Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Dez. 2010 - 3 Sa 513/10

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2010:1207.3SA513.10.0A
bei uns veröffentlicht am07.12.2010

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.05.2010 - 9 Ca 2350/09 - teilweise wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 15.10.2009 und vom 21.10.2009 nicht außerordentlich-fristlos aufgelöst worden ist, sondern noch bis zum 15.11.2009 fortbestanden hat; soweit die Klägerin die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses über den 15.11.2009 hinaus begehrt, wird die Klage abgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14.02.2008 (Bl. 17 ff. d. A.) bestand ein Arbeitsverhältnis der Parteien (zuletzt) seit dem 01.03.2008. Dort heißt es u. a. in § 11 - Beendigung des Arbeitsverhältnisses -
"….

2

3. Nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats….".

3

Mit ihrer Klage wehrt sich die Klägerin gegen die fristlosen Kündigungen, die ihr die Beklagte mit dem Anwaltsschreiben vom 15.10.2009 (Bl. 4 d. A.) und vom 21.10.2009 (Bl. 10 d. A.) erklärt hat.

4

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 27.05.2010 - 9 Ca 2350/09 - (dort Seite 2 ff. = Bl. 102 ff. d. A.). Das Arbeitsgericht hat den Zeugen G. K. vernommen (Vernehmung gemäß Sitzungsniederschrift vom 27.05.2010 - 9 Ca 2350/09 - dort Seite 2 ff. = Bl. 95 ff. d. A.) und sodann im Urteil vom 27.05.2010 - 9 Ca 2350/09 - festgestellt,
dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 15.10.2009 noch durch die Kündigung vom 21.10.2009 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.11.2009 fortbestanden hat.

5

Gegen das ihr am 23.08.2010 zugestellte Urteil vom 27.05.2010 - 9 Ca 2350/09 - hat die Beklagte am 21.09.2010 Berufung eingelegt und diese am 21.10.2010 mit dem Schriftsatz vom 18.10.2010 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 18.10.2010 (Bl. 139 ff. d. A.). verwiesen. Ergänzend äußert sich die Beklagte im Schriftsatz vom 26.11.2010, worauf ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 164 ff. d. A.).

6

Zur Berufungsbegründung bringt die Beklagte u. a. vor:

7

Sowohl die jeweils einzelnen Umstände als auch die Gesamtheit der geschilderten Handlungen der Klägerin seien geeignet, dass gemäß § 626 Abs. 1 BGB das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden könne. Der Beklagten sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zuzumuten gewesen.

8

1. Das Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Geldbörse des Geschäftsführers C. stelle einen erheblichen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten der Klägerin dar, - dieses Verhalten habe einen unmittelbaren und engen arbeitsvertraglichen Bezug. Die Klägerin habe in erheblichem Ausmaß die Privatsphäre des Geschäftsführers verletzt. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Durchsuchung der Sachen des Geschäftsführers durch die Klägerin in dem Betrieb der Beklagte stattgefunden habe (der Spind/Schrank, in dem die Geldbörse gewesen sei, befinde sich in den zu der Werkstatt gehörigen Räumen);
der Zutritt zu den Werkstatträumen der Klägerin nur durch den der Klägerin im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ausgehändigten Generalschlüssel möglich gewesen sei und dieser von der Klägerin unrechtmäßig verwendet worden sei;
die Klägerin ("Beklagte") dem Geschäftsführer das von ihr angefertigte Bild der Geldbörse am 15.10.2009 in den Räumen des Betriebes (Büro) und während der Betriebszeiten gezeigt habe;
es sich bei dem Geld in der Geldbörse um solches gehandelt habe, welches der Geschäftsführer im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit benötigt habe (Wechselgeld, Zahlung von Ersatzteilen, insbesondere bei eiligen Reparaturen etc.).

9

Auf dem, dem Geschäftsführer vorgelegten Bild der Geldbörse sei computerschriftlich vermerkt gewesen: "Du Psychopath."

10

Unter Bezug auf die von ihr auf den Seiten 4 f. der Berufungsbegründung zitierte Rechtsprechung macht die Beklagte geltend, dass die Klägerin in erheblichem Ausmaß ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verletzt habe. Um so schwerer wiege das Verhalten der Klägerin deswegen, weil sie den Inhalt der Privatbörse des Geschäftsführers fotografiert habe, mit dem offensichtlichen Ziel der Erlangung von Beweismitteln in dem familienrechtlichen Verfahren. Die Beklagte erblickt in dem Verhalten der Klägerin eine versuchte Nötigung im Sinne der §§ 240, 22 ff. StGB. Die Beklagte wirft dem Arbeitsgericht vor, die herausgehobene Vertrauensstellung der Klägerin unberücksichtigt gelassen zu haben. Das Vertrauen der Beklagten in die Klägerin sei durch das Verhalten der Klägerin vollkommen zerstört worden. Der Geschäftsführer habe davon ausgehen müssen, dass die Klägerin sämtliche für sie relevanten Informationen (Kontostände der Geschäfts- und Privatkonten, Vertragsdokumente und vieles mehr) ebenfalls fotografiere und in dem familienrechtlichen Verfahren zur Durchsetzung ihrer Forderungen einführe. Die Beklagte habe davon ausgehen müssen, dass sich das Verhalten der Klägerin fortsetze und dadurch der Betriebsfrieden erheblich gestört werde und weitere strafrechtliche relevante Taten zum Nachteil der Beklagten begangen würden.

11

2. Soweit es um das Geschehen vom 21.10.2009 geht, verweist die Beklagte darauf, dass die Klägerin seit dem 15.10.2009, also seit der ersten fristlosen Kündigung, nicht mehr im Büro gearbeitet habe. Es habe am 21.10.2009 keinen Grund für die Klägerin gegeben, das Büro zu betreten. Die Klägerin habe damals den Streit mit dem Geschäftsführer geradezu gesucht und ohne Ankündigung das Büro betreten. Es habe ersichtlich auch keine Diskussion über die Herausgabe von E-Mails stattgefunden, - vielmehr habe das Verhalten der Klägerin ersichtlich der lautstarken Kundgabe von Forderungen bzw. Unhöflichkeiten gedient. Das Arbeitsgericht übersehe (auch), dass bereits in der vorherigen Kündigung vom 15.10.2009 sowie dem Hausverbot ein der Abmahnung vergleichbarer Hinweis auf arbeitsrechtliches Fehlverhalten gesehen werden müsse. Gleichwohl habe die Klägerin von ihrem Verhalten nicht Abstand genommen.

12

Das Verhalten der Klägerin wiege umso schwerer, als die Klägerin ihren Streit und die (damit) einhergehenden Schreie in gleichzeitiger Anwesenheit der Zeugin R. begonnen habe. Die im Büro anwesende Stellenbewerberin habe von der Entscheidung zur Arbeit bei der Beklagten abgehalten werden sollen. Im Hinblick auf das der Klägerin ausgesprochene Hausverbot sei das Verhalten der Klägerin als Hausfriedensbruch gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 StGB strafbar.

13

3. Soweit es um das Verhalten der Klägerin gegenüber dem Zeugen K. geht, hat das Arbeitsgericht nach Ansicht der Beklagten unzutreffend ein freundschaftliches Verhältnis der Betroffenen als maßgeblichen Umstand der Bewertung angeführt. Die Beklagte verweist auf den Inhalt der Zeugenaussage sowie darauf, dass zwischen den Beteiligten zumindest kein Vertrauensverhältnis dergestalt bestanden habe, innerhalb dessen die Aussagen der Klägerin als private Äußerungen zu dem Zeugen K. bezeichnet werden könnten. Die Klägerin habe dem Zeugen K. bereits bei der ersten Kontaktaufnahme mittels E-Mail von einer Beschäftigung bei der Beklagten abgeraten. Bei dem späteren Praktikum habe die Klägerin nochmals von der Beschäftigung abgeraten und dies durch grobe Beleidigungen ("Arsch") verstärkt. Bei der Verhaltensweise der Klägerin habe es sich nicht um eine einmalige Entgleisung gehandelt. Das Verhalten der Klägerin stelle sich als bewusste und zielgerichtete Vorgehensweise dar, der Beklagten zu schädigen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

das am 27.05.2010 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - 9 Ca 2350/09 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

18

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 10.11.2010 (Bl. 152 ff. d. A.), worauf verwiesen wird.

19

Zu der Berufungsbeantwortung der Klägerin nimmt die Beklagte so Stellung, wie dies im Einzelnen aus dem Schriftsatz vom 26.11.2010 (Bl. 164 ff. d. A.) ersichtlich ist.

20

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

21

Die zulässige Berufung erweist sich nur teilweise als begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nicht erst am 30.11.2009, sondern bereits mit Ablauf des 15.11.2009. Nur in diesem Umfang ist die Berufung begründet. Dementsprechend ist (auch) die Klage nur teilweise begründet.

22

1. Die Kündigungen vom 15.10.2009 und vom 21.10.2009 sind gemäß § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam, denn zur Zeit des jeweiligen Kündigungsausspruches lag die in § 626 Abs. 1 BGB geforderte Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht vor. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt es bezüglich der Kündigungsgründe nicht, die streitgegenständlichen Lebenssachverhalte im Ergebnis anders rechtlich zu bewerten als dies im erstinstanzlichen Urteil vom 27.05.2010 geschehen ist.

23

Dazu im Einzelnen:

24

a) Soweit es um die allgemeinen Grundsätze geht, die im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB bei der rechtlichen Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung zu beachten sind, macht sich die Berufungskammer die entsprechenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (auf Seite 6 des Urteils vom 27.05.2010, dort unter Ziffer I. = Bl. 106 d. A.) zu eigen und stellt dies hiermit bezugnehmend gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt zwar - unter Zugrundelegung des Tatsachenvortrages der Beklagten, der insoweit als richtig unterstellt werden kann, - dass Kündigungsgründe vorliegen, die an sich geeignet sind, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. (Jedenfalls) die auf der zweiten Prüfungsstufe vorzunehmende Interessenabwägung ergibt aber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung doch noch zugemutet werden konnte. Dem Arbeitnehmer obliegt aufgrund des Arbeitsverhältnisses nicht nur die Arbeitspflicht gemäß § 611 Abs. 1 BGB, - vielmehr treffen den Arbeitnehmer auch allgemeine Verhaltens- und Anstandspflichten; der Arbeitnehmer ist insbesondere gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers. Keineswegs darf der Arbeitnehmer den Arbeitgeber beleidigen oder schädigen.

25

b) Demgemäß hat die Klägerin im Zusammenhang mit dem Fotografieren der Geldbörse des Geschäftsführers eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen, bei der es sich insbesondere dann um eine erhebliche Pflichtverletzung gehandelt hat, wenn auf der Fotografie der Aufdruck "Du Psychopath" enthalten war und die Vorlage der Fotografie im Büro unter den Beschimpfungen erfolgte, die die Beklagte auf der Seite 3 - Mitte - des Schriftsatzes vom 05.11.2009 (= Bl. 15 d. A.) behauptet.

26

Auch am 21.10.2009 hat sich die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten auf Seite 3 - unten - des Schriftsatzes vom 05.11.2009 fehlverhalten. Zwar trägt die Beklagte in diesem Zusammenhang die behaupteten Beschimpfungen nicht konkret vor -, gleichwohl stellt sich auch das Verhalten der Klägerin vom 21.10.2009 als Pflichtverletzung dar, denn die Klägerin störte durch ihr Verhalten das Bewerbungsgespräch, dass der Geschäftsführer damals mit der Stellenbewerberin R. führte.

27

Erst recht stellen sich die Äußerungen der Klägerin gegenüber dem Zeugen K. als arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen dar. Nach den Bekundungen des Zeugen K., deren inhaltliche Richtigkeit das Arbeitsgericht nicht angezweifelt hat, muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin dem - seinerzeit an einer Beschäftigung bei der Beklagten interessierten - Zeugen sowohl per E-Mail als auch im Rahmen eines Gesprächs im Büro bzw. am Computer (insoweit mit drastischen beleidigenden Worten in Bezug auf den Geschäftsführer) von der Aufnahme einer Beschäftigung bei der Beklagten abgeraten hat. Die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass das diesbezügliche Verhalten der Klägerin eine Pflichtverletzung darstellt (Urteil des Arbeitsgerichts Seite 10 f. dort unter 2.2 = Bl. 110 f. d. A.).

28

c) Sowohl der Sachverhalt vom 15.10.2009 als auch der sich aus der Aussage des Zeugen K. ergebende Sachverhalt sind bereits für sich allein geeignet, die Kündigung zu begründen, - erst recht führt die einheitliche Betrachtungsweise dazu, dass die von der Beklagten vorgetragenen Kündigungssachverhalte jedenfalls in ihrer Gesamtheit nicht ungeeignet sind, die außerordentlichen Kündigung zu rechtfertigen.

29

d) Gleichwohl ergibt die Abwägung der Interessen beider Vertragsteile, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses am 15.10.2009 und am 21.10.2009 bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (gerade) noch zugemutet werden konnte. Prüfungsmaßstab ist, soweit die Wirksamkeit der außerordentlich-fristlosen Kündigung vom 15.10.2009 in Rede steht, - abgestellt auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs - der Ablauf der Kündigungsfrist, die sich aus § 622 Abs. 1 BGB und - damit übereinstimmend - aus § 11 Ziffer 3 Satz 1 des Arbeitsvertrages ergibt. Es ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen, dass der Klägerin - wie von der Beklagten auf Seite 2 unter Ziffer 2 der Klageerwiderung vom 05.11.2009 vorgetragen (= Bl. 14 d. A.) - die erste fristlose Kündigung am 15.10.2009 übergeben worden ist. Damals hätte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. des Folgemonats, hier also zum 15.11.2009, gekündigt werden können. Unter Berücksichtigung aller erheblichen Umstände wiegt das eben aufgezeigte Verhalten der Klägerin (Verhalten vom 15.10.2009, das Geschrei in Anwesenheit der Zeugin R. und die Äußerungen gegenüber dem Zeugen K.) nicht derart schwer, dass der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist geradezu unzumutbar gewesen wäre. Mit Rücksicht auf die schweren (finanziellen) Folgen des sofortigen Verlustes des Arbeitsplatzes, nämlich Wegfall der mit der Teilzeitbeschäftigung verbundenen Einkünfte, die drohende Sperrfrist nach dem Arbeitsförderungsrecht (SGB III) und die Schwierigkeiten bei der Suche einer neuen Arbeitsstelle im Zusammenhang mit dem Ansehensverlust einer fristlos Gekündigten, ist der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist doch noch zuzumuten gewesen. Soweit die Beziehung der Klägerin zu der Beklagten bzw. dem Geschäftsführer der Beklagten gestört war, lag die wesentliche Störquelle nicht in den arbeitsrechtlichen Beziehungen, sondern erkennbar in der zerrütteten Ehe. Dass der rein arbeitsrechtliche Leistungsaustausch im Rahmen des § 611 Abs. 1 BGB in rechtserheblicher Weise gestört gewesen wäre, die Klägerin also ihre Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, die Arbeitspflicht, nicht ordnungsgemäß erbracht hätte, lässt sich nicht feststellen. Es sind Umstände gegeben, die das Verhalten der Klägerin in einem milderen Lichte erscheinen lassen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil wird verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die Einstellung der Bewerberin R., deren Einstellungsgespräch die Klägerin gestört haben soll, wegen des Verhaltens der Klägerin nicht zustande gekommen sei. (Auch) die Äußerungen der Klägerin gegenüber dem Zeugen K. haben erkennbar nicht dazu geführt, dass dieser sein Interesse daran, eine Tätigkeit bei der Beklagten aufzunehmen, aufgegeben hätte. Der Zeuge hat sich vielmehr "anders entschieden" als ihm die Klägerin geraten hat. Nach näherer Maßgabe seiner Aussage sieht der Zeuge die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Beklagten "als gut" an (Seite 3 - unten der Sitzungsniederschrift vom 27.05.2010 - 9 Ca 2350/09 -). Insoweit ergibt sich aus den Ausführungen der Beklagten auf Seite 8 der Berufungsbegründung (dort am Ende von Ziffer 3 = Bl. 146 d. A.) - auch wenn dies nicht entscheidungserheblich ist -, dass der Zeuge K. tatsächlich ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingegangen ist. Auch konnte die Klägerin dem Zeugen K. den Umgang mit dem EDV-System bzw. die entsprechenden spezifischen Kenntnisse vermitteln. Soweit die Beklagte Straftatbestände als erfüllt ansieht (insbesondere die der §§ 22 ff., 123 und 240 StGB), kann dies dahingestellt bleiben, denn letztlich kommt es bei einer Kündigung nicht (so sehr) auf die strafrechtliche Wertung, sondern darauf an, ob dem Arbeitgeber - wie hier der Beklagten - nach dem gesamten Sachverhalt die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zumutbar ist (vgl. lag Rheinland-Pfalz 17.12.2008 - 7 Sa 317/08 -).

30

2. Die hiernach als außerordentlich-fristlose Kündigung rechtsunwirksame Kündigung vom 15.10.2009 ist gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung zum nächst zulässigen Termin umzudeuten. Dies führt zu der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15.11.2009 beendet ist (= Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 1 BGB, § 11 Ziffer 3 S. 1 des Arbeitsvertrages).

31

Es ist anerkanntes Recht, dass eine nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist. Diese Voraussetzungen einer Umdeutung gemäß § 140 BGB sind bei der hier gegebenen Sachlage erfüllt. Der Inhalt des Kündigungsschreibens vom 15.10.2009, mit dem die Beklagte der Klägerin unter gleichzeitiger Erteilung eines Hausverbotes "fristlos" gekündigt hat, ließ für die Klägerin den unbedingten Beendigungswillen der Beklagten erkennen. Die Klägerin musste davon ausgehen, dass es der Beklagten darauf ankam, sich möglichst bald, also "zum nächstmöglichen Termin" zu trennen. Besondere Umstände, die den Schluss darauf zuließen, die Beklagte habe mit der Kündigung vom 15.10.2009 ausschließlich die außerordentlich-fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder lediglich eine ordentliche Kündigung zum 30.11.2009 herbeiführen wollen, sind nicht ersichtlich. Zwar wird in der Kündigung vom 15.10.2009 (auch) das Datum "30.11.2009" genannt. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, die Beklagte habe einzig und allein eine ordentliche Kündigung zum 30.11.2009 gewollt, ergeben sich aus dem Akteninhalt jedoch nicht. Die Beklagte hat die Erklärung der ordentlichen Kündigung nicht untrennbar mit dem Termin 30.11.2009 verknüpft. Dies ergibt die gemäß § 133 BGB vorgenommene Auslegung der diesbezüglichen Erklärung der Beklagten. Hiernach ist die ordentliche Kündigung zum 15.11.2009 rechtswirksam, da die Beklagte weder den Kündigungsbeschränkungen des Kündigungsschutzgesetzes noch sonstigen Kündigungsbeschränkungen unterliegt.

32

Damit erweist sich das Klagebegehren im Übrigen, d. h. soweit es sich auf den Zeitraum nach dem 15.11. bis zum 30.11.2009 erstreckt, als unbegründet. Bezogen auf diesen Zeitraum war die Klage im Übrigen abzuweisen.

II.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.

34

Insoweit stellt sich der Umfang des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens der Parteien in den beiden Instanzen unterschiedlich dar. Erstinstanzlich hatte sich die Klägerin (jedenfalls zunächst) auch gegen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewehrt und damit zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht auch den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.11.2009 hinaus geltend gemacht. Dieser Umstand rechtfertigt es im Hinblick auf § 269 Abs. 3 Satz 2 und § 92 Abs. 1 ZPO, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, das einen höheren Streitwert als das Berufungsverfahren hatte, gegeneinander aufzuheben (§ 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Für das Berufungsverfahren ergibt sich (ausgehend von der monatlichen Bruttovergütung der Klägerin [= 1000,00 EUR]) ein Streitwert in Höhe von 1.500,00 EUR. Den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.11.2009 hinaus hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht. Gemessen an diesem Streitwert sind die Kosten des Berufungsverfahrens zu 1/3 auf die Klägerin und zu 2/3 auf die Beklagte zu verteilen.

35

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

36

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann nach näherer Maßgabe des § 72a ArbGG und unter den dort genannten Voraussetzungen selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, einzulegen. Darauf werden die Parteien hingewiesen.

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 11.04.2008, Az.: 9 Ca 1077/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlos und hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung sowie um die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers während des Rechtsstreits.

2

Von einer nochmaligen Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 11.04.2008 (dort S. 3-7 = Bl. 137-141 d. A.) Bezug genommen.

3

Ergänzend ist dem unstreitigen Tatbestand folgendes hinzuzufügen:

4

Herr Z, ein Arbeitskollege des Klägers, leitete am 19.10.2007 ein E-Mail mit dem Titel "Wg: Coucou", am 24.10.2007 eine E-Mail mit dem Titel "Wg: Bonjour" und am 08.11.2007 eine E-Mail mit dem Titel "Wg: Guten Morgen" weiter. Diese weitergeleiteten E-Mails mit jeweils pornographischem Inhalt hatte Herr Z zuvor vom Kläger am 19.10.2007, 15.10.2007 und 05.11.2007 erhalten; sie gehören zu den vom Arbeitsgericht in seinem Urteil vom 11.04.2008 erwähnten, vom Kläger an fünf Arbeitskollegen versandten E-Mails.

5

Der Inhalt folgender Dateien, die der Kläger auf seinem persönlichen Laufwerk gespeichert hatte, tauchte in Anhängen zu E-Mails des Arbeitskollegen Y auf:

6

- Film "Le ramoneur savoyard.mpeg" (pornographischer Inhalt), versandt an drei externe Adressen

- Power-Point-Datei "Indianska Love Story - sex Hot.pps" (pornographischer Inhalt), versandt an drei externe Adressen

- Datei "La_mort_d-une_mouche1.mpeg" (pornographischer Inhalt), versandt an interne und externe Adressaten

- Datei "Joyeux_Anniversaire.wmv" (pornographischer Inhalt), versandt an zwei interne und drei externe Adressaten

- Datei "Le_devastateur.pps" (pornographischer Inhalt), versandt an eine externe Adresse

- Videofilm "bravehound.wmv" (tierpornographischer Inhalt), versandt an drei externe und zwei interne Adressaten

- Videofilm "jecomprendspourquoituvasàlacampagne-mpe" (tierpornographischer Inhalt), versandt an vier externe und zwei interne Adressaten

7

Die fünf Arbeitskollegen, die im selben Großbüro arbeiteten wie der Kläger und an die er E-Mails mit pornographischem oder tierpornographischem Inhalt versandte, wurden von der Beklagten wegen der Befassung mit pornographischen Dateien und deren Weiterleitung mit folgenden arbeitsrechtlichen Maßnahmen belegt: Y erhielt eine fristlose Kündigung, Z eine ordentliche Kündigung und X, W sowie V jeweils eine Abmahnung.

8

Mit Urteil vom 11.04.2008 (Bl. 135 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - festgestellt, dass das am 08.02.1988 zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.12.2007 aufgelöst wurde, noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.06.2008. Des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, den Kläger als Sachbearbeiter zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen.

9

Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung vom 14.12.2007 sei rechtsunwirksam, da es an einem wichtigem Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB fehle. Allerdings seien die Verfehlungen des Klägers an sich geeignet, Grundlage einer außerordentlichen Kündigung zu sein. Der Kläger habe nämlich während der Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten E-Mails mit pornographischem Inhalt an fünf Arbeitskollegen weitergeleitet. Hierdurch habe er gegen die E-Mail-Richtlinie der Beklagten vom 01.05.2003 während des Zeitraumes vom September bis November 2007 verstoßen. Dem Kläger komme - entgegen der Auffassung der Beklagten - jedoch keine Schlüsselposition für die Beschaffung und Weiterverbreitung pornographischer Dateien zu. Er habe zwar von seinem Bekannten, Herrn U pornographische Dateien in den Betrieb zugesandt bekommen und diese an Kollegen weitergeleitet, jedoch seien auch innerhalb des Betriebes pornographische Dateien von einem Kollegen des Klägers aus dem Internet heruntergeladen worden. Die nach unbestrittenen Angaben des Klägers in dem Parallelrechtsstreit mit dem Aktenzeichen 9 Ca 1080/07 vorgelegten Bilder würden größtenteils aus einer anderen Quelle stammen.

10

Des Weiteren könne dem Kläger nicht der Verdacht eines Arbeitszeitbetruges vorgehalten werden. Er habe das E-Mail-System der Beklagten auch privat nutzen dürfen und es lägen keine objektivierbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass er dieses System über das übliche Maß hinaus für private Zwecke genutzt habe.

11

Trotz der demnach gegebenen Pflichtverletzung des Klägers könne die fristlose Kündigung keinen rechtlichen Bestand haben, da die einzelfallbezogene Interessenabwägung ergebe, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei. Diese habe zwar ein berechtigtes Interesse daran, dass in ihrem Betrieb pornographische Dateien weder abgespeichert noch weitergeleitet würden. Berechtigterweise wolle sich die Beklagte nämlich vor einer Rufschädigung schützen und des Weiteren auch ihre Mitarbeiter vor einer Belästigung mit pornographischem Material.

12

Zu Gunsten des Klägers spreche aber, dass er seit 20 Jahren bei der Beklagten beschäftigt sei, bereits 48 Jahre alt und gegenüber seiner Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet sei. Ein Straftatbestand sei auch hinsichtlich des Weiterleitens von Tierpornographie nicht erkennbar, da "Verbreiten" im Sinne des § 184 a StGB bedeute, dass eine Schrift einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten oder jedenfalls unübersehbaren Personenkreis zugänglich gemacht werde. Diese Voraussetzungen seien im Falle des Klägers nicht erfüllt.

13

Das Fortsetzungsinteresse des Klägers überwiege gegenüber dem Beendigungsinteresse der Beklagten insbesondere deshalb, weil die Auswirkungen des Fehlverhaltens des Klägers für die Beklagte nicht erheblich seien und die fristlose Kündigung zukunftsbezogen beurteilt werden müsse. Eine tatsächliche Rufschädigung der Beklagten sei nicht eingetreten, da der Kläger die pornographischen E-Mails lediglich an fünf Arbeitskollegen, die mit ihm im Büro gesessen hätten, versandt habe. Andere Personen, insbesondere Frauen und Auszubildende, seien nicht betroffen gewesen. Die Weiterleitung der pornographischen E-Mails sei nicht viel anders zu werten, als wenn der Kläger pornographische Heftchen mitgebracht hätte, die man sich im Büro gemeinsam angeschaut hätte.

14

Für das Fehlverhalten des Klägers sei eine Abmahnung unter Berücksichtigung des ultima-ratio-Prinzip als angemessene Sanktion anzusehen. Die Beklagte habe zwar in ihren E-Mail-Richtlinien, wie auch in einer Betriebs/Abteilungsversammlung darauf hingewiesen, dass die Befassung mit Pornographie im Internet bzw. in E-Mails nicht geduldet werde und zu einer Kündigung führen könne. Hierdurch könne aber ein solches Verhalten nicht zu einem absoluten Kündigungsgrund gemacht werden; vielmehr sei nach wie vor eine Einzelfallprüfung erforderlich. Da der Kläger unstreitig unmittelbar, als er von der Überprüfung der Rechner durch die Beklagte Kenntnis erlangt habe, den externen Bekannten, von dem er die E-Mails mit pornographischem Dateien erhalten habe, dazu aufgefordert habe, dies zukünftig zu unterlassen, sei davon auszugehen, dass er bereit sei, sich zukünftig vertragskonform zu verhalten.

15

Mangels einer vorausgegangenen Abmahnung sei auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht rechtswirksam geworden.

16

Des Weiteren sei die Beklagte verpflichtet, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem vorliegenden Kündigungsschutzprozess als Sachbearbeiter weiter zu beschäftigen, da das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung nach einem erstinstanzlich stattgebenden Urteil im Kündigungsschutzprozess überwiege.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 8 ff. des Urteils des Arbeitsgerichts vom 11.04.2008 (= Bl. 142 ff. d. A.) verwiesen.

18

Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 27.05.2008 zugestellt worden ist, hat am 05.06.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 11.08.2008 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 11.08.2008 verlängert worden war.

19

Die Beklagte macht geltend,

20

soweit das Arbeitsgericht das Fehlen einer Abmahnung als ausschlaggebend für den Klageerfolg behandelt habe, sei dies mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zu vereinbaren. Der Kläger habe nämlich nicht mit vertretbaren Gründen annehmen dürfen, sein Fehlverhalten werde das Arbeitsverhältnis nicht gefährden. Durch die Betriebsvereinbarung zur Internet- und E-Mail-Nutzung vom 01.05.2003 sei die private Nutzung von E-Mail-Verkehr zur Verbreitung insbesondere pornographischer Schriften oder Bilder untersagt worden mit dem Hinweis darauf, dass Verstöße arbeitsrechtliche Schritte zur Folge hätten. Auch in einem Informationsschreiben vom Ende September 2005 sei noch einmal klargestellt worden, dass das Versenden von E-Mails mit anstößigem Inhalt eine Kündigung nach sich ziehe. Es sei daher nicht erkennbar, dass der Kläger "mit vertretbaren Gründen" habe annehmen können, sein massives Fehlverhalten werde seinen Arbeitsplatz nicht gefährden.

21

Des Weiteren sei in der Interessenabwägung des Arbeitsgerichtes nicht hinreichend gewürdigt worden, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihre Arbeitnehmer vor sexuell belästigenden und diskriminierenden Handlungen von Kollegen zu schützen. Unrichtig sei in diesem Zusammenhang die Annahme des Arbeitsgerichtes, dass sich insbesondere Frauen und Auszubildende durch den Versand und das Anschauen der pornographischen Dateien nicht hätte gestört fühlen können. Dies sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten falsch. Der Eingang zu der einzigen Damentoilette des Stockwerkes liege in dem Großraumbüro des Klägers. Alle weiblichen Mitarbeiterinnen des an dem Standort der Beklagten ansässigen Dienstleisters T wie auch die weibliche Geschäftsführerin dieses Dienstleisters würden diese Toilette nutzen und regelmäßig durch das Großraumbüro laufen. Des Weiteren halte sich die für Zollangelegenheiten zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau S, regelmäßig drei Tage in der Woche in dem Großraumbüro auf. Zudem würden am Standort der Beklagten männliche und weibliche Schülerpraktikanten eingesetzt, die sich an den verschiedensten betrieblichen Stellen bewegen würden. In dem Großraumbüro seien neben dem Kläger im übrigen noch 16 weitere Mitarbeiter der Beklagten eingesetzt, die durch das pflichtwidrige Verhalten des Klägers hätten belästigt werden können.

22

Auch das Integritätsinteresse sei bei der Abwägung des Arbeitsgerichts nicht hinreichend berücksichtigt worden. Zwei der internen Empfänger der E-Mails des Klägers mit pornographischem Inhalt, nämlich die Herren Z und Y, hätten diese E-Mails nämlich an weitere interne und externe Empfänger weitergeleitet. Der Kläger habe durch die Versendung seiner E-Mails an interne Kollegen ein nicht mehr zu kontrollierendes Schneeballsystem in Gang gesetzt. Er hätte sich bewusst sein müssen, dass die Empfänger seiner E-Mails diese an externe Adressen weiterleiten würden. Es bestehe im Übrigen der Verdacht, dass der Kläger wesentlich mehr, als die von der Beklagten nachweisbaren sechs E-Mails mit pornographischem Inhalt versandt habe und als "interner Hauptlieferant" für seine Kollegen Z und Y fungiert habe. Dies folge insbesondere daraus, dass ein Teil der vom Kläger auf seinem persönlichen Laufwerk abgespeicherten pornographischen und tierpornographischen Dateien inhaltsgleich in E-Mails wieder aufgetaucht sei, die von Herrn Y und Herrn Z an interne und externe Adressaten versandt worden seien. Durch die Weiterleitung der pornographischen Dateien in Verbindung mit der Beklagtensignatur an weitere Empfängerkreise habe die Gefahr bestanden, dass der Ruf der Beklagten in der Öffentlichkeit geschädigt werde. In einem Parallelverfahren habe ein Prozessbevollmächtigter vorgetragen, ihm sei bekannt, dass es geradezu allgemein üblich gewesen sei, dass bei der Beklagten im Intranet E-Mails mit pornographischen, rassistischen, gewaltverherrlichenden und sonstigen Inhalten sehr verbreitet seien.

23

Bei Art und Schwere der Pflichtverletzung des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er die Straftatbestände der Verbreitung pornographischer Schriften (§ 184 StGB) und der Verbreitung tierpornographischer Schriften (§ 184a StGB) erfüllt habe. Aus dem jeweiligen Titel der versendeten E-Mails sei nicht zu ersehen gewesen, dass diese einen pornographischen Inhalt aufweisen würden. Dementsprechend sei es auch nicht richtig, dass alle E-Mails als solche ohne beruflichen Bezug für die Kollegen erkennbar gewesen seien und keiner der Kollegen durch den pornographischen Inhalt überrascht worden sei.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 11.08.2008 (Bl. 191 ff. d. A.) und 11.12.2008 (Bl. 262 ff. d. A.) Bezug genommen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 11.04.2008, Az.: 9 Ca 1077/07 abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

Der Kläger beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Der Kläger führt aus,

30

er habe die streitbefangenen E-Mails nicht an externe Empfänger versandt, sondern ausschließlich an seine Arbeitskollegen Z, Y, X, V und W. Aus der Versendung der E-Mails an seine Arbeitskollegen Z und Y, welche ihrerseits E-Mails mit pornographischem Inhalt weiter versandt hätten, könne nicht geschlossen werden, dass der Kläger eine Schlüsselposition inne gehabt habe, aufgrund deren er als Hauptverantwortlicher der Missstände anzusehen sei. Es sei auch unrichtig, dass der Kläger ausreichend auf das Verbot, E-Mails mit pornographischem Inhalt zu versenden, hingewiesen worden sei. Er sei nämlich nie dazu angehalten worden, Betriebsvereinbarungen zu lesen, habe an den nichtobligatorischen Betriebsversammlungen, die in Deutschland stattgefunden hätten, nicht teilgenommen und habe auch die Lohnabrechnung, in welcher ein Hinweis auf das Verbot enthalten gewesen sein solle, nie bekommen. Da die Beklagte verschiedene Arbeitskollegen des Klägers, die mit pornographischen Dateien befasst gewesen seien und diese weitergeleitet hätten, mit unterschiedlichen, abgestuften Sanktionen belegt habe, zeige dies, dass auch aus ihrer Sicht ein absoluter Kündigungsgrund in diesem Zusammenhang nicht existiere.

31

Die Beklagte habe zwar eine Verpflichtung, die Belegschaft vor pornographischen Dateien zu schützen, eine Gefahr für Frauen und Auszubildende habe aber in diesem Zusammenhang, aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, nie bestanden. Frau T und ihre Mitarbeiterinnen, hätten, wenn sie die Damentoilette im Großraumbüro aufgesucht hätten, keine Sicht auf die Arbeitsplätze des Klägers und seiner Kollegen gehabt. Frau S arbeite in einer anderen Abteilung als der Kläger und sitze weitab von diesem mit dem Rücken zu dessen Arbeitsplatz. Mit Praktikanten habe der Kläger keinerlei dienstliche Berührung gehabt. Diese seien lediglich zur Besichtigung der Betriebsstätte im Großraumbüro aufgetaucht und hätten sich dort regelmäßig nur ganz kurz aufgehalten.

32

Dass der Kläger den Ruf der Beklagten geschädigt habe, sei nicht nachvollziehbar, da er die E-Mails lediglich intern an die Arbeitskollegen, die in unmittelbarer Nähe von ihm gearbeitet hätten, versandt habe. Zudem habe er auch nicht billigend in Kauf genommen, dass durch ein "Schneeballsystem" E-Mails mit pornographischem Inhalt an externe Adressaten versandt würden. Ein gemeinsamer Vorsatz des Klägers zusammen mit seinen Arbeitskollegen sei nicht einmal ansatzweise erkennbar.

33

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei deutsches Strafrecht im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sich die Betriebsstätte auf französischem Boden befunden habe und die dem Kläger vorgeworfenen Taten in Frankreich nicht strafbar seien. Im Übrigen seien auch die deutschen Straftatbestände der §§ 184 und 184a StGB nicht erfüllt.

34

Zudem könne der Kläger als französischer Staatsbürger, der bei der Beklagten auf französischem Territorium arbeite, französische Arbeitnehmerschutzrechte in Anspruch nehmen. Die Beklagte habe das von ihr in den Prozess eingeführte Datenmaterial unter Verstoß gegen französisches Datenschutzrecht beschafft, sodass diese Daten nicht als Beweismittel verwendet werden dürfen.

35

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 25.09.2008 (Bl. 216 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

37

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - hat zu Recht festgestellt, dass die außerordentliche wie auch die hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung vom 14.12.2007 das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben und der Kläger bis zum rechtskräftigen Ende des Kündigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen ist.

38

Das Berufungsgericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe (Seite 8-16 des Urteils vom 11.04.2008 = Bl. 142-150 d. A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug, soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen keine Abweichungen ergeben. Die von der Beklagten erhobenen Berufungseinwendungen rechtfertigen eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils aus den nachfolgenden Gründen nicht.

39

1. Soweit die Beklagte geltend macht, eine Abmahnung sei im vorliegenden Fall vor Kündigungsausspruch nicht notwendig gewesen, stützt sie sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, wonach es einer Abmahnung bedarf, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen (vgl. BAG, Urteil vom 07.07.2005 - 2 AZR 581/2004 = NZA 2006, 98 ff.). Dabei folgert sie aus dieser Rechtsprechung, der Kläger habe aufgrund des von ihr in einer E-Mail-Richtlinie (Betriebsvereinbarung, die am 01.05.2003 in Kraft getreten ist) geregelten Verbote, aufgrund der Mitteilungen in Betriebs-/Abteilungsversammlungen sowie aufgrund einer schriftlichen Mitteilung, die einer Entgeltabrechnung beigefügt gewesen sei, nicht davon ausgehen dürfen, dass sie sein Fehlverhalten als nicht erheblich und nicht arbeitsplatzgefährdend ansehe.

40

Nach Auffassung der Berufungskammer kann bei der Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall statt einer Kündigung eine Abmahnung auszusprechen war, dahingestellt bleiben, ob der Kläger von dem ausdrücklichen Verbot der missbräuchlichen Nutzung des betrieblichen E-Mail-Verkehrs und der hiermit verbunden Kündigungskonsequenz durch die Beklagte tatsächlich in Kenntnis gesetzt wurde. Er musste so oder so davon ausgehen, dass eine Pflichtverletzung arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Welchen Inhalt diese zu erwartenden Konsequenzen haben - Kündigung oder Abmahnung - war im konkreten Fall, zumindest nicht ausschlaggebend davon abhängig, was die Beklagte zuvor bereits abstrakt angedroht und dem Kläger mitgeteilt hatte. Entscheidend ist insoweit, inwiefern der Kläger bei Vergegenwärtigung einer objektiven Sichtweise seines Arbeitgebers annehmen durfte, der Bestand seines Arbeitsverhältnisses sei nicht gefährdet. Hierfür gibt es vorliegend tatsächliche Anhaltspunkte, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: Der Kläger erbrachte während nahezu 20 Jahren eine beanstandungsfreie Arbeitsleistung; die nachweisbare Pflichtverletzung erfolgte während ca. drei Monaten; ausgehend allein vom Fehlverhalten des Klägers wurden durch ihn unmittelbar keine Personen mit pornographische Dateien belästigt, die dies auch subjektiv tatsächlich als Belästigung empfunden hätten. Die Adressaten der E-Mails mit pornographischem Inhalt, nämlich die fünf Arbeitskollegen des Klägers empfanden die Zusendung des anstößigen Inhalts der Mails schon deshalb nicht als Belästigung, weil sie selbst diese Dateien teilweise "verarbeiteten" und/oder weitersandten. Dementsprechend hat die Beklagte auch jeden der fünf Adressaten mit arbeitsrechtlichen Sanktionen und Abmahnungen bis hin zu Kündigungen belegt. Die Dateien und Videofilme mit pornographischem bzw. tierpornographischem Inhalt wurden vom Kläger nicht an betriebsexterne Personen gesandt, sondern eben nur an jene fünf Arbeitskollegen, die in seiner unmittelbaren Nähe im Großraumbüro saßen. Eine durch den Kläger unmittelbar verursachte Rufschädigung der Beklagten ist nicht eingetreten.

41

Die weiteren vom Arbeitsgericht bereits dargestellten oder nachfolgend noch darzustellenden Umstände, die im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses sprechen, waren nach Qualität und Quantität nicht geeignet, beim Kläger den Eindruck hervorzurufen, die Beklagte werde das Arbeitsverhältnis aufgrund seiner Pflichtverletzung auf jeden Fall beenden.

42

2. Die Rüge der Beklagten, das Arbeitsgericht habe im Rahmen der Interessenabwägung den Schutz der übrigen Belegschaft nicht hinreichend gewürdigt, ist nach Auffassung der Berufungskammer nicht berechtigt.

43

Zutreffend ist zwar, dass die Beklagte gemäß §§ 241 Abs. 2 BGB, 3 Abs. 4 AGG verpflichtet ist, ihre Arbeitnehmer vor sexuell belästigenden und diskriminierenden Handlungen von Kollegen zu schützen. Dass die fünf Arbeitskollegen, an welche der Kläger seine E-Mails adressiert hatte, nicht sonderlich schutzbedürftig waren, wurde oben bereits dargelegt. Darüber hinaus wurden durch diese E-Mails weder Frauen noch Schüler-Praktikanten belästigt und das Risiko einer tatsächlichen Belästigung war gering.

44

Die weiblichen Mitarbeiterinnen des Dienstleisters T einschließlich der Geschäftsführerin Frau T sowie die für Zollangelegenheiten zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau S, nützten zwar die Damentoilette in dem Großraumbüro, in welchem der Kläger und die Adressaten von dessen E-Mails arbeiten. Die Beklagte hat aber nicht dargetan, dass eine dieser Personen tatsächlich den Inhalt der anstößigen E-Mails tatsächlich zu Gesicht bekam. Des Weiteren war aufgrund der örtlichen Gegebenheiten das Risiko, dass es zur Kenntnisnahme dieser E-Mails durch diesen Personenkreis kommen konnte gering. Den Mitarbeiterinnen, welche das Großraumbüro betraten, um die Damentoilette aufzusuchen, war der Blick auf die Arbeitsplätze des Klägers und seiner Kollegen durch eine hohe Trennwand (vgl. das Foto auf Bl. 239 d. A.) versperrt. Der Arbeitsplatz von Frau S, den diese an drei Tagen in der Woche aufsuchte, liegt verhältnismäßig weit entfernt vom Arbeitsbereich des Klägers und seiner Kollegen. Frau S sitzt mit dem Rücken zu diesem Arbeitsbereich, der zudem durch Schränke zusätzlich abgegrenzt wird (vgl. Foto auf Bl. 240 d. A.).

45

Hinsichtlich der Schüler-Praktikanten, welche das Großraumbüro im Rahmen der Besichtigung der Betriebsstätte besuchen, ist nicht feststellbar, dass diese oft an den Arbeitsplätzen des Klägers und seiner Kollegen vorbeigekommen sind. Vielmehr hat der Kläger hierzu unwidersprochen vorgetragen, die Schüler-Praktikanten hätten sich regelmäßig nur ganz kurz und in großen Abständen dort aufgehalten. Infolgedessen ist ein hohes Risiko, dass diese Praktikanten mit dem vom Kläger versandten E-Mails in Kontakt kommen konnten, nicht feststellbar.

46

Durch die Arbeitskollegen des Klägers, welche E-Mails mit pornografischem oder tierpornographischem Inhalt an betriebsexterne Adressen versandt haben, wurde eine Rufschädigung der Beklagten verursacht. Diese Rufschädigung hat aber der Kläger nur zu einem geringen Teil mitzuverantworten, da die Weiterversendung der E-Mails an externe Personen im Wesentlichen auf freie und bewusste Willensentscheidungen seiner Arbeitskollegen zurückzuführen ist. Es trifft zwar zu, dass er - bezüglich des Herrn Z - nachweislich das pornographische Datenmaterial, das später durch Herrn Z per E-Mail nach außen versandt wurde, seinem Arbeitskollegen zugeleitet hat. Des Weiteren trifft auch zu, dass ein dringender Verdacht dahingehend besteht, dass die von Herrn Y am 05.11.2007, 08.11.2007, 15.11.2007, 19.11.2007 und 20.11.2007 weiter versandten E-Mails mit pornographischem und tierpornographischem Inhalt mit hoher Wahrscheinlichkeit zuvor vom Kläger an Herrn Y gesandt wurden. Denn der Inhalt dieser E-Mails - Dateien und Videofilme - ist identisch mit den Dateien und Videofilmen, die der Kläger auf seinem persönlichen Laufwerk gespeichert und zuvor von U zugesandt bekommen hat. Aber auch in diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass die Weiterversendung, insbesondere an externe Personen nicht vom Kläger, sondern von Arbeitskollegen zu verantworten ist. Dementsprechend hat die Beklagte auch arbeitsrechtliche Sanktionen gegen diese Personen gerichtet.

47

Eine dem Kläger zuzurechnende Rufschädigung kann auch nicht aus dem Sachvortrag eines Prozessbevollmächtigten in einem Parallelverfahren beim Arbeitsgericht Ludwigshafen (Az.: 6 Ca 1074/07) hergeleitet werden. Wenn der Prozessbevollmächtigte dort ausgeführt hat, es sei ihm bekannt, dass es geradezu allgemein üblich gewesen sei, dass bei der Beklagten im Intranet E-Mails mit pornographischen, rassistischen, gewaltverherrlichenden und sonstigen Inhalten sehr verbreitet gewesen seien, ist ein konkreter Zusammenhang mit dem Verhalten des Klägers nicht erkennbar. Des Weiteren ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern diese Behauptung stimmt; die Beklagte bezeichnet diesen Sachvortrag selbst als "nicht annähernd der Realität entsprechende Behauptungen".

48

Nicht zu verkennen ist allerdings, dass ein Teil der nach außen versandten E-Mails nicht möglich gewesen wäre, wenn nicht zuvor der Kläger unter Assistenz seines externen Bekannten U seine Arbeitskollegen mit den pornographischen sowie tierpornographischen Dateien und Videofilmen versorgt hätte. Dies ändert aber nichts daran, dass ihm kein bedingter Vorsatz dahingehend unterstellt werden darf, er habe die Weiterversendung dieser Dateien und Videofilme durch seine Arbeitskollegen gewollt oder mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen. Hierfür fehlen die notwendigen tatsächlichen Anhaltspunkte. Des Weiteren beruft sich die Beklagte zwar auch zu Recht darauf, dass die Gefahr bestanden habe, sie werde, angesichts der Tatsache, dass die an externe Adressaten versandten E-Mails der Arbeitskollegen des Klägers ihre Signatur enthielten, in ein problematisches Licht gesetzt. Aber auch hier tragen die Arbeitskollegen des Klägers die wesentliche Verantwortung für dieses Risiko.

49

3. Wenn die Beklagte die Auffassung vertritt, es liege eine besonders schwere Pflichtverletzung des Klägers vor, da sein Verhalten die Straftatbestände des § 184 StGB (Verbreitung pornographischer Schriften) und § 184a StGB (Verbreitung tierpornographischer Schriften) erfülle, kann dies nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer dahingestellt bleiben. Denn letztendlich kommt es bei einer Kündigung nicht auf die strafrechtliche Wertung, sondern darauf an, ob dem Arbeitgeber wegen des Verhaltens des Arbeitnehmers nach dem gesamten Sachverhalt die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zumutbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 22.12.1956 - 3 AZR 91/56 = AP Nr. 13 zu § 626 BGB). Etwas anderes würde nur im Falle einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung gelten. Insoweit ist die Rechtskraft des Strafurteils, also die abschließende Bewertung des Sachverhalts durch die dafür zuständige und sachverständige Gerichtsbarkeit eine (neue) Tatsache, die auch auf die arbeitsrechtliche Rechtslage durchschlägt (vgl. Busemann/Schäfer, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Auflage, S. 202 m. w. N.). Der Kläger ist aber im vorliegenden Fall nicht rechtskräftig verurteilt, sodass es letztlich für die Beurteilung seines Verhaltens nicht auf die strafrechtliche Würdigung, sondern vielmehr auf die betrieblichen Auswirkungen ankommt. Dabei war vor allem zu berücksichtigen, dass es zu einer nachweisbaren Rufschädigung, unmittelbar hervorgerufen durch das Verhalten des Klägers, nicht gekommen ist und die Adressaten seiner anstößigen E-Mails nicht besonders schutzbedürftig erscheinen. Des Weiteren ist wesentlich, dass der Kläger seine Aktivitäten auf den betriebsinternen Bereich und hier insbesondere auf die fünf um ihn herumsitzenden Arbeitskollegen beschränkte, sodass entsprechend den Ausführungen des Arbeitsgerichtes sowie unter weiterer Berücksichtigung der oben dargelegten Verdachtsumstände eine Abmahnung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die angemessene und ausreichende Reaktion auf das Fehlverhalten des Klägers war.

50

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

51

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.