Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Aug. 2017 - 3 Sa 239/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0807.3Sa239.17.00
07.08.2017

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.03.2017 - 2 Ca 1836/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger infolge einer erfolglosen Bewerbung bei der Beklagten ein Entschädigungsanspruch aus einer Benachteiligung auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zusteht.

2

Der 1987 geborene ledige Kläger, der keine Unterhaltspflichten zu erfüllen hat, ist mit einem Grad der Behinderung von 60 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Im Mai 2015 (Zeugnis vom 27.05.2015 (Bl. 23 d. A.) hat der Kläger an der Hochschule für Technik in B. die Abschlussprüfung zum Bachelor im Studiengang Mechatronik abgeschlossen. Seit dem ist er weiterhin an der Hochschule für Technik eingeschrieben, um seinen Master im Fachbereich Mechatronik (Master of Engineering) zu erreichen.

3

Ausbildungsbegleitend (Schule und Studium) hat der Kläger verschiedene Arbeitstätigkeiten ausgeübt; insoweit wird auf Bl. 19 d. A. Bezug genommen. Zuletzt ist er seit dem Januar 2014 durchgängig als Kfz-Sachverständiger tätig. Ausbildungsbegleitend hat er verschiedene Praktika (vgl. Bl. 20 d. A.) ausgeübt.

4

Die Beklagte hat im Jahr 2016 eine Stellenausschreibung veröffentlicht, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Bl. 11-13 d. A. Bezug genommen wird und die auszugsweise folgenden Inhalt hatte:

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"Für den Präventionsdienst B. suchen wir einen/eine Ingenieur/in (Bachelor/FH) der Fachrichtungen Elektrotechnik, Metallurgie, Verfahrenstechnik, Mechatronik oder verwandter Fachrichtungen als Aufsichtsperson.

6

Zu Ihren Aufgaben zählen

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· Beratung und Überwachung von Unternehmen und Versicherten in Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes
8
· Lehrtätigkeit in berufsgenossenschaftlichen Seminaren
9
· Ermittlung der Ursachen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten

10

Die dazu erforderlichen fachlichen und methodischen Kompetenzen vermitteln wir Ihnen im Rahmen einer zweijährigen internen Ausbildung, die mit einer Prüfung abschließt.

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Wir erwarten

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· nach dem Studium mindestens zwei Jahre praktische und aktuellen Erfahrungen in betrieblichen Fertigungs- oder Entwicklungsbereichen
13
· die Fähigkeit zum analytischen und lösungsorientierten Arbeiten
14
· Einfühlungsvermögen, Kontaktfähigkeit und Kritikfähigkeit
15
· Bereitschaft zur überwiegenden, auch mehrtägigen Außendiensttätigkeit in Betrieben, in Ausbildungsstätten und auf Baustellen; eine PKW-Fahrerlaubnis wird vorausgesetzt
16
· eine kontinuierliche Fortbildungsbereitschaft

17

Für das Dienstverhältnis geltend die Bestimmungen für Beamte/innen des Bundes analog. Frauen werden besonders aufgefordert, sich zu bewerben. Über Bewerbungen schwerbehinderter Menschen freuen wird uns sehr."

18

Der Kläger hat sich mit Anschreiben vom 14.07.2016, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts nebst Anlagen auf Bl. 16-42 d. A. Bezug genommen wird, unter Beifügung einer Kopie seines Schwerbehindertenausweises, unter Angabe seines GdB von 60 sowie seines Lebenslaufes im Hinblick auf schulische, berufliche sowie Hochschulausbildung beworben.

19

Mit Schreiben vom 26.08.2016, hinsichtlich des weiteren Inhalts auf Bl. 44 d. A. Bezug genommen wird, hat die Beklagte die Bewerbung abgelehnt, ohne diese Entscheidung dem Kläger gegenüber zu begründen.

20

Mit Schreiben vom 09.09.2016, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 45, 46 d. A. Bezug genommen wird, hat der Kläger bei der Beklagten Schadensersatzansprüche beruhend auf § 15 AGG in Höhe von insgesamt 18.936,00 € geltend gemacht. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 20.09.2016 (Bl. 48, 49 d. A.) zurückgewiesen, insbesondere da der Kläger die in der Ausschreibung geforderten zwei Jahre praktische berufliche Bildung nach Studienabschluss nicht aufweise und daher nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahre 2013 (= Bl. 49 d. A.) objektiv nicht geeignet sei.

21

Mit der beim Arbeitsgericht am 08.12.2016 eingegangenen Klage macht der Kläger folglich nunmehr Schadenersatz geltend, den er in das Ermessen des Gerichtes stellt, der jedoch nicht unter 19.005,00 € liegen soll.

22

Der Kläger hat vorgetragen,

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die Beklagte als öffentlicher Arbeitgeber habe ihrer Verpflichtung, den Kläger gemäß § 82 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht entsprochen. Auch enthalte die Ablehnung keinerlei Begründung, warum der Kläger im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei. Mit Schreiben vom 20.09.2016 erst habe die Beklagte den Schadensersatz abgelehnt und behauptet, er sei objektiv nicht geeignet, ohne dass dies näher begründet worden sei. Es sei auch nicht so, dass die fachliche Eignung offensichtlich fehle. Der Kläger habe im Rahmen seines Bachelorstudiums die Schwerpunkte Produktionstechnik, formgebende Technologien, Mechanik und mechatronische Systeme etc. erfolgreich abgeschlossen. Er verfüge über exzellente Kenntnisse im Hinblick auf die ausgeschriebene Stelle. Darüber hinaus verfüge er seit dem Jahr 2003 über jahrelange praktische Berufserfahrung und habe diverse Praktika studienbegleitend, insbesondere beim F.Institut XY, mit herausragendem Praktikumszeugnis abgeleistet und am ABC Institut der TU B. seine Bachelorarbeit gefertigt. Außerdem sei er z. Zt. Kfz-Sachverständiger, dies seit Januar 2014. Folglich sei davon auszugehen, dass er auch entsprechende praktische Erfahrung ausreichend aufweise.

24

Hinsichtlich der Höhe der Entschädigung sei darauf hinzuweisen, dass nach Auskunft des Internetportals "GEHALT.de" sich das bruttomonatliche Gehalt einer Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaft im Bereich Berlin auf 6.335,00 € belaufe.

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Der Kläger hat beantragt,

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die beklagte Partei zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB seit dem 21.09.2016 zu zahlen. Die Höhe der Entschädigung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, sollte aber 19.005,00 € nicht unterschreiten.

27

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat vorgetragen,

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der Kläger sei nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen gewesen, da ihm offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle fehle. Die Beklagte habe ihrem öffentlichen Auftrag nach ein Anforderungsprofil für die Stelle festgelegt und nachvollziehbar dokumentiert. Nach diesem sei, neben dem erfolgreichen Abschluss eines Ingenieurstudiums mit dem Grad des Bachelor, zumindest zwei Jahre praktische berufliche Erfahrung nach Studienabschluss gefordert. Der Kläger, der im Mai 2015 seinen Bachelorabschluss erworben und sich im Juli 2016 beworben habe, könne nur 14 Monate berufliche Erfahrung nach Abschluss aufweisen. In dieser Zeit habe der Kläger auch nicht im Bereich betrieblicher Fertigung und Entwicklung gearbeitet, sondern sei nur als selbständiger Kfz-Gutachter studienbegleitend tätig gewesen.

31

Die Festlegung der zweijährigen hauptberuflichen Tätigkeit nach Abschluss des Studiums sei sachlich nachvollziehbar und nicht von sachfremden Erwägungen getragen.

32

Zudem habe sich die Beklagte bei diesem Anforderungsmerkmal an die Definition des Anforderungsprofiles der Richtlinien für den Dienst bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall gehalten (§ 21 Abs. 1 der Richtlinie). Die Dienstordnung der Beklagten sei als autonomes Satzungsrecht im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB IV zu qualifizieren. Gemäß § 3 Abs. 2 der Dienstordnung orientiere sich sowohl die Einstellung als auch die Anstellung, Beförderung sowie der Aufstieg allein an Eignung, Befähigung und Leistung des Angestellten. Die Richtlinien für die berufsgenossenschaftlichen Dienste seien Bestandteil der Dienstordnung.

33

Für die Beklagte habe keine Pflicht bestanden, die ablehnende Entscheidung gegenüber dem Kläger gemäß § 81 Abs. 1 Satz 9 SBG IX zu begründen. Die Beklagte genüge ihrer Verpflichtung aus § 71 Abs. 1 SGB IX, da sie im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt habe.

34

Schließlich sei auch die vom Kläger geltend gemachte Höhe der Entschädigung unangemessen. Aus der Ausschreibung sei ersichtlich, dass auf die ausgeschriebene Stelle das Bundesbesoldungsrecht Anwendung finde. Die Stelle, auf die sich der Kläger beworben habe, sei eine solche der Besoldungsgruppe A 10 BBesO. Der Beschäftigte habe grundsätzlich Anspruch auf ein Grundgehalt der Stufe 1 der Besoldungsgruppe A 10, was 2.824,48 € nach der Besoldungstabelle der Besoldungsgruppe A BBesO ausmache. Ein Familienzuschlag sei vorliegend, da der Kläger ledig und kinderlos sei, nicht erhöhend zu berücksichtigen.

35

Darauf hat der Kläger abschließend wie folgt repliziert,

36

er habe keine Kenntnis, davon, dass es sich bei der Stelle um eine Stelle des gehobenen technischen Dienstes entsprechend der Besoldungsgruppe A 10 gehandelt habe. Aus der Ausschreibung sei nur ersichtlich, dass ein Bewerber als Aufsichtsperson unter Hinweis auf eine interne zweijährige Ausbildung gesucht werde.

37

Die Beklagte verwende unterschiedliche Begriffe inhaltlich fehlerhaft. Sie verwechsle objektive Ungeeignetheit mit offensichtlich fehlender fachlicher Eignung. Der Kläger scheine von seinem gesamten Anforderungsprofil her, insbesondere im Hinblick auf seinen Ausbildungsverlauf, zu 100 % auf das Schema der Ausschreibung zu passen. Wenn die Beklagte meine, dass eine fehlende praktische Erfahrung von zehn Monaten dazu führe, dass die fachliche Eignung offensichtlich fehle, sei dies nicht nachvollziehbar. Gerade vorliegend werde der Zweck des Gesetzes, dem Kläger im Bewerbungsgespräch die Gelegenheit zu geben, seine praktischen beruflichen Erfahrungen näher zu erläutern, ausgehebelt. Auch § 21 Abs. 1 der Richtlinien für den berufsgenossenschaftlichen Dienst ergäben nichts anderes. Ob sich die Diskriminierung des Arbeitnehmers allein aus der Stellenbeschreibung oder aus internen Ausschreibungsrichtlinien ergebe, sei irrelevant. Aus der Dienstordnung lasse sich nicht entnehmen, dass die Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Diskriminierung des Klägers im Zusammenhang stehe.

38

Letztlich verkenne die Beklage die Beweislastsituation. Die Tatsache, dass kein Bewerbungsgespräch stattgefunden habe, sei ein eindeutiges Indiz der Diskriminierung. Das Gegenteil habe die Beklagte zu beweisen. Auch aus der mangelnden Begründung der Ablehnungsentscheidung ergebe sich eine Indizwirkung für die Diskriminierung. Inwieweit die Beklagte die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfülle, könne der Kläger nicht wissen und bestreite dies folglich mit Nichtwissen. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Entschädigung habe sich der Kläger bezüglich der Vergütung einer Aufsichtsperson erkundigt und das entsprechende Ergebnis zum Gegenstand seiner Schadensberechnung gemacht.

39

Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 08.03.2017 - 2 Ca 1836/16 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 102 - 116 d. A. Bezug genommen.

40

Gegen das ihm am 06.04.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 04.05.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am (Pfingstdienstag), 06.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

41

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, er wisse nicht, ob die Beklagte die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfülle. Den Nachweis für das Gegenteil könne er nicht erbringen; dies sei ihm unmöglich. Die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch stelle ein Indiz für eine Diskriminierung dar. Er, der Kläger, sei nicht offensichtlich fachlich ungeeignet, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er unzweifelhaft nicht dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspreche. Insoweit sei davon auszugehen, dass gewisse Zweifel an der fachlichen Eignung es nicht rechtfertigten, von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen, weil sich solche Zweifel in einem Vorstellungsgespräch gerade ausräumen lassen. Das insoweit 10 Monate an praktischen Zeiten im Anschluss an das Studium verglichen mit dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung fehlten, möge Zweifel an der Eignung begründen. Offensichtliche Zweifel seien dies aber nicht. Der Gesetzgeber wolle behinderten Menschen als Nachteilsausgleich einen gewissen Vorteil verschaffen, sich in einem Vorstellungsgespräch präsentieren zu können. Nur in krassen Ausnahmefällen, wenn nämlich der Bewerbung von vorneherein anzusehen sei, dass eine Person überhaupt nicht ins Anforderungsprofil passe, mache es in der Tat keinen Sinn, jemand zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Vorliegend fehle dem Kläger jedoch lediglich ein kleiner Teil der geforderten praktischen Berufserfahrung.

42

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 06.06.2017 (Bl. 137 - 141 d. A.) Bezug genommen.

43

Der Kläger beantragt,

44

unter Abänderung des am 06.04.2017 zugestellten Urteil des Arbeitsgerichts Mainz zum Az.: 2 Ca 1836/16 vom 08.03.2017 die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, an den Kläger und Berufungskläger eine Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB seit dem 21.09.2016 zu zahlen. Die Höhe der Entschädigung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, sollte aber 19.005,00 € nicht unterschreiten.

45

Die Beklagte beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen.

47

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die Beklagte sei vorliegend nicht zu einer Begründung der Ablehnung der Einstellung des Klägers verpflichtet gewesen; im Übrigen sei dem Kläger eine Begründung vor Klageerhebung übermittelt worden. Die Schwerbehindertenvertretung sei mit der Entscheidung, den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, unstreitig einverstanden gewesen. Zudem sei die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt; insoweit hat die Beklagte im Berufungsverfahren ihre Meldung bei der Agentur für Arbeit nach § 80 Abs. 2 SGB IX für das Jahr 2016 in Kopie vorgelegt. Insoweit wird auf Bl. 171 - 175 d. A. Bezug genommen.

48

Im Hinblick auf das geforderte Anforderungsprofil sei der öffentliche Arbeitgeber gehalten, dieses ausschließlich nach objektiven Kriterien, d. h. unter Berücksichtigung der Anforderungen der auszuübenden Tätigkeit festzulegen. Da der Kläger die geforderten zwei Jahre Berufstätigkeit nach Abschluss des Studiums nicht aufweise, fehle ihm offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle. Es handele sich keineswegs um eine Voraussetzung, die entbehrlich sei und durch andere Qualitäten des Klägers, auf die er im Vorstellungsgespräch habe hinweisen können, ausgeglichen werden könne. Erforderlich seien praktische berufliche Erfahrungen, denn theoretische und praktische Kenntnisse, wie sie im Rahmen eines Studiums vermittelt würden, seien bereits von der Stellenanforderung des abgeschlossenen Ingenieurs (Bachelor-FH) der Fachrichtung Elektrotechnik, Metallogie, Verfahrenstechnik, Mechatronik und verwandte Fachrichtungen als Aufsichtsperson erfasst. Über solche - die Ausbildungskenntnisse übersteigende - Erfahrungen und Kenntnisse verfüge der Kläger jedoch nach den vorgelegten Bewerbungsunterlagen nicht. Dem genüge insbesondere das zweimonatige Praktikum am F. Institut nicht. Nichts anderes gelte für die weiteren Praktika, das sind zum einen noch vor dem Beginn des Studiums zum Sommersemester 2010 und zum andern kurz nach Beginn des Studiums durchgeführt worden seien. Es handele sich nicht um aktuelle einschlägige Berufserfahrung nach Abschluss des Studiums, die ausweislich der Stellenbeschreibung gefordert seien.

49

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 04.07.2017 (Bl. 165 - 170 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 171 - 177 d. A.) Bezug genommen.

50

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

51

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 07.08.2017.

Entscheidungsgründe

I.

52

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

53

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

54

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage des Klägers vollständig unbegründet und daher abzuweisen ist; die Berufung des Klägers ist folglich zurückzuweisen.

55

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

56

"Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG i. V. m. §§ 7, 1 AGG wegen Diskriminierung aufgrund seiner anerkannten Schwerbehinderung. Eine derartige Diskriminierung seitens der Beklagten im Bewerbungsverfahren ist vorliegend nicht feststellbar.

57

1) Der Antrag auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG i. V. m. § 7, 1 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus und ist grundsätzlich verschuldensunabhängig.

58

Das Benachteiligungsverbot § 7 Abs. 1 AGG verbietet im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung, u. a. wegen der Behinderung (§ 1 AGG). Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, der gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelung des AGG für anwendbar erklärt, schwerbehinderte Menschen nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen.

59

§ 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als mittelbare Benachteiligung, wobei eine unmittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG in Betracht kommt, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, insbesondere wegen einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine Person in vergleichbarer Situation dies erfahren hätte oder erfahren würde.

60

Der Anwendungsbereich des AGG ist auch dann eröffnet, wenn ein Arbeitsverhältnis noch nicht zustande gekommen ist, da nach § 6 Abs. 1 Satz 2 als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber gelten, die sich um ein Beschäftigungsverhältnis bemühen.

61

Die Beklage ist gemäß § 6 Abs. 2 AGG Arbeitgeber, da sie als juristische Person unstreitig Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger hat sich, dies ist unstreitig, vorliegend am 14.07.2016 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle beworben.

62

2) Die Entschädigungsklage des Klägers scheitert nicht daran, dass i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG wegen fehlender objektiver Eignung für die ausgeschriebene Stelle schon keine vergleichbare Situation vorläge. Das Bundesarbeitsgericht hat seine bisher bestehende Rechtsprechung, dass die objektive Eignung Voraussetzung für die vergleichbare Situationen in § 3 AGG sei (BAG 19.05.2016 - 8AZR 470/14 - juris) aufgegeben.

63

3) Eine Benachteiligung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens und einer Auswahlentscheidung ist bereits dann anzunehmen, wenn der Bewerber als Beschäftigter i. S. v. § 6 AGG nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (BAG 22.08.2013 - 8 AZR 563/12, Juris). Sind daher bereits die Chancen eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, ist es grundsätzlich irrelevant, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung an ein Diskriminierungsmerkmals, noch in der dann anschließenden Einstellungsentscheidung eine nachweisbare Rolle gespielt hat.

64

a) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst jedoch nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur solche, die wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgen. Zwischen der benachteiligenden Handlung und einem nach § 1 AGG relevanten Grund muss daher ein Kausalzusammenhang bestehen.

65

Dabei muss der betreffende Grund nicht ausschließliches oder etwa auch nur wesentliches Motiv des Handelnden bei der Benachteiligung sein, vielmehr ist ein derartiger Kausalzusammenhang auch schon dann anzunehmen, wenn die Benachteiligung an einem Grund i. S. d. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen mitursächlich motiviert wird.

66

Für den Rechtschutz bei Diskriminierung sieht § 22 AGG dazu eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die klagende Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutze vor Benachteiligung tatsächlich vorgelegen hat. Dazu genügt der Kläger in einem Diskriminierungsschadensersatzprozess seiner Darlegungslast bereits dann, wenn er Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Als hinreichende Indizien für eine Benachteiligung im Bewerbungsverfahren sind Verstöße des öffentlichen Arbeitgebers gegen die Verpflichtungen in §§ 82 Abs. 2 SGB IX (Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch) und 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX (Verstoß gegen die Verpflichtung zur Begründung der Ablehnungsentscheidung) grundsätzlich anerkannt. Die Indizwirkung ist jedoch nur dann begründet, wenn für den öffentlichen Arbeitgeber, zu dem auch die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechtes zählt, tatsächlich die Verpflichtung zur Einladung des Schwerbehinderten zum Vorstellungsgespräch bestand und ebenfalls eine Verpflichtung zur Ablehnungsbegründung vorlag.

67

b) Dies ist vorliegend nicht der Fall.

68

aa) Die Beklagte war vorliegend nicht verpflichtet, dem Kläger gegenüber gemäß § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX bei Ablehnung der Bewerbung eine Begründung abzugeben. Die Beklagte war vorliegend nicht verpflichtet, den Kläger unverzüglich i. S. v. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für ihre Auswahlentscheidung zu unterrichten, da sie nach ihrem Vortrag die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfülle.

69

Die Begründungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SBG IX trifft nur den öffentlichen Arbeitgeber, der die Beschäftigungsquote nach § 71 SGB IX nicht erfüllt (vgl. zur Begründung BAG 21.02.2013 - 8 AZR 180/12 - juris). Es hätte daher dem Kläger, der lediglich die Behauptung aufstellte, eine Begründung sei erforderlich gewesen und den Vortrag der Beklagten, sie erfülle die Quote, mit Nichtwissen bestritten hat, im Sinne der Darlegungslast nach § 22 AGG oblegen, substantiierten schlüssigen Vortrag zur Nichterfüllung der Quote nach § 71 SGB IX zu erbringen. Der Kläger hätte sich daher konkret zur Quote äußern müssen und hätte sich nicht bloß darauf beschränken dürfen, die Behauptung der Beklagten mit Nichtwissen zu bestreiten. Dies auch wenn man anerkennen muss, dass es dem Kläger im vorliegenden Fall schwerfallen dürfte, entsprechende Informationen zur Erfüllung der Quote nach § 71 SGB IX zu erlangen, während die Beklagte diese Informationen ohne weiteres besitzt. Einen allgemeinen Grundsatz, dass jeweils der Sachnähere zur Auskunft darlegungsverpflichtet ist, enthält das Prozessrecht nicht. Die Beweislast im Prozess nach § 15 AGG ist vielmehr zugunsten des Anspruchsstellers schon durch § 22 AGG verschoben, da er seiner Vortragspflicht im Hinblick auf die dadurch ausgelöste Umkehr der Beweislast schon durch Darlegung und Beweis von Indiztatsachen genügt. Ihn auch noch davon zu befreien Indizien substantiert darzulegen, sieht das Prozessrecht nicht vor (vgl. BAG 21.02.2013 - 8 AZR 180/12, Juris).

70

bb) Die Beklagte war vorliegend auch nicht gehalten, den Kläger i. S. v. § 82 Abs. 2 Satz 3 SBG IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Kläger war offensichtlich fachlich ungeeignet.

71

Zur Beurteilung der fachlichen Eignung des Bewerbers ist auf das in der veröffentlichten Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil abzustellen. Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle, legt der Arbeitgeber die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. An ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (BVerfG 08.10.2007 - 2 BVR 1846/07 juris). Zur konkreten Bestimmung der fachlichen Anforderung an die ausgeschriebene Stelle ist der Arbeitgeber im öffentlichen Bereich deswegen verpflichtet, da im Bereich des öffentlichen Dienstes Art. 33 Abs. 2 GG eine Auswahlentscheidung nach dem Prinzip der Besten-Auslese bedingt. Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sind daher dazu verpflichtet, die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die außerfachlichen Kompetenzen so konkret zu beschreiben, dass eine am Prinzip der Besten-Auslese orientierte leistungsbezogene Auswahl, die auch gerichtlich überprüfbar ist, möglich wird (BVerwG 03.03.2011 - 5 C 16/10 - juris). Erst aus dem in der Stellenbeschreibung gegebenen Zuschnittes des zu vergebenden Dienstpostens, ergeben sich die Anforderungen, an denen die konkurrierenden Bewerber zu messen sind (BAG 21.02.2013 - 8 AZR 180/12 - juris). Dabei ist der öffentliche Arbeitgeber bei der Erstellung des Anforderungsprofiles an die gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben gebunden. Er hat das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien anzustellen, es darf nicht willkürlich gestaltet sein. Dies ist dann nicht anzunehmen, wenn er im Arbeitsleben nachvollziehbare Erfordernisse für die wahrzunehmende Aufgabe formuliert (BAG 16.02.2012 - 8 AZR 697/10 - juris).

72

Orientiert an einem derartigen Anforderungsprofil liegt offensichtliche fachliche Nichteignung vor, wenn der Bewerber unzweifelhaft nicht dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht (BAG 20.01.2016 - 8 AZR 194/14; 11.08.2016 - 8 AZR 375/15 - juris).

73

Die Beklagte hat vorliegend in der Ausschreibung zwei Jahre Berufserfahrung einschlägiger Art nach Abschluss des Bachelorstudiums gefordert. Dieses Kriterium ist im Hinblick auf die Betätigung als Aufsichtsperson mit Aufgaben im Bereich Schulung, Beratung und Überwachung von Unternehmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes nachvollziehbar, nicht willkürlich sondern sachgerecht. Da der entsprechende Bewerber als Aufsichtsperson zur Überwachung eingesetzt wird, ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte über die im Bereich des Studiums erzielten theoretischen Kenntnisse und berufsbildungsbegleitenden praktischen Erkenntnisse auch Erfahrungen fordert, die nach Abschluss der Ausbildung erworben worden sind.

74

Die Beklagte hat daher in der Ausschreibung ein sachgerechtes Kriterium festgelegt, das der Kläger offensichtlich nicht erfüllt.

75

Dabei sind die ausbildungsbegleitenden Praktika und Tätigkeiten des Klägers schon von vornherein nicht geeignet, dieses Ausschreibungskriterium zu erfüllen, da der Kläger diese Tätigkeiten jedenfalls nicht mit dem, nach dem Ausbildungsstand, geforderten Fachwissen erbringen konnte. Dieses Fachwissen hat er erst mit Abschluss des Bachelorstudiums erreicht. Nach Abschluss seines Bachelorstudienganges hat der Kläger jedoch lediglich 14 Monate Berufstätigkeit vorzuweisen. Unabhängig davon, dass er offensichtlich die geforderten zwei Jahre Tätigkeit nach Abschluss des Studiums nicht aufweisen kann, ist auch nicht ersichtlich, dass diese Tätigkeit im Bereich der betrieblichen Fertigung und Entwicklung geleistet worden ist, wie dies die Stellenausschreibung vorsieht. Vielmehr war der Kläger nach Studienabschluss als selbständiger KFZ-Sachverständiger und dies den Masterstudiengang begleitend tätig.

76

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die von dem Kläger vorgetragene, nach Abschluss des Bachelorstudiengangs liegende berufliche Tätigkeit weder der erforderlichen Dauer noch des Inhaltes nach das Ausschreibungskriterium erfüllt. Der Kläger war daher schon nach den Ausschreibungskriterien offensichtlich fachlich nicht geeignet.

77

Es kann daher offen bleiben, ob die Beklagte nach § 3 Abs. 2 der genehmigten Dienstordnung der Beklagten i. V. m. § 21 Abs. 1 der Richtlinien der Beklagten ebenfalls berechtigt war, zweijährige Berufserfahrung nach Abschluss des Bachelorstudienganges als Kriterium zu fordern.

78

Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

79

cc) Eine Diskriminierung lässt sich nicht annehmen, weil die Beklagte in ihrem Ablehnungsschreiben vom 22.09.2016 Bezug genommen hat auf die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes der Erforderlichkeit objektiver Eignung nach § 1 Abs. 1 AGG zur Bejahung einer vergleichbaren Situation.

80

Die Beklagte hat in ihrem Ablehnungsschreiben die tatsächlichen Grundlagen der Verneinung der fachlichen Eignung nach § 82 SGB IX konkret vorgetragen. Fehlerhafte rechtliche Einordnung, die sich aus der Aufgabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nunmehr ergibt, ist kein Indiz i. S. v. § 22 AGG, das die Annahme einer Diskriminierung rechtfertigen könnte.

81

Im Ergebnis lässt sich feststellen, die Beklagte hat keine diskriminierende Handlung i. S. d. §§ 7 Abs. 1, 1 Abs. 1 AGG nachweisbar verwirklicht, sodass der Kläger i. S. d. § 21 AGG hinsichtlich der Indiztatsachen darlegungslastig blieb. Ein Anspruch des Klägers aus § 15 Abs. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 AGG ist daher nicht gegeben."

82

Diesen zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts schließt sich die Kammer vollinhaltlich an und stellt dies hiermit gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest.

83

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass der Kläger mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, der die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist.

84

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren wiederum darauf hingewiesen hat, die Ablehnungsentscheidung sei ihm gegenüber zu begründen gewesen, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Beklagte vor Klageerhebung dem Kläger eine entsprechende Begründung übermittelt hat; dieses Vorbringen der Beklagten hat der Kläger nicht bestritten. Hinzu kommt, dass die Beklagte nunmehr im Berufungsverfahren zulässiger Weise im Einzelnen dargelegt und durch eine Meldung nach § 80 Abs. 2 SGB IX für das Jahr 2016 auch belegt hat, dass sie die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt, so dass die Begründungspflicht entfällt. Dieses substantiierte Vorbringen der Beklagten hat der Kläger, der lediglich auf die Darlegungs- und Beweislast insoweit hingewiesen hat, nicht bestritten, auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Das Vorbringen der Beklagten ist insoweit folglich als unstreitig anzusehen. Damit liegt eine Verletzung der Begründungspflicht nach § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX jedenfalls nicht vor.

85

Soweit der Kläger wiederum darauf hingewiesen hat, er sei zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen gewesen, weil er für die ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich fachlich ungeeignet gewesen sei, folgt die Kammer den von ihm angestellten Erwägungen nicht. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des BAG (20.01.2016 - 8 AZR 194/44; 22.10.2015 - 8 AZR 384/14), der die Kammer folgt, rechtfertigen zwar bloße Zweifel an der fachlichen Eignung es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen können. Der schwerbehinderte Mensch soll nach § 82 S. 2 SGB IX die Chance haben, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren und den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen. Ob der schwerbehinderte Mensch für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet ist, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil und dem (fachlichen) Leistungsprofil des Bewerbers oder der Bewerberin zu ermitteln. Da aber bereits die Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei erkennen, dass die durch das Anforderungsprofil zulässig vorgegebenen fachlichen Kriterien nicht erfüllt werden, besteht für den öffentlichen Arbeitgeber keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch zu laden (BAG 11.08.2016 - 8 AZR 375/15).

86

Unter Beachtung dieser Grundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Denn dem Kläger fehlte offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle, da er die geforderten zwei Jahre Berufstätigkeit nach Abschluss des Studiums nicht aufweisen kann. Insoweit handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine Voraussetzung, die entbehrlich ist und durch andere Qualitäten des Klägers, auf die er im Vorstellungsgespräch hätte hinweisen können, ausgeglichen werden kann. Nach der Stellenausschreibung sind nach dem Studium mindestens 2 Jahre praktische und aktuelle Erfahrungen in betrieblichen Fertigungs- oder Entwicklungsbereichen erforderlich. Bei diesem Stellenanforderungsmerkmal kann es sich nur um praktische berufliche Erfahrungen handeln, denn theoretische und praktische Kenntnisse, wie sie im Rahmen eines Studiums vermittelt werden, sind bereits von der Stellenanforderung des abgeschlossenen Ingenieurs erfasst. Über solche, die Ausbildungskenntnisse übersteigende, Erfahrungen und Kenntnisse verfügte der Kläger jedoch ausweislich der von ihm überlassenen Bewerbungsunterlagen nicht. Insoweit kann das zweimonatige Praktikum (April bis Juni 2014) am F. Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik nicht einer zweijährigen Berufserfahrung nach Abschluss des Studiums ersetzen. Die weiteren vom Kläger benannten Praktika sind ebenfalls nicht geeignet, um die Voraussetzungen der Berufserfahrung zu bejahen, weil sie zum einen noch vor dem Beginn des Studiums zum Sommersemester 2010 und zum andern kurz nach Beginn des Studiums (Juli - Dezember 2010) durchgeführt wurden. Es handelt sich insoweit unzweifelhaft nicht um aktuelle einschlägige Berufserfahrungen nach Abschluss des Studiums. Im Übrigen hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass das Vorbringen des Klägers, er sei nach Studienabschluss als selbständiger Kfz-Sachverständiger anerkannt worden und übe die Sachverständigentätigkeit begleitend zum Masterstudiengang aus, nicht als Tätigkeit im Bereich der betrieblichen Fertigung und Entwicklung zu qualifizieren ist. Damit verfügt der Kläger nicht über eine zentrale Voraussetzung, an die die Besetzung der Stelle geknüpft ist. Folglich ist er offensichtlich ungeeignet. Da es sich um eine sachgerechte objektive Einstellungsvoraussetzung insoweit handelt, die bei der Besetzung der Stelle nicht entfallen konnte, war die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers nicht verpflichtet, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

87

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

88

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

89

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Aug. 2017 - 3 Sa 239/17

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Aug. 2017 - 3 Sa 239/17 zitiert 23 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 247 Basiszinssatz


#BJNR001950896BJNE024003377 (1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gef

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 6 Persönlicher Anwendungsbereich


(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,3. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu di

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 22 Beweislast


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 81 Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten


Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Lei

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 82 Leistungen zur Förderung der Verständigung


Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilf

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 71 Weiterzahlung der Leistungen


(1) Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, u

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(1) Der Benachteiligte kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unbeschadet weiterer Ansprüche die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen. (2) Bei

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 33 Vertreterversammlung, Verwaltungsrat


(1) Die Vertreterversammlung beschließt die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers sowie in den übrigen durch Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht vorgesehenen Fällen. Bei der Deutschen Rentenver

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 80 Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie


Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie werden erbracht, um Leistungsberechtigten die Betreuung in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie durch eine geeignete Pflegeperson zu ermöglichen. Bei minderjährigen Leistungsberechtigten bedar

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Januar 2014 - 1 Sa 61/12 - wird zurückgewiesen.

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des U

Referenzen

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Vertreterversammlung beschließt die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers sowie in den übrigen durch Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht vorgesehenen Fällen. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund wird der Beschluss über die Satzung von der Bundesvertreterversammlung nach § 31 Absatz 3b gefasst; der Beschluss wird gemäß § 64 Absatz 4 gefasst, soweit die Satzung Regelungen zu Grundsatz- und Querschnittsaufgaben der Deutschen Rentenversicherung oder zu gemeinsamen Angelegenheiten der Träger der Rentenversicherung trifft. Im Übrigen entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen der durch Wahl der Versicherten und Arbeitgeber der Deutschen Rentenversicherung Bund bestimmten Mitglieder.

(2) Die Vertreterversammlung vertritt den Versicherungsträger gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern. Sie kann in der Satzung oder im Einzelfall bestimmen, dass das Vertretungsrecht gemeinsam durch die Vorsitzenden der Vertreterversammlung ausgeübt wird.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für den Verwaltungsrat nach § 31 Absatz 3a. Soweit das Sozialgesetzbuch Bestimmungen über die Vertreterversammlung oder deren Vorsitzenden trifft, gelten diese für den Verwaltungsrat oder dessen Vorsitzenden. Dem Verwaltungsrat oder dessen Vorsitzenden obliegen auch die Aufgaben des Vorstandes oder dessen Vorsitzenden nach § 37 Absatz 2, § 38 und nach dem Zweiten Titel.

(4) Soweit das Sozialgesetzbuch Bestimmungen über die Vertreterversammlung oder deren Vorsitzenden trifft, gelten diese für die Bundesvertreterversammlung oder deren Vorsitzenden entsprechend. Für den Beschluss über die Satzung gilt Absatz 1 Satz 2 und 3.

(1) Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, werden das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt. Voraussetzung für die Weiterzahlung ist, dass

1.
die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder
2.
den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.

(2) Leistungsempfänger haben die Verzögerung von Weiterzahlungen insbesondere dann zu vertreten, wenn sie zumutbare Angebote von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur deshalb ablehnen, weil die Leistungen in größerer Entfernung zu ihren Wohnorten angeboten werden. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist § 140 Absatz 4 des Dritten Buches entsprechend anzuwenden.

(3) Können Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, höchstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt.

(4) Sind die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können; die Anspruchsdauer von drei Monaten vermindert sich um die Anzahl von Tagen, für die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen können. In diesem Fall beträgt das Übergangsgeld

1.
67 Prozent bei Leistungsempfängern, bei denen die Voraussetzungen des erhöhten Bemessungssatzes nach § 66 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 vorliegen und
2.
60 Prozent bei den übrigen Leistungsempfängern,
des sich aus § 66 Absatz 1 Satz 1 oder § 68 ergebenden Betrages.

(5) Ist im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 44) erforderlich, wird das Übergangsgeld bis zum Ende der Wiedereingliederung weitergezahlt.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, werden das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt. Voraussetzung für die Weiterzahlung ist, dass

1.
die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder
2.
den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.

(2) Leistungsempfänger haben die Verzögerung von Weiterzahlungen insbesondere dann zu vertreten, wenn sie zumutbare Angebote von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur deshalb ablehnen, weil die Leistungen in größerer Entfernung zu ihren Wohnorten angeboten werden. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist § 140 Absatz 4 des Dritten Buches entsprechend anzuwenden.

(3) Können Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, höchstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt.

(4) Sind die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können; die Anspruchsdauer von drei Monaten vermindert sich um die Anzahl von Tagen, für die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen können. In diesem Fall beträgt das Übergangsgeld

1.
67 Prozent bei Leistungsempfängern, bei denen die Voraussetzungen des erhöhten Bemessungssatzes nach § 66 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 vorliegen und
2.
60 Prozent bei den übrigen Leistungsempfängern,
des sich aus § 66 Absatz 1 Satz 1 oder § 68 ergebenden Betrages.

(5) Ist im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 44) erforderlich, wird das Übergangsgeld bis zum Ende der Wiedereingliederung weitergezahlt.

Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie werden erbracht, um Leistungsberechtigten die Betreuung in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie durch eine geeignete Pflegeperson zu ermöglichen. Bei minderjährigen Leistungsberechtigten bedarf die Pflegeperson der Erlaubnis nach § 44 des Achten Buches. Bei volljährigen Leistungsberechtigten gilt § 44 des Achten Buches entsprechend. Die Regelungen über Verträge mit Leistungserbringern bleiben unberührt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.
Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.
Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Dezember 2011 - 2 Sa 851/11 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer angeblichen Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 schwerbehindert. Er ist Industriekaufmann mit mehrjähriger Erfahrung im kaufmännischen Bereich. In der Vergangenheit war er in verschiedenen mittelständischen Unternehmen und auch selbstständig tätig.

3

Das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (im Folgenden: Präsidium), der interne Dienstleister der hessischen Polizei, veröffentlichte im Mai 2010 eine Stellenanzeige. In dieser heißt es ua.:

„Im Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (PLTV)

sind mehrere auf ein Jahr befristete Stellen (Elternzeitvertretung) zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu besetzen.

Kennziffer 016/2010

Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6 TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Erstellen von Bestellungen in SAP-MM

● Prüfung eingehender Wareneingangsmeldungen und Rechnungen

Voraussetzungen:

● Kenntnisse in SAP-MM bzw. Einarbeitungswille in SAP-MM (unter Anleitung erfahrener Kolleginnen und Kollegen)

● Ausdauer und Belastbarkeit beim Bearbeiten gleichförmiger Vorgänge

● Teamfähigkeit

Kennziffer 017/2010

Mitarbeiter/in im Bereich öffentlich-rechtliche Forderungen

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6    TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Prüfung und Durchsetzung öffentlich - rechtlicher Ansprüche als Kostenbescheiderteiler/-in von öffentlich-rechtlichen Forderungen nach dem HVwKostG i. V. m. einschlägigen Kostenregelungen für polizeiliche Amtshandlungen.

Voraussetzungen:

● gute Auffassungsgabe

● Verantwortungsbereitschaft

● Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft

● Teamfähigkeit

● gute Ausdrucksfähigkeit sowohl schriftlich als auch mündlich

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Teilzeitbeschäftigung ist grundsätzlich möglich.“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 27. Mai 2010 auf diese Stelle. Der Bewerbung fügte er seinen Lebenslauf, diverse Zeugnisse und die Kopie seines Schwerbehindertenausweises bei, wobei er in dem Anschreiben selbst unter „Anlagen“ „Kopie Schwerbehindertenausweis“ aufführte. Unter dem 31. Mai 2010 bestätigte das Präsidium den Eingang der Bewerbung.

5

Das Präsidium lud zunächst einige Bewerber mit Schreiben vom 5. Juli 2010 zu Vorstellungsgesprächen am 12. Juli 2010 ein. Weitere Vorstellungsgespräche waren für den 19. Juli 2010 geplant, vornehmlich mit schwerbehinderten Bewerbern. Aufgrund einer im Einvernehmen mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Personalrat und der Frauenbeauftragten getroffenen Entscheidung der Personalabteilung wurden dann allerdings nicht alle behinderten Bewerber für denselben Tag zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Daher erfolgte nur eine Einladung einiger behinderter Bewerber zum Termin vom 19. Juli 2010. Einladungsschreiben für diesen Tag, die an weitere behinderte Bewerber, ua. den Kläger, gerichtet gewesen waren, wurden aus dem Postlauf genommen.

6

Sodann erhielt der Kläger - wie auch die anderen nicht eingeladenen behinderten Bewerber - ein Schreiben vom 26. Juli 2010, das mit „Im Auftrag“ von der damaligen Auszubildenden K unterzeichnet war und in dem es ua. heißt:

„Sehr geehrter Herr M,

unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung vom 27. Mai 2010 teile ich Ihnen mit, dass ich mich bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht für Sie entschieden habe.

Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Nachricht geben zu können.

Für das von Ihnen gezeigte Interesse an einer Beschäftigung bei meiner Behörde bedanke ich mich nochmals und wünsche Ihnen für Ihren weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.“

7

Eine Weisung zur Versendung dieses Schreibens hatte die Auszubildende K von keinem zuständigen Mitarbeiter der Personalabteilung erhalten.

8

Mit beim Präsidium am 10. August 2010 eingegangenem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 verlangte der Kläger eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro, weil ihn das beklagte Land trotz Befähigung für die ausgeschriebene Stelle nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe.

9

Das Stellenbesetzungsverfahren war zu jenem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

10

Daraufhin informierte das Präsidium den Kläger mit Schreiben vom 18. August 2010 darüber, dass es sich bei dem Absageschreiben vom 26. Juli 2010 um ein Missverständnis und ein Büroversehen gehandelt habe und das Auswahlverfahren fortgesetzt werde. Man habe den Kläger in den engeren Bewerberkreis für die Stelle als Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle aufgenommen und lade ihn daher zu einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 um 10:30 Uhr in die Dienststelle nach W ein.

11

Mit Anwaltsschreiben vom 23. August 2010 ließ der Kläger dem Präsidium mitteilen:

„Sehr geehrte Frau B,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.08.2010.

Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Einlassung, das Auswahlverfahren würde fortgesetzt, nicht akzeptieren können und werden. Es wird von unserer Seite angezweifelt, dass das Auswahlverfahren fortgesetzt wird.

Das Auswahlverfahren kann nicht fortgesetzt werden, sobald es abgeschlossen ist.

Aufgrund Ihrer Mitteilung zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens hat mein Mandant, aus gesundheitlichen Gründen terminliche Dispositionen getroffen, die nun nicht mehr verschoben werden können.

Am Vorstellungsgespräch kann daher nicht teilgenommen werden.

Bitte teilen Sie uns genau mit, wie das Bewerbungsverfahren fortgesetzt werden konnte, nachdem es abgeschlossen war.“

12

Mit Schreiben vom 2. September 2010 wandte sich das Präsidium nochmals an die Prozessbevollmächtigte des Klägers und lud ihn erneut zu einem Vorstellungsgespräch nach W ein, dieses Mal für den 8. September 2010, 9:00 Uhr. Auf dieses Schreiben, das dem Kläger erst am 6. September 2010 zuging, reagierte er nicht.

13

Der Kläger ist wegen einer Nierenerkrankung Dialysepatient. Am 25. August 2010 in der Zeit von 2:05 Uhr bis 4:35 Uhr und am 8. September 2010 in der Zeit ab 21:30 Uhr ließ er eine Dialysebehandlung in V in einer Klinik durchführen.

14

Das Präsidium erstellte am 16. September 2010 einen Auswahlvermerk und hörte den Personalrat mit Schreiben vom 24. September 2010 zur Stellenbesetzung an. Eine der ausgeschriebenen Stellen wurde mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt, der zunächst ebenfalls ein Ablehnungsschreiben erhalten und dann an einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 teilgenommen hatte, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Zu den beiden zusätzlich anberaumten Vorstellungsgesprächen am 25. August 2010 und am 8. September 2010 waren ausschließlich schwerbehinderte Bewerber eingeladen worden.

15

Mit seiner am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Entschädigungsanspruch gerichtlich geltend gemacht.

16

Der Kläger meint, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Dass die Beklagte ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht nachgekommen sei, stelle ein Indiz für seine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung dar. Dies könne auch nicht durch eine nachgeholte Einladung geheilt werden. Im Übrigen sei ihm aufgrund der Dialysebehandlungen eine Teilnahme an den kurzfristig anberaumten weiteren Vorstellungsterminen nicht möglich oder zumutbar gewesen.

17

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2010 zu zahlen.

18

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

19

Es meint, der Geschehensablauf rechtfertige keinen Entschädigungsanspruch des Klägers. Das Absageschreiben sei versehentlich an den Kläger verschickt worden. Dadurch, dass er auf das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 hin in das noch laufende Bewerbungsverfahren wieder einbezogen worden sei, sei der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX geheilt. Der Kläger habe diese Chance aufgrund eigener Entscheidung nicht genutzt.

20

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger eine Entschädigung iHv. anderthalb Bruttomonatsgehältern (2.908,18 Euro) zugesprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner durch das Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

22

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe kein Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu, da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX fehlten. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgebracht, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem beklagten Land vermuten ließen. Zwar sei die Verletzung der Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (§ 82 Satz 2 SGB IX) grundsätzlich eine derartige Tatsache, da dem behinderten Bewerber die Chance genommen werde, den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung zu überzeugen. Allerdings könne der öffentliche Arbeitgeber einen Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX rückgängig machen, wenn er nach einem Hinweis des abgelehnten Bewerbers auf diesen Verstoß diesem in einem noch offenen Bewerbungsverfahren die Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch gebe. Damit genüge er den Anforderungen des § 82 SGB IX in der weitestgehenden Form des Schadensersatzrechts, der Naturalrestitution. Das beklagte Land habe den mit Übersendung des Absageschreibens eingetretenen Verstoß gegen § 82 SGB IX geheilt, indem es den Kläger während des noch laufenden Stellenbesetzungsverfahrens zweimal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Damit liege kein Verfahrensfehler vor, aus dem die Vermutungswirkung nach § 22 AGG folge.

23

Der Kläger sei auch nicht nur pro forma zur Vermeidung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 AGG von dem beklagten Land zu den weiteren Vorstellungsgesprächen eingeladen worden. Das Stellenbesetzungsverfahren sei zum Zeitpunkt der Vorstellungsgespräche am 25. August 2010 und 8. September 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen. Zudem sei eine der ausgeschriebenen Stellen letztlich mit einem behinderten Stellenbewerber besetzt worden, der zunächst auch ebenso wie der Kläger ein Absageschreiben erhalten hatte. Dieser Umstand zeige, dass das beklagte Land Schwerbehinderte nicht grundsätzlich aus dem engeren Bewerberkreis habe ausschließen wollen.

24

Der Kläger könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass ihm die Teilnahme an den vorgeschlagenen Gesprächsterminen aufgrund anderweitiger Dispositionen nicht möglich gewesen sei. Die beiden Dialysebehandlungen des Klägers hätten ausweislich der vorgelegten Protokolle in den Nachtstunden stattgefunden, sodass davon auszugehen sei, dass er die Gesprächstermine um 10:30 Uhr bzw. um 9:00 Uhr in W hätte wahrnehmen können, wenn er dies tatsächlich gewollt hätte. Der Kläger habe letztlich kein wirkliches Interesse an der Weiterverfolgung seiner Bewerbung gehabt.

25

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hätte es die Klage nicht abweisen dürfen.

26

I. Ob die zulässige Klage begründet ist, konnte der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, sodass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen war.

27

1. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne jenes Gesetzes. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.

28

Für den Bewerberbegriff kommt es nicht darauf an, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16). Die objektive Eignung eines Bewerbers ist vielmehr für die Frage bedeutsam, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt(BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 29, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

29

Auch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es im Streitfalle nicht an. Ihr Fehlen könnte allenfalls den Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers begründen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Das Vorbringen des beklagten Landes zur fehlenden Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers ist jedoch nicht geeignet, diesen Einwand zu begründen. Nach Erhalt des Absageschreibens hatte der Kläger zunächst seine Rechte wahrgenommen. Dass er den späteren Einladungen nicht nachgekommen war und sich nicht selbst um einen weiteren Vorstellungstermin bemüht hatte, lässt für sich allein nicht den Rückschluss zu, er habe seine Bewerbung nicht ernsthaft betrieben.

30

2. Das beklagte Land ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Arbeitgeber ist auch derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

31

3. Der Kläger hat seinen Entschädigungsanspruch innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. Der Anspruch ist somit nicht verfallen.

32

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 61, AP AGG § 15 Nr. 11 = EzA AGG § 15 Nr. 18). Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 2010 mitgeteilt, womit er zugleich Kenntnis von einem Indiz - dem Unterbleiben einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch - hatte, aus dem er die Vermutung seiner Benachteiligung herleitet. Mit Anwaltsschreiben vom 6. August 2010 hat der Kläger dann gegenüber dem Präsidium einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht und damit die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG eingehalten.

33

b) Der Kläger hat zudem die Frist zur Klageerhebung gemäß § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Seine am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht W eingegangene und dem beklagten Land am 20. September 2010 zugestellte Klage wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben.

34

4. Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt materiell einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. § 15 Abs. 2 AGG enthält zwar nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der gesetzlichen Regelung (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

35

5. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass zunächst ein Verstoß des beklagten Landes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vorgelegen hatte, weil es den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. Ob diesem deshalb ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 iVm. § 7 AGG zusteht, wird das Berufungsgericht unter Zugrundelegung der rechtlichen Beurteilung des Streitfalls durch den Senat(§ 563 Abs. 2 ZPO) erneut zu entscheiden haben.

36

a) Der Kläger ist von dem beklagten Land unmittelbar benachteiligt worden. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Zum einen erfuhr der Kläger eine weniger günstige Behandlung als der später eingestellte Bewerber. Zum anderen war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den vor dem Absageschreiben zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen weiteren (letztlich gleichfalls erfolglosen) Bewerbern weniger günstig. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung, liegt nämlich bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

37

b) Anspruchsvoraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist nicht, dass der Arbeitgeber selbst oder eine für ihn tätig werdende Person schuldhaft gehandelt hat. Der Entschädigungsanspruch setzt nämlich kein Verschulden oder gar eine Benachteiligungsabsicht voraus (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Es bedarf daher im Streitfalle auch keiner Zurechnung eines schuldhaften Fehlverhaltens der Auszubildenden oder ggf. anderer Mitarbeiter nach § 278 BGB noch einer Zurechnung nach § 831 BGB. Vielmehr geht es ausschließlich um eine Zurechnung der objektiven Handlungsbeiträge oder Pflichtverletzungen der für den Arbeitgeber handelnden Personen im vorvertraglichen Vertrauensverhältnis (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33, BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Rn. 17). Bedient sich der Arbeitgeber bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses eigener Mitarbeiter oder Dritter (zB der Bundesagentur für Arbeit), so trifft ihn die volle Verantwortlichkeit für deren Verhalten (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

38

Jeder Arbeitgeber hat die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren, dass die gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllt werden (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Das Bewerbungsverfahren hat er fair und diskriminierungsfrei auszugestalten. Die für ihn handelnden Personen, auch Auszubildende, sind ihrerseits gehalten, insbesondere die Pflicht des § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Der Verstoß gegen diese Pflicht ist dem beklagten Land mithin als objektive Pflichtverletzung zuzurechnen.

39

Auf fehlerhafte Geschehensabläufe kann sich der Arbeitgeber zu seiner Entlastung daher ebenso wenig berufen wie auf unverschuldete Personalengpässe. Auch durchgeführte Schulungen oder „mustergültige“ Handreichungen kann er nicht ins Feld führen. Darauf käme es nämlich nur bei einem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch an (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

40

Es genügt mithin, dass das Absageschreiben an den Kläger, selbst wenn es sich um ein bloßes „Büroversehen“ gehandelt haben sollte, aus der Verantwortungssphäre des beklagten Landes gestammt hat. Dass eine Auszubildende dieses Schreiben ohne entsprechende Weisung unterschrieben und versandt und somit ggf. ihre Befugnisse im Innenverhältnis überschritten hatte, ist ohne rechtliche Bedeutung. So hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auch die Tatsache, dass eine Urlaubsvertretung die Agentur für Arbeit versehentlich nicht eingeschaltet hatte, für unerheblich gehalten (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14).

41

c) Der Kläger befand sich auch mit den zu den Vorstellungsgesprächen vom 12. Juli 2010 und vom 19. Juli 2010 eingeladenen Bewerbern in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

42

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

43

bb) An der objektiven Eignung des Klägers für die von dem beklagten Land im Mai 2010 ausgeschriebene Stelle bestehen keine Zweifel. Die Eignung des Klägers wird von dem beklagten Land auch nicht in Abrede gestellt.

44

d) Ob das beklagte Land den Kläger allerdings unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig behandelt hat, kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden.

45

Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts wird ein möglicher Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Behandlung - Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch und Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung allein durch die nachträglichen Einladungen zu Vorstellungsgesprächen nicht beseitigt. Auch waren diese für sich allein betrachtet nicht geeignet, die Vermutung der Benachteiligung wegen Schwerbehinderung iSd. § 22 AGG zu widerlegen.

46

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

47

bb) Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

48

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

49

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

50

dd) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, es lägen deshalb keine Tatsachen oder Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung vermuten lassen, weil das beklagte Land den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX noch im laufenden Stellenbesetzungsverfahren geheilt habe.

51

Zunächst geht das Landesarbeitsgericht zu Recht davon aus, dass eine unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch die Vermutungswirkung grundsätzlich herbeiführt. Unterlässt es nämlich der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung eine geeignete Hilfstatsache(„Indiz“) nach § 22 AGG, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung wegen der Behinderung spricht(st. Rspr., vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 39; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Für die Annahme, dass dem Kläger die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, sodass nach § 82 Satz 3 SGB IX eine Einladung entbehrlich gewesen wäre, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

52

Weitere Indizien für eine Benachteiligung „wegen“ seiner Behinderung hat der Kläger nicht dargetan, insbesondere keine sonstigen objektiven Verfahrensverstöße. Sie ergeben sich auch nicht aus den Feststellungen des Berufungsgerichts oder dem in Bezug genommenen Vorbringen der Parteien. Zwar enthielt das Ablehnungsschreiben vom 26. Juli 2010 keine Begründung für die dem Kläger ungünstige Entscheidung; diese wurde auch nicht unverzüglich nachgeholt. Jedoch war das beklagte Land nicht verpflichtet, die Beteiligten unverzüglich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für die Auswahlentscheidung zu unterrichten, da das Präsidium die Mindestbeschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt(vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 40 ff.).

53

Allein die unstreitige Tatsache, dass nach der ersten Ablehnung zwei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen durch das Präsidium ausgesprochen worden sind, lässt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Vermutungswirkung nicht rückwirkend entfallen. Der Verfahrensfehler kann nicht nachträglich „geheilt“, der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht „rückgängig“ und quasi „ungeschehen“ gemacht werden. Anders formuliert: Durch den „actus contrarius“ einer nachträglichen Einladung wird die ursprüngliche Nichteinladung - und schriftliche Absage - nicht zu einem rechtlich unbeachtlichen „nullum“. Der Rechtsprechung des Senats zufolge vermag weder eine später vorgenommene Einstellung noch eine tatsächliche Beschäftigung eine einmal erfolgte ungünstigere Behandlung „aufzuheben“ und damit einen Entschädigungsanspruch zu beseitigen (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 33, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

54

Der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verwendete Begriff „Naturalrestitution“ kann in die Irre führen. Dieser Begriff stammt aus dem Schadensersatzrecht und passt daher nicht zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG. Darüber hinaus gehört er auf die Rechtsfolgenseite: Wenn ein Schadensersatzanspruch gegeben ist, dann gelten die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB, in erster Linie und vorrangig § 249 Abs. 1 BGB mit dem Prinzip der Naturalrestitution, wonach der Schädiger „den Zustand herzustellen (hat), der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Rechtsfolgenseite, sondern um die Frage, ob ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zu bejahen ist.

55

Ebenso missverständlich ist es, in diesem Zusammenhang von einer „Heilung“ zu sprechen, welcher dem Berufungsgericht zufolge offenbar eine umfassende und „starke“ Wirkung ex tunc zukommen soll. Weder das AGG noch das SGB IX sehen eine „Heilung“ oder gar die vom Berufungsgericht damit verbundene rückwirkende Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vor.

56

Eine analoge Anwendung der Heilungsvorschriften des Sozialrechts verbietet sich. Deren abschließender Charakter lässt eine Analogie von vornherein ausscheiden.

57

Die enumerativen Heilungsfälle des § 41 SGB X beziehen sich auf verfahrens- oder formfehlerhafte Verwaltungsakte und sind bereits aus diesem Grund nicht übertragbar auf „Realakte“ wie die Nichteinladung und Ablehnung eines Bewerbers. Zudem handelt es sich nach herrschender Meinung um eine abschließende Aufzählung von - vorliegend thematisch nicht einschlägigen - Heilungsmöglichkeiten, was eine entsprechende Anwendung auf sonstige Verfahrensmängel von vornherein ausschließt (Schütze in v. Wulffen SGB X 7. Aufl. § 41 Rn. 5 mwN).

58

Außerdem hat der Gesetzgeber im SGB IX vereinzelt und gezielt „Heilungsvorschriften“ oder Mechanismen zur „Nachbesserung“ vorgesehen, nicht jedoch bei § 82 Satz 2 SGB IX. Daher ist nicht von einer „ungeplanten Regelungslücke“ auszugehen. So bestimmt etwa § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören hat. Falls diese Beteiligung unterblieben ist, ist die Durchführung oder Vollziehung der Entscheidung auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; erst danach ist endgültig zu entscheiden (§ 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Eine solche, gewissermaßen „maßgeschneiderte“ Nachbesserungsmöglichkeit enthält § 82 SGB IX jedoch nicht. Daher ist davon auszugehen, dass diese Verfahrensvorschrift absoluten Charakter besitzt und keine wie auch immer geartete „Heilung“ zulässt.

59

Im Übrigen eröffnet die nachträgliche Einladung einem zunächst abgelehnten Bewerber de facto keineswegs dieselbe „Chance“ einer Einstellung wie eine ursprüngliche Einladung, sondern wenn überhaupt nur eine erheblich verminderte Chance - ein deutliches „Minus“, wenn nicht gar einen „Malus“. Dies liegt für einen abgelehnten Bewerber, der nach erfolgter Ablehnung einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung geltend macht, auf der Hand. Es ist weder zu erwarten, dass er selbst unbefangen in ein „nachgeholtes“ Vorstellungsgespräch geht, noch kann davon ausgegangen werden, dass der potentielle Arbeitgeber das - im vorliegenden Fall sogar anwaltliche - „Sich-zur-Wehr-Setzen“ auszublenden vermag. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll der persönliche Kontakt schließlich die Einstellungschancen eines schwerbehinderten Bewerbers verbessern. Über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus soll sich der Arbeitgeber ein Bild von der Persönlichkeit des Bewerbers, seinem Auftreten, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Eignung machen. Weiter stellt das Vorstellungsgespräch auch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen. Dieser durch § 82 Satz 2 SGB IX intendierte „Chancenvorteil“ gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerbern entfällt jedoch ab dem Moment, ab dem ein Bewerber einen Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch wegen unterbliebener Einladung zu einem Vorstellungsgespräch geltend gemacht hat. Die nachträgliche Einladung ist kein funktional angemessener Ersatz für die unterbliebene Einladung, dh. sie kann die angestrebten Funktionen nicht mehr erfüllen. Ein nachträglich geführtes Vorstellungsgespräch besitzt nicht dieselbe tatsächliche oder rechtliche Qualität wie ein von vornherein anberaumtes Gespräch.

60

Eine nachträgliche und rückwirkende „Heilung“ wäre zudem mit der Struktur des AGG und insbesondere den hier geltenden strikten Fristenregelungen nicht vereinbar. Ist der Entschädigungsanspruch einmal entstanden, sehen § 15 Abs. 4 AGG und § 61b Abs. 1 ArbGG kurze Ausschlussfristen für dessen Geltendmachung vor. Diese Fristen dienen der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Insbesondere soll es dem Arbeitgeber angesichts der Regelung des § 22 AGG nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen. Umgekehrt muss sich aber auch der benachteiligte Bewerber darauf verlassen dürfen, dass seinem einmal entstandenen Anspruch nicht während laufender Frist nachträglich der Boden entzogen wird. So hat er seine Ansprüche geltend gemacht, Rechtsrat gesucht, Kosten ausgelöst, sich auf eine eventuelle gerichtliche Geltendmachung eingestellt oder bereits Klage erhoben.

61

Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Missbrauchs- und Umgehungsgefahr. Ein Arbeitgeber könnte sich bewusst eine „Hintertür“ offenlassen, dh. zunächst von der Einladung schwerbehinderter Bewerber absehen, um dann nur bei entsprechender Rüge des nicht Eingeladenen doch noch eine Einladung auszusprechen. So hätte es ein Arbeitgeber in der Hand, durch gezielte nachträgliche Einladungen und ggf. rein „formale“ Vorstellungsgespräche Ansprüche aus dem AGG ins Leere laufen zu lassen.

62

II. Ob die durch das Indiz der Nichteinladung ausgelöste Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung durch das beklagte Land iSd. § 22 AGG widerlegt oder „entkräftet“ worden ist, wird das Landesarbeitsgericht noch zu prüfen haben. Insoweit war dem Senat eine abschließende Entscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO verwehrt, da es sich insoweit um eine Tatsachenbewertung handelt, welche nicht vom Revisionsgericht, sondern von den Tatsacheninstanzen vorzunehmen ist.

63

1. Dem Berufungsgericht ist nicht nur - wie oben dargelegt - ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, soweit es um die Frage geht, ob die von dem Bewerber vorgetragenen Hilfstatsachen den Schluss darauf zulassen, er sei wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals abgelehnt worden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt ebenso für die Frage, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat(§ 22 AGG). Auch hier beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

64

2. Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Er muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (zumindest auch) auf der Behinderung beruht hat. Damit muss er Tatsachen und Umstände vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben, und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 41).

65

Dabei kommen auch Umstände, Geschehnisse und Verhaltensweisen in Betracht, die zeitlich nach der Benachteiligung liegen. Mit der Benachteiligung, die spätestens zum Zeitpunkt des Ablehnungsschreibens vorliegt, tritt insoweit keine zeitliche Zäsur oder „Berücksichtigungssperre“ ein. Vielmehr können sich aus dem weiteren Verlauf des Verfahrens sowohl Indizien, die für eine Benachteiligung sprechen, ergeben, als auch solche, die den Arbeitgeber entlasten. Es ist mithin möglich und zulässig, aus späteren Verhaltensweisen des Arbeitgebers bzw. der für ihn handelnden Personen Rückschlüsse darauf zu ziehen, dass in dem zur Benachteiligung führenden „Motivbündel“ kein diskriminierendes Element enthalten gewesen war.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Kandler    

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, werden das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt. Voraussetzung für die Weiterzahlung ist, dass

1.
die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder
2.
den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.

(2) Leistungsempfänger haben die Verzögerung von Weiterzahlungen insbesondere dann zu vertreten, wenn sie zumutbare Angebote von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur deshalb ablehnen, weil die Leistungen in größerer Entfernung zu ihren Wohnorten angeboten werden. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist § 140 Absatz 4 des Dritten Buches entsprechend anzuwenden.

(3) Können Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, höchstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt.

(4) Sind die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können; die Anspruchsdauer von drei Monaten vermindert sich um die Anzahl von Tagen, für die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen können. In diesem Fall beträgt das Übergangsgeld

1.
67 Prozent bei Leistungsempfängern, bei denen die Voraussetzungen des erhöhten Bemessungssatzes nach § 66 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 vorliegen und
2.
60 Prozent bei den übrigen Leistungsempfängern,
des sich aus § 66 Absatz 1 Satz 1 oder § 68 ergebenden Betrages.

(5) Ist im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 44) erforderlich, wird das Übergangsgeld bis zum Ende der Wiedereingliederung weitergezahlt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Dezember 2011 - 3 Sa 1505/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, weil sich die Klägerin bei der Ablehnung einer Bewerbung als schwerbehinderter Mensch benachteiligt sieht.

2

Die am 17. Mai 1954 geborene und mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Klägerin ist bei der Beklagten seit 1992 beschäftigt. Sie ist ausgebildete Facharbeiterin für Schreibtechnik und war schon in verschiedenen Ministerien der DDR als Sekretärin tätig. Seit 1996 ist sie Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt und verdient 2.500,00 Euro brutto monatlich.

3

Nach einer längeren Erkrankung wurde mit der Klägerin im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements am 1. Dezember 2009 ein Gespräch geführt. Es wurde ua. festgelegt, dass das Bundespräsidialamt den Wechsel der Klägerin zu einer anderen Bundesbehörde unterstützen solle. Daraufhin wandte sich die Beschäftigungsbehörde mit Schreiben vom 8. Dezember 2009 ua. an den Deutschen Bundestag. Unter Verweis auf die Rechtslage bat das Bundespräsidialamt um Prüfung, ob für eine - namentlich nicht genannte Mitarbeiterin - zur Abwendung einer krankheitsbedingten Kündigung beim Deutschen Bundestag oder ggf. in einer nachgeordneten Behörde in Berlin die Möglichkeit einer dauerhaften Beschäftigung bestehe. Das Schreiben enthielt den Hinweis auf eine Schwerbehinderung mit dem Grad der Behinderung von 50, ein anonymisierter Personalbogen war beigefügt.

4

Am 11. Juni 2010 veröffentlichte der Deutsche Bundestag im Internet die Ausschreibung für eine Stelle als Zweitsekretär(in) für das Büro einer Vizepräsidentin des Hohen Hauses. Im Anforderungsprofil wurde ua. eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung zur Kauffrau/Fachangestellten für Bürokommunikation oder eine vergleichbare abgeschlossene berufliche Qualifikation mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen verlangt. Die Stelle war kurz zuvor bei der Agentur für Arbeit gemeldet worden. Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 25. Juni 2010 und teilte dabei mit, schwerbehindert zu sein. Sie wurde für den 20. August 2010 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, an dem über zehn Personen, ua. die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten der Arbeitnehmer des Deutschen Bundestages, Frau L, teilnahmen. Zunächst ohne nähere Begründung sagte der Deutsche Bundestag unter dem 1. September 2010 der Klägerin ab, weil sich die Auswahlkommission für eine andere Bewerberin/einen anderen Bewerber entschieden habe. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 machte daraufhin der Rechtsanwalt der Klägerin Schadensersatzansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2010 wies der Deutsche Bundestag den Anspruch zurück und teilte mit, dass die Ablehnung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung gestanden habe, vielmehr habe sie im Vorstellungsgespräch keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen.

5

Mit ihrer beim Arbeitsgericht am 16. Dezember 2010 eingegangenen Klage hat die Klägerin einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht.

6

Sie hat die Auffassung vertreten, im Bewerbungsverfahren wegen ihrer Schwerbehinderung diskriminiert worden zu sein. Für die Stelle sei sie gut geeignet gewesen und habe auch im Vorstellungsgespräch einen guten Eindruck gemacht. Entgegen § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX habe die Beklagte bei der Absage zunächst die Gründe für ihre Entscheidung nicht dargelegt. Dies stelle ein Indiz für eine Benachteiligung nach § 22 AGG dar. Dass der Deutsche Bundestag die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen einhalte, hat die Klägerin mit Nichtwissen bestritten, da sie nicht in der Lage sei, zum Beschäftigungsanteil schwerbehinderter Menschen im Deutschen Bundestag nähere Angaben zu machen. Zudem habe der Deutsche Bundestag auch nicht unverzüglich die getroffene Entscheidung begründet. Eine erst im Prozess mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011 erfolgte Begründung sei jedenfalls zu spät.

7

In dem Vorstellungsgespräch sei die Klägerin von der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten gefragt worden, ob sie spezielle Hilfsmittel bei der Ausübung der angestrebten Tätigkeit benötige und in der Lage sei, Überstunden zu leisten. Mit dieser Frage sei mittelbar nach ihrer Schwerbehinderung gefragt worden, was jedenfalls im konkreten Fall unzulässig gewesen sei. Es sei für die in Aussicht genommene Bürotätigkeit nicht ersichtlich, welche Hilfsmittel mit Rücksicht auf die Schwerbehinderung hätten eine Rolle spielen können.

8

Ein weiteres Indiz für ihre Benachteiligung als Schwerbehinderte ergebe sich daraus, dass in dem Schreiben des Bundespräsidialamtes an den Deutschen Bundestag von ihrer Krankheit die Rede gewesen sei und die Krankheit, sprich die Behinderung daher der wahre Ablehnungsgrund gewesen sei. Der Bundestag habe schon am 18. März 2010 Fehlanzeige mitgeteilt, woraus zu schließen sei, dass sie einer unzulässigen Vorauswahl zum Opfer gefallen sei.

9

Die Klägerin sieht sich weiter wegen ihres Alters diskriminiert - die eingestellte Frau N sei zehn Jahre jünger - und wegen ihrer Weltanschauung, weil die erfolgreiche Bewerberin derselben politischen Partei wie die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages angehöre. Zudem habe der Deutsche Bundestag weder ihre langjährige Berufserfahrung angemessen gewürdigt noch berücksichtigt, dass sie als Überhangpersonal einer anderen Bundesbehörde vorrangig Berücksichtigung hätte finden müssen.

10

Die Klägerin beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 7.500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Oktober 2010, zu zahlen.

11

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte in Abrede gestellt, dass die Bewerbung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung ohne Erfolg geblieben sei. Die Beklagte habe die Stelle der Agentur für Arbeit gemeldet, geprüft, ob sie sich für eine schwerbehinderte Person eigne und schließlich die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Bei diesem habe die Klägerin keinen überzeugenden Eindruck gemacht und auf die Fragen, was sie sich unter der Tätigkeit einer Sekretärin im Büro der Vizepräsidentin oder unter den Aufgaben einer Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages vorstelle, unvorbereitet gewirkt. Dagegen habe die erfolgreiche Bewerberin einen guten Eindruck hinterlassen und nicht nervös gewirkt. Sie habe in den Zeugnissen der Schule und der Berufsausbildung auch die besseren Noten vorweisen können und die Prüfung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik mit „sehr gut“ bestanden.

12

Beim Vorstellungsgespräch seien keine unzulässigen Fragen gestellt worden. Die Klägerin habe bei ihrer Bewerbung ausdrücklich auf ihre Schwerbehinderung hingewiesen, weswegen der Arbeitgeber fragen durfte, ob und unter welchen Umständen der Bewerber in der Lage sei, die Arbeit zu erbringen. Zudem sei die Frage von der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten gestellt worden und ihr als Arbeitgeberin nicht zurechenbar.

13

Die Beklagte erfülle die Pflichtbeschäftigungsquote nach § 71 SGB IX. Zur Zeit der Bewerbung seien im Deutschen Bundestag 2.765 Mitarbeiter beschäftigt worden, davon 218 anerkannte (oder gleichgestellte) Schwerbehinderte. Das entspreche einem Anteil von 7,8 %. Eine Begründungspflicht für die Absage gegenüber der Klägerin habe daher nicht bestanden.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keine Indizien dargelegt, die für eine Benachteiligung wegen eines durch das AGG verbotenen Merkmals, insbesondere nicht wegen ihrer Schwerbehinderung, sprechen.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG scheitere daran, dass die Klägerin nicht substanziiert Indizien vorgetragen habe, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nahe legten. Zwar habe die Beklagte die Klägerin nicht unverzüglich über die Gründe für die ablehnende Entscheidung über ihre Bewerbung unterrichtet, jedoch bestehe eine Verpflichtung dazu nur für Arbeitgeber, die die Beschäftigungsquote des § 71 SGB IX nicht erfüllten. Dass dieses auf den Deutschen Bundestag nicht zutreffe, habe die Klägerin ebenfalls nicht substanziiert dargelegt. Es reiche nicht aus, wenn sie lediglich die von der Beklagten vorgebrachten Zahlen bestreite. Als Anspruchstellerin müsse sie Tatsachen vortragen, die eine Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung indizierten. Auch die von der Schwerbehindertenvertretung beim Vorstellungsgespräch gestellten Fragen seien kein solches Indiz. Fragen nach Hilfsmitteln oder der Fähigkeit, Überstunden abzuleisten, dienten der sachlich zulässigen Prüfung, ob der Bewerber überhaupt in der Lage sei, die Arbeit zu erbringen. Schließlich löse auch die Tatsache, dass die erfolgreiche Bewerberin wesentlich jünger als die Klägerin sei, keine Vermutungswirkung für eine Benachteiligung wegen des Alters aus. Auf das Schreiben des Bundespräsidialamtes komme es schon deshalb nicht an, weil dieses anonymisiert gewesen sei und den Namen der Klägerin nicht enthalten habe.

17

B. Das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

18

I. Der Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als Bewerberin ist die Klägerin „Beschäftigte“ iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG. Für den Bewerberbegriff kommt es weder auf die objektive Eignung noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Als „Arbeitgeberin“ ist die Beklagte nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG passiv legitimiert(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

19

II. Einen etwaigen Entschädigungsanspruch hat die Klägerin innerhalb der gesetzlichen Fristen geltend gemacht.

20

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Mit Schreiben vom 1. September 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Absage. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch außergerichtlich geltend.

21

2. Die Klägerin hat auch die dreimonatige Klageerhebungsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Bereits am 16. Dezember 2010 hat sie ihren Entschädigungsanspruch durch Klageerhebung bei dem Arbeitsgericht geltend gemacht.

22

III. Die Beklagte hat die Klägerin nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG unmittelbar benachteiligt.

23

1. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Für die Anspruchsvoraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen(BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

24

2. Die Klägerin, die einen Grad der Behinderung von 50 aufweist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG(BAG 16. Februar 2012 8 AZR 697/10 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

25

3. Die Klägerin wurde auch unmittelbar iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG benachteiligt, weil sie eine weniger günstige Behandlung erfuhr, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

26

a) Die Klägerin erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die erfolgreiche Bewerberin, weil sie nicht berücksichtigt wurde. Dabei kann die Benachteiligung schon in der Versagung einer Chance liegen (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

27

b) Im Verhältnis zur erfolgreichen Bewerberin N befand sich die Klägerin in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

28

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Anspruchsteller objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16). Die objektive Eignung ist keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 26, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

29

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Der Arbeitgeber darf die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten, indem er nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung Erfordernisse für die wahrzunehmenden Aufgaben formuliert, die von keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, da er dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigt (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

30

bb) Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 40, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

31

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil. Der öffentliche Arbeitgeber hat in diesem die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 21, BVerwGE 139, 135). Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 37, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 43, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

32

Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 38, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BVerfG 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - Rn. 6 f., BVerfGK 10, 355; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 30, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

33

cc) Nach diesen Grundsätzen befand sich die Klägerin mit Frau N in einer vergleichbaren Situation. Die Klägerin ist ausgebildete Facharbeiterin für Schreibtechnik. Hierbei handelt es sich um einen mit der im Anforderungsprofil geforderten Berufsausbildung zur Verwaltungsfachangestellten oder zur Kauffrau/Fachangestellten für Bürokommunikation vergleichbaren Ausbildungsgang, was schon daraus ersichtlich ist, dass die letztlich erfolgreiche Bewerberin Frau N über den gleichen Berufsabschluss verfügt. Aufgrund ihrer Tätigkeit als Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt seit 1996 konnte die Klägerin Erfahrungen als Schreibkraft bei einer obersten Bundesbehörde vorweisen. Sie erfüllte damit im Wesentlichen die Kriterien des veröffentlichten Anforderungsprofils. Die Beklagte hat im Prozess auch nicht in Abrede gestellt, dass die Klägerin für die ausgeschriebene Stelle im Grundsatz geeignet gewesen sei.

34

IV. Die Klägerin ist aber nicht „wegen“ ihrer Behinderung benachteiligt worden.

35

1. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO).

36

2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Klägerin Indizien, die für eine Benachteiligung wegen ihrer Behinderung sprechen, nicht vorgetragen hat. Dies gilt insbesondere für den Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe ihre aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX abzuleitende Pflicht, die getroffene Entscheidung unverzüglich mit allen Beteiligten zu erörtern, verletzt.

37

a) Aus einer Verletzung von § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX kann grundsätzlich eine Indizwirkung, dass der Arbeitgeber den Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung nicht berücksichtigt habe, abgeleitet werden. Das Bundesarbeitsgericht nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass Verstöße gegen gesetzliche Verfahrensregelungen, die zur Förderung der Chancen der schwerbehinderten Menschen geschaffen wurden, eine Indizwirkung begründen können (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Es handelt sich hierbei um bestimmte Förderpflichten iSv. § 5 AGG und Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Dies gilt zB für die Anzeige einer freien Stelle gegenüber der Agentur für Arbeit (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14), die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6) sowie die unterbliebene Einladung des Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 21, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; BVerwG 15. Dezember 2011 - 2 A 13.10 - Rn. 17, EzA SGB IX § 82 Nr. 2). Für das gesetzlich vorgesehene Erfordernis der Darlegung der Gründe der getroffenen Entscheidung kann nichts anderes gelten (Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 23; vgl. verallgemeinernd bei jeglicher Verletzung der Pflichten aus § 81 Abs. 1 SGB IX auch Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 56; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 12; Roloff in BeckOK Arbeitsrecht AGG Stand 1. Dezember 2012 § 22 Rn. 8).

38

b) Das Absageschreiben der Beklagten vom 1. September 2010 enthielt keine Begründung für die der Klägerin ungünstige Entscheidung. Nachdem durch anwaltliches Schreiben vom 25. Oktober 2010 die Beklagte mit Fristsetzung zum 11. November 2010 aufgefordert wurde, die Gründe für die negative Auswahlentscheidung mitzuteilen, antwortete sie erst mit Schreiben vom 10. Dezember 2010. Damit erfolgte eine Begründung jedenfalls nicht mehr „unverzüglich“, wie durch § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX von Gesetzes wegen vorgeschrieben. Die Mitteilung muss ohne schuldhaftes Zögern erfolgen (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das schließt zwar eine gewisse Bedenkzeit - auch um ggf. rechtlichen Rat einzuholen - nicht aus, jedoch ist die Unverzüglichkeit nicht mehr gewahrt, wenn bis zur Antwort mehr als zwei Wochen vergangen sind (Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 121 BGB Rn. 3; MüKoBGB/Armbrüster 6. Aufl. § 121 Rn. 7 mwN). Daher spielt es keine Rolle, dass während des Prozesses die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011 ausführlich die Gründe für ihre Auswahlentscheidung dargelegt hat.

39

c) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, aus der fehlenden Unterrichtung über die Gründe für die Auswahlentscheidung könne schon deswegen nicht der Anschein einer Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung abgeleitet werden, weil sich der seine Beschäftigungsquote erfüllende Arbeitgeber lediglich an die höchstrichterliche Rechtsprechung (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6) habe halten wollen, folgt dem der Senat nicht. Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist verschuldensunabhängig ausgestaltet. Eine besondere Diskriminierungsabsicht ist nicht erforderlich (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 33, AP AGG § 15 Nr. 7 = EzA AGG § 22 Nr. 4). Es kommt nicht darauf an, dass sich der Arbeitgeber möglicherweise vorgestellt hat, sein Handeln sei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gedeckt. Die Vorstellung eines „Rechtfertigungsgrundes“ schließt nicht aus, dass die Schwerbehinderung noch Teil des Motivbündels bei der Ablehnungsentscheidung gewesen ist.

40

d) Die Beklagte war jedoch nicht verpflichtet, die Beteiligten unverzüglich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für ihre Auswahlentscheidung zu unterrichten, da sie die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllte.

41

aa) In der Literatur und der Instanzrechtsprechung ist die Frage, ob die Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nur Arbeitgeber trifft, die die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllen, umstritten.

42

Die eine Meinung stellt auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des angestrebten umfassenden Schwerbehindertenschutzes durch Verfahren besonders ab, nach dem es nicht darauf ankomme, ob der Arbeitgeber die Beschäftigungsquote bereits erfülle (Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 104; Knittel SGB IX Kommentar 6. Aufl. § 81 Rn. 73; Deinert in Deinert/Neumann Handbuch SGB IX 2. Aufl. § 17 Rn. 89 f.; Großmann GK-SGB IX Stand Dezember 2012 § 81 Rn. 178; Gutzeit in BeckOK Sozialrecht SGB IX Stand 1. Dezember 2012 § 81 Rn. 7; iE auch LAG München 25. Juni 2012 - 7 Sa 1247/10 - BeckRS 2012, 75317; LAG Hessen 7. November 2005 - 7 Sa 473/05 - NZA-RR 2006, 312). Die Gegenmeinung stellt stärker auf den Wortlaut des Gesetzes und die Gesetzessystematik ab (Diller NZA 2007, 1321, 1323; Fabricius in jurisPK-SGB IX Stand 16. Juli 2012 § 81 Rn. 17 f.; FKS-SGB IX/Faber 2. Aufl. § 81 Rn. 23; Müller-Wenner in Müller-Wenner/Winkler SGB IX Teil 2 2. Aufl. § 81 Rn. 24; LAG Hessen 28. August 2009 - 19/3 Sa 340/08 - Rn. 55, DÖD 2010, 79; wohl auch Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 81 Rn. 8 f.).

43

bb) Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Förderpflichten des § 81 SGB IX grundsätzlich als an alle Arbeitgeber gerichtet verstanden, also nicht nur an diejenigen, die die Beschäftigungsquote nicht erfüllt haben. Davon hat er aber ausdrücklich das Erörterungsverfahren, wie durch § 81 Abs. 1 Satz 7 bis Satz 9 SGB IX vorgeschrieben, ausgenommen(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 50, AP AGG § 15 Rn. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

44

cc) Dieser Auffassung folgt der Senat. Für sie sprechen der Wortlaut der Norm sowie systematische Erwägungen. Auch wenn der Gesetzgeber dies nicht durch die Stellung in einem gesonderten Absatz klargestellt hat, stehen die Regelungen in § 81 Abs. 1 Satz 7 bis Satz 9 SGB IX in einem inneren Zusammenhang. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine der in § 93 SGB IX genannten Vertretungen mit der beabsichtigten Entscheidung nicht einverstanden, so ist diese gemäß § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX zunächst unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Der Gesetzgeber sieht demnach dann, wenn der Arbeitgeber seine gesetzliche Beschäftigungspflicht nicht erfüllt, eine weitergehende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrats etc. vor. Auf den Abschluss dieses besonderen Erörterungsverfahrens bezieht sich § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX. Dies wird daran deutlich, dass dort von der „getroffenen Entscheidung“ gesprochen wird, während in § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX von der „beabsichtigten Entscheidung“ die Rede ist. Systematisch wäre es auch unstimmig, auf der einen Seite generell nur eine Unterrichtungspflicht gegenüber der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat anzunehmen (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), auf der anderen Seite aber stets eine Pflicht zur Darlegung der Gründe der getroffenen Entscheidung ihnen gegenüber zu postulieren, obwohl die Entscheidung zuvor mit ihnen nicht erörtert werden musste (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX) und die Schwerbehindertenvertretung oder der Betriebsrat auch nicht notwendig gegen die beabsichtigte Entscheidung gestimmt haben müssen (vgl. auch Diller NZA 2007, 1321, 1323 Fn. 14).

45

e) Der Deutsche Bundestag hat auch die Beschäftigungspflicht gemäß § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt. Dies hat die Klägerin zwar mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten ist aber, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an dieser Stelle nicht ausreichend.

46

Nach § 22 AGG hat zunächst die anspruchstellende Partei Indizien darzulegen und zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Nach dem deutschen Zivilprozessrecht einschließlich des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens trägt derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Die Darlegungslast entspricht dabei grundsätzlich der Beweislast, dh. derjenige, dem die Beweislast obliegt, muss zunächst die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen. Zu diesen gehört bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot auch die Tatsache, dass die ungünstigere Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Der im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltende Beibringungsgrundsatz verlangt einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Parteien (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 15, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Beruft sich die klagende Partei wie hier darauf, dass es der Arbeitgeber entgegen seiner Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX versäumt habe, den abgelehnten Bewerber unverzüglich über die Gründe der getroffenen Entscheidung zu informieren, so gehört zu einem schlüssigen Vortrag die Darlegung, dass die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllt wurde, weil nur in diesem Fall eine Unterrichtungspflicht besteht. Die Klägerin hätte sich daher konkret zu der Quote äußern müssen und hätte sich nicht bloß darauf beschränken dürfen, die Angaben der Beklagten mit Nichtwissen zu bestreiten.

47

Dabei wird nicht verkannt, dass es der Klägerin im vorliegenden Fall schwerfallen dürfte, die entsprechenden Informationen über die Erfüllung der Quote nach § 71 Abs. 1 SGB IX zu erlangen, während diese Informationen die Beklagte ohne weiteres besitzt. Es gibt keinen Grundsatz, wonach diejenige Partei die Darlegungs- und Beweislast trägt, die über die maßgeblichen Informationen verfügt. Die Beweislastverteilung bedarf grundsätzlich einer normativen Regelung. § 22 AGG trägt bereits der Situation Rechnung, dass dem Anspruchsteller im Regelfalle die vollständige Beweisführung, dass das Motiv für die ungünstigere Behandlung ein in § 1 AGG genannter Grund ist, nicht möglich ist und er damit regelmäßig keine Tatsachen vortragen kann, die dazu führen, dass das Gericht das Vorliegen des Benachteiligungsgrundes als wahr erachtet(BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 19, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Ein abgelehnter Stellenbewerber, der meint, unter Verstoß gegen § 7 AGG diskriminiert worden zu sein, genügt seiner Darlegungslast bzgl. der behaupteten Benachteiligung deshalb nicht dadurch, dass er lediglich vorträgt, er habe sich beworben, sei unberücksichtigt geblieben und erfülle das in der Ausschreibung geforderte Anforderungsprofil sowie zumindest eines der in § 1 AGG genannten Merkmale. Allein ein solcher Sachvortrag verpflichtet den Arbeitgeber nicht zur Darlegung, welche Personalentscheidung er letztlich getroffen hat und aus welchen Gründen (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 18, aaO).

48

Auch aus dem Unionsrecht kann keine über die gesetzlich normierte Regelung in § 22 AGG hinausgehende Beweiserleichterung abgeleitet werden. Insbesondere steht dem abgelehnten Bewerber grundsätzlich kein Auskunftsanspruch über die Einzelheiten des Auswahlverfahrens zu (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 46, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 24 = EzA AGG § 22 Nr. 5; zuvor bereits EuGH 21. Juli 2011 - C-104/10 - [Kelly] Rn. 39, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 97/80 Nr. 1).

49

3. Die Fragen der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten nach den Auswirkungen der Schwerbehinderung der Klägerin für die vorgesehene Tätigkeit im Vorstellungsgespräch am 20. August 2010 begründen keine Indizwirkung iSd. § 22 AGG.

50

a) Es kann dahinstehen, ob der Arbeitgeber (oder die von ihm zur Leitung des Vorstellungsgesprächs bestellte Person als Erfüllungsgehilfe iSd. § 278 BGB) verpflichtet ist, bei einer während des Vorstellungsgesprächs nach dem AGG unzulässig gestellten Frage einzugreifen und sie zu unterbinden. Nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX hat die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen. Auch bei diesem Teil ihrer Arbeit besitzen die Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX. Grundsätzlich tritt daher die Schwerbehindertenvertretung auch bei Vorstellungsgesprächen unabhängig vom Arbeitgeber auf, ein Weisungsrecht besteht nicht.

51

b) Vorliegend hat allerdings die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten im Vorstellungsgespräch vom 20. August 2010 keine unzulässigen oder eine Indizwirkung iSv. § 22 AGG auslösenden Fragen gestellt.

52

aa) Die Klägerin wurde nicht unmittelbar nach ihrer Schwerbehinderung gefragt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten Frau L in dem Gespräch die Klägerin fragte, ob sie spezielle Hilfsmittel bei der Ausübung der angestrebten Tätigkeit benötige und ob sie in der Lage sei, Überstunden zu leisten. Das Revisionsgericht ist an diese Feststellung gebunden, die Beklagte hat diesbezüglich auch keine Verfahrensrügen erhoben (§ 559 Abs. 2 ZPO). Damit steht fest, dass die Klägerin nicht nach der der Behinderung zugrunde liegenden Ursache gefragt wurde und auch nicht unmittelbar nach der Schwerbehinderung. Es besteht daher keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob nach dem AGG die Frage nach der Schwerbehinderung generell unzulässig ist (offengelassen auch von BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - Rn. 17, AP BGB § 123 Nr. 70 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 11; verneinend für den Fall des mindestens sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnisses jüngst BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 14, AP SGB IX § 85 Nr. 9 = EzA AGG § 3 Nr. 7). Im Übrigen war der Beklagten bereits durch die Bewerbung bekannt, dass die Klägerin mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert ist.

53

bb) Die Frage, ob die Klägerin in der Lage sei, Überstunden zu leisten, stellt kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung dar. Die Frage knüpft auch bei einer Betrachtung nach dem Empfängerhorizont weder unmittelbar noch mittelbar an die Schwerbehinderung der Klägerin an. Sie zielt darauf ab, dass sich der Arbeitgeber allgemein ein Bild über die Einsatzfähigkeit in Bezug auf die geplante Stellenbesetzung machen kann. Das Ableisten von Überstunden ist nicht nur bei Schwerbehinderten uU problematisch, sondern auch bei Müttern oder Vätern in Bezug auf die Kinderbetreuung oder bei einem Bewerber mit einem von der Arbeitsstelle weit entfernten Wohnsitz.

54

Ob die Frage gegenüber einem dem Arbeitgeber bekannt schwerbehinderten Bewerber nach dem Bedarf nach Hilfsmitteln ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung sein kann, ist von der Würdigung der Umstände im Einzelfall abhängig. Die Frage zielt aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers in erster Linie darauf ab, in Erfahrung zu bringen, wie der Arbeitsplatz im Falle einer positiven Entscheidung für den Bewerber einzurichten ist. Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX ist der Arbeitsplatz eines Schwerbehinderten mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen auszustatten. Der Arbeitgeber will erkennbar die Pflichten aus dem SGB IX erfüllen, wenn er nach eventuell benötigten Hilfsmitteln fragt.

55

4. Für eine Zurücksetzung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung spricht auch nicht das Schreiben des Bundespräsidialamtes vom 8. Dezember 2009 an den Deutschen Bundestag, da dieses Schreiben anonym gehalten war, sodass eine Zuordnung zu der Klägerin nicht erfolgen konnte. Das Landesarbeitsgericht hat dem Schreiben demnach zu Recht keinerlei Indizwert zuerkannt.

56

5. Die Klägerin hat auch keine Indizien vorgebracht, die für eine Benachteiligung wegen ihres Alters sprechen.

57

Ein abgelehnter Stellenbewerber genügt seiner Darlegungslast bzgl. der behaupteten Benachteiligung nicht allein dadurch, dass er vorträgt, er habe sich beworben, sei unberücksichtigt geblieben und erfülle das in der Ausschreibung geforderte Anforderungsprofil sowie zumindest eines der in § 1 AGG genannten Merkmale(BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 18, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Allein das Vorliegen eines Diskriminierungsmerkmals iSd. § 1 AGG in der Person des angeblich Benachteiligten reicht für die Annahme des Kausalzusammenhangs mit der Ablehnung nicht aus(BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 7 = EzA AGG § 22 Nr. 4). Es ist deshalb ungenügend, wenn die Klägerin ihre weniger günstige Behandlung allein in dem Altersunterschied in Bezug auf die letztlich erfolgreiche Bewerberin Frau N sieht. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin sich auf eine Benachteiligung wegen ihrer Weltanschauung berufen will.

58

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wankel    

                 

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, werden das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt. Voraussetzung für die Weiterzahlung ist, dass

1.
die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder
2.
den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.

(2) Leistungsempfänger haben die Verzögerung von Weiterzahlungen insbesondere dann zu vertreten, wenn sie zumutbare Angebote von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur deshalb ablehnen, weil die Leistungen in größerer Entfernung zu ihren Wohnorten angeboten werden. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist § 140 Absatz 4 des Dritten Buches entsprechend anzuwenden.

(3) Können Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, höchstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt.

(4) Sind die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können; die Anspruchsdauer von drei Monaten vermindert sich um die Anzahl von Tagen, für die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen können. In diesem Fall beträgt das Übergangsgeld

1.
67 Prozent bei Leistungsempfängern, bei denen die Voraussetzungen des erhöhten Bemessungssatzes nach § 66 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 vorliegen und
2.
60 Prozent bei den übrigen Leistungsempfängern,
des sich aus § 66 Absatz 1 Satz 1 oder § 68 ergebenden Betrages.

(5) Ist im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 44) erforderlich, wird das Übergangsgeld bis zum Ende der Wiedereingliederung weitergezahlt.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Dezember 2011 - 3 Sa 1505/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, weil sich die Klägerin bei der Ablehnung einer Bewerbung als schwerbehinderter Mensch benachteiligt sieht.

2

Die am 17. Mai 1954 geborene und mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Klägerin ist bei der Beklagten seit 1992 beschäftigt. Sie ist ausgebildete Facharbeiterin für Schreibtechnik und war schon in verschiedenen Ministerien der DDR als Sekretärin tätig. Seit 1996 ist sie Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt und verdient 2.500,00 Euro brutto monatlich.

3

Nach einer längeren Erkrankung wurde mit der Klägerin im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements am 1. Dezember 2009 ein Gespräch geführt. Es wurde ua. festgelegt, dass das Bundespräsidialamt den Wechsel der Klägerin zu einer anderen Bundesbehörde unterstützen solle. Daraufhin wandte sich die Beschäftigungsbehörde mit Schreiben vom 8. Dezember 2009 ua. an den Deutschen Bundestag. Unter Verweis auf die Rechtslage bat das Bundespräsidialamt um Prüfung, ob für eine - namentlich nicht genannte Mitarbeiterin - zur Abwendung einer krankheitsbedingten Kündigung beim Deutschen Bundestag oder ggf. in einer nachgeordneten Behörde in Berlin die Möglichkeit einer dauerhaften Beschäftigung bestehe. Das Schreiben enthielt den Hinweis auf eine Schwerbehinderung mit dem Grad der Behinderung von 50, ein anonymisierter Personalbogen war beigefügt.

4

Am 11. Juni 2010 veröffentlichte der Deutsche Bundestag im Internet die Ausschreibung für eine Stelle als Zweitsekretär(in) für das Büro einer Vizepräsidentin des Hohen Hauses. Im Anforderungsprofil wurde ua. eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung zur Kauffrau/Fachangestellten für Bürokommunikation oder eine vergleichbare abgeschlossene berufliche Qualifikation mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen verlangt. Die Stelle war kurz zuvor bei der Agentur für Arbeit gemeldet worden. Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 25. Juni 2010 und teilte dabei mit, schwerbehindert zu sein. Sie wurde für den 20. August 2010 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, an dem über zehn Personen, ua. die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten der Arbeitnehmer des Deutschen Bundestages, Frau L, teilnahmen. Zunächst ohne nähere Begründung sagte der Deutsche Bundestag unter dem 1. September 2010 der Klägerin ab, weil sich die Auswahlkommission für eine andere Bewerberin/einen anderen Bewerber entschieden habe. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 machte daraufhin der Rechtsanwalt der Klägerin Schadensersatzansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2010 wies der Deutsche Bundestag den Anspruch zurück und teilte mit, dass die Ablehnung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung gestanden habe, vielmehr habe sie im Vorstellungsgespräch keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen.

5

Mit ihrer beim Arbeitsgericht am 16. Dezember 2010 eingegangenen Klage hat die Klägerin einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht.

6

Sie hat die Auffassung vertreten, im Bewerbungsverfahren wegen ihrer Schwerbehinderung diskriminiert worden zu sein. Für die Stelle sei sie gut geeignet gewesen und habe auch im Vorstellungsgespräch einen guten Eindruck gemacht. Entgegen § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX habe die Beklagte bei der Absage zunächst die Gründe für ihre Entscheidung nicht dargelegt. Dies stelle ein Indiz für eine Benachteiligung nach § 22 AGG dar. Dass der Deutsche Bundestag die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen einhalte, hat die Klägerin mit Nichtwissen bestritten, da sie nicht in der Lage sei, zum Beschäftigungsanteil schwerbehinderter Menschen im Deutschen Bundestag nähere Angaben zu machen. Zudem habe der Deutsche Bundestag auch nicht unverzüglich die getroffene Entscheidung begründet. Eine erst im Prozess mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011 erfolgte Begründung sei jedenfalls zu spät.

7

In dem Vorstellungsgespräch sei die Klägerin von der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten gefragt worden, ob sie spezielle Hilfsmittel bei der Ausübung der angestrebten Tätigkeit benötige und in der Lage sei, Überstunden zu leisten. Mit dieser Frage sei mittelbar nach ihrer Schwerbehinderung gefragt worden, was jedenfalls im konkreten Fall unzulässig gewesen sei. Es sei für die in Aussicht genommene Bürotätigkeit nicht ersichtlich, welche Hilfsmittel mit Rücksicht auf die Schwerbehinderung hätten eine Rolle spielen können.

8

Ein weiteres Indiz für ihre Benachteiligung als Schwerbehinderte ergebe sich daraus, dass in dem Schreiben des Bundespräsidialamtes an den Deutschen Bundestag von ihrer Krankheit die Rede gewesen sei und die Krankheit, sprich die Behinderung daher der wahre Ablehnungsgrund gewesen sei. Der Bundestag habe schon am 18. März 2010 Fehlanzeige mitgeteilt, woraus zu schließen sei, dass sie einer unzulässigen Vorauswahl zum Opfer gefallen sei.

9

Die Klägerin sieht sich weiter wegen ihres Alters diskriminiert - die eingestellte Frau N sei zehn Jahre jünger - und wegen ihrer Weltanschauung, weil die erfolgreiche Bewerberin derselben politischen Partei wie die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages angehöre. Zudem habe der Deutsche Bundestag weder ihre langjährige Berufserfahrung angemessen gewürdigt noch berücksichtigt, dass sie als Überhangpersonal einer anderen Bundesbehörde vorrangig Berücksichtigung hätte finden müssen.

10

Die Klägerin beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 7.500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Oktober 2010, zu zahlen.

11

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte in Abrede gestellt, dass die Bewerbung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung ohne Erfolg geblieben sei. Die Beklagte habe die Stelle der Agentur für Arbeit gemeldet, geprüft, ob sie sich für eine schwerbehinderte Person eigne und schließlich die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Bei diesem habe die Klägerin keinen überzeugenden Eindruck gemacht und auf die Fragen, was sie sich unter der Tätigkeit einer Sekretärin im Büro der Vizepräsidentin oder unter den Aufgaben einer Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages vorstelle, unvorbereitet gewirkt. Dagegen habe die erfolgreiche Bewerberin einen guten Eindruck hinterlassen und nicht nervös gewirkt. Sie habe in den Zeugnissen der Schule und der Berufsausbildung auch die besseren Noten vorweisen können und die Prüfung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik mit „sehr gut“ bestanden.

12

Beim Vorstellungsgespräch seien keine unzulässigen Fragen gestellt worden. Die Klägerin habe bei ihrer Bewerbung ausdrücklich auf ihre Schwerbehinderung hingewiesen, weswegen der Arbeitgeber fragen durfte, ob und unter welchen Umständen der Bewerber in der Lage sei, die Arbeit zu erbringen. Zudem sei die Frage von der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten gestellt worden und ihr als Arbeitgeberin nicht zurechenbar.

13

Die Beklagte erfülle die Pflichtbeschäftigungsquote nach § 71 SGB IX. Zur Zeit der Bewerbung seien im Deutschen Bundestag 2.765 Mitarbeiter beschäftigt worden, davon 218 anerkannte (oder gleichgestellte) Schwerbehinderte. Das entspreche einem Anteil von 7,8 %. Eine Begründungspflicht für die Absage gegenüber der Klägerin habe daher nicht bestanden.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keine Indizien dargelegt, die für eine Benachteiligung wegen eines durch das AGG verbotenen Merkmals, insbesondere nicht wegen ihrer Schwerbehinderung, sprechen.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG scheitere daran, dass die Klägerin nicht substanziiert Indizien vorgetragen habe, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nahe legten. Zwar habe die Beklagte die Klägerin nicht unverzüglich über die Gründe für die ablehnende Entscheidung über ihre Bewerbung unterrichtet, jedoch bestehe eine Verpflichtung dazu nur für Arbeitgeber, die die Beschäftigungsquote des § 71 SGB IX nicht erfüllten. Dass dieses auf den Deutschen Bundestag nicht zutreffe, habe die Klägerin ebenfalls nicht substanziiert dargelegt. Es reiche nicht aus, wenn sie lediglich die von der Beklagten vorgebrachten Zahlen bestreite. Als Anspruchstellerin müsse sie Tatsachen vortragen, die eine Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung indizierten. Auch die von der Schwerbehindertenvertretung beim Vorstellungsgespräch gestellten Fragen seien kein solches Indiz. Fragen nach Hilfsmitteln oder der Fähigkeit, Überstunden abzuleisten, dienten der sachlich zulässigen Prüfung, ob der Bewerber überhaupt in der Lage sei, die Arbeit zu erbringen. Schließlich löse auch die Tatsache, dass die erfolgreiche Bewerberin wesentlich jünger als die Klägerin sei, keine Vermutungswirkung für eine Benachteiligung wegen des Alters aus. Auf das Schreiben des Bundespräsidialamtes komme es schon deshalb nicht an, weil dieses anonymisiert gewesen sei und den Namen der Klägerin nicht enthalten habe.

17

B. Das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

18

I. Der Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als Bewerberin ist die Klägerin „Beschäftigte“ iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG. Für den Bewerberbegriff kommt es weder auf die objektive Eignung noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Als „Arbeitgeberin“ ist die Beklagte nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG passiv legitimiert(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

19

II. Einen etwaigen Entschädigungsanspruch hat die Klägerin innerhalb der gesetzlichen Fristen geltend gemacht.

20

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Mit Schreiben vom 1. September 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Absage. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch außergerichtlich geltend.

21

2. Die Klägerin hat auch die dreimonatige Klageerhebungsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Bereits am 16. Dezember 2010 hat sie ihren Entschädigungsanspruch durch Klageerhebung bei dem Arbeitsgericht geltend gemacht.

22

III. Die Beklagte hat die Klägerin nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG unmittelbar benachteiligt.

23

1. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Für die Anspruchsvoraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen(BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

24

2. Die Klägerin, die einen Grad der Behinderung von 50 aufweist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG(BAG 16. Februar 2012 8 AZR 697/10 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

25

3. Die Klägerin wurde auch unmittelbar iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG benachteiligt, weil sie eine weniger günstige Behandlung erfuhr, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

26

a) Die Klägerin erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die erfolgreiche Bewerberin, weil sie nicht berücksichtigt wurde. Dabei kann die Benachteiligung schon in der Versagung einer Chance liegen (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

27

b) Im Verhältnis zur erfolgreichen Bewerberin N befand sich die Klägerin in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

28

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Anspruchsteller objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16). Die objektive Eignung ist keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 26, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

29

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Der Arbeitgeber darf die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten, indem er nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung Erfordernisse für die wahrzunehmenden Aufgaben formuliert, die von keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, da er dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigt (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

30

bb) Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 40, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

31

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil. Der öffentliche Arbeitgeber hat in diesem die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 21, BVerwGE 139, 135). Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 37, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 43, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

32

Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 38, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BVerfG 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - Rn. 6 f., BVerfGK 10, 355; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 30, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

33

cc) Nach diesen Grundsätzen befand sich die Klägerin mit Frau N in einer vergleichbaren Situation. Die Klägerin ist ausgebildete Facharbeiterin für Schreibtechnik. Hierbei handelt es sich um einen mit der im Anforderungsprofil geforderten Berufsausbildung zur Verwaltungsfachangestellten oder zur Kauffrau/Fachangestellten für Bürokommunikation vergleichbaren Ausbildungsgang, was schon daraus ersichtlich ist, dass die letztlich erfolgreiche Bewerberin Frau N über den gleichen Berufsabschluss verfügt. Aufgrund ihrer Tätigkeit als Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt seit 1996 konnte die Klägerin Erfahrungen als Schreibkraft bei einer obersten Bundesbehörde vorweisen. Sie erfüllte damit im Wesentlichen die Kriterien des veröffentlichten Anforderungsprofils. Die Beklagte hat im Prozess auch nicht in Abrede gestellt, dass die Klägerin für die ausgeschriebene Stelle im Grundsatz geeignet gewesen sei.

34

IV. Die Klägerin ist aber nicht „wegen“ ihrer Behinderung benachteiligt worden.

35

1. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO).

36

2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Klägerin Indizien, die für eine Benachteiligung wegen ihrer Behinderung sprechen, nicht vorgetragen hat. Dies gilt insbesondere für den Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe ihre aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX abzuleitende Pflicht, die getroffene Entscheidung unverzüglich mit allen Beteiligten zu erörtern, verletzt.

37

a) Aus einer Verletzung von § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX kann grundsätzlich eine Indizwirkung, dass der Arbeitgeber den Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung nicht berücksichtigt habe, abgeleitet werden. Das Bundesarbeitsgericht nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass Verstöße gegen gesetzliche Verfahrensregelungen, die zur Förderung der Chancen der schwerbehinderten Menschen geschaffen wurden, eine Indizwirkung begründen können (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Es handelt sich hierbei um bestimmte Förderpflichten iSv. § 5 AGG und Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Dies gilt zB für die Anzeige einer freien Stelle gegenüber der Agentur für Arbeit (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14), die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6) sowie die unterbliebene Einladung des Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 21, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; BVerwG 15. Dezember 2011 - 2 A 13.10 - Rn. 17, EzA SGB IX § 82 Nr. 2). Für das gesetzlich vorgesehene Erfordernis der Darlegung der Gründe der getroffenen Entscheidung kann nichts anderes gelten (Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 23; vgl. verallgemeinernd bei jeglicher Verletzung der Pflichten aus § 81 Abs. 1 SGB IX auch Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 56; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 12; Roloff in BeckOK Arbeitsrecht AGG Stand 1. Dezember 2012 § 22 Rn. 8).

38

b) Das Absageschreiben der Beklagten vom 1. September 2010 enthielt keine Begründung für die der Klägerin ungünstige Entscheidung. Nachdem durch anwaltliches Schreiben vom 25. Oktober 2010 die Beklagte mit Fristsetzung zum 11. November 2010 aufgefordert wurde, die Gründe für die negative Auswahlentscheidung mitzuteilen, antwortete sie erst mit Schreiben vom 10. Dezember 2010. Damit erfolgte eine Begründung jedenfalls nicht mehr „unverzüglich“, wie durch § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX von Gesetzes wegen vorgeschrieben. Die Mitteilung muss ohne schuldhaftes Zögern erfolgen (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das schließt zwar eine gewisse Bedenkzeit - auch um ggf. rechtlichen Rat einzuholen - nicht aus, jedoch ist die Unverzüglichkeit nicht mehr gewahrt, wenn bis zur Antwort mehr als zwei Wochen vergangen sind (Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 121 BGB Rn. 3; MüKoBGB/Armbrüster 6. Aufl. § 121 Rn. 7 mwN). Daher spielt es keine Rolle, dass während des Prozesses die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011 ausführlich die Gründe für ihre Auswahlentscheidung dargelegt hat.

39

c) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, aus der fehlenden Unterrichtung über die Gründe für die Auswahlentscheidung könne schon deswegen nicht der Anschein einer Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung abgeleitet werden, weil sich der seine Beschäftigungsquote erfüllende Arbeitgeber lediglich an die höchstrichterliche Rechtsprechung (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6) habe halten wollen, folgt dem der Senat nicht. Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist verschuldensunabhängig ausgestaltet. Eine besondere Diskriminierungsabsicht ist nicht erforderlich (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 33, AP AGG § 15 Nr. 7 = EzA AGG § 22 Nr. 4). Es kommt nicht darauf an, dass sich der Arbeitgeber möglicherweise vorgestellt hat, sein Handeln sei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gedeckt. Die Vorstellung eines „Rechtfertigungsgrundes“ schließt nicht aus, dass die Schwerbehinderung noch Teil des Motivbündels bei der Ablehnungsentscheidung gewesen ist.

40

d) Die Beklagte war jedoch nicht verpflichtet, die Beteiligten unverzüglich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für ihre Auswahlentscheidung zu unterrichten, da sie die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllte.

41

aa) In der Literatur und der Instanzrechtsprechung ist die Frage, ob die Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nur Arbeitgeber trifft, die die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllen, umstritten.

42

Die eine Meinung stellt auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des angestrebten umfassenden Schwerbehindertenschutzes durch Verfahren besonders ab, nach dem es nicht darauf ankomme, ob der Arbeitgeber die Beschäftigungsquote bereits erfülle (Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 104; Knittel SGB IX Kommentar 6. Aufl. § 81 Rn. 73; Deinert in Deinert/Neumann Handbuch SGB IX 2. Aufl. § 17 Rn. 89 f.; Großmann GK-SGB IX Stand Dezember 2012 § 81 Rn. 178; Gutzeit in BeckOK Sozialrecht SGB IX Stand 1. Dezember 2012 § 81 Rn. 7; iE auch LAG München 25. Juni 2012 - 7 Sa 1247/10 - BeckRS 2012, 75317; LAG Hessen 7. November 2005 - 7 Sa 473/05 - NZA-RR 2006, 312). Die Gegenmeinung stellt stärker auf den Wortlaut des Gesetzes und die Gesetzessystematik ab (Diller NZA 2007, 1321, 1323; Fabricius in jurisPK-SGB IX Stand 16. Juli 2012 § 81 Rn. 17 f.; FKS-SGB IX/Faber 2. Aufl. § 81 Rn. 23; Müller-Wenner in Müller-Wenner/Winkler SGB IX Teil 2 2. Aufl. § 81 Rn. 24; LAG Hessen 28. August 2009 - 19/3 Sa 340/08 - Rn. 55, DÖD 2010, 79; wohl auch Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 81 Rn. 8 f.).

43

bb) Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Förderpflichten des § 81 SGB IX grundsätzlich als an alle Arbeitgeber gerichtet verstanden, also nicht nur an diejenigen, die die Beschäftigungsquote nicht erfüllt haben. Davon hat er aber ausdrücklich das Erörterungsverfahren, wie durch § 81 Abs. 1 Satz 7 bis Satz 9 SGB IX vorgeschrieben, ausgenommen(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 50, AP AGG § 15 Rn. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

44

cc) Dieser Auffassung folgt der Senat. Für sie sprechen der Wortlaut der Norm sowie systematische Erwägungen. Auch wenn der Gesetzgeber dies nicht durch die Stellung in einem gesonderten Absatz klargestellt hat, stehen die Regelungen in § 81 Abs. 1 Satz 7 bis Satz 9 SGB IX in einem inneren Zusammenhang. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine der in § 93 SGB IX genannten Vertretungen mit der beabsichtigten Entscheidung nicht einverstanden, so ist diese gemäß § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX zunächst unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Der Gesetzgeber sieht demnach dann, wenn der Arbeitgeber seine gesetzliche Beschäftigungspflicht nicht erfüllt, eine weitergehende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrats etc. vor. Auf den Abschluss dieses besonderen Erörterungsverfahrens bezieht sich § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX. Dies wird daran deutlich, dass dort von der „getroffenen Entscheidung“ gesprochen wird, während in § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX von der „beabsichtigten Entscheidung“ die Rede ist. Systematisch wäre es auch unstimmig, auf der einen Seite generell nur eine Unterrichtungspflicht gegenüber der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat anzunehmen (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), auf der anderen Seite aber stets eine Pflicht zur Darlegung der Gründe der getroffenen Entscheidung ihnen gegenüber zu postulieren, obwohl die Entscheidung zuvor mit ihnen nicht erörtert werden musste (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX) und die Schwerbehindertenvertretung oder der Betriebsrat auch nicht notwendig gegen die beabsichtigte Entscheidung gestimmt haben müssen (vgl. auch Diller NZA 2007, 1321, 1323 Fn. 14).

45

e) Der Deutsche Bundestag hat auch die Beschäftigungspflicht gemäß § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt. Dies hat die Klägerin zwar mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten ist aber, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an dieser Stelle nicht ausreichend.

46

Nach § 22 AGG hat zunächst die anspruchstellende Partei Indizien darzulegen und zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Nach dem deutschen Zivilprozessrecht einschließlich des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens trägt derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Die Darlegungslast entspricht dabei grundsätzlich der Beweislast, dh. derjenige, dem die Beweislast obliegt, muss zunächst die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen. Zu diesen gehört bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot auch die Tatsache, dass die ungünstigere Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Der im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltende Beibringungsgrundsatz verlangt einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Parteien (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 15, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Beruft sich die klagende Partei wie hier darauf, dass es der Arbeitgeber entgegen seiner Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX versäumt habe, den abgelehnten Bewerber unverzüglich über die Gründe der getroffenen Entscheidung zu informieren, so gehört zu einem schlüssigen Vortrag die Darlegung, dass die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllt wurde, weil nur in diesem Fall eine Unterrichtungspflicht besteht. Die Klägerin hätte sich daher konkret zu der Quote äußern müssen und hätte sich nicht bloß darauf beschränken dürfen, die Angaben der Beklagten mit Nichtwissen zu bestreiten.

47

Dabei wird nicht verkannt, dass es der Klägerin im vorliegenden Fall schwerfallen dürfte, die entsprechenden Informationen über die Erfüllung der Quote nach § 71 Abs. 1 SGB IX zu erlangen, während diese Informationen die Beklagte ohne weiteres besitzt. Es gibt keinen Grundsatz, wonach diejenige Partei die Darlegungs- und Beweislast trägt, die über die maßgeblichen Informationen verfügt. Die Beweislastverteilung bedarf grundsätzlich einer normativen Regelung. § 22 AGG trägt bereits der Situation Rechnung, dass dem Anspruchsteller im Regelfalle die vollständige Beweisführung, dass das Motiv für die ungünstigere Behandlung ein in § 1 AGG genannter Grund ist, nicht möglich ist und er damit regelmäßig keine Tatsachen vortragen kann, die dazu führen, dass das Gericht das Vorliegen des Benachteiligungsgrundes als wahr erachtet(BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 19, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Ein abgelehnter Stellenbewerber, der meint, unter Verstoß gegen § 7 AGG diskriminiert worden zu sein, genügt seiner Darlegungslast bzgl. der behaupteten Benachteiligung deshalb nicht dadurch, dass er lediglich vorträgt, er habe sich beworben, sei unberücksichtigt geblieben und erfülle das in der Ausschreibung geforderte Anforderungsprofil sowie zumindest eines der in § 1 AGG genannten Merkmale. Allein ein solcher Sachvortrag verpflichtet den Arbeitgeber nicht zur Darlegung, welche Personalentscheidung er letztlich getroffen hat und aus welchen Gründen (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 18, aaO).

48

Auch aus dem Unionsrecht kann keine über die gesetzlich normierte Regelung in § 22 AGG hinausgehende Beweiserleichterung abgeleitet werden. Insbesondere steht dem abgelehnten Bewerber grundsätzlich kein Auskunftsanspruch über die Einzelheiten des Auswahlverfahrens zu (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 46, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 24 = EzA AGG § 22 Nr. 5; zuvor bereits EuGH 21. Juli 2011 - C-104/10 - [Kelly] Rn. 39, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 97/80 Nr. 1).

49

3. Die Fragen der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten nach den Auswirkungen der Schwerbehinderung der Klägerin für die vorgesehene Tätigkeit im Vorstellungsgespräch am 20. August 2010 begründen keine Indizwirkung iSd. § 22 AGG.

50

a) Es kann dahinstehen, ob der Arbeitgeber (oder die von ihm zur Leitung des Vorstellungsgesprächs bestellte Person als Erfüllungsgehilfe iSd. § 278 BGB) verpflichtet ist, bei einer während des Vorstellungsgesprächs nach dem AGG unzulässig gestellten Frage einzugreifen und sie zu unterbinden. Nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX hat die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen. Auch bei diesem Teil ihrer Arbeit besitzen die Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX. Grundsätzlich tritt daher die Schwerbehindertenvertretung auch bei Vorstellungsgesprächen unabhängig vom Arbeitgeber auf, ein Weisungsrecht besteht nicht.

51

b) Vorliegend hat allerdings die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten im Vorstellungsgespräch vom 20. August 2010 keine unzulässigen oder eine Indizwirkung iSv. § 22 AGG auslösenden Fragen gestellt.

52

aa) Die Klägerin wurde nicht unmittelbar nach ihrer Schwerbehinderung gefragt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten Frau L in dem Gespräch die Klägerin fragte, ob sie spezielle Hilfsmittel bei der Ausübung der angestrebten Tätigkeit benötige und ob sie in der Lage sei, Überstunden zu leisten. Das Revisionsgericht ist an diese Feststellung gebunden, die Beklagte hat diesbezüglich auch keine Verfahrensrügen erhoben (§ 559 Abs. 2 ZPO). Damit steht fest, dass die Klägerin nicht nach der der Behinderung zugrunde liegenden Ursache gefragt wurde und auch nicht unmittelbar nach der Schwerbehinderung. Es besteht daher keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob nach dem AGG die Frage nach der Schwerbehinderung generell unzulässig ist (offengelassen auch von BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - Rn. 17, AP BGB § 123 Nr. 70 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 11; verneinend für den Fall des mindestens sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnisses jüngst BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 14, AP SGB IX § 85 Nr. 9 = EzA AGG § 3 Nr. 7). Im Übrigen war der Beklagten bereits durch die Bewerbung bekannt, dass die Klägerin mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert ist.

53

bb) Die Frage, ob die Klägerin in der Lage sei, Überstunden zu leisten, stellt kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung dar. Die Frage knüpft auch bei einer Betrachtung nach dem Empfängerhorizont weder unmittelbar noch mittelbar an die Schwerbehinderung der Klägerin an. Sie zielt darauf ab, dass sich der Arbeitgeber allgemein ein Bild über die Einsatzfähigkeit in Bezug auf die geplante Stellenbesetzung machen kann. Das Ableisten von Überstunden ist nicht nur bei Schwerbehinderten uU problematisch, sondern auch bei Müttern oder Vätern in Bezug auf die Kinderbetreuung oder bei einem Bewerber mit einem von der Arbeitsstelle weit entfernten Wohnsitz.

54

Ob die Frage gegenüber einem dem Arbeitgeber bekannt schwerbehinderten Bewerber nach dem Bedarf nach Hilfsmitteln ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung sein kann, ist von der Würdigung der Umstände im Einzelfall abhängig. Die Frage zielt aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers in erster Linie darauf ab, in Erfahrung zu bringen, wie der Arbeitsplatz im Falle einer positiven Entscheidung für den Bewerber einzurichten ist. Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX ist der Arbeitsplatz eines Schwerbehinderten mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen auszustatten. Der Arbeitgeber will erkennbar die Pflichten aus dem SGB IX erfüllen, wenn er nach eventuell benötigten Hilfsmitteln fragt.

55

4. Für eine Zurücksetzung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung spricht auch nicht das Schreiben des Bundespräsidialamtes vom 8. Dezember 2009 an den Deutschen Bundestag, da dieses Schreiben anonym gehalten war, sodass eine Zuordnung zu der Klägerin nicht erfolgen konnte. Das Landesarbeitsgericht hat dem Schreiben demnach zu Recht keinerlei Indizwert zuerkannt.

56

5. Die Klägerin hat auch keine Indizien vorgebracht, die für eine Benachteiligung wegen ihres Alters sprechen.

57

Ein abgelehnter Stellenbewerber genügt seiner Darlegungslast bzgl. der behaupteten Benachteiligung nicht allein dadurch, dass er vorträgt, er habe sich beworben, sei unberücksichtigt geblieben und erfülle das in der Ausschreibung geforderte Anforderungsprofil sowie zumindest eines der in § 1 AGG genannten Merkmale(BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 18, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Allein das Vorliegen eines Diskriminierungsmerkmals iSd. § 1 AGG in der Person des angeblich Benachteiligten reicht für die Annahme des Kausalzusammenhangs mit der Ablehnung nicht aus(BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 7 = EzA AGG § 22 Nr. 4). Es ist deshalb ungenügend, wenn die Klägerin ihre weniger günstige Behandlung allein in dem Altersunterschied in Bezug auf die letztlich erfolgreiche Bewerberin Frau N sieht. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin sich auf eine Benachteiligung wegen ihrer Weltanschauung berufen will.

58

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wankel    

                 

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Dezember 2011 - 3 Sa 1505/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, weil sich die Klägerin bei der Ablehnung einer Bewerbung als schwerbehinderter Mensch benachteiligt sieht.

2

Die am 17. Mai 1954 geborene und mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Klägerin ist bei der Beklagten seit 1992 beschäftigt. Sie ist ausgebildete Facharbeiterin für Schreibtechnik und war schon in verschiedenen Ministerien der DDR als Sekretärin tätig. Seit 1996 ist sie Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt und verdient 2.500,00 Euro brutto monatlich.

3

Nach einer längeren Erkrankung wurde mit der Klägerin im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements am 1. Dezember 2009 ein Gespräch geführt. Es wurde ua. festgelegt, dass das Bundespräsidialamt den Wechsel der Klägerin zu einer anderen Bundesbehörde unterstützen solle. Daraufhin wandte sich die Beschäftigungsbehörde mit Schreiben vom 8. Dezember 2009 ua. an den Deutschen Bundestag. Unter Verweis auf die Rechtslage bat das Bundespräsidialamt um Prüfung, ob für eine - namentlich nicht genannte Mitarbeiterin - zur Abwendung einer krankheitsbedingten Kündigung beim Deutschen Bundestag oder ggf. in einer nachgeordneten Behörde in Berlin die Möglichkeit einer dauerhaften Beschäftigung bestehe. Das Schreiben enthielt den Hinweis auf eine Schwerbehinderung mit dem Grad der Behinderung von 50, ein anonymisierter Personalbogen war beigefügt.

4

Am 11. Juni 2010 veröffentlichte der Deutsche Bundestag im Internet die Ausschreibung für eine Stelle als Zweitsekretär(in) für das Büro einer Vizepräsidentin des Hohen Hauses. Im Anforderungsprofil wurde ua. eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung zur Kauffrau/Fachangestellten für Bürokommunikation oder eine vergleichbare abgeschlossene berufliche Qualifikation mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen verlangt. Die Stelle war kurz zuvor bei der Agentur für Arbeit gemeldet worden. Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 25. Juni 2010 und teilte dabei mit, schwerbehindert zu sein. Sie wurde für den 20. August 2010 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, an dem über zehn Personen, ua. die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten der Arbeitnehmer des Deutschen Bundestages, Frau L, teilnahmen. Zunächst ohne nähere Begründung sagte der Deutsche Bundestag unter dem 1. September 2010 der Klägerin ab, weil sich die Auswahlkommission für eine andere Bewerberin/einen anderen Bewerber entschieden habe. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 machte daraufhin der Rechtsanwalt der Klägerin Schadensersatzansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2010 wies der Deutsche Bundestag den Anspruch zurück und teilte mit, dass die Ablehnung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung gestanden habe, vielmehr habe sie im Vorstellungsgespräch keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen.

5

Mit ihrer beim Arbeitsgericht am 16. Dezember 2010 eingegangenen Klage hat die Klägerin einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht.

6

Sie hat die Auffassung vertreten, im Bewerbungsverfahren wegen ihrer Schwerbehinderung diskriminiert worden zu sein. Für die Stelle sei sie gut geeignet gewesen und habe auch im Vorstellungsgespräch einen guten Eindruck gemacht. Entgegen § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX habe die Beklagte bei der Absage zunächst die Gründe für ihre Entscheidung nicht dargelegt. Dies stelle ein Indiz für eine Benachteiligung nach § 22 AGG dar. Dass der Deutsche Bundestag die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen einhalte, hat die Klägerin mit Nichtwissen bestritten, da sie nicht in der Lage sei, zum Beschäftigungsanteil schwerbehinderter Menschen im Deutschen Bundestag nähere Angaben zu machen. Zudem habe der Deutsche Bundestag auch nicht unverzüglich die getroffene Entscheidung begründet. Eine erst im Prozess mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011 erfolgte Begründung sei jedenfalls zu spät.

7

In dem Vorstellungsgespräch sei die Klägerin von der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten gefragt worden, ob sie spezielle Hilfsmittel bei der Ausübung der angestrebten Tätigkeit benötige und in der Lage sei, Überstunden zu leisten. Mit dieser Frage sei mittelbar nach ihrer Schwerbehinderung gefragt worden, was jedenfalls im konkreten Fall unzulässig gewesen sei. Es sei für die in Aussicht genommene Bürotätigkeit nicht ersichtlich, welche Hilfsmittel mit Rücksicht auf die Schwerbehinderung hätten eine Rolle spielen können.

8

Ein weiteres Indiz für ihre Benachteiligung als Schwerbehinderte ergebe sich daraus, dass in dem Schreiben des Bundespräsidialamtes an den Deutschen Bundestag von ihrer Krankheit die Rede gewesen sei und die Krankheit, sprich die Behinderung daher der wahre Ablehnungsgrund gewesen sei. Der Bundestag habe schon am 18. März 2010 Fehlanzeige mitgeteilt, woraus zu schließen sei, dass sie einer unzulässigen Vorauswahl zum Opfer gefallen sei.

9

Die Klägerin sieht sich weiter wegen ihres Alters diskriminiert - die eingestellte Frau N sei zehn Jahre jünger - und wegen ihrer Weltanschauung, weil die erfolgreiche Bewerberin derselben politischen Partei wie die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages angehöre. Zudem habe der Deutsche Bundestag weder ihre langjährige Berufserfahrung angemessen gewürdigt noch berücksichtigt, dass sie als Überhangpersonal einer anderen Bundesbehörde vorrangig Berücksichtigung hätte finden müssen.

10

Die Klägerin beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 7.500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Oktober 2010, zu zahlen.

11

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte in Abrede gestellt, dass die Bewerbung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung ohne Erfolg geblieben sei. Die Beklagte habe die Stelle der Agentur für Arbeit gemeldet, geprüft, ob sie sich für eine schwerbehinderte Person eigne und schließlich die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Bei diesem habe die Klägerin keinen überzeugenden Eindruck gemacht und auf die Fragen, was sie sich unter der Tätigkeit einer Sekretärin im Büro der Vizepräsidentin oder unter den Aufgaben einer Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages vorstelle, unvorbereitet gewirkt. Dagegen habe die erfolgreiche Bewerberin einen guten Eindruck hinterlassen und nicht nervös gewirkt. Sie habe in den Zeugnissen der Schule und der Berufsausbildung auch die besseren Noten vorweisen können und die Prüfung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik mit „sehr gut“ bestanden.

12

Beim Vorstellungsgespräch seien keine unzulässigen Fragen gestellt worden. Die Klägerin habe bei ihrer Bewerbung ausdrücklich auf ihre Schwerbehinderung hingewiesen, weswegen der Arbeitgeber fragen durfte, ob und unter welchen Umständen der Bewerber in der Lage sei, die Arbeit zu erbringen. Zudem sei die Frage von der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten gestellt worden und ihr als Arbeitgeberin nicht zurechenbar.

13

Die Beklagte erfülle die Pflichtbeschäftigungsquote nach § 71 SGB IX. Zur Zeit der Bewerbung seien im Deutschen Bundestag 2.765 Mitarbeiter beschäftigt worden, davon 218 anerkannte (oder gleichgestellte) Schwerbehinderte. Das entspreche einem Anteil von 7,8 %. Eine Begründungspflicht für die Absage gegenüber der Klägerin habe daher nicht bestanden.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keine Indizien dargelegt, die für eine Benachteiligung wegen eines durch das AGG verbotenen Merkmals, insbesondere nicht wegen ihrer Schwerbehinderung, sprechen.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG scheitere daran, dass die Klägerin nicht substanziiert Indizien vorgetragen habe, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nahe legten. Zwar habe die Beklagte die Klägerin nicht unverzüglich über die Gründe für die ablehnende Entscheidung über ihre Bewerbung unterrichtet, jedoch bestehe eine Verpflichtung dazu nur für Arbeitgeber, die die Beschäftigungsquote des § 71 SGB IX nicht erfüllten. Dass dieses auf den Deutschen Bundestag nicht zutreffe, habe die Klägerin ebenfalls nicht substanziiert dargelegt. Es reiche nicht aus, wenn sie lediglich die von der Beklagten vorgebrachten Zahlen bestreite. Als Anspruchstellerin müsse sie Tatsachen vortragen, die eine Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung indizierten. Auch die von der Schwerbehindertenvertretung beim Vorstellungsgespräch gestellten Fragen seien kein solches Indiz. Fragen nach Hilfsmitteln oder der Fähigkeit, Überstunden abzuleisten, dienten der sachlich zulässigen Prüfung, ob der Bewerber überhaupt in der Lage sei, die Arbeit zu erbringen. Schließlich löse auch die Tatsache, dass die erfolgreiche Bewerberin wesentlich jünger als die Klägerin sei, keine Vermutungswirkung für eine Benachteiligung wegen des Alters aus. Auf das Schreiben des Bundespräsidialamtes komme es schon deshalb nicht an, weil dieses anonymisiert gewesen sei und den Namen der Klägerin nicht enthalten habe.

17

B. Das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

18

I. Der Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als Bewerberin ist die Klägerin „Beschäftigte“ iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG. Für den Bewerberbegriff kommt es weder auf die objektive Eignung noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Als „Arbeitgeberin“ ist die Beklagte nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG passiv legitimiert(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

19

II. Einen etwaigen Entschädigungsanspruch hat die Klägerin innerhalb der gesetzlichen Fristen geltend gemacht.

20

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Mit Schreiben vom 1. September 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Absage. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch außergerichtlich geltend.

21

2. Die Klägerin hat auch die dreimonatige Klageerhebungsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Bereits am 16. Dezember 2010 hat sie ihren Entschädigungsanspruch durch Klageerhebung bei dem Arbeitsgericht geltend gemacht.

22

III. Die Beklagte hat die Klägerin nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG unmittelbar benachteiligt.

23

1. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Für die Anspruchsvoraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen(BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

24

2. Die Klägerin, die einen Grad der Behinderung von 50 aufweist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG(BAG 16. Februar 2012 8 AZR 697/10 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

25

3. Die Klägerin wurde auch unmittelbar iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG benachteiligt, weil sie eine weniger günstige Behandlung erfuhr, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

26

a) Die Klägerin erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die erfolgreiche Bewerberin, weil sie nicht berücksichtigt wurde. Dabei kann die Benachteiligung schon in der Versagung einer Chance liegen (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

27

b) Im Verhältnis zur erfolgreichen Bewerberin N befand sich die Klägerin in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

28

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Anspruchsteller objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16). Die objektive Eignung ist keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 26, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

29

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Der Arbeitgeber darf die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten, indem er nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung Erfordernisse für die wahrzunehmenden Aufgaben formuliert, die von keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, da er dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigt (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

30

bb) Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 40, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

31

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil. Der öffentliche Arbeitgeber hat in diesem die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 21, BVerwGE 139, 135). Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 37, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 43, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

32

Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 38, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BVerfG 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - Rn. 6 f., BVerfGK 10, 355; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 30, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

33

cc) Nach diesen Grundsätzen befand sich die Klägerin mit Frau N in einer vergleichbaren Situation. Die Klägerin ist ausgebildete Facharbeiterin für Schreibtechnik. Hierbei handelt es sich um einen mit der im Anforderungsprofil geforderten Berufsausbildung zur Verwaltungsfachangestellten oder zur Kauffrau/Fachangestellten für Bürokommunikation vergleichbaren Ausbildungsgang, was schon daraus ersichtlich ist, dass die letztlich erfolgreiche Bewerberin Frau N über den gleichen Berufsabschluss verfügt. Aufgrund ihrer Tätigkeit als Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt seit 1996 konnte die Klägerin Erfahrungen als Schreibkraft bei einer obersten Bundesbehörde vorweisen. Sie erfüllte damit im Wesentlichen die Kriterien des veröffentlichten Anforderungsprofils. Die Beklagte hat im Prozess auch nicht in Abrede gestellt, dass die Klägerin für die ausgeschriebene Stelle im Grundsatz geeignet gewesen sei.

34

IV. Die Klägerin ist aber nicht „wegen“ ihrer Behinderung benachteiligt worden.

35

1. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO).

36

2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Klägerin Indizien, die für eine Benachteiligung wegen ihrer Behinderung sprechen, nicht vorgetragen hat. Dies gilt insbesondere für den Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe ihre aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX abzuleitende Pflicht, die getroffene Entscheidung unverzüglich mit allen Beteiligten zu erörtern, verletzt.

37

a) Aus einer Verletzung von § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX kann grundsätzlich eine Indizwirkung, dass der Arbeitgeber den Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung nicht berücksichtigt habe, abgeleitet werden. Das Bundesarbeitsgericht nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass Verstöße gegen gesetzliche Verfahrensregelungen, die zur Förderung der Chancen der schwerbehinderten Menschen geschaffen wurden, eine Indizwirkung begründen können (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Es handelt sich hierbei um bestimmte Förderpflichten iSv. § 5 AGG und Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Dies gilt zB für die Anzeige einer freien Stelle gegenüber der Agentur für Arbeit (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14), die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6) sowie die unterbliebene Einladung des Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 21, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; BVerwG 15. Dezember 2011 - 2 A 13.10 - Rn. 17, EzA SGB IX § 82 Nr. 2). Für das gesetzlich vorgesehene Erfordernis der Darlegung der Gründe der getroffenen Entscheidung kann nichts anderes gelten (Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 23; vgl. verallgemeinernd bei jeglicher Verletzung der Pflichten aus § 81 Abs. 1 SGB IX auch Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 56; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 12; Roloff in BeckOK Arbeitsrecht AGG Stand 1. Dezember 2012 § 22 Rn. 8).

38

b) Das Absageschreiben der Beklagten vom 1. September 2010 enthielt keine Begründung für die der Klägerin ungünstige Entscheidung. Nachdem durch anwaltliches Schreiben vom 25. Oktober 2010 die Beklagte mit Fristsetzung zum 11. November 2010 aufgefordert wurde, die Gründe für die negative Auswahlentscheidung mitzuteilen, antwortete sie erst mit Schreiben vom 10. Dezember 2010. Damit erfolgte eine Begründung jedenfalls nicht mehr „unverzüglich“, wie durch § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX von Gesetzes wegen vorgeschrieben. Die Mitteilung muss ohne schuldhaftes Zögern erfolgen (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das schließt zwar eine gewisse Bedenkzeit - auch um ggf. rechtlichen Rat einzuholen - nicht aus, jedoch ist die Unverzüglichkeit nicht mehr gewahrt, wenn bis zur Antwort mehr als zwei Wochen vergangen sind (Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 121 BGB Rn. 3; MüKoBGB/Armbrüster 6. Aufl. § 121 Rn. 7 mwN). Daher spielt es keine Rolle, dass während des Prozesses die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011 ausführlich die Gründe für ihre Auswahlentscheidung dargelegt hat.

39

c) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, aus der fehlenden Unterrichtung über die Gründe für die Auswahlentscheidung könne schon deswegen nicht der Anschein einer Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung abgeleitet werden, weil sich der seine Beschäftigungsquote erfüllende Arbeitgeber lediglich an die höchstrichterliche Rechtsprechung (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6) habe halten wollen, folgt dem der Senat nicht. Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist verschuldensunabhängig ausgestaltet. Eine besondere Diskriminierungsabsicht ist nicht erforderlich (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 33, AP AGG § 15 Nr. 7 = EzA AGG § 22 Nr. 4). Es kommt nicht darauf an, dass sich der Arbeitgeber möglicherweise vorgestellt hat, sein Handeln sei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gedeckt. Die Vorstellung eines „Rechtfertigungsgrundes“ schließt nicht aus, dass die Schwerbehinderung noch Teil des Motivbündels bei der Ablehnungsentscheidung gewesen ist.

40

d) Die Beklagte war jedoch nicht verpflichtet, die Beteiligten unverzüglich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für ihre Auswahlentscheidung zu unterrichten, da sie die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllte.

41

aa) In der Literatur und der Instanzrechtsprechung ist die Frage, ob die Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nur Arbeitgeber trifft, die die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllen, umstritten.

42

Die eine Meinung stellt auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des angestrebten umfassenden Schwerbehindertenschutzes durch Verfahren besonders ab, nach dem es nicht darauf ankomme, ob der Arbeitgeber die Beschäftigungsquote bereits erfülle (Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 104; Knittel SGB IX Kommentar 6. Aufl. § 81 Rn. 73; Deinert in Deinert/Neumann Handbuch SGB IX 2. Aufl. § 17 Rn. 89 f.; Großmann GK-SGB IX Stand Dezember 2012 § 81 Rn. 178; Gutzeit in BeckOK Sozialrecht SGB IX Stand 1. Dezember 2012 § 81 Rn. 7; iE auch LAG München 25. Juni 2012 - 7 Sa 1247/10 - BeckRS 2012, 75317; LAG Hessen 7. November 2005 - 7 Sa 473/05 - NZA-RR 2006, 312). Die Gegenmeinung stellt stärker auf den Wortlaut des Gesetzes und die Gesetzessystematik ab (Diller NZA 2007, 1321, 1323; Fabricius in jurisPK-SGB IX Stand 16. Juli 2012 § 81 Rn. 17 f.; FKS-SGB IX/Faber 2. Aufl. § 81 Rn. 23; Müller-Wenner in Müller-Wenner/Winkler SGB IX Teil 2 2. Aufl. § 81 Rn. 24; LAG Hessen 28. August 2009 - 19/3 Sa 340/08 - Rn. 55, DÖD 2010, 79; wohl auch Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 81 Rn. 8 f.).

43

bb) Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Förderpflichten des § 81 SGB IX grundsätzlich als an alle Arbeitgeber gerichtet verstanden, also nicht nur an diejenigen, die die Beschäftigungsquote nicht erfüllt haben. Davon hat er aber ausdrücklich das Erörterungsverfahren, wie durch § 81 Abs. 1 Satz 7 bis Satz 9 SGB IX vorgeschrieben, ausgenommen(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 50, AP AGG § 15 Rn. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

44

cc) Dieser Auffassung folgt der Senat. Für sie sprechen der Wortlaut der Norm sowie systematische Erwägungen. Auch wenn der Gesetzgeber dies nicht durch die Stellung in einem gesonderten Absatz klargestellt hat, stehen die Regelungen in § 81 Abs. 1 Satz 7 bis Satz 9 SGB IX in einem inneren Zusammenhang. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine der in § 93 SGB IX genannten Vertretungen mit der beabsichtigten Entscheidung nicht einverstanden, so ist diese gemäß § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX zunächst unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Der Gesetzgeber sieht demnach dann, wenn der Arbeitgeber seine gesetzliche Beschäftigungspflicht nicht erfüllt, eine weitergehende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrats etc. vor. Auf den Abschluss dieses besonderen Erörterungsverfahrens bezieht sich § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX. Dies wird daran deutlich, dass dort von der „getroffenen Entscheidung“ gesprochen wird, während in § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX von der „beabsichtigten Entscheidung“ die Rede ist. Systematisch wäre es auch unstimmig, auf der einen Seite generell nur eine Unterrichtungspflicht gegenüber der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat anzunehmen (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), auf der anderen Seite aber stets eine Pflicht zur Darlegung der Gründe der getroffenen Entscheidung ihnen gegenüber zu postulieren, obwohl die Entscheidung zuvor mit ihnen nicht erörtert werden musste (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX) und die Schwerbehindertenvertretung oder der Betriebsrat auch nicht notwendig gegen die beabsichtigte Entscheidung gestimmt haben müssen (vgl. auch Diller NZA 2007, 1321, 1323 Fn. 14).

45

e) Der Deutsche Bundestag hat auch die Beschäftigungspflicht gemäß § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt. Dies hat die Klägerin zwar mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten ist aber, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an dieser Stelle nicht ausreichend.

46

Nach § 22 AGG hat zunächst die anspruchstellende Partei Indizien darzulegen und zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Nach dem deutschen Zivilprozessrecht einschließlich des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens trägt derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Die Darlegungslast entspricht dabei grundsätzlich der Beweislast, dh. derjenige, dem die Beweislast obliegt, muss zunächst die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen. Zu diesen gehört bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot auch die Tatsache, dass die ungünstigere Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Der im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltende Beibringungsgrundsatz verlangt einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Parteien (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 15, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Beruft sich die klagende Partei wie hier darauf, dass es der Arbeitgeber entgegen seiner Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX versäumt habe, den abgelehnten Bewerber unverzüglich über die Gründe der getroffenen Entscheidung zu informieren, so gehört zu einem schlüssigen Vortrag die Darlegung, dass die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllt wurde, weil nur in diesem Fall eine Unterrichtungspflicht besteht. Die Klägerin hätte sich daher konkret zu der Quote äußern müssen und hätte sich nicht bloß darauf beschränken dürfen, die Angaben der Beklagten mit Nichtwissen zu bestreiten.

47

Dabei wird nicht verkannt, dass es der Klägerin im vorliegenden Fall schwerfallen dürfte, die entsprechenden Informationen über die Erfüllung der Quote nach § 71 Abs. 1 SGB IX zu erlangen, während diese Informationen die Beklagte ohne weiteres besitzt. Es gibt keinen Grundsatz, wonach diejenige Partei die Darlegungs- und Beweislast trägt, die über die maßgeblichen Informationen verfügt. Die Beweislastverteilung bedarf grundsätzlich einer normativen Regelung. § 22 AGG trägt bereits der Situation Rechnung, dass dem Anspruchsteller im Regelfalle die vollständige Beweisführung, dass das Motiv für die ungünstigere Behandlung ein in § 1 AGG genannter Grund ist, nicht möglich ist und er damit regelmäßig keine Tatsachen vortragen kann, die dazu führen, dass das Gericht das Vorliegen des Benachteiligungsgrundes als wahr erachtet(BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 19, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Ein abgelehnter Stellenbewerber, der meint, unter Verstoß gegen § 7 AGG diskriminiert worden zu sein, genügt seiner Darlegungslast bzgl. der behaupteten Benachteiligung deshalb nicht dadurch, dass er lediglich vorträgt, er habe sich beworben, sei unberücksichtigt geblieben und erfülle das in der Ausschreibung geforderte Anforderungsprofil sowie zumindest eines der in § 1 AGG genannten Merkmale. Allein ein solcher Sachvortrag verpflichtet den Arbeitgeber nicht zur Darlegung, welche Personalentscheidung er letztlich getroffen hat und aus welchen Gründen (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 18, aaO).

48

Auch aus dem Unionsrecht kann keine über die gesetzlich normierte Regelung in § 22 AGG hinausgehende Beweiserleichterung abgeleitet werden. Insbesondere steht dem abgelehnten Bewerber grundsätzlich kein Auskunftsanspruch über die Einzelheiten des Auswahlverfahrens zu (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 46, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 24 = EzA AGG § 22 Nr. 5; zuvor bereits EuGH 21. Juli 2011 - C-104/10 - [Kelly] Rn. 39, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 97/80 Nr. 1).

49

3. Die Fragen der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten nach den Auswirkungen der Schwerbehinderung der Klägerin für die vorgesehene Tätigkeit im Vorstellungsgespräch am 20. August 2010 begründen keine Indizwirkung iSd. § 22 AGG.

50

a) Es kann dahinstehen, ob der Arbeitgeber (oder die von ihm zur Leitung des Vorstellungsgesprächs bestellte Person als Erfüllungsgehilfe iSd. § 278 BGB) verpflichtet ist, bei einer während des Vorstellungsgesprächs nach dem AGG unzulässig gestellten Frage einzugreifen und sie zu unterbinden. Nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX hat die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen. Auch bei diesem Teil ihrer Arbeit besitzen die Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX. Grundsätzlich tritt daher die Schwerbehindertenvertretung auch bei Vorstellungsgesprächen unabhängig vom Arbeitgeber auf, ein Weisungsrecht besteht nicht.

51

b) Vorliegend hat allerdings die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten im Vorstellungsgespräch vom 20. August 2010 keine unzulässigen oder eine Indizwirkung iSv. § 22 AGG auslösenden Fragen gestellt.

52

aa) Die Klägerin wurde nicht unmittelbar nach ihrer Schwerbehinderung gefragt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten Frau L in dem Gespräch die Klägerin fragte, ob sie spezielle Hilfsmittel bei der Ausübung der angestrebten Tätigkeit benötige und ob sie in der Lage sei, Überstunden zu leisten. Das Revisionsgericht ist an diese Feststellung gebunden, die Beklagte hat diesbezüglich auch keine Verfahrensrügen erhoben (§ 559 Abs. 2 ZPO). Damit steht fest, dass die Klägerin nicht nach der der Behinderung zugrunde liegenden Ursache gefragt wurde und auch nicht unmittelbar nach der Schwerbehinderung. Es besteht daher keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob nach dem AGG die Frage nach der Schwerbehinderung generell unzulässig ist (offengelassen auch von BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - Rn. 17, AP BGB § 123 Nr. 70 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 11; verneinend für den Fall des mindestens sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnisses jüngst BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 14, AP SGB IX § 85 Nr. 9 = EzA AGG § 3 Nr. 7). Im Übrigen war der Beklagten bereits durch die Bewerbung bekannt, dass die Klägerin mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert ist.

53

bb) Die Frage, ob die Klägerin in der Lage sei, Überstunden zu leisten, stellt kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung dar. Die Frage knüpft auch bei einer Betrachtung nach dem Empfängerhorizont weder unmittelbar noch mittelbar an die Schwerbehinderung der Klägerin an. Sie zielt darauf ab, dass sich der Arbeitgeber allgemein ein Bild über die Einsatzfähigkeit in Bezug auf die geplante Stellenbesetzung machen kann. Das Ableisten von Überstunden ist nicht nur bei Schwerbehinderten uU problematisch, sondern auch bei Müttern oder Vätern in Bezug auf die Kinderbetreuung oder bei einem Bewerber mit einem von der Arbeitsstelle weit entfernten Wohnsitz.

54

Ob die Frage gegenüber einem dem Arbeitgeber bekannt schwerbehinderten Bewerber nach dem Bedarf nach Hilfsmitteln ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung sein kann, ist von der Würdigung der Umstände im Einzelfall abhängig. Die Frage zielt aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers in erster Linie darauf ab, in Erfahrung zu bringen, wie der Arbeitsplatz im Falle einer positiven Entscheidung für den Bewerber einzurichten ist. Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX ist der Arbeitsplatz eines Schwerbehinderten mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen auszustatten. Der Arbeitgeber will erkennbar die Pflichten aus dem SGB IX erfüllen, wenn er nach eventuell benötigten Hilfsmitteln fragt.

55

4. Für eine Zurücksetzung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung spricht auch nicht das Schreiben des Bundespräsidialamtes vom 8. Dezember 2009 an den Deutschen Bundestag, da dieses Schreiben anonym gehalten war, sodass eine Zuordnung zu der Klägerin nicht erfolgen konnte. Das Landesarbeitsgericht hat dem Schreiben demnach zu Recht keinerlei Indizwert zuerkannt.

56

5. Die Klägerin hat auch keine Indizien vorgebracht, die für eine Benachteiligung wegen ihres Alters sprechen.

57

Ein abgelehnter Stellenbewerber genügt seiner Darlegungslast bzgl. der behaupteten Benachteiligung nicht allein dadurch, dass er vorträgt, er habe sich beworben, sei unberücksichtigt geblieben und erfülle das in der Ausschreibung geforderte Anforderungsprofil sowie zumindest eines der in § 1 AGG genannten Merkmale(BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 18, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Allein das Vorliegen eines Diskriminierungsmerkmals iSd. § 1 AGG in der Person des angeblich Benachteiligten reicht für die Annahme des Kausalzusammenhangs mit der Ablehnung nicht aus(BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 7 = EzA AGG § 22 Nr. 4). Es ist deshalb ungenügend, wenn die Klägerin ihre weniger günstige Behandlung allein in dem Altersunterschied in Bezug auf die letztlich erfolgreiche Bewerberin Frau N sieht. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin sich auf eine Benachteiligung wegen ihrer Weltanschauung berufen will.

58

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wankel    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - klarstellend wie folgt neu gefasst wird:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2010 - 11 Ca 7932/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 2.700,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben Kläger und Beklagte je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung bei einer Bewerbung.

2

Der Kläger war nach dem Abschluss der Berufsausbildung zum Elektroinstallateur ua. als Pförtner und Fahrer von Oktober 1987 bis Dezember 1990 tätig. In den Folgejahren arbeitete er ua. als Monteur, legte die Meisterprüfung als Elektroinstallateur ab und arbeitete als Haushandwerker und Fahrer von Juli 1999 bis Dezember 2006. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60.

3

Am 18. März 2004 hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) mit der Hauptschwerbehindertenvertretung des BMI, der Hauptschwerbehindertenvertretung des Bundesgrenzschutzes (BGS), den jeweiligen Hauptpersonalräten, der Schwerbehindertenvertretung des BMI, dem Personalrat des BMI und der Gleichstellungsbeauftragten eine „Rahmenvereinbarung zur Integration schwerbehinderter und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschließlich BGS) gemäß § 83 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch (SGB IX)“(im Folgenden: Rahmenintegrationsvereinbarung) geschlossen. In dieser Rahmenvereinbarung ist ua. das Folgende geregelt:

        

1. Präambel

        

(1) Schwerbehinderte Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschl. BGS)1 sind wie alle anderen Beschäftigten leistungsfähig und leistungsbereit. ...

        

(2) Mit dieser Rahmenintegrationsvereinbarung werden die Maßnahmen und Möglichkeiten aufgezeigt, die die beruflichen Chancen und die konkreten Arbeitsbedingungen dieser Kolleginnen und Kollegen in der Dienststelle weiter verbessern sollen. ...

        

(3) Alle beteiligten Stellen und Personen sind verpflichtet, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der vorhandenen Möglichkeiten den Anliegen der schwerbehinderten Menschen verständnisvoll, sach- und behindertengerecht zu begegnen. Soweit der Dienststelle vom Gesetzgeber ein Ermessensspielraum zugestanden wird, sollte dieser im Interesse der schwerbehinderten Beschäftigten möglichst großzügig gehandhabt werden.

                 
        

2. Ziele

        

(1) Nach Art. 3 Abs. 3 GG unterliegen behinderte Menschen dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Die Dienststelle wahrt die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten und berücksichtigt ihre Belange bei allen Maßnahmen, von denen sie berührt sind.

        

(2) Schwerbehinderte Beschäftigte dürften bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Dienst-, Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg oder bei einer Kündigung nicht wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt werden. ...

                 
        

4. Personalmanagement

        

…       

        

4.2.4 Einstellung

        

…       

        

(3) Hinsichtlich der sonstigen Eignung, insbesondere der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, gilt uneingeschränkt das Leistungsprinzip im Wettbewerb mit anderen nichtbehinderten Bewerbern.

        

…       

        

(5) Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber sind zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung auf Grund bestehender Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Von einer Einladung zum Auswahlverfahren ist abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass die Bewerberin oder der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Der Personalrat ist vor dieser Entscheidung anzuhören.

        

…       

        

(7) Die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen wird durch andere gesetzliche Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personengruppen nicht berührt (§ 122 SGB IX).

        

…       

        

12 Schlussbestimmungen und Inkrafttreten

        

...     

        

(2) Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.“

4

Die dem Bundesministerium des Innern unterstellte B schrieb am 13. März 2009 eine Stelle als Pförtner/in, Wächter/in aus. In der Ausschreibung heißt es:

        

„...   

        

Die B hat zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Dienstposten für Tarifbeschäftigte im Sachbereich 37 (Zentraler Dienst) für den Pförtner- und Wachdienst zu besetzen und sucht deshalb

        

eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter.

        

Die Tätigkeit ist mit der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet.

        

Das Aufgabengebiet beinhaltet:

        

•       

Kontrolle des ein- und ausgehenden Personenverkehrs sowie des ein- und ausfahrenden Kfz-Verkehrs einschließlich Kontrolle der entsprechenden Ausweise sowie der Berechtigung zum Aufenthalt in der Liegenschaft

        

•       

Empfang und Anmeldung von Besuchern, Erteilen von Auskünften

        

•       

Bestreifung des Geländes der Liegenschaft F

                 
        

Anforderungen:

        

•       

Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung in Form eines Regeldienstes rund um die Uhr (Früh-, Spät- und Nachtdienst)

        

•       

gepflegtes Erscheinungsbild, überzeugendes und sicheres Auftreten sowie gute Umgangsformen

        

•       

körperliche Eignung

        

•       

gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift

        

•       

Erfahrungen oder Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes vorteilhaft

        

•       

Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe

        

•       

Führungszeugnis ohne Eintrag (braucht in der Bewerbung noch nicht vorgelegt werden!)

                 
        

Eine Besetzung mit Teilzeitkräften ist grundsätzlich möglich. Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung gemäß den dienstlichen Erfordernissen wird vorausgesetzt.

        

Die B ist bestrebt, den Frauenanteil zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen sind besonders erwünscht. Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung werden Frauen nach Maßgabe des Bundesgleichstellungsgesetzes bevorzugt berücksichtigt.

        

Im Rahmen der Stellenbesetzungen werden die Gleichstellungsbeauftragte und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten beteiligt. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt, es wird ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt.

        

...“   

5

Mit Schreiben vom 16. März 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle. Auszugsweise lautet die Bewerbung des Klägers wie folgt:

        

„Ich bin 43 Jahre alt und habe ausreichend Berufserfahrung im Fahr- und Pfortendienst inclusive Personen- und Zugangskontrolle. Durch diese Berufserfahrung und meine bisherigen Qualifikationen fühle ich mich bestens geeignet, die von Ihnen ausgeschriebene Stelle ideal zu besetzen.

        

Bereits bei meiner Tätigkeit als Fahrer/Pförtner beim S in Be, habe ich die Hauptaufgaben in diesem Arbeitsbereich frühzeitig kennen gelernt. Durch meine langjährige Berufserfahrung verfüge ich über umfangreiche Kenntnisse in der Personen- und Fahrzeugkontrolle sowie in der mündlichen bzw. telefonischen Auskunftserteilung und als Lotse bezüglich der Besuchereinweisung vor Ort innerhalb der Liegenschaften. Aufgaben, wie die Zustellung und Beförderung der Post, sowie der Personentransport im städtischen und ländlichen Bereich, gehörten auch zu meinen täglichen Schwerpunktaufgaben. Ich bin im Besitz aller Führerscheinklassen.

        

Wörter, wie Diskretion, Verlässlich- und Pünktlichkeit sind keinesfalls fremd für mich, genauso wie ein gepflegtes Äußeres und ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Loyalität. Meine vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60 würde mich weder körperlich noch geistig für die geforderten Aufgaben in Ihrem Hause einschränken, so dass ich gerne meine Fähig- und Fertigkeiten bei Ihnen einbringen würde.

        

Der von Ihnen beschriebene Arbeitseinsatz im Schichtdienst kommt meiner derzeitigen Lebenssituation entgegen.“

6

Zu den dem Bewerbungsschreiben beigefügten Unterlagen gehörte ua. auch eine Kopie des Schwerbehindertenausweises des Klägers. Auf dem Ausweis ist maschinenschriftlich ein GdB von 50 befristet bis März 2007 und handschriftlich ein GdB von 60 seit dem 29. Juni 2004 mit einem eingestempelten Gültigkeitsdatum bis Januar 2022 vermerkt.

7

Im Rahmen des Auswahlverfahrens für die zu besetzende Stelle beteiligte das BMI seine Zentralabteilung, die Schwerbehindertenvertretung, die Gleichstellungsbeauftragte sowie den Personalrat. Zwischen diesen herrschte Einvernehmen darüber, dass der Kläger für die Stelle wegen offensichtlich fehlender Eignung nicht in Betracht komme. Von seiner Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wurde deshalb abgesehen. Zu Vorstellungsgesprächen wurden neben fünf Männern auch fünf Frauen eingeladen. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zum Bewerbungsverfahren bewarben sich auf die ausgeschriebene Stelle neben dem Kläger auch weitere schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Bewerber, die ebenfalls nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden.

8

Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 teilte die B dem Kläger mit, dass man sich im Auswahlverfahren für eine Bewerberin entschieden habe.

9

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2009 die B aufgefordert hatte, ihn bei der Besetzung der Stelle zu berücksichtigen, machte er mit Schreiben vom 18. Juni 2009 Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche iHv. sechs Monatsgehältern wegen der Nichteinstellung geltend. Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2009 entgegen.

10

Mit seiner am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 28. September 2009 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Entgeltgruppe 3, Stufe 2, des TVöD in Anspruch.

11

Der Kläger vertritt die Ansicht, die nicht erfolgte Einladung zum Vorstellungsgespräch sei ein Indiz dafür, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Da ihm die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt habe, wäre er einzuladen gewesen. Auf das Absehen von einer Einladung aufgrund Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da sonst § 82 SGB IX umgangen würde.

12

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.723,28 Euro zu zahlen.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Sie macht geltend, der Kläger habe im Bewerbungsverfahren seine Schwerbehinderteneigenschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Außerdem seien wegen § 19 Haushaltsgesetz 2009 Versetzungsbewerber und wegen § 7 BGleiG bevorzugt Frauen zu berücksichtigen gewesen, da diese unterrepräsentiert gewesen seien. Der Kläger sei zudem deshalb nicht eingeladen worden, weil den Unterlagen kein Hinweis auf eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO zu entnehmen gewesen sei. Vor allem habe eine Einladung zum Vorstellungsgespräch deshalb unterbleiben dürfen, weil nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 Einvernehmen bestanden habe, dass der Kläger für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht komme. Jedenfalls treffe die Beklagte weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 2.700,00 Euro verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.723,28 Euro.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, während die Anschlussrevision des Klägers unzulässig ist.

17

A. Sein Urteil, mit dem es die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 2.700,00 Euro an den Kläger verurteilt hat, hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger sei wegen eines Merkmals iSd. § 1 AGG, nämlich seiner Behinderung, benachteiligt worden(§ 7 Abs. 1 AGG). Dafür habe er mit der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch (§ 82 SGB IX) ein ausreichendes Indiz vorgetragen. Die fachliche Eignung habe dem Kläger nicht offensichtlich gefehlt, da er das nach der Stellenausschreibung erforderliche Anforderungsprofil erfülle. Eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO werde dort nicht verlangt. Die Beklagte habe die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht entkräftet. Insbesondere könne sie sich nicht erfolgreich darauf berufen, die am Einstellungsverfahren Beteiligten seien übereinstimmend der Auffassung gewesen, der Kläger sei offensichtlich nicht geeignet. Die Rahmenintegrationsvereinbarung sei nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da mit ihr in unzulässiger Weise der Rechtsschutz schwerbehinderter Menschen beschnitten werde. Es werde mit Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung der Eindruck erweckt, eine gerichtliche Überprüfung der Voraussetzungen einer offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung sei nicht mehr möglich. Dies unterlaufe den allgemeinen Justizgewährungsanspruch. Auch § 15 Abs. 3 AGG sei zugunsten der Beklagten nicht einschlägig. Ob § 15 Abs. 3 AGG gegen EU-Richtlinien verstoße, könne dahinstehen, denn die Beklagte treffe jedenfalls der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens. Die Beklagte habe an der Rahmenintegrationsvereinbarung selbst mitgewirkt. Sie hätte erkennen müssen, dass kollektiv-rechtliche Regelungen, die den Zugang zu den Gerichten beschneiden, verfassungswidrig sind.

18

In Anbetracht von Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer, ihrer Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit und der Genugtuungsfunktion sowie der Notwendigkeit einer abschreckenden Wirkung der zuzusprechenden Entschädigung sei vorliegend eine solche in Höhe von 2.700,00 Euro angemessen.

19

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Teilen der Begründung, wohl aber im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

20

B. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

21

I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG) und nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger zur Begründung der Klage wiederholt den Begriff „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere kann der Klagebegründung nicht entnommen werden, dass der Kläger einen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum wegen unterbliebener Einstellung begehrt. Auch behauptet er nicht, er wäre als am besten geeigneter Bewerber von der Beklagten einzustellen gewesen. Mit der von ihm angegebenen Klageforderung von 5.723,28 Euro hat der Kläger ausdrücklich drei Monatsgehälter ersichtlich als Entschädigung iSv. § 15 Abs. 2 AGG gefordert.

22

II. Die Klage ist in Höhe des ausgeurteilten Betrags (2.700,00 Euro) begründet.

23

1. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines Pförtners/Wächters bzw. einer Pförtnerin/Wächterin im Frühjahr 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld.

24

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Für den Bewerberbegriff kommt es dabei weder auf die objektive Eignung (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12) noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an. An der subjektiven Ernsthaftigkeit bestehen unabhängig davon keine Zweifel. Das Fehlen einer solchen würde auch nur zum Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers führen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/11 -).

25

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Dies trifft auf die Beklagte aufgrund der Stellenausschreibung zu.

26

2. Der Kläger hat seinen Anspruch innerhalb der Fristen des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

27

a) Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mittels Schreibens der B vom 11. Mai 2009 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 machte der Kläger Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend. Damit hat er die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt. Unerheblich ist, ob der Kläger sein Schreiben vom 18. Juni 2009 unterschrieben hat. Das Schriftformgebot des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB, ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Für die Textform nach § 126b BGB muss zwar - neben der Nennung der Person des Erklärenden - der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Hierzu genügt aber eine Grußformel oder die Nennung des Namens am Textende (vgl. MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126b BGB Rn. 6; Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 126b Rn. 5). Diesen Erfordernissen genügt das Schreiben vom 18. Juni 2009 mit der Grußformel am Textende unter Namensnennung. Nicht erforderlich war, dass der Kläger die Entschädigungsforderung bezifferte (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

28

b) Die am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangene Klage, die der Beklagten am 28. September 2009 zugestellt wurde, hat die Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Sie wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben. Für die Fristwahrung genügte gemäß § 167 ZPO der Eingang der Klage beim Arbeitsgericht, weil deren Zustellung demnächst erfolgte(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6, zu § 611a BGB aF).

29

3. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen einen Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vermuten.

30

a) Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. § 15 Abs. 2 AGG enthält nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

31

b) Der Kläger hat eine Benachteiligung im Hinblick auf seine Behinderung erfahren.

32

aa) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Der Kläger, für den seit dem 10. April 2003 ein Grad der Behinderung von 50 und seit dem 29. Juni 2004 ein Grad der Behinderung von 60, dh. eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

33

bb) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die eingestellte Bewerberin. Weniger günstig war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen Bewerbern/innen. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung, liegt bereits vor, wenn der Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

34

cc) Der Kläger und die letztlich eingestellte Bewerberin befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

35

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

36

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO).

37

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

38

Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 - BVerfGK 12, 284). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO).

39

Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

40

Unter Beachtung dieser Grundsätze bestehen unter Zugrundelegung des Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung vom 13. März 2009 an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter gesucht und dazu ein Anforderungsprofil aufgestellt, wonach die Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, ein gepflegtes Erscheinungsbild, ein überzeugendes und sicheres Auftreten, gute Umgangsformen, körperliche Eignung, gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, die Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe und ein Führungszeugnis ohne Eintrag verlangt wurde. Erfahrungen oder eine Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes waren nach dem Anforderungsprofil nicht vorausgesetzt, sondern nur vorteilhaft. Fachliche Voraussetzungen werden mit dem Anforderungsprofil nicht aufgestellt. Der Kläger hatte in der Vergangenheit bereits als Pförtner gearbeitet und ausweislich seines Bewerbungsschreibens umfangreiche Kenntnisse im Bereich von Personen- und Fahrzeugkontrollen. Im Hinblick auf die vom Kläger in der Vergangenheit verrichteten Tätigkeiten und ausweislich der Angaben des Klägers im Bewerbungsschreiben ist auch von seiner körperlichen Eignung auszugehen. Auch die Beklagte zieht diese nicht in Zweifel. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung keine Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO abgelegt hatte, ist im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant. Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger die Anforderungen im Erscheinungsbild und Auftreten erfüllt, zumal etwaige Defizite in diesen Bereichen nur in einem Vorstellungsgespräch hätten festgestellt werden können.

41

c) Die Beklagte behandelte den Kläger auch wegen seiner Behinderung weniger günstig.

42

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund, dh. die Behinderung, das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

43

bb) Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist. Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

44

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich, in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

45

dd) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht zunächst angenommen, als ein Indiz für einen Kausalzusammenhang stelle sich die unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch dar.

46

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

47

Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass die Pflicht, den Kläger zum Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung entfallen war.

48

Ein schwerbehinderter Bewerber muss bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl komme, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach dem Gesetzesziel einladen. Der schwerbehinderte Bewerber soll den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

49

Auch für die Frage, ob dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist im öffentlichen Dienst auf die veröffentlichte Stellenbeschreibung abzustellen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1), denn mit dem veröffentlichten Anforderungsprofil bestimmt der öffentliche Arbeitgeber den Umfang seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135).

50

Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger habe die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger erfüllt die Anforderungen der Stellenbeschreibung, die keine besonderen Anforderungen an Fähigkeiten und Kenntnisse stellt. Auch die Beklagte behauptet nicht, der Kläger erfülle eine oder mehrere Anforderungen der veröffentlichten Stellenbeschreibung nicht. Auf eine fehlende Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO kann sich die Beklagte nicht erfolgreich berufen, da in der Stellenausschreibung eine solche nicht verlangt wird.

51

Dem Landesarbeitsgericht ist jedoch nicht dahin zu folgen, dass Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung wegen § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Rahmenintegrationsvereinbarung keine zuungunsten des schwerbehinderten Bewerbers von § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX abweichende Regelung enthält. Weder nach § 82 Satz 3 SGB IX noch nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung durfte eine Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch unterbleiben.

52

Das Landesarbeitsgericht hat Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung zu Unrecht entnommen, abweichend von § 82 Satz 3 SGB IX sei dort der Beklagten die Befugnis eingeräumt, von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt.

53

Nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung sind schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung aufgrund bestehender Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Damit knüpft Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung an die bestehende Rechtslage nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX an. Die die Rahmenintegrationsvereinbarung abschließenden Parteien gehen vom gesetzlichen Regel-/Ausnahmeverhältnis aus. Die Einladung zum Vorstellungsgespräch/Die Zulassung zum Auswahlverfahren ist der Regelfall, der Ausschluss wegen offensichtlicher Nichteignung die Ausnahme. Dabei wird auch die gesetzliche Terminologie der offensichtlich fehlenden Eignung aufgegriffen, sodass davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien den gesetzlichen Begriff der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung aus § 82 Satz 3 SGB IX zugrunde gelegt und dieses Begriffsverständnis zum Inhalt der Rahmenintegrationsvereinbarung gemacht haben. Damit ist die Eignung am veröffentlichten Stellenprofil zu messen. Die in der Rahmenintegrationsvereinbarung angesprochenen Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen können daher nur dann maßgeblich sein, wenn diese in das veröffentlichte Stellenprofil Eingang gefunden haben.

54

Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung schränkt dies nicht ein, sondern soll den gesetzlich bestehenden Schutz vielmehr erweitern. Zwar ist nach Satz 2 von einer Einladung zum Auswahlverfahren abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Diese Regelung ist aber nicht so zu verstehen, dass auch bei Nichtvorliegen einer offensichtlichen Nichteignung aufgrund eines Einvernehmens der genannten Stellen von einer Einladung zum Auswahlverfahren/Vorstellungsgespräch abgesehen werden darf. Schon in Abs. 2 der Präambel der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass mit dieser die beruflichen Chancen und konkreten Arbeitsbedingungen in der Dienststelle „weiter verbessert“ werden sollen. In Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass die Dienststelle die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten wahrt und bei allen Maßnahmen deren Belange berücksichtigt. Hieraus ergibt sich, dass der gesetzliche Mindestschutz des § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX nicht unterschritten, sondern durch die Rahmenintegrationsvereinbarung ein höheres Schutzniveau gewährleistet werden soll. Vor allem ergibt sich dies aus deren Ziff. 12 Abs. 2. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen durch die Rahmenintegrationsvereinbarung nicht berührt werden. Dadurch haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass ein Abweichen von gesetzlichen Vorschriften zuungunsten Schwerbehinderter - unabhängig davon, inwieweit dies überhaupt rechtlich zulässig wäre - nicht beabsichtigt ist. Damit kommt es auch nach der Rahmenintegrationsvereinbarung für die Frage der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung auf das veröffentlichte Anforderungsprofil an. Von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch darf nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung deshalb nur dann abgesehen werden, wenn zusätzlich zur offensichtlich vorliegenden fehlenden Eignung Einvernehmen zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter über diese Nichteignung besteht. Da dem Kläger aber die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte, war der Kläger auch nach den Regeln der Rahmenintegrationsvereinbarung einzuladen.

55

ee) Eine Pflichtverletzung nach § 82 Satz 2 SGB IX ist als Indiz im Sinne von § 22 AGG nur dann geeignet, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder sich der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls ist der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Es obliegt dem abgelehnten Bewerber deshalb darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen können.

56

Dies hat der Kläger getan. Er hatte die Beklagte auf die bestehende Schwerbehinderteneigenschaft in seinem Bewerbungsschreiben hingewiesen. Dort heißt es, dass ihn die „vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60“ weder körperlich noch geistig für die Aufgaben einschränkt. Auch die Beklagte hatte den Kläger im Bewerbungsverfahren als schwerbehinderten Menschen geführt, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen zur Erfassung der Bewerber ergibt.

57

ff) Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen dessen Behinderung nicht widerlegt.

58

Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (auch) auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war.

59

Für die Frage, welche Tatsachen geeignet sind, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen, sind die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19) und die gesetzlichen Regelungen des SGB IX zu beachten. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 82 Satz 2 SGB IX, der das Recht schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen auf ein benachteiligungsfreies Bewerbungsverfahren schützt(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren, wenn nicht sowieso bereits eine offensichtlich fehlende fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3 SGB IX vorgelegen und deshalb die Einladung entbehrlich gemacht hat. Dies folgt aus dem insoweit abschließenden Charakter des § 82 Satz 3 SGB IX. Der öffentliche Arbeitgeber darf daher von der Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers im Hinblick auf die fachliche Eignung nur dann absehen, wenn er vorab ein diskriminierungsfreies und sachlich gerechtfertigtes Anforderungsprofil erstellt hat (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO) und der Bewerber dieses offensichtlich nicht erfüllt.

60

Für eine mögliche Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung ist auch die in § 122 SGB IX getroffene Regelung zu beachten, wonach die Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach den besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen entbinden. Die Vorschrift regelt das Verhältnis der Regelungen des SGB IX über die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen für andere besonders schutzbedürftige Personen (vgl. FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 1). § 122 SGB IX stellt klar, dass sich der Arbeitgeber nicht dadurch von seinen Verpflichtungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen entlasten kann, dass er auf seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber anderen schutzbedürftigen Personen verweist(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 3). Die Regelung spricht zwar nur von „Beschäftigung“ schwerbehinderter Menschen - im Gegensatz zur „Einstellung und Beschäftigung“ der anderen Personenkreise - jedoch ist der Begriff „Beschäftigung“ nach Sinn und Zweck der Norm weit zu verstehen. Er umfasst daher auch die Besetzung von Arbeitsplätzen und die Einstellung von Arbeitnehmern (vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 5; Faber aaO Rn. 4; Lampe GK-SGB IX Stand Januar 2012 § 122 Rn. 12; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand November 2011 K § 122 Rn. 4). Damit konkretisiert § 122 SGB IX das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG(vgl. Masuch aaO). Ob § 122 SGB IX eine Vorrangregelung zugunsten Schwerbehinderter darstellt(dagegen: ErfK/Rolfs 12. Aufl. § 122 SGB IX Rn. 1; Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 122 Rn. 3; aA Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 122 Rn. 6), kann dahinstehen. Jedenfalls folgt aus § 122 SGB IX das Verbot, die Pflichten gegenüber schwerbehinderten Menschen aus Anlass von Verpflichtungen gegenüber anderen Personen zu missachten(vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 10; Masuch aaO Rn. 6; Faber aaO Rn. 6). Das hat zur Folge, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht mit der Begründung, allein die Förderung anderer Personenkreise habe seine Entscheidung motiviert und die Behinderung sei daher in keiner Weise ein Kriterium für den Ausschluss eines schwerbehinderten Bewerbers vom Vorstellungsgespräch gewesen, den Entlastungsbeweis nach § 22 AGG führen kann.

61

Zunächst kann sich die Widerlegung der Benachteiligungsvermutung nicht aus einer besseren Eignung der tatsächlich eingestellten Bewerberin ergeben. Denn die bessere Eignung schließt die Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG. Danach ist selbst dann eine Entschädigung zu leisten, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Im Übrigen bewirken Fragen der fachlichen Eignung keine Entlastung des Arbeitgebers nach § 22 AGG, weil § 82 Satz 3 AGG insoweit eine abschließende Regelung enthält(vgl. oben).

62

Die Einlassung der Beklagten, ausschlaggebend für die Nichteinladung des Klägers sei gewesen, dass sie § 19 Haushaltsgesetz 2009 und § 7 Bundesgleichstellungsgesetz(BGleiG) zu beachten hatte, ist nicht geeignet nachzuweisen, dass die Einladung aufgrund von nicht diskriminierenden Umständen unterblieben ist. In § 19 Haushaltsgesetz 2009, wonach freie Planstellen und Stellen vorrangig mit Bediensteten zu besetzen sind, die bei anderen Behörden der Bundesverwaltung wegen Aufgabenrückgangs oder wegen Auflösung der Behörde nicht mehr benötigt werden, ist eine Verpflichtung zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung eines bestimmten Personenkreises iSv. § 122 SGB IX getroffen. Diese entbindet die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. oben). Gleiches gilt für die in §§ 7, 8, 9 BGleiG und die dort zugunsten von Frauen getroffenen Regelungen(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 7; FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 5). § 7 BGleiG ordnet an, dass bei der Besetzung von Arbeitsplätzen in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, zu Vorstellungsgesprächen oder besonderen Auswahlverfahren mindestens ebenso viele Frauen wie Männer einzuladen sind, welche die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation aufweisen, sofern Bewerbungen von Frauen in ausreichender Zahl vorliegen. Damit war die Beklagte nach § 122 SGB IX aufgefordert, sowohl ihre Einladungspflicht nach § 7 BGleiG als auch nach § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Die Beklagte kann sich nicht durch einen Verweis auf ihre Pflicht zur Frauenförderung gegenüber dem schwerbehinderten Bewerber entlasten.

63

4. Ein Ausschluss der Haftung der Beklagten folgt nicht aus der Haftungsprivilegierung des § 15 Abs. 3 AGG. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte bei der Anwendung der Rahmenintegrationsvereinbarung grob fahrlässig gehandelt hat, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen. Vorliegend ist bereits der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 AGG nicht eröffnet.

64

Nach § 15 Abs. 3 AGG ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Unabhängig davon, ob eine Integrationsvereinbarung nach § 83 SGB IX eine kollektivrechtliche Vereinbarung im Sinne von § 15 Abs. 3 AGG darstellt und unabhängig von der Frage der Europarechtswidrigkeit des § 15 Abs. 3 AGG(offengelassen: BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1) kommt eine Anwendung von § 15 Abs. 3 AGG nach Sinn und Zweck deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger durch die falsche Anwendung der nicht diskriminierenden kollektivrechtlichen Regelung - nämlich der Rahmenintegrationsvereinbarung - benachteiligt worden ist(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 63; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 89a). Denn Grund für die in § 15 Abs. 3 AGG enthaltene Privilegierung ist, dass der Arbeitgeber für die Folgen einer diskriminierenden kollektivrechtlichen Vereinbarung, die er anwendet, nicht(allein) verantwortlich sein soll. Die falsche Anwendung einer diskriminierungsfreien Kollektivvereinbarung wird von § 15 Abs. 3 AGG dagegen nicht erfasst.

65

5. Der Ausschluss des Klägers vom Vorstellungsgespräch lässt sich auch nicht mit einer Förderung von Frauen nach §§ 7 ff. BGleiG als positive Maßnahme nach § 5 AGG rechtfertigen.

66

Zwar ermöglicht § 5 AGG kompensatorische Maßnahmen, um bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes auszugleichen. Soweit dabei aber mit der Förderung einer Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG zugleich eine Zurücksetzung einer anderen Gruppe verbunden ist, sind gesetzliche Konkurrenzregelungen zu beachten. Im Falle von schwerbehinderten bzw. diesen gleichgestellten Menschen hat der Gesetzgeber in § 122 SGB IX eine solche Konkurrenzregelung getroffen, die eine Zurücksetzung dieser Gruppe zugunsten einer anderen Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG ausschließt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 5 AGG Rn. 13; Schleusener/Suckow/Voigt-Voigt AGG 3. Aufl. Rn. 14; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 5 Rn. 4). In der Rahmenintegrationsvereinbarung wird hierauf in Ziff. 4.2.4 Abs. 7 Bezug genommen. Eine Förderung von Frauen unter Missachtung der Regelungen der §§ 81, 82 SGB IX ist folglich ausgeschlossen.

67

6. Das Landesarbeitsgericht hat die dem Kläger zustehende angemessene Entschädigung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 2.700,00 Euro bemessen.

68

a) § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

69

Da die Höhe der Entschädigung von einem Beurteilungsspielraum abhängt, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dabei ist revisionsrechtlich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob es gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - aaO).

70

b) Zwischen den Parteien war in den Tatsacheninstanzen nicht streitig, dass der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, sodass die Entschädigungshöhe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG auf maximal drei Monatsgehälter begrenzt ist. Der Kläger hat seine Klageforderung hieran ausgerichtet und drei Monatsgehälter á 1.907,76 Euro (Entgeltgruppe 3, Stufe 2 TVöD Bund) gefordert. Dies hat das Landesarbeitsgericht beachtet und im Übrigen Art und Schwere des Verstoßes, Folgen und Bedeutung für den Kläger und das Nichtvorliegen eines Wiederholungsfalles zutreffend gewürdigt und auf dieser Grundlage - revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - etwa die Hälfte der vom Kläger begehrten Entschädigung für angemessen erachtet.

71

C. Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Die Revisionsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

72

I. Die Anschlussrevision ist zwar in der Anschlussschrift vom 4. Februar 2011 begründet worden (§ 554 Abs. 3 ZPO). Für den notwendigen Inhalt dieser Begründung gelten dieselben Grundsätze wie für die Begründung der Revision. So müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - NZA 2011, 878; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119 - AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - aaO; 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

73

II. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Anschlussrevision nicht gerecht.

74

Das Landesarbeitsgericht hat dargelegt, aus welchen Gründen es dem Kläger eine Entschädigung iHv. von 2.700,00 Euro zugesprochen hat.

75

Die Anschlussschrift setzt sich insoweit mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts nicht auseinander. Zunächst wiederholt der Kläger nur bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsauffassungen in zusammengefasster Form, denen das Landesarbeitsgericht in weiten Teilen gefolgt war. Zur Entschädigungshöhe ist in der Anschlussschrift lediglich ausgeführt, diese müsse angemessen und geeignet sein, eine abschreckende Wirkung haben und im Verhältnis zu dem erlittenen Schaden stehen. Erstmals macht der Kläger in der Anschlussrevision geltend, es könne nicht gesagt werden, ob der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht hätte eingestellt werden müssen, weshalb von drei Monatsgehältern als Entschädigungsleistung auszugehen sei. Es wird nicht erläutert, worin der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts liegen soll, dem der Gesetzgeber als Tatsachengericht bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum eingeräumt hat, und in welcher Weise das Landesarbeitsgericht diesen Beurteilungsspielraum verkannt bzw. gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen haben soll.

76

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Januar 2014 - 1 Sa 61/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann absolvierte er ein Universitätsstudium der Betriebswirtschaftslehre und erwarb den Abschluss als Diplom-Kaufmann. Im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen eignete er sich weitere Qualifikationen im Bereich des Rechnungswesens und des Controllings an und war bei verschiedenen Arbeitgebern vornehmlich im Bereich Controlling tätig.

3

Mit einer am 29. Juli 2010 im Amtsblatt des Saarlandes veröffentlichten Stellenausschreibung schrieb das beklagte Land für den Bereich des damaligen Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr die Stelle einer/eines „Sachbearbeiterin/Sachbearbeiters des gehobenen Dienstes“ aus. In der Stellenausschreibung heißt es ua.:

        

„Der Sachbearbeiterin bzw. dem Sachbearbeiter obliegt insbesondere die zuwendungsrechtliche Abwicklung von Fördermaßnahmen, insbesondere in EU-kofinanzierten Bereichen.

        

Infrage kommen Bewerberinnen und Bewerber mit kaufmännischem bzw. betriebswirtschaftlichem Hochschulabschluss (FH oder Bachelor).“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 19. August 2010, dem ein Lebenslauf und eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt waren, auf diese Stelle. Das beklagte Land lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und teilte ihm mit Schreiben vom 5. November 2010 - dem Kläger zugegangen am 6. November 2010 - mit, dass es sich für einen anderen Bewerber entschieden habe.

5

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land geltend, er sei wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden und forderte die Zahlung einer Entschädigung iHv. zumindest drei Bruttomonatsverdiensten à 3.153,14 Euro, mithin einen Gesamtbetrag iHv. mindestens 9.459,42 Euro. Dieses Begehren verfolgt der Kläger nach Zurückweisung des Anspruchs durch das beklagte Land mit seiner Klage weiter.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land hätte ihn zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da er für die ausgeschriebene Stelle nicht etwa offensichtlich fachlich ungeeignet gewesen sei. Ein weiteres Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung sei die - unstreitig - unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Zudem sei davon auszugehen, dass die Stelle nicht bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden sei.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 9.459,42 Euro liegen sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. April 2011 zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dem Kläger keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu schulden. Der Kläger habe nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, da er aufgrund seiner Überqualifizierung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet gewesen sei. Die Stelle sei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden. Die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung beruhe auf einer Vereinbarung zwischen der Personalabteilung des Ministeriums und der Schwerbehindertenvertretung, wonach die Schwerbehindertenvertretung nur über Bewerbungen der in die nähere Auswahl kommenden Bewerber informiert werden müsse. Im Übrigen hätten sich auf die Ausschreibung insgesamt 72 Personen beworben, von denen 15 über einen Universitätsabschluss verfügten. Diese Personen seien im Auswahlverfahren von Anfang an nicht berücksichtigt worden. Diese Verfahrensweise werde für Stellen des „gehobenen“ Dienstes seit Jahren praktiziert; sie entspreche der Personalpolitik des Ministeriums. Ein universitärer Abschluss sei für Stellen des „höheren“, nicht aber für Stellen des „gehobenen“ Dienstes erforderlich. Er sei für Stellen des „gehobenen“ Dienstes auch nicht erwünscht. Andernfalls könne der Gefahr der Frustration der Bewerber selbst sowie der Gefahr eines Verdrängungswettbewerbs „von oben nach unten“ sowie von „Rangordnungskämpfen“ unter den Beschäftigten nicht wirksam begegnet werden. Zudem seien unter den Bewerbern, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden seien, auch zwei schwerbehinderte Menschen gewesen, was ebenfalls zeige, dass der Kläger nicht etwa wegen seiner Schwerbehinderung unberücksichtigt geblieben sei.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers - nach Beweisaufnahme - zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren nach Zahlung einer angemessenen Entschädigung weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

11

A. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung, die er mit mindestens 9.459,42 Euro bestimmt hat, angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 16; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16).

12

B. Die Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass das beklagte Land nicht verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Seine Annahme, der Kläger sei nicht wegen der Behinderung benachteiligt worden iSv. § 7 Abs. 1 AGG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe zwar Indizien dargelegt und nachgewiesen, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen (§ 22 AGG). Insoweit hat es festgestellt, das beklagte Land habe entgegen seiner Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 95 Abs. 2 SGB IX der beim Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr eingerichteten Schwerbehindertenvertretung die Bewerbung des Klägers nebst den dazugehörigen Bewerbungsunterlagen nicht vorgelegt. Zudem hat es zugunsten des Klägers unterstellt, dass das beklagte Land den Kläger entgegen der in § 82 Satz 2 SGB IX getroffenen Bestimmung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und dass es entgegen § 81 Abs. 1 Satz 2, § 82 Satz 1 SGB IX die Agentur für Arbeit von der freien Stelle nicht unterrichtet hat. Allerdings - so das Landesarbeitsgericht - habe das beklagte Land die Vermutung, der Kläger sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden, widerlegt. Das beklagte Land habe zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers im Auswahlverfahren mit dessen Schwerbehinderung überhaupt nichts zu tun gehabt habe, sondern dass dafür ausschließlich andere Gründe maßgebend gewesen seien, die keinerlei Bezug zu der Schwerbehinderung des Klägers hätten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger ausschließlich aus personalpolitischen Erwägungen, also aus Erwägungen, die zudem nicht seine fachliche Eignung beträfen, im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei.

14

II. Diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

15

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

16

a) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

17

b) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

18

aa) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig auf einen Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

19

bb) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelle auch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

20

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

21

(2) Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG - hier insbesondere in der in § 22 AGG getroffenen „Beweislast“-Regelung - noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

22

(3) Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelle auch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da der Kläger für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet ist. Daran ändert auch der Einwand des beklagten Landes nichts, der Kläger sei für die Stelle einer/eines Sachbearbeiterin/Sachbearbeiters des gehobenen Dienstes „überqualifiziert“. Mit diesem Einwand hat das beklagte Land die objektive Eignung des Klägers gerade nicht infrage gestellt, sondern eingeräumt, dass der Kläger über eine Qualifikation verfügt, die für die ausgeschriebene Stelle mehr als ausreichend war.

23

c) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Bewerber/innen haben Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der sich an das Auswahlverfahren anschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

24

d) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

25

e) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

26

f) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

27

aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben. In dem Motivbündel des (potentiellen) Arbeitgebers darf der betreffende Grund weder als negatives noch der fehlende Grund als positives Kriterium enthalten gewesen sein (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12  - Rn. 41 ; 16. Februar 2012 - 8  AZR 697/10  - Rn. 58 ; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

28

bb) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel(vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49 mwN, 63). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht sich den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt(st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN; 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

29

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier: der Behinderung - benachteiligt worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar hat der Kläger bereits dadurch eine ungünstigere Behandlung erfahren, dass er - anders als andere Bewerber - nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden wurde; auch liegen hinreichende Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung vermuten lassen. Das beklagte Land hat diese Vermutung jedoch - wie das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat - widerlegt und schuldet dem Kläger deshalb keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

30

a) Es liegen zwar hinreichende Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung vermuten lassen.

31

aa) Die Vermutung, dass der Kläger wegen der Behinderung benachteiligt wurde, ist bereits deshalb begründet, weil das beklagte Land den Kläger entgegen der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat.

32

(1) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

33

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

34

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderten Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet grundsätzlich die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

35

(3) Das beklagte Land war nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war es nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX entbunden. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch war danach nicht entbehrlich. Dem Kläger fehlte - wie unter Rn. 22 ausgeführt - nicht offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle, sondern er war - im Gegenteil - überqualifiziert, verfügte also über eine Qualifikation, die für die ausgeschriebene Stelle mehr als ausreichend war.

36

bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht ein weiteres Indiz für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung darin gesehen, dass das beklagte Land die Schwerbehindertenvertretung entgegen den in § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX getroffenen Bestimmungen nicht über die Bewerbung des Klägers unterrichtet hat.

37

(1) Das beklagte Land war nach § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Klägers zu unterrichten.

38

Nach § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung ua. über vorliegende Bewerbungen schwerbehinderter Menschen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend unterrichten. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist eine Konkretisierung des in § 99 Abs. 1 SGB IX verankerten Grundsatzes der engen Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Betriebs- oder Personalrat, der die Teilhabechancen schwerbehinderter Menschen sicherstellen soll. Die für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zuständige Schwerbehindertenvertretung (§ 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) soll an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Die Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sollen es der Schwerbehindertenvertretung ermöglichen, auf eine sachdienliche Behandlung hinzuwirken, wenn die spezifischen Belange eines schwerbehinderten Menschen oder der schwerbehinderten Beschäftigten als Gruppe für die Entscheidung des Arbeitgebers erheblich sind. Dadurch sollen behinderungsbedingte Nachteile ausgeglichen und gleiche Teilhabechancen eröffnet werden (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 35; 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 18, BAGE 135, 207).

39

Die aus § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 SGB IX folgende Verpflichtung des beklagten Landes, die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Klägers zu unterrichten, war entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht dadurch entfallen, dass dieses mit der Schwerbehindertenvertretung eine Vereinbarung getroffen hatte, wonach diese nur über die in die nähere Auswahl kommenden Bewerber informiert werden musste. Nur der schwerbehinderte Bewerber kann auf eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung verzichten, die Schwerbehindertenvertretung selbst hat demgegenüber keine Verzichtsmöglichkeit (BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 47). Dies folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX, wonach die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen nur dann nicht zu beteiligen ist, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

40

(2) Unterlässt es der Arbeitgeber - wie hier - entgegen § 81 Abs. 1, § 95 Abs. 2 SGB IX, die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Indiz iSd. § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass der schwerbehinderte Bewerber wegen der Behinderung benachteiligt wurde(vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 35; 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 113, 361).

41

b) Vorliegend kann dahinstehen, ob sich ein Indiz für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zudem daraus ergibt, dass das beklagte Land gegen die aus § 81 Abs. 1 Satz 2, § 82 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung verstoßen hat, die zu besetzende Stelle der Bundesagentur für Arbeit zu melden. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das beklagte Land habe die aus sämtlichen - dh. auch aus den zugunsten des Klägers unterstellten - Indizien folgende Vermutung der Kausalität der Behinderung für die Benachteiligung des Klägers widerlegt. Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

42

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen, insb. der vom beklagten Land zur Akte gereichten Bewerbermatrix und des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger ausschließlich aufgrund personalpolitischer Erwägungen, die zudem nicht seine fachliche Eignung beträfen, in dem Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei. Er sei - wie eine Reihe anderer Bewerber und Bewerberinnen mit Schwerbehinderung oder ohne Schwerbehinderung - ausschließlich wegen seines universitären Abschlusses nicht berücksichtigt worden. Ein universitärer Abschluss werde nur dann vorausgesetzt, wenn eine Stelle des „höheren Dienstes“ ausgeschrieben werde, nicht hingegen bei der Ausschreibung einer Stelle des „gehobenen Dienstes“. Der Kläger sei demnach für die für den gehobenen Dienst ausgeschriebene Stelle „überqualifiziert“ gewesen. Beim beklagten Land bestehe eine Praxis, wonach in diesem Sinne überqualifizierte Bewerber von vornherein von der Auswahl ausgeschlossen seien. Diese Praxis diene dazu, der Gefahr einer Frustration wegen mangelnder Auslastung bei dem Bewerber/der Bewerberin sowie der Gefahr von „Rangordnungskämpfen“ zwischen den Beschäftigten und einem besser qualifizierten „Neuen“ vorzubeugen. Zudem wirke sich aus, dass das beklagte Land zwei schwerbehinderte Bewerber mit einem GdB von 50 bzw. 70, die nicht über einen universitären Abschluss, sondern über einen Abschluss auf dem Niveau eines Fachhochschulstudiums verfügten, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe.

43

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Prozessstoff und dem Ergebnis der Beweisaufnahme umfassend auseinandergesetzt. Seine Beweiswürdigung ist vollständig, rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

44

(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begegnet die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die vom beklagten Land für die Herausnahme des Klägers aus dem weiteren Auswahlverfahren angeführten Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betreffen, keinen rechtlichen Bedenken.

45

(a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend davon ausgegangen, dass es zur Widerlegung der auf den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX gestützten Kausalitätsvermutung nicht ausgereicht hätte, wenn das beklagte Land Tatsachen vorgetragen und bewiesen hätte, aus denen sich ergab, dass ausschließlich andere Gründe als die Behinderung für die Benachteiligung des Klägers ausschlaggebend waren, sondern dass hinzukommen musste, dass diese Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betrafen(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 42; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 59). Diese zusätzliche Anforderung folgt aus der in § 82 Satz 3 SGB IX getroffenen Bestimmung, wonach eine Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nur dann entbehrlich ist, wenn dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. § 82 Satz 3 SGB IX enthält insoweit eine abschließende Regelung, die bewirkt, dass sich der (potentielle) Arbeitgeber zur Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität nicht auf Umstände berufen kann, die die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Die Widerlegung dieser Vermutung setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Diese Einschränkung gilt allerdings nur für den Bereich des öffentlichen Dienstes und nicht für private Arbeitgeber.

46

(b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die vom beklagten Land für die Herausnahme des Klägers aus dem Auswahlverfahren angeführten Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betreffen, lässt revisible Rechtsfehler nicht erkennen.

47

Unter fachlicher Eignung ist die aufgrund einer Ausbildung oder aufgrund von Berufserfahrung erworbene Fähigkeit zu verstehen, die gestellten Aufgaben bewältigen zu können. Maßgeblich sind insoweit die Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen für die zu besetzende Stelle, die durch die in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationsmerkmale konkretisiert werden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 24, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 25, BAGE 119, 262). Diese Fähigkeit spricht das beklagte Land dem Kläger nicht ab. Es stellt nicht in Abrede, dass der Kläger aufgrund seiner Ausbildung in der Lage wäre, die im Rahmen der ausgeschriebenen Stelle zu erledigenden Aufgaben zu bewältigen. Das beklagte Land stützt seine Entscheidung, Bewerber mit einer bestimmten Qualifikation nicht zu berücksichtigen, vielmehr allein auf personalpolitische Gründe, die die fachliche Eignung der Bewerber/Bewerberinnen nicht betreffen. Zwar stellt es insoweit formal auf einen bestimmten Ausbildungsabschluss ab und macht geltend, der Kläger sei „überqualifiziert“, inhaltlich - und nur darauf und nicht auf die Bezeichnung kommt es an - betreffen die von ihm angeführten Erwägungen aber ausnahmslos Gründe der Personalpolitik, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum Ziel haben. Das beklagte Land befürchtet, „überqualifizierte“ Mitarbeiter könnten aufgrund der Wahrnehmung nicht ihrer Qualifikation entsprechender Aufgaben frustriert werden. Darüber hinaus geht es ihm darum, „Rangordnungskämpfe“ zwischen den formal unterschiedlich qualifizierten Mitarbeitern sowie eine Verdrängung der Bewerber „von oben nach unten“ bei der Besetzung von Beförderungsstellen zu vermeiden. Zudem verfolgt das beklagte Land das Ziel, Bewerber auszuwählen, die sich innerhalb einer Laufbahn fortentwickeln wollen und können und nicht von vornherein den Aufstieg in die höhere, ihrer formalen Qualifikation entsprechende Laufbahn anstreben.

48

(2) Das beklagte Land war auch nicht aus Rechtsgründen gehindert, sich zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität der Behinderung des Klägers für dessen ungünstigere Behandlung auf die von ihm geltend gemachten personalpolitischen Erwägungen zu berufen. Insbesondere waren diese Erwägungen - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nicht an den Vorgaben von Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat und der öffentliche Arbeitgeber verpflichtet wird, jede Bewerbung nach diesen Kriterien zu beurteilen.

49

Zwar können für die Frage, mit welchen Tatsachen ein öffentlicher Arbeitgeber die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes widerlegen kann, grundsätzlich auch die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG von Bedeutung sein(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 42). Beruft sich der öffentliche Arbeitgeber aber - wie hier - zur Widerlegung der Kausalitätsvermutung, die auf Verstößen gegen Verfahrensvorschriften beruht, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen in konkreten Stellenbesetzungsverfahren geschaffen wurden, auf Gründe der Personalpolitik, die nicht an die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG anknüpfen, muss er nicht darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass er den Grundsatz der Bestenauslese gewahrt hat. Jedenfalls in einem solchen Fall reicht es aus, wenn der öffentliche Arbeitgeber Tatsachen vorträgt und ggf. beweist, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben, und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 64 f.). Des ungeachtet widerspricht es nicht Art. 33 Abs. 2 GG, wenn die öffentliche Verwaltung im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt aufgrund sachlicher Erwägungen einengt(BVerfG 11. November 1999 - 2 BvR 1992/99 - zu 2 der Gründe; vgl. BVerwG 21. Oktober 2010 - 1 WB 18/10 - Rn. 31, BVerwGE 138, 70). Solche Erwägungen liegen hier vor. Personalpolitische Erwägungen, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum Ziel haben, sind nicht sachwidrig.

50

Aus den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 16. September 2008 (- 9 AZR 791/07 - Rn. 30, BAGE 127, 367) sowie vom 12. September 2006 (- 9 AZR 807/05 - Rn. 29, BAGE 119, 262) folgt nichts Abweichendes. Diese Entscheidungen sind zum Benachteiligungsverbot des § 81 SGB IX in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung (im Folgenden aF) ergangen. Danach trug der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten (§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF). In § 81 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 18. August 2006 geltenden Fassung heißt es demgegenüber, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen und dass im Einzelnen hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gelten. Danach kann der Arbeitgeber die Kausalitätsvermutung auch mit Gründen widerlegen, die die Benachteiligung nicht ohne Weiteres sachlich rechtfertigen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 38, BAGE 131, 232).

51

(3) Das Landesarbeitsgericht durfte schließlich bei seiner Würdigung, ob das beklagte Land die Kausalitätsvermutung widerlegt hatte, auch den Umstand mitberücksichtigen, dass die beiden weiteren schwerbehinderten Bewerber, die nicht über einen universitären Abschluss verfügten, demnach nicht „überqualifiziert“ waren, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden waren. Auch wenn dieser Umstand für sich genommen möglicherweise nicht ausreicht, die durch die Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers begründete Vermutung zu widerlegen (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 46), spricht er jedenfalls gegen eine positive Berücksichtigung der fehlenden Behinderung anderer Bewerber (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 48, BAGE 131, 232).

52

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    R. Kandler    

        

    B. Wein    

                 

Tenor

Die Revision der beklagten Stadt gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. Juni 2015 - 8 Sa 1374/14 - wird zurückgewiesen.

Die beklagte Stadt hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Stadt verpflichtet ist, dem Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung zu zahlen.

2

Der Kläger ist ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich alternative Energien. Ausweislich seines Schwerbehindertenausweises vom 12. Juli 2011 beträgt der Grad seiner Behinderung 50.

3

Die beklagte Stadt schrieb Mitte 2013 die Stelle eines „Techn. Angestellte/n EGr. 11 TVöD (VergGr. IVa/III BAT)“ aus. In der Stellenausschreibung heißt es auszugsweise:

        

Zu Ihren Aufgaben gehören: Verantwortliche Leitung des Sachgebietes >Betriebstechnik< mit den Gewerken Elektro, Heizung/Sanitär, Schreiner, Schlosser, Maler sowie Fahrer; Werkstattleitung, Personalführung, Fachaufsicht und Spitzensachbearbeitung; Verantwortung für Betrieb und Unterhaltung der technischen Anlagen und Gebäude des P; Abwicklung von Reparaturen, Wartung, Prüfung und baulicher Instandhaltung mittels eigener Mitarbeiter sowie Fremdfirmen; Organisation und Abwicklung von Servicedienstleistungen für Ausstellungen und Veranstaltungen; technische Abwicklung von Ausstellungen und Veranstaltungen; verantwortliche Bearbeitung zugewiesener Projektaufträge; Mitarbeit in Projektteams.

        

Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs- / Sanitär- / Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; langjährige Berufs- und Führungserfahrung; fundierte Kenntnis und sichere Anwendung der einschlägigen Regelwerke, insbes. der BetrSichV, UVV, MLAR, HausPrüfVO, HBO, VOB, VOL; Führungs- und Organisationskompetenz; Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit; soziale Kompetenz; Durchsetzungsvermögen; Verantwortungs- und Einsatzbereitschaft; selbstständiges Arbeiten; gute schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit; gute Kenntnisse der MS-Office-Programme; Bereitschaft zum gelegentlichen Dienst an Wochenenden und in den Abend- und Nachtstunden; Bereitschaft zur Weiterbildung; interkulturelle Kompetenz.

        

Hinweise: … Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt. …

        

…       

        

Ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen richten Sie bitte bis zum 30.08.2013 unter Angabe der Kennziffer X an den:

        

Magistrat der Stadt …“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 14. August 2013 auf die ausgeschriebene Stelle. In dem Bewerbungsschreiben heißt es:

        

„…    

        

In meiner langjährigen Tätigkeit als Zentralheizungs- und Lüftungsbauer (Meisterrolleneintrag) und staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich Alternative Energien habe ich umfangreiche Kenntnisse in den Bereichen Energieberatung und Management, Contracting, Energie- und Umweltrecht, Technischen Gebäudeautomation, Hygiene und Brandschutz erworben.

        

Neben der Objekt- und Projektleitung gehörte die Projektierung und Dokumentation der Anlagen und deren Technik zu meinem Aufgabengebiet. Darüber hinaus war ich Ansprechpartner für Kunden und Öffentlichkeitsarbeit.

        

Ebenso kenne ich mich im Bereich der Betriebliche Kostenrechnung (Angebotseinholung, Leistungsverzeichnis, Abrechnung, HOAI, VOB, usw.) aus.

        

Der Umgang mit der EDV, den gängigen Office-Anwendungen wie Excel, Word und Power Point und den einschlägigen Kommunikationsmitteln ist für mich selbstverständlich.

        

…“    

5

Dem Bewerbungsschreiben des Klägers waren eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises sowie ein insgesamt fünfseitiger tabellarischer Lebenslauf beigefügt, der auszugsweise folgende Angaben enthält:

        

BERUFSERFAHRUNG

        

10/07- 09/12

Projektsachbearbeiter, …

                 

Internationale Gebäudeautomation und Gebäudemanagementunternehmen, ca. 800 Mitarbeiter in Deutschland […]

                 

Aufgaben

                 

•       

…       

                 

•       

Unterstützung der Projektleiter bei der Verwaltung der einzelnen Projekte

                 

•       

…       

                 

•       

Objektleiter von vier Büroliegenschaften mit ca. je 5000 qm Bürofläche

                 

•       

…       

                 

•       

Ökologische und Ökonomische Objektführung

                 

•       

Beurteilung der Technischen Einrichtungen und Anlagenteile

                 

•       

…       

                 

•       

Führung der Objekttechniker

                 

•       

Beratung des Niederlassungsleiters

                 

•       

…       

                                   
        

09/04-08/09

Stellvertretender Betriebsleiter in Teilzeit, … Umwelttechnik, Alternative Energien, Energieberatung, Heizung, Lüftung und Sanitär

                 

Unterstützung des Geschäftsführers, ca. 4 Mitarbeiter in Deutschland,

                 

…       

        

08/04-06/06

Weiterbildung zum Staatlich geprüften Umweltschutztechniker, Techniker-schule, B, www.

                          
                 

Fachgebiet

                 

•       

Alternative Energien

                 

Inhalt

                 

•       

…       

        

…       

        

10/99-10/00

Obermonteur, … 4 Mitarbeiter

                 

Aufgaben

                 

•       

Montage von Heizungs-und Sanitäranlagen

                 

•       

…       

                 

•       

Ausbildung von Auszubildenden

                 

•       

…       

        

…       

        

08/96-10/99

Hausmeister und Technischer Leiter,

                 

…       

                 

Aufgaben

                 

•       

Instandhaltung der Haustechnik

                 

•       

Budgetverantwortlichkeit

                 

•       

Mitarbeiterführung

                 

•       

…       

                 

•       

Bauleitung

                 

…       

        

08/88-08/96

Obermonteur, … 3-5 Mitarbeiter,

                 

…       

        

AUSBILDUNG / STUDIEN

        

2011   

Fernstudium zum Baubiologen IBN

                 

…       

        

…       

        
        

2006   

Technikerschule B

                 

Abschluss: Staatlich geprüfter Umweltschutztechniker

                 

Fachbereich: Alternative Energien, …

        

…       

        
        

2006   

Technikerschule B

                 

Zusatzprüfung: Ausbilder der Ausbilder

                 

…       

        

…       

        
        

1978 - 1981

… Ausbildung Heizungs- und Lüftungsbauer

                 

Abschluss: Facharbeiter

                 

…       

        

1969 - 1978

Grund- und Hauptschule G

        

…“    

        
6

Auf die Stellenausschreibung der beklagten Stadt gingen bei dieser neben der Bewerbung des Klägers weitere 55 Bewerbungen ein.

7

Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und teilte ihm mit Schreiben vom 4. November 2013 mit:

        

„…    

        

Inzwischen wurde über die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle entschieden.

        

Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie hierbei nicht berücksichtigt werden konnten, da es hinsichtlich der Erfüllung der fachlichen Anforderungen einen besser qualifizierten Bewerber gab, der sehr ausgeprägte Fachkenntnisse sowie langjährige Berufserfahrung in allen genannten Gewerken vorweisen kann und zudem im besonderen Maße über die im Anforderungsprofil geforderte langjährige Führungserfahrung verfügt.

        

…“    

8

Mit seiner am 15. November 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die beklagte Stadt auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. mindestens drei Monatsgehältern à 2.861,96 Euro in Anspruch genommen.

9

Er hat die Auffassung vertreten, die beklagte Stadt habe ihn im Auswahlverfahren wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Die beklagte Stadt sei nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet gewesen, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine Einladung sei nicht deshalb entbehrlich gewesen, weil ihm offenkundig die fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle gefehlt habe. Aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung verfüge er über eine Qualifikation, die den in der Stellenausschreibung genannten Abschlüssen vergleichbar sei. Die geforderte langjährige Führungserfahrung habe er ua. während seiner Tätigkeit als Obermonteur gesammelt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die beklagte Stadt zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die allerdings 8.585,88 Euro nicht unterschreiten sollte.

11

Die beklagte Stadt hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei bei der Auswahlentscheidung für die zu besetzende Stelle nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Der Kläger sei schon kein Bewerber iSv. § 82 Satz 2 SGB IX gewesen. Der Begriff der Bewerbung iSv. § 82 Satz 2 SGB IX sei restriktiv dahin auszulegen, dass eine Bewerbung nur vorliege, wenn dem Bewerbungsschreiben prüffähige neutrale Unterlagen, insbesondere Zeugnisse, beigefügt seien. Nur dann sei der öffentliche Arbeitgeber in der Lage, sachgerecht zu prüfen, ob der Interessent geeignet sei oder ob dies offensichtlich nicht der Fall sei. Desungeachtet sei sie nicht verpflichtet gewesen, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, da der Kläger für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet iSv. § 82 Satz 3 SGB IX sei. Der Kläger habe das zwingende Anforderungsprofil der Stellenausschreibung offensichtlich nicht erfüllt. Vergleichbar qualifiziert iSd. Stellenausschreibung sei nur, wer aufgrund seiner schulischen und beruflichen Ausbildung, seiner beruflichen Tätigkeit oder aufgrund anderweitig erworbener Kenntnisse denjenigen Stand an Kenntnissen habe, der durch die in der Ausschreibung genannten Ausbildungsabschüsse vermittelt würde. Zwar habe der Kläger eine Ausbildung zum Heizungs- und Lüftungsbauer abgeschlossen; in diesem Bereich sei er allerdings weder Meister noch staatlich geprüfter Techniker. Im Vordergrund seiner Ausbildung zum staatlich geprüften Umweltschutztechniker hätten die ökologische und ökonomische Energieverwendung und der Einsatz alternativer Energien und damit nur ein Spezialbereich der geforderten Gewerke „Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik“ gestanden. Ebenso habe der Kläger in seiner Bewerbung keine „langjährige Führungserfahrung“ und „Führungskompetenz“ nachgewiesen. Dass der Kläger nicht wegen seiner Behinderung diskriminiert worden sei, ergebe sich auch daraus, dass sie im Übrigen alle ihr nach dem SGB IX obliegenden Pflichten erfülle.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem vom Kläger angegebenen Mindestumfang stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten Stadt hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil - unter Klageabweisung im Übrigen - teilweise abgeändert und dem Kläger eine Entschädigung iHv. eines Monatsgehalts, dh. iHv. 2.861,96 Euro zugesprochen. Mit ihrer Revision verfolgt die beklagte Stadt ihr Begehren nach vollständiger Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der beklagten Stadt ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der beklagten Stadt gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zu Recht teilweise zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist in Höhe des vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Betrages begründet. Die beklagte Stadt hat den Kläger im Auswahlverfahren entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt, weshalb sie ihm nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung schuldet. Die vom Landesarbeitsgericht mit 2.861,96 Euro bestimmte Höhe der Entschädigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

14

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die beklagte Stadt ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 143).

15

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

16

III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 82 Satz 2 SGB IX.

17

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

18

Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

19

2. Der Kläger wurde von der beklagten Stadt unmittelbar wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt iSv. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

20

a) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

21

aa) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an (vgl. etwa BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 20).

22

bb) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 25; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

23

cc) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

24

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12  - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 -  C-54/07  - [Feryn] Rn. 32 , Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12  - Rn. 27 ). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

25

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 35; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

26

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger eine ungünstigere Behandlung wegen seiner Schwerbehinderung erfahren hat und dass ihm deshalb eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

27

aa) Der Kläger hat gegenüber dem letztlich eingestellten Bewerber sowie gegenüber anderen Bewerbern und Bewerberinnen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, eine ungünstigere Behandlung erfahren. Hierüber streiten die Parteien nicht.

28

bb) Der Kläger wurde im Auswahlverfahren auch wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Die beklagte Stadt war als öffentliche Arbeitgeberin iSd. § 71 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war sie nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX ausnahmsweise wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung des Klägers befreit.

29

(1) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24, BAGE 119, 262). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten (BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 27).

30

(2) Die beklagte Stadt hat gegen ihre Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX verstoßen, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

31

(a) Die beklagte Stadt kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, sie habe den Kläger bereits deshalb nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, weil dieser nicht Bewerber iSv. § 82 Satz 2 SGB IX gewesen sei. Der Kläger war „Bewerber“ iSv. § 82 Satz 2 SGB IX.

32

Der Begriff des Bewerbers iSv. § 82 Satz 2 SGB IX entspricht dem Bewerberbegriff nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Diese Bestimmung enthält einen formalen Bewerberbegriff, wonach derjenige Bewerber ist, der eine Bewerbung eingereicht hat. Bis zum Inkrafttreten des AGG regelte § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGB IX aF einen eigenständigen Entschädigungsanspruch für schwerbehinderte „Bewerber“ neben § 611a BGB(vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 113: entsprechend § 611a BGB und zur Umsetzung der RL 2000/78/EG). Mit dem AGG wurde sodann der Bewerberschutz auf alle Merkmale des AGG erweitert.

33

(b) Entgegen der Rechtsauffassung der beklagten Stadt ist der Begriff des Bewerbers iSv. § 82 Satz 2 SGB IX auch nicht deshalb restriktiv auszulegen, weil der öffentliche Arbeitgeber nur dann sachgerecht prüfen könnte, ob ein Interessent geeignet ist oder ob dies offensichtlich nicht der Fall ist, wenn dem Bewerbungsschreiben prüffähige neutrale Unterlagen, insbesondere Zeugnisse, beigefügt wurden. § 82 Satz 3 SGB IX regelt nicht den Begriff des Bewerbers; die offensichtlich fehlende fachliche Eignung iSv. § 82 Satz 3 SGB IX erlaubt es dem öffentlichen Arbeitgeber nur, ausnahmsweise von der Einladung eines schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch abzusehen.

34

(3) Die beklagte Stadt war - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - von der Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, auch nicht ausnahmsweise nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit.

35

(a) Zur Beurteilung der fachlichen Eignung des/der Bewerbers/Bewerberin ist auf das in der veröffentlichten Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil abzustellen. Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Arbeitgeber die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07  - Rn. 18, BVerfGK 12, 284 ). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind. Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner - der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten - verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 30 mwN). Bei der Erstellung des Anforderungsprofils ist der öffentliche Arbeitgeber an die gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben gebunden (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 22, BVerwGE 139, 135). Er hat das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien anzufertigen.

36

„Offensichtlich” fachlich nicht geeignet ist, wer „unzweifelhaft” insoweit nicht dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht (vgl. BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 32; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 27). Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigen es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen können (BeckOK SozR/Gutzeit Stand 1. Dezember 2014 SGB IX § 82 Rn. 1). Der schwerbehinderte Mensch soll nach § 82 Satz 2 SGB IX die Chance haben, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren und den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen(vgl. etwa BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 29; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, BAGE 131, 232).

37

Ob der schwerbehinderte Mensch für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet ist, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil und dem (fachlichen) Leistungsprofil des Bewerbers oder der Bewerberin zu ermitteln (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 20, BVerwGE 139, 135; ähnlich Schröder in Hauck/Noftz SGB IX Stand November 2015 K § 82 Rn. 6). Lassen bereits die Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei erkennen, dass die durch das Anforderungsprofil zulässig vorgegebenen fachlichen Kriterien nicht erfüllt werden, besteht für den öffentlichen Arbeitgeber keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen (vgl. Wiegand in Wiegand SGB IX Teil 2 Schwerbehindertenrecht Stand September 2015 § 82 Rn. 5).

38

Zwar trifft den öffentlichen Arbeitgeber in einem Prozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der/die schwerbehinderte Bewerber/in offensichtlich fachlich ungeeignet ist. Bei § 82 Satz 3 SGB IX handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, nach dem die nach § 82 Satz 2 SGB IX erforderliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch „entbehrlich“ ist(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 9; aA wohl Knittel SGB IX 9. Aufl. § 82 Rn. 34). Allerdings muss der öffentliche Arbeitgeber bereits im Verlauf des Auswahlverfahrens prüfen und entscheiden können, ob er einen schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss oder ob er nach § 82 Satz 3 SGB IX von der Verpflichtung zur Einladung befreit ist. Diese Prüfung und Entscheidung muss der/die schwerbehinderte Bewerber/in dem öffentlichen Arbeitgeber durch entsprechende Angaben zu seinem/ihrem fachlichen Leistungsprofil in der Bewerbung bzw. den beigefügten Bewerbungsunterlagen ermöglichen. Kommt der/die Bewerber/in dieser Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nach, geht dies regelmäßig zu seinen/ihren Lasten. Auch in einem solchen Fall besteht für den öffentlichen Arbeitgeber regelmäßig keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

39

(b) Danach ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die beklagte Stadt sei von der Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht ausnahmsweise nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

40

(aa) Entgegen der Rechtsauffassung der beklagten Stadt war der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Die beklagte Stadt war aufgrund der Angaben des Klägers in seinen Bewerbungsunterlagen ohne Weiteres in der Lage zu prüfen und zu entscheiden, ob sie den Kläger nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einladen musste oder ob sie hiervon nach § 82 Satz 3 SGB IX absehen durfte. Der Kläger hatte in seinem Bewerbungsschreiben Angaben zu seiner fachlichen Qualifikation gemacht und diesem Schreiben einen ausführlichen Lebenslauf beigefügt, in dem er seine Abschlüsse, Ausbildungsstationen, die Ausbildungsinhalte und seine bisherigen beruflichen Tätigkeiten im Einzelnen erläutert hat. Dass der Kläger seinen Bewerbungsunterlagen keine Zeugnisse beigefügt hatte, führt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - nicht zu einer anderen Bewertung. Da die beklagte Stadt in der Stellenausschreibung keine bestimmte Note als Mindestqualifikation gefordert hat, wäre der Kläger auch dann zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen gewesen, wenn er schlechte Zeugnisnoten gehabt hätte (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 22, 24, BVerwGE 139, 135). Nach § 82 Satz 2 SGB IX müssen schwerbehinderte Bewerber/innen zwingend zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Dies gilt auch dann, wenn eine Sichtung der Bewerbungsunterlagen sicher ergibt, dass andere Bewerber deutlich besser geeignet sind. Im Falle schwerbehinderter Bewerber soll der persönliche Eindruck entscheidend sein und nicht die „Papierform“ (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22 und 28, BAGE 131, 232). Im Übrigen hat die beklagte Stadt die fachliche Eignung des Klägers auf der Grundlage des von diesem vorgelegten Lebenslaufs beurteilt und ist zu der Einschätzung gelangt, dass dem Kläger die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

41

(bb) Dem Kläger fehlte - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat - auch nicht offensichtlich die fachliche Eignung. Zwar mag zweifelhaft sein, ob der Kläger letztlich für die zu besetzende Stelle fachlich geeignet war; Zweifel an der fachlichen Eignung des Klägers hätten aber - wie unter Rn. 36 ausgeführt - nicht ausgereicht, um von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen. Der Kläger hätte vielmehr offensichtlich, dh. unzweifelhaft fachlich nicht geeignet sein müssen. Diese Voraussetzung liegt - wie das Landesarbeitsgericht nach Würdigung aller Umstände zutreffend angenommen hat - nicht vor.

42

(aaa) Unstreitig verfügte der Kläger über einen Abschluss als staatlich geprüfter Umweltschutztechniker, zudem war er gelernter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer. Dieser Beruf ist - wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat - später in dem Nachfolgeberuf „Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“ aufgegangen. Darüber hinaus war der Kläger langjährig in den Bereichen Heizung, Lüftung und Sanitär tätig und während dieser Zeit in die Handwerksrolle (vom Kläger als Meisterrolle bezeichnet) eingetragen. Er hatte darüber hinaus an der Technikerschule eine Zusatzprüfung „Ausbilder der Ausbilder“ abgelegt. Die damit erworbenen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse sind, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls festgestellt hat, auch Bestandteil einer Meisterprüfung, § 51a Abs. 3 HwO. Damit war jedenfalls nicht unzweifelhaft auszuschließen, dass der Kläger den Stand an Kenntnissen hatte, die durch die in der Ausschreibung genannten Ausbildungsabschlüsse „staatlich geprüfter Techniker“ oder „Meister“ im Gewerk „Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik“ vermittelt wurden, zumal die beklagte Stadt auch nicht erläutert hat, welche der drei Gewerke der Kläger mit seiner Qualifikation nicht ausreichend „vergleichbar“ abdeckte.

43

(bbb) Die beklagte Stadt kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die offensichtlich fehlende fachliche Eignung des Klägers ergebe sich daraus, dass dieser nicht über - den Kenntnissen eines staatlich geprüften Technikers oder Meisters „im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik“ - gleichwertige Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach verfüge. Auch insoweit fehlt es bereits an jeglichen Darlegungen der beklagten Stadt dazu, welche Kenntnisse in welcher Tiefe und Breite ein staatlich geprüfter Techniker oder Meister in den genannten Gewerken hat und warum diese Kenntnisse beim Kläger offensichtlich nicht vorhanden waren.

44

(ccc) Soweit das Vorbringen der beklagten Stadt zum Fehlen gleichwertiger Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach dahin zu verstehen sein sollte, dass sie geltend machen will, der Kläger sei deshalb offensichtlich fachlich ungeeignet, weil er offensichtlich nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TVöD (VergGr. IVa/III BAT) erfülle, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Ob der schwerbehinderte Mensch für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich nicht geeignet ist, ist, wie unter Rn. 37 ausgeführt, anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der Stelle und dem fachlichen Leistungsprofil des/der Bewerbers/Bewerberin zu ermitteln. Zwar ist der öffentliche Arbeitgeber - wie unter Rn. 35 ausgeführt - bei der Erstellung des Anforderungsprofils an die gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben gebunden; dies bedeutet allerdings nur, dass er - soweit die tarifliche Eingruppierung in Rede steht - keine höheren Anforderungen stellen darf, als dies nach den einschlägigen tariflichen Eingruppierungsmerkmalen erforderlich ist. Das Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle wird demnach durch die tariflichen Merkmale der in Aussicht genommenen Entgeltgruppe oder Vergütungsgruppe zwar begrenzt, aber nicht inhaltlich ausgefüllt. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - die vorgesehene Eingruppierung in der Stellenausschreibung angegeben wird. Dies folgt aus dem im Eingruppierungsrecht geltenden Grundsatz der Tarifautomatik. Der/die Beschäftigte wird nicht durch den Arbeitgeber eingruppiert, sondern ist eingruppiert. Mit der Angabe der Vergütungs- oder Entgeltgruppe (im Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung) wird danach nur wiedergegeben, welche Vergütungs- oder Entgeltgruppe der öffentliche Arbeitgeber bei Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsvorschriften als zutreffend ansieht (vgl. etwa BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 304/10 - Rn. 38; 17. Juli 2003 - 8 AZR 376/02 - zu II 2 a aa (3) der Gründe; 16. Februar 2000 - 4 AZR 62/99 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 93, 340).

45

Im Übrigen fehlt es an jeglichem Vorbringen der beklagten Stadt dazu, woraus sich konkret ergeben soll, dass gleichwertige Kenntnisse der Tiefe und der Breite nach erforderlich sein sollen. Zwar werden nach § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA für Eingruppierungen zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung zum BAT gemäß Anlage 3 TVÜ-VKA den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet. Insoweit sieht die Anlage 3 zum TVÜ-VKA vor, dass der Entgeltgruppe 11 TVöD die Vergütungsgruppen BAT III ohne Aufstieg nach II sowie BAT IVa mit Aufstieg nach III zugeordnet werden. Allerdings bestimmt die Vergütungsordnung zum BAT für Angestellte in technischen Berufen für die Eingruppierung sowohl in die Vergütungsgruppe IVa als auch in die Vergütungsgruppe III zunächst grundlegend, dass es sich entweder um einen technischen Angestellten mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen oder um einen sonstigen Angestellten handeln muss, der aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und seiner Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübt. Auf gleichwertige Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Breite und Tiefe des fachlichen Könnens kann zwar eine Rolle spielen bei der Frage, ob sich die Tätigkeit durch „besondere Schwierigkeit“ aus einer anderen Vergütungsgruppe oder aus einer anderen Fallgruppe derselben Vergütungsgruppe heraushebt. Auch bezieht sich die tarifliche Anforderung der „besonderen Schwierigkeit“ nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf die fachliche Qualifikation des/der Beschäftigten, also auf sein/ihr fachliches Können und seine/ihre fachliche Erfahrung. Verlangt wird ein Wissen und Können, das die Anforderungen einer anderen Vergütungsgruppe oder anderen Fallgruppe derselben Vergütungsgruppe in gewichtiger Weise übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, wie etwa Spezialkenntnissen (vgl. etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 37; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 36; 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - zu 1 f cc (1) der Gründe). Die beklagte Stadt hat jedoch nicht im Ansatz erläutert, aus welchem Grund welches fachliche Wissen und Können in welcher Tiefe und Breite für welche Eingruppierung in welche Vergütungsgruppe bzw. Fallgruppe verlangt wird.

46

(ddd) Der Kläger ist entgegen der Auffassung der beklagten Stadt auch nicht deshalb für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet, weil es ihm an der geforderten Führungserfahrung oder an einer Führungskompetenz fehlen würde. Der Kläger hatte in seiner Bewerbung angegeben, dass er über eine langjährige Tätigkeit als Führungskraft verfügt. Dies hat die beklagte Stadt nicht bestritten. Ob er insoweit Führungskompetenz erworben hat, lässt sich jedenfalls nicht zweifelsfrei ausschließen, sondern wäre im Vorstellungsgespräch zu klären gewesen.

47

(4) Schließlich ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die beklagte Stadt habe die Vermutung, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde, nicht widerlegt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

48

(a) Nicht nur die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, sondern auch die Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel. In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 28; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 50).

49

(b) Danach hält das angefochtene Urteil einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt. Seine Würdigung ist vollständig, rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

50

(aa) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend davon ausgegangen, dass es zur Widerlegung der auf den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX gestützten Kausalitätsvermutung nicht ausgereicht hätte, wenn die beklagte Stadt Tatsachen vorgetragen und ggf. bewiesen hätte, aus denen sich ergab, dass ausschließlich andere Gründe als die Behinderung für die Benachteiligung des Klägers ausschlaggebend waren, sondern dass hinzukommen musste, dass diese Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betrafen. Diese zusätzliche Anforderung folgt aus der in § 82 Satz 3 SGB IX getroffenen Bestimmung, wonach eine Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nur dann entbehrlich ist, wenn diesem die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. § 82 Satz 3 SGB IX enthält insoweit eine abschließende Regelung, die bewirkt, dass sich der (potentielle) Arbeitgeber zur Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität nicht auf Umstände berufen kann, die die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Die Widerlegung dieser Vermutung setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Diese Einschränkung gilt allerdings nur für den Bereich des öffentlichen Dienstes und nicht für private Arbeitgeber (vgl. etwa BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 45 mwN).

51

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat sodann angenommen, die beklagte Stadt habe solche Umstände nicht vorgetragen. Diese Würdigung lässt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vermutungswirkung eines Verstoßes gegen die in § 82 Satz 2 SGB IX bestimmte Verpflichtung, den/die schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht dadurch aufgehoben wird, dass der Arbeitgeber in der Stellenausschreibung darauf hinweist, dass schwerbehinderte Bewerber bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden, revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Dasselbe gilt, sofern der Arbeitgeber die Bewerbungsunterlagen des/der schwerbehinderten Bewerbers/Bewerberin besonders sorgfältig prüft, die Pflichtquote erfüllt oder einem vermeintlichen Rechtsirrtum unterliegt.

52

3. Der Kläger hat gegen die beklagte Stadt einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG in der vom Berufungsgericht ausgeurteilten Höhe.

53

a) Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“(hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 16 mwN).

54

b) Der vom Landesarbeitsgericht auf 2.861,96 Euro bestimmte Entschädigungsbetrag ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat alle relevanten Umstände gewürdigt. Hiergegen wendet sich die beklagte Stadt auch nicht, insbesondere macht sie nicht geltend, das Landesarbeitsgericht habe Umstände nicht gewürdigt, bei deren Einbeziehung die Entschädigung hätte geringer ausfallen müssen.

55

IV. Die beklagte Stadt hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter     

        

    Roloff    

        

        

        

    Wroblewski     

        

    Wein     

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Der Benachteiligte kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unbeschadet weiterer Ansprüche die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

(2) Bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbots ist der Benachteiligende verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Benachteiligende die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Benachteiligte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(3) Ansprüche aus unerlaubter Handlung bleiben unberührt.

(4) Auf eine Vereinbarung, die von dem Benachteiligungsverbot abweicht, kann sich der Benachteiligende nicht berufen.

(5) Ein Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn der Benachteiligte ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie werden erbracht, um Leistungsberechtigten die Betreuung in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie durch eine geeignete Pflegeperson zu ermöglichen. Bei minderjährigen Leistungsberechtigten bedarf die Pflegeperson der Erlaubnis nach § 44 des Achten Buches. Bei volljährigen Leistungsberechtigten gilt § 44 des Achten Buches entsprechend. Die Regelungen über Verträge mit Leistungserbringern bleiben unberührt.

(1) Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, werden das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt. Voraussetzung für die Weiterzahlung ist, dass

1.
die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder
2.
den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.

(2) Leistungsempfänger haben die Verzögerung von Weiterzahlungen insbesondere dann zu vertreten, wenn sie zumutbare Angebote von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur deshalb ablehnen, weil die Leistungen in größerer Entfernung zu ihren Wohnorten angeboten werden. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist § 140 Absatz 4 des Dritten Buches entsprechend anzuwenden.

(3) Können Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, höchstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt.

(4) Sind die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können; die Anspruchsdauer von drei Monaten vermindert sich um die Anzahl von Tagen, für die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen können. In diesem Fall beträgt das Übergangsgeld

1.
67 Prozent bei Leistungsempfängern, bei denen die Voraussetzungen des erhöhten Bemessungssatzes nach § 66 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 vorliegen und
2.
60 Prozent bei den übrigen Leistungsempfängern,
des sich aus § 66 Absatz 1 Satz 1 oder § 68 ergebenden Betrages.

(5) Ist im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 44) erforderlich, wird das Übergangsgeld bis zum Ende der Wiedereingliederung weitergezahlt.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014 - 5 Sa 1346/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger hat nach einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann die Fachhochschulreife erworben und anschließend zwei Jahre Wirtschaftswissenschaften studiert. Danach war er mehr als zehn Jahre als Gruppenleiter/Gebietsreferent, mehr als fünf Jahre als Einkaufsleiter, mehr als sechs Jahre als Vertriebskaufmann und mehr als fünf Jahre als Business Development Manager Healthcare tätig. Von Januar bis November 2009 war er nicht erwerbstätig und von November 2009 bis April 2012 arbeitete er als Verwaltungsmitarbeiter. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 60. Sein Schwerbehindertenausweis ist ab dem 25. Juli 2008 gültig und ohne zeitliche Befristung ausgestellt.

3

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Februar 2013 schrieb sie für die Abteilung „Organisation“ ihrer Geschäftsstelle eine Stelle als „kaufm. Sachbearbeiter/in“ aus. Laut Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle sind insbesondere eine abgeschlossene Ausbildung in einem kaufmännischen Beruf, einschlägige Berufserfahrung, gute EDV-Kenntnisse sowie ein sicheres Gespür für Sprache erwünscht.

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 26. Februar 2013 auf diese Stelle. Neben Angaben zu seinen Kenntnissen und Fähigkeiten für die ausgeschriebene Stelle, wobei der Kläger auch auf einen routinierten Umgang mit gängigen MS-Office-Programmen hinwies, enthält das Bewerbungsschreiben ua. die folgende Erklärung:

        

„Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren.“

5

Die Beklagte reagierte auf die Bewerbung des Klägers zunächst nicht und lud diesen nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Auf seine schriftlichen Nachfragen sandte sie ihm schließlich mit Schreiben vom 16. Mai 2013 seine Bewerbungsunterlagen zurück und teilte mit, sich für einen anderen Bewerber/eine andere Bewerberin entschieden zu haben. Danach kam es zu einem Schriftwechsel unter den Parteien über die Frage, warum der Kläger trotz seiner Schwerbehinderung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 24. Mai 2013 mit, eine Verpflichtung, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden, da seinen Bewerbungsunterlagen ein Hinweis/Nachweis über eine vorliegende, festgestellte Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 nicht zu entnehmen gewesen sei. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch iHv. 7.053,24 Euro geltend.

6

Mit seiner am 6. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die ursprünglich auf Zahlung eines Betrages iHv. 7.053,24 Euro gerichtet war, hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Die Beklagte habe ihn entgegen ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obgleich sie durch sein Bewerbungsschreiben Kenntnis von seiner Schwerbehinderung gehabt habe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.955,96 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Pflicht, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden. Der Kläger habe in seinem Anschreiben nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, im Zeitpunkt seiner Bewerbung schwerbehindert gewesen zu sein; zudem habe er den GdB nicht mitgeteilt. Auch aus dem weiteren Vorbringen des Klägers ergebe sich nichts, was die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung stützen könne. Im Übrigen habe sie die Stelle mit einer Bewerberin mit einem GdB von 30 besetzt.

9

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger - unter Klageabweisung im Übrigen - 3.955,96 Euro zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro.

11

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 143).

12

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

13

III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 82 Satz 2 SGB IX.

14

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

15

Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

16

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

17

2. Der Kläger wurde von der Beklagten unmittelbar wegen der Behinderung benachteiligt iSv. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

18

a) Im Falle der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann in der Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einem öffentlichen Arbeitgeber und dem damit verbundenen vorzeitigen Ausscheiden des Bewerbers/der Bewerberin aus dem Bewerbungsverfahren eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen.

19

aa) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

20

(1) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

21

(2) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

22

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offen gelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

23

Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

24

Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da das Landesarbeitsgericht die „objektive Eignung“ des Klägers für die zu besetzende Stelle bejaht hat und dies unter den Parteien auch nicht mehr streitig ist.

25

(3) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist;er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

26

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Nach § 7 Abs. 1 AGG darf ein vorzeitiger Ausschluss eines Bewerbers/einer Bewerberin aus dem Auswahlverfahren demnach nicht in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit einem in § 1 AGG aufgeführten Grund stehen. Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a Abs. 1 BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Bewerber/innen haben vielmehr Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

27

cc) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

28

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

29

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen zum Vorstellungsgespräch einzuladen und versagt diesem damit die Chance, ihn von seiner Eignung zu überzeugen, kann darin eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen. Wird dem schwerbehinderten Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren, liegt eine weniger günstige Behandlung vor, als sie das Gesetz (§ 82 Satz 2 SGB IX) zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 48; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren kann demnach eine Benachteiligung sein, die in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 51; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 44, BAGE 127, 367).

30

dd) Lädt der öffentliche Arbeitgeber den sich bewerbenden schwerbehinderten Beschäftigten nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, kann darin allerdings nur dann eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen, wenn ihm die Schwerbehinderung des Stellenbewerbers/der Stellenbewerberin zum Zeitpunkt der benachteiligenden Maßnahme bekannt ist oder er diese kennen muss. Deshalb muss ein Bewerber, der seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen will, den (potentiellen) Arbeitgeber über die vorhandene Schwerbehinderung rechtzeitig in Kenntnis setzen, soweit dieser nicht bereits aus anderem Zusammenhang über diese Information verfügt. Andernfalls ist dem öffentlichen Arbeitgeber ein Verstoß gegen die bei der Bewerbung schwerbehinderter Menschen nach § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Verpflichtung objektiv nicht zurechenbar und es fehlt an der (Mit-)Ursächlichkeit der Behinderung für die benachteiligende Maßnahme(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28, BAGE 127, 367).

31

(1) Ein hinreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es diesem ermöglicht, die Schwerbehinderung des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 38; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Eine Information im Bewerbungsanschreiben (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 4 iVm. Rn. 35 ff.; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28 ff., 39, BAGE 127, 367 ) oder an gut erkennbarer Stelle im Lebenslauf (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 36; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) ist regelmäßig ausreichend (Klarstellung von BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - aaO). Unter Umständen kann auch eine rechtzeitige gesonderte Mitteilung genügen (vgl. etwa BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 39 zu einer vor Beginn des Auswahlgesprächs dem Arbeitgeber zugesandten Zusicherung der Bundesagentur für Arbeit mit dem Betreff „Gleichstellung gem. § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX …“).

32

(2) Zur Mitteilung der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann auch die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend sein ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 32 f.); allerdings genügt es nicht, wenn eine Kopie des Schwerbehindertenausweises lediglich den Anlagen zur Bewerbung beigefügt wird ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 37), ohne dass im Anschreiben oder im Lebenslauf hierauf ausreichend hingewiesen wird.

33

ee) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

34

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

35

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

36

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger eine ungünstigere Behandlung (auch) wegen der Behinderung erfahren hat und ihm deshalb eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

37

aa) Der Kläger hat gegenüber anderen Bewerbern und Bewerberinnen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, eine ungünstigere Behandlung erfahren. Hierüber streiten die Parteien nicht. Die Beklagte, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX als öffentliche Arbeitgeberin gilt, war gemäß § 82 Satz 2 SGB IX auch verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war sie im Fall des Klägers nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung des Klägers befreit. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorhandensein der fachlichen Eignung bejaht; dies greift die Revision nicht an.

38

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger der Beklagten seine Schwerbehinderung deutlich und ausreichend mitgeteilt hat und dass die weniger günstige Behandlung des Klägers demnach „wegen“ der Behinderung erfolgt ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

39

(1) Die Beklagte beruft sich auch in der Revision darauf, der Kläger habe sie in seinem Bewerbungsschreiben nicht hinreichend klar und deutlich über seine Schwerbehinderung informiert. Zum einen reiche es nicht aus, nur den Begriff der „Schwerbehinderung“ anzuführen, vielmehr sei auch der GdB anzugeben gewesen. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, im heutigen Berufsleben sei allgemein bekannt, dass zwischen einer Behinderung und einer Schwerbehinderung im Rechtssinne zu unterscheiden sei, existiere insbesondere „nach dem objektiven Empfängerhorizont“ nicht. Zudem ergebe sich aus dem Bewerbungsschreiben des Klägers nicht, dass die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Bewerbung vorgelegen habe.

40

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es im Zusammenhang mit der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers aus § 82 SGB IX ausreicht, über das Vorliegen einer „Schwerbehinderung“ zu informieren und dass es nicht zusätzlich erforderlich ist, den GdB mitzuteilen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats (insbesondere BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 33, 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht fest.

41

(a) Der Begriff der „Schwerbehinderung“ ist ein Rechtsbegriff, dem im Rechtsverkehr, vor allem im Arbeits- und Sozialrecht eine feste Bedeutung zukommt. Der Begriff der Schwerbehinderung ist in § 2 Abs. 2 SGB IX gesetzlich definiert. Nach dieser Bestimmung sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Weist ein/e Bewerber/in im Zusammenhang mit einer Bewerbung darauf hin, „schwerbehindert“ zu sein, ist deshalb - sofern nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte für ein abweichendes Begriffsverständnis gegeben sind - für den Arbeitgeber ohne Weiteres erkennbar, dass der Begriff iSd. in § 2 Abs. 2 SGB IX gegebenen Definition gemeint ist und damit beim Bewerber mindestens ein GdB von 50 vorliegt. Eine andere Funktion liegt im Zusammenhang mit einem Bewerbungsschreiben regelmäßig nicht nahe.

42

(b) Da nach § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen schwerbehindert sind, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und dies die Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers nach § 82 Satz 2 SGB IX auslöst, einen schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, ist eine (weitergehende) Angabe des im Einzelfall vorliegenden GdB nicht erforderlich. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten folgt auch aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte der anderen Seite, soweit sich eine solche hier ggf. aus einem Anbahnungsverhältnis ergeben sollte (vgl. dazu BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 28), nichts anderes. Zwar ist nicht auszuschließen, dass im Einzelfall wegen bestimmter Arbeitsanforderungen und/oder zur Erfüllung der Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (vgl. dazu BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42, BAGE 148, 158; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53, BAGE 147, 60) nähere Kenntnisse des Arbeitgebers zu Art und ggf. Umfang einer Behinderung erforderlich sein können und der Arbeitnehmer deshalb zu entsprechender Auskunft verpflichtet sein kann; um solch eine besondere Situation geht es vorliegend jedoch nicht.

43

(3) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger in seinem Bewerbungsschreiben hinreichend klar und deutlich auf eine zum Zeitpunkt der Bewerbung vorliegende Schwerbehinderung hingewiesen hat, ist ebenso revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

44

(a) Die Auslegung der Angaben des Klägers in seinem Bewerbungsschreiben durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat.

45

(b) Unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts einer revisionsgerichtlichen Kontrolle ohne Weiteres stand.

46

Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, der Kläger habe mit der Erklärung in seinem Bewerbungsschreiben: „Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren“, unzweideutig darauf hingewiesen, dass die Schwerbehinderung auch zum Zeitpunkt der Bewerbung bestand. Das Schreiben könne sinnvollerweise nicht dahin ausgelegt werden, dass der Kläger im Hinblick auf das Vorliegen einer Schwerbehinderung einen nicht mehr aktuellen Hinweis habe geben wollen.

47

Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht lässt weder eine Verletzung von Auslegungsregeln noch einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze erkennen. Vielmehr stützt insbesondere die Formulierung in der Erklärung des Klägers - aufgrund „meiner“ Schwerbehinderung - das vom Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis. Auch diese Formulierung legt die Annahme nahe, der Kläger habe auf eine aktuelle Schwerbehinderung hinweisen wollen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen wurden. Das Landesarbeitsgericht hat sich - im Gegenteil - eingehend mit der hier allein für die Auslegung maßgeblichen Erklärung des Klägers befasst. Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe lediglich eine vergangenheitsbezogene Mitteilung gemacht und damit nicht deutlich erklärt, dass er aktuell ein schwerbehinderter Mensch ist, hat sie keine Verstöße gegen Rechts- oder Erfahrungssätze und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung dargetan.

48

Dass die Beklagte nach eigenen Angaben „nicht erkannt hat“, dass sie aufgrund der Mitteilung des Klägers nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet war, diesen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, führt zu keiner anderen Bewertung. Von Bedeutung ist nicht, was sie tatsächlich erkannt hat, sondern was sie erkennen musste.

49

(4) Schließlich ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

50

(a) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat,sind nur eingeschränkt revisibel (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49, 63 mwN ). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

51

(b) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs hält das angefochtene Urteil auch insoweit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

52

Das Landesarbeitsgericht ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Beklagte in seinem Bewerbungsschreiben darauf hingewiesen hatte, dass er zum Zeitpunkt der Bewerbung schwerbehindert war, zutreffend davon ausgegangen, dass der Verstoß der Beklagten gegen ihre aus § 82 Satz 2 SGB IX folgende Verpflichtung, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, geeignet ist, die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zu begründen und hat dies gewürdigt. Ebenso gewürdigt hat es den von der Beklagten zur Widerlegung der Vermutung geleisteten Sachvortrag, sie habe eine mit einem GdB von 30 behinderte Bewerberin eingestellt. Insoweit hat es angenommen, mit diesem Vorbringen habe die Beklagte die Vermutungswirkung des § 22 AGG nicht widerlegt. Diese Würdigung lässt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es für die Frage, ob ein/e Bewerber/in diskriminierungsfrei vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde, nicht darauf ankommt, ob und ggf. zu welcher Einstellung es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich gekommen ist, revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Solche werden von der Revision auch nicht gerügt.

53

IV. Dem Kläger steht nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro zu. Die Bestimmung der Höhe der Entschädigung (vgl. hierzu näher BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158) ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 49). Das Landesarbeitsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro als angemessen erachtet. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

54

V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Rinck    

        

        

        

    N. Reiners    

        

        

Soost 

        

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der beklagten Stadt gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. Juni 2015 - 8 Sa 1374/14 - wird zurückgewiesen.

Die beklagte Stadt hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Stadt verpflichtet ist, dem Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung zu zahlen.

2

Der Kläger ist ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich alternative Energien. Ausweislich seines Schwerbehindertenausweises vom 12. Juli 2011 beträgt der Grad seiner Behinderung 50.

3

Die beklagte Stadt schrieb Mitte 2013 die Stelle eines „Techn. Angestellte/n EGr. 11 TVöD (VergGr. IVa/III BAT)“ aus. In der Stellenausschreibung heißt es auszugsweise:

        

Zu Ihren Aufgaben gehören: Verantwortliche Leitung des Sachgebietes >Betriebstechnik< mit den Gewerken Elektro, Heizung/Sanitär, Schreiner, Schlosser, Maler sowie Fahrer; Werkstattleitung, Personalführung, Fachaufsicht und Spitzensachbearbeitung; Verantwortung für Betrieb und Unterhaltung der technischen Anlagen und Gebäude des P; Abwicklung von Reparaturen, Wartung, Prüfung und baulicher Instandhaltung mittels eigener Mitarbeiter sowie Fremdfirmen; Organisation und Abwicklung von Servicedienstleistungen für Ausstellungen und Veranstaltungen; technische Abwicklung von Ausstellungen und Veranstaltungen; verantwortliche Bearbeitung zugewiesener Projektaufträge; Mitarbeit in Projektteams.

        

Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs- / Sanitär- / Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; langjährige Berufs- und Führungserfahrung; fundierte Kenntnis und sichere Anwendung der einschlägigen Regelwerke, insbes. der BetrSichV, UVV, MLAR, HausPrüfVO, HBO, VOB, VOL; Führungs- und Organisationskompetenz; Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit; soziale Kompetenz; Durchsetzungsvermögen; Verantwortungs- und Einsatzbereitschaft; selbstständiges Arbeiten; gute schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit; gute Kenntnisse der MS-Office-Programme; Bereitschaft zum gelegentlichen Dienst an Wochenenden und in den Abend- und Nachtstunden; Bereitschaft zur Weiterbildung; interkulturelle Kompetenz.

        

Hinweise: … Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt. …

        

…       

        

Ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen richten Sie bitte bis zum 30.08.2013 unter Angabe der Kennziffer X an den:

        

Magistrat der Stadt …“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 14. August 2013 auf die ausgeschriebene Stelle. In dem Bewerbungsschreiben heißt es:

        

„…    

        

In meiner langjährigen Tätigkeit als Zentralheizungs- und Lüftungsbauer (Meisterrolleneintrag) und staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich Alternative Energien habe ich umfangreiche Kenntnisse in den Bereichen Energieberatung und Management, Contracting, Energie- und Umweltrecht, Technischen Gebäudeautomation, Hygiene und Brandschutz erworben.

        

Neben der Objekt- und Projektleitung gehörte die Projektierung und Dokumentation der Anlagen und deren Technik zu meinem Aufgabengebiet. Darüber hinaus war ich Ansprechpartner für Kunden und Öffentlichkeitsarbeit.

        

Ebenso kenne ich mich im Bereich der Betriebliche Kostenrechnung (Angebotseinholung, Leistungsverzeichnis, Abrechnung, HOAI, VOB, usw.) aus.

        

Der Umgang mit der EDV, den gängigen Office-Anwendungen wie Excel, Word und Power Point und den einschlägigen Kommunikationsmitteln ist für mich selbstverständlich.

        

…“    

5

Dem Bewerbungsschreiben des Klägers waren eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises sowie ein insgesamt fünfseitiger tabellarischer Lebenslauf beigefügt, der auszugsweise folgende Angaben enthält:

        

BERUFSERFAHRUNG

        

10/07- 09/12

Projektsachbearbeiter, …

                 

Internationale Gebäudeautomation und Gebäudemanagementunternehmen, ca. 800 Mitarbeiter in Deutschland […]

                 

Aufgaben

                 

•       

…       

                 

•       

Unterstützung der Projektleiter bei der Verwaltung der einzelnen Projekte

                 

•       

…       

                 

•       

Objektleiter von vier Büroliegenschaften mit ca. je 5000 qm Bürofläche

                 

•       

…       

                 

•       

Ökologische und Ökonomische Objektführung

                 

•       

Beurteilung der Technischen Einrichtungen und Anlagenteile

                 

•       

…       

                 

•       

Führung der Objekttechniker

                 

•       

Beratung des Niederlassungsleiters

                 

•       

…       

                                   
        

09/04-08/09

Stellvertretender Betriebsleiter in Teilzeit, … Umwelttechnik, Alternative Energien, Energieberatung, Heizung, Lüftung und Sanitär

                 

Unterstützung des Geschäftsführers, ca. 4 Mitarbeiter in Deutschland,

                 

…       

        

08/04-06/06

Weiterbildung zum Staatlich geprüften Umweltschutztechniker, Techniker-schule, B, www.

                          
                 

Fachgebiet

                 

•       

Alternative Energien

                 

Inhalt

                 

•       

…       

        

…       

        

10/99-10/00

Obermonteur, … 4 Mitarbeiter

                 

Aufgaben

                 

•       

Montage von Heizungs-und Sanitäranlagen

                 

•       

…       

                 

•       

Ausbildung von Auszubildenden

                 

•       

…       

        

…       

        

08/96-10/99

Hausmeister und Technischer Leiter,

                 

…       

                 

Aufgaben

                 

•       

Instandhaltung der Haustechnik

                 

•       

Budgetverantwortlichkeit

                 

•       

Mitarbeiterführung

                 

•       

…       

                 

•       

Bauleitung

                 

…       

        

08/88-08/96

Obermonteur, … 3-5 Mitarbeiter,

                 

…       

        

AUSBILDUNG / STUDIEN

        

2011   

Fernstudium zum Baubiologen IBN

                 

…       

        

…       

        
        

2006   

Technikerschule B

                 

Abschluss: Staatlich geprüfter Umweltschutztechniker

                 

Fachbereich: Alternative Energien, …

        

…       

        
        

2006   

Technikerschule B

                 

Zusatzprüfung: Ausbilder der Ausbilder

                 

…       

        

…       

        
        

1978 - 1981

… Ausbildung Heizungs- und Lüftungsbauer

                 

Abschluss: Facharbeiter

                 

…       

        

1969 - 1978

Grund- und Hauptschule G

        

…“    

        
6

Auf die Stellenausschreibung der beklagten Stadt gingen bei dieser neben der Bewerbung des Klägers weitere 55 Bewerbungen ein.

7

Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und teilte ihm mit Schreiben vom 4. November 2013 mit:

        

„…    

        

Inzwischen wurde über die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle entschieden.

        

Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie hierbei nicht berücksichtigt werden konnten, da es hinsichtlich der Erfüllung der fachlichen Anforderungen einen besser qualifizierten Bewerber gab, der sehr ausgeprägte Fachkenntnisse sowie langjährige Berufserfahrung in allen genannten Gewerken vorweisen kann und zudem im besonderen Maße über die im Anforderungsprofil geforderte langjährige Führungserfahrung verfügt.

        

…“    

8

Mit seiner am 15. November 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die beklagte Stadt auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. mindestens drei Monatsgehältern à 2.861,96 Euro in Anspruch genommen.

9

Er hat die Auffassung vertreten, die beklagte Stadt habe ihn im Auswahlverfahren wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Die beklagte Stadt sei nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet gewesen, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine Einladung sei nicht deshalb entbehrlich gewesen, weil ihm offenkundig die fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle gefehlt habe. Aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung verfüge er über eine Qualifikation, die den in der Stellenausschreibung genannten Abschlüssen vergleichbar sei. Die geforderte langjährige Führungserfahrung habe er ua. während seiner Tätigkeit als Obermonteur gesammelt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die beklagte Stadt zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die allerdings 8.585,88 Euro nicht unterschreiten sollte.

11

Die beklagte Stadt hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei bei der Auswahlentscheidung für die zu besetzende Stelle nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Der Kläger sei schon kein Bewerber iSv. § 82 Satz 2 SGB IX gewesen. Der Begriff der Bewerbung iSv. § 82 Satz 2 SGB IX sei restriktiv dahin auszulegen, dass eine Bewerbung nur vorliege, wenn dem Bewerbungsschreiben prüffähige neutrale Unterlagen, insbesondere Zeugnisse, beigefügt seien. Nur dann sei der öffentliche Arbeitgeber in der Lage, sachgerecht zu prüfen, ob der Interessent geeignet sei oder ob dies offensichtlich nicht der Fall sei. Desungeachtet sei sie nicht verpflichtet gewesen, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, da der Kläger für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet iSv. § 82 Satz 3 SGB IX sei. Der Kläger habe das zwingende Anforderungsprofil der Stellenausschreibung offensichtlich nicht erfüllt. Vergleichbar qualifiziert iSd. Stellenausschreibung sei nur, wer aufgrund seiner schulischen und beruflichen Ausbildung, seiner beruflichen Tätigkeit oder aufgrund anderweitig erworbener Kenntnisse denjenigen Stand an Kenntnissen habe, der durch die in der Ausschreibung genannten Ausbildungsabschüsse vermittelt würde. Zwar habe der Kläger eine Ausbildung zum Heizungs- und Lüftungsbauer abgeschlossen; in diesem Bereich sei er allerdings weder Meister noch staatlich geprüfter Techniker. Im Vordergrund seiner Ausbildung zum staatlich geprüften Umweltschutztechniker hätten die ökologische und ökonomische Energieverwendung und der Einsatz alternativer Energien und damit nur ein Spezialbereich der geforderten Gewerke „Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik“ gestanden. Ebenso habe der Kläger in seiner Bewerbung keine „langjährige Führungserfahrung“ und „Führungskompetenz“ nachgewiesen. Dass der Kläger nicht wegen seiner Behinderung diskriminiert worden sei, ergebe sich auch daraus, dass sie im Übrigen alle ihr nach dem SGB IX obliegenden Pflichten erfülle.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem vom Kläger angegebenen Mindestumfang stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten Stadt hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil - unter Klageabweisung im Übrigen - teilweise abgeändert und dem Kläger eine Entschädigung iHv. eines Monatsgehalts, dh. iHv. 2.861,96 Euro zugesprochen. Mit ihrer Revision verfolgt die beklagte Stadt ihr Begehren nach vollständiger Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der beklagten Stadt ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der beklagten Stadt gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zu Recht teilweise zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist in Höhe des vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Betrages begründet. Die beklagte Stadt hat den Kläger im Auswahlverfahren entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt, weshalb sie ihm nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung schuldet. Die vom Landesarbeitsgericht mit 2.861,96 Euro bestimmte Höhe der Entschädigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

14

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die beklagte Stadt ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 143).

15

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

16

III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 82 Satz 2 SGB IX.

17

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

18

Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

19

2. Der Kläger wurde von der beklagten Stadt unmittelbar wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt iSv. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

20

a) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

21

aa) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an (vgl. etwa BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 20).

22

bb) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 25; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

23

cc) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

24

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12  - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 -  C-54/07  - [Feryn] Rn. 32 , Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12  - Rn. 27 ). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

25

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 35; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

26

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger eine ungünstigere Behandlung wegen seiner Schwerbehinderung erfahren hat und dass ihm deshalb eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

27

aa) Der Kläger hat gegenüber dem letztlich eingestellten Bewerber sowie gegenüber anderen Bewerbern und Bewerberinnen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, eine ungünstigere Behandlung erfahren. Hierüber streiten die Parteien nicht.

28

bb) Der Kläger wurde im Auswahlverfahren auch wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Die beklagte Stadt war als öffentliche Arbeitgeberin iSd. § 71 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war sie nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX ausnahmsweise wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung des Klägers befreit.

29

(1) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24, BAGE 119, 262). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten (BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 27).

30

(2) Die beklagte Stadt hat gegen ihre Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX verstoßen, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

31

(a) Die beklagte Stadt kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, sie habe den Kläger bereits deshalb nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, weil dieser nicht Bewerber iSv. § 82 Satz 2 SGB IX gewesen sei. Der Kläger war „Bewerber“ iSv. § 82 Satz 2 SGB IX.

32

Der Begriff des Bewerbers iSv. § 82 Satz 2 SGB IX entspricht dem Bewerberbegriff nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Diese Bestimmung enthält einen formalen Bewerberbegriff, wonach derjenige Bewerber ist, der eine Bewerbung eingereicht hat. Bis zum Inkrafttreten des AGG regelte § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGB IX aF einen eigenständigen Entschädigungsanspruch für schwerbehinderte „Bewerber“ neben § 611a BGB(vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 113: entsprechend § 611a BGB und zur Umsetzung der RL 2000/78/EG). Mit dem AGG wurde sodann der Bewerberschutz auf alle Merkmale des AGG erweitert.

33

(b) Entgegen der Rechtsauffassung der beklagten Stadt ist der Begriff des Bewerbers iSv. § 82 Satz 2 SGB IX auch nicht deshalb restriktiv auszulegen, weil der öffentliche Arbeitgeber nur dann sachgerecht prüfen könnte, ob ein Interessent geeignet ist oder ob dies offensichtlich nicht der Fall ist, wenn dem Bewerbungsschreiben prüffähige neutrale Unterlagen, insbesondere Zeugnisse, beigefügt wurden. § 82 Satz 3 SGB IX regelt nicht den Begriff des Bewerbers; die offensichtlich fehlende fachliche Eignung iSv. § 82 Satz 3 SGB IX erlaubt es dem öffentlichen Arbeitgeber nur, ausnahmsweise von der Einladung eines schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch abzusehen.

34

(3) Die beklagte Stadt war - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - von der Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, auch nicht ausnahmsweise nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit.

35

(a) Zur Beurteilung der fachlichen Eignung des/der Bewerbers/Bewerberin ist auf das in der veröffentlichten Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil abzustellen. Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Arbeitgeber die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07  - Rn. 18, BVerfGK 12, 284 ). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind. Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner - der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten - verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 30 mwN). Bei der Erstellung des Anforderungsprofils ist der öffentliche Arbeitgeber an die gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben gebunden (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 22, BVerwGE 139, 135). Er hat das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien anzufertigen.

36

„Offensichtlich” fachlich nicht geeignet ist, wer „unzweifelhaft” insoweit nicht dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht (vgl. BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 32; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 27). Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigen es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen können (BeckOK SozR/Gutzeit Stand 1. Dezember 2014 SGB IX § 82 Rn. 1). Der schwerbehinderte Mensch soll nach § 82 Satz 2 SGB IX die Chance haben, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren und den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen(vgl. etwa BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 29; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, BAGE 131, 232).

37

Ob der schwerbehinderte Mensch für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet ist, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil und dem (fachlichen) Leistungsprofil des Bewerbers oder der Bewerberin zu ermitteln (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 20, BVerwGE 139, 135; ähnlich Schröder in Hauck/Noftz SGB IX Stand November 2015 K § 82 Rn. 6). Lassen bereits die Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei erkennen, dass die durch das Anforderungsprofil zulässig vorgegebenen fachlichen Kriterien nicht erfüllt werden, besteht für den öffentlichen Arbeitgeber keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen (vgl. Wiegand in Wiegand SGB IX Teil 2 Schwerbehindertenrecht Stand September 2015 § 82 Rn. 5).

38

Zwar trifft den öffentlichen Arbeitgeber in einem Prozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der/die schwerbehinderte Bewerber/in offensichtlich fachlich ungeeignet ist. Bei § 82 Satz 3 SGB IX handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, nach dem die nach § 82 Satz 2 SGB IX erforderliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch „entbehrlich“ ist(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 9; aA wohl Knittel SGB IX 9. Aufl. § 82 Rn. 34). Allerdings muss der öffentliche Arbeitgeber bereits im Verlauf des Auswahlverfahrens prüfen und entscheiden können, ob er einen schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss oder ob er nach § 82 Satz 3 SGB IX von der Verpflichtung zur Einladung befreit ist. Diese Prüfung und Entscheidung muss der/die schwerbehinderte Bewerber/in dem öffentlichen Arbeitgeber durch entsprechende Angaben zu seinem/ihrem fachlichen Leistungsprofil in der Bewerbung bzw. den beigefügten Bewerbungsunterlagen ermöglichen. Kommt der/die Bewerber/in dieser Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nach, geht dies regelmäßig zu seinen/ihren Lasten. Auch in einem solchen Fall besteht für den öffentlichen Arbeitgeber regelmäßig keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

39

(b) Danach ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die beklagte Stadt sei von der Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht ausnahmsweise nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

40

(aa) Entgegen der Rechtsauffassung der beklagten Stadt war der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Die beklagte Stadt war aufgrund der Angaben des Klägers in seinen Bewerbungsunterlagen ohne Weiteres in der Lage zu prüfen und zu entscheiden, ob sie den Kläger nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einladen musste oder ob sie hiervon nach § 82 Satz 3 SGB IX absehen durfte. Der Kläger hatte in seinem Bewerbungsschreiben Angaben zu seiner fachlichen Qualifikation gemacht und diesem Schreiben einen ausführlichen Lebenslauf beigefügt, in dem er seine Abschlüsse, Ausbildungsstationen, die Ausbildungsinhalte und seine bisherigen beruflichen Tätigkeiten im Einzelnen erläutert hat. Dass der Kläger seinen Bewerbungsunterlagen keine Zeugnisse beigefügt hatte, führt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - nicht zu einer anderen Bewertung. Da die beklagte Stadt in der Stellenausschreibung keine bestimmte Note als Mindestqualifikation gefordert hat, wäre der Kläger auch dann zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen gewesen, wenn er schlechte Zeugnisnoten gehabt hätte (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 22, 24, BVerwGE 139, 135). Nach § 82 Satz 2 SGB IX müssen schwerbehinderte Bewerber/innen zwingend zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Dies gilt auch dann, wenn eine Sichtung der Bewerbungsunterlagen sicher ergibt, dass andere Bewerber deutlich besser geeignet sind. Im Falle schwerbehinderter Bewerber soll der persönliche Eindruck entscheidend sein und nicht die „Papierform“ (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22 und 28, BAGE 131, 232). Im Übrigen hat die beklagte Stadt die fachliche Eignung des Klägers auf der Grundlage des von diesem vorgelegten Lebenslaufs beurteilt und ist zu der Einschätzung gelangt, dass dem Kläger die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

41

(bb) Dem Kläger fehlte - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat - auch nicht offensichtlich die fachliche Eignung. Zwar mag zweifelhaft sein, ob der Kläger letztlich für die zu besetzende Stelle fachlich geeignet war; Zweifel an der fachlichen Eignung des Klägers hätten aber - wie unter Rn. 36 ausgeführt - nicht ausgereicht, um von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen. Der Kläger hätte vielmehr offensichtlich, dh. unzweifelhaft fachlich nicht geeignet sein müssen. Diese Voraussetzung liegt - wie das Landesarbeitsgericht nach Würdigung aller Umstände zutreffend angenommen hat - nicht vor.

42

(aaa) Unstreitig verfügte der Kläger über einen Abschluss als staatlich geprüfter Umweltschutztechniker, zudem war er gelernter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer. Dieser Beruf ist - wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat - später in dem Nachfolgeberuf „Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“ aufgegangen. Darüber hinaus war der Kläger langjährig in den Bereichen Heizung, Lüftung und Sanitär tätig und während dieser Zeit in die Handwerksrolle (vom Kläger als Meisterrolle bezeichnet) eingetragen. Er hatte darüber hinaus an der Technikerschule eine Zusatzprüfung „Ausbilder der Ausbilder“ abgelegt. Die damit erworbenen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse sind, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls festgestellt hat, auch Bestandteil einer Meisterprüfung, § 51a Abs. 3 HwO. Damit war jedenfalls nicht unzweifelhaft auszuschließen, dass der Kläger den Stand an Kenntnissen hatte, die durch die in der Ausschreibung genannten Ausbildungsabschlüsse „staatlich geprüfter Techniker“ oder „Meister“ im Gewerk „Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik“ vermittelt wurden, zumal die beklagte Stadt auch nicht erläutert hat, welche der drei Gewerke der Kläger mit seiner Qualifikation nicht ausreichend „vergleichbar“ abdeckte.

43

(bbb) Die beklagte Stadt kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die offensichtlich fehlende fachliche Eignung des Klägers ergebe sich daraus, dass dieser nicht über - den Kenntnissen eines staatlich geprüften Technikers oder Meisters „im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik“ - gleichwertige Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach verfüge. Auch insoweit fehlt es bereits an jeglichen Darlegungen der beklagten Stadt dazu, welche Kenntnisse in welcher Tiefe und Breite ein staatlich geprüfter Techniker oder Meister in den genannten Gewerken hat und warum diese Kenntnisse beim Kläger offensichtlich nicht vorhanden waren.

44

(ccc) Soweit das Vorbringen der beklagten Stadt zum Fehlen gleichwertiger Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach dahin zu verstehen sein sollte, dass sie geltend machen will, der Kläger sei deshalb offensichtlich fachlich ungeeignet, weil er offensichtlich nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TVöD (VergGr. IVa/III BAT) erfülle, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Ob der schwerbehinderte Mensch für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich nicht geeignet ist, ist, wie unter Rn. 37 ausgeführt, anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der Stelle und dem fachlichen Leistungsprofil des/der Bewerbers/Bewerberin zu ermitteln. Zwar ist der öffentliche Arbeitgeber - wie unter Rn. 35 ausgeführt - bei der Erstellung des Anforderungsprofils an die gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben gebunden; dies bedeutet allerdings nur, dass er - soweit die tarifliche Eingruppierung in Rede steht - keine höheren Anforderungen stellen darf, als dies nach den einschlägigen tariflichen Eingruppierungsmerkmalen erforderlich ist. Das Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle wird demnach durch die tariflichen Merkmale der in Aussicht genommenen Entgeltgruppe oder Vergütungsgruppe zwar begrenzt, aber nicht inhaltlich ausgefüllt. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - die vorgesehene Eingruppierung in der Stellenausschreibung angegeben wird. Dies folgt aus dem im Eingruppierungsrecht geltenden Grundsatz der Tarifautomatik. Der/die Beschäftigte wird nicht durch den Arbeitgeber eingruppiert, sondern ist eingruppiert. Mit der Angabe der Vergütungs- oder Entgeltgruppe (im Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung) wird danach nur wiedergegeben, welche Vergütungs- oder Entgeltgruppe der öffentliche Arbeitgeber bei Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsvorschriften als zutreffend ansieht (vgl. etwa BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 304/10 - Rn. 38; 17. Juli 2003 - 8 AZR 376/02 - zu II 2 a aa (3) der Gründe; 16. Februar 2000 - 4 AZR 62/99 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 93, 340).

45

Im Übrigen fehlt es an jeglichem Vorbringen der beklagten Stadt dazu, woraus sich konkret ergeben soll, dass gleichwertige Kenntnisse der Tiefe und der Breite nach erforderlich sein sollen. Zwar werden nach § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA für Eingruppierungen zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung zum BAT gemäß Anlage 3 TVÜ-VKA den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet. Insoweit sieht die Anlage 3 zum TVÜ-VKA vor, dass der Entgeltgruppe 11 TVöD die Vergütungsgruppen BAT III ohne Aufstieg nach II sowie BAT IVa mit Aufstieg nach III zugeordnet werden. Allerdings bestimmt die Vergütungsordnung zum BAT für Angestellte in technischen Berufen für die Eingruppierung sowohl in die Vergütungsgruppe IVa als auch in die Vergütungsgruppe III zunächst grundlegend, dass es sich entweder um einen technischen Angestellten mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen oder um einen sonstigen Angestellten handeln muss, der aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und seiner Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübt. Auf gleichwertige Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Breite und Tiefe des fachlichen Könnens kann zwar eine Rolle spielen bei der Frage, ob sich die Tätigkeit durch „besondere Schwierigkeit“ aus einer anderen Vergütungsgruppe oder aus einer anderen Fallgruppe derselben Vergütungsgruppe heraushebt. Auch bezieht sich die tarifliche Anforderung der „besonderen Schwierigkeit“ nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf die fachliche Qualifikation des/der Beschäftigten, also auf sein/ihr fachliches Können und seine/ihre fachliche Erfahrung. Verlangt wird ein Wissen und Können, das die Anforderungen einer anderen Vergütungsgruppe oder anderen Fallgruppe derselben Vergütungsgruppe in gewichtiger Weise übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, wie etwa Spezialkenntnissen (vgl. etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 37; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 36; 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - zu 1 f cc (1) der Gründe). Die beklagte Stadt hat jedoch nicht im Ansatz erläutert, aus welchem Grund welches fachliche Wissen und Können in welcher Tiefe und Breite für welche Eingruppierung in welche Vergütungsgruppe bzw. Fallgruppe verlangt wird.

46

(ddd) Der Kläger ist entgegen der Auffassung der beklagten Stadt auch nicht deshalb für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet, weil es ihm an der geforderten Führungserfahrung oder an einer Führungskompetenz fehlen würde. Der Kläger hatte in seiner Bewerbung angegeben, dass er über eine langjährige Tätigkeit als Führungskraft verfügt. Dies hat die beklagte Stadt nicht bestritten. Ob er insoweit Führungskompetenz erworben hat, lässt sich jedenfalls nicht zweifelsfrei ausschließen, sondern wäre im Vorstellungsgespräch zu klären gewesen.

47

(4) Schließlich ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die beklagte Stadt habe die Vermutung, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde, nicht widerlegt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

48

(a) Nicht nur die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, sondern auch die Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel. In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 28; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 50).

49

(b) Danach hält das angefochtene Urteil einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt. Seine Würdigung ist vollständig, rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

50

(aa) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend davon ausgegangen, dass es zur Widerlegung der auf den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX gestützten Kausalitätsvermutung nicht ausgereicht hätte, wenn die beklagte Stadt Tatsachen vorgetragen und ggf. bewiesen hätte, aus denen sich ergab, dass ausschließlich andere Gründe als die Behinderung für die Benachteiligung des Klägers ausschlaggebend waren, sondern dass hinzukommen musste, dass diese Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betrafen. Diese zusätzliche Anforderung folgt aus der in § 82 Satz 3 SGB IX getroffenen Bestimmung, wonach eine Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nur dann entbehrlich ist, wenn diesem die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. § 82 Satz 3 SGB IX enthält insoweit eine abschließende Regelung, die bewirkt, dass sich der (potentielle) Arbeitgeber zur Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität nicht auf Umstände berufen kann, die die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Die Widerlegung dieser Vermutung setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Diese Einschränkung gilt allerdings nur für den Bereich des öffentlichen Dienstes und nicht für private Arbeitgeber (vgl. etwa BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 45 mwN).

51

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat sodann angenommen, die beklagte Stadt habe solche Umstände nicht vorgetragen. Diese Würdigung lässt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vermutungswirkung eines Verstoßes gegen die in § 82 Satz 2 SGB IX bestimmte Verpflichtung, den/die schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht dadurch aufgehoben wird, dass der Arbeitgeber in der Stellenausschreibung darauf hinweist, dass schwerbehinderte Bewerber bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden, revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Dasselbe gilt, sofern der Arbeitgeber die Bewerbungsunterlagen des/der schwerbehinderten Bewerbers/Bewerberin besonders sorgfältig prüft, die Pflichtquote erfüllt oder einem vermeintlichen Rechtsirrtum unterliegt.

52

3. Der Kläger hat gegen die beklagte Stadt einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG in der vom Berufungsgericht ausgeurteilten Höhe.

53

a) Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“(hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 16 mwN).

54

b) Der vom Landesarbeitsgericht auf 2.861,96 Euro bestimmte Entschädigungsbetrag ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat alle relevanten Umstände gewürdigt. Hiergegen wendet sich die beklagte Stadt auch nicht, insbesondere macht sie nicht geltend, das Landesarbeitsgericht habe Umstände nicht gewürdigt, bei deren Einbeziehung die Entschädigung hätte geringer ausfallen müssen.

55

IV. Die beklagte Stadt hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter     

        

    Roloff    

        

        

        

    Wroblewski     

        

    Wein     

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.