § 75 Rn. 169; Rehak, in: Lorenzen u.a., BPersVG, Stand 2013, § 75 Rn. 181; Fischer/Goeres/Gronimus, GKÖD, Bd. V, Stand 2012, K § 75 Rn. 104; a.A. Altvater, in: ders. u.a., BPersVG, 7. Aufl. 2011, § 75 Rn. 229). Die Frage, inwiefern die Neustrukturierung der Verwaltung des Erzgebirgskreises die Merkmale einer Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 80 Abs. 3 Nr. 13 SächsPersVG a.F. erfüllt, kann dahinstehen.

14

a. Die Bedingungen, unter denen Beamte im Freistaat Sachsen für Fahrten zu ihrer Dienststelle Wegstreckenentschädigung beanspruchen können, sind in der Sächsischen Trennungsgeldverordnung (SächsTGV) geregelt. § 1 Abs. 2 SächsTGV enthält eine enumerativ gefasste Auflistung derjenigen Anlässe, die zur Trennungsgeldgewährung - und damit auch zur Fahrtkostenerstattung bzw. Wegstreckenentschädigung bei täglicher Rückkehr zum Wohnort (§ 6 SächsTGV) - führen. Zu diesen Anlässen zählen gemäß § 1 Abs. 2 SächsTGV u.a. auch Versetzungen aus dienstlichen Gründen, Abordnungen, Zuweisungen, Verlegungen der Beschäftigungsbehörde, nicht nur vorübergehende Zuteilungen aus dienstlichen Gründen zu einem anderen Teil der Beschäftigungsbehörde. § 1 Abs. 3 SächsTGV stellt bestimmte zusätzliche Voraussetzungen auf (u.a. Verschiedenheit von neuem und bisherigen Dienstort; Lage der Wohnung außerhalb des Einzugsgebiets im Sinne von § 2a Abs. 1 SächsTGV); weitere (einschränkende) Voraussetzungen ergeben sich aus § 2 SächsTGV für den Fall der Zusage einer Umzugskostenvergütung. Soweit Beamte des Erzgebirgskreises im Zuge der Neustrukturierungsmaßnahmen Verwendungen an neuen Dienstorten zugeführt wurden, wurde hiermit jeweils mindestens einer der Anlässe verwirklicht, die nach § 1 Abs. 2 SächsTGV grundsätzlich zur Trennungsgeldgewährung führen können, so dass nach näherer Maßgabe der sich aus § 1 Abs. 3, § 2 SächsTGV ergebenden Voraussetzungen und im Rahmen der Verfahrensbestimmungen des § 9 SächsTGV den Betroffenen ein Anspruch auf Wegstreckenentschädigung gemäß § 6 SächsTGV erwachsen konnte.

15

Die Sächsische Trennungsgeldverordnung enthält keine Bestimmung, die zur Leistung einer Wegstreckenentschädigung in weiteren als den von ihr erfassten Konstellationen ermächtigen würde. Aus dem Umfang, der inhaltlichen Ausdifferenzierung und der systematischen Vollständigkeit ihrer Vorschriften kann abgelesen werden, dass der Verordnungsgeber einen Willen zur abschließenden Regelung der Materie besaß. Für eine zusätzliche Regelung von Wegstreckenentschädigungen auf Ebene der Dienststelle bleibt daher kein Raum.

16

Nichts anderes folgt daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Dienstherr aufgrund seiner beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht ausnahmsweise zur Fahrtkostenerstattung in Sachlagen gehalten sein könnte, die trennungsgeldrechtlich ungeregelt sind. Eine solche Erstattungspflicht ist allenfalls in Erwägung zu ziehen, wenn andernfalls die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (Urteil vom 6. Juli 1983 - BVerwG 6 C 62.79 - Buchholz 238.90 Reisekosten und Umzugskosten Nr. 100 S. 66). Jenseits dieser extrem gelagerten Konstellation bleibt es beim abschließenden Charakter der Vorschriften der Sächsischen Trennungsgeldverordnung.

17

b. Im Hinblick auf Tarifbeschäftigte finden gemäß § 44 Abs. 1 TVöD BT-V die für Beamte geltenden trennungsgeldrechtlichen Bestimmungen entsprechende Anwendung. § 44 Abs. 1 TVöD BT-V ist seinerseits abschließend gefasst und nicht etwa als Mindestbedingung ausgestaltet, über die durch dienststelleninterne Vereinbarungen hinausgegangen werden dürfte. Dies ist bereits aus § 44 Abs. 3 TVöD BT-V zu folgern, der eigens - und ausschließlich - Abweichungen für Einrichtungen in privater Rechtsform oder andere Arbeitgeber zulässt, die nach eigenen Grundsätzen verfahren. Zudem liegt die Annahme fern, die Tarifvertragsparteien hätten speziell im trennungsgeldrechtlichen Zusammenhang einen Weg ebnen wollen, Tarifbeschäftigte im Verhältnis zu Beamten nicht nur gleichzustellen, sondern durch dienststelleninterne Vereinbarungen sogar besserzustellen (vgl. Schlemmer, Sächsisches Reisekostengesetz, Stand November 2008, § 1 SächsTGV Rn. 65).

18

Nichts anderes ergibt sich im Lichte des tariflichen Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG). Im Anwendungsbereich betriebsverfassungsrechtlicher bzw. personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmungstatbestände, die vom Gesetzgeber unter Tarifvorrang gestellt worden sind, kann dieses Prinzip - soweit, wie hier, Tariföffnungsklauseln fehlen - nicht zum Vorrang günstigerer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen führen, weil hierdurch die Anordnung des Tarifvorrangs und die mit ihr bezweckte Absicherung der tariflichen Regelungsebene gegen konkurrierende betriebs- bzw. dienststelleninterne Rechtssetzungsaktivitäten unterlaufen würde (vgl. Beschluss vom 20. Juli 1998 - BVerwG 6 P 13.97 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 12 S. 32; Zachert, in: Kempen/Zachert, TVG, 4. Aufl. 2006, § 4 Rn. 252; Wank, in: Wiedemann, TVG, 7. Aufl. 2007, § 4 Rn. 418 ff., 546 ff., 621; jeweils m.w.N.). Soweit der Gesetzgeber solche Tatbestände normiert hat, kann das Günstigkeitsprinzip daher nur im Verhältnis des Tarifvertrags zum Individualarbeitsvertrag oder zur vertraglichen Einheitsregelung greifen (Zachert, a.a.O.; der Sache nach ebenso BAG, Beschluss vom 20. April 1999 - 1 ABR 72/98 - BAGE 91, 210 <221 f.>).

19

c. Die Bestimmungen der Sächsischen Trennungsgeldverordnung sowie des § 44 Abs. 1 TVöD BT-V stehen der vom Antragsteller vorgeschlagenen Regelung auch insoweit entgegen, als nach seiner Vorstellung die Wegstreckenentschädigung alternativ in Form einer Gewährung von vergüteten Freistellungstagen geleistet werden können soll (vgl. GA I 32 f.; Schriftsatz vom 26. März 2013 S. 9). Denn als abschließend müssen diese Bestimmungen nicht nur im Hinblick auf den Anspruchstatbestand, sondern auch im Hinblick auf den Anspruchsinhalt verstanden werden. Die Gewährung vergüteter Freistellungstage würde für den Dienstherrn eine finanzielle Aufwendung bedeuten, der keine Arbeitsleistung des Beschäftigten gegenüberstünde; je nach Größenordnung müsste der Dienstherr zur Sicherstellung der Aufgabenerfüllung weitere Beschäftigte einstellen und hierfür die Personalausgaben erhöhen. Insofern würde die Vereinbarung vergüteter Freistellungstage durch die Parteien der Dienststellenverfassung den in der Sächsischen Trennungsgeldverordnung bzw. den in § 44 Abs. 1 TVöD BT-V durch den Verordnungsgeber bzw. die Tarifvertragsparteien fixierten Ausgleich zwischen den fiskalischen Interessen der öffentlichen Hand und den Individualinteressen der Beschäftigten ebenso wie die Gewährung von Trennungsgeld außerhalb der ausdrücklich geregelten Tatbestände unterlaufen.

20

Unabhängig hiervon bieten auch die einschlägigen - ihrerseits ersichtlich abschließend gefassten - urlaubsrechtlichen Bestimmungen keinen Raum für die dienststelleninterne Vereinbarung von Freistellungstagen für die hier in Rede stehende Konstellation. Der vom Antragsteller erwähnte § 29 Abs. 3 TVöD sieht die Möglichkeit der Gewährung einer Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts lediglich in "sonstigen dringenden Fällen" vor und bezieht sich damit auf Sachverhalte, in denen - strukturell vergleichbar den in § 29 Abs. 1 und 2 TVöD geregelten Sachverhalten - der Arbeitnehmer sich durch den Eintritt eines besonderen Ereignisses aus seinem persönlichen Lebenskreis gehindert fühlt, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen (vgl. Breier u.a., TVöD, Stand 2013, § 29 TVöD Rn. 70: "Verhinderungen anderer Art als diejenigen, die in den vorangehenden Abs. 1 und 2 geregelt sind"). Die Vorschrift zielt folglich nicht auf Fälle, in denen eine Freistellung - wie hier nach Vorstellung des Antragstellers - unspezifisch als Ausgleich für dienstbedingte Erschwernisse dienen soll. Ein entsprechendes Verständnis liegt auch der für Beamte geltenden Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 1 SächsUrlVO (Urlaub aus sonstigen Gründen) zugrunde.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. März 2013 - 11 Sa 1640/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Zuschuss zum Krankengeld für die Monate Januar bis April 2012.

2

Die 1959 geborene Klägerin stand aufgrund Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 seit dem 1. Juli 1990 in einem Arbeitsverhältnis zur m GmbH. In der Folgezeit kam es zu mehreren Betriebsübergängen. Zuletzt ging das Arbeitsverhältnis zum 1. November 2009 von der E GmbH auf die Beklagte über. Dort ist die Klägerin als Softwareentwicklerin zu einer Bruttomonatsvergütung von 4.220,01 Euro beschäftigt.

3

Anlässlich des Betriebsübergangs erhielt die Klägerin von der Beklagten ein Informationsschreiben vom 23. September 2009. Dort heißt es ua.:

        

1. Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses, …

        

Ihr Arbeitsverhältnis geht nach derzeitiger Planung zum Stichtag 1. November 2009 - vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen - unverändert auf die H-P GmbH über, die ab diesem Zeitpunkt Ihr neuer Arbeitgeber wird. Die H-P GmbH tritt dabei kraft Gesetzes in alle zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses ein (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB).

        

…       

        

15. Geplante Maßnahmen

        

a) HP Standardarbeitsvertrag

        

Ob HP Ihnen, unabhängig von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, ein Arbeitsvertragsangebot zu den HP Standardkonditionen zukommen lassen wird, ist heute noch nicht absehbar. Im Hinblick auf den Inhalt eines etwaigen Arbeitsvertragsangebotes sowie die bei HP bestehenden Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen werden Sie zu gegebener Zeit zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Die Annahme oder Nichtannahme eines HP Standardarbeitsvertrages hat keine Auswirkungen auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die H-P GmbH und den Bestand Ihres Arbeitsverhältnisses.“

4

Bei der Beklagten besteht eine sogenannte Krankheitspolicy. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin war diese ua. mit folgendem Wortlaut im Intranet für die Beschäftigten veröffentlicht:

        

Krankheitspolicy

        

Organisation: HR - Rewards

        

Gültigkeitsdatum: 01-Mai-1984

        

…       

        

Inhalt

        

Krankheitspolicy der H-P GmbH

        

Philosophy

        

Verfahren bei langfristiger Erkrankung eines Mitarbeiters.

        

Scope 

        

Mitarbeiter auf der deutschen Payroll mit HP Standard Terms & Conditions

        

Policy

        

Krankheitspolicy der H-P GmbH

        

Aufgrund der Neufassung des Pensionsplans zum 01. November 1975, werden wir in Zukunft im Falle von länger andauernder Krankheit eines Mitarbeiters nach folgenden Grundsätzen verfahren:

        

1. Jedem Mitarbeiter wird im Falle länger andauernder Krankheit im Anschluss an die gesetzliche Gehaltsfortzahlung ein Firmenzuschuss zum Krankengeld in Höhe des Differenzbetrages zwischen Krankengeld und seinem Nettogrundgehalt gewährt, falls er zu Beginn des Krankheitsfalles 1 Jahr bei der Firma beschäftigt ist.

        

2. Der Krankenzuschuss wird in der Regel solange gewährt, wie der Mitarbeiter Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung bezieht.“

5

Nach Ziff. 5 des Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 steht der Klägerin im Fall der Dienstverhinderung aufgrund unverschuldeter Umstände Entgeltfortzahlung für den Monat, in dem die Verhinderung beginnt, und für weitere drei Monate zu.

6

Die Klägerin war seit dem 26. September 2011 zumindest bis Ende April 2012 arbeitsunfähig erkrankt. Bis zum 31. Dezember 2011 leistete die Beklagte nach den Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 Entgeltfortzahlung. Ab dem 1. Januar 2012 bezog die Klägerin Krankengeld in Höhe von monatlich 1.985,10 Euro netto. Einen Zuschuss zum Krankengeld leistete die Beklagte nicht.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Krankengeldzuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem ihr gewährten Krankengeld und der Nettomonatsvergütung zu. Monatlich ergebe dies einen Betrag von 569,20 Euro. Bei der Krankheitspolicy handle es sich um eine Gesamtzusage, die auch ihr gegenüber bekannt gemacht worden sei. Diese gelte für alle Mitarbeiter, unabhängig davon, ob diese aufgrund eines Betriebsübergangs zur Beklagten gelangt seien. Die unter der Überschrift „Scope“ enthaltene Einschränkung sei in der ursprünglichen Krankheitspolicy vom 15. September 1975 nicht enthalten gewesen. Eine solche Einschränkung würde im Übrigen einer AGB-Kontrolle nicht standhalten.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.276,80 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Mai 2012 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Krankheitspolicy handle es sich um eine Gesamtzusage an alle Mitarbeiter mit einem „HP-Standardarbeitsvertrag“. Nur diese Version der Krankheitspolicy von 1984 sei im Intranet bekannt gemacht worden. Die Klägerin verfüge nicht über einen solchen Vertrag, sondern ihr Arbeitsvertrag von 1990 bestehe zu den ursprünglichen Bedingungen fort.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit noch relevant - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat für die Monate Januar bis April 2012 keinen Anspruch auf einen Zuschuss zum Krankengeld.

12

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet die Krankheitspolicy vom 1. November 1975/10. Mai 1984 keine Anwendung. Die Klägerin fällt nicht in ihren Geltungsbereich. Die Beschränkung des Geltungsbereichs auf Beschäftigte mit einem sog. HP-Standardarbeitsvertrag hält einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB stand.

13

1. Bei der Krankheitspolicy handelt es sich um eine an die Mitarbeiter der Beklagten gerichtete Gesamtzusage.

14

a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Ihrer bedarf es nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 16). Von der seitens der Arbeitnehmer angenommenen, vorbehaltlosen Zusage kann sich der Arbeitgeber individualrechtlich nur durch Änderungsvertrag oder wirksame Änderungskündigung lösen (BAG 11. Dezember 2007 - 1 AZR 869/06 - Rn. 13).

15

Eine Gesamtzusage ist typischerweise nicht auf die im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Erklärung beschäftigten Arbeitnehmer beschränkt. Sie wird regelmäßig auch gegenüber nachträglich in den Betrieb eintretenden Mitarbeitern abgegeben und diesen bekannt. Auch sie können deshalb das in ihr liegende Vertragsangebot gemäß § 151 BGB annehmen. Gemäß § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Geht es nicht um eine einmalige Leistung an bestimmte Arbeitnehmer, sondern erklärt sich der Arbeitgeber zu einer Regelung im Sinne einer auf Dauer angelegten Handhabung bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen bereit, spricht das für die Fortgeltung des Antrags bis zu einer gegenteiligen Erklärung. Wegen der Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber jedem Arbeitnehmer, der die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ist auf die Erteilung der Gesamtzusage und nicht auf den Beginn des einzelnen Arbeitsverhältnisses abzustellen. Die Zusage hat für alle Arbeitnehmer den gleichen Inhalt und die gleiche Bedeutung, sofern es nicht zwischenzeitlich zu einer Veränderung des Inhalts der Zusage durch den Arbeitgeber gekommen oder diese für die Zukunft aufgehoben worden ist (BAG 23. September 2009 - 5 AZR 628/08 - Rn. 22 f., 28).

16

b) Um eine solche Gesamtzusage handelt es sich hier.

17

aa) Durch eine einseitige Erklärung der Beklagten wird bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiter einen Krankengeldzuschuss bei lang andauernder Erkrankung erhalten. Diese Zusage ist im Unternehmen der Beklagten - zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin im Jahre 2009 im Intranet - veröffentlicht worden, so dass die Mitarbeiter hiervon Kenntnis erhalten konnten.

18

bb) Maßgeblich für die Klägerin ist dabei die Gesamtzusage der Beklagten mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin zum 1. November 2009 hatte. Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatbestandlichen Feststellungen (vgl. zur Rechtswirkung von Feststellungen in den Entscheidungsgründen: BAG 18. September 2003 - 2 AZR 498/02 - zu B I 1 der Gründe) war die Krankheitspolicy zunächst an alle Mitarbeiter der Beklagten gerichtet. Noch vor der Begründung der Rechtsbeziehungen der Parteien wurde die Zusage aber dahin gehend beschränkt, dass nur noch Mitarbeiter mit HP-Standardarbeitsvertrag von der Zusage erfasst sein sollten. An diese von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen ist der Senat gebunden. Eine solche Beschränkung des Inhalts der Zusage ist gegenüber neu eintretenden Beschäftigten auch wirksam (BAG 23. September 2009 - 5 AZR 628/08 - Rn. 23, 28).

19

2. Die Klägerin fällt nicht unter den Geltungsbereich der Krankheitspolicy in der am 1. November 2009 maßgeblichen Fassung. Die Beschränkung des Geltungsbereichs auf „Mitarbeiter auf der deutschen Payroll mit HP Standard Terms & Conditions“ ist wirksam.

20

a) Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB (BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 18).

21

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beschränkung des Geltungsbereichs („Scope“) Vertragsbestandteil geworden. Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB.

22

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 27 mwN).

23

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Bestimmung des Geltungsbereichs der Gesamtzusage unter der Überschrift „Scope“ weder inhaltlich noch nach der äußeren Vertragsgestaltung überraschend. In der Veröffentlichung im Intranet ist - auch anzeige- bzw. drucktechnisch deutlich hervorgehoben - dargestellt, auf welche Mitarbeiter sich die im Folgenden wiedergegebene Policy beziehen soll. Auch der Sache nach ist es nicht ungewöhnlich, dem Inhalt einer Regelung ihren Geltungsbereich voranzustellen. Vielmehr handelt es sich um eine auch in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen übliche Regelungstechnik. Es ist unbedenklich, dies bei einer kollektiv an alle Mitarbeiter gerichteten Zusage ebenso zu handhaben, ein „Überrumpelungseffekt“ ist darin nicht zu erkennen. Etwas anderes ergibt sich jedenfalls in einem IT-Unternehmen, in dem üblicherweise eine Vielzahl englischer Begrifflichkeiten verwendet wird, auch nicht aus der Verwendung englischer Begriffe, wie zB „Scope“.

24

c) Die Klägerin ist keine Mitarbeiterin mit „HP Standard Terms & Conditions“ iSd. Krankheitspolicy. Dies ergibt eine Auslegung der Regelung.

25

aa) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, BAGE 139, 156). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 f.).

26

bb) Das Landesarbeitsgericht ist danach zutreffend davon ausgegangen, dass unter der Überschrift „Scope“ der Anwendungsbereich der Krankheitspolicy auf Mitarbeiter mit HP-Standardarbeitsvertrag beschränkt wird.

27

Das in der Veröffentlichung der Krankheitspolicy verwendete Wort „Scope“ bedeutet allgemein „Umfang, Bereich, Gebiet“ und in seiner rechtlichen Bedeutung „Anwendungsbereich, Geltungsbereich“ (Dietl/Lorenz Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik Englisch-Deutsch 6. Aufl.). Unter dieser Überschrift wird benannt, welche Mitarbeiter dem Geltungsbereich der Policy unterfallen, nämlich solche auf der deutschen Payroll mit „HP Standard Terms & Conditions“. Dass der Begriff Payroll („Gehaltsliste“) verständlich ist und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehenden Arbeitnehmer bezeichnen soll, stellt auch die Klägerin nicht in Frage. HP ist die Kurzbezeichnung der Beklagten, Standard bedeutet sowohl im Deutschen als auch im Englischen „Maßstab, Richtschnur, Norm; Qualitäts- oder Leistungsniveau“. Der Begriff Terms & Conditions bezeichnet die näheren Bedingungen einer Regelung (vgl. zur Verwendung dieser Begrifflichkeit im Zusammenhang mit einem Bonusanspruch zB BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 -). Insgesamt lässt sich die Bezeichnung „HP Standard Terms & Conditions“ daher eindeutig mit von der Beklagten gesetzten oder bei der Beklagten verwendeten Standardarbeitsbedingungen übersetzen. Für eine Anwendung der Unklarheitenregel bleibt insoweit kein Raum. Zwar mag es im Einzelfall fraglich sein, ob das im Sprachgebrauch der Beklagten offensichtlich verwendete Synonym „mit Standardarbeitsvertrag“ eine vollständig identische Bedeutung hat oder ob alle von der Beklagten gestalteten Verträge als HP-Standardarbeitsverträge anzusehen sind. Eindeutig ist jedenfalls, dass von anderen Unternehmen gestaltete Verträge, die gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB weiter gelten, nicht als „HP Standard Terms & Conditions“ iSd. Krankheitspolicy angesehen werden können.

28

d) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beschränkung der Gesamtzusage nicht intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

29

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22, BAGE 139, 156).

30

bb) Nach diesen Grundsätzen liegt keine Verletzung des Transparenzgebots vor. Die Beklagte wendet in ihrer Gesamtzusage, die an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtet ist, eine typische Regelungstechnik an, indem den materiellen Regelungen der hiervon erfasste Personenkreis vorangestellt wird. Dieser ist verständlich durch die Nennung einer bestimmten Vertragsgestaltung definiert. Die Verwendung englischer Begriffe („Scope“) oder einer deutsch-englischen Kunstsprache („Krankheitspolicy“) steht jedenfalls unter Berücksichtigung der beteiligten Verkehrskreise in einem internationalen IT-Unternehmen der Transparenz der Regelung nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht deshalb zutreffend davon aus, dass die Beschränkung hinreichend deutlich Arbeitnehmer vom persönlichen Geltungsbereich der Regelung ausschließt, die auf Grundlage eines nicht von der Beklagten verfassten Vertragswerks tätig sind, solange kein neuer Arbeitsvertrag mit der Beklagten im Rahmen der bei dieser üblichen Bedingungen abgeschlossen wird. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Information der Klägerin gemäß § 613a Abs. 5 BGB ausdrücklich die Thematik „HP Standardarbeitsvertrag“ (dort Ziffer 15a) angesprochen wurde und explizit von einem möglichen „Arbeitsvertragsangebot zu den HP Standardkonditionen“ die Rede ist. Solche den Vertragsschluss, dh. hier die Transformierung der Gesamtzusage in den Arbeitsvertrag der Klägerin, begleitenden Umstände, sind gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen(BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 27, BAGE 143, 30).

31

e) Die Klägerin ist keine Mitarbeiterin, die über einen HP-Standardarbeitsvertrag verfügt bzw. nach „HP Standard Terms & Conditions“ beschäftigt wird. Vielmehr gelten für sie gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB weiterhin die Bedingungen ihres ursprünglich mit der m GmbH geschlossenen Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 und sie nimmt Leistungen nach diesen Vertragsbedingungen in Anspruch, wie zB die Entgeltfortzahlung für einen Zeitraum von über drei Monaten gemäß Ziffer 5.1.

32

II. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Kiel    

        

    Rudolph    

                 

Der Betreiber eines Ladepunkts hat den Nutzern von elektrisch betriebenen Fahrzeugen das punktuelle Aufladen zu ermöglichen. Dies stellt er sicher, indem er

1.
an dem jeweiligen Ladepunkt keine Authentifizierung zur Nutzung fordert, und die Leistungserbringung, die die Stromabgabe beinhaltet, anbietet
a)
ohne direkte Gegenleistung, oder
b)
gegen Zahlung mittels Bargeld in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt, oder
2.
an dem jeweiligen Ladepunkt oder in dessen unmittelbarer Nähe
a)
die für den bargeldlosen Zahlungsvorgang erforderliche Authentifizierung ermöglicht und
b)
einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mindestens mittels eines gängigen Debit- und Kreditkartensystems durch Vorhalten einer Karte mit der Fähigkeit zur Nahfeldkommunikation anbietet.
Im Fall von Satz 2 Nummer 2 kann die Bezahlung zusätzlich mittels eines gängigen webbasierten Systems ermöglicht werden, wenn die Menüführung auf Deutsch und Englisch verfügbar ist und mindestens eine Variante des Zugangs zu einem webbasierten Bezahlsystem kostenlos ermöglicht wird. § 270a des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.

(2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

(3) Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Er hat mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die von ihm festzulegende Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen.

(4) Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Ablehnungsgründe vereinbaren.

(5) Die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung in Textform mitzuteilen. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nach Absatz 3 Satz 1 über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn in Textform abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 3 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit in Textform abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt. Der Arbeitgeber kann die nach Satz 3 oder Absatz 3 Satz 2 festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.

(6) Der Arbeitnehmer kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.

(7) Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gilt die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Januar 2009 - 3 Sa 548/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 18. August 2008 - 5 Ca 341/08 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als habe dieser zum vorgesehenen Rentenbeginn, dem 1. September 2007, vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 237 Abs. 5 SGB VI beanspruchen können.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen entgangenen Rentenbezugs.

2

Der 1947 geborene Kläger war seit 1. Juli 1980 bei der Beklagten, zuletzt als Vorschriftenverwalter im Luftwaffenmaterialdepot 42 in G, beschäftigt. Personalbearbeitende Dienststelle war die Standortverwaltung Z (nunmehr Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Z).

3

Auf das Arbeitsverhältnis fanden ua. der BAT, der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) sowie der Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 (TV UmBw) Anwendung. Dieser Tarifvertrag enthält auszugsweise folgende Regelungen:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Arbeitnehmer), die unter den

                 

- Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT)

                 

…       

                 

fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen.

        

…       

        
        

§ 2     

        

Unterrichtungspflicht

        

(1)     

Die betroffenen Arbeitnehmer sind rechtzeitig über die ihren Arbeitsplatz betreffenden Organisationsentscheidungen und deren Auswirkungen zu unterrichten. Sie müssen rechtzeitig vor sie betreffenden Personalentscheidungen ihre Vorstellungen für eine weitere Verwendung in Personalgesprächen einbringen können.

        

(2)     

Der Arbeitgeber hat die zuständige Personalvertretung rechtzeitig und umfassend über die vorgesehenen organisatorischen und personellen Maßnahmen zu unterrichten. Er hat die personellen und sozialen Auswirkungen dieser Maßnahmen mit der Personalvertretung zu beraten.

        

(3)     

Die Beteiligungsrechte der Personalvertretungen bleiben unberührt.

        

§ 9     

        

Abfindung

        

(1)     

Der Arbeitnehmer, der nach einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit von mindestens zwei Jahren wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes (§ 1 Abs. 1) im gegenseitigen Einvernehmen vor Vollendung des 58. Lebensjahres aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ausscheidet, erhält eine Abfindung nach Maßgabe folgender Tabelle:

                 

…       

                 

Erklärt der Arbeitnehmer innerhalb von sechs Wochen seit dem Angebot eines Auflösungsvertrages schriftlich seine endgültige Zustimmung zu der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, erhöht sich der aus Unterabsatz 1 ergebende Abfindungsbetrag um 25 v.H. …

        

§ 10   

        

Altersteilzeitarbeit

        

Unter Geltung des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung kann ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach folgenden Maßgaben vereinbart werden:

        

1.    

Mit Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des TV ATZ erfüllen, kann ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbart werden. Der Arbeitgeber kann in diesen Fällen die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

                 

Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über den Antrag auf Altersteilzeitarbeit zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

        

2.    

Für Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, gilt § 2 Abs. 2 und 3 TV ATZ.“

4

§ 2 TV ATZ bestimmt auszugsweise:

        

„(1)   

Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

                 

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet haben,

                 

b)    

eine Beschäftigungszeit (z.B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und

                 

c)    

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,

                 

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

        

(2)     

Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. …

        

(3)     

Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.“

5

Im Hinblick auf die Vollendung seines 55. Lebensjahres und der deswegen eröffneten Möglichkeit der Inanspruchnahme von Altersteilzeit ließ sich der Kläger im Januar 2002 durch Mitarbeiter der Beklagten über Altersteilzeit beraten und erhielt bei dieser Gelegenheit verschiedene Merkblätter ausgehändigt.

6

Am 7. März 2002 erhielt der Kläger eine Rentenauskunft von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bezüglich eines Rentenbeginns am 1. September 2007. Am 11. September 2002 wurde ihm eine weitere Rentenauskunft, die ua. die Variante eines Rentenbeginns ab dem 1. September 2007 wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab Vollendung des 60. Lebensjahres enthielt, erteilt.

7

Aufgrund eines entsprechenden Organisationsbefehls wurde am 25. November 2003 bekannt, dass die Beschäftigungsdienststelle des Klägers mit Ablauf des 31. Dezember 2009 aufgelöst werden solle.

8

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2003 beantragte der Kläger bei der zuständigen Standortverwaltung Z Altersteilzeit im Blockmodell ab September 2004 bis zu seinem Rentenbeginn im September 2007. Der Leiter der Beschäftigungsdienststelle des Klägers, K, bestätigte am 19. Dezember 2003, dass der beantragten Altersteilzeit dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Über den klägerischen Antrag wurde bis zum 31. Dezember 2003 nicht entschieden.

9

Nachdem der Kläger zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt auf die Beklagte zugekommen war und um den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nachgesucht hatte, teilte ihm die Standortverwaltung Z am 7. Januar 2004 schriftlich ua. mit:

        

„Sehr geehrter Herr B,

        

mit Ablauf des 31.12.2009 wird gemäß o.g. Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung das LwMatDp 42 in G aufgelöst.

        

Damit sind Sie Betroffener im Sinne des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw).

        

Sollten Sie Interesse haben, aus Ihrem unbefristeten Arbeitsverhältnis durch Auflösungsvertrag auszuscheiden, biete ich Ihnen eine Abfindung gem. § 9 TV UmBw an.

        

…“    

10

Am 12. Januar 2004 schrieb der Kläger an die Beklagte:

        

„Betreff: Angebot Abfindung gem. § 9 TVUmBw

        

Sehr geehrte Frau S,

        

hiermit möchte ich Ihr Angebot vom 07.01.2004 gem. § 9 TVUmBw (Abfindung) annehmen.

        

Mein Arbeitsverhältnis wird dann zum 20.08.2005 enden.

        

Eine Übernahme eines anderen Arbeitgebers, bei dem Versicherungspflicht in der VBL besteht, wird es nicht geben.

        

Bitte lassen Sie mir den Auflösungsvertrag schnellstens zukommen, da ich wichtige Termine beim Arbeitsamt nicht versäumen darf.

        

…“    

11

Hintergrund der Bitte um schnellen Abschluss des Auflösungsvertrages war, dass der Kläger eine Frist von 18 Monaten zwischen Abschluss des Auflösungsvertrages und Beendigung des Arbeitsverhältnisses einhalten musste, um den Eintritt einer Sperrzeit zu vermeiden. Der Kläger beabsichtigte, nach Ablauf des 20. August 2005 für die Dauer von zwei Jahren Arbeitslosengeld zu beziehen und sodann ab September 2007 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zu beziehen.

12

Am 13. Januar 2004 schlossen die Beklagte und der Kläger einen Auflösungsvertrag. Nach diesem sollte der Kläger mit Ablauf des 20. August 2005 wegen Wegfalls des Dienstpostens durch Auflösung der Beschäftigungsdienststelle aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr (§ 1 Abs. 1 TV UmBw) im gegenseitigen Einvernehmen gegen Abfindung gemäß § 9 TV UmBw aus dem Dienst der Bundeswehrverwaltung ausscheiden.

13

Anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers im August 2005 zahlte die Beklagte an diesen die ihm gemäß § 9 TV UmBw zustehende Abfindung in Höhe von 20 Monatsbezügen.

14

Bereits am 3. Dezember 2003 hatte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) beschlossen. Der Entwurf sah eine Änderung des § 237 SGB VI bezüglich des Renteneintrittsalters für den Fall der vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit vor. Während es nach der bisherigen Fassung von § 237 SGB VI möglich war, unter bestimmten Voraussetzungen mit der Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit zu erhalten, sollte dies nach dem Gesetzentwurf ab dem 1. Januar 2004 erst ab einem späteren Lebensalter möglich sein. Das am 26. Juli 2004 verkündete RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791) entspricht dem Regierungsentwurf. § 237 Abs. 5 SGB VI lautet in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes auszugsweise:

        

„(5)   

Die Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme wird für Versicherte,

        

…       

        
        

2.    

deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 1. Januar 2004 erfolgt ist, nach dem 31. Dezember 2003 beendet worden ist,

        

…       

        
        

nicht angehoben.“

15

Über den Kabinettsbeschluss vom 3. Dezember 2003 wurde in den Medien und im Internet berichtet. Der Kläger hatte weder den Kabinettsbeschluss noch den Gesetzesentwurf zur Kenntnis genommen.

16

Mit Bescheid vom 27. Juli 2007 teilte die Deutsche Rentenversicherung dem Kläger mit, dass seinem Antrag vom 6. Juli 2007 auf Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 SGB VI ab dem 1. September 2007 nicht entsprochen werden könne. Vertrauensschutz bestehe für ihn nicht, da seine Vereinbarung erst am 13. Januar 2004, also nicht vor dem 1. Januar 2004, getroffen worden sei. Die Rente wegen Arbeitslosigkeit könne daher frühestens zum 1. Mai 2009 mit einem Abschlag von 12 vH beginnen. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage blieb vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ohne Erfolg.

17

In der Zeit vom 21. August 2005 bis zum 19. April 2008 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld. Danach war er ohne Einkünfte. Seit dem 1. Mai 2009 bezieht der Kläger Altersrente.

18

Der Kläger meint, er sei im Wege des Schadensersatzes von der Beklagten so zu stellen, als hätte er ab dem 1. September 2007 vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bezogen, da ihn die Beklagte vor und bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung nicht richtig informiert habe und ihn auch nicht darauf hingewiesen habe, dass die ihm unbekannte Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 5 SGB VI nur für bis zum 31. Dezember 2003 geschlossene Beendigungsvereinbarungen gilt. Hätte ihn die Beklagte rechtzeitig und zutreffend informiert, hätte er den Aufhebungsvertrag oder eine Altersteilzeitvereinbarung vor dem 31. Dezember 2003 geschlossen. Insbesondere hätte er im Januar 2004 keinen Aufhebungsvertrag mehr vereinbart. Grundlage des Aufhebungsvertrages sei nämlich gewesen, dass er zum 20. August 2005 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, hiernach für die Dauer von zwei Jahren Arbeitslosengeld beziehe und sodann mit Vollendung des 60. Lebensjahres ab dem 1. September 2007 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erhalte. Dies sei bei einem Vertragsschluss im Januar 2004 aufgrund der Stichtagsregelung in der beabsichtigten Gesetzesänderung jedoch nicht mehr möglich gewesen. Die Beklagte habe sowohl die beabsichtigte Gesetzesänderung gekannt als auch gewusst, dass er mit der Vollendung des 60. Lebensjahres in den vorgezogenen Altersrentenbezug übertreten wollte. Die Beklagte habe ihn „sehenden Auges ins offene Messer rennen lassen“, weil sie mit ihm vor dem 1. Januar 2004 weder eine Auflösungs- noch eine Altersteilzeitarbeitsvereinbarung geschlossen habe.

19

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als habe dieser zum vorgesehenen Rentenbeginn, dem 1. September 2007, vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 237 Abs. 5 SGB VI beanspruchen können.

20

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

21

Sie vertritt die Auffassung, Aufklärungs- und Hinweispflichten hätten weder vor dem 1. Januar 2004 noch vor Abschluss des Aufhebungsvertrages bestanden. Auch sei sie nicht verpflichtet gewesen, eine Altersteilzeit- oder Aufhebungsvereinbarung noch im Dezember 2003 zu schließen.

22

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

23

Die Revision des Klägers ist begründet. Ihm steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu.

24

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz verneint, da weder ein vertraglicher Anspruch noch ein Anspruch wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage des Auflösungsvertrages vom 13. Januar 2004 gegeben sei. Auch einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 und §§ 249 ff. BGB hat das Landesarbeitsgericht verneint. Es hat angenommen, soweit dem Kläger durch ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden sei und gegebenenfalls noch künftig entstehen werde, habe hierbei ein Mitverschulden des Klägers mitgewirkt. Dieses sei derart erheblich, dass es zum Wegfall einer etwaigen Ersatzpflicht der Beklagten führe.

25

Zwar bestehe die Verpflichtung des Arbeitgebers, gegenüber Arbeitnehmern im Hinblick auf die versorgungsrechtlichen Folgen eines vorzeitigen Ausscheidens zutreffende Angaben zu machen, fehlerhafte Auskünfte habe die Beklagte dem Kläger aber im Zusammenhang mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht erteilt.

26

Allerdings könne eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht ausgeschlossen werden, soweit sie den Kläger nicht rechtzeitig auf die bis zum 31. Dezember 2003 bestehende Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 5 SGB VI hingewiesen habe. Dabei sei zwar festzustellen, dass die handelnden Vertreter der Beklagten bereits im Laufe des Monats Dezember 2003 von der bevorstehenden Gesetzesänderung Kenntnis hatten, dass jedoch andererseits der Geltungszeitraum der Vertrauensschutzregelung recht knapp bemessen war. Eine Hinweispflicht der Beklagten hätte frühestens ab dem 19. Dezember 2003 bestehen können. Erst zu diesem Zeitpunkt habe der personalbearbeitenden Dienststelle der Antrag des Klägers auf Altersteilzeit vorgelegen. Unter Berücksichtigung der bis zum 31. Dezember 2003 verbleibenden Arbeitstage stelle sich das Verschulden der Beklagten bezüglich des Unterlassens eines Hinweises auf Änderung der Rechtslage als gering dar, zumal ein schlichter Hinweis nicht genügt hätte. Vielmehr hätte es einer Mitwirkungshandlung des Klägers (Abschluss einer Vereinbarung vor dem 1. Januar 2004) bedurft, damit dieser in den Genuss der Vertrauensschutzregelung hätte kommen können. An einer solchen Mitwirkungshandlung habe es der Kläger fehlen lassen. Daher sei dem Kläger ein Mitverschulden zur Last zu legen, welches zum Untergang eines möglichen Schadensersatzanspruchs führe. Er habe es trotz objektiv gegebener Informationsmöglichkeiten unterlassen, sich über die anstehenden Änderungen im Rentenrecht zu informieren, obgleich diese Gegenstand einer breiten öffentlichen Diskussion gewesen seien. Der Kläger habe auch nicht auf die im Jahr 2002 eingeholten Informationen vertrauen dürfen, da diese im Dezember 2003 nicht mehr aktuell gewesen seien und er mit Änderungen im Rentenrecht habe rechnen müssen.

27

Dass die Beklagte nicht noch im Dezember 2003 eine Altersteilzeitvereinbarung mit dem Kläger getroffen habe, begründe keinen Schuldvorwurf, weil keine solche Verpflichtung zum Vertragsschluss bestanden habe. Den Personen, welche die Beklagte gegenüber dem Kläger vertreten hätten, sei eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen gewesen, die am 31. Dezember 2003 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Beklagte hätte nur dann über den Altersteilzeitantrag vom 16. Dezember 2003 „postwendend“ befinden müssen, wenn der Kläger auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit hingewiesen oder aber den Altersteilzeitantrag mit Nachdruck weiterverfolgt hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen. Vielmehr habe er in der Folgezeit um einen Auflösungsvertrag nachgesucht. Damit habe er sich widersprüchlich verhalten und eine unklare Lage geschaffen. Soweit der Beklagten diesbezüglich überhaupt ein Schuldvorwurf zu machen sei, sei ihr Verschulden derartig gering, dass es im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB gegenüber der groben Obliegenheitsverletzung des Klägers vollständig zurücktrete.

28

Sollte eine Hinweispflicht für die Beklagte auch nach dem 31. Dezember 2003 noch bestanden haben, lasse sich nicht feststellen, dass durch die entsprechende Pflichtverletzung der Beklagten der Nachteil des Klägers begründet worden sein könnte, dessen Ausgleich er begehrt. Der Kläger habe vorgetragen, dass er im Januar 2004 den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er von der Beklagten über die Stichtagsregelung informiert worden wäre. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers könnte mithin nur auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den vereinbarten Beendigungstermin hinaus gerichtet sein und nicht darauf, ihn so zu stellen, als hätte er ab 1. September 2007 vorgezogene Altersrente bezogen.

29

II. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

30

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

31

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das besondere Feststellungsinteresse nach dieser Vorschrift muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2).

32

Dem Feststellungsantrag steht der Vorrang der Leistungsklage vorliegend nicht entgegen. Zwar hat aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang vor einer Feststellungsklage, wenn der Kläger seinen Anspruch beziffern kann (BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2 ), jedoch kann dennoch ein Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO bestehen, wenn durch die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen den Zwang zur Leistungsklage sprechen(BAG 11. März 2008 - 3 AZR 358/06 - BAGE 126, 120 = AP UmwG § 131 Nr. 1 = EzA BetrAVG § 4 Nr. 7). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Richtet sich die Feststellungsklage nämlich gegen einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, kann erwartet werden, dass dieser einem gegen ihn ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - BAGE 112, 112 = AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 67 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 3).

33

Zwischen den Parteien ist einzig die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach streitig, so dass davon auszugehen ist, dass die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin ein Feststellungsurteil in gleicher Weise umsetzen wird wie ein Leistungsurteil.

34

2. Die Klage ist entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts begründet.

35

a) Es kann für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen, ob die Beklagte gegen Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten verstoßen hat. Die Klage ist nämlich bereits deshalb begründet, weil die Beklagte gegen die vertragliche Nebenpflicht, den Antrag des Klägers auf Altersteilzeit vom 16. Dezember 2003 vor Ablauf des 31. Dezember 2003 anzunehmen, schuldhaft verstoßen hat.

36

aa) Aus einem Schuldverhältnis erwachsen einer Vertragspartei nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils. Diese nunmehr mit Wirkung ab 1. Januar 2002 in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor dem Inkrafttreten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden.

37

Jedem Arbeitsverhältnis wohnt die Nebenpflicht des Arbeitgebers inne, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner sowie der anderen Arbeitnehmer nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Diese Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers auf die Rechte und Rechtsgüter der Arbeitnehmer gilt für alle schutzwürdigen Interessen, so auch für Vermögensinteressen (vgl. BAG 11. März 2008 - 3 AZR 358/06 - BAGE 126, 120 = AP UmwG § 131 Nr. 1 = EzA BetrAVG § 4 Nr. 7).

38

bb) Der Beklagten, handelnd durch den Leiter der Beschäftigungsdienststelle, K, lag spätestens am 19. Dezember 2003 der Antrag des Klägers auf Altersteilzeit vor. Grundsätzlich hätte keine Verpflichtung für die Beklagte bestanden, über diesen Antrag binnen eines bestimmten Zeitraumes zu entscheiden. Allerdings hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung - wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat - die Beklagte Kenntnis von dem Gesetzentwurf zu § 237 Abs. 5 SGB VI und der darin vorgesehenen Stichtagsregelung. Mit dieser sollte nach dem Willen der Bundesregierung gewährleistet werden, „dass potenziell berechtigte Versicherte auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses über den Gesetzentwurf (3. Dezember 2003) ihre Möglichkeit zur Vereinbarung von Altersteilzeit überprüfen und gegebenenfalls noch einen Vertrag über Altersteilzeitarbeit abschließen können“ (BR-Drucks. 1/04 S. 63 f.). Der Beklagten war bekannt, dass nach dem Gesetzentwurf nur eine Annahme des Altersteilzeitantrages des Klägers vor Ablauf des 31. Dezember 2003 die im Antrag bezeichnete Absicht des Klägers, ab September 2007 Altersrente in Anspruch zu nehmen, ermöglichen konnte. Allein die Möglichkeit, dass bis zur Verkündung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes noch Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen werden konnten, entband die Beklagte nicht von der Verpflichtung, im Hinblick auf die von der Bundesregierung beschlossenen Änderungen des § 237 SGB VI unverzüglich über den klägerischen Altersteilzeitwunsch zu befinden. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil im Dezember 2003 keine konkreten Anhaltspunkte vorlagen, welche die Annahme der Beklagten hätten rechtfertigen können, es werde im Gesetzgebungsverfahren nicht zur geplanten Anhebung des Renteneintrittsalters oder zu einer grundlegenden Änderung der beabsichtigten Vertrauensschutzregelung in § 237 Abs. 5 Nr. 2 SGB VI kommen.

39

cc) Die Beklagte wäre zur Annahme des klägerischen Antrages vom 16. Dezember 2003 verpflichtet gewesen, weil der Kläger Anspruch auf Altersteilzeit hatte.

40

§ 10 TV UmBw verweist darauf, dass unter der Geltung des TV ATZ der Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses möglich ist. § 2 Abs. 1 TV ATZ bestimmt ebenso wie § 10 Nr. 1 Satz 1 TV UmBw, dass der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, unter bestimmten Voraussetzungen die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren kann. Der mit diesen „Kann-Vorschriften“ für den öffentlichen Arbeitgeber eröffnete weite Entscheidungsspielraum ist jedoch durch § 10 Nr. 1 Satz 2 TV UmBw eingeschränkt worden.

41

Bei der Entscheidung über Altersteilzeitanträge von Arbeitnehmern ist der Arbeitgeber nicht frei in der Ausübung seines Ermessens. Ersichtlich haben die Tarifvertragsparteien mit der „Kann-Bestimmung“ nicht allein die Selbstverständlichkeit wiederholt, dass der Arbeitgeber Vertragsfreiheit genießt und daher mit den Arbeitnehmern auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes Verträge schließen kann. Ein Arbeitnehmer hat vielmehr Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über seinen Antrag billiges Ermessen gemäß § 315 BGB wahrt. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die beiderseitigen Interessen angemessen zu wahren (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - BAGE 96, 363 = AP ATG § 3 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 1).

42

Für eine ablehnende Entscheidung braucht der Arbeitgeber sachliche, nicht aber zwingend betriebliche oder dienstliche Gründe. Zu den sachlichen Gründen zählen auch finanzielle Erwägungen. Der Begriff des sachlichen Grundes umfasst zunächst dienstliche oder betriebliche Gründe, geht aber auch darüber hinaus. Dies bedeutet, dass dienstliche oder betriebliche Gründe stets auch sachliche Gründe sind, jedoch nicht jeder sachliche Grund gleichzeitig einen dienstlichen oder betrieblichen Grund darstellt.

43

§ 10 Nr. 1 Satz 2 TV UmBw regelt im Zusammenhang mit der „Kann-Vorschrift“, dass der Arbeitgeber in den Fällen des Satzes 1 die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen kann, soweit dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen. Da dieser Umstand bereits im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens nach § 315 Abs. 1 BGB berücksichtigungsfähig ist, wäre diese tarifliche Regelung überflüssig, wenn ihr keine weitere Bedeutung beigemessen würde. Deshalb ist aus § 10 Nr. 1 Satz 2 TV UmBw zu folgern, dass für die Ablehnung eines Altersteilzeitantrages nach § 10 Nr. 1 Satz 1 TV UmBw nicht jedweder sachliche Grund genügt, sondern ausschließlich dienstliche oder betriebliche Gründe den Arbeitgeber zur Ablehnung eines Altersteilzeitwunsches berechtigen.

44

Diese Einschränkung des Entscheidungsspielraums des Arbeitgebers ergibt sich auch aus dem Vergleich der Regelungen in § 10 Nr. 1 TV UmBw mit denen des § 2 TV ATZ. Während sich in § 10 Nr. 1 TV UmBw an Satz 1 (Altersteilzeit für Arbeitnehmer unter 60 Jahren) unmittelbar der Satz: „Der Arbeitgeber kann in diesen Fällen die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen“ anschließt, wird in § 2 Abs. 2 TV ATZ zunächst ein Rechtsanspruch auf Altersteilzeit für Arbeitnehmer begründet, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen. Erst hiernach regelt § 2 Abs. 3 TV ATZ, dass der Arbeitgeber die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen kann, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

45

Sowohl aus der systematischen Stellung als auch aus Sinn und Zweck der Regelungen in § 2 TV ATZ ist zu folgern, dass sich § 2 Abs. 3 TV ATZ lediglich auf Abs. 2 bezieht und in Bezug auf Abs. 1 (Altersteilzeit für Arbeitnehmer unter 60 Jahren) nicht anzuwenden ist (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - BAGE 96, 363 = AP ATG § 3 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 1). Abs. 1 erlaubt dem Arbeitgeber die Ablehnung eines Altersteilzeitantrages eines unter 60-jährigen Arbeitnehmers im Rahmen billigen Ermessens gemäß § 315 BGB. Er stellt somit deutlich niedrigere Anforderungen an die Möglichkeit der Ablehnung (im Ergebnis ebenso: Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Juni 2006 Teil VI - Altersteilzeit-TV Erl. 13.3). Da sich im Gegensatz hierzu in § 10 Nr. 1 TV UmBw die Möglichkeit der Einwendung „dienstlicher bzw. betrieblicher Gründe“ unmittelbar an die „Kann-Regelung“ des Satzes 1 (Altersteilzeit für Arbeitnehmer unter 60 Jahren) anschließt, ist zu folgern, dass eine Ablehnung von Altersteilzeitwünschen der unter 60-jährigen Arbeitnehmer nur bei Vorliegen dienstlicher oder betrieblicher Gründe möglich ist.

46

Mit Stellungnahme vom 19. Dezember 2003 hatte der Leiter der Beschäftigungsdienststelle bestätigt, dass der „beantragten Altersteilzeit dringende dienstliche Belange“ nicht entgegenstehen. Auch hat die Beklagte im Rechtsstreit keine Gründe vorgetragen, weshalb der Altersteilzeitantrag des Klägers abzulehnen gewesen wäre.

47

dd) Die rechtzeitige Annahme des Altersteilzeitantrages des Klägers war der Beklagten nicht unmöglich oder unzumutbar. Selbst wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, der Altersteilzeitantrag vom 16. Dezember 2003 habe erst am Freitag, dem 19. Dezember 2003, bei der Beschäftigungsdienststelle vorgelegen, so ist nicht ersichtlich, weshalb eine abschließende Bearbeitung an den verbleibenden vier Arbeitstagen (Montag 22., Dienstag 23., Montag 29. und Dienstag 30. Dezember 2003) nicht möglich gewesen sein soll. Zwar konnte der Altersteilzeitantrag nicht von der Beschäftigungsdienststelle in G rechtsverbindlich angenommen werden, aber weshalb eine kurzfristige Weiterleitung an die Standortverwaltung Z nicht möglich gewesen war, ist weder erkennbar noch von der Beklagten nachvollziehbar dargetan.

48

Hinzu kommt, dass die Beklagte aufgrund ihrer Kenntnis des Gesetzentwurfes mit der darin enthaltenen Stichtagsregelung organisatorische Maßnahmen hätte treffen müssen, um kurzfristig auf Wünsche von Arbeitnehmern auf Abschluss von Altersteilzeit- oder Aufhebungsvereinbarungen reagieren zu können. Wenn die Bundesregierung in einem Gesetzesentwurf einen zeitnahen Stichtag bezeichnet und zur Begründung angibt, dass mit der Festsetzung des Stichtages insbesondere gewährleistet werde, dass potenziell berechtigte Versicherte die Möglichkeit zur Vereinbarung von Altersteilzeit überprüfen und gegebenenfalls noch einen Vertrag über Altersteilzeitarbeit abschließen können, so muss zumindest die öffentliche Verwaltung die Gewähr dafür schaffen, dass entsprechende Anträge ihrer Arbeitnehmer zeitnah, dh. vor dem Stichtag verbeschieden werden.

49

Ein solcher zeitnaher Abschluss der vom Kläger gewünschten Altersteilzeitvereinbarung wäre trotz des engen Zeitrahmens auch möglich gewesen. Der Altersteilzeitantrag war bereits so konkret, dass es keiner weiteren Kommunikation zwischen dem Kläger und der Beklagten vor Annahme des Antrages bedurft hätte. Um dem Schriftformerfordernis des § 4 BAT zu genügen, wäre es möglich gewesen, auf dem schriftlichen Antrag des Klägers die Annahme des Altersteilzeitantrages zu erklären.

50

Soweit das Landesarbeitsgericht auf eine der Beklagten zuzubilligende Überlegungsfrist abstellt, die am 31. Dezember 2003 noch nicht abgelaufen gewesen sei, findet diese Annahme weder in den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch im Parteivortrag eine Stütze. Dass bei der Beklagten vor Ablauf des 31. Dezember 2003 überlegt worden ist, ob der Altersteilzeitantrag des Klägers angenommen werden soll, ist nicht vorgetragen. Die Beklagte hat lediglich ausgeführt: „Damit reduziert sich die Begründung des Anspruchs durch den Kläger darauf, dass er behauptet, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, a) seinen Antrag vom 16.12.2003 während der Weihnachtszeit bis spätestens 31.12.2003 abschließend zu bearbeiten und zu bescheiden und b) diesem Antrag stattzugeben. Woraus eine solche doppelte Rechtspflicht der Beklagten abgeleitet werden können soll ist im gesamten bisherigen klägerischen Vorbringen nicht dargelegt und für die Beklagte unerfindlich.“

51

ee) Der Verstoß der Beklagten gegen die ihr obliegende Verpflichtung, noch im Jahr 2003 den Antrag des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses anzunehmen, erfolgte schuldhaft im Sinne des § 276 BGB.

52

Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Schuldner nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Aus der Formulierung des Gesetzes ergibt sich, dass der Schuldner die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen trägt. Steht daher die Verletzung der Pflichten aus einem Schuldverhältnis fest, muss sich der Schuldner entlasten. Dies hat die Beklagte nicht getan. Hierbei ist es gleichgültig, ob sie sich ein Verschulden des Leiters der Beschäftigungsdienststelle in G (wegen einer möglicherweise verzögerten Weiterreichung des Antrages) oder ein Verschulden der Leiterin der Standortverwaltung Z (wegen verzögerter Bearbeitung) nach § 278 BGB zurechnen lassen muss oder ob ein eigenes Organisationsverschulden wegen der unzureichenden Verfahrensabläufe anzunehmen ist.

53

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt kein anspruchsminderndes oder anspruchsausschließendes Mitverschulden des Klägers vor.

54

Das Berufungsgericht meint, es hätte dem Kläger oblegen, sich über Änderungen im Sozialversicherungsrecht zu informieren. Auch sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, über den Altersteilzeitantrag vom 16. Dezember 2003 „postwendend“ zu befinden, weil der Kläger nicht ausdrücklich auf die Eilbedürftigkeit hingewiesen und seinen Altersteilzeitantrag nicht mit Nachdruck weiterverfolgt habe. Vielmehr sei er in der Folgezeit (mündlich bzw. fernmündlich) auf die Beklagte zugekommen und habe um einen Auflösungsvertrag nachgesucht. Damit habe er sich widersprüchlich verhalten und eine unklare Lage geschaffen. Von diesem Geschehensablauf ist das Landesarbeitsgericht aufgrund der Feststellungen in der Niederschrift über die Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 18. August 2008 in Verbindung mit den Feststellungen im arbeitsgerichtlichen Urteil ausgegangen.

55

Die diesbezüglichen Passagen in der Sitzungsniederschrift vom 18. August 2008 lauten:

        

„Der Terminsvertreter der Beklagten verweist darauf, dass älteren Arbeitnehmern wie dem Kläger grundsätzlich von der Beklagten kein Auflösungsvertrag angeboten werde. Dies auch im Hinblick darauf, dass dann die älteren Arbeitnehmer noch in die Arbeitslosigkeit gehen müssten. Grundsätzlich werde deswegen den älteren Arbeitnehmern nur ein Altersteilzeitvertrag angeboten.

        

Es sei im Nachhinein nicht mehr feststellbar, wann sich der Kläger dann an die Beklagte gewandt habe wegen des Auflösungsvertrages. Dies müsse aber vor dem 07.01.2004 gewesen sein, weil sonst dieses Schreiben der Beklagten, gerichtet an den Kläger, keinen Sinn mache.

        

Der Kläger habe sich daher wohl zwischen dem Zeitpunkt des Antrages wegen der Altersteilzeit am 16.12.2003 und dem Schreiben vom 07.01.2004 an die Beklagte gewandt wegen der Auflösungsvereinbarung.“

56

Die entsprechenden Ausführungen im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils lauten:

        

„Am 25.11.2003 wurde aufgrund eines Organisationsbefehls der Beklagten verbindlich bekannt gegeben, dass die Dienststelle Luftwaffenmaterialdepot 42 in G mit Ablauf des 31.12.2009 aufgelöst wird.

        

Daraufhin wurden von der Beklagten gegenüber den dort beschäftigten Arbeitnehmern verschiedene Möglichkeiten - Altersteilzeitvertrag bzw. Aufhebungsvertrag - vorgestellt.

        

In der Folge kam dann der Kläger auf die Beklagte zu und hat um den Abschluss eines Auflösungsvertrages nachgesucht.

        

…“    

57

Zutreffend ist, dass sich der Kläger vor dem Stellen seines Altersteilzeitantrages über die aktuelle Rechtslage nicht informiert und keine Erkundigungen über etwaige Gesetzesvorhaben eingezogen hatte. Allerdings war dies nicht kausal für den eingetretenen Schaden. Selbst wenn sich der Kläger über die beabsichtigte Gesetzesänderung und den beabsichtigten Stichtag informiert hätte, wäre der Schaden in Form des entgangenen Rentenbezuges gleichwohl entstanden, da die Beklagte ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen ist, über den noch rechtzeitig gestellten Antrag bis zum 31. Dezember 2003 zu entscheiden.

58

Kausal wäre die unterlassene Informationseinholung durch den Kläger nur dann, wenn er - wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis wohl meint - die Beklagte auf die beabsichtigte Gesetzesänderung und die deshalb erforderliche beschleunigte Sachbearbeitung seines Antrages hätte hinweisen müssen.

59

Unabhängig von der Frage, ob für den Kläger eine solche Rechtspflicht überhaupt bestehen konnte, bedurfte es im Streitfalle eines Hinweises auf die Eilbedürftigkeit allein deshalb nicht, weil die Beklagte den Gesetzesentwurf nebst der vorgesehenen Stichtagsregelung kannte.

60

Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe sich widersprüchlich verhalten, ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht begründet. Zwar hatte der Kläger seinen Altersteilzeitantrag im Dezember 2003 gestellt und im zeitlichen Fortgang den Abschluss eines Aufhebungsvertrages begehrt. Für das Entstehen der Schadensersatzpflicht der Beklagten war deren Pflichtverletzung bis einschließlich 31. Dezember 2003 Voraussetzung. Ein Mitverschulden des Klägers wäre mithin nur berücksichtigungsfähig, wenn dieses bis einschließlich 31. Dezember 2003 eingetreten wäre. Daher müsste der Kläger sein widersprüchliches Verhalten bis zu diesem Zeitpunkt an den Tag gelegt haben. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn er den Wunsch auf Abschluss eines Auflösungsvertrages gegenüber der Beklagten vor dem 1. Januar 2004 geäußert hätte. Dies ist aber weder von der insoweit für das Vorliegen eines Mitverschuldens des Klägers darlegungspflichtigen Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Beklagte hat ausweislich des Protokolls über die Kammerverhandlung vom 18. August 2008 vor dem Arbeitsgericht vielmehr erklärt, der Kläger habe sich wohl zwischen dem 16. Dezember 2003 und dem 7. Januar 2004 wegen der Auflösungsvereinbarung an sie gewandt. Infolgedessen trägt sogar die Beklagte selbst vor, es könne durchaus sein, dass der Kläger sein Auflösungsbegehren erst im Januar 2004 geäußert habe. In diesem Fall könnte er sich aber nicht vor dem schadensrelevanten 1. Januar 2004 widersprüchlich verhalten haben.

61

III. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Hermann    

        

    Pauli    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juli 2012 - 1 Sa 9/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen tariflichen Anspruch der Klägerin auf eine Zulage zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten.

2

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land seit 1985 als Justizangestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 Anwendung. Die Klägerin wird nach Stufe 4 als Endstufe der Entgeltgruppe 9 TV-L vergütet. Sie wohnt und arbeitet in der Landeshauptstadt Stuttgart. Zum Ausgleich der in Stuttgart vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten beantragte sie mit Schreiben vom 29. April 2009 eine Zulage nach § 16 Abs. 5 TV-L. Diese Tarifnorm lautet wie folgt:

        

㤠16 Stufen der Entgelttabelle

        

…       

        

(5) 1Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. 2Beschäftigte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 20 v.H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten. 3Die Zulage kann befristet werden. 4Sie ist auch als befristete Zulage widerruflich.“

3

Mit Schreiben vom 5. August 2009 lehnte das Oberlandesgericht Stuttgart die Gewährung einer solchen Zulage gegenüber der Klägerin mit folgender Begründung ab:

        

„…    

        

Ihren Antrag vom 29.04.2009 hatten wir dem Finanzministerium über das Justizministerium Baden-Württemberg zur Prüfung vorgelegt.

        

Nach Mitteilung des Justizministeriums sind die Lebenshaltungskosten in Stuttgart zweifelsohne höher als in anderen Städten oder im ländlichen Bereich. Bei der Interessenabwägung sei jedoch als entscheidender Faktor die äußerst angespannte Haushaltslage zu berücksichtigen, die Sparanstrengungen unvermeidlich macht. Das Justizministerium sieht daher keine Möglichkeit, dass von § 16 Abs. 5 TV-L zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten ein höheres Entgelt gewährt werden kann.

        

…“    

4

Die Vorlage an das Finanzministerium entsprach dessen Durchführungshinweisen zu § 16 Abs. 5 TV-L, welche unter Ziff. 5 auszugsweise wie folgt lauten:

        

„Bis auf Weiteres darf eine Zulage nach § 16 Abs. 5 nur bei Neueinstellungen und höchstens bis zum Erreichen der Endstufe (vgl. § 16 Abs. 5 Satz 1) bewilligt werden, wenn und soweit dies zur Deckung des Personalbedarfs zwingend erforderlich ist; … Im Übrigen darf von § 16 Abs. 5 bis auf Weiteres nur mit Zustimmung des Finanzministeriums Gebrauch gemacht werden. ...“

5

Mit ihrer am 21. Juni 2011 eingegangenen Klage hat die Klägerin weiterhin eine Zulage nach § 16 Abs. 5 Satz 2 TV-L verlangt. Das beklagte Land habe sein Leistungsbestimmungsrecht nicht ermessensfehlerfrei ausgeübt. Die bloße Bezugnahme auf die Durchführungshinweise des Finanzministeriums stelle keine eigene Ermessensentscheidung dar. Jedenfalls entspreche die Verweigerung der Zulage nicht billigem Ermessen gemäß § 315 BGB. Ihre persönliche Situation werde hierbei nicht berücksichtigt. Die Möglichkeit einer befristeten Gewährung der Zulage sei nicht einmal erwogen worden. Der Verweis auf die Haushaltslage rechtfertige die Ablehnung der Zulage nicht. Das beklagte Land habe die Mittel für eine tarifgerechte Vergütung zur Verfügung zu stellen. Es seien auch ausreichend Finanzmittel vorhanden. Außerdem blieben Möglichkeiten der Kosteneinsparung, zB in ihrer Dienststelle, ungenutzt. Durch die pauschale Ablehnung aus finanziellen Gründen verbleibe praktisch kein Anwendungsbereich für § 16 Abs. 5 TV-L. Es würden dadurch zudem alle Arbeitnehmer gleich behandelt, obwohl sie auf dem Land und in der Stadt unterschiedlich hohe Lebenshaltungskosten zu tragen hätten. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass die Zulage nur bei Neueinstellungen bewilligt werden könnte. Die Durchführungshinweise widersprächen insoweit dem Wortlaut des Tarifvertrags.

6

Da sie bereits in der Endstufe eingruppiert sei, richte sich ihr Anspruch nach § 16 Abs. 5 Satz 2 TV-L. Der Anspruch bestehe ab dem Folgemonat der erstmaligen Geltendmachung.

7

Die Klägerin hat daher zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin eine Zulage nach § 16 Abs. 5 Satz 2 TV-L in Höhe von 20 % der Stufe 2 der Entgeltgruppe 9 seit 1. Mai 2009 zu zahlen, sofern die Klägerin Arbeitsentgelt bezogen hat und künftig noch beziehen wird.

8

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass § 16 Abs. 5 TV-L keinen Anspruch der Klägerin vorsehe. Die Leistung einer entsprechenden Zulage stehe im freien Ermessen des Arbeitgebers. Die im vorliegenden Fall getroffene Entscheidung entspreche aber auch der Billigkeit gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Bei Erlass der Durchführungshinweise des Finanzministeriums sei die gebotene Abwägung der widerstreitenden Interessen in generalisierender Weise vorgenommen worden. Die Lebenshaltungskosten in Stuttgart beträfen alle Beschäftigten in diesem Raum und in den angrenzenden Landkreisen. Aus Gründen der Gleichbehandlung müsste diesen Beschäftigten ebenso wie Beschäftigten anderer vergleichbarer Ballungsräume eine entsprechende Zulage gezahlt werden. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf den Staatshaushalt. Eine derartige Belastung sei mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht zu vereinbaren.

9

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Zulage nach § 16 Abs. 5 TV-L hat. Die Verweigerung der Zulage stellt sich nicht als unbillig iSd. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Die Zulage ist daher kein Bestandteil der arbeitsvertraglich geschuldeten Vergütung.

11

I. § 16 Abs. 5 TV-L eröffnet dem Arbeitgeber unter den dort genannten Voraussetzungen auf der Rechtsfolgenseite einen Ermessensspielraum. Soweit der Arbeitgeber über die Gewährung einer Zulage zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten zu befinden hat, ist diese Leistungsbestimmung entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB zu treffen.

12

1. Die Tarifautonomie eröffnet den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsetzungsbefugnis zu delegieren, indem einer Partei des Arbeitsvertrags ein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wird (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 229/11 (F) - Rn. 27). In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass die Tarifvertragsparteien dabei grundsätzlich nicht gehindert sind, dem Arbeitgeber ein freies, nicht an billiges Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB gebundenes Gestaltungsrecht einzuräumen. Allerdings schreibt § 315 Abs. 1 BGB, der vor unbilligen Benachteiligungen durch die Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts schützen will, im Zweifel ein Bestimmungsrecht nach billigem Ermessen vor(BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 151/10 - Rn. 27; 3. Dezember 2002 - 9 AZR 535/01 - zu I 2 d der Gründe, BAGE 104, 65; 30. September 1999 - 6 AZR 130/98 - zu 5 b der Gründe). Es ist daher im Einzelfall zu beurteilen, ob ein Tarifvertrag eindeutig zum Ausdruck bringt, dass eine Leistungsbestimmung sich nicht am Maßstab der Billigkeit ausrichten muss, sondern nur die - stets geltenden - allgemeinen Schranken der Rechtsausübung, insbesondere der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, die Willkür- und Maßregelungsverbote sowie der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten sind (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 38). Die Einräumung solch freien Ermessens kann auch dem systematischen Zusammenhang tariflicher Normen entnommen werden (vgl. BAG 14. Januar 2009 - 5 AZR 75/08 - Rn. 14 f.; 30. September 1999 - 6 AZR 130/98 - zu 5 b der Gründe). Ansonsten entspricht es dem üblichen Tarifverständnis, dass durch die Verwendung des Begriffs „kann“ eine Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen eröffnet wird (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 2 b der Gründe; 3. Dezember 2002 - 9 AZR 457/01 - zu A II 2 a cc (2) der Gründe, BAGE 104, 55; 17. Oktober 1990 - 4 AZR 138/90 -). Die Formulierung „kann“ stellt die Standardformulierung bei Einräumung von Ermessensspielräumen dar und begründet typischerweise Zweifel iSd. § 315 Abs. 1 BGB.

13

2. § 16 Abs. 5 TV-L eröffnet dem Arbeitgeber bezüglich der Gewährung einer Zulage zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten ein Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

14

a) In Rechtsprechung und Literatur wird überwiegend angenommen, dass § 16 Abs. 5 TV-L auf der Rechtsfolgenseite ein Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB vorsieht(vgl. LAG Düsseldorf 16. Juni 2010 - 12 Sa 475/10 - Rn. 18; 27. Februar 2009 - 9 Sa 1335/08 - Rn. 21; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Februar 2010 Teil B 1 § 16 Rn. 65; BeckOK TV-L/Felix Stand 1. März 2014 § 16 Rn. 32m; Gaumann/Held öAT 2010, 126; aA wohl Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand März 2008 E § 16 Rn. 32c).

15

b) Dies trifft jedenfalls insoweit zu, als über die Gewährung einer Zulage zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten zu entscheiden ist.

16

aa) Der Wortlaut des § 16 Abs. 5 TV-L lässt nicht auf die Einräumung freien Ermessens schließen. Er verwendet den Begriff „kann“ ohne weitere Ergänzung.

17

bb) Der tarifliche Gesamtzusammenhang lässt nicht erkennen, ob die Tarifvertragsparteien freies oder gebundenes Ermessen eröffnen wollten. § 16 Abs. 5 TV-L weist nur zu § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L insoweit einen Bezug auf, als dem Arbeitgeber auch dort „zur Deckung des Personalbedarfs“ eine Ermessensentscheidung ermöglicht wird. Bei dieser Vorschrift stellt sich jedoch ebenfalls die Frage, ob dem Arbeitgeber freies oder billiges Ermessen eingeräumt wird (offengelassen von BAG 5. Juni 2014 - 6 AZR 1008/12 - Rn. 21; 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17).

18

cc) Sinn und Zweck des § 16 Abs. 5 TV-L sprechen für eine Bindung des Arbeitgebers an den Maßstab des billigen Ermessens bei der Entscheidung über die Leistung einer Zulage zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten.

19

(1) Das Wesensmerkmal der Billigkeit iSd. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ist die Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (st. Rspr., vgl. BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 26 mwN).

20

(2) Bei der Frage des Ausgleichs höherer Lebenshaltungskosten liegt eine Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen nahe, denn der einzelne betroffene Arbeitnehmer hat die höheren Lebenshaltungskosten zu tragen. § 16 Abs. 5 Satz 1 TV-L eröffnet eine Möglichkeit des Ausgleichs solcher Kosten. Es stehen sich zwei finanzielle Interessen gegenüber. Der Arbeitgeber hat unter Beachtung des Grundsatzes der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung ein Interesse an möglichst geringen Personalkosten, der Arbeitnehmer hat ein Interesse an einer entlastenden Ausgleichsleistung. Diese Konstellation lässt darauf schließen, dass eine Berücksichtigung beider Interessen im Rahmen einer Entscheidung nach billigem Ermessen von den Tarifvertragsparteien beabsichtigt ist. Jedenfalls bestehen keine Anhaltspunkte für die Einräumung freien Ermessens.

21

dd) Auch die Tarifgeschichte spricht nicht für die Gewährung freien Ermessens. § 27 Abschn. C BAT sah ebenso wie § 24 Abs. 2 MTArb und § 21a Abs. 4 BMT-G keine Leistung für den Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten vor, auch wenn diese Vorschrift ursprünglich mit Blick auf die hohen Lebenshaltungskosten in Ballungsräumen geschaffen wurde(vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Mai 2002 Teil I § 27 Abschn. C Erl. 1). Nach § 27 Abschn. C BAT konnte dem Angestellten nur, soweit dies zur Deckung des Personalbedarfs erforderlich war, im Rahmen der dafür verfügbaren Mittel anstelle der ihm zustehenden Lebensaltersstufe bzw. Stufe der Grundvergütung eine um bis zu höchstens vier Lebensaltersstufen bzw. Stufen höhere Grundvergütung vorweg gewährt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu entschieden, dass diese Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen ist (BAG 26. Mai 1994 - 6 AZR 955/93 - zu II 1 a der Gründe).

22

ee) Die vom Landesarbeitsgericht angeführten Argumente gegen eine Bindung des Arbeitgebers an billiges Ermessen verfangen bezüglich der Tatbestandsvoraussetzung des Ausgleichs höherer Lebenshaltungskosten nicht.

23

(1) Das Landesarbeitsgericht weist zutreffend darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien keine Kriterien angegeben haben, an denen eine Billigkeitsentscheidung ausgerichtet werden könnte, und dass sich die Entscheidung angesichts der schwer zu treffenden Abgrenzung zwischen einer Stadt und ihrem näheren Umfeld sowie einem Ballungsraum im Verhältnis zu anderen Ballungszentren schwierig gestaltet. Zu Recht wirft das Landesarbeitsgericht auch die Frage auf, ob die höheren Lebenshaltungskosten in einem Ballungszentrum durch die höheren Beförderungskosten aus dem Umfeld in Ausgleich gebracht werden können.

24

(2) Das Landesarbeitsgericht übersieht jedoch, dass die genannten Problemstellungen bei der Prüfung der objektiven Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens „höherer“ Lebenshaltungskosten und nicht bei der Ermessensausübung auf der Rechtsfolgenseite anfallen. § 16 Abs. 5 Satz 1 TV-L sieht nur bei Erfüllung zumindest einer der dort angeführten Voraussetzungen die Möglichkeit der Gewährung einer tariflichen Zulage vor(vgl. zu dem insoweit vergleichbaren § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L BAG 5. Juni 2014 - 6 AZR 1008/12 - Rn. 18). Es bedarf daher auf der Tatbestandsebene der Beurteilung, ob „höhere“ Lebenshaltungskosten gegeben sind. Dabei ist eine vergleichende Betrachtung vorzunehmen, denn „höhere“ Lebenshaltungskosten können nur in einem Verhältnis zu niedrigeren Kosten vorliegen. Als Vergleichsmaßstab sind durchschnittliche Lebenshaltungskosten anzusetzen, denn deren Tragen stellt keine erhöhte und damit ausgleichswürdige Belastung dar. Die vom Landesarbeitsgericht aufgezeigten Probleme der Bestimmung durchschnittlicher und „höherer“ Lebenshaltungskosten bestehen daher unabhängig davon, ob auf der Rechtsfolgenseite eine Entscheidung nach billigem oder freiem Ermessen eröffnet wird.

25

(3) Die Gewährung freien Ermessens kann entgegen der Überlegung des Landesarbeitsgerichts schließlich nicht damit begründet werden, dass eine Zulagengewährung gravierende finanzielle Konsequenzen für den Arbeitgeber haben kann. Diese Auswirkungen können im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden. Bei Gewährung einer Zulage sind die finanziellen Folgen in Abhängigkeit von der Höhe der Zulage zu beachten.

26

II. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zutreffend entschieden, dass die ablehnende Entscheidung des beklagten Landes hier auch bei Berücksichtigung der Bindung an billiges Ermessen gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.

27

1. Zu Gunsten der Klägerin kann festgehalten werden, dass die Tatbestandsvoraussetzung höherer Lebenshaltungskosten nach § 16 Abs. 5 Satz 1 TV-L unstreitig erfüllt ist. Im Schreiben des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 5. August 2009 wird ausdrücklich angeführt, dass die „Lebenshaltungskosten in Stuttgart zweifelsohne höher als in anderen Städten oder im ländlichen Bereich“ sind. Die „beträchtlichen Schwierigkeiten der Ermittlung zwischenörtlicher Preis- und Kostenunterschiede“ (so zur Ballungsraumzulage für Beamte BVerfG 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 - Rn. 74, BVerfGE 117, 330) sind hier folglich nicht zu bewältigen. Die Klägerin arbeitet in Stuttgart und hat dort auch ihren Lebensmittelpunkt.

28

2. § 16 Abs. 5 Satz 2 TV-L würde dem beklagten Land daher die Möglichkeit eröffnen, der Klägerin eine Zulage in Höhe von bis zu 20 vH der Stufe 2 der Entgeltgruppe 9 TV-L als Ausgleich für höhere Lebenshaltungskosten zu bezahlen. Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass bei Beschäftigten der Entgeltgruppe 9 TV-L, die bereits mit der Stufe 4 ihre Endstufe erreicht haben (vgl. zu Beschäftigten im Justizdienst 12.1. der Entgeltordnung als Anlage A zum TV-L), nicht der Unterschiedsbetrag zu der nicht erreichbaren Stufe 5, sondern die Zulage gemäß § 16 Abs. 5 Satz 2 TV-L geleistet werden kann(vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012/Februar 2010 Teil B 1 § 16 Rn. 62).

29

3. Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf diese Zulage. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei entschieden. Die seitens des beklagten Landes getroffene Entscheidung entspricht angesichts der angeführten Haushaltslage der Billigkeit gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB und ist folglich für die Klägerin verbindlich.

30

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Welche Umstände dies im Einzelnen sind, hängt auch von der Art der Leistungsbestimmung ab, die der Berechtigte zu treffen hat (BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 28, BAGE 145, 341). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG 15. Januar 2014 - 10 AZR 243/13 - Rn. 33 mwN).

31

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB der vollen gerichtlichen Kontrolle. Diese Sachentscheidung ist neben den zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35). Welche Folgen hieraus für die Reichweite der Überprüfung für das Revisionsgericht zu ziehen sind (vgl. dazu BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 151/10 - Rn. 33), kann hier dahinstehen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer uneingeschränkten Überprüfung stand.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das beklagte Land eine Ermessensentscheidung getroffen hat, auch wenn es dieser die Durchführungshinweise des Finanzministeriums zugrunde gelegt hat. Diese entfalten als verwaltungsinterne öffentlich-rechtliche Vorgaben zwar keine unmittelbare Wirkung im Arbeitsverhältnis der Klägerin (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 20). Sie können aber - auch im Interesse der Gleichbehandlung der Beschäftigten - eine Leitlinie für die Entscheidung im Einzelfall vorzeichnen. Orientiert sich die entscheidende Stelle an dieser Vorgabe, so trifft sie eine eigene Ermessensentscheidung, auch wenn diese inhaltlich den Durchführungshinweisen entspricht. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Entscheidung auf das Ergebnis bezieht.

33

bb) Im Ergebnis durfte das beklagte Land der Klägerin die begehrte Zulage mit Blick auf die Haushaltslage verweigern. Die begehrte Leistung ist nicht die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung.

34

(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass eine angespannte Haushaltslage im Rahmen des personalwirtschaftlichen Ermessens zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung zu berücksichtigen ist (vgl. BAG 13. Dezember 2001 - 8 AZR 94/01 - zu B IV 2 b cc der Gründe; 17. Mai 2001 - 8 AZR 692/00 - zu B II 4 e cc der Gründe; 17. Oktober 1990 - 4 AZR 138/90 -). Dies gilt auch für die nach § 16 Abs. 5 TV-L zu treffende Ermessensentscheidung. Es handelt sich um ein zu beachtendes finanzielles Interesse des Arbeitgebers. Das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung ist zudem in haushaltsrechtlichen Vorschriften verankert (hier § 7 Abs. 1 Satz 1 der Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg (LHO) vom 19. Oktober 1971). Aus dem Umstand, dass § 16 Abs. 5 Satz 1 TV-L im Gegensatz zu § 27 Abschn. C BAT nicht zur Voraussetzung hat, dass eine Zulage „im Rahmen der dafür verfügbaren Mittel“ gewährt werden kann, ist nicht zu schließen, dass die Haushaltslage bei der Entscheidung über die Zulagengewährung bedeutungslos ist. Soweit dem öffentlichen Arbeitgeber ein Ermessen zusteht, hat er die finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt und eine etwaige Begrenzung der vom Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellten Mittel zu beachten (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Februar 2010 Teil B 1 § 16 Rn. 65).

35

(2) Das beklagte Land hat seine ablehnende Entscheidung hier bezogen auf den gesamten Zeitraum seit der Antragstellung im April 2009 mit einer angespannten Haushaltslage begründet. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist dies nachvollziehbar, denn demnach befand sich das beklagte Land im April 2009 in einer Wirtschaftskrise mit der Folge niedriger Steuereinnahmen und einer Rekordverschuldung von 4,8 Mrd. Euro im Doppelhaushalt 2010/2011. Angesichts einer wirtschaftlichen Erholung habe für das Jahr 2012 dann zwar ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden können, für den Doppelhaushalt 2013/2014 habe die Deckungslücke aber bereits wieder 2,5 Mrd. Euro betragen. Diese Feststellungen hat die Revision nicht angegriffen. Soweit sie auf den ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2012 hinweist, lässt diese kurzzeitige Erholung nicht darauf schließen, dass die begehrte Zulage nicht mit Blick auf eine angespannte Haushaltslage und das Ziel der Haushaltskonsolidierung verweigert werden könnte. Auch der Vortrag der Klägerin, wonach in ihrer Dienststelle noch erhebliches Einsparpotential vorhanden sei, verwehrt dem beklagten Land nicht die Berufung auf die Haushaltssituation. Etwaige einzelne Verstöße gegen das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung müssten zwar korrigiert werden. Die erzielten Einsparungen könnten dann zur Haushaltskonsolidierung beitragen. Die Klägerin kann daraus aber nicht ableiten, dass das beklagte Land eingesparte Mittel zu ihren Gunsten zu verwenden hat. Das beklagte Land durfte daher für den gesamten Zeitraum zwischen der Antragstellung und dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht sein Interesse an einer Haushaltskonsolidierung gegen das Interesse der Klägerin an der Gewährung der Zulage stellen.

36

(3) Mit dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass diese finanziellen Interessen des beklagten Landes die der Klägerin überwiegen. Die Klägerin begründet ihren Anspruch allein mit den hohen Lebenshaltungskosten in Stuttgart. Hierbei handelt es sich um keine besondere persönliche Situation der Klägerin, denn diese Kosten betreffen alle Beschäftigten des beklagten Landes, deren Dienststelle in Stuttgart liegt und die deshalb in Stuttgart oder Umgebung leben. In der Folge ist aus Sicht des beklagten Landes zu berücksichtigen, dass eine erhebliche Anzahl anderer in Stuttgart Beschäftigter im Falle einer Gewährung der Zulage an die Klägerin unter Bezugnahme auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ebenso eine entsprechende Zulage einfordern könnten. Die dadurch entstehenden Kosten wären erheblich, da in der Landeshauptstadt zahlreiche Landesbehörden angesiedelt sind. Dies gilt auch bei einer befristeten Gewährung der Zulage nach § 16 Abs. 5 Satz 3 TV-L. Vor diesem Hintergrund ist bei Berücksichtigung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 LHO ein Überwiegen der Interessen des beklagten Landes begründbar. § 16 Abs. 5 TV-L wird dadurch nicht der Anwendungsbereich entzogen. Es handelt sich vielmehr um das Ergebnis des tariflich vorgesehenen Abwägungsprozesses.

37

(4) Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin den geltend gemachten Anspruch bei einer entspannten Haushaltslage hätte. Dies würde voraussetzen, dass es sich hierbei um die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung handelt (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17). Das beklagte Land hätte jedoch auch bei einer besseren finanziellen Situation einen Ermessensspielraum bezüglich der Mittelverwendung. Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass nur die Gewährung der Zulage der Billigkeit entspräche. Dies gilt erst recht für die Forderung der Zulage in maximaler Höhe.

38

(5) Durch die ablehnende Entscheidung wird die Klägerin nicht in ihren verfassungsmäßigen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 GG verletzt. Soweit die Revision dies anführt, gibt sie hierfür keine Begründung.

39

cc) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht wegen der Unterlassung des Einholens einer Tarifauskunft als fehlerhaft. Eine Tarifauskunft darf nicht darauf gerichtet sein, eine prozessentscheidende Rechtsfrage zu beantworten. Die Auslegung von Tarifverträgen und tariflichen Begriffen ist vielmehr Sache des Gerichts (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 40). Die Revision legt schon nicht dar, zu welchem Thema eine Tarifauskunft hätte eingeholt werden müssen. Die Frage der Wahrung billigen Ermessens ist eine einzelfallbezogene Tarifanwendung, die nicht zum Gegenstand einer Tarifauskunft gemacht werden könnte.

40

III. Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden.

41

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber (vgl. nur BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 42; ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 606; Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 112 Rn. 31).

42

2. Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sind hier nicht erfüllt.

43

a) Die Klägerin hat keine Arbeitnehmer benannt, welche die Zulage nach § 16 Abs. 5 TV-L zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten erhalten.

44

b) Es ist entgegen der Ansicht der Revision auch keine sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung gegenüber anderen Arbeitnehmern gegeben, weil die Zulage nach den Durchführungshinweisen des Finanzministeriums zu § 16 Abs. 5 TV-L bei Neueinstellungen begrenzt bewilligt werden könnte. Zum einen legt die Klägerin nicht dar, dass das beklagte Land entsprechend verfährt. Zum anderen liegen unterschiedliche Sachverhalte vor, die eine unterschiedliche Handhabung rechtfertigen würden. Die Durchführungshinweise beziehen sich insoweit auf eine andere Tatbestandsvoraussetzung des § 16 Abs. 5 Satz 1 TV-L, nämlich auf die Zulagengewährung zur Deckung des Personalbedarfs. Deren Zielsetzung der Begegnung von Personalgewinnungsschwierigkeiten (vgl. zu § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L BAG 5. Juni 2014 - 6 AZR 1008/12 - Rn. 28; vgl. auch 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47) ist gänzlich anders als die Unterstützung von Beschäftigten bei der Bewältigung höherer Lebenshaltungskosten.

45

c) Auch die von der Revision angenommene ungerechtfertigte Gleichbehandlung von Arbeitnehmern mit höheren Lebenshaltungskosten in der Stadt und niedrigeren Lebenshaltungskosten auf dem Land kann den geltend gemachten Anspruch nicht stützen. Die Klägerin ist nicht von einer Begünstigung ausgenommen. Sie fühlt sich vielmehr zu Unrecht gleichbehandelt und erstrebt eine Besserstellung gegenüber der Vergleichsgruppe der Beschäftigten im ländlichen Raum. Eine solche Rechtsfolge begründet der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz jedoch nicht (BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 43).

46

IV. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Kammann    

        

    Cl. Peter    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.