Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 04. Dez. 2017 - 3 Sa 143/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:1204.3Sa143.17.00
bei uns veröffentlicht am04.12.2017

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.02.2017 - 7 Ca 1555/16 - hinsichtlich der Ziffer 1 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, 5001,00 € Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den zuerkannten Betrag seit dem 07.05.2015 zu zahlen.

3. Die Berufung der Beklagten wird ebenso wie die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen.

4. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten Schadenersatz/Schmerzensgeld wegen unrechtmäßiger detektivischer Überwachung und nicht ordnungsgemäßer tatsächlicher Beschäftigung im bestehenden Arbeitsverhältnis verlangen kann.

2

Die Beklagte mit Sitz in B, ist ein im Bereich der Warehouse-Logistik als Software-Entwicklerin sowie Software-Vertriebs- und Beratungsgesellschaft tätiges Unternehmen. Zu ihren Kommanditisten zählt auch die A.-Holding GmbH des Klägers, deren Stammkapital von 25.000,-- EUR in Höhe von 20.049,-- EUR von der Beklagten gehalten wird.

3

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 18. Mai 1992 beschäftigt, zuletzt als "Chief Product Officer" auf der Grundlage des Vertrags vom 30.12.1996, der u.a. folgende Regelungen enthält:

§ 4

4

Wettbewerbsverbot, Verschwiegenheit

5

(1) Herrn A. ist es untersagt, sich unmittelbar oder mittelbar, gewerbsmäßig oder gelegentlich für eigene oder fremde Rechnung im Geschäftszweig der Gesellschaft zu betätigen, ein Unternehmen, das Geschäfte in dem Geschäftszweig der Gesellschaft betreibt (Konkurrenzunternehmen), zu erwerben, sich an einem solchen Unternehmen zu beteiligen oder es auf andere Weise zu unterstützen. Dieses Verbot gilt bis zum Ablauf von einem Jahr nach Ausscheiden des Herrn A. aus der Gesellschaft. Im Falle der Verletzung des Wettbewerbsverbotes gilt § 113 HGB entsprechend.

6

(2) Herr A. verpflichtet sich, über alle im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden geschäftlichen Angelegenheiten und Vorgänge, insbesondere auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Kunden der Gesellschaft, Stillschweigen zu bewahren.

§ 5

7

Vertragsdauer und Kündigung

8

(1) Dieser Vertrag tritt mit Wirkung zum 1. Januar 1997 in Kraft.

9

(2) Das Vertragsverhältnis wird auf eine Mindestdauer von fünf Jahren fest abgeschlossen, eine ordentliche Kündigung ist erstmalig zum 31.12.2001 möglich.

10

(3) Wird der Vertrag nicht zum 31. Dezember 2001 gekündigt, so verlängert er sich jeweils um 3 weitere Jahre, wenn er nicht zum Ende eines solchen Dreijahreszeitraums gekündigt wird.

11

(4) Nach Ablauf der Mindestlaufzeit gemäß Ziff. 2 ist das Vertragsverhältnis von beiden Parteien jeweils zum 31. Dezember eines Dreijahreszeitraumes gemäß Abs. 3 kündbar.

12

(5) Die Kündigung des Vertrages erfolgt mittels eingeschriebenen Briefs gegen Rückschein oder gegen schriftliches Empfangsbekenntnis gegen Rückschein oder gegen schriftliches Empfangsbekenntnis gegenüber dem anderen Vertragspartner, wobei das Datum des Zugangs gültig ist. Die Kündigung ist mit einer Frist von zwölf Monaten zum Kündigungstermin auszusprechen.

13

(6) Die Kündigung des Kommanditverhältnisses gilt abweichend von Abs. 2 bis 4 gleichzeitig als Kündigung dieses Tätigkeitsvertrages. Umgekehrt ist die Kündigung dieses Tätigkeitsvertrages gleichzeitig als Kündigung des Kommanditverhältnisses mit der Gesellschaft zu behandeln.

14

(7) Wird die Tätigkeit von Herrn A. vorzeitig ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet, so ist eine Vertragsstrafe in Höhe einer zehnfachen Tätigkeitsvergütung gemäß § 2 Nr. 1 zur Zahlung fällig. Die Vertragsstrafe ist im Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit fällig und kann gegen eine Restvergütung aufgerechnet werden."

15

Anfang Mai 2014 teilte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten mit, dass er das Unternehmen gerne verlassen möchte. Daraufhin führten die Parteien ab Mai 2014 Verhandlungen über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und das Ausscheiden der A.-Holding GmbH aus der E.-Gruppe; hinsichtlich der Darstellung der Verhandlungen durch die Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug wird auf Bl. 48 ff., 56 ff., 159 ff., 250 ff. d.A. zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Nachdem der Kläger im Juli 2014 zunächst bis zum 31. Juli 2014 freigestellt worden war und seiner weiteren Freistellung über den 31. Juli 2014 hinaus mit Schreiben vom 21. Juli 2014 widersprochen hatte, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juli 2014, dass der Kläger auch über den 31. Juli 2014 hinaus bis auf weiteres von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt werde. Mit Schreiben vom 29. Juli 2014, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 192 ff. d. A. Bezug genommen wird, lehnte der Kläger den von Seiten der Beklagten unterbreiteten Vorschlag zur Regelung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab und teilte der Klägerin u.a. Folgendes mit:

16

"(…)

17

Unser Mandant will arbeiten; eine Teilübergabe der von ihm betreuten Objekte war nur deshalb erfolgt, weil er aufgrund des Fortgangs der Gespräche in der ersten Phase von einer umfassenden Regelung auf beiden Ebenen ausgegangen war. Wir fordern die E. GmbH & Co. KG deshalb auf, bis

18

morgen Mittag 12 Uhr

19

rechtsverbindlich zu erklären, dass die Freistellung aufgehoben wird. Wird diese Erklärung nicht abgegeben, behält sich unser Mandant sämtliche arbeitsrechtlichen Schritte vor, insbesondere auch eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages."

20

Daraufhin erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 2014 für die Zeit vom 01. August bis 05. September 2014 unter Aufhebung der mit Schreiben vom 24. Juli 2014 erklärten Freistellung Erholungsurlaub. Nachdem der Kläger die Urlaubserteilung allerdings nicht akzeptierte und am 01. August 2014 im Firmengebäude in B. erschien, wurde er von der Beklagten mit Schreiben vom 01. August 2014 schriftlich des Hauses verwiesen.

21

Daraufhin teilte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 04. August 2014, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 198 d. A. Bezug genommen wird, Folgendes mit:

22

"Sehr geehrter Herr Kollege S.,

23

unser Mandant hat bekanntlich am 01. August 2014, um 08:00 Uhr, seine Arbeitsleistung bei ihrer Mandantin angeboten. Ihre Mandantschaft hat diese nicht angenommen und darüber hinaus unseren Mandanten des Hauses verwiesen. Wir hatten Ihnen bereits mitgeteilt, dass Ihre einseitige Urlaubs-erteilung rechtswidrig ist. Der nunmehr erteilte Hausverweis ist auch unter Anbetracht der Stellung unseres Mandanten im Unternehmen als Führungskraft und Gesellschafter schikanös und als eine erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts unseres Mandanten zu werten. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten mahnen wir Ihre Mandantschaft hiermit ausdrücklich ab.

24

Unser Mandant wird am 22. August 2014, um 12:00 Uhr (= 15,5 Arbeitstage) erneut seine Arbeitsleistung anbieten. Ihrer Mandantschaft wird seitens unseres Mandanten letztmalig die Möglichkeit eingeräumt, unseren Mandanten wieder vertragsgemäß zu beschäftigen. Unser Mandant hat bereits am 21. Juli 2014 einer weiteren Freistellung widersprochen und mitgeteilt, dass er seine Beschäftigung wieder aufnehmen möchte. Soweit Sie behaupten, dass "Projekte und anstehende Arbeitsaufgaben neu organisiert werden müssen", hat Ihre Mandantschaft seit dem 21. Juli bis zum 22. August 2014 mit einer Frist von mehr als einem Monat ausreichend Zeit, dies zu tun.

25

Sie selbst haben die mit Ihrem Schreiben vom 24. Juli 2014 von Ihnen er-klärte weitere Freistellung mit Ihrem Schreiben vom 30. Juli wieder aufgehoben. Im Hinblick auf Ihre Ankündigung "zwecks Arbeitsaufnahme" auf die Sache zurückzukommen, stellen auch Sie den Beschäftigungsanspruch unseres Mandanten offensichtlich nicht in Frage. Vorsorglich verweisen wir auf die Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zum Beschäftigungsanspruch, der diesem Grundrechtsschutz zukommen lässt.

26

Sollte Ihre Mandantschaft dennoch am 22. August 2014 erneut die - vertragsgemäße - Beschäftigung unseres Mandanten verweigern, wird unser Mandant das Anstellungsverhältnis fristlos kündigen.

27

Der guten Ordnung halber dürfen wir darauf hinweisen, dass Ihre einseitige Urlaubserteilung der Urlaubstage für 2014 damit nicht von unserem Mandanten akzeptiert wird. Vielmehr werden wir dies einer gerichtlichen Klärung zuführen. Dies gilt auch für die Erteilung des anteiligen Urlaubsanspruches für 2015."

28

Mit Schreiben vom 05. August 2014 bot die Beklagte dem Kläger an, die Arbeit am Montag, dem 11. August 2014, in den "neuen Büroräumen" unter der Anschrift X-A-Stadt wieder aufzunehmen und verwies im Übrigen darauf, dass die Arbeitsaufnahme auch erst am 22. August 2014 an diesem Arbeitsort erfolgen könne, wenn er die Urlaubsfestlegung akzeptiere. Mit Schreiben vom 06. August 2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Arbeit am Montag, den 11. August 2014, wieder aufnehmen werde. Per E-Mail vom 13. August 2014 nahm der Kläger zu dem ihm übertragenen Projekt im Einzelnen Stellung und führte aus, warum er dieses nicht für sinnvoll halte und es sich für ihn am abgeschotteten Schreibtisch ohne Diskussion mit den Experten und ohne Zugriff auf Dokumentationen als nicht realisierbar darstelle. Nachdem die weiteren Verhandlungen zwischen den Parteien scheiterten, forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29. August 2014 zur Arbeitsaufnahme in den Geschäftsräumen in A-Stadt, X, auf. Mit Schreiben vom 03. September 2014 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung wegen unentschuldigten Nichterscheinens zur Arbeit am 01., 02. und 03. September 2014. Mit Schreiben vom 03. September 2014 wies der Kläger die Abmahnung der Beklagten als rechtwidrig zurück und verlangte die Sicherstellung einer vertragsgemäßen Beschäftigung mit dem Inhalt, dass er in seinem Büro am Sitz der Firma in B. seine Tätigkeit aufnehmen könne. Dabei verwies der Kläger darauf, dass er seine Versetzung in ein Privathaus im X in A-Stadt als vertragswidrig erachte und ihm der übliche Zugang ins Unternehmensnetzwerk zu gewährleisten sei. Daraufhin antwortete die Beklagte mit E-Mail vom 03. September 2014, dass es nicht um eine "Versetzung" gehe, sondern dass sie lediglich ihr Direktionsrecht ausgeübt habe und insbesondere aus Gründen der "Vertraulichkeit" die Tätigkeit im Büro in A-Stadt erforderlich sei, so dass der Kläger bei einem erneuten Erscheinen in B. an seinen Arbeitsplatz nach A-Stadt verwiesen werde. Am 04. September 2014 erschien der Kläger gleichwohl in den Geschäftsräumen der Beklagten in B., woraufhin ihm Hausverbot erteilt wurde. Mit Schreiben vom 04. September 2014 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung wegen Missachtung des ihm für die Geschäftsräume in B. erteilten Hausverbots.

29

Mit seinem daraufhin beim Arbeitsgericht Koblenz eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 08. September 2014 - 6 Ga 61/14 - begehrte der Kläger, im Betrieb der Beklagten "C-Straße in B." zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 30. Dezember 1996 als "Chief Product Officer" beschäftigt zu werden. Im Termin vom 08. Oktober 2014 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Koblenz - 6 Ga 61/14 - folgenden Vergleich, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 158 ff. der Akte 7 Ca 1540/16 des Arbeitsgerichts Koblenz Bezug genommen wird::

30

"V e r g l e i c h :

31

1. Die Parteien sind sich einig darüber, dass der Verfügungskläger beginnend ab heute bis einschließlich 15.11.2014 unter Fortzahlung der Arbeitsvergütung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt ist. Der Verfügungskläger wird bis zum 15.11.2014 keinen Beschäftigungsanspruch geltend machen.

32

2. Die Parteien sind sich ferner darüber einig, dass der Kläger beginnend mit dem 16.11.2014 vertragsgerecht beschäftigt wird nach Maßgabe des In-halts des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 30.12.1996 und mit der weiteren Maßgabe, dass der Hauptarbeitsplatz des Verfügungsklägers sich befindet in der R-straße X, B..

33

3. Die Parteien erklären im Übrigen übereinstimmend und als Absichtserklärung:

34

Wir werden zeitnah Verhandlungen aufnehmen zur Klärung und Ausräumung der gegenwärtig weiter offenen Rechtsfragen und der in tatsächlicher Hinsicht bestehenden Schwierigkeiten über die Fortsetzung und gegebenenfalls Abwicklung der Vertragsverhältnisse der Parteien.

35

4. Damit ist das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt."

36

Nachdem zwischen den Parteien auch in der Folgezeit keine Einigung erzielt werden konnte, erschien der Kläger am 17. November 2014, um 08:00 Uhr bei der Beklagten in B., C-Straße, zur Arbeitsaufnahme. Der dort anwesende Herr G., CFO der Beklagten, verwies zunächst auf das erteilte Hausverbot und informierte schließlich Herrn S., der sodann gemeinsam mit dem Kläger nach A-Stadt zu den dortigen Büroräumen fuhr. Daraufhin informierte der Kläger seine Prozessbevollmächtigten, die dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am gleichen Tag um 09:48 Uhr folgendes Telefax-Schreiben übermittelten:

37

"Sehr geehrter Herr Kollege S.,

38

in der oben genannten Angelegenheit hat unser Mandant heute Morgen um 08:00 Uhr seine Arbeitsleistung am Firmensitz C-Straße, B. ordnungsgemäß angeboten. Es wurde ihm sodann mit-geteilt, er habe "Hausverbot". Unser Mandant wurde aufgefordert, weiter am Projekt "XY" in A-Stadt, X., zu arbeiten. Unser Mandant hat sich unter Protest nach A-Stadt begeben. Er musste feststellen, dass ihm kein Netzwerkzugang zur Verfügung steht.

39

Die Parteien haben sich bekanntlich im Vergleich vom 08.10.2014 vor dem Arbeitsgericht Koblenz dahingehend vereinbart, dass unser Mandant ab dem 16.11.2014 vertragsgerecht beschäftigt wird und der Hauptarbeitsplatz sich in der XY-straße , B. befindet.

40

Wir haben Ihre Mandantschaft aufzufordern, unverzüglich, spätestens bis

41

heute Mittag, 12:00 Uhr

42

unseren Mandanten vertragsgerecht am Arbeitsplatz in der XY-straße , B. zu beschäftigen.

43

Sollte eine fristgemäße vertragsgerechte Beschäftigung nicht erfolgen, wird unser Mandant das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen."

44

Daraufhin erwiderte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten um 11:58 Uhr wie folgt:

45

"Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,

46

wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom heutigen Tage.

47

Nach dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Koblenz wurde vereinbart, Ihren Mandanten ab dem 16.11.2014 zu beschäftigen auf der Basis des Arbeitsvertrages mit dem Hauptarbeitsort B.. Sonstige Regelungen wurden nicht getroffen, so dass sich die Sachlage nicht geändert hat gegenüber dem Zeitpunkt vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Zu erwähnen ist insbesondere, dass Ihr Mandant mehrfach, auch vor dem Arbeitsgericht Koblenz, erklärt hat, er werde für den Arbeitgeber nicht mehr arbeiten. Es ist daher ernsthaft zu bezweifeln, ob Ihr Mandant überhaupt arbeitswillig ist.

48

Ungeachtet dessen ist die von Ihnen gesetzte Frist unangemessen, insbesondere unter Berücksichtigung, dass sich der Unterzeichner in einer Fort-bildungsveranstaltung befindet und somit erst im Laufe des Nachmittages die Angelegenheit mit der Partei abgestimmt werden kann.

49

Wir werden Ihnen daher im Laufe des Tages, bis 18.00 Uhr, mitteilen, welche Tätigkeit an welchem Ort Ihrem Mandanten ab morgen 8.00 Uhr zugewiesen werden."

50

Daraufhin kündigte der Kläger, der zuvor keine ordentliche Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe des § 5 des schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages erklärt hatte, mit Schreiben vom 17. November 2014, das der Beklagten am gleichen Tag zuging, sein Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Die Wirksamkeit dieser von der Beklagten mit Klage vom 20.11.2014 (Arbeitsgericht Koblenz 10 Ca 4437/14) angefochtenen Beendigungserklärung steht zwischenzeitlich rechtskräftig fest (LAG Rheinland-Pfalz 11.02.2016 – 2 Sa 338/15; BAG 29.07.2016 – 2 AZN 439/16).

51

Am 08.09.2014 beauftragte die Beklagte die Detektei W. mit der Beobachtung des Klägers sowie weiterer Arbeitnehmer dahingehend, ob und inwieweit sich diese wettbewerbswidrig verhielten. Diese Überwachung fand jedenfalls vom 11.09.2014 bis zum 20.11.2014 statt.

52

Am 29.10.2014 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts Koblenz die P. GmbH mit folgendem Unternehmensgegenstand eingetragen: "Erbringung von Dienstleistungen sowie Organisation, Koordination, Beratung, Erstellung von Konzepten, Optimierung von Betriebsabläufen sowie Programmierung im Bereich Logistik sowie zugehörige Softwarelösungen". Geschäftsführer der P. GmbH ist der Vater des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten. Zu den Gesellschaftern zählen auch die weiteren, neben dem Kläger beobachteten Arbeitnehmer der Beklagten. Nicht als Gesellschafter beteiligt an der P. GmbH ist freilich der Kläger. Die P. GmbH mietete im Industriegebiet in W. unter der Adresse „E.“ Geschäftsräume an. Am 30.09.2014 meldete sie beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke „P.“ zur Gemeinschaftsmarke 12345 an. Unter demselben Datum meldete die P. GmbH die Domain www..de bei der D. an.

53

Im September und Oktober 2014 beobachtete die Detektei zunächst zahlreiche Treffen von manchen oder allen der Beobachteten, u.a. auch mit dem Vater des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, sowie die Besichtigung von Büroräumen durch diese.

54

Im November 2014 beobachtete die Detektei dann zudem, dass der Vater des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten sowie einer der beobachteten Arbeitnehmer sich mit Kunden der Klägerin trafen. Im Einzelnen waren dies Besuche bei den Firmen O. am 04.11.2014, bei der E. GmbH & Co. KG am 10.11.2014, bei der F. am 12.11.2014 und bei der H. GmbH & Co. KG am 13.11.2014. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der detektivischen Überwachung wird auf. Bl. 359 ff. d.A. Bezug genommen.

55

Im September 2014 kündigten in der Zeit vom 10.09.2014 bis zum 29.09.2014 insgesamt 13 Arbeitnehmer der Beklagten ihr Arbeitsverhältnis mit dieser; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 52 d.A. Bezug genommen.

56

Der Kläger hat vorgetragen, die Überwachung durch einen Detektiv sei vorliegend unzulässig gewesen. Deshalb stehe ihm ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von mindestens 5.000 Euro zu. Durch die Beobachtung habe bei ihm ein abstraktes Gefühl des permanenten „Beobachtetseins“ bestanden. Erschwerend komme hinzu, dass auch sein Kontakt mit den Rechtsanwälten Gegenstand der Beobachtung gewesen sei. Neben der der Beobachtung durch die Detektei sei sein Auto auch mittels zweier GPS-Sender überwacht worden. Zudem stehe ihm ein weiteres Schmerzensgeld, gleichfalls in Höhe von mindestens 5.000 Euro, für die Behandlung zu, die zur außerordentlichen Kündigung vom 17.11.2014 geführt habe.

57

Der Kläger hat beantragt,

58

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 10.000,00 EUR, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den zuerkannten Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

59

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger  sämtlichen künftigen weiteren immateriellen Schaden aus der   detektivischen Beobachtung ab dem 10.09.2014 durch die Detektei W. zu ersetzen.

60

Die Beklagte hat beantragt,

61

die Klage abzuweisen.

62

Die Beklagte hat vorgetragen, aus ihrer Sicht habe der Kläger gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen. Ihr gegenüber sei eine „Kündigungswelle“ durch weitere Arbeitnehmer angekündigt worden. Teil der Strategie der P. GmbH sei es zudem gewesen, sich durch den Verlust der Arbeitskraft von Mitarbeitern und Know-How bei der Beklagten durch die Kündigungen der Arbeitnehmer einen Vorteil zu verschaffen. Auch aus der von ihr verwandten Software sowie einer „spontanen“ Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 05.09.2014 ergebe sich eine unzulässige Wettbewerbstätigkeit. Ohne diese Software seien lediglich begrenzt Beratungsleistungen möglich; hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten insoweit wird auf Bl. 44 ff. d.A. Bezug genommen. Schließlich habe es einen anonymen Hinweis an sie gegeben, wonach das geplante Konkurrenzunternehmen Software der Beklagten einsetzen wolle, was der Kläger mit Nichtwissen bestritten hat. Schließlich greife zu ihren Gunsten die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist von 3 Monaten ab Fälligkeit; insoweit wird auf das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 06.08.2015 (Bl. 43, 44 d.A. Bezug genommen.

63

Der Kläger hat auf diesen letzten Gesichtspunkt dahin repliziert, dass er vorträgt, dass mit ihm in seinem Arbeitsvertrag keine Ausschlussklausel vereinbart worden sei.

64

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Beklagte daraufhin durch Urteil vom 22.02.2017 - 7 Ca 1555/16 - verurteilt, an den Kläger 2.500,00 € nebst Zinsen zu zahlen, es hat des Weiteren festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftigen weiteren immateriellen Schaden aus der detektivischen Beobachtung ab dem 10.09.2014 durch die Detektei W. zu ersetzen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 443-461 d. A. Bezug genommen.

65

Gegen das ihm am 16.03.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 07.04.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 16.05.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat gegen das ihr am 16.03.2017 zugestellte Urteil durch am (Montag, den) 18.04.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 16.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 16.05.2017 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 16.06.2017 einschließlich verlängert worden war.

66

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor,

67

dass ihm mindestens 5.000,00 € Schmerzensgeld für den Tatkomplex "Isolation in A-Stadt" und weitere mindestens 5.000,00 € für den Tatkomplex "Rechtswidrige detektivische Überwachung" zustünde". Die Geschehnisse hinsichtlich des von der Beklagten ausgesprochenen herabwürdigenden wiederholten Hausverbots, die Isolation des Klägers im sogenannten "Büro" in A-Stadt und die Missachtung seines Beschäftigungsanspruchs, die aufgrund der Verfahren 10 Ca 4437/14 vor dem Arbeitsgericht Koblenz und dem Berufungsverfahren 2 Sa 338/15 vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gerichtsbekannt seien, hätten das Persönlichkeitsrecht des Klägers über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt schwer, zielgerichtet und rechtswidrig verletzt. Dem insoweit anzuerkennenden Genugtuungsinteresse des Klägers sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts allein durch die Zuerkennung eines außerordentlichen Kündigungsrechts, das zwischenzeitlich rechtskräftig ausgeübt worden sei, nicht Genüge getan. Hinzu komme die herabwürdigende Behandlung des Klägers über einen Zeitraum von etwa Juli 2014 bis Mitte November 2014. Die angestrebte Einigung zwischen den Parteien sei letztlich daran gescheitert, dass die Beklagte gar nicht ernsthaft einigungsbereit gewesen sei. Die besondere Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung folge auch daraus, dass der Kläger im großelterlichen Wohnzimmer weit abseits des Unternehmenssitzes B. isoliert worden sei, dem wiederholten Ausspruch unberechtigter Abmahnungen sowie dem mehrfach erteilten Hausverbot. Insoweit seien auch Aspekte des Ehrenschutzes zu berücksichtigen, der u. a. auf den Schutz gegen herabsetzende, entwürdigende Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet sei. Die teilweise Entziehung von wesentlichen Aufgaben sei nicht anders zu bewerten, als eine völlige Suspendierung.

68

Hinsichtlich der rechtswidrigen detektivischen Überwachung müsse berücksichtigt werden, dass sie besonders lange und umfassend, fast täglich über etwa zwei Monate hinweg erfolgt sei. Der Privatdetektiv sei dabei auch entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts in ganz erheblichem Umfang in den Privatbereich des Klägers eingedrungen, in dem er private Gespräche protokolliert habe, die er wie folgt wahrgenommen haben wolle:

69

16.09.2014: Der Kläger soll zu Haus "XY", dem  Elternhaus des Herrn W., gefahren sein.

70

17.09.2014: Der Kläger trifft sich mit seinen Anwälten in der Rechtsanwaltskanzlei B..

71

19.09.2014: Der Kläger und Herr S. treffen sich in der X-Straße , L. in "K.".

72

24.09.2014: Der Kläger und Herr S. treffen sich angeblich in der X- Straße, L. in "K.".

73

25.09.2014: Der Kläger trifft sich mit seinen Rechtsanwälten in der Kanzlei XY

74

29.09.2014: Der Kläger trifft sich wiederum im Haus "A" in W.".

75

13.10.2014: Der Kläger trifft sich mit anderen in der ABC Brauerei.

76

Unzulässig sei es auch, dass der Arbeitgeber einen Privatdetektiv beauftrage, der seinen Mitarbeiter bis zu seinen Rechtsanwälten verfolge und dann schließlich genau dokumentiere, wie lange sich der jeweilige Arbeitnehmer bei seinen Rechtsanwälten aufgehalten habe.

77

Hinzukomme der Einsatz der GPS-Transponder.

78

Die Berufung der Beklagten sei demgegenüber weder zulässig noch begründet. Insbesondere sei die Beklagte nicht Inhaber einer ausschließlichen Lizenz über das alleinige weltweite Vertriebsrecht der Software X (Lagerführungssysteme) durch ihre Schwestergesellschaft E. GmbH. Es treffe nicht zu, dass insoweit Programmquellcodes nur in "begrenzten Ausnahmefällen und unter strengen Auflagen" an die Kunden veräußert worden seien. Vielmehr sei der Programmcode immer Bestandteil des Standard-Angebotsformulars an die Kunden. Die Programmquellen seien im Rahmen von Rabattverhandlungen oft verschenkt worden. Die Beklagte habe demgegenüber gegen den Willen der Betroffenen Zugriff genommen auf vorhandene private Fotos, Chats, E-Mails, SMS und sogar auf die privaten Apple-iCloudes u. a. der Kollegen, S., Sc. und L.. Die Privatnutzung von Laptops und Diensthandys durch die Mitarbeiter sei von der Beklagten erlaubend geduldet worden. Tatsachen, die einen konkreten Tatverdacht begründeten und somit eine detektivische Überwachung rechtfertigen könnten, seien ersichtlich nicht gegeben. Die Detektei W. habe im Auftrag der Beklagten exzessiv und rechtswidrig gehandelt. Insoweit tauche der Name des Klägers in den Ausführungen der Beklagten jeweils am 16.09.,17.09.,18.09., 19.09., 23.09., 24.09., 25.09, 29.09., 30.09., 07.10., 10.10., 13.10., 27.10., 28.10., 29.10., 03.11. und 14.11.2014 auf.

79

Es treffe nicht zu, dass der Kläger rechtswidrig ein Konkurrenzunternehmen errichtet, am Markt platziert oder Arbeitnehmer abgeworben habe, auch nicht, um Dienstleistungen an der "X" anzubieten, dass er bei der Errichtung und Marktplatzierung der Konkurrenzgesellschaft eine Schlüsselrolle übernommen habe, andere Arbeitnehmer bei der Errichtung und Marktpositionierung einer Konkurrenzgesellschaft unterstützt habe, die von dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten planmäßig als Konkurrenzgesellschaft in den Markt eintrete und um Kunden des Arbeitgebers werbe. Insoweit habe der Kläger gegen kein Wettbewerbsverbot verstoßen. Die Äußerungen dritter Personen seien ihm nicht zuzurechnen. Die Beklagte habe insgesamt bis heute zahlreiche unzufriedene Mitarbeiter verloren; auch dies könne dem Kläger nicht angelastet werden. Ein konkreter Verdacht, dass er, der Kläger, gegen das Wettbewerbsverbot verstoße, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Zwischen den Verhandlungen über ein zunächst vertraglich nicht vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot und/oder Kundenschutz sei es überhaupt nur deshalb gekommen, weil die Beklagte in dem mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrag ein unwirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot aufgenommen habe.

80

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 16.05.2017 (Bl. 532-552 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 553-558 d. A.), ihren Berufungserwiderungsschriftsatz vom 09.08.2017 (Bl. 767-798 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 799-818 d. A.) sowie ihre Schriftsätze vom 07.11.2017 (Bl. 903-909 d. A.) und vom 29.11.2017 (Bl. 922-925 d. A.) Bezug genommen.

81

Der Kläger beantragt:

82

1. Das   Urteil  des  Arbeitsgerichts  Koblenz  vom  22.02.2017,   Az.: 7 Ca 1555/16, wird im Tenor zu 1. dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den zuerkannten Betrag seit dem 07.05.2015 zu zahlen.

83

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.02.2017,  Az.: 7 Ca 1555/16,  wird als unzulässig verworfen.

84

Die Beklagte beantragt:

85

1. Die Berufung des Klägers wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

86

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.02.2017, Az.: 7 Ca 1555/16, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

87

Zur Verteidigung gegen die Berufung des Klägers wiederholt die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor,

88

ein widerrechtlicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei nicht gegeben, weil sie, die Beklagte, berechtigt gewesen sei, die detektivische Überwachung in Auftrag zu geben. Zumindest sei aber keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG seien insoweit gegeben. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit der Detektei habe die begründete Annahme gegen den Kläger vorgelegen, dass er Vertragspflichtverletzungen begehe, indem er gemeinsam mit anderen Arbeitnehmern der Beklagten ein Konkurrenzunternehmen errichte, dieses am Markt platziere sowie mit Schädigungsabsicht zum Zweck der Fortsetzung der Beschäftigung in einem Konkurrenzunternehmen weitere andere Arbeitnehmer der Beklagten abwerbe. Die Erhebung personenbezogener Daten durch die detektivische Überwachung sei für die Beklagte für die Durchführung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger erforderlich gewesen. Die Rechtsgrundsätze zu zulässigen Vorbereitungshandlungen in Bezug auf die Ausübung einer beabsichtigten Konkurrenztätigkeit seien nicht heranzuziehen. Denn es müsse berücksichtigt werden, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Eigenkündigung frühestens zum 31.12.2016 kündbar gewesen sei. Von erlaubten Vorbereitungshandlungen könne folglich keine Rede sein. Unterstütze ein Arbeitnehmer andere Arbeitnehmer bei der Errichtung und Marktpositionierung einer Konkurrenzgesellschaft, obwohl er noch für mindestens zweieinhalb Jahre dem arbeitsvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliege, so beeinträchtige er in nicht hinnehmbarer Weise das Interesse des Arbeitgebers, seinen Marktbereich uneingeschränkt und ohne Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer zur Verfügung zu haben. Zudem habe der Kläger sich auch arbeitsvertraglich dazu verpflichtet, ein Konkurrenzunternehmen nicht in anderer Weise zu unterstützen. Damit seien ihm auch Vorbereitungshandlungen in Bezug auf eine Konkurrenztätigkeit in jenem Ausmaß untersagt. Innerhalb der Belegschaft war die Sprache von Abwerbeversuchen und Abwerbemaßnahmen mit dem Hinweis gewesen, dass die Beklagte im September 2014 eine Kündigungswelle treffen werde. Die Detektei habe ihre Arbeit erst am späten Abend des 10.09.2014 nach Abgabe der ersten Kündigung im Betrieb der Beklagten aufgenommen. Insoweit seien also konkrete Anhaltspunkte für eine wettbewerbswidrige Tätigkeit zum Zeitpunkt des Tätigwerdens der Detektei gegeben gewesen. Zudem habe der Geschäftsführer der Beklagten zu Beginn im September 2014 und vor Tätigwerden der Detektei einen entsprechenden anonymen Hinweis erhalten. Die Aufrechterhaltung der detektivischen Überwachung sei im Verhältnis zu der Intensität des Eingriffs angemessen gewesen. Denn unmittelbar nach Aufnahme der Arbeit durch die Detektei seien weitere Umstände hinzugetreten, die den Verdacht intensiviert hätten, insbesondere die weiteren Kündigungen der Mitarbeiter ab dem 11.09.2014, das Auftreten von Herrn A., eines ehemaligen Arbeitnehmers der Beklagten als Vermittler zwischen der Geschäftsleitung der Beklagten sowie der anderen Gruppe der kündigenden Mitarbeiter rund um die Person des Klägers, die Eintragung der Wortmarke "P." zur Gemeinschaftsmarke beim Deutschen Patent-Markenamt, die am 19.10.2014 erfolgte Eintragung der P.GmbH und im Anschluss daran die Eintragung der P.12  GmbH ins Handelsregister des Amtsgerichts Koblenz.

89

Der Feststellungsantrag des Klägers sei unbegründet.

90

Die Einschätzung der Beklagten habe sich zudem zwischenzeitlich bestätigt; ausweislich der Liste der Gesellschafter der P.GmbH vom 13.01.2016 halte die G. GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter der Kläger sei, einen Anteil am Stammkapital der P.GmbH in Höhe von 29.900,00 €. Die Abwerbung sei insgesamt mit der klaren Absicht erfolgt, die Klägerin zu schädigen. Der Kläger habe insoweit, wie sich inzwischen herausgestellt habe, eine Schlüsselrolle bei der Richtung und Marktplatzierung der Konkurrenzgesellschaft übernommen. Bestätigt werde all dies durch die von der Beklagten eingezogenen betrieblichen Kommunikationsmittel. Insoweit wird hinsichtlich der Einzelheiten auf den Schriftsatz der Beklagten vom 24.07.2017 (Seite 6-9 = Bl. 671-674 d. A.) Bezug genommen.

91

Es treffe nicht zu, dass der Privatdetektiv in ganz erheblichem Umfang in den Privatbereich des Klägers eingedrungen sei. Die Intimsphäre sei durch die erforderliche Überwachungstätigkeit nicht betroffen gewesen.

92

Ein Anspruch auf Zahlung von Geld wegen der Behandlung im Arbeitsverhältnis stehe dem Kläger nicht zu. Denn der Kläger habe zumindest die diesbezüglich geltend gemachten Umstände bereits dazu genutzt, um seine außerordentliche und im Ergebnis auch erfolgreiche Kündigung zu begründen. Der Zahlung einer hierüber hinausgehenden Geldentschädigung bedürfe es nicht. Bereits Mitte des Jahres 2014 habe der Kläger seine Trennungsabsicht gegenüber den Geschäftsführern der Beklagten angezeigt. Er habe zudem durch Abschluss eines Treuhandvertrages sowie die Aufhebung des Ehevertrages durch Ausnutzung der gesellschaftsrechtlichen Satzungsbestimmungen beabsichtigt, aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, um dem vertraglichen Wettbewerbsverbot zu entgehen. Der Zuweisung der Tätigkeiten in A-Stadt hätten zudem sachliche Erwägungen zugrunde gelegen. Es fehle an einer mobbingtypischen Täter/Opfer/Konstellation. Insgesamt habe der Kläger planmäßig gehandelt, sein Beschäftigungsverhältnis zu der Beklagten aufzulösen. Im Verhandlungstermin vom 08.10.2014 habe der Kläger auf eine entsprechende Frage des Vorsitzenden Richters erklärt, er könne und werde unter den gegebenen Umständen nicht mehr für die Beklagte arbeiten. Insgesamt habe der Kläger durch sein Verhalten provoziert. Er habe beabsichtigt, Spannungen in das Arbeitsverhältnis zu bringen, um die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung zu schaffen und den Verhandlungsdruck auf die Beklagte zu erhöhen.

93

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird ihren Schriftsatz vom 16.06.2017 (Bl. 583-599 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 600, 601 d. A.), ihren Schriftsatz vom 24.07.2017 (Bl. 666-692 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 693-714 d. A.) sowie ihren Schriftsatz vom 29.09.2017 (Bl. 848-874 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 875-886 d. A.) Bezug genommen.

94

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

95

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 04.12.2017.

Entscheidungsgründe

I.

96

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist ebenso wie das der Beklagten form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, erweist sich somit als statthaft und auch im Übrigen insgesamt als zulässig.

II.

97

Allerdings hat in der Sache nur das Rechtsmittel des Klägers teilweise Erfolg. Demgegenüber erweist sich das Rechtsmittel der Beklagten als voll umfänglich unbegründet.

98

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann der Kläger von der Beklagten wegen der rechtswidrigen detektivischen Überwachung nicht nur die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2.500,00 €, sondern in Höhe von 5.000,00 € verlangen. Im Hinblick auf seine "Behandlung im Arbeitsverhältnis", die die Kammer als rechtswidrige Missachtung des im unstreitig zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis gegebenen Beschäftigungsanspruch qualifiziert, steht ihm dagegen lediglich eine Entschädigung in Höhe eines symbolischen Betrages von einem Euro zu.

99

Der Kläger kann vorliegend von der Beklagten hinsichtlich der von ihr veranlassten rechtswidrigen detektivischen Überwachung die Zahlung eines Schmerzensgeldes, eine Entschädigung in Höhe von 5.000,00 € verlangen.

100

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verletzung des Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes begründen kann. Denn gemäß § 823 Abs. 1 BGB hat der Einzelne, also auch der Arbeitnehmer, gegenüber jedermann das Recht auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit. Zwar ist dieses Recht nicht mit dem Persönlichkeitsgrundrecht gemäß Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG identisch; es entfaltet aber vielfach eine gleichartige Wirkung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sogenannte Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28.10.2010 EzA § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 10; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Arbeitsrechts, 14. Auflage 2018, Kapitel 3 Rn. 2341). Der Arbeitgeber ist insgesamt verpflichtet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht selbst durch Eingriff in deren Persönlichkeits- oder Freiheitssphäre zu verletzen, sie vor Belästigungen durch Mitarbeiter oder Dritte, auf die er einen Einfluss hat, zu schützen, einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern (Thüringisches LAG 10.04.2001 NZA-RR 2001 347). Nichts anderes folgt aus Artikel 8 Satz 1 EMRK (LAG Rheinland-Pfalz 27.04.2017 - 5 Sa 449/16).

101

Gemäß §§ 280 ff., 251 Abs. 2 BGB, 823 Abs. 1 BGB kommt analog § 253 Abs. 2 BGB bei schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Betracht (BAG 19.08.2010 - 8 AZR 530/09; 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13; DLW/Dörner a. a. O., Rn. 2413).

102

Ein auf § 823 Abs. 1 gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Falle einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BAG 19.02.2015 a. a. O.). Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, das die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, ist aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dabei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (BAG 19.02.2015, a. a. O.; 19.08.2010, a. a. O.; LAG Schleswig-Holstein 30.09.2014 - 1 Sa 107/14 - LAGE Artikel 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 27.04.2017 - 5 Sa 449/16; vgl. DLW-Dörner, a. a. O., Rn 2410 ff.).

103

Das Arbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend grundsätzlich gegeben sind. Es hat seine Auffassung wie folgt begründet:

104

"b) Die detektivische Überwachung war unzulässig.

105

Die Überwachung durch einen Detektiv ist im Arbeitsverhältnis dann zulässig, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird (BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 547/09, BB 2011, 958, Rn. 24.; v. 17.09.1998 – 8 AZR 5/97, NZA 1998, 1334).

106

Schon die erste Voraussetzung der Übertragung der Überwachung aufgrund eines konkreten Tatverdachts, ist nicht erfüllt. Denn im Zeitpunkt der Beauftragung des Detektivs LAG kein konkreter Verdacht bezüglich des Vorliegens einer vertragswidrigen Konkurrenztätigkeit gegen die Beklagten vor.

107

aa) Eine Konkurrenztätigkeit verstößt nur dann gegen die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, wenn ein Wettbewerbsverbot besteht.

108

Ein Wettbewerbsverbot kann sich explizit aus dem Arbeitsvertrag, aber auch aus ungeschriebenen Nebenpflichten ergeben. So ist dem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn keine entsprechenden individual- oder kollektivvertraglichen Regelungen bestehen (st. Rspr., s. nur BAG v. 24.03.2010 – 10 AZR 66/09).

109

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht ein Wettbewerbsverbot dagegen lediglich, wenn dies explizit vereinbart ist und eine Karenzentschädigung enthält, § 74 Abs. 2 HGB. Enthält es keine Karenzentschädigung, ist es nichtig (s. nur BAG v. 03.05.1994 – 9 AZR 606/92).

110

bb) Bei der Feststellung, ob überhaupt eine Wettbewerbshandlung vorliegt, ist auf die gefestigten Grundsätze zur Abgrenzung bloßer Vorbereitungshandlungen und der tatsächlichen Ausübung einer Wettbewerbstätigkeit zurückzugreifen.

111

Danach darf ein Arbeitnehmer, wenn kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart ist, schon vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden einen Vertrag mit einem konkurrierenden Arbeitgeber abschließen oder die Gründung eines eigenen Unternehmens - auch im Handelszweig seines Arbeitgebers - vorbereiten. Für die Abgrenzung der erlaubten Vorbereitungshandlung von der verbotenen Konkurrenztätigkeit ist entscheidend, ob durch das Verhalten des Arbeitnehmers bereits unmittelbar in die Geschäfts- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers eingegriffen wird.

112

Zulässig sind Vorbereitungshandlungen, durch die nur die formalen und organisatorischen Voraussetzungen für das geplante eigene Handelsunternehmen geschaffen werden sollen. Sie müssen sich aber in der Vorbereitung erschöpfen und dürfen nicht durch Kontaktaufnahme mit Kunden oder anderen Vertragspartnern des Arbeitgebers dessen Interessen gefährden (BAG, Urteil vom 28.09.1989 – 2 AZR 97/89, juris).

113

Gemessen an diesen Grundsätzen gelten zum Beispiel als zulässige Vorbereitungshandlung die Anmietung von Räumen, die Einrichtung und Ausstattung der Betriebsstätte, der Abschluss von Gesellschaftsverträgen sowie die Eintragung in das Handelsregister (Dörner in: Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Auflage, Kapitel 3 Rn. 404). Unzulässig ist dagegen das Vorfühlen bei potentiellen Kunden (BAG, Urteil vom 28.09.1989 – 2 AZR 97/89, juris). Damit nämlich wird unmittelbar in die Interessenssphäre des Arbeitgebers eingegriffen.

114

c) Da mangels Karenzentschädigung vorliegend für den Kläger kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bestand, läge ein Verdacht einer vertragswidrigen Konkurrenztätigkeit nur dann vor, wenn gerade ein Verdacht der (geplanten oder tatsächlich durchgeführten) Konkurrenztätigkeit während des laufenden Arbeitsvertrags im Zeitpunkt der Beauftragung der Detektei bestanden hätte. Ein solcher Verdacht bestand aber nicht.

115

So ergibt sich aus den Verhandlungen zwischen den Parteien zwar ein deutlicher Anhaltpunkt dafür, dass der Kläger eine Konkurrenztätigkeit an sich aufnehmen wollte. Denn nur so kann der Umstand gedeutet werden, dass gerade die Verhandlungen über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eine bedeutende Rolle gespielt haben. Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, dass es sich auch um eine unzulässige Konkurrenztätigkeit handeln würde, die dem vertraglichen Wettbewerbsverbot zuwider laufen würde. Vielmehr spricht gerade die Vehemenz des Klägers, mit der er sich gegen die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots aussprach, dagegen, dass er Konkurrenztätigkeit schlicht in Missachtung von bestehenden Wettbewerbsverboten ausüben wollte, und dafür, dass er zunächst einen Zustand schaffen wollte, in denen er rechtmäßig eine Konkurrenztätigkeit ausüben darf und danach erst diese beginnen wollte.

116

Auch aus den übrigen Umständen lässt sich der Verdacht für eine unzulässige, arbeitsvertragswidrige Konkurrenztätigkeit des Klägers und der übrigen Beobachteten vor Beginn der Detektivmaßnahmen nicht herleiten.

117

Soweit die Beklagte auf Kündigungen und deren Ankündigung abstellt, ergibt sich auch hieraus kein hinreichender Verdacht. Denn auch die Kündigungen einer Vielzahl von Arbeitnehmern sprechen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für eine vertragswidrige Konkurrenztätigkeit. So ist es Arbeitnehmern gerade keineswegs verboten, ihren Arbeitsvertrag zu kündigen um nach Ablauf der Kündigungsfrist eine Konkurrenztätigkeit aufzunehmen. Dabei ist es auch mehreren Arbeitnehmern gemeinsam nicht untersagt, dies gemeinschaftlich zu tun. Lediglich die aktive Abwerbung von (anderen) Arbeitnehmern stellt eine Konkurrenztätigkeit dar. Dafür, dass die Arbeitnehmer hier abgeworben wurden oder es dafür konkrete Hinweise gibt, hat die Beklagte aber nichts vorgetragen (was von der Gegenseite auch gerügt wurde, Bl. 17 d.A.). Im Gegenteil geht sie selbst von einem „gemeinsamen Entschluss“ aus (s. Bl. 31, 39 der Akte in der Sache 7 Ca 1540/16).

118

Auch aus dem Vortrag der Beklagten, der P. GmbH sei es darum gegangen, sich durch den Verlust von Arbeitskraft und Know-How bei der Beklagten durch die Kündigungen der Arbeitnehmer einen Vorteil zu verschaffen, ist nicht zu erkennen, inwiefern dies einen Wettbewerbsverstoß begründen, insbesondere, inwiefern dies über den (unsubstantiierten) Vorwurf des Abwerbens von Arbeitnehmern hinausgehen soll. Denn natürlich schadet es der Beklagten, wenn zahlreiche ihrer Arbeitnehmer kündigen und so Arbeitskraft und Know-How verloren geht. Dies allein ist aber nicht unzulässig, soweit die Kündigungen rechtmäßig sind und keine Abwerbung vorliegt. Für letzteres ist aber eben nichts dargetan.

119

Inwiefern sich aus einer „spontanen“ Arbeitsunfähigkeit des Klägers ein Verdacht einer wettbewerbswidrigen Tätigkeit ergeben soll, erschließt sich dem Gericht zudem nicht einmal im Ansatz.

120

Schließlich ergibt sich auch aus der von der Beklagten eingesetzten Software nichts anderes. Dies könnte allenfalls dann einen Verdacht begründen, wenn eine Konkurrenztätigkeit ausschließlich mit der Software der Klägerin möglich wäre. Das aber behauptet auch die Beklagte nicht. Denn die Beklagte trägt selbst vor, dass eine Konkurrenztätigkeit jedenfalls im begrenzten Umfang jedenfalls auch ohne ihre (angeblich) geschützte Software möglich ist. Soweit sich die Beklagte auf einen anonymen Hinweis bezieht, ist dieser Vortrag schon unsubstantiiert, da er nicht darlegt, wann, auf welche Weise und mit welchem genauen Inhalt der Hinweis erfolgt sein soll.

121

Dass zum Zeitpunkt der Beauftragung der Detektei offenbar noch kein Wettbewerbsverstoß vorlag (und jedenfalls kein hinreichender Verdacht), zeigt sich auch durch die Überwachungsergebnisse aus September und Oktober 2014. Denn während dieser Zeit wurden ausschließlich Treffen zwischen den Gesellschaftern der P. GmbH sowie Tätigkeiten zur Beschaffung von Büroräumen, also typische, auch schon im bestehenden Arbeitsverhältnis zulässige Vorbereitungshandlungen, beobachtet.

122

Ein Anlass für eine detektivische Überwachung und ein entsprechender Verdacht mögen sich dagegen durch die Besuche des Vaters des Geschäftsführers der Beklagten und einem der Arbeitnehmer bei den Kunden der Beklagten ergeben haben. Dies war aber erst im November 2014 und damit erst weit nach der Beauftragung der Detektei.

123

c) Es handelt sich auch um eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts, was sich allein schon durch die Dauer der Überwachung ergibt.

124

d) Der Anspruch scheitert auch nicht an einer Ausschlussfrist. Denn eine solche wurde zwar behauptet, aber nicht dargelegt. Im vorgelegten Arbeitsvertrag des Klägers (s. Bl. 122 ff. der Akte 7 Ca 1540/16) befindet sich eine solche jedenfalls nicht."

125

Diesen Ausführungen stimmt die Kammer voll inhaltlich zu und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

126

Hinsichtlich der Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes bzw. der angemessenen Entschädigung hat das Arbeitsgericht ausgeführt:

127

"Bei der Ermittlung der Schadenshöhe sind alle vorliegenden Umstände abzuwägen. Dabei fällt hier insbesondere die besondere lange und umfassende Überwachung, fast täglich über etwa zwei Monate ins Gewicht (allein in den Ausführungen der Beklagten taucht der Name des Klägers am 16.9., 17.9., 18.9., 19.9., 23.9., 24.9., 25.9., 29.9., 30.9. 7.10., 10.10., 13.10., 27.10., 28.10., 29.10., 3.11. und 14.11. auf, s. Bl. 359 ff. d. A. und Bl. 42 der Akte in der Sache 7 Ca 1540/16). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Überwachung lediglich im öffentlichen Raum stattfand. Dabei wurde zwar auch beobachtet, dass sich der Kläger mit seinem Anwalt traf, das anwaltliche Gespräch selbst aber nicht überwacht. Auch die Beobachtung bei Treffen in Restaurants geht zwar in den privaten Bereich, fand aber ebenfalls noch in der Öffentlichkeit statt.

128

Die angebliche Überwachung des Autos des Klägers mittels zweier GPS-Sender kann dagegen nicht verschärfend herangezogen werden. Denn diese ist bestritten und nicht hinreichend unter Beweis gestellt. Zwar hat der Kläger Beweis dafür angeboten, dass es sich bei den gefundenen Objekten um GPS-Sender handelt. Dafür, dass diese auch von der Detektei angebracht wurden, wurde aber kein Beweis vorgebracht."

129

Diesen Ausführungen folgt die Kammer hinsichtlich der Höhe der festzusetzenden Entschädigung nicht; insoweit erscheint der Betrag in Höhe von 2.500,00 € nicht angemessen zum Ausgleich der erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die rechtswidrige detektivische Überwachung; insbesondere im Hinblick auf deren Ausmaß hält die Kammer insoweit einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € für angemessen. Im Übrigen schließt sich die Kammer den Ausführungen des Arbeitsgerichts aber an und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

130

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt insoweit keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht vielmehr lediglich - wenn auch aus der Sicht der Beklagten heraus verständlich - deutlich, dass die Beklagte mit der tatsächlichen rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, der die Kammer, wie dargelegt, weitgehend folgt, nicht einverstanden ist.

131

Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt die Zulässigkeit der detektivischen Überwachung nicht aus § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG, denn auch die Anwendung dieser von der Beklagten in Anspruch genommenen Norm setzt voraus, dass gegen den Betroffenen der durch konkrete Tatsachen begründete "einfache" Verdacht (Anfangsverdacht) einer Straftat oder einer anderen schweren Pflichtverletzung besteht (BAG 27.07.2017 - 2 AZR 681/16). Ergreift der Arbeitgeber solche Maßnahmen "ins Blaue hinein", stellt sich dies als jedenfalls nicht verhältnismäßig im engeren Sinne dar.

132

Soweit die Beklagte ausführt, der Kläger sei Initiator der Konkurrenzgesellschaft P. GmbH gewesen, bleibt offen, woraus die Beklagte diese Erkenntnis gewonnen haben will. Tatsächlich ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger an die Beklagte im Mai 2014 herangetreten ist, mit dem Ziel, aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Dies hat vor dem Hintergrund der Gesamtheit der von beiden Parteien privatautonom eigenverantwortet geschaffenen gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Beziehungen eine von beiden Parteien gleichermaßen zu vertretende komplexe Gesamtsituation herbeigeführt. Ursache dafür ist insbesondere die Ausgestaltung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages. Denn einerseits liegt angesichts der vertraglich vereinbarten Tätigkeit des Klägers nichts näher, als dass dieser nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses in gleicher Weise bei einem anderen Unternehmen, also mit anderen Worten, eine Konkurrenztätigkeit ausüben wird. Ein für derartige Fälle zum Schutz des bisherigen Arbeitgebers regelmäßig vorgesehenes, nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung nach Maßgabe der §§ 74 ff. HGB ist in rechtswirksamer Art und Weise zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Die Beklagte musste also ohne weiteres damit rechnen, dass der Kläger nach rechtlichem Ende des Arbeitsverhältnisses unverzüglich zu ihr in Konkurrenz treten würde, sei es als Arbeitnehmer eines Drittunternehmens, sei es als Selbständiger. Andererseits haben die Parteien eine Kündigungsregelung vereinbart, die - ihre rechtliche Wirksamkeit unterstellt - auch für den Fall der ordentlichen Kündigung des Klägers eine im Vergleich zu den gesetzlichen Kündigungsfristen lange weitere Bindungsdauer vorsieht. Vorliegend wäre aufgrund einer ordentlichen Kündigung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst zum 31.12.2016 in Betracht gekommen. Hinzu kommt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Vorfälle auch im Zusammenhang mit dem von ihm erklärten Wunsch des Ausscheidens eine derartige Kündigung gar nicht erklärt hat. Berücksichtigt man zudem die gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits, so wird deutlich, dass eine einvernehmliche Lösung des Interessenkonflikts zwischen den Parteien zwar alternativlos, gleichermaßen aber besonders schwierig sein musste. Letztlich erleichtert es diese Konfliktlösung keineswegs, dass eine zentrale Person im Zuge der Neugründung einer Gesellschaft mit dem eindeutigen Ziel der Konkurrenztätigkeit gerade der Vater des Geschäftsführers der Beteiligungs GmbH der Beklagten war. In dieser Gemengelage bedurfte es eines konkreten Verdachts einer unzulässigen arbeitsvertragswidrigen Konkurrenztätigkeit des Klägers.

133

Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren wiederum behauptet, es habe die begründete Annahme dafür bestanden, dass der Kläger gemeinsam mit anderen Arbeitnehmern ein Konkurrenzunternehmen errichte, am Markt platziere und weitere Arbeitnehmer der Beklagten mit Schädigungsabsicht zum Zwecke der Fortsetzung der Beschäftigung in einem Konkurrenzunternehmen abwerbe, so handelt es sich um zwar verständliche, aber eben doch nur den hier zu stellenden Anforderungen nicht genügende Mutmaßungen. Konkrete, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein Verhalten des Klägers belegen könnten, das über unzulässige Vorbereitungshandlungen hinausgeht, trägt die Beklagte dagegen nicht vor. Dass Arbeitnehmer der Beklagten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger, der eine nicht unerhebliche Position im Unternehmen der Beklagten bekleidet hat, seinen Wunsch, das Arbeitsverhältnis zu beenden, kundgetan hat, darüber nachdenken, gegebenenfalls ebenfalls das Arbeitsverhältnis zu beenden, ist dem Kläger nicht anzulasten. Bemerkenswert ist insoweit zudem auch, dass die Beklagte die detektivische Überwachung unmittelbar im Anschluss an das endgültige Scheitern der Einigungsbemühungen zwischen den Parteien veranlasst hat. Dies, nicht aber konkrete Tatsachen betreffend einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit des Klägers, war letztlich nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die Veranlassung für die persönlichkeitsrechtswidrige Überwachungsmaßnahme. Zwar hat die Beklagte zutreffend des Weiteren darauf hingewiesen, dass die allgemeinen Grundsätze über zulässige Vorbereitungshandlungen insoweit nicht Anwendung finden könnten, weil angesichts der vertraglichen Kündigungsregelung selbst nach Ausspruch einer ordentlichen Kündigung noch eine langfristige Bindung zwischen den Parteien bestehen würde. Diese besondere Regelung ist aber auf eine privatautonomen, von beiden Parteien gleichermaßen zu verantwortende Vertragsgestaltung zurückzuführen, führt jedoch nicht zu einem anderen Verhaltensmaßstab hinsichtlich der Anforderungen, die an den Kläger insoweit zu stellen waren und ersetzt keineswegs das Erfordernis eines hinreichend substantiierten tatsächlichen Vorbringens, bezogen auf eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit, die über zulässige Vorbereitungsmaßnahmen hinausgeht.

134

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus der Auswertung dienstlicher Telekommunikationsmittel, die den ehemaligen Mitarbeitern der Beklagten, den Herrn S., Sc., W. und L. die die P. GmbH gegründet haben, überlassen worden waren, wobei es sich jeweils um ein Notebook und ein i-Phone handelt. Diese Geräte wurden nach Darstellung der Beklagten den Arbeitnehmern im Zuge von Personalsprächen im September und Oktober 2014 abgenommen. Soweit sich die Beklagte auf deren Auswertung stützt (Schriftsatz vom 24.07.2017, Bl. 666 ff. d. A.) ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Auswertung eines Chats zwischen Herrn S. und Herrn W., an dem der Kläger selbst gar nicht beteiligt war, von vorneherein nicht geeignet ist, einen konkreten Verdacht gegen den Kläger zu begründen. Das Mitarbeiter der Beklagten über die Entwicklung des Arbeitsverhältnisses des Klägers im Betrieb der Beklagten kommunizieren, kann nicht zu dessen Nachteil verwendet werden. Ebenso wenig, dass dort über Planungen berichtet wird, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu beenden und sich anderweitig im Sinne einer Konkurrenzgesellschaft zu orientieren. Konkrete Tatsachen, die dafür ins Feld geführt werden könnten, dass der Kläger sich nach Maßgabe des zuvor beschriebenen rechtlichen Maßstabes illoyal und rechtswidrig gegenüber der Beklagten verhalten haben könnte, lassen sich diesem Chat nicht entnehmen. Rückschlüsse sind allenfalls im Hinblick auf die an dem Chat selbst beteiligten Personen in Betracht zu ziehen; im Hinblick auf das konkrete Verhalten des Klägers verbleibt es bei Mutmaßungen, Besorgnissen, die zwar nachvollziehbar, nicht aber ausreichend sind, die Auswertung der auch zur privaten Nutzung überlassenen Kommunikationsmittel im Hinblick auf den Kläger zu rechtfertigen.

135

Hinzu kommt, dass die Laptops und i-Phones von der Beklagten nicht ausschließlich zur dienstlichen Nutzung überlassen worden sind; dies ist als zwischen den Parteien nach dem wechselseitigen Vorbringen in beiden Rechtszügen unstreitig anzusehen.

136

Ein Arbeitgeber aber, der der Arbeitnehmern die private (Mit-)benutzung derartiger Einrichtungen gestattet, ist Telekommunikationsdienstleister und muss hinsichtlich der Inhalte und Umstände der entsprechenden Kommunikation das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG) wahren (Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Arbeitsrechts, 14. Aufl. 2018, DLW/Hamann, Kap. 3 Rdnr. 2562). Soweit sich von vorneherein vielfach freilich gar nicht feststellen lässt, ob es sich um eine dienstliche oder privat veranlasste Kommunikation geht, erscheint grundsätzlich bereits eine Selektion der Daten nach privatem oder dienstlichem Inhalt praktisch nicht durchführbar. Ein vorsätzlich rechtswidriger Zugriff auf die Daten kann allerdings die Straftatbestände der §§ 206 (Verletzung des Fernmeldegeheimnisses) und 202 a (Ausspähen von Daten) StGB erfüllen. Freilich wird insoweit auch die Auffassung vertreten, dass nur die Datenerfassung während des Übermittlungsvorganges dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses unterliegt (VGH Kassel 19.05.2009, NJW 2009, 2470). Die in Dateien abgelegten Mails bzw. die gespeicherten Verbindungsdaten einer Internetnutzung sind nach dieser Auffassung nicht mehr durch das Fernmeldegeheimnis geschützt. Folglich kann der Arbeitgeber auf sie nach den Maßstäben des § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zugreifen (Wybitul NJW 2014, 3607). Auch wird die Auffassung vertreten, dass die Dienstanbietereigenschaft des Arbeitgebers zu verneinen ist (LAG Berlin-Brandenburg 16.02.2011 NZA RR 2011, 432; 14.01.2016 BB 2016, 891). Unbeschadet dessen ist die Kommunikation allerdings jedenfalls auch dann nicht schutzlos, wenn sie nicht in den Anwendungsbereich des Fernmeldegeheimnisses fällt. Denn dann finden jedenfalls die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorgaben Anwendung. Voraussetzung ist also jeweils eine Interessenabwägung. Vor diesem Hintergrund ist der Zugriff im Regelfall dann rechtmäßig, wenn der Betroffene abwesend ist, aus betrieblichen Gründen aber dienstliche Mails abgerufen werden müssen. Zulässig ist auch die Missbrauchskontrolle bei entsprechenden Delikten und hinreichenden Anhaltspunkten. Stellt der Arbeitgeber allerdings den privaten Charakter der Kommunikation fest, darf er diese inhaltlich nicht zur Kenntnis nehmen (DLW/Hamann, a.a.O.).

137

Vorliegend waren keine betrieblichen Gründe im zuvor dargestellten Sinne gegeben; ebenso wenig, wie dargelegt, hinreichende Anhaltspunkte für eine Missbrauchskontrolle jedenfalls bezogen auf den Kläger. Insoweit ist also zusätzlich vorliegend davon auszugehen, dass der Beklagten eine Verwertung der Kommunikationsdaten bezüglich des Klägers verwehrt war.

138

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist vorliegend im Hinblick auf das Ausmaß der Überwachungsmaßnahmen davon auszugehen, dass eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt. Auslöser dafür war bereits, wie dargelegt, nicht ein konkretes, verdachtsbegründendes Verhalten des Klägers, sondern die Tatsache des Scheiterns der Einigungsbemühungen zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits. Insoweit hat der Kläger zutreffend darauf hingewiesen, dass der Privatdetektiv auch in ganz erheblichem Umfang in den Privatbereich des Klägers eingedrungen ist, in dem er private Gespräche - treffend - protokollierte, insbesondere am 16.09., 17.09., 19.09., 24.09., 25.09., 29.09. und 13.10.2014. Angesicht der Intensität und Zeitdauer der Überwachungsmaßnahmen hält die Kammer deshalb insgesamt eine Entschädigung in Höhe von 5.000,00 € für angemessen. Hinzu kommt, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Kläger Initiator des Konkurrenzunternehmens und jeglicher damit in Zusammenhang stehender wettbewerbswidriger Tätigkeiten war.

139

Insoweit war folglich der Berufung des Klägers stattzugeben und die geltend gemachte Entschädigung auf 5.000,00 € heraufzusetzen.

140

Dagegen war die Berufung der Beklagten insoweit zurückzuweisen.

141

Hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Entschädigung wegen der Behandlung im Arbeitsverhältnis hat das Arbeitsgericht ausgeführt:

142

"1. Zwar kann die Verletzung des Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgelds begründen. Allerdings setzt ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (BAG v. 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994).

143

2. Schon diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Kläger hat die hier geltend gemachten Umstände bereits genutzt, um seine außerordentliche (und im Ergebnis auch erfolgreiche) Kündigung zu begründen, sodass die Zubilligung einer Geldentschädigung hier nicht erforderlich ist.

144

3. Zudem ist hier auch nicht ersichtlich, dass eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorläge, die dem Grunde nach den Anspruch auf ein Schmerzensgeld auslösen könnte. Zwar mag die Beklagte gegen ihre Pflichten zur ordnungsgemäßen Beschäftigung des Klägers aus dem Arbeitsvertrag und dem Vergleich verstoßen haben. Dass diese Verstöße den Kläger aber derart in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen hätten, dass dies die Zahlung eines Schmerzensgeldes erfordern würde, ist nicht ersichtlich. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz zu der außerordentlichen Kündigung des Klägers. Denn diese stellen in erster Linie schlicht auf die – wenn auch „erhebliche“ – Verletzung der Beschäftigungspflicht ab. Liegt hierin zwar ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten, so ist dies – auch unter Berücksichtigung des Hausverbots und der möglichen „Abschiebung“ des Klägers zu einer nutzlosen Arbeit – noch nicht geeignet, eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen."

145

Diesen Ausführungen folgt die Kammer jedenfalls im Ergebnis mit der Maßgabe, dass immerhin eine symbolische Entschädigung in Höhe von einem Euro festgesetzt wird.

146

Der Kläger hat zwar insoweit im Berufungsverfahren im Einzelnen dargelegt, aus welchen tatsächlichen Umständen heraus das Verhalten der Beklagten im Hinblick auf den ihm zustehenden Beschäftigungsanspruch ihm gegenüber in besonderem Maße demütigend und ehrverletzend gewesen sein soll. Er hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (a. a. O.) zur Begründung seines daraus resultierenden Rechts zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien seiner Sichtweise jedenfalls insoweit gefolgt ist, dass sie in der Zuweisung einer neuen Tätigkeit keine zulässige Ausübung des der Beklagten zustehenden Direktionsrechts gesehen hat, sondern eine erhebliche Verletzung der von der Beklagten nach dem abgeschlossenen Vergleich einschränkungslos übernommenen Verpflichtung der vertragsgemäßen Beschäftigung des hiesigen Klägers an einem Hauptarbeitsplatz an ihrem Firmensitz. Die zweite Kammer hat weiterhin angenommen, dass der Geschehensablauf vom 17.11.2014 darauf schließen lässt, dass die hiesige Beklagte nicht gewillt war, den auf der Grundlage des Arbeitsvertrages tätigen Beklagten vertragsgemäß mit einer zumindest gleichartigen Tätigkeit an seinem Hauptarbeitsplatz am Firmensitz zu beschäftigen. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar im Hinblick auf das dem Kläger mit dieser Begründung zugebilligte Recht zur außerordentlichen Kündigung des an sich noch für einen erheblichen Zeitraum bestehenden und zum damaligen Zeitpunkt ordentlich ungekündigten Arbeitsverhältnisses; der Kläger sollte nicht gezwungen sein müssen, ein für ihn unzumutbares Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Im hier maßgeblichen Zusammenhang rechtfertigt dies allein aber, und insofern folgt die Kammer der Auffassung des Arbeitsgerichts ausdrücklich, die Zubilligung einer erheblichen Entschädigung. Denn die Beklagte hat sich hinsichtlich des Beschäftigungsanspruchs nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der von beiden Parteien gleichermaßen zu verantwortenden privatautonomen gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Gestaltung jedenfalls nachvollziehbar verhalten. Die Kombination zwischen einer nur eingeschränkten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit einerseits, und einem nicht vereinbarten entschädigungspflichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot andererseits, musste zu der hier gegebenen ungewöhnlichen Konstellation und in der Folge zu der Annahme führen, es als naheliegend anzusehen, dass der Kläger, der einerseits erklärt hatte, nicht mehr bei der Beklagten arbeiten zu wollen, andererseits aber nicht einmal eine ordentliche Kündigung erklärt hatte, nicht uneingeschränkt loyal in einem für die Beklagte existenziell wichtigen Tätigkeitsfeld arbeiten würde. Zwar ist, wie dargelegt, dem Kläger kein konkretes vertragswidriges Verhalten vorzuwerfen gewesen; das Vorbringen der Beklagten ist insoweit unsubstantiiert. Andererseits ist das Verhalten der Beklagten jedenfalls nachvollziehbar, weil es auf der komplexen rechtlichen Gesamtsituation beruht, und nicht auf einer Motivationslage, die dem Bereich Mobbing zuzuordnen wäre. Genau dies und die gleichberechtigte Mitverantwortung des Klägers lässt es als nicht erforderlich erscheinen, einen höheren, als den festgesetzten symbolischen Betrag in Betracht zu ziehen.

147

Dem Anspruch des Klägers steht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht eine anwendbare Ausschlussfrist entgegen. Denn dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen lässt sich bereits nicht hinreichend substantiiert entnehmen, dass überhaupt zwischen den Parteien die Anwendbarkeit einer vertraglichen Ausschlussfrist vereinbart wurde, dass sie inhaltlich wirksam gewesen sein könnte, sowie dass Ansprüche auf Entschädigung aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts überhaupt erfasst sein könnten.

148

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung auf die Berufung des Klägers teilweise abzuändern und im Übrigen zurückzuweisen. Die Berufung der Beklagten erwies sich dagegen als voll umfänglich unbegründet.

149

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91, 92 ZPO.

150

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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(1) Verletzt ein Gesellschafter die ihm nach § 112 obliegende Verpflichtung, so kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern; sie kann statt dessen von dem Gesellschafter verlangen, daß er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung

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(1) Verletzt ein Gesellschafter die ihm nach § 112 obliegende Verpflichtung, so kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern; sie kann statt dessen von dem Gesellschafter verlangen, daß er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete.

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(4) Das Recht der Gesellschafter, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, wird durch diese Vorschriften nicht berührt.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.05.2015 - 10 Ca 4437/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer von insgesamt drei außerordentlich fristlos erklärten Eigenkündigungen durch den Beklagten als Arbeitnehmer der Klägerin aufgelöst worden ist.

2

Die Klägerin mit Sitz in A-B-Stadt ist ein im Bereich der Warehouse-Logistik als Software-Entwicklerin sowie Software-Vertriebs- und Beratungsgesellschaft auftretendes Unternehmen. Zu ihren Kommanditisten zählt auch die C. GmbH, deren Stammkapital von 25.000,-- EUR in Höhe von 20.049,-- EUR vom Beklagten gehalten wird.

3

Der Beklagte war bei der Klägerin seit 18. Mai 1992 beschäftigt, zuletzt als "Chief Product Officer" auf der Grundlage des Vertrags vom 30. Dezember 1996 (Bl. 55 - 58 d. A.), der u.a. folgende Regelungen enthält:

4

"(…) § 4 Wettbewerbsverbot, Verschwiegenheit

5

(1) Herrn C. ist es untersagt, sich unmittelbar oder mittelbar, gewerbsmäßig oder gelegentlich für eigene oder fremde Rechnung im Geschäftszweig der Gesellschaft zu betätigen, ein Unternehmen, das Geschäfte in dem Geschäftszweig der Gesellschaft betreibt (Konkurrenzunternehmen), zu erwerben, sich an einem solchen Unternehmen zu beteiligen oder es auf andere Weise zu unterstützen. Dieses Verbot gilt bis zum Ablauf von einem Jahr nach Ausscheiden des Herrn C. aus der Gesellschaft. Im Falle der Verletzung des Wettbewerbsverbotes gilt § 113 HGB entsprechend.

6

(2) Herr C. verpflichtet sich, über alle im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden geschäftlichen Angelegenheiten und Vorgänge, insbesondere auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Kunden der Gesellschaft, Stillschweigen zu bewahren.

7

§ 5 Vertragsdauer und Kündigung

8

(1) Dieser Vertrag tritt mit Wirkung zum 1. Januar 1997 in Kraft.

9

(2) Das Vertragsverhältnis wird auf eine Mindestdauer von fünf Jahren fest abgeschlossen, eine ordentliche Kündigung ist erstmalig zum 31.12.2001 möglich.

10

(3) Wird der Vertrag nicht zum 31. Dezember 2001 gekündigt, so verlängert er sich jeweils um 3 weitere Jahre, wenn er nicht zum Ende eines solchen Dreijahreszeitraumes gekündigt wird.

11

(4) Nach Ablauf der Mindestlautzeit gemäß Ziff. 2 ist das Vertragsverhältnis von beiden Parteien jeweils zum 31. Dezember eines Dreijahreszeitraumes gemäß Abs. 3 kündbar.

12

(5) Die Kündigung des Vertrages erfolgt mittels eingeschriebenem Brief gegen Rückschein oder gegen schriftliches Empfangsbekenntnis gegenüber dem anderen Vertragspartner, wobei das Datum des Zugangs gültig ist. Die Kündigung ist mit einer Frist von zwölf Monaten zum Kündigungstermin auszusprechen.

13

(6) Die Kündigung des Kommanditverhältnisses gilt abweichend von Abs. 2 bis 4 gleichzeitig als Kündigung dieses Tätigkeitsvertrages. Umgekehrt ist die Kündigung dieses Tätigkeitsvertrages gleichzeitig als Kündigung des Kommanditverhältnisses mit der Gesellschaft zu behandeln.

14

(7) Wird die Tätigkeit von Herrn C. vorzeitig ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet, so ist eine Vertragsstrafe in Höhe einer zehnfachen Tätigkeitsvergütung gemäß § 2 Nr. 1 zur Zahlung fällig. Die Vertragsstrafe ist im Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit fällig und kann gegen eine Restvergütung aufgerechnet werden. (…)"

15

Anfang Mai 2014 teilte der Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin mit, dass er das Unternehmen gerne verlassen würde. Daraufhin führten die Parteien ab Mai 2014 Verhandlungen über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und das Ausscheiden der C. GmbH aus der E. + Partner-Gruppe. Nachdem der Beklagte im Juli 2014 zunächst bis zum 31. Juli 2014 freigestellt worden war und seiner weiteren Freistellung über den 31. Juli 2014 hinaus mit Schreiben vom 21. Juli 2014 widersprochen hatte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2014 (Bl. 63, 64 d. A.), dass der Beklagte auch über den 31. Juli 2014 hinaus bis auf weiteres von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt werde. Mit Schreiben vom 29. Juli 2014 (Bl. 66 - 68 d. A.) lehnte der Beklagte den von Seiten der Klägerin unterbreiteten Vorschlag zur Regelung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab und teilte der Klägerin u.a. Folgendes mit:

16

"(…) Unter Mandant will arbeiten; eine Teilübergabe der von ihm betreuten Objekte war nur deshalb erfolgt, weil er aufgrund des Fortgangs der Gespräche in der ersten Phase von einer umfassenden Regelung auf beiden Ebenen ausgegangen war. Wir fordern die E. + Partner GmbH & Co. KG deshalb auf, bis

17

morgen Mittag 12 Uhr

18

rechtsverbindlich zu erklären, dass die Freistellung aufgehoben wird. Wird diese Erklärung nicht abgegeben, behält sich unser Mandant sämtliche arbeitsrechtlichen Schritte vor, insbesondere auch eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages."

19

Sodann erteilte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Juli 2014 (Bl. 69, 70 d. A.) dem Beklagten für die Zeit vom 01. August bis 05. September 2014 unter Aufhebung der mit Schreiben vom 24. Juli 2014 erklärten Freistellung Erholungsurlaub. Nachdem der Beklagte die Urlaubserteilung nicht akzeptierte und am 01. August 2014 im Firmengebäude in A.-B-Stadt erschien, wurde er von der Klägerin mit Schreiben vom 01. August 2014 (Bl. 71 d. A.) schriftlich des Hauses verwiesen. Daraufhin teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 04. August 2014 (Bl. 72, 73 d. A.) Folgendes mit:

20

"Sehr geehrter Herr Kollege S.,
unter Mandant hat bekanntlich am 01. August 2014, um 08:00 Uhr, seine Arbeitsleistung bei ihrer Mandantin angeboten. Ihre Mandantschaft hat diese nicht angenommen und darüber hinaus unseren Mandanten des Hauses verwiesen. Wir hatten Ihnen bereits mitgeteilt, dass Ihre einseitige Urlaubserteilung rechtswidrig ist. Der nunmehr erteilte Hausverweis ist auch unter Anbetracht der Stellung unseres Mandanten im Unternehmen als Führungskraft und Gesellschafter schikanös und als eine erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts unseres Mandanten zu werten. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten mahnen wir Ihre Mandantschaft hiermit ausdrücklich ab.

21

Unser Mandant wird am 22. August 2014, um 12:00 Uhr (= 15,5 Arbeitstage) erneut seine Arbeitsleistung anbieten. Ihrer Mandantschaft wird seitens unseres Mandanten letztmalig die Möglichkeit eingeräumt, unseren Mandanten wieder vertragsgemäß zu beschäftigen. Unser Mandant hat bereits am 21. Juli 2014 einer weiteren Freistellung widersprochen und mitgeteilt, dass er seine Beschäftigung wieder aufnehmen möchte. Soweit Sie behaupten, dass "Projekte und anstehende Arbeitsaufgaben neu organisiert werden müssen", hat Ihre Mandantschaft seit dem 21. Juli bis zum 22. August 2014 mit einer Frist von mehr als einem Monat ausreichend Zeit, dies zu tun.

22

Sie selbst haben die mit Ihrem Schreiben vom 24. Juli 2014 von Ihnen erklärte weitere Freistellung mit Ihrem Schreiben vom 30. Juli wieder aufgehoben. Im Hinblick auf Ihre Ankündigung "zwecks Arbeitsaufnahme" auf die Sache zurückzukommen, stellen auch Sie den Beschäftigungsanspruch unseres Mandanten offensichtlich nicht in Frage. Vorsorglich verweisen wir auf die Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zum Beschäftigungsanspruch, der diesem Grundrechtsschutz zukommen lässt.

23

Sollte Ihre Mandantschaft dennoch am 22. August 2014 erneut die - vertragsgemäße - Beschäftigung unseres Mandanten verweigern, wird unser Mandant das Anstellungsverhältnis fristlos kündigen.

24

Der guten Ordnung halber dürfen wir darauf hinweisen, dass Ihre einseitige Urlaubserteilung der Urlaubstage für 2014 damit nicht von unserem Mandanten akzeptiert wird. Vielmehr werden wir dies einer gerichtlichen Klärung zuführen. Dies gilt auch für die Erteilung des anteiligen Urlaubsanspruches für 2015."

25

Mit Schreiben vom 05. August 2014 (Bl. 208, 209 d. A.) bot die Klägerin dem Beklagten an, die Arbeit am Montag, 11. August 2014, in den "neuen Büroräumen" unter der Anschrift D-Straße 0, C-Stadt wieder aufzunehmen, und verwies im Übrigen darauf, dass die Arbeitsaufnahme auch erst am 22. August 2014 an diesem Arbeitsort erfolgen könne, sofern er die Urlaubsfestlegung akzeptiere. Mit Schreiben vom 06. August 2014 (Bl. 283 d. A.) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er die Arbeit am Montag, den 11. August 2014, wieder aufnehmen werde. Per E-Mail vom 13. August 2014 (Bl. 210, 211 d. A.) nahm der Beklagte zu dem ihm übertragenen Projekt im Einzelnen Stellung und führte aus, weshalb dieses nicht sinnvoll sei und sich für ihn am abgeschotteten Schreibtisch ohne Diskussion mit den Experten und ohne Zugriff auf Dokumentationen als nicht realisierbar darstelle. Nachdem die weiteren Verhandlungen der Parteien scheiterten, forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 29. August 2014 (Bl. 83 d. A.) zur Arbeitsaufnahme in den Geschäftsräumen in C-Stadt, D-Straße 0, auf. Mit Schreiben vom 03. September 2014 (Bl. 299, 300 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung wegen unentschuldigten Nichterscheinens zur Arbeit am 01., 02. und 03. September 2014. Mit Schreiben vom 03. September 2014 (Bl. 301 d. A.) wies der Beklagte die Abmahnung der Klägerin als rechtwidrig zurück und verlangte die Sicherstellung einer vertragsgemäßen Beschäftigung, die beinhalte, dass er in seinem Büro am Sitz der Firma in A-B-Stadt seine Tätigkeit aufnehmen könne. Dabei verwies er darauf, dass er seine Versetzung in ein Privathaus im D-Straße in C-Stadt als vertragswidrig erachte und ihm der übliche Zugang ins Unternehmensnetzwerk zu gewähren sei. Darauf antwortete die Klägerin per E-Mail vom 03. September 2014 (Bl. 302 d. A.), dass es sich nicht um eine "Versetzung" handele, sondern sie ihr Direktionsrecht ausgeübt habe und insbesondere aus Gründen der "Vertraulichkeit" die Tätigkeit im Büro in C-Stadt erforderlich sei, so dass der Beklagte bei einem erneuten Erscheinen in A-B-Stadt an seinen Arbeitsplatz nach C-Stadt verwiesen werde. Am 04. September 2014 erschien der Beklagte in den Geschäftsräumen der Klägerin in A-B-Stadt, woraufhin ihm Hausverbot erteilt wurde (Bl. 303 d. A.). Mit Schreiben vom 04. September 2014 (Bl. 305, 306 d. A.) erteilte die Klägerin dem Beklagten eine Abmahnung wegen Missachtung des ihm für die Geschäftsräume in A-B-Stadt erteilten Hausverbots.

26

Mit seinem daraufhin beim Arbeitsgericht Koblenz eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 08. September 2014 - 6 Ga 61/14 - hat der Beklagte (Verfügungskläger) begehrt, im Betrieb der Klägerin (Verfügungsbeklagte) "A-Straße in A-B-Stadt" zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 30. Dezember 1996 als "Chief Product Officer" beschäftigt zu werden. Bis zu dem in diesem einstweiligen Verfügungsverfahren anberaumten Termin vom 08. Oktober 2014 hatten mehrere Mitarbeiter der Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zum 30. September 2014 bzw. zum 31. Dezember 2014 gekündigt. Im Termin vom 08. Oktober 2014 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Koblenz - 6 Ga 61/14 - folgenden Vergleich (Bl. 86 d. A.):

27

"V e r g l e i c h :

28

1. Die Parteien sind sich einig darüber, dass der Verfügungskläger beginnend ab heute bis einschließlich 15.11.2014 unter Fortzahlung der Arbeitsvergütung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt ist. Der Verfügungskläger wird bis zum 15.11.2014 keinen Beschäftigungsanspruch geltend machen.

29

2. Die Parteien sind sich ferner darüber einig, dass der Kläger beginnend mit dem 16.11.2014 vertragsgerecht beschäftigt wird nach Maßgabe des Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 30.12.1996 und mit der weiteren Maßgabe, dass der Hauptarbeitsplatz des Verfügungsklägers sich befindet in der alten R-Straße 0, A-B-Stadt.

30

3. Die Parteien erklären im Übrigen übereinstimmend und als Absichtserklärung:

31

Wir werden zeitnah Verhandlungen aufnehmen zur Klärung und Ausräumung der gegenwärtig weiter offenen Rechtsfragen und der in tatsächlicher Hinsicht bestehenden Schwierigkeiten über die Fortsetzung und gegebenenfalls Abwicklung der Vertragsverhältnisse der Parteien.

32

4. Damit ist das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt."

33

Nachdem zwischen den Parteien in der Folgezeit keine Einigung erzielt werden konnte, erschien der Beklagte am Montag, 17. November 2014, um 08:00 Uhr bei der Klägerin in A.-B-Stadt, A-Straße, zur Arbeitsaufnahme. Der dort anwesende Herr G., CFO der Klägerin, verwies zunächst auf das erteilte Hausverbot und informierte schließlich Herrn S., der sodann gemeinsam mit dem Beklagten nach C-Stadt zu den dortigen Büroräumen fuhr. Daraufhin informierte der Beklagte seine Prozessbevollmächtigten, die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am selben Tag um 09:48 Uhr folgendes Telefax-Schreiben (Bl. 191, 192 d. A.) übermittelten:

34

"Sehr geehrter Herr Kollege S.,
in der oben genannten Angelegenheit hat unser Mandant heute Morgen um 08:00 Uhr seine Arbeitsleistung am Firmensitz A-Straße, A-B-Stadt ordnungsgemäß angeboten. Es wurde ihm sodann mitgeteilt, er habe "Hausverbot". Unser Mandant wurde aufgefordert, weiter am Projekt "Spider" in C-Stadt, D-Straße 0, zu arbeiten. Unser Mandant hat sich unter Protest nach C-Stadt begeben. Er musste feststellen, dass ihm kein Netzwerkzugang zur Verfügung steht.

35

Die Parteien haben sich bekanntlich im Vergleich vom 08.10.2014 vor dem Arbeitsgericht Koblenz dahingehend vereinbart, dass unser Mandant ab dem 16.11.2014 vertragsgerecht beschäftigt wird und der Hauptarbeitsplatz sich in der A-Straße 0, A-B-Stadt befindet.

36

Wir haben Ihre Mandantschaft aufzufordern, unverzüglich, spätestens bis

37

heute Mittag, 12:00 Uhr

38

unseren Mandanten vertragsgerecht am Arbeitsplatz in der A.-Straße 0, A-B-Stadt zu beschäftigen.

39

Sollte eine fristgemäße vertragsgerechte Beschäftigung nicht erfolgen, wird unser Mandant das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen."

40

Darauf erwiderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin um 11:58 Uhr wie folgt (Bl. 110 d. A.):

41

"Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom heutigen Tage.

42

Nach dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Koblenz wurde vereinbart, Ihren Mandanten ab dem 16.11.2014 zu beschäftigen auf der Basis des Arbeitsvertrages mit dem Hauptarbeitsort B-Stadt. Sonstige Regelungen wurden nicht getroffen, so dass sich die Sachlage nicht geändert hat gegenüber dem Zeitpunkt vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Zu erwähnen ist insbesondere, dass Ihr Mandant mehrfach, auch vor dem Arbeitsgericht Koblenz, erklärt hat, er werde für den Arbeitgeber nicht mehr arbeiten. Es ist daher ernsthaft zu bezweifeln, ob Ihr Mandant überhaupt arbeitswillig ist.

43

Ungeachtet dessen ist die von Ihnen gesetzte Frist unangemessen, insbesondere unter Berücksichtigung, dass sich der Unterzeichner in einer Fortbildungsveranstaltung befindet und somit erst im Laufe des Nachmittages die Angelegenheit mit der Partei abgestimmt werden kann.

44

Wir werden Ihnen daher im Laufe des Tages, bis 18.00 Uhr, mitteilen, welche Tätigkeit an welchem Ort Ihrem Mandanten ab morgen 8.00 Uhr zugewiesen werden."

45

Daraufhin kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 17. November 2014 (Bl. 160 d. A.), das der Klägerin am gleichen Tag zuging, sein Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos.

46

Mit ihrer am 20. November 2014 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die vom Beklagten ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung vom 17. November 2014 gewandt. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2014 (Bl. 226 d. A.) und 12. März 2015 (Bl. 339 d. A.) kündigte der Beklagte sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin jeweils erneut fristlos. Diese Kündigungen hat die Klägerin jeweils mit einer entsprechenden Klageerweiterung angegriffen.

47

Unter dem 29. Oktober 2014 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts Koblenz die P-GmbH mit folgendem Unternehmensgegenstand eingetragen: "Erbringung von Dienstleistungen sowie Organisation, Koordination, Beratung, Erstellung von Konzepten, Optimierung von Betriebsabläufen sowie Programmierung im Bereich Logistik sowie zugehörige Softwarelösungen". Geschäftsführer der P-GmbH ist der Vater des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin. Zu den Gesellschaftern zählen auch die bis jedenfalls im September 2014 als Arbeitnehmer der Klägerin beschäftigten L., F. S., M. Sch. und G. W., die ihr Arbeitsverhältnis mit der Klägerin im September 2014 gekündigt haben. Nicht als Gesellschafter beteiligt an der P-GmbH ist der Beklagte.

48

Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28. Mai 2015 - 10 Ca 4437/14 - und die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

49

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

50

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 17. November 2014 nicht aufgelöst worden ist,

51

hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 17. November 2014 hinaus ungekündigt fortbesteht,

52

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 21. Dezember 2014 nicht aufgelöst worden ist,

53

hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 21. Dezember 2014 hinaus ungekündigt fortbesteht,

54

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 12. März 2015 nicht aufgelöst worden ist,

55

hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 12 März 2015 hinaus ungekündigt fortbesteht.

56

Der Beklagte hat beantragt,

57

die Klage abzuweisen.

58

Mit Urteil vom 28. Mai 2015 - 10 Ca 4437/14 - hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

59

Gegen das ihr am 26. Juni 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. September 2015 mit Schriftsatz vom 28. September 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

60

Sie trägt vor, der Beschäftigungsanspruch des Beklagten sei im Lichte der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zu würdigen. Im Rahmen des ihr zustehenden Direktionsrechts habe sie dem Beklagten die Tätigkeit für das Projekt "Spider" zuweisen können. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass diese Tätigkeit nur eine solche von vorübergehender Dauer gewesen sei. Die vorübergehende Zuweisung von Tätigkeiten im Büro in C-Stadt stelle keine Weigerung einer vertragsgemäßen Beschäftigung dar. Hieran ändere auch der am 08. Oktober 2014 vor dem Arbeitsgericht abgeschlossene Vergleich nichts. Hierdurch sei ihr Direktionsrecht nicht beschränkt worden. Selbst wenn die Zuweisung von Tätigkeiten an einem anderen Ort nicht von ihrem Direktionsrecht gedeckt gewesen wäre, sei der Beklagte an ihre Weisungen vorläufig gebunden. Bei verständiger Würdigung des von ihr vorgetragenen Sachverhalts habe sie an der Loyalität des Beklagten zweifeln dürfen. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte unstreitig erklärt habe, dass er beabsichtige, sich der neuen Konkurrenzgesellschaft anzuschließen, seien die tatsächlichen Umstände geeignet gewesen, die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien in Fortfall kommen zu lassen. In einer solchen Situation dürfe ein verständiger Arbeitgeber die Beeinträchtigung schutzwerter Interessen befürchten, so dass der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers zurücktreten müsse. Vorliegend gehe es nicht um die Untersagung nachvertraglichen Wettbewerbs ohne Karenzentschädigung durch den Arbeitgeber, sondern der Arbeitgeber wolle, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsvertrag erfülle und er sich während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Wettbewerb enthalte. Das Arbeitsgericht habe das Verhalten des Beklagten nach Abschluss des Vergleichs vom 08. Oktober 2014 nicht berücksichtigt. Im Besprechungstermin vom 07. Oktober 2014 habe der Beklagte erneut erklärt, dass er nicht mehr für sie tätig werde. Darüber hinaus habe er sein Strukturpapier vorgelegt, aus welchem ersichtlich sei, dass der Beklagte Teil der Konkurrenzgesellschaft (NewCo) sei und daher die Absicht bestehe, entweder ihr Unternehmen zu übernehmen oder zu diesem in Konkurrenz zu treten. Objektive Tatsachen würden den Verdacht begründen, dass der Beklagte im Lager der anderen ausscheidenden Arbeitnehmer stehe und er Initiator, Mitbegründer und/oder Sympathisant des Konkurrenzunternehmens sei, welches unstreitig Anfang November 2014 wettbewerbswidrig in den Markt getreten sei. Sie wolle den Beklagten an der vereinbarten Vertragslaufzeit festhalten und erwarte verständlicherweise während des bestehenden Vertragsverhältnisses, dass dieser Wettbewerbshandlungen unterlasse. Bei dieser Interessenlage habe sie ihm vorübergehend Tätigkeiten zugewiesen, die der Gefahr begegnen sollten, dass dieser schutzwerte Interessen verletze. Durch provokantes Verhalten versuche der Beklagte, sie zu einer außerordentlich fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu veranlassen, um hierdurch sein Ziel zu erreichen, da die Parteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht wirksam vereinbart hätten. Bei verständiger Interessenabwägung hätte das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Kündigung vom 17. November 2014 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht außerordentlich fristlos beendet habe. Anderenfalls sei ein Arbeitgeber schutzlos gestellt gegenüber Arbeitnehmern, welche sich nicht vertragstreu verhalten wollten. In einer solchen Konstellation trete der grundsätzlich bestehende Beschäftigungsanspruch hinter die Interessen des Arbeitgebers zurück, das Unternehmen vor Schaden zu bewahren.

61

Die Klägerin beantragt,

62

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28. Mai 2015 - 10 Ca 4437/14 - abzuändern und

63

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 17. November 2014 nicht aufgelöst worden ist,

64

hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 17. November 2014 hinaus ungekündigt fortbesteht,

65

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 21. Dezember 2014 nicht aufgelöst worden ist,

66

hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 21. Dezember 2014 hinaus ungekündigt fortbesteht,

67

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 12. März 2015 nicht aufgelöst worden ist,

68

hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 12. März 2015 hinaus ungekündigt fortbesteht.

69

Der Beklagte beantragt,

70

die Berufung zurückzuweisen.

71

Er erwidert, die fristlose Kündigung vom 17. November 2014 sei wirksam, weil die Klägerin fortgesetzt und in schikanöser Weise gegen die ihr obliegende Verpflichtung zu seiner vertragsgemäßen Beschäftigung verstoßen habe. Die Klägerin habe ihm nicht nur nicht vertragsgerecht beschäftigt, sondern ihn durch wiederholtes Hausverbot für die Geschäftsräume in A-B-Stadt besonders gedemütigt und herabgesetzt. Dass die Klägerin in keiner Weise gewillt gewesen sei, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen, zeige insbesondere ihr Verhalten nach dem abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich. Die Klägerin habe nach dem abgeschlossenen Vergleich mehr als einen Monat Zeit gehabt, eine vertragsgerechte Beschäftigung für ihn vorzubereiten. Sie sei verpflichtet gewesen, das Hausverbot aufzuheben und ihn zumindest mit einer gleichwertigen Tätigkeit an seinem Hauptarbeitsplatz am Firmensitz zu beschäftigen. Ein Weisungsrecht, ihn nach C-Stadt zu schicken, habe der Klägerin nicht zugestanden. Das angebliche "Geheimprojekt Spider" sei nur eine vorgeschobene Aufgabe gewesen, zumal der Arbeitgeber einen Mitarbeiter, dessen Loyalität er in Frage stelle, nicht mit für das Unternehmen wichtigen Geheimaufträgen betrauen werde. Letztlich werde dies auch dadurch bestätigt, dass ihm von der Klägerin kein Netzwerkzugang eingeräumt worden sei. Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin gehe hervor, dass ihr bewusst gewesen sei, dass es sich bei der zugewiesenen Tätigkeit (Geheimprojekt Spider) nicht um eine vertragsgerechte Beschäftigung handele. Der von der Klägerin geäußerte Verdacht sei zu keiner Zeit von ihr durch entsprechende Tatsachen objektiv begründet worden. Mit einem vertragsgemäßen Verhalten der Klägerin sei zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 17. November 2014 nicht mehr zu rechnen gewesen. An dem gesamten Verhalten der Klägerin zeige sich, dass sie nicht bereit gewesen sei, ihn trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses vertragsgerecht zu beschäftigen. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2006 sei ihm angesichts des Verhaltens der Klägerin nicht mehr zumutbar gewesen. Dass er ein Interesse gehabt habe, nach Möglichkeit unter Aufhebung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig bei der Klägerin auszuscheiden, führe nicht dazu, dass seine Kündigung rechtsmissbräuchlich werde, wenn die Klägerin durch ihr Verhalten einen wichtigen Grund zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung setze. Im Übrigen habe er keine Tätigkeit entfaltet, die bereits als Konkurrenztätigkeit anzusehen sei und über die bloße Vorbereitung eines Wechsels hinausginge.

72

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

73

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

74

Die Berufung der Klägerin hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässigen Feststellungsanträge sind unbegründet. Die vom Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 17. November 2014 ist gemäß § 626 BGB wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos beendet.

75

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Weigerung des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung zu bilden, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber bereit ist, das vereinbarte Gehalt weiterzuzahlen. Der Arbeitnehmer hat nämlich grundsätzlich einen Beschäftigungsanspruch, weil es für ihn nicht nur darauf ankommt, sein Gehalt zu erhalten, sondern auch darauf, sich im Arbeitsverhältnis entsprechend seinen Fähigkeiten und Leistungen fachlich und persönlich zu entfalten. Dabei ist eine teilweise Entziehung von wesentlichen Aufgaben nicht anders zu bewerten als eine völlige Suspendierung, weil das Verlangen, nur noch weniger verantwortungsvolle Aufgaben zu verrichten, demütigender sein kann als eine völlige Nichtbeschäftigung (BAG 15. Juni 1972 - 2 AZR 345/71 - Rn. 18 f., AP BGB § 628 Nr. 7).

76

2. Die Klägerin hat die ihr obliegende Pflicht zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Beklagten nach Maßgabe der im Vergleich vom 08. Oktober 2014 getroffenen Regelung erheblich verletzt. Darin liegt ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung.

77

Der Beklagte hat mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in dem von dem Arbeitsgericht Koblenz geführten Vorprozess der Parteien (Az.: 6 Ga 61/14) seine vertragsgemäße Beschäftigung im Betrieb der Klägerin an ihrem Sitz in A-B-Stadt ("A-Straße in A-B-Stadt) verlangt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08. Oktober 2014 vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien vereinbart, dass der Beklagte beginnend mit dem 16. November 2014 vertragsgemäß beschäftigt wird nach Maßgabe des Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 30. Dezember 1996 und mit der weiteren Maßgabe, dass der Hauptarbeitsplatz des Beklagten sich in der Alten R-Straße 0, A-B-Stadt, befindet. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin nicht nachgekommen.

78

Der Beklagte ist am Montag, 17. November 2014, um 8.00 Uhr bei der Klägerin an deren Firmensitz in A-B-Stadt, A-Straße, zur Aufnahme seiner Arbeit gemäß dem gerichtlichen Vergleich erschienen. Gleichwohl wurde ihm seine vertragsgemäße Beschäftigung an seinem Hauptarbeitsplatz verweigert. Stattdessen wurde er erneut nach C-Stadt verbracht und dort isoliert, indem er ein angebliches Geheimprojekt "Spider" in einem eigens nur für ihn in der ehemaligen Wohnung der Großeltern des Geschäftsführers der Klägerin hergerichteten "Büro" alleine bearbeiten sollte, ohne dass ihm ein Zugang zum Netzwerk der Klägerin eingeräumt wurde. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt darin keine zulässige Ausübung des ihr zustehenden Direktionsrechts, sondern eine erhebliche Verletzung der von ihr nach dem geschlossenen Vergleich einschränkungslos übernommenen Verpflichtung zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Beklagten an seinem Hauptarbeitsplatz an ihrem Firmensitz. Im Hinblick darauf, dass die Weisung der Klägerin bereits wegen Verstoßes gegen die ihr nach dem Vergleich obliegende Beschäftigungspflicht unwirksam ist, kommt auch eine vorläufige Bindung des Beklagten an die ihm erteilte Weisung nicht in Betracht (vgl. hierzu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, NZA 2012, 858).

79

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einem überwiegenden schutzwerten Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung zurücktreten müsse und sie in Anbetracht des objektiv begründeten Verdachts von Wettbewerbsverstößen des Beklagten an dessen Loyalität habe zweifeln dürfen bzw. die Vertrauensgrundlage entfallen sei. Die Parteien haben im Vorfeld des abgeschlossenen Vergleichs darüber gestritten, ob und auf welche Weise die Klägerin zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Beklagten verpflichtet ist. Nach dem daraufhin vom Beklagten eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem er seine vertragsgemäße Beschäftigung im Betrieb der Verfügungsklägerin an deren Sitz in A-B-Stadt begehrt hat, haben die Parteien ihren Streit über den Beschäftigungsanspruch des Beklagten durch den geschlossenen Vergleich vom 08. Oktober 2014 beigelegt. In diesem Vergleich haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass der Beklagte bis zum 15. November 2014 freigestellt wird und beginnend mit dem 16. November 2014 vertragsgerecht beschäftigt wird nach Maßgabe des Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien vom 30. Dezember 1996 und mit der weiteren Maßgabe, dass der Hauptarbeitsplatz des Beklagten sich in der R-Straße 0, A-B-Stadt befindet. Damit haben die Parteien zur Beilegung ihres Streits über das Bestehen eines Beschäftigungsanspruchs des Beklagten einvernehmlich festgelegt, dass der Beklagte ab dem 16. November 2014 vertragsgemäß an seinem Hauptarbeitsplatz am Firmensitz beschäftigt wird, ohne dass sich die Klägerin ein Recht zur völligen oder teilweisen Suspendierung des Beklagten wegen des von ihr gehegten Verdachts eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot vorbehalten hat. Die Klägerin hatte bereits am 08. September 2014 einen Privatdetektiv beauftragt wegen des von ihr angeführten Verdachts eines wettbewerbswidrigen Verhaltens des Beklagten und seiner Arbeitskollegen, die ihr Arbeitsverhältnis im September 2014 gekündigt haben. Gleichwohl hat sie sich in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich einschränkungslos zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Beklagten an seinem Hauptarbeitsplatz am Firmensitz verpflichtet. Im Hinblick darauf, dass die Verpflichtung der Klägerin zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Beklagten im Vergleich einvernehmlich festgelegt worden ist, kann sie sich nicht mehr darauf berufen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgrund ihrer Zweifel an der Loyalität des Beklagten und des Wegfalls der Vertrauensgrundlage der Beschäftigungsanspruch des Beklagten zurücktreten müsse.

80

Der Beklagte hat die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 17. November 2014 noch am gleichen Tag aufgefordert, ihn unverzüglich, spätestens bis 12.00 Uhr vertragsgerecht am Arbeitsplatz in der R-Straße 0, A-B-Stadt, zu beschäftigen. Ferner hat er darauf hingewiesen, dass er das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen werde, falls eine fristgemäße vertragsgerechte Beschäftigung nicht erfolgen sollte. In der sodann erfolgten anwaltlichen Stellungnahme von Seiten der Klägerin wird lediglich angekündigt, dass dem Beklagten im Laufe des Tages bis 18.00 Uhr mitgeteilt werde, welche Tätigkeit an welchem Ort ihm ab morgen 8.00 Uhr zugewiesen werde. Im Hinblick darauf, dass die Arbeitsaufnahme des Beklagten im Vergleich ausdrücklich festgelegt war, so dass die Klägerin mehr als ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, eine vertragsgemäße Beschäftigung des Beklagten zu gewährleisten, war dem Beklagten ein weiteres Zuwarten nicht mehr zumutbar. Nachdem zuvor von Seiten der Klägerin ein Hausverbot ausgesprochen worden war, hätte sie unmissverständlich zum Ausdruck bringen müssen, dass dieses aufgrund des geschlossenen Vergleichs gegenstandslos ist und sich der Hauptarbeitsplatz des Beklagten gemäß der im Vergleich getroffenen Regelung an ihrem Sitz in A-B-Stadt befindet. Der Geschehensablauf vom 17. November 2014 lässt darauf schließen, dass die Klägerin nicht gewillt war, den auf der Grundlage des Vertrags vom 30. Dezember 1996 zuvor als "Chief Product Officer" tätigen Beklagten vertragsgemäß mit einer zumindest gleichwertigen Tätigkeit an seinem Hauptarbeitsplatz am Firmensitz zu beschäftigen. Mithin bedurfte es auch keiner (erneuten) Abmahnung.

81

3. Nach der vorzunehmenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles überwiegt das Interesse des Beklagten an der vorzeitigen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse der Klägerin an der weiteren Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

82

Aufgrund der Verletzung der im Vergleich einvernehmlich festgelegten Verpflichtung zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Beklagten an seinem Hauptarbeitsplatz war es diesem im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht mehr zumutbar, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin noch über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 2016 fortzusetzen.

83

Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass der Beklagte nicht mehr für sie arbeiten, sondern mit der von ihm ausgesprochenen Kündigung nur dem während des Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbot entgegen wolle, ändert dies nichts daran, dass sie ihrerseits bei Fortsetzung des - trotz der behaupteten Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot von ihr nicht gekündigten - Arbeitsverhältnisses auch der im Vergleich einschränkungslos übernommenen Verpflichtung zur vertragsgemäßen Beschäftigung hätte nachkommen müssen und der Beklagte ausdrücklich sowie unter Androhung einer fristlosen Kündigung seine tatsächliche Beschäftigung verlangt hat. Wenn die Klägerin wegen des von ihr geschilderten Sachverhaltes dem Beklagten künftig Wettbewerb untersagen will, ohne ihn weiterbeschäftigen zu wollen bzw. zu müssen, hätte sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer entsprechenden Karenzentschädigung wirksam mit dem Beklagten vereinbaren müssen. Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass es ihr aufgrund des Verhaltens des Beklagten am 01. August 2014 und 04. September 2014 nicht zuzumuten sei, ihn an ihrem Firmensitz zu beschäftigen, ist dem entgegenzuhalten, dass die Parteien gleichwohl im Vergleich vom 08. Oktober 2014 einvernehmlich festgelegt haben, dass der Beklagte beginnend mit dem 16. November 2014 vertragsgemäß mit der Maßgabe beschäftigt wird, dass sich sein Hauptarbeitsplatz am Firmensitz der Klägerin befindet. Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Interessenabwägung verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

84

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

85

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)2016/679besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU)2016/679vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,
2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.

(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.


Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30. August 2016, Az. 8 Ca 1012/15, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger wegen einer Observation durch eine Detektei eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das Dienstleistungen zur Instandsetzung und -haltung von Schienenfahrzeugen des Güter- und Personenverkehrs anbietet. Sie beschäftigt an fünf Standorten im Bundesgebiet über 800 Arbeitnehmer. Im Werk K. sind regelmäßig weniger als 200 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger ist Vorsitzender des Betriebsrats des Werks K. und außerdem Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats. Er ist Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EGV). Die Beklagte hatte den Kläger bis zu den Betriebsratswahlen 2014 in der vorherigen Wahlperiode - freiwillig - vollständig von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt, obwohl die gesetzliche Mindeststaffel des § 38 Abs. 1 BetrVG nicht erreicht war. Seit der Neuwahl 2014 war sie hierzu nicht mehr bereit. Zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat bestanden in der Folge Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger vollständig von der beruflichen Tätigkeit freizustellen. Am 22.08.2014 leitete die Beklagte beim Arbeitsgericht Kaiserslautern (Az. 8 BV 20/14) ein Beschlussverfahren ein. Sie begehrte die Feststellung, dass der Betriebsrat ohne konkrete Darlegung der Erforderlichkeit keinen Anspruch auf eine pauschale, vollständige Freistellung eines Betriebsratsmitglieds hat, solange die gesetzliche Mindeststaffel des § 38 BetrVG nicht überschritten ist. Dem Antrag wurde zweitinstanzlich stattgegeben (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 16.07.2015 - 5 TaBV 5/15).

3

Durch einen anonymen Informanten erhielt die Gewerkschaft EGV den Hinweis, dass die Beklagte eine Observation des Klägers durch eine Detektei veranlasst hatte. Im Dienstleistungsvertrag mit der Detektei vom 10.09.2014 ist folgendes Honorar (ohne MwSt.) vereinbart:

4

Grundgebühr für Verwaltungsaufwand,
Maßnahmenplanung und Berichterstattung

135,- EUR

Stundenhonorar pro Detektiv ab Einsatzort

69,- EUR

Zuschlag Sonderzeit (Sonn- und Feiertage sowie
Nachtstunden von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr)

50 %   

Kilometervergütung ab Einsatzort

0,95 EUR/km

Anfahrtspauschale (pro Detektiv)

69,- EUR

5

Insgesamt stellte die Detektei der Beklagten folgende Rechnungen:

6

Rechnungsdatum

für Dienstleistungen von

bis     

Betrag EUR
(ohne MwSt.)

08.10.2014

22.09.2014

26.09.2014

6.795,80

23.10.2014

13.10.2014
20.10.2014

17.10.2014
23.10.2014


17.156,70

10.11.2014

30.10.2014

07.11.2014

15.245,35

                 

SUMME 

39.197,85

7

Mit seiner am 14.08.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger die Zahlung einer Entschädigung wegen schwerer Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Das am selben Tag von der Gewerkschaft EGV, dem Gesamtbetriebsrat, dem Betriebsrat und dem Kläger gegen die Beklagte wegen der Observation eingeleitete Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern (Az. 3 BV 23/15) endete durch Abschluss eines Vergleichs am 11.04.2016.

8

In einem an die Beklagte gerichteten Bestätigungsschreiben vom 26.08.2015 führte die Detektei folgendes aus:

9

"…
Inhalt des von Ihnen erteilten Auftrages (Oktober bis November 2014) war die Observation des [Klägers] mit dem Ziel vertragswidriges Verhalten bzw. Fehlverhalten im Rahmen seiner Tätigkeit [bei der Beklagten] festzustellen. Im Raum stand der Verdacht des Arbeitszeitbetruges aus einer Zweittätigkeit resultierend. Diesen Verdacht galt es zu verifizieren bzw. zu falsifizieren.

10

Die Observationen fanden ausschließlich zu den Arbeitszeiten [des Klägers] statt, der private Lebensbereich wurde durch die Ermittlungen nicht tangiert. Es wurden weder Telefonate abgehört noch wurden E-Mails abgefangen, auch sonstige Arten der Korrespondenz wurden nicht überprüft.

11

Im Zuge der Observationen wurden weder Foto- und/oder Filmaufnahmen [des Klägers] getätigt noch wurde ein sog. Bewegungsprofil erstellt.

12

Gegenstand der Observation war ausschließlich [der Kläger], andere Personen oder Gemeinschaften wurden nicht überwacht."

13

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

14

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

15

Die Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage abgewiesen. Eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sei nicht erkennbar. Dagegen spreche, dass die Überwachung nur während der Arbeitszeit des Klägers stattgefunden habe, so dass der Bereich der privaten Lebensführung nicht betroffen worden sei. Außerdem habe die Detektei nach dem - bestrittenen - Vortrag der Beklagten keine Film- oder Videoaufnahmen gefertigt. Letztlich sei der Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht nicht mehr beeinträchtigt worden, als hätte die Beklagte einen Vorgesetzten oder Kollegen aufgefordert, ein Auge auf ihn zu haben.

18

Der Kläger hat gegen das am 16.09.2016 zugestellte Urteil mit am 17.10.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 16.01.2017 verlängerten Begründungsfrist mit am 16.01.2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

19

Der Kläger ist der Ansicht, er sei schwerwiegend in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden, weil er im Auftrag der Beklagten anlasslos durch eine Detektei überwacht worden sei. Die Beklagte behaupte zwar, es habe der Verdacht bestanden, dass er die angegebenen Zeiten der Betriebsratsarbeit für anderes verwendet habe. Sie habe jedoch keinerlei Anknüpfungstatsachen vorgetragen, aus denen sich ein solcher Verdacht ableiten ließe. Die Beklagte habe die Detektei "ins Blaue hinein" beauftragt, um einen Anlass zu finden, das Arbeitsverhältnis wegen seiner unliebsamen Tätigkeiten für den Betriebsrat und den Gesamtbetriebsrat sowie wegen seiner gewerkschaftlichen Funktionen und Betätigungen außerordentlich kündigen zu können. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ihm gegenüber einen substantiierten Vorwurf dahingehend erhoben, dass er seine Freistellung für Betriebsratsarbeit dazu missbraucht habe, etwa für die Gewerkschaft oder anderweitig tätig zu sein. Die Observation durch eine Detektei stelle nicht nur eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung, sondern zugleich eine schwere Verletzung des Verbots der Benachteiligung eines Mitglieds des Betriebsrats und des Gesamtbetriebsrats gem. § 78 BetrVG sowie eine Straftat iSd. § 119 Abs. 1 BetrVG dar. Dies habe das Arbeitsgericht bei der Bewertung des Vorgehens der Beklagten außer Acht gelassen. Das Arbeitsgericht habe außerdem verkannt, dass die Überwachung durch Privatdetektive eine gänzlich andere Qualität habe, als wenn ein Vorgesetzter ein Auge auf einen Untergebenen habe. Die Überwachung durch Detektive werde regelmäßig nur bei konkretem Verdacht des Vorliegens strafbarer Handlungen (bspw. Diebstahl, Unterschlagung, Betrug oder Untreue) angeordnet. Die Observation habe daher auch einen diskriminierenden Charakter gehabt. Durch die Maßnahme sei nicht nur das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Geschäftsführung, sondern auch zwischen ihm und seinen Kollegen, die ihn in seine Ehrenämter gewählt haben, beschädigt worden.

20

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30.08.2016, Az. 8 Ca 1012/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie macht geltend, die Überwachung des Klägers durch die Detektei sei nicht anlasslos erfolgt. Weil der Kläger behauptet habe, seine Betriebsratstätigkeit habe ein Ausmaß angenommen, dass er trotz Nichtvorliegens der Grenzzahlen des § 38 BetrVG von der beruflichen Tätigkeit freigestellt werden sollte, habe sie an der Richtigkeit seiner Angaben gezweifelt und somit einen gewissen Anlass gehabt, diese überprüfen zu lassen. Der Kläger habe sich beharrlich geweigert, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen, obwohl sie in ihrem Werk Kaiserslautern weniger als 200 Arbeitnehmer beschäftigt habe. Sie habe die Verweigerungshaltung des Klägers zum Anlass genommen, ein Beschlussverfahren gegen den Betriebsrat (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 16.07.2015 - 5 TaBV 5/15) einzuleiten. Im Rahmen dieses Beschlussverfahrens habe der Kläger anhand von Eigenaufzeichnungen zu beweisen versucht, dass seine Betriebsratstätigkeit einen Umfang angenommen habe, die seine vollständige Freistellung von der beruflichen Tätigkeit rechtfertigen sollte. Sie habe erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aufzeichnungen gehabt. Die Beauftragung einer Detektei, die dafür bekannt sei, diskret und unauffällig ihre Aufgaben zu erfüllen, habe die Gewähr dafür geboten, dass - im Fall der ergebnislosen Überwachung - die Beschattung als solche keinem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelange. Sie habe die Überwachung des Klägers niemandem offenbart.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte 3 BV 23/15.

Entscheidungsgründe

I.

26

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

27

Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hat die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Observation durch eine Detektei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers schwerwiegend verletzt. Nach den gesamten Umständen des Einzelfalls steht dem Kläger ein Anspruch auf eine Geldentschädigung iHv. 10.000,00 EUR zu.

28

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, ist das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. BAG 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 14 mwN). Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, ist aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. BAG 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 16 mwN; BAG 19.08.2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69 mwN).

29

2. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers auch dann schwerwiegend verletzt sein, wenn der Arbeitgeber - wie hier - behauptet, er habe den Arbeitnehmer ausschließlich während seiner Arbeitszeit von einer Detektei beobachten lassen, die im Rahmen der Observationen keine Fotografien oder Videoaufzeichnungen angefertigt habe. Wie bereits ausgeführt, ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht selbstverständlich auch im Arbeitsverhältnis und während der Arbeitszeit zu beachten. Eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Detektei in ihrem Schreiben vom 26.08.2015 an die Beklagte bestätigt, dass die Observationen ausschließlich zu den Arbeitszeiten des Klägers stattgefunden haben sollen, dass sie weder Telefonate abgehört noch E-Mails abgefangen und auch die sonstige Korrespondenz des Klägers nicht überprüft, dass sie weder Foto- und/oder Filmaufnahmen gefertigt noch ein sog. Bewegungsprofil des Klägers erstellt habe. Selbst wenn die Beklagte und/oder die Detektei durch die Observation des Klägers keine Straftaten begangen haben sollten (§ 119 BetrVG, §§ 201, 202 StGB), was vorliegend dahinstehen kann, schließt dies das Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht aus.

30

3. Eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt - unabhängig davon, ob der Kläger fotografiert oder gefilmt worden sein sollte - bereits in der von der Beklagten veranlassten heimlichen Observation des Klägers für die Dauer von 20 Arbeitstagen in der Zeit vom 22.09. bis 07.11.2014. Bei einem Rechnungsbetrag (netto) von ca. 1.960,00 EUR pro Arbeitstag (Rechnungssumme ca. 39.200,00 EUR : 20 Tage) bei einem vereinbarten Stundensatz von 69,00 EUR muss der Kläger täglich über viele Stunden von mehreren Detektiven heimlich überwacht worden sein. Diese lange Dauer der Überwachung ist für die Intensität des Eingriffs von großer Bedeutung. Die heimliche Observation durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. § 163f StPO) über einen längeren Zeitraum steht - auch bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat von erheblicher Bedeutung - unter Richtervorbehalt. Zwar können die den Staat in seinen Überwachungsmöglichkeiten begrenzenden Bestimmungen nicht ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen Privaten übertragen werden. Gleichwohl wird in ihnen zum einen deutlich, welche Bedeutung gerade auch die Dauer der Überwachung für die Intensität des Eingriffs hat. Zum andern können dem Arbeitgeber zumindest nicht viel weiter gehende Eingriffe in die Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer zugestanden werden, als sie bei Inanspruchnahme staatlicher Organe zulässig wären (vgl. zu diesem Aspekt BAG 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 - Rn. 45 mwN).

31

Verschärfend kommt hinzu, dass die Beklagte die heimliche Observation des Klägers am 10.09.2014 beauftragt hat, obwohl sie bereits mit Antragsschrift vom 22.08.2014 ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 16.07.2015 - 5 TaBV 5/15) gegen den Betriebsrat mit dem Ziel eingeleitet hatte, feststellen zu lassen, dass sie nicht verpflichtet ist, den Kläger pauschal und vollständig für Betriebsratsaufgaben von seiner beruflichen Tätigkeit freizustellen. Für die heimliche Überwachung des Klägers parallel zum arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, das bereits anhängig war, gab es keine hinreichende Rechtfertigung. Die Beklagte und der Betriebsrat haben einen offenen Konflikt über die Freistellungspflichten für Betriebsratstätigkeiten in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, für das nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Untersuchungsgrundsatz galt, ausgetragen. Daneben bestand kein berechtigter Anlass für heimliche Observationsmaßnahmen. Nicht zuletzt verstößt die heimliche Überwachung des Klägers durch eine Detektei auch gegen betriebsverfassungsrechtliche Schutzbestimmungen. Dieser Verstoß verstärkt den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zusätzlich. Nach § 78 Satz 1 BetrVG dürfen ua. die Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Zwar ist auch durch § 78 Satz 1 BetrVG nur die ordnungsmäßige und pflichtgemäße Betätigung des Betriebsrats geschützt, so dass eine Observation im Einzelfall zulässig sein könnte. Im vorliegenden Fall bestand jedoch kein hinreichender Anlass. Ausweislich der Bestätigung der Detektei vom 26.08.2015 erfolgte ihre Beauftragung, weil der "Verdacht des Arbeitszeitbetruges aus einer Zweitbeschäftigung resultierend" im Raum gestanden haben soll. Welche konkreten Anhaltspunkte für eine Zweitbeschäftigung des Klägers bei Beauftragung der Detektei bestanden haben sollen, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Allein der Umstand, dass die Beklagte bezweifelte, dass die Betriebsratstätigkeit des Klägers einen Umfang angenommen habe, der - wie in der Vergangenheit bis zur Neuwahl 2014 - seine vollständige Freistellung von der beruflichen Tätigkeit erfordern könnte, rechtfertigt nicht die Überwachung durch Detektive, um eine Zweitbeschäftigung "zu verifizieren bzw. zu falsifizieren". Ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten der Beklagten bestand nicht. Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigenden Interesses an einer Observation des Klägers durch eine Detektei kommt es auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht an.

32

4. Die Berufungskammer hält unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR für angemessen. Gemäß den obigen Ausführungen liegt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Als wichtigster Bemessungsfaktor für die Geldentschädigung hat die Kammer die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt. Insbesondere die lange Dauer der Observation, die sich die Beklagte ausweislich der vorliegenden Rechnungen rund 39.200,00 EUR hat kosten lassen, gebieten die Festsetzung eines fühlbaren Entschädigungsbetrags. Von der Höhe der Geldentschädigung muss ein echter Hemmungseffekt ausgehen. Insofern erscheint eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR angemessen, aber auch ausreichend, um den Gesichtspunkten der Genugtuung und Prävention hinreichend Rechnung zu tragen.

III.

33

Die Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten erster und zweiter Instanz zu tragen.

34

Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Tenor

Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Juni 2009 - 10 Sa 719/08 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger 95 vH und die Beklagte 5 vH zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz und Entschädigung wegen Nichtberücksichtigung bei einem Stellenbesetzungsverfahren.

2

Der 1958 geborene Kläger hat beide juristischen Staatsexamina mit „gut“ bestanden und ist seit 1988 als selbstständiger Rechtsanwalt tätig.

3

Die Beklagte schaltete im März 2007 eine Stellenanzeige in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) 11/2007 mit folgendem Inhalt:

        

„Die T GmbH ist ein Lizenzhandelsunternehmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten BR, MDR, SWR sowie des Schweizer Fernsehens SRG SSR idée suisse.

        

Zum sofortigen Eintritt suchen wir für unsere Rechtsabteilung - zunächst auf ein Jahr befristet - eine(n) junge(n), engagierte(n)

        

Volljuristin/Volljuristen           

        

Ihre Aufgaben umfassen insbesondere die Verhandlung und Erstellung von Lizenzverträgen für die Bereiche ‚Programmbeschaffung’ und ‚Internationaler Programmvertrieb’.

        

Sie verfügen über befriedigende Examina, erste Berufserfahrungen (bis 2 Jahre) im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft, Teamfähigkeit, Belastbarkeit und ein überzeugendes Auftreten. Verhandlungssichere Englischkenntnisse sind erforderlich; Französischkenntnisse sind von Vorteil.

        

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellungen an:

        

…“    

4

Auf diese Anzeige bewarb sich der Kläger am 26. März 2007 mit folgender E-Mail:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

Sie suchen für ein Jahr befristet einen Volljuristen für den Bereich des Aushandelns und des Erstellens von Lizenzverträgen.

        

Ich denke, daß ich Ihre Anforderungen vollumfänglich erfülle.

        

Ich bin seit 20 Jahren umfassend im Zivil- und Wirtschaftsrecht und besonders auch im Lizenz- und Vertragsrecht tätig; einige hundert einschlägige Verträge/AGBen habe ich selbst entworfen, deutlich mehr habe ich begutachtet/begleitet. Mein Schwerpunkt liegt im Bereich des Immaterialgüterrechts, was jedoch auch zur Folge hat, daß ich meine meist gewerblichen Mandanten in allen wirtschaftsrechtlich relevanten Angelegenheiten (ausgenommen Familienrecht und Verwaltungsrecht) umfassend betreue.

        

Kurz zu meinen papiernen Qualifikationen: Beide Staatsexamina (Hessen) ‚gut’, Promotion (Hessen, EDV-Recht) ‚summa cum laude’, ca. 200 primär einschlägige Publikationen.

        

Teamfähigkeit, Belastbarkeit und überzeugendes Auftreten sind selbstverständlich.

        

Zur Abkürzung darf ich zunächst ergänzend auf meinen anliegenden Kurzlebenslauf sowie die anliegenden Zeugnisse Bezug nehmen.

        

Die ausgeschriebene befristete Anstellung findet mein besonderes Interesse, da ich aus bestimmten Gründen (zunächst) nur an einer befristeten Anstellung interessiert bin; in einem persönlichen Gespräch erläutere ich gerne die Hintergründe.

        

Mit freundlichen Grüßen

        

…“    

5

Mit Schreiben vom 10. April 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit:

        

„Sehr geehrter Herr Dr. K,

        

nochmals herzlichen Dank für die Übersendung Ihrer Bewerbungsunterlagen für die Stelle als Volljurist und das damit verbundene Interesse und Vertrauen.

        

Nach sorgfältiger Prüfung Ihrer Unterlagen müssen wir Ihnen nun mitteilen, dass Sie für die vakante Stelle leider nicht in Betracht kommen.

        

Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Berufsweg viel Erfolg und verbleiben

        

mit freundlichen Grüßen

        

…“    

6

Ende April 2007 schloss die Beklagte einen befristeten Arbeitsvertrag mit der damals 33-jährigen Frau S. In diesem vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008 befristeten Vertrag wurde eine Kündigungsfrist von zwei Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende während einer dreimonatigen Probezeit bzw. von zwei Monaten zum Monatsende nach Ablauf der Probezeit sowie ein Bruttojahresgehalt von 43.472,00 Euro, zahlbar in 13 Monatsraten zu 3.344,00 Euro, vereinbart. Frau S hatte beide juristischen Staatsprüfungen mit „ausreichend“ bestanden und war vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Beklagten bei der „N Filmgesellschaft mbH“ beschäftigt und dort ausweislich des Zeugnisses vom 2. Juli 2007 ua. mit der Prüfung und Erstellung von Lizenz- und Vertriebsverträgen in deutscher und englischer Sprache befasst.

7

Mit einer E-Mail und einem gleichlautenden Telefaxschreiben vom 26. Juni 2007 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass die Vermutung bestehe, er sei von ihr wegen seines Alters im Bewerbungsverfahren diskriminiert worden. Er machte einen Schadensersatzanspruch wegen des entgangenen Gehalts für ein Jahr sowie einen Schmerzensgeldanspruch wegen der erlittenen Altersdiskriminierung in Höhe von 25.000,00 Euro geltend.

8

Mit Anwaltschriftsatz vom 28. Juni 2007 ließ die Beklagte die Ansprüche zurückweisen.

9

Mit seiner am 9. Juli 2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Beklagten am 19. Juli 2007 zugestellten Klage hat der Kläger einen Schadensersatz- und einen Schmerzensgeldanspruch sowie einen Auskunftsanspruch über die Höhe der maximal vorgesehenen Jahresvergütung für das Stellenangebot in der NJW 11/2007 geltend gemacht.

10

Der Kläger behauptet, seine Bewerbung sei ausschließlich wegen seines Alters nicht berücksichtigt worden. Er habe gezielt keine Gehaltsvorstellung angegeben, um sich die Chance eines Vorstellungsgesprächs zu erhalten. Auch sei er zum damaligen Zeitpunkt aufgrund seiner persönlichen Situation gerade an einer vorübergehenden Beschäftigung interessiert gewesen. Das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 10. April 2007 sei ihm erst am 2. Mai 2007 zugegangen.

11

Der Kläger meint, ihm stehe ein Auskunftsanspruch über die Höhe der maximal vorgesehenen Vergütung für die ausgeschriebene Stelle zu. Auch könne er als Schadensersatz ein Jahresgehalt beanspruchen, da die Stelle auf ein Jahr ausgeschrieben gewesen sei und befristete Arbeitsverhältnisse nicht vorzeitig gekündigt werden könnten. Als Höhe der Entschädigung seien 25.000,00 Euro angemessen.

12

Im Übrigen ist der Kläger der Ansicht, die Vermutungswirkung des § 22 AGG erstrecke sich auch darauf, dass er als der bestqualifizierte Bewerber ohne die erfolgte Diskriminierung tatsächlich eingestellt worden wäre. Infolgedessen müsse die Beklagte beweisen, dass bei der Entscheidung für Frau S das Alter des Klägers keine Rolle gespielt habe.

13

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen,

        

a)    

ihm Auskunft über die maximal vorgesehene Jahresvergütung für die im Stellenangebot in NJW 11/2007 S. L ausgeschriebene Stelle zu erteilen;

        

b)    

ihm den sich aus der Auskunft ergebenden Betrag entsprechend der erteilten Auskunft aus Klageantrag 1.a) als Schadensersatz zuzüglich fünf Prozentpunkte über Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

ihm Schmerzensgeld in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens aber 25.000,00 Euro, zuzüglich fünf Prozentpunkte über Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

14

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

15

Sie vertritt die Auffassung, die Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche seien weder frist- noch formgemäß geltend gemacht worden. Sie behauptet, das Absageschreiben vom 10. April 2007 sei spätestens am Folgetag versandt worden und dem Kläger daher am 12. April 2007 zugegangen. Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger sei erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG mit Schreiben vom 26. Juni 2007 erfolgt. Im Übrigen wahre dieses Schreiben, welches ihr ausschließlich per Fax und per E-Mail übersandt worden sei, mangels eigenhändiger Unterschrift nicht die erforderliche Schriftform des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG.

16

Die Beklagte behauptet, weder das Alter des Klägers noch dasjenige der eingestellten Frau S hätten bei der Einstellungsentscheidung eine Rolle gespielt. Die Bewerbung des Klägers sei vielmehr sofort aussortiert worden, da diese keine Angabe zu der in der Anzeige geforderten Gehaltsvorstellung des Bewerbers enthalten habe und es sich daher um keine vollständige Bewerbung gehandelt habe. Auch seien für die Beklagte nur Bewerber aus dem Großraum München in Betracht gekommen, da man aus Kostengründen die Zahlung von Fahrtkosten zu den Vorstellungsgesprächen habe sparen wollen und man auswärtigen Bewerbern aufgrund der Befristung der Stelle einen Umzug nach München nicht habe zumuten wollen, zumal ein solcher Umzug die beabsichtigte Einstellung zeitlich verzögert hätte. Daher seien von den etwa 100 Bewerbungen alle aussortiert worden, die keine Gehaltsvorstellungen enthalten hätten oder von Personen stammten, die nicht im Großraum München wohnten.

17

Die Beklagte meint, die Vermutung des § 22 AGG erstrecke sich nicht darauf, dass der Kläger bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Tatsächlich sei dieser nicht der bestgeeignete Bewerber gewesen. Im Gegensatz zu der eingestellten Frau S verfüge er über keine einschlägige Erfahrung in der Medien- und Filmbranche. Entscheidend für die Einstellung von Frau S seien deren Erfahrung, deren spezifische Kenntnisse sowie eine Einstellungsempfehlung der vormaligen Stelleninhaberin gewesen.

18

Das Arbeitsgericht hat der Entschädigungsklage in Höhe eines Monatsgehalts stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das arbeitsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass es dem Kläger aus dem ausgeurteilten Betrag auch Zinsen ab Rechtshängigkeit zugesprochen hat. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der von dem Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision und mittels Anschlussrevision die Klageabweisung in vollem Umfange beantragt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig, aber unbegründet.

20

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe mit der Übersendung des Telefax am 26. Juni 2007 seine Ansprüche gegenüber der Beklagten form- und fristgerecht geltend gemacht.

21

Es ist weiterhin davon ausgegangen, dass sich aus der nicht altersneutralen Stellenausschreibung die Vermutung einer Altersdiskriminierung des Klägers ergebe. Diese habe die Beklagte nicht widerlegt. Daher stehe dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Dieser sei mit einem Gehalt angemessen.

22

Das Landesarbeitsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 1 AGG verneint, da sich die Vermutungsregelung des § 22 AGG nicht auf die Kausalität zwischen Benachteiligung und Schaden erstrecke. Der Kläger hätte mithin darlegen und beweisen müssen, dass er bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte. Dies habe er nicht getan. Zwar habe er im Gegensatz zur eingestellten Bewerberin S die besseren Examensergebnisse erzielt, in der Stellenanzeige seien aber auch Berufserfahrung im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft gefordert worden. Der Kläger habe den Vortrag der Beklagten, die eingestellte Frau S sei wegen ihrer einschlägigen Berufserfahrung besser geeignet und schneller einsetzbar gewesen, nicht widerlegt. Die selbstständige anwaltliche Tätigkeit des Klägers weise zwar mit der Tätigkeit in einer Rechtsabteilung gewisse Überschneidungen auf, dennoch sei es eine andere Tätigkeit, so dass nicht von einer einschlägigen Berufserfahrung des Klägers gesprochen werden könne. Es sei vor dem Hintergrund, dass die Stelle keine sehr hohen juristischen Anforderungen stelle, nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Bewerberauswahl ein größeres Gewicht auf die einschlägige Berufserfahrung als auf die Noten im Staatsexamen gelegt habe.

23

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet, weil ihm die über den ausgeurteilten Entschädigungsbetrag hinaus geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.

24

1. Die Klage ist zulässig.

25

a) Der auf die Erteilung der Auskunft gerichtete Antrag ist erst nach der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger begehrt nach dem Wortlaut seines Antrages die Erteilung einer Auskunft über die maximal vorgesehene Jahresvergütung für die ausgeschriebene Stelle. Der vom Kläger im Antrag verwendete Begriff der „maximal vorgesehenen Jahresvergütung“ ist nicht hinreichend bestimmt. Wie der Kläger in der Revisionsverhandlung klargestellt hat, begehrt er die Auskunft, in welchem Umfang die Geschäftsleitung der Beklagten bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle als Volljuristin/Volljurist bereit war, das für die Besetzung der Stelle der Fachabteilung zugesagte Jahresbudget von 40.000,00 Euro im Falle eines bestgeeigneten Bewerbers zu überschreiten. In diesem Sinne ist der Auskunftsantrag hinreichend bestimmt.

26

b) Der auf Zahlung einer der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Dem Gericht wird damit hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Entschädigungshöhe zu bzw. hängt die Bestimmung eines Betrages vom billigen Ermessen des Gerichtes ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss allerdings Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 18, AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht und eine Angabe zur Größenordnung der Entschädigung, nämlich mindestens 25.000,00 Euro, gemacht.

27

2. Die Klage ist lediglich in dem vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilten Umfange begründet.

28

a) Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet auf den Streitfall Anwendung. Die im März 2007 erschienene Stellenanzeige in der NJW 11/2007, auf die sich der Kläger beworben hatte, stellt den Anknüpfungszeitpunkt für die behauptete Benachteiligungshandlung dar. Dieser Zeitpunkt liegt nach dem Inkrafttreten des AGG.

29

b) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen ihres Alters oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Der Kläger unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG, da er als Beschäftigter gilt und die Beklagte Arbeitgeberin ist.

30

aa) Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.

31

Der Kläger ist ein solcher Bewerber. Der Begriff „Bewerber“ im Sinne des AGG setzt nicht die objektive Eignung eines Bewerbers für die in Aussicht genommene Stelle voraus. Vielmehr ist die objektive Eignung eines Bewerbers eine Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt, welche Voraussetzung für die Annahme einer unmittelbaren Benachteiligung ist(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - NZA 2010, 872; 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - NJW 2010, 2970).

32

Ob die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung Tatbestandsvoraussetzung für Ansprüche nach §§ 15, 6 AGG ist, hat der Senat bislang ausdrücklich offengelassen(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - NZA 2010, 872), sie bedarf auch hier keiner Entscheidung. Es sind aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und des Parteivorbringens keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers sprechen.

33

Der Einwand der Beklagten, die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung fehle, da der Kläger der Aufforderung in der Anzeige, seine Gehaltsvorstellungen mitzuteilen, nicht nachgekommen sei, greift nicht durch. Der Kläger hat nachvollziehbar erläutert, weshalb er sich bessere Einstellungschancen ausgerechnet hat, wenn er seine Gehaltsvorstellungen erst in einem persönlichen Gespräch darlegt.

34

bb) Die Beklagte ist Arbeitgeber iSd. § 15 AGG. Sie ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine juristische Person und sie beschäftigt Arbeitnehmer (§ 6 Abs. 2 Satz 1 AGG).

35

c) Der Kläger hat am 26. Juni 2007 den Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG) sowie den Entschädigungsanspruch (§ 15 Abs. 2 AGG) frist- und formgerecht geltend gemacht. Auch seine Klage auf Entschädigung hat er innerhalb der Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG erhoben.

36

aa) Nach § 15 Abs. 4 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten, beginnend mit dem Zugang der Ablehnung, schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben - wie vorliegend nicht - etwas anderes vereinbart.

37

Die Ablehnung seiner Bewerbung erhielt der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 10. April 2007. Dieses Schreiben ist ihm nicht länger als zwei Monate vor dem 26. Juni 2007 zugegangen. Einen früheren Zugang hat die diesbezüglich darlegungs- und beweispflichtige Beklagte weder substantiiert vorgetragen noch bewiesen.

38

§ 15 Abs. 4 AGG bestimmt nicht, wer die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs des Ablehnungsschreibens trägt. Infolgedessen gilt die allgemeine prozessuale Regel, wonach grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale trägt, während der Anspruchsgegner die rechtsvernichtenden, rechtshindernden und rechtshemmenden Tatbestandsmerkmale darlegen und ggf. beweisen muss (BGH 14. Januar 1991 - II ZR 190/89 - BGHZ 113, 222; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 553/08 -). Dies führt dazu, dass im Rahmen der Frage der fristgerechten Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 1, 2 AGG der Arbeitgeber darzulegen und ggf. zu beweisen hat, dass und wann die Frist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG durch Zugang der Ablehnung beim Bewerber in Lauf gesetzt worden ist(v. Roetteken AGG Stand August 2010 § 15 Rn. 89; Däubler/Bertzbach/Deinert AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 164), während der Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen hat, wann seine schriftliche Geltendmachung dem Arbeitgeber zugegangen ist (Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 61; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 8).

39

Da sich die Beklagte darauf beruft, Ansprüche des Klägers aus § 15 Abs. 1, 2 AGG seien mangels rechtzeitiger Geltendmachung ausgeschlossen, hätte sie mithin darlegen und ggf. beweisen müssen, dass und wann die Frist zur Geltendmachung in Lauf gesetzt worden ist. Da der Kläger behauptet, das Ablehnungsschreiben sei ihm erst am 2. Mai 2007 zugegangen, hätte die Beklagte diesen Zugangszeitpunkt substantiiert bestreiten und einen ihr günstigeren, also früheren Zugangszeitpunkt darlegen und beweisen müssen. Allein aus dem Absenden ihres Ablehnungsschreibens am 10. oder 11. April 2007 ergibt sich nicht zwingend, dass dieses dem Kläger am 12. April 2007 zugegangen ist, wie die Beklagte meint. Hieraus folgt, dass das Vorbringen des Klägers, der Zugang des Ablehnungsschreibens sei erst am 2. Mai 2007 erfolgt, durch die Beklagte nicht widerlegt ist.

40

bb) Der Kläger hat die streitgegenständlichen Ansprüche formgerecht geltend gemacht.

41

Mit seinen Fax- und E-Mail-Schreiben vom 26. Juni 2007 hat er sowohl Schadensersatz in Höhe eines Jahresgehalts wegen des entgangenen Gewinns als auch Schmerzensgeld wegen der erlittenen Diskriminierung in Höhe von 25.000,00 Euro gefordert. Hiermit hat er Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG konkret bezeichnet und geltend gemacht. Eine betragsmäßige Bezifferung des Schadensersatzanspruchs erfolgte zwar nicht, ist aber auch nicht erforderlich (vgl. zu § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX aF: BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6).

42

Der Kläger hat die Ansprüche auch schriftlich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AGG) geltend gemacht. Dieses Schriftformgebot verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB(Bauer/Göpfert/Krieger § 15 Rn. 55; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 72; Schiek/Kocher § 15 Rn. 61; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 92; Adomeit/Mohr KommAGG § 15 Rn. 85; aA Däubler/Bertzbach/Deinert § 15 Rn. 110; HWK/Annuß/Rupp 4. Aufl. § 15 AGG Rn. 13), ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB.

43

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das in § 126 BGB vorgesehene Schriftformerfordernis auf Rechtsgeschäfte beschränkt. Auf rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen ist die Bestimmung nicht unmittelbar anzuwenden (BAG 11. Juni 2002 - 1 ABR 43/01 - BAGE 101, 298 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 139). Daran hat die Ergänzung des § 126 BGB durch § 126a und § 126b BGB nichts geändert. Auch die §§ 126a, 126b BGB sind vielmehr wegen des fortbestehenden Sachzusammenhangs mit den Bestimmungen über Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte unmittelbar nur auf Willenserklärungen anwendbar. Für rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen gelten sie allenfalls entsprechend (BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 127 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 12).

44

Die Geltendmachung eines Anspruchs iSv. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Während ein Rechtsgeschäft aus einer oder mehreren Willenserklärungen besteht, die allein oder in Verbindung mit anderen Tatbestandsmerkmalen eine Rechtsfolge herbeiführen, weil sie gewollt ist (Palandt/Ellenberger 69. Aufl. Überblick vor § 104 Rn. 2), sind geschäftsähnliche Handlungen auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten (Palandt/Ellenberger Überblick vor § 104 Rn. 6). Die Geltendmachung im Sinne von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge kraft rechtsgeschäftlichen Willens gerichtet, sondern darauf, dass eine im Gesetz angeordnete Rechtsfolge, nämlich das Fortbestehen des Anspruchs nur bei rechtzeitiger Geltendmachung, eintritt.

45

Eine analoge Anwendung von § 126 BGB auf die Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht gerechtfertigt. Normzweck und Interessenlage sind nicht vergleichbar. Angesichts der im Geschäftsleben festzustellenden Üblichkeit der Erklärungsübermittlung per Telefax besteht kein Grund, das Erfordernis der Originalunterschrift in entsprechender Anwendung von § 126 BGB auf Geltendmachungsschreiben zu übertragen, die ihren Sinn und Zweck der Schaffung eines Rechtsfriedens und der Herbeiführung von Rechtssicherheit auch erfüllen, wenn durch lediglich namentliche Bezeichnung die Identität des Erklärenden feststeht. Auch die Vollständigkeit und der inhaltliche Abschluss der Erklärung bedürfen keiner eigenhändigen Unterschrift, sondern lassen sich durch die Anbringung einer Grußformel, die maschinenschriftliche Namenswiedergabe oder Ähnliches unmissverständlich kenntlich machen.

46

Nach der objektiven Sach- und Interessenlage der Beteiligten ist bei der Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 1, 2 AGG die entsprechende Anwendung von § 126b BGB geboten und ausreichend. Nach dieser Bestimmung muss, wenn Textform vorgeschrieben ist, die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Auf diese Weise stellt § 126b BGB auch ohne das Erfordernis eigenhändiger Unterzeichnung sicher, dass die Identitäts- und Vollständigkeitsfunktionen einer schriftlichen Erklärung neben der ohnehin gegebenen Dokumentationsfunktion gewahrt sind(vgl. zu § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG: BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 127 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 12).

47

Zumindest das Telefax des Klägers vom 26. Juni 2007 genügte den Erfordernissen des § 126b BGB, weil dieses der Beklagten unstreitig zugegangen ist und ihr damit in Form eines Ausdruckes vorgelegen hat(vgl. BGH 3. Juni 1987 - IVa ZR 292/85 - BGHZ 101, 276).

48

cc) Die dreimonatige Klagefrist nach § 61b Abs. 1 ArbGG für Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG ist gewahrt, weil die Klage am 9. Juli 2007 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 19. Juli 2007 zugestellt und damit innerhalb von drei Monaten nach schriftlicher Geltendmachung des Anspruchs erhoben worden ist, § 253 Abs. 1 ZPO.

49

d) Der für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG erforderliche Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegt vor.

50

aa) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn ein Beschäftigter wegen eines in § 1 genannten Grundes - zu denen auch das Alter zählt - eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

51

Der Kläger hat im Bewerbungsverfahren um die ausgeschriebene Stelle eine weniger günstige Behandlung erfahren als die eingestellte Bewerberin S. Seine Bewerbung wurde abgelehnt, ohne dass er zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Eine Benachteiligung kann in der Versagung einer Chance liegen. Durch die Nichteinladung wurde dem Kläger die Chance auf Einstellung versagt (vgl. Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1).

52

Der Kläger und die Bewerberin S befanden sich in einer vergleichbaren Situation, da beide objektiv für die ausgeschriebene Stelle eines Volljuristen geeignet waren.

53

bb) Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen eine Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters vermuten.

54

Eine weniger günstige Behandlung wegen des Alters ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an das Alter anknüpft oder durch sie motiviert ist. Ausreichend ist, dass das Alter Bestandteil eines Motivbündels ist, das die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

55

Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(Senat 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

56

Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einem in § 1 AGG genannten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und ob sie gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt(Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 28, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6 zu § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF bzgl. einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung).

57

Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass sich bereits aus der Stellenanzeige die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters ergibt. § 11 AGG verbietet die Ausschreibung eines Arbeitsplatzes unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG. Eine Ausschreibung verstößt gegen § 7 Abs. 1 AGG, wenn Menschen, die ein in § 1 AGG genanntes Merkmal aufweisen, vom Kreis der für die zu besetzende Stelle in Betracht kommenden Personen ausgeschlossen werden.

58

Die von der Beklagten zu besetzende Stelle als Volljurist/in ist unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden, da das Alter als Einstellungsvoraussetzung genannt ist. Nach der Stellenanzeige werden „junge“ Volljuristinnen/Volljuristen gesucht. Mit dieser Einschränkung werden solche Personen, die nicht mehr „jung“ sind, vom Kreis derer, die für die zu besetzende Stelle in Betracht kommen, ausgeschlossen.

59

Da der Verstoß gegen die Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben, die Vermutung begründen kann, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten verbotenen Merkmals erfolgt(vgl. Senat 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3 zu § 611b BGB aF),ist die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutung einer altersbedingten Diskriminierung des Klägers revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist es nicht entscheidend, dass der Begriff „jung“ nicht eindeutig zu definieren ist. Auf jeden Fall liegt dann ein Indiz für die Benachteiligung eines Bewerbers wegen seines Alters vor, wenn ein anderer deutlich jüngerer Bewerber eingestellt worden ist. Dies war vorliegend der Fall.

60

cc) Da der Kläger somit Tatsachen vorgetragen hat, die seine Benachteiligung wegen seines Alters vermuten lassen, trägt die Beklagte nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorliegt.

61

Zur Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung wegen des Alters muss der Arbeitgeber das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung gerade nicht auf dem Alter beruht. Er muss also Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als das Alter, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. zur Benachteiligung wegen Schwerbehinderung: BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 33, 37 f., AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

62

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Beklagte nicht bewiesen hat, dass es ausschließlich andere Gründe als das Alter des Klägers waren, die zu dessen weniger günstigen Behandlung geführt haben. Ihre Behauptung, die Bewerbung des Klägers sei bereits vorab wegen der unterlassenen Angabe der Gehaltsvorstellung und wegen seines nicht im Großraum München liegenden Wohnorts aussortiert worden, ist nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts nicht bewiesen. Die diesbezügliche Würdigung der Zeugenaussage des Mitarbeiters der Beklagten St durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Zeugen ist die Bewerbung des Klägers tatsächlich vorgelegt und damit gerade nicht vorab aussortiert worden. Auch eine Weiterleitung der Bewerbungsmail als „Kuriosum“ ist eine Weitergabe der Bewerbung und kein Aussortieren.

63

dd) Anhaltspunkte für die Zulässigkeit der unterschiedlichen Behandlung nach §§ 8, 10 AGG sind von der Beklagten nicht vorgetragen worden.

64

e) Da der Kläger wegen seines Alters von der Beklagten benachteiligt worden ist, hat er gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld. Der Entschädigungsanspruch setzt weder ein Verschulden der Beklagten voraus noch bedarf es der gesonderten Feststellung des Eintritts eines immateriellen Schadens (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

65

aa) § 15 Abs. 2 AGG entspricht § 253 BGB. Dies bedeutet, dass dem Gericht ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung eingeräumt wird, um bei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung die Besonderheiten jedes einzelnen Falles angemessen berücksichtigen zu können. Hängt die Höhe des Entschädigungsanspruchs von einem Beurteilungsspielraum ab, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dabei ist revisionsrechtlich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob es gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

66

bb) Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. In diesem Fall ist vom Tatsachenrichter zunächst die Höhe einer angemessenen und der Höhe nach nicht begrenzten Entschädigung zu ermitteln und diese dann, wenn sie drei Monatsentgelte übersteigen sollte, zu kappen (Stein in Wendeling-Schröder/Stein § 15 Rn. 44).

67

Ist ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG dem Grunde nach gegeben, hat der Arbeitgeber die für ihn günstigere Tatsache zu beweisen, dass der Bewerber oder die Bewerberin auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre und damit die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG festgelegte Höchstgrenze für die Entschädigung zum Tragen kommt(HWK/Annuß/Rupp § 15 AGG Rn. 9; Knittel SGB IX Kommentar 4. Aufl. § 81 Rn. 121; Meinel/Heyn/Herms § 15 Rn. 71; Schiek/Kocher § 15 Rn. 48; vgl. auch EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 36, Slg. 1997, I-2195). Durch § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG wird von dem in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG aufgestellten Grundsatz, dass die Höhe der Entschädigung nur durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzt wird, eine Ausnahme zugunsten des Arbeitgebers geschaffen. Diese Verteilung der Beweislast schließt allerdings nicht aus, dass der Bewerber im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast zunächst geltend gemacht haben muss, dass er bei einer benachteiligungsfreien Auswahl eingestellt worden wäre.

68

cc) Die Festsetzung einer Entschädigung in Höhe eines Monatsgehalts der eingestellten Bewerberin S durch das Landesarbeitsgericht hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

69

Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung durch das Tatsachengericht sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, so dass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu entfalten und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

70

Das angefochtene Urteil lässt das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Infolgedessen hält sich die Festsetzung einer Entschädigung iHv. 3.344,00 Euro im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes.

71

Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass kein besonders schwerwiegender Fall einer Diskriminierung vorliegt. Es legt sachgerecht zugrunde, dass es außer einer nicht an den Kläger persönlich gerichteten Stellenanzeige, welche kraft Gesetzes die Vermutung einer Diskriminierung wegen des Alters begründet, kein zu beanstandendes Verhalten der Beklagten gibt. Diese hat sich dem Kläger gegenüber wegen seines Alters weder abwertend noch beleidigend verhalten. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang, dass das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der vom Kläger behaupteten negativen Auswirkungen der Diskriminierung, nämlich seines Appetitverlustes und seiner Schlafstörungen, darauf verweist, dass keine adäquate Kausalität zwischen der Absage auf die Bewerbung und der gesundheitlichen Beeinträchtigung feststellbar ist.

72

Soweit das Landesarbeitsgericht folgert, die Beklagte habe wegen des nur begrenzt zur Verfügung stehenden Budgets einen sich noch nah am Berufseinstieg befindlichen Bewerber gesucht und dies unzulässig mit „jung“ gleichgesetzt, ist auch dies vertretbar. Zwar werden in der Anzeige beide Eigenschaften, also „jung“ und „erste Berufserfahrungen (bis 2 Jahre) im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft“ getrennt formuliert. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass mit „jung“ nicht auch „erste Berufserfahrungen“ gemeint sein kann. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch den Verschuldensgrad in die Abwägung mit einbezogen.

73

Schließlich enthält auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Kläger seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt sehr schlecht einschätze, könne nicht dazu führen, dass in der Absage der Beklagten eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liege, keinen Rechtsfehler. So hat die Diskriminierungshandlung der Beklagten insbesondere keine Auswirkungen auf zukünftige Bewerbungen des Klägers.

74

3. Soweit der Kläger einen Auskunftsanspruch und einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 15 Abs. 1 AGG geltend macht, ist seine Klage unbegründet.

75

a) § 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotene Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei allerdings § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn und mithin das entgangene Arbeitsentgelt.

76

b) Für den Umstand, dass ein Bewerber die Stelle ohne die unzulässige Benachteiligung tatsächlich erhalten hätte, also für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der Benachteiligung und dem entstandenen Schaden, ist nach den allgemeinen Beweislastregeln der Bewerber darlegungs- und beweispflichtig.

77

Grundsätzlich trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen, während der Anspruchsgegner die rechtsvernichtenden, rechtshindernden und rechtshemmenden Tatbestandsmerkmale darlegen und ggf. beweisen muss (vgl. oben II 2 c aa). Hiernach hat ein Bewerber, der einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG verfolgt, ua. darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ein Schaden bei ihm eingetreten ist und dieser kausal auf die Benachteiligungshandlung zurückzuführen ist.

78

Von dieser allgemeinen Regel macht § 15 Abs. 2 AGG für den Entschädigungsanspruch eine Ausnahme, die für den Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG nicht gilt. Aus der Gesetzesformulierung und der Systematik des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG folgt, dass der Arbeitgeber, der gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen hat, darlegen und ggf. beweisen muss, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre und damit die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG geregelte Höchstgrenze für die Entschädigungshöhe zum Tragen kommt(vgl. oben II 2 e bb). § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG formuliert nämlich eine Ausnahme vom Grundsatz der Angemessenheit und enthält mithin eine (teilweise) rechtsvernichtende Einwendung, die der Anspruchsgegner darzulegen und zu beweisen hat. Eine dem § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG vergleichbare Bestimmung enthält § 15 Abs. 1 AGG nicht. Dies führt dazu, dass im Rahmen der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG den Bewerber die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass er als der am besten geeignete Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte(vgl. zum Schadensersatzanspruch gegen einen öffentlichen Arbeitgeber: Senat 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3).

79

Diese dem Bewerber im Rahmen des § 15 Abs. 1 AGG obliegende Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität wird nicht durch § 22 AGG abgeändert(Bauer/Göpfert/Krieger § 15 Rn. 25; Adomeit/Mohr § 15 Rn. 23; Schiek/Kocher § 15 Rn. 24; DFL/Kramer 3. Aufl. § 15 AGG Rn. 20; Stein in Wendeling-Schröder/Stein § 15 Rn. 53; MünchKommBGB/Thüsing § 22 AGG Rn. 18).

80

Auch § 22 AGG geht von dem allgemeinen Grundsatz aus, dass eine Partei, die eine bestimmte Rechtsfolge für sich in Anspruch nehmen will, grundsätzlich die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss. Da eine diskriminierte Person die Tatsachen, die sich in der Sphäre des Diskriminierenden abspielen, häufig nicht kennt und in der Regel auch den Nachweis einer bestimmten Motivation des Diskriminierenden nicht erbringen kann, bezweckt § 22 AGG, dass der Anspruchsteller durch eine „Beweisführungserleichterung“ der ihm nach wie vor grundsätzlichen obliegenden Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung durch den Arbeitgeber leichter nachkommen kann.

81

c) Dem Berufungsgericht ist auch dahin zu folgen, dass der Kläger die Tatsache, dass er bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre, nicht nachgewiesen hat.

82

Nicht zu beanstanden ist zunächst die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger verfüge zwar im Vergleich zu der eingestellten Bewerberin S über die besseren Examensergebnisse, die besseren Examensnoten könnten aber nicht automatisch mit der besseren Eignung für die zu besetzende Stelle gleichgesetzt werden, weil die Beklagte neben der juristischen Qualifikation in der Stellenanzeige Berufserfahrung im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft gefordert habe.

83

Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht des Weiteren davon aus, der Kläger habe nicht dargelegt, dass er bei benachteiligungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte. Er hat zwar vorgetragen, Frau S besitze „allenfalls eine Qualifikation einer besseren Sekretärin“, während er Hunderte von Verträgen ausgehandelt und entworfen habe, überwiegend im Lizenzrecht tätig gewesen sei und während seiner 20-jährigen Berufstätigkeit wiederholt extrem komplexe und richtungsweisende Verfahren, etwa zur Frage der Verwertungsrechte bei Filmen und Filmmusiken geführt habe. Mit diesem Vorbringen allein hat der Kläger seine bessere Eignung jedoch nicht belegt. So weist das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hin, dass der Kläger nicht in gleichem Maße über einschlägige Berufserfahrung im Medienrecht verfügt wie die eingestellte Bewerberin S.

84

Die Beklagte hat in der Stellenanzeige von den Bewerbern Berufserfahrungen (bis zwei Jahre) im Medienbereich bzw. im Lizenzgeschäft gefordert, um die Aufgabe, welche insbesondere in der „Verhandlung und Erstellung von Lizenzverträgen für die Bereiche Programmbeschaffung und Internationaler Programmvertrieb“ liegt, zu erfüllen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er über solche Erfahrungen in größerem Maße verfügt als die Bewerberin S. Deren Qualifikation ergibt sich insbesondere aus ihrem Bewerbungsschreiben und dem vorgelegten Zeugnis. Der Vortrag des Klägers, aus dem Zeugnis der Frau S, welches „natürlich, wie üblich, die Zeugin selbst entworfen hat“ ergäben „sich allenfalls juristische Karr-, Zuarbeiter- und Hilfsdienste“ ist eine abwertende, unbeachtliche „Behauptung ins Blaue“. Vielmehr ergibt sich aus dem Zeugnis, dass die Bewerberin S im Medienbereich fünf Jahre tätig war und dort Lizenz- und Vertriebsverträge in deutscher und englischer Sprache erstellt und geprüft hat und damit bei ihrem vorherigen Arbeitgeber eine annähernd identische Tätigkeit in einem mit der ausgeschriebenen Stelle vergleichbaren Umfeld, nämlich einer Rechtsabteilung, ausgeübt hat. Hieraus folgt, worauf das Landesarbeitsgericht auch zutreffend abstellt, dass die Bewerberin S über eine solche einschlägige Berufserfahrung verfügt, die es der Beklagten gestattete, Frau S ohne Einarbeitungszeit einzusetzen.

85

Aus dem Vortrag des Klägers lässt sich nicht folgern, er sei für die ausgeschriebene Stelle hinsichtlich der geforderten einschlägigen Berufserfahrung zumindest ebenso gut geeignet wie die Bewerberin S. Soweit er darauf abstellt, er habe wiederholt extrem komplexe und richtungsweisende Verfahren, etwa zur Frage der Verwertungsrechte bei Filmen und Filmmusiken geführt, stellt dies keinen schlüssigen Vortrag dafür dar, dass er die für die Bereiche „Programmbeschaffung“ und „Internationaler Programmvertrieb“ erforderlichen Kenntnisse im Medienbereich bzw. im diesbezüglichen Lizenzgeschäft besitzt. Es macht nämlich einen Unterschied, in welcher Branche lizenzrechtliche Fragen bearbeitet und Lizenzverträge entworfen werden. Hat jemand eine Vielzahl von Lizenzverträgen in einer bestimmten Branche ausgearbeitet, schließt dies nicht aus, dass er für die Ausarbeitung von Lizenzverträgen in einer anderen Branche einer - ggf. sogar erheblichen - Einarbeitungszeit bedarf.

86

Schließlich ist auch die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts zutreffend, die Tätigkeit als selbstständiger Rechtsanwalt habe zwar eine gewisse Schnittmenge mit den Tätigkeiten, die in einer Rechtsabteilung anfallen, dennoch handele es sich bei einer selbstständigen Rechtsanwaltstätigkeit nicht um eine einschlägige Berufserfahrung für die ausgeschriebene Stelle. Dies folgt einerseits bereits daraus, dass die Mitarbeit in einer Rechtsabteilung in deutlich höherem Maße Teamfähigkeit erfordert als eine selbstständige anwaltliche Tätigkeit. Auf das Bedürfnis der Teamfähigkeit hatte die Beklagte in der Stellenanzeige auch ausdrücklich hingewiesen. Zum anderen lernt ein Mitarbeiter einer Rechtsabteilung die Branche und deren Strukturen aufgrund seiner dauerhaften Beschäftigung mit diesen deutlich intensiver kennen als ein Rechtsanwalt, der sich mit einer Vielzahl von Sachverhalten und Rechtskreisen gleichermaßen und ggf. auch gleichzeitig befassen muss.

87

d) Da der Kläger keinen Schadensersatzanspruch hat, besteht für ihn auch kein Informationsbedürfnis bzgl. der „maximal vorgesehenen Jahresvergütung“ für die ausgeschriebene Stelle. Wegen des Fehlens dieses Informationsbedürfnisses steht dem Kläger der geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagte nicht zu (vgl. BAG 15. Juni 1993 - 9 AZR 558/91 - BAGE 73, 229 = AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 40 = EzA HGB § 74 Nr. 55).

88

III. Nachdem die Verurteilung der Beklagten zu einer Entschädigung in Höhe von 3.344,00 Euro durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, erweist sich die diesbezüglich eingelegte Anschlussrevision der Beklagten als unbegründet.

89

IV. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision waren die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Brückmann    

        

    Schulz    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen einer Observation durch einen Detektiv eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen und später mit einem Bandscheibenvorfall. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der Beklagten bezweifelte das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls und beauftragte zwecks Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit eine Detektei mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden ua. ihr Wohnhaus, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der abschließende Observationsbericht, der der Beklagten übergeben worden ist, enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

3

Der Rechtsstreit der Parteien betraf zuerst eine Kündigungsschutzklage der Klägerin und die Forderung der Beklagten betreffend die Erstattung von Detektivkosten. In diesem Rahmen berief sich die Beklagte auf den Observationsbericht und führte ihn in das Verfahren ein. Die Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, nicht dagegen die Widerklage der Beklagten auf Erstattung von Detektivkosten. Betreffend beides wurde das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig, nicht aber bezogen auf einen zwischenzeitlich erhobenen Geldentschädigungsanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe eine Entschädigung zu, da die durch die Beklagte beauftragte Observation einschließlich der Videoaufnahmen rechtswidrig gewesen sei und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Das habe bei ihr zu erheblichen, eine psychotherapeutische Behandlung erfordernden psychischen Beeinträchtigungen geführt. Der Höhe nach stelle sie die Entschädigung in das Ermessen des Gerichts, wobei ein dreifaches Bruttomonatsgehalt, also 10.500,00 Euro, angemessen sei.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2012 zu zahlen.

6

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, die Klägerin überwachen zu lassen um zu erfahren, ob die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vortäusche oder sich zumindest genesungswidrig verhalte. Dahin gehende Anhaltspunkte hätten vorgelegen, insbesondere weil die Klägerin sich kurz nach einer Meinungsverschiedenheit zuerst mit Erkältung, Bronchitis und Rippenfellentzündung arbeitsunfähig gemeldet habe, jeweils unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für kurze Zeiträume. Dann sei ein Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bezogen auf einen von der Klägerin angegebenen Bandscheibenvorfall zunächst nur durch eine Folgebescheinigung eines Hausarztes attestiert worden. Erst bei Auslaufen des Entgeltfortzahlungszeitraums habe die Klägerin eine Erstbescheinigung einer Orthopädin vorgelegt. Nach allem liege eine Rechtfertigung für einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch Überwachung vor. Jedenfalls sei ein Schmerzensgeld nicht erforderlich, insbesondere nicht in der zugesprochenen Höhe. Es seien ausschließlich Bewegungen der Klägerin im öffentlichen Raum beobachtet worden, die Videoaufnahmen seien nicht in der Öffentlichkeit verbreitet und von der Detektei nicht an den Arbeitgeber herausgegeben worden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg als das Landesarbeitsgericht ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils eine Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro zugesprochen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel einer höheren Entschädigung weiter, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die Abweisung der Klage begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet. Die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen war rechtswidrig. Die Beklagte hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

9

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne eine Entschädigung beanspruchen, da sie durch die heimliche Beobachtung und Fertigung von Videoaufnahmen rechtswidrig iSv. § 32 Abs. 1 BDSG und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Für den Beobachtungszeitraum habe eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen, der ein hoher Beweiswert zukomme. Die Observation sei zu dem Zweck erfolgt, ein (vermutetes) Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aufzudecken. Die Beklagte habe keine begründeten Gesichtspunkte für ernsthafte Zweifel am Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit genannt. Die Rechtsverletzung habe mit den heimlichen Videoaufzeichnungen im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten. Sei bereits die Krankenkontrolle als solche nicht durch § 32 BDSG gedeckt, komme erschwerend hinzu, dass das gewählte Mittel heimlicher Videoaufzeichnung auch unabhängig davon nicht erforderlich sei, also auch in einem Fall gerechtfertigter Krankenkontrolle unverhältnismäßig wäre. Insgesamt habe die Überwachung eine Intensität erreicht, die nicht in anderer Weise befriedigend habe ausgeglichen werden können. Dies sei auch bei der Bemessung der Höhe einer Entschädigung zu berücksichtigen gewesen. Dabei sei einzubeziehen gewesen, dass die Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre der Klägerin beträfen und nicht an beliebige andere Personen weitergegeben worden seien, sondern von der Detektei vertraulich aufbewahrt würden; allerdings seien Auszüge daraus dem Observationsbericht beigefügt worden und die Beklagte habe Videosequenzen im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel angeboten. Der Hinweis der Klägerin auf eine noch andauernde psychotherapeutische Behandlung beziehe sich auf mehrere Umstände einer Therapiebedürftigkeit, nicht nur auf die Observation.

10

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

11

I. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig. Für die Revision der Klägerin ist die erforderliche Beschwer gegeben, obwohl die Höhe der beantragten Geldentschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt worden ist. Der Klägerin ist weniger zugesprochen worden als sie nach ihrem Klagevorbringen erkennbar erwartet hatte.

12

II. Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Überwachung mit Videoaufzeichnungen rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind.

14

a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, BAGE 142, 176; 16. November 2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37 ff., BAGE 136, 156; BGH 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09 - Rn. 12; 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10 - Rn. 10; BVerfG 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 29, BAGE 142, 143; vgl. BGH 5. März 1963 - VI ZR 55/62 - zu II der Gründe, BGHZ 39, 124; BVerfG 23. September 2009 - 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1 BvR 1742/09 - Rn. 2 mwN; 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C III der Gründe, aaO). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298).

15

Soweit das BDSG eingreift, stellt die Schadensersatzregelung in § 7 BDSG keine ausschließliche Regelung dar, sie verdrängt den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht(allgemeine und zutreffende Auffassung, vgl. ua. Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 7 Rn. 16 ff.; Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 7 Rn. 33; Seifert in Simitis BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 191 mwN; ErfK/Franzen 15. Aufl. § 7 BDSG Rn. 1; Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 7 Rn. 1 mwN, Rn. 26 ff.; Taeger/Gabel/Gabel § 7 BDSG Rn. 23, 25 ff.).

16

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (ua. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu III der Gründe; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 mwN, BGHZ 199, 237; 24. November 2009 - VI ZR 219/08 - Rn. 11, BGHZ 183, 227).

17

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise verwendet werden dürfen (vgl. BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 15, BAGE 127, 276; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 44, BAGE 146, 303). Die Verwertung von personenbezogenen Daten greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378). Der Achtung dieses Rechts dient zudem Art. 8 Abs. 1 EMRK(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 14). Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (näher BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 45, aaO).

18

b) Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor.

19

aa) Vorliegend ist, wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, an § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zu messen, ob ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Sensitive Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, die von § 28 Abs. 6 BDSG erfasst wären(vgl. BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 26 ff., BAGE 140, 350), sind ersichtlich hier nicht betroffen. Maßgebend ist § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten - in Betracht kommt die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils durch Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, § 263 StGB(ua. BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 23) - nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen, § 3 Abs. 3 BDSG.

20

bb) Diese Vorgaben sind unionsrechtskonform unter Beachtung der Richtlinie 95/46/EG auszulegen, die nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird, Art. 2 Buchst. c Richtlinie 95/46/EG.

21

Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG sieht eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [ASNEF] Rn. 30, Slg. 2011, I-12181). Im vorliegenden Fall ist Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG zu berücksichtigen, wonach die Verarbeitung der Daten (wozu bereits die Erhebung gehört, Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG wie auch § 3 Abs. 2 BDSG)zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erfolgen darf, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG) überwiegen. Der Schutz des in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechts auf Privatleben verlangt, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen(EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28 f. mwN). Einschränkungen des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten können gerechtfertigt sein, wenn sie denen entsprechen, die im Rahmen von Art. 8 EMRK geduldet werden(EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063).

22

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen als personenbezogene Datenerhebung eingeordnet.

23

Durch Privatdetektive erhobene Daten, die bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen betreffen, sind personenbezogene Daten iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG und Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG. Ihre Erhebung, Aufbewahrung und Übermittlung durch einen Auftraggeber oder durch Privatdetektive, die auf eigene Rechnung handeln, ist eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ iSv. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG (EuGH 7. November 2013 - C-473/12 - [IPI] Rn. 26; 16. Dezember 2008 - C-524/06 - [Huber] Rn. 43, Slg. 2008, I-9705). Auch das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten iSv. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 22). Das ist hier der Fall.

24

dd) Die Observation der Klägerin einschließlich personenbezogener Datenerhebung war rechtswidrig. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten iSv. Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG, das nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG in der Aufdeckung einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis liegen kann, zur Erhebung personenbezogener Daten im Wege der Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen lag nicht vor.

25

(1) Im Hinblick auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als überwachungsrechtfertigende Straftat müssen angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern (ua. BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 35; 26. Februar 2003 - 5 AZR 112/02 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 105, 171).

26

(2) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur beschränkten Revisibilität der nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnenen tatrichterlichen Überzeugung ua. BAG 11. Dezember 2014 - 8 AZR 1010/13 - Rn. 28 mwN; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN) hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen aufgezeigt hat. Weder hat die Klägerin beispielsweise im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit angekündigt, noch war der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Auch sonstige, begründete Zweifel zeigende Umstände lagen nicht vor.

27

(3) Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigten Interesses an einer Erhebung personenbezogener Daten der Klägerin kommt es auf eine Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr an. Es war auch nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen in einem Fall zu beurteilen wären, in dem ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

28

ee) Die vorliegende rechtswidrige Datenerhebung stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wegen der das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht.

29

Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt bereits in der durch die Beklagte veranlassten Observation der Klägerin(vgl. auch BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 105, 356 im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, intensivieren die im Zusammenhang mit der Observation gefertigten Videoaufnahmen die Stärke des Eingriffs erheblich. Hinzu kommt die Heimlichkeit der Aufzeichnungen. Sie erfolgten im öffentlichen Raum und ohne eine Kenntlichmachung gemäß § 6b Abs. 1 und Abs. 2 BDSG. Auch eine Einwilligung der Klägerin (§ 4 BDSG) lag nicht vor.

30

Im Einklang mit der Rechtsprechung (BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40 mwN, BGHZ 199, 237) hat das Landesarbeitsgericht die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht von einer kausal mit der Persönlichkeitsrechtsverletzung zusammenhängenden psychischen Behandlungsbedürftigkeit abhängig gemacht. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht.

31

2. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

32

a) Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung obliegt in erster Linie tatrichterlicher Entscheidung und ist revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar (zur beschränkten Revisibilität ua. BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 46 mwN, BGHZ 199, 237; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 97, zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB).

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Umstände des Falles angemessen gewürdigt. Es hat zutreffend als einen der wichtigen Bemessungsfaktoren die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 160, 298; 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - zu IV 2 der Gründe, BGHZ 128, 1) berücksichtigt und dabei einbezogen, dass der Detektiv die Klägerin nicht nur beobachtete, sondern von ihr darüber hinaus in Situationen, denen er besondere Bedeutung beimaß, heimliche Videoaufnahmen gemacht hat. Es hat weiter zutreffend sowohl bedacht, dass die Videoaufnahmen „im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten“, jedoch die „Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre“ der Klägerin betrafen, sondern sich auf Geschehnisse in der Öffentlichkeitssphäre (Straße und Waschsalon) beschränkten; weiter hat es berücksichtigt, dass eine vertrauliche Aufbewahrung und grundsätzliche Nichtweitergabe an Dritte erfolgten, wobei jedoch Auszüge der Beklagten zugänglich gemacht wurden, die diese vor Gericht präsentierte. Unbedenklich ist, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung den Hinweis der Klägerin auf eine psychotherapeutische Behandlung, die allerdings auf multikausaler Verursachung beruht, einbezogen hat. Den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der ebenfalls, wie auch der der Prävention, einer der wichtigen Bemessungsfaktoren der Geldentschädigung ist, die sich je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich auswirken können (vgl. BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - aaO), hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls ausdrücklich einbezogen, so dass die Höhe der Entschädigung revisionsrechtlich noch nicht zu beanstanden war.

34

3. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen zur weiteren Aufklärung und ggf. Beweiserhebung sind unzulässig (zu den Anforderungen ua. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145), da weder das konkrete Beweisthema angegeben, noch ausgeführt worden ist, welches (mutmaßliche) Ergebnis die Beweisaufnahme erbracht hätte.

35

III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wein    

        

    Stefan Soost    

                 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30. August 2016, Az. 8 Ca 1012/15, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger wegen einer Observation durch eine Detektei eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das Dienstleistungen zur Instandsetzung und -haltung von Schienenfahrzeugen des Güter- und Personenverkehrs anbietet. Sie beschäftigt an fünf Standorten im Bundesgebiet über 800 Arbeitnehmer. Im Werk K. sind regelmäßig weniger als 200 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger ist Vorsitzender des Betriebsrats des Werks K. und außerdem Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats. Er ist Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EGV). Die Beklagte hatte den Kläger bis zu den Betriebsratswahlen 2014 in der vorherigen Wahlperiode - freiwillig - vollständig von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt, obwohl die gesetzliche Mindeststaffel des § 38 Abs. 1 BetrVG nicht erreicht war. Seit der Neuwahl 2014 war sie hierzu nicht mehr bereit. Zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat bestanden in der Folge Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger vollständig von der beruflichen Tätigkeit freizustellen. Am 22.08.2014 leitete die Beklagte beim Arbeitsgericht Kaiserslautern (Az. 8 BV 20/14) ein Beschlussverfahren ein. Sie begehrte die Feststellung, dass der Betriebsrat ohne konkrete Darlegung der Erforderlichkeit keinen Anspruch auf eine pauschale, vollständige Freistellung eines Betriebsratsmitglieds hat, solange die gesetzliche Mindeststaffel des § 38 BetrVG nicht überschritten ist. Dem Antrag wurde zweitinstanzlich stattgegeben (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 16.07.2015 - 5 TaBV 5/15).

3

Durch einen anonymen Informanten erhielt die Gewerkschaft EGV den Hinweis, dass die Beklagte eine Observation des Klägers durch eine Detektei veranlasst hatte. Im Dienstleistungsvertrag mit der Detektei vom 10.09.2014 ist folgendes Honorar (ohne MwSt.) vereinbart:

4

Grundgebühr für Verwaltungsaufwand,
Maßnahmenplanung und Berichterstattung

135,- EUR

Stundenhonorar pro Detektiv ab Einsatzort

69,- EUR

Zuschlag Sonderzeit (Sonn- und Feiertage sowie
Nachtstunden von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr)

50 %   

Kilometervergütung ab Einsatzort

0,95 EUR/km

Anfahrtspauschale (pro Detektiv)

69,- EUR

5

Insgesamt stellte die Detektei der Beklagten folgende Rechnungen:

6

Rechnungsdatum

für Dienstleistungen von

bis     

Betrag EUR
(ohne MwSt.)

08.10.2014

22.09.2014

26.09.2014

6.795,80

23.10.2014

13.10.2014
20.10.2014

17.10.2014
23.10.2014


17.156,70

10.11.2014

30.10.2014

07.11.2014

15.245,35

                 

SUMME 

39.197,85

7

Mit seiner am 14.08.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger die Zahlung einer Entschädigung wegen schwerer Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Das am selben Tag von der Gewerkschaft EGV, dem Gesamtbetriebsrat, dem Betriebsrat und dem Kläger gegen die Beklagte wegen der Observation eingeleitete Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern (Az. 3 BV 23/15) endete durch Abschluss eines Vergleichs am 11.04.2016.

8

In einem an die Beklagte gerichteten Bestätigungsschreiben vom 26.08.2015 führte die Detektei folgendes aus:

9

"…
Inhalt des von Ihnen erteilten Auftrages (Oktober bis November 2014) war die Observation des [Klägers] mit dem Ziel vertragswidriges Verhalten bzw. Fehlverhalten im Rahmen seiner Tätigkeit [bei der Beklagten] festzustellen. Im Raum stand der Verdacht des Arbeitszeitbetruges aus einer Zweittätigkeit resultierend. Diesen Verdacht galt es zu verifizieren bzw. zu falsifizieren.

10

Die Observationen fanden ausschließlich zu den Arbeitszeiten [des Klägers] statt, der private Lebensbereich wurde durch die Ermittlungen nicht tangiert. Es wurden weder Telefonate abgehört noch wurden E-Mails abgefangen, auch sonstige Arten der Korrespondenz wurden nicht überprüft.

11

Im Zuge der Observationen wurden weder Foto- und/oder Filmaufnahmen [des Klägers] getätigt noch wurde ein sog. Bewegungsprofil erstellt.

12

Gegenstand der Observation war ausschließlich [der Kläger], andere Personen oder Gemeinschaften wurden nicht überwacht."

13

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

14

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

15

Die Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage abgewiesen. Eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sei nicht erkennbar. Dagegen spreche, dass die Überwachung nur während der Arbeitszeit des Klägers stattgefunden habe, so dass der Bereich der privaten Lebensführung nicht betroffen worden sei. Außerdem habe die Detektei nach dem - bestrittenen - Vortrag der Beklagten keine Film- oder Videoaufnahmen gefertigt. Letztlich sei der Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht nicht mehr beeinträchtigt worden, als hätte die Beklagte einen Vorgesetzten oder Kollegen aufgefordert, ein Auge auf ihn zu haben.

18

Der Kläger hat gegen das am 16.09.2016 zugestellte Urteil mit am 17.10.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 16.01.2017 verlängerten Begründungsfrist mit am 16.01.2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

19

Der Kläger ist der Ansicht, er sei schwerwiegend in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden, weil er im Auftrag der Beklagten anlasslos durch eine Detektei überwacht worden sei. Die Beklagte behaupte zwar, es habe der Verdacht bestanden, dass er die angegebenen Zeiten der Betriebsratsarbeit für anderes verwendet habe. Sie habe jedoch keinerlei Anknüpfungstatsachen vorgetragen, aus denen sich ein solcher Verdacht ableiten ließe. Die Beklagte habe die Detektei "ins Blaue hinein" beauftragt, um einen Anlass zu finden, das Arbeitsverhältnis wegen seiner unliebsamen Tätigkeiten für den Betriebsrat und den Gesamtbetriebsrat sowie wegen seiner gewerkschaftlichen Funktionen und Betätigungen außerordentlich kündigen zu können. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ihm gegenüber einen substantiierten Vorwurf dahingehend erhoben, dass er seine Freistellung für Betriebsratsarbeit dazu missbraucht habe, etwa für die Gewerkschaft oder anderweitig tätig zu sein. Die Observation durch eine Detektei stelle nicht nur eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung, sondern zugleich eine schwere Verletzung des Verbots der Benachteiligung eines Mitglieds des Betriebsrats und des Gesamtbetriebsrats gem. § 78 BetrVG sowie eine Straftat iSd. § 119 Abs. 1 BetrVG dar. Dies habe das Arbeitsgericht bei der Bewertung des Vorgehens der Beklagten außer Acht gelassen. Das Arbeitsgericht habe außerdem verkannt, dass die Überwachung durch Privatdetektive eine gänzlich andere Qualität habe, als wenn ein Vorgesetzter ein Auge auf einen Untergebenen habe. Die Überwachung durch Detektive werde regelmäßig nur bei konkretem Verdacht des Vorliegens strafbarer Handlungen (bspw. Diebstahl, Unterschlagung, Betrug oder Untreue) angeordnet. Die Observation habe daher auch einen diskriminierenden Charakter gehabt. Durch die Maßnahme sei nicht nur das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Geschäftsführung, sondern auch zwischen ihm und seinen Kollegen, die ihn in seine Ehrenämter gewählt haben, beschädigt worden.

20

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30.08.2016, Az. 8 Ca 1012/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie macht geltend, die Überwachung des Klägers durch die Detektei sei nicht anlasslos erfolgt. Weil der Kläger behauptet habe, seine Betriebsratstätigkeit habe ein Ausmaß angenommen, dass er trotz Nichtvorliegens der Grenzzahlen des § 38 BetrVG von der beruflichen Tätigkeit freigestellt werden sollte, habe sie an der Richtigkeit seiner Angaben gezweifelt und somit einen gewissen Anlass gehabt, diese überprüfen zu lassen. Der Kläger habe sich beharrlich geweigert, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen, obwohl sie in ihrem Werk Kaiserslautern weniger als 200 Arbeitnehmer beschäftigt habe. Sie habe die Verweigerungshaltung des Klägers zum Anlass genommen, ein Beschlussverfahren gegen den Betriebsrat (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 16.07.2015 - 5 TaBV 5/15) einzuleiten. Im Rahmen dieses Beschlussverfahrens habe der Kläger anhand von Eigenaufzeichnungen zu beweisen versucht, dass seine Betriebsratstätigkeit einen Umfang angenommen habe, die seine vollständige Freistellung von der beruflichen Tätigkeit rechtfertigen sollte. Sie habe erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aufzeichnungen gehabt. Die Beauftragung einer Detektei, die dafür bekannt sei, diskret und unauffällig ihre Aufgaben zu erfüllen, habe die Gewähr dafür geboten, dass - im Fall der ergebnislosen Überwachung - die Beschattung als solche keinem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelange. Sie habe die Überwachung des Klägers niemandem offenbart.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte 3 BV 23/15.

Entscheidungsgründe

I.

26

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

27

Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hat die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Observation durch eine Detektei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers schwerwiegend verletzt. Nach den gesamten Umständen des Einzelfalls steht dem Kläger ein Anspruch auf eine Geldentschädigung iHv. 10.000,00 EUR zu.

28

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, ist das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. BAG 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 14 mwN). Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, ist aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. BAG 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 16 mwN; BAG 19.08.2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69 mwN).

29

2. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers auch dann schwerwiegend verletzt sein, wenn der Arbeitgeber - wie hier - behauptet, er habe den Arbeitnehmer ausschließlich während seiner Arbeitszeit von einer Detektei beobachten lassen, die im Rahmen der Observationen keine Fotografien oder Videoaufzeichnungen angefertigt habe. Wie bereits ausgeführt, ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht selbstverständlich auch im Arbeitsverhältnis und während der Arbeitszeit zu beachten. Eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Detektei in ihrem Schreiben vom 26.08.2015 an die Beklagte bestätigt, dass die Observationen ausschließlich zu den Arbeitszeiten des Klägers stattgefunden haben sollen, dass sie weder Telefonate abgehört noch E-Mails abgefangen und auch die sonstige Korrespondenz des Klägers nicht überprüft, dass sie weder Foto- und/oder Filmaufnahmen gefertigt noch ein sog. Bewegungsprofil des Klägers erstellt habe. Selbst wenn die Beklagte und/oder die Detektei durch die Observation des Klägers keine Straftaten begangen haben sollten (§ 119 BetrVG, §§ 201, 202 StGB), was vorliegend dahinstehen kann, schließt dies das Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht aus.

30

3. Eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt - unabhängig davon, ob der Kläger fotografiert oder gefilmt worden sein sollte - bereits in der von der Beklagten veranlassten heimlichen Observation des Klägers für die Dauer von 20 Arbeitstagen in der Zeit vom 22.09. bis 07.11.2014. Bei einem Rechnungsbetrag (netto) von ca. 1.960,00 EUR pro Arbeitstag (Rechnungssumme ca. 39.200,00 EUR : 20 Tage) bei einem vereinbarten Stundensatz von 69,00 EUR muss der Kläger täglich über viele Stunden von mehreren Detektiven heimlich überwacht worden sein. Diese lange Dauer der Überwachung ist für die Intensität des Eingriffs von großer Bedeutung. Die heimliche Observation durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. § 163f StPO) über einen längeren Zeitraum steht - auch bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat von erheblicher Bedeutung - unter Richtervorbehalt. Zwar können die den Staat in seinen Überwachungsmöglichkeiten begrenzenden Bestimmungen nicht ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen Privaten übertragen werden. Gleichwohl wird in ihnen zum einen deutlich, welche Bedeutung gerade auch die Dauer der Überwachung für die Intensität des Eingriffs hat. Zum andern können dem Arbeitgeber zumindest nicht viel weiter gehende Eingriffe in die Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer zugestanden werden, als sie bei Inanspruchnahme staatlicher Organe zulässig wären (vgl. zu diesem Aspekt BAG 29.06.2004 - 1 ABR 21/03 - Rn. 45 mwN).

31

Verschärfend kommt hinzu, dass die Beklagte die heimliche Observation des Klägers am 10.09.2014 beauftragt hat, obwohl sie bereits mit Antragsschrift vom 22.08.2014 ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 16.07.2015 - 5 TaBV 5/15) gegen den Betriebsrat mit dem Ziel eingeleitet hatte, feststellen zu lassen, dass sie nicht verpflichtet ist, den Kläger pauschal und vollständig für Betriebsratsaufgaben von seiner beruflichen Tätigkeit freizustellen. Für die heimliche Überwachung des Klägers parallel zum arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, das bereits anhängig war, gab es keine hinreichende Rechtfertigung. Die Beklagte und der Betriebsrat haben einen offenen Konflikt über die Freistellungspflichten für Betriebsratstätigkeiten in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, für das nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Untersuchungsgrundsatz galt, ausgetragen. Daneben bestand kein berechtigter Anlass für heimliche Observationsmaßnahmen. Nicht zuletzt verstößt die heimliche Überwachung des Klägers durch eine Detektei auch gegen betriebsverfassungsrechtliche Schutzbestimmungen. Dieser Verstoß verstärkt den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zusätzlich. Nach § 78 Satz 1 BetrVG dürfen ua. die Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Zwar ist auch durch § 78 Satz 1 BetrVG nur die ordnungsmäßige und pflichtgemäße Betätigung des Betriebsrats geschützt, so dass eine Observation im Einzelfall zulässig sein könnte. Im vorliegenden Fall bestand jedoch kein hinreichender Anlass. Ausweislich der Bestätigung der Detektei vom 26.08.2015 erfolgte ihre Beauftragung, weil der "Verdacht des Arbeitszeitbetruges aus einer Zweitbeschäftigung resultierend" im Raum gestanden haben soll. Welche konkreten Anhaltspunkte für eine Zweitbeschäftigung des Klägers bei Beauftragung der Detektei bestanden haben sollen, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Allein der Umstand, dass die Beklagte bezweifelte, dass die Betriebsratstätigkeit des Klägers einen Umfang angenommen habe, der - wie in der Vergangenheit bis zur Neuwahl 2014 - seine vollständige Freistellung von der beruflichen Tätigkeit erfordern könnte, rechtfertigt nicht die Überwachung durch Detektive, um eine Zweitbeschäftigung "zu verifizieren bzw. zu falsifizieren". Ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten der Beklagten bestand nicht. Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigenden Interesses an einer Observation des Klägers durch eine Detektei kommt es auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht an.

32

4. Die Berufungskammer hält unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR für angemessen. Gemäß den obigen Ausführungen liegt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Als wichtigster Bemessungsfaktor für die Geldentschädigung hat die Kammer die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt. Insbesondere die lange Dauer der Observation, die sich die Beklagte ausweislich der vorliegenden Rechnungen rund 39.200,00 EUR hat kosten lassen, gebieten die Festsetzung eines fühlbaren Entschädigungsbetrags. Von der Höhe der Geldentschädigung muss ein echter Hemmungseffekt ausgehen. Insofern erscheint eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR angemessen, aber auch ausreichend, um den Gesichtspunkten der Genugtuung und Prävention hinreichend Rechnung zu tragen.

III.

33

Die Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten erster und zweiter Instanz zu tragen.

34

Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Dezember 2008 - 10 Sa 645/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über einen mittels Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen von der Beklagten gezahlter Detektivkosten.

2

Die Beklagte betreibt Arbeitnehmerüberlassung. Der Kläger war seit 24. September 2001 bei ihr als Leiter für die Niederlassung München beschäftigt.

3

Der Kläger beabsichtigte im Dezember 2003 seine Tätigkeit für die Beklagte mit Ablauf des Monats Januar 2004 einzustellen und anschließend eine Konkurrenztätigkeit auszuüben. In diesem Zusammenhang fand am 22. Dezember 2003 ein Gespräch zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Beklagten Schmidt statt, welches die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers und dessen anschließende Konkurrenztätigkeit zum Gegenstand hatte. Ob eine Einigung über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 2004 erzielt wurde, ist zwischen den Parteien streitig.

4

Der Kläger entfernte Anfang Januar 2004 seine privaten Gegenstände aus seinem Büro bei der Beklagten.

5

In der zweiten Kalenderwoche 2004 besuchte der Kläger die A GmbH, eine Kundin der Beklagten in München. Ob der Kläger nach der internen Aufgabenverteilung bei der Beklagten für die Betreuung dieser Kundin zuständig war und ob bei dieser Beratungsbedarf bestand, ist streitig.

6

Am 14. Januar 2004 schloss die Beklagte mit der Detektei H einen Dienstvertrag, der die Überwachung des Klägers hinsichtlich etwaiger Konkurrenztätigkeiten zum Gegenstand hatte.

7

Am 19. Januar 2004 nahm eine Mitarbeiterin der Detektei telefonischen Kontakt zur Ehefrau des Klägers auf und erhielt von dieser die Information, der Kläger habe sich vor etwa einem Jahr in München im Bereich der Personalvermittlung selbstständig gemacht. Die Mitarbeiterin der Detektei teilte der Ehefrau mit, dass ein Unternehmen namens K Group derzeit Personal suche und hinterließ eine Telefonnummer. Bei der K Group handelte es sich um eine von der Detektei errichtete Scheinfirma, die den Kläger einer bereits aufgenommenen Konkurrenztätigkeit überführen sollte.

8

Daraufhin nahm der Kläger telefonischen Kontakt zu der K Group auf und erstellte dieser namens einer Al GmbH am 22. Januar 2004 ein Angebot.

9

Mit Schreiben vom 29. Januar 2004 kündigte der Kläger sein mit der Beklagten bestehendes Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 2004.

10

Der Kläger war am 2. und 3. Februar 2004 sowie vom 16. Februar bis zum 27. Februar 2004 arbeitsunfähig erkrankt.

11

Am 3. Februar 2004 übernahm der Kläger von seinem Bruder durch notariellen Vertrag Gesellschaftsanteile der Al GmbH, einem im Raum M tätigen Zeitarbeitsunternehmen, das am 9. März 2004 in das Handelsregister eingetragen wurde. Zum Zwecke der Gründung einer Niederlassung in München mietete die Al GmbH im Januar 2004 zum 1. März 2004 Räumlichkeiten an, zu denen der Kläger bereits im Februar 2004 Zutritt hatte und die er vor dem 1. März 2004 einrichten ließ.

12

Die Überwachung des Klägers durch die Detektei H wurde bis einschließlich 27. Februar 2004 durchgeführt.

13

Für ihre Tätigkeit berechnete die Detektei der Beklagten insgesamt 40.301,00 Euro netto zzgl. 16 % Umsatzsteuer. Der Gesamtbetrag setzt sich aus fünf Einzelrechnungen zusammen, nämlich aus Rechnungen für den „Einsatzzeitraum: 14.01.2004 bis 23.01.2004“, den „Einsatzzeitraum: Januar 2004“, den „Einsatzzeitraum: Januar 2004 & Februar 2004“, den „Einsatzzeitraum: Februar 2004“ sowie aus einer „Schluss-Rechnung“ vom 8. März 2004 betreffend „Einsatztage: Februar bis März 2004“.

14

Die Beklagte meint, der Kläger sei zum Ersatz der Detektivkosten verpflichtet. Die Detektei sei anlässlich des konkreten Verdachts einer Konkurrenztätigkeit des Klägers beauftragt worden und der Kläger sei durch die Überwachung einer Konkurrenztätigkeit tatsächlich überführt worden. Im Zeitpunkt der ersten Beauftragung der Detektei habe ein konkreter Verdacht einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit des Klägers bestanden. Dieser habe sich einerseits aus dem Gespräch vom 22. Dezember 2003 ergeben, andererseits daraus, dass der Kläger seine Privatgegenstände aus seinem Büro bei der Beklagten entfernt und Anfang Januar 2004 die Kundin A GmbH besucht habe.

15

Die Beklagte trägt vor, sie habe nicht einen einzelnen durchgehenden Auftrag an die Detektei vergeben, sondern mehrere. Der erste Auftrag habe eine zeitlich begrenzte Observation vom 14. bis zum 23. Januar 2004 sowie Grundermittlungen zur Wettbewerbstätigkeit zum Gegenstand gehabt. Aufgrund der ermittelten Verdachtsmomente sei eine zweite Observierungsphase vom 26. bis 31. Januar 2004 in Auftrag gegeben worden. Diese Observierung sei aufgrund der Ermittlungen dann bis zum 6. Februar 2004 verlängert worden. Wegen der Aktivitäten des Beklagten während seiner Arbeitsunfähigkeit sei sodann eine dritte Überwachung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie eine anschließende weitere Observierung bei der Detektei in Auftrag gegeben worden.

16

Die Beklagte hat, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, beantragt,

                 

den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin 37.605,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

17

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt und bestritten, sich vertragsuntreu verhalten zu haben.

18

Das Landesarbeitsgericht hat die auf Zahlung von 40.301,00 Euro nebst Zinsen gerichtete Widerklage der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihre Schadensersatzforderung nur noch in Höhe von 37.605,00 Euro nebst Zinsen weiter, nachdem sie ihre Revision um die Kosten für den „1. Teilbetrag“ der Observierungskosten iHv. 2.696,00 Euro (Zeitraum 14. bis 23. Januar 2004) beschränkt hat. Der Kläger hat die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten gegen den Kläger nicht zu.

20

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Zurückweisung der auf Erstattung dieser Kosten gerichteten Widerklage damit begründet, dass sich ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus einer unerlaubten Handlung ergebe. Zwar seien Detektivkosten grundsätzlich erstattungsfähig, wenn der Arbeitgeber anlässlich eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv dessen Überwachung übertrage und der Arbeitnehmer hierdurch einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt werde. Allerdings müsse der konkrete Verdacht im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen, also der Beauftragung der Detektei vorgelegen haben. Hieran fehle es vorliegend. Insbesondere könne ein konkreter Verdacht weder aus einem geäußerten Abkehrwillen noch daraus gefolgert werden, dass der Kläger ein Bild in seinem Büro abgehängt habe. Auch der Besuch des Klägers bei einem Kunden der Beklagten, dessen Zweck die Beklagte nur vermute, könne nicht die Annahme begründen, der Kläger habe während des noch laufenden Beschäftigungsverhältnisses eine Wettbewerbstätigkeit aufnehmen wollen.

21

Für die Frage des Vorliegens eines konkreten Tatverdachts sei ausschließlich auf den Zeitpunkt der ersten Beauftragung des Detektivbüros am 14. Januar 2004 abzustellen.

22

II. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

23

Die Widerklage auf Zahlung der verauslagten Detektivkosten ist nicht begründet.

24

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Arbeitgeber, der eine Detektivkostenerstattung wegen einer Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers durchsetzen will, konkrete Anhaltspunkte dafür haben muss, dass der Arbeitnehmer eine Wettbewerbstätigkeit tatsächlich ausübt und dadurch die wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 133 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 4; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - BAGE 90, 1 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA BGB § 249 Nr. 23) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. § 254 BGB verlangt von einem Geschädigten allerdings die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - aaO; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - aaO).

25

2. Ob dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen ist, dass für einen Anspruch der Beklagten die konkreten Anhaltspunkte für die Konkurrenztätigkeit des Klägers bereits bei der Erstbeauftragung der Detektei hätten vorliegen müssen, kann für den Streitfall dahinstehen.

26

Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass vor dem 14. Januar 2004 keine konkreten Verdachtsmomente für eine Konkurrenztätigkeit des Klägers gegeben waren, sich insbesondere ein konkreter Verdacht weder aus dem geäußerten Abkehrwillen noch aus der Entfernung privater Gegenstände aus dem Büro oder dem durchgeführten Kundenbesuch ergibt. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass sie zunächst nur einen Auftrag für eine zeitlich begrenzte Observation für die Zeit vom 14. Januar 2004 bis zum 23. Januar 2004 sowie Grundermittlungen zur Wettbewerbstätigkeit des Klägers erteilt hat.

27

3. Während dieses ersten Überwachungszeitraumes, für den die Beklagte in der Revision keine Kostenerstattung mehr verlangt, hatte sich der Verdacht einer Wettbewerbstätigkeit des Klägers aufgrund des Telefonats einer Mitarbeiterin der Detektei mit der Ehefrau des Klägers und durch die Abgabe des Angebots vom 22. Januar 2004 durch den Kläger an die K Group namens der Al GmbH bestätigt.

28

Die Beklagte erteilte daraufhin am 23. Januar 2004 der Detektei den Folgeauftrag zur Überwachung des Klägers vom 26. Januar bis zum 1. Februar 2004, um ihn einer Konkurrenztätigkeit während des laufenden Arbeitsverhältnisses zu überführen. Zum Zeitpunkt dieser Beauftragung stand als Ermittlungsergebnis der Erstbeschattung vom 14. Januar bis 23. Januar 2004 die entfaltete Tätigkeit des Klägers gegenüber der Scheinfirma K Group jedoch bereits fest. Insbesondere wusste die Beklagte von dem Angebot des Klägers namens der Al GmbH vom 22. Januar 2004 an die Scheinfirma.

29

Unter vernünftigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten war unter Zugrundelegung dieser Kenntnisse weder am 23. Januar 2004 noch zu einem späteren Zeitpunkt die Erteilung eines Folgeauftrags an die Detektei zur Überwachung des Klägers notwendig. Eine solche Überwachung konnte zu diesem Zeitpunkt keinen Beitrag zur Beseitigung einer Vertragsstörung oder zur Schadensverhütung mehr leisten.

30

Der Beklagten ging es bei der Beauftragung der Detektei darum, den Nachweis einer Konkurrenztätigkeit des Klägers zu erhalten. Dieser Nachweis war mit der Vorlage des vom Kläger an die Scheinfirma abgegebenen Angebots erbracht. Die Beklagte wusste aufgrund dieses Angebots, dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt auf dem Markt der Arbeitnehmerüberlassung selbstständig tätig war und seine Dienste anpries, obwohl er noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Aufgrund dieser Kenntnis hätte die Beklagte verschiedene Möglichkeiten gehabt, die Arbeitsvertragsverletzung durch den Kläger zu beseitigen. So hätte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos beenden können oder dem Kläger durch eine einstweilige Verfügung die Ausübung des Wettbewerbs untersagen lassen können. Stattdessen hat sie den Kläger mit der Vertragsverletzung fortfahren lassen und nicht versucht, aufgrund der erlangten Informationen, weitere Schäden zu verhüten.

31

4. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von den bislang vom Bundesarbeitsgericht zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten entschiedenen Fallgestaltungen. Diesen lag nämlich entweder zugrunde, dass der Arbeitgeber den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern wollte, um in der Folge das Arbeitsverhältnis beenden zu können (Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 133 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 4)oder neben der Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch keine Entgeltfortzahlung während der Kündigungsfrist leisten zu müssen (Senat 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - BAGE 90, 1 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA BGB § 249 Nr. 23). In einem weiteren Verfahren ging es um den Nachweis von Unterschlagungen und die Wirksamkeit eines in diesem Zusammenhang geschlossenen Aufhebungsvertrages (BAG 3. Dezember 1985 - 3 AZR 277/84 - BB 1987, 689). Diesen Sachverhalten ist gemeinsam, dass der Arbeitgeber jeweils versucht hat, aufgrund durch die Observation gewonnener Erkenntnisse die Vertragsverletzung des Arbeitnehmers durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen. Ein derartiges Ziel verfolgte die Beklagte nicht. Ihr ging es erkennbar nicht darum, eine Vertragsstörung zu beseitigen oder weitere Schäden zu verhüten.

32

Welche konkreten Ziele die Beklagte mit dem Nachweisen einer Konkurrenztätigkeit des Klägers verfolgt hat, hat sie nicht ausdrücklich vorgetragen. Aus ihrem Vorbringen: „Damit wurde der Kläger einzig und allein bis zum Ende der arbeitsvertraglichen Laufzeit observiert. Dies war auch erforderlich, weil im Rahmen der Ermittlungsarbeit auch die Problematik ‚Abwerben von Mitarbeitern’, ‚Akquirieren von Kunden der Beklagten’, ‚Akquirieren potentieller Neukunden’ sowie Überprüfung von Büroräumen, von denen heraus Wettbewerbstätigkeit entfaltet wurde, erforderlich war“, lässt sich schließen, dass es der Beklagten um die Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs gegangen sein könnte. Diesbezüglich war aber die Erteilung der Folgeaufträge ab dem 23. Januar 2004 nicht als notwendig anzusehen, da der Beklagten zu diesem Zeitpunkt die Konkurrenztätigkeit des Klägers bereits bekannt war. Ihr stand ab diesem Zeitpunkt ein Auskunftsanspruch gegen den Kläger zu, der ihr weiterreichende Sicherheit geboten hätte als der Einsatz eines Detektivs, der zwar feststellen kann, wo sich der Kläger aufhält und mit wem er spricht, regelmäßig aber nicht den Inhalt vertraglicher Vereinbarungen des Klägers mit Konkurrenten der Beklagten ermitteln kann.

33

III. Wegen des Erfordernisses einer einheitlichen Kostenentscheidung war diese - auch über die Kosten der Revision - dem Schlussurteil vorzubehalten.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 27. August 2008 - 10 Sa 174/08 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 15. Januar 2008 - 5 Ca 1336/07 - abgeändert.

3. Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH jeweils eine Stunde täglich bis 6:00 Uhr von jeweils montags bis sonnabends auszuüben.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Klägerin, eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin auszuüben.

2

Die Klägerin ist seit 1985 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Sortiererin in einem Briefzentrum beschäftigt. Ihre Wochenarbeitszeit beträgt 15 Stunden, ihre monatliche Vergütung ca. 1.200,00 Euro brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG vom 18. Juni 2003 (im Folgenden: MTV-DP AG) Anwendung.

3

§ 11 MTV-DP AG enthält folgende Regelungen:

        

„Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbote

        

(1) Will der Arbeitnehmer einer Nebentätigkeit nachgehen, hat er diese rechtzeitig vor der Aufnahme dem Arbeitgeber unter Angabe der Art, des zeitlichen Umfangs und des Arbeitgebers schriftlich anzuzeigen.

        

(2) Der Arbeitgeber kann die Nebentätigkeit untersagen, wenn infolge übermäßiger Beanspruchung des Arbeitnehmers durch die Nebentätigkeit die geschuldete vertragliche Arbeitsleistung beeinträchtigt werden kann oder Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs dagegen sprechen.

        

(3) Bei einem Teilzeitarbeitnehmer ist eine Überbeanspruchung des Arbeitnehmers und demzufolge eine Beeinträchtigung der geschuldeten vertraglichen Arbeitsleistung im Regelfall erst dann zu vermuten, wenn der zeitliche Umfang aller Tätigkeiten die jeweils geltende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeit-beschäftigten Arbeitnehmers überschreitet.

        

(4) Wird ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, erfolgt eine Entschädigung nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches.“

4

Im November 2006 teilte die Klägerin auf Aufforderung mit, dass sie einer Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin mit einer Wochenarbeitszeit von ca. sechs Stunden und einem Bruttomonatslohn von ca. 350,00 Euro nachgehe. Dabei stellt sie Abonnenten frühmorgens ausschließlich Zeitungen und Presseerzeugnisse (Süddeutsche Zeitung, Münchner Merkur, Financial Times usw.) zu. Die Tätigkeit erfolgt für die Z Z GmbH (im Folgenden: Z GmbH), die in der Zeitungszustellung und der Briefzustellung tätig ist. Die Beklagte stellt im Verlauf des Tages neben Briefsendungen ebenfalls Zeitungen und sonstige Presseerzeugnisse zu.

5

Im Februar 2007 untersagte die Beklagte der Klägerin die Ausübung ihrer Nebentätigkeit. Hiergegen wendet sich die Klägerin.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, es fehle an einem Untersagungsgrund im Sinne des Tarifvertrags. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs stützen. Der Marktbereich der beiden Unternehmen überschneide sich nur in einem sehr kleinen Teilbereich. Weit überwiegende Haupttätigkeit der Beklagten seien Briefdienstleistungen, bei der Z GmbH hingegen Zeitungszustellungen. Die Tätigkeit der Klägerin als Zeitungszustellerin beeinträchtige die Interessen der Beklagten als Briefdienstleisterin nicht. Soweit die Beklagte in sehr geringem Umfang Zeitungen zustelle, sei ein anderes Marktsegment betroffen. Auch liege keine die Z GmbH unterstützende Tätigkeit zulasten der Beklagten vor. Allein die Einbringung der Arbeitskraft reiche hierfür nicht aus, erforderlich seien zusätzliche Umstände. Daran fehle es bei der untergeordneten Tätigkeit der Klägerin ohne jeden Kundenkontakt. Eine abstrakte oder zukünftig mögliche Wettbewerbssituation könne nicht dazu führen, die Nebentätigkeit zu verbieten. Die Versagung der Nebentätigkeit durch die Beklagte sei mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht in Einklang zu bringen. Die Klägerin sei auf die Tätigkeit aufgrund von Kreditverpflichtungen angewiesen und habe darauf vertraut, diese weiter ausüben zu können.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass sie berechtigt ist, eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH jeweils eine Stunde täglich bis 6:00 Uhr von jeweils montags bis sonnabends auszuüben.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klägerin arbeite für einen unmittelbaren Wettbewerber, der sich als Briefdienstleister im Marktbereich der Beklagten betätige. Durch ihre Tätigkeit als Zustellerin unterstütze und fördere sie die Z GmbH bei deren Konkurrenztätigkeit. Durch Gewinne bei der Zeitungszustellung werde der Ausbau der Briefzustellung ermöglicht. Nicht entscheidend sei, ob die Interessen der Beklagten durch die Tätigkeit konkret beeinträchtigt würden. Im Übrigen bestehe die Gefahr, dass die Z GmbH die Klägerin zukünftig in der Briefzustellung einsetze, da sie dieses Geschäftsfeld ausweiten wolle. Umgekehrt stelle die Beklagte selbst Zeitungen zu, so dass auch insoweit unmittelbarer Wettbewerb stattfinde. Trotz der unterschiedlichen Zustellzeit seien Marktsegment und Kundenzielgruppe identisch. Daraus, dass die Klägerin die Nebentätigkeit über Jahre ausgeübt haben wolle, könne sie nichts herleiten. Der Beklagten sei die Nebentätigkeit erst im November 2006 bekannt geworden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet.

11

I. Der Antrag der Klägerin ist zulässig.

12

1. Nach § 11 MTV-DP AG ist zur Ausübung einer Nebentätigkeit keine Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich. Die Nebentätigkeit bedarf lediglich einer schriftlichen Anzeige (§ 11 Abs. 1 MTV-DP AG) und kann vom Arbeitgeber nur aus den in § 11 Abs. 2 MTV-DP AG genannten Gründen untersagt werden. Dem Klageziel entspricht deshalb ein auf die Feststellung gerichteter Antrag, dass die Klägerin zur Ausübung der begehrten Tätigkeit als Zeitungszustellerin berechtigt sei (vgl. BAG 28. Februar 2002 - 6 AZR 357/01 - EzA BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 7). Eine die Untersagung der Nebentätigkeit revidierende Erklärung der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht erforderlich. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus der Untersagung der Nebentätigkeit durch die Beklagte.

13

2. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrte Nebentätigkeit wird nach Arbeitgeber, Art, Umfang und Zeit eindeutig konkretisiert.

14

II. Der Antrag ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin berechtigt, die von ihr begehrte Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH auszuüben. Insbesondere sprechen keine Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs iSd. § 11 Abs. 2 MTV-DP AG dagegen.

15

1. Dem Arbeitnehmer ist während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn keine entsprechenden individual- oder kollektivvertraglichen Regelungen bestehen. Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 Abs. 1 HGB ausdrücklich geregelt. Der Arbeitsvertrag schließt über den Geltungsbereich dieser Vorschrift hinaus aber ein Wettbewerbsverbot ein, das vielfach aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers abgeleitet wurde (st. Rspr., zB BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 355/94 - zu II 2 a der Gründe, EzA BGB § 626 nF Nr. 155). Nunmehr ist diese Verhaltenspflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners ausdrücklich in § 241 Abs. 2 BGB normiert (Senat 20. September 2006 - 10 AZR 439/05 - Rn. 16, BAGE 119, 294).

16

Diese Maßstäbe gelten grundsätzlich auch für die Ausübung von Nebentätigkeiten, etwa im Rahmen eines weiteren Arbeitsverhältnisses. Bei der Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen sich eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber als Konkurrenz auswirkt, soll es dabei nach der bisherigen Rechtsprechung unerheblich sein, auf welche Art und Weise der Arbeitnehmer den auch im Tätigkeitsbereich seines Hauptarbeitgebers aktiven Konkurrenten unterstützt, sofern der Nebentätigkeit nicht ausnahmsweise von vornherein jegliche unterstützende Wirkung abgesprochen werden kann (vgl. BAG 24. Juni 1999 - 6 AZR 605/97 - zu I 1 b bb der Gründe, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 5 = EzA BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2). Ebenso wenig soll es auf die Funktion des Arbeitnehmers beim Konkurrenten ankommen; vielmehr sei dem Arbeitnehmer „jedwede Dienstleistung“ für diesen verboten (vgl. BAG 16. August 1990 - 2 AZR 113/90 - zu III 2 c cc der Gründe, AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 10 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 38).

17

Der Senat hat Bedenken, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, wenn es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenzunternehmens führen können, und im Übrigen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berührt werden. In jedem Fall muss bei der Bestimmung der Reichweite des Wettbewerbsverbots die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden. Daher ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob nach Art der Haupt- und Nebentätigkeit und der beteiligten Unternehmen überhaupt eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers vorliegt. Es spricht viel dafür, dass die Reichweite des Wettbewerbsverbots auf unmittelbare Konkurrenztätigkeiten beschränkt werden muss und bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug nicht erfasst werden (vgl. etwa MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Aufl. § 60 Rn. 46; Oetker/Kotzian-Marggraf HGB § 60 Rn. 15; Küttner/Reinecke Personalbuch 2009 16. Aufl. Stichwort Wettbewerb Rn. 6; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 57 Rn. 7; HWK/Diller 3. Aufl. § 60 HGB Rn. 21; Boemke AR-Blattei SD Nebenpflichten des Arbeitnehmers 1228 Rn. 269; Buchner AR-Blattei SD Wettbewerbsverbot II 1830.2 Rn. 53; Grunsky Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer 2. Aufl. S. 12 f.; Bock Das Doppelarbeitsverhältnis S. 35 f.; Franke Arbeits- und sozialrechtliche Fragen von Zweitarbeitsverhältnissen S. 74). Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer lediglich eine Teilzeittätigkeit ausübt und deshalb zur Sicherung seines Lebensunterhalts auf die Ausübung einer weiteren Erwerbstätigkeit angewiesen ist (Kempen/Kreuder AuR 1994, 214, 219 f.). Gerade im Bereich der einfacheren Tätigkeiten ist das in zunehmendem Maß der Fall.

18

Letztlich bedarf diese Frage im Streitfall aber im Hinblick auf die Regelung in § 11 Abs. 1 bis 3 MTV-DP AG keiner abschließenden Entscheidung.

19

2. § 11 Abs. 1 bis 3 MTV-DP AG schränkt die dargestellten allgemeinen Grundsätze entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zugunsten der Arbeitnehmer ein. Der Arbeitgeber ist danach nur berechtigt, Nebentätigkeiten für ein Konkurrenzunternehmen zu untersagen, wenn nach der Stellung des Arbeitnehmers oder der Art der dortigen Tätigkeit eine unmittelbare Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen droht. Die nur untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Wettbewerbers reicht nicht aus.

20

a) § 11 MTV-DP AG geht von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Ausübung von Nebentätigkeiten aus und verlangt lediglich deren Anzeige. Zum Schutz seiner Interessen ist der Arbeitgeber allerdings berechtigt, eine Nebentätigkeit zu verbieten, wenn infolge übermäßiger Beanspruchung des Arbeitnehmers durch die Nebentätigkeit die geschuldete vertragliche Arbeitsleistung beeinträchtigt werden kann oder wenn Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs dagegen sprechen (§ 11 Abs. 2 MTV-DP AG).

21

b) Die tarifliche Nebentätigkeitsregelung als solche begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken. Sie verstößt insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. hierzu zB BAG 26. Juni 2001 - 9 AZR 343/00 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 98, 123). Hiervon geht auch das Landesarbeitsgericht aus, ohne dass die Revision Einwendungen erhebt.

22

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts können die Tätigkeit für einen Wettbewerber und „Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs“ nicht gleichgesetzt werden. Vielmehr ist eine arbeitgeber- und tätigkeitsbezogene Wettbewerbssituation erforderlich, um eine Untersagung zu rechtfertigen. Dabei müssen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt sein.

23

aa) Schon der Wortlaut des § 11 Abs. 2 MTV-DP AG, von dem vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. etwa Senat 11. Februar 2009 - 10 AZR 264/08 - Rn. 25, ZTR 2009, 259), macht deutlich, dass die tarifliche Regelung sich nicht vollständig mit dem Inhalt des allgemeinen Wettbewerbsverbots deckt. Sie verweist nicht lediglich auf eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 1 HGB oder die allgemeinen Grundsätze. Dies hätte aber nahe gelegen, hätten die Tarifvertragsparteien ohnehin Geltendes nur deklaratorisch wiedergeben wollen, wie sie es etwa beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot in § 11 Abs. 4 MTV-DP AG mit einem Verweis auf die Regelungen des HGB getan haben. Die Tarifnorm benennt als Untersagungsgrund auch nicht allgemein berechtigte Interessen des Arbeitgebers, Wettbewerbs- oder Konkurrenzgründe. Vielmehr sollen gemäß § 11 Abs. 2 MTV-DP AG ausdrücklich nur Gründe des „unmittelbaren“ Wettbewerbs, also solche direkter Konkurrenz, für eine Untersagung der Nebentätigkeit ausreichen. Nebentätigkeiten mit bloß mittelbarem Wettbewerbsbezug werden damit als erlaubt angesehen. Solche Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs müssen „dagegen sprechen“, also der Nebentätigkeit entgegenstehen. Die Formulierung zeigt, dass die Tarifvertragsparteien die Nebentätigkeit mit unmittelbarem Wettbewerbsbezug vor Augen hatten und nicht von vornherein jede denkbare Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen als Untersagungsgrund verstanden wissen wollten, auch wenn sie den anderen Arbeitgeber im weitesten Sinne unterstützen mag.

24

bb) Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt dieses Verständnis. Die in § 11 Abs. 1 MTV-DP AG geregelte Anzeigepflicht verlangt die Angabe der Art, des zeitlichen Umfangs und des Arbeitgebers der Nebentätigkeit, um dem Hauptarbeitgeber eine Prüfung zu ermöglichen, ob ein Untersagungsgrund in Betracht kommt. Während die Angabe des zeitlichen Umfangs primär dazu dient, den Untersagungsgrund der Überbeanspruchung prüfen zu können, ist das Erfordernis der Angabe des Zweitarbeitgebers auf die Untersagung aus Wettbewerbsgründen zugeschnitten. Zusätzlich verlangt die Anzeige aber auch die Angabe der Art der Nebentätigkeit, die demnach ebenfalls von Bedeutung sein kann.

25

cc) Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Zweck der tariflichen Nebentätigkeitsregelung. Einerseits soll die Tarifnorm den Schutz des Arbeitgebers vor Wettbewerbshandlungen seiner Arbeitnehmer konkretisieren und für die betriebliche Praxis handhabbar machen. Andererseits darf sie die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Arbeitnehmer und deren Interesse an einer Verwertung ihrer Arbeitskraft nur soweit einschränken, wie dies erforderlich ist. Sie dient damit dem Ausgleich der Interessen beider Vertragsparteien und der weitestmöglichen Auflösung der Interessenkollision. Ob es überhaupt zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers kommt, kann nur anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände festgestellt werden. Dabei sind sowohl die beteiligten Unternehmen als auch die Art der Haupt- und Nebentätigkeit einzubeziehen.

26

3. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses sprechen keine Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs gegen die Tätigkeit der Klägerin als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH. Die Beklagte und die Z GmbH stehen zwar in Teilbereichen des Markts im Wettbewerb. Die konkrete Tätigkeit der Klägerin beim Konkurrenzarbeitgeber hat aber keinen Wettbewerbsbezug. Es handelt sich um eine bloße Hilfstätigkeit und eine lediglich untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung. Die Klägerin kann nicht etwa bei der Beklagten erworbene spezifische Fähigkeiten, Kenntnisse oder Erfahrungen zum Vorteil des Wettbewerbers einsetzen.

27

a) Die Beklagte und die Z GmbH stehen jedenfalls in Teilbereichen des Markts im Wettbewerb. Beide Unternehmen bieten Briefdienstleistungen an. Dass es sich dabei bei der Beklagten um ein Kerngeschäft handelt, während sich die Geschäftssparte bei der Z GmbH erst im Aufbau befindet, ist unerheblich. Die Unternehmen sind insoweit unmittelbare Konkurrenten. Ob dies auch im Bereich der Zeitungszustellung so ist, kann dahinstehen. Zwar spricht manches dafür, dass es sich bei der Zustellung an Abonnenten in den frühen Morgenstunden einerseits und der Zustellung mit der täglichen Post andererseits um unterschiedliche Marktsegmente handelt, die sich nur unwesentlich überschneiden. Zugunsten der Beklagten kann aber unterstellt werden, dass sie sich auch insoweit mit der Z GmbH in Konkurrenz befindet.

28

b) Die Nebentätigkeit der Klägerin hat keinen unmittelbaren Wettbewerbsbezug.

29

Die Klägerin beschränkt ihr Begehren ausdrücklich darauf, bei der Z GmbH eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin ausüben zu wollen. Die Zustellung von Briefsendungen ist davon nicht umfasst (vgl. auch LAG Baden-Württemberg 9. April 2003 - 4 Sa 58/02 - zu III 2 der Gründe).

30

Die Tätigkeiten der Klägerin bei der Beklagten als Sortiererin und bei der Z GmbH als Zeitungszustellerin weisen keine erheblichen Überschneidungen auf. Sie beschränken sich bei beiden Arbeitgebern auf die Ausführung von vorgegebenen Arbeitsaufgaben. Ein Kundenkontakt findet bei der Beklagten nicht und im Rahmen der Zeitungszustellung allenfalls zufällig statt. Interessen der Beklagten werden dadurch nicht berührt. Weder besteht eine Verwechslungsgefahr, für wen die Klägerin gerade tätig ist, noch besteht ihre Aufgabe in der Kundengewinnung. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass die Klägerin bei der Beklagten erworbene firmenspezifische Fähigkeiten, Kenntnisse oder Erfahrungen zur Förderung des Wettbewerbers einsetzen könnte. Vielmehr kann die Zeitungszustellung von Dritten ohne besondere Qualifikation wahrgenommen werden.

31

Müsste die Z GmbH auf die Arbeitsleistung der Klägerin verzichten, würde sie an deren Stelle eine andere Arbeitskraft mit derselben Tätigkeit beschäftigen. Die Annahme, dass die Z GmbH stattdessen auf eine Zustellung von Zeitungen am frühen Morgen verzichtete und die Beklagte mit der Zustellung im Verlaufe des Tages beauftragte, liegt fern. Zwar mag man allein in der Tatsache, dass die Klägerin ihre Arbeitskraft einsetzt, eine Unterstützung der Z GmbH sehen, die im weitesten Sinn das Wettbewerbsverhältnis berührt. Allenfalls kann hier aber von einer mittelbaren, untergeordneten Förderung des Wettbewerbers gesprochen werden. Gegen die Tätigkeit sprechende Gründe des „unmittelbaren“ Wettbewerbs im Sinn der Tarifregelung liegen darin nicht.

32

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin zukünftig im Rahmen ihrer Nebentätigkeit mit der Briefzustellung beauftragt werden könnte. Die Klägerin wäre in einem solchen Fall gemäß § 11 Abs. 1 MTV-DP AG verpflichtet, die Änderung der Tätigkeit anzuzeigen. Die Beklagte könnte dann überprüfen, ob nunmehr ein Untersagungsgrund im Hinblick auf die geänderte Tätigkeit gegeben ist.

33

III. Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Rudolph    

        

    Großmann    

                 

(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.

(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)2016/679besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU)2016/679vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,
2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.

(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juni 2016 - 16 Sa 1711/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, die in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, seit Juli 2011 als Webentwickler tätig. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses verpflichtete er sich schriftlich, Hard- und Software aus Gründen der informationstechnischen Sicherheit ausschließlich zur Erfüllung der vereinbarten Aufgaben zu nutzen.

3

Im Zusammenhang mit der Anbindung eines neuen Netzwerks richtete die Beklagte am 19. April 2015 (Sonntag) eine E-Mail folgenden Inhalts an ihre Mitarbeiter:

        

„Hallo liebes (…) Team,

        

es ist soweit, die Telekom hat es endlich geschafft, uns einen schnellen Internet Anschluss bereitzustellen.

        

Dieses möchte ich Euch natürlich nicht vorenthalten, aus diesem Grund erhaltet Ihr freien Zugang zum WLAN.

        

Da bei Missbrauch, zum Beispiel Download von illegalen Filmen, etc. der Betreiber zur Verantwortung gezogen wird, muss der Traffic mitgelogged werden. Da ein rechtlicher Missbrauch natürlich dann auch auf denjenigen zurückfallen soll, der verantwortlich dafür war.

        

Somit:

        

Hiermit informiere ich Euch offiziell, dass sämtlicher Internet Traffic und die Benutzung der Systeme (der Beklagten) mitgelogged und dauerhaft gespeichert wird. Solltet Ihr damit nicht einverstanden sein, bitte ich Euch mir dieses innerhalb dieser Woche mitzuteilen.

        

…       

        

Bitte benutzt dieses Netzwerk für alles wie Spotify, YouTube, etc. um unser Hauptnetzwerk zu entlasten.

        

…“    

4

In einer Unterweisung am 20. April 2015 wandte sich kein Arbeitnehmer gegen die Absicht der Beklagten, den „Internettraffic“ und die Benutzung ihrer Systeme zur Verhinderung von Missbrauch des Internetzugangs „mitzuloggen“.

5

Die Beklagte installierte sodann auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die ab dem 21. April 2015 alle Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Screenshots fertigte (Keylogger). Nachdem die Beklagte die vom Keylogger erstellten Dateien ausgewertet hatte, fand am 4. Mai 2015 ein Gespräch mit dem Kläger statt, in dem dieser einräumte, seinen Dienst-Rechner während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Er gab an, ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für das Logistikunternehmen seines Vaters abgewickelt zu haben. Auf die Programmierung des Spiels habe er am Arbeitsplatz in der Zeit von Januar bis April 2015 ca. drei Stunden verwendet. Für die Firma seines Vaters sei er - vorwiegend in seiner Freizeit - höchstens etwa zehn Minuten täglich tätig gewesen.

6

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 19. Mai 2015 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin.

7

Hiergegen hat sich der Kläger fristgerecht mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat behauptet, die privaten Verrichtungen meist in den Pausen und in Zeiten erledigt zu haben, in denen er keines der ihm zugewiesenen Projekte habe bearbeiten können. Die Beklagte habe durch den Einsatz eines Keyloggers „hinterrücks“ und ohne jeden Anlass massiv in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. In der E-Mail vom 19. April 2015 habe sie den Eindruck vermittelt, es sollten nur die Internetaktivitäten über das neue Netzwerk kontrolliert werden.

8

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. Mai 2015 aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. Mai 2015 aufgelöst worden ist;

        

3.    

hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Webentwickler weiterzubeschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Aus den vom Keylogger erstellten Dateien ergebe sich, dass der Kläger am 21. April 2015 weitaus länger mit der Entwicklung des Computerspiels beschäftigt gewesen sei, als er eingeräumt habe. Die Einträge in den Logdateien widerlegten zudem seine Behauptung, höchstens zehn Minuten täglich mit Aufgaben für die Firma seines Vaters befasst gewesen zu sein. Ausweislich von Screenshots der auf seinem Dienst-PC befindlichen Ordner habe der Kläger für dessen Unternehmen 5.221 E-Mails empfangen und 5.835 Nachrichten versandt. Der Einsatz eines Keyloggers sei ohne Weiteres rechtmäßig gewesen, weil dem Kläger jede außerdienstliche Nutzung der IT-Systeme untersagt und damit seine Privatsphäre nicht betroffen gewesen sei. Im Übrigen habe gegen ihn der Verdacht des Arbeitszeitbetrugs bestanden. Am 9. Februar 2015 habe eine Arbeitnehmerin im Vorbeigehen gesehen, dass der Kläger eine „stark bebilderte“ Webseite hastig „weggeklickt“ habe. Weitere Mitarbeiter hätten mitgeteilt, der Kläger gehe während seiner Arbeitszeit in erheblichem Umfang privaten Aktivitäten nach. Zudem habe er sich zu einem sehr unproduktiven Mitarbeiter entwickelt.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die dem Senat allein zur Entscheidung anfallenden Feststellungsanträge sind begründet. Die Kündigungen der Beklagten vom 19. Mai 2015 sind unwirksam. Nach dem verfahrensrechtlich verwertbaren Sachvortrag der Beklagten fehlt es sowohl an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung (§ 626 Abs. 1 BGB) als auch an einer sozialen Rechtfertigung für die unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1) erklärte ordentliche Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG).

12

I. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die vom Kläger zugestandenen Sachverhalte rechtfertigten die beiden Kündigungen nicht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

13

1. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger habe in der Zeit von Januar bis April 2015 an seinem Dienst-Rechner ca. drei Stunden auf die Programmierung des Computerspiels verwendet, dies aber überwiegend während der Pausen. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht zugunsten der Beklagten unterstellt, der Kläger habe während der Arbeitszeit täglich zehn Minuten mit Tätigkeiten für die Firma seines Vaters verbracht. Damit habe er seine vertraglichen Pflichten in erheblicher Weise verletzt. Allerdings rechtfertigten die Pflichtverletzungen mangels vorheriger Abmahnung keine - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung. Zwar habe der Kläger Hard- und Software der Beklagten entgegen der von ihm zu Beginn des Arbeitsverhältnisses unterzeichneten Erklärung für außerdienstliche Zwecke eingesetzt. Die „minutenweise“ Privatnutzung über den Zeitraum eines Jahres habe sich zu einer Gesamtdauer von 36,66 Stunden summiert. Jedoch sei schon der E-Mail der Beklagten vom 19. April 2015 zu entnehmen, dass tatsächlich kein absolutes Verbot der privaten Nutzung betrieblicher IT-Einrichtungen gelebt worden sei. Die unzulässige Privatnutzung habe auch nur einen minimalen Bruchteil (2,08 vH) der täglichen Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Die Beklagte habe schließlich nicht substantiiert dargetan, dass seine Arbeitsleistung durch die außerdienstlichen Aktivitäten beeinträchtigt worden sei. Insgesamt liege keine derart schwere Pflichtverletzung vor, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Kläger erkennbar - ausgeschlossen gewesen sei. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger in Zukunft nach einer Abmahnung in gleicher oder ähnlicher Weise pflichtwidrig verhalten hätte.

14

2. Mit dieser Würdigung hat das Berufungsgericht, dem bei der Prüfung und Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 KSchG ein Beurteilungsspielraum zukommt, alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze berücksichtigt. Entgegen der Annahme der Revision hat das Landesarbeitsgericht den „auf lange Sicht“ - möglicherweise - verursachten Schaden in seine Überlegungen einbezogen, indem es die „vertane“ Arbeitszeit auf einen Zeitraum von einem Jahr hochgerechnet hat. Zu einem über die Vergütung der nicht bestimmungsgemäß verbrachten Arbeitszeit hinausgehenden Schaden hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe übersehen, dass der Kläger nicht um Erlaubnis gefragt habe, obgleich er nur ausnahmsweise am Arbeitsplatz für die Firma seines Vaters habe tätig werden wollen und man insoweit eine „adäquate Lösung“ hätte finden können, bestätigt die Beklagte letztlich nur die Einschätzung des Berufungsgerichts, es sei zumindest nicht ausgeschlossen gewesen, dass sie eine geringfügige Privatnutzung ihrer Betriebsmittel während der Arbeitszeit hinnehmen würde.

15

II. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, es müsse bei seiner Entscheidung den Sachvortrag der Beklagten unberücksichtigt lassen, den sie nur aufgrund des von ihr eingesetzten Keyloggers in das Verfahren einführen konnte. Die Verwertung dieses Vorbringens bei der Urteilsfindung wäre mit dem Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG)unvereinbar.

16

1. Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot wegen einer Verletzung des gemäß Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei(vgl. auch Art. 8 Abs. 1 EMRK) kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts - etwa von § 138 Abs. 3, § 286, § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO - ergeben. Wegen der nach Art. 1 Abs. 3 GG bestehenden Bindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte und der Verpflichtung zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 93 , BVerfGE 117, 202) hat das Gericht zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 21; 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 18; 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 2 3, BAGE 156, 370; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 21). Das Grundrecht schützt neben der Privat- und Intimsphäre und seiner speziellen Ausprägung als Recht am eigenen Bild auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 ua. - Rn. 67, BVerfGE 120, 378; 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 37, BVerfGK 10, 330; 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 ua. - zu C II 1 a der Gründe, BVerfGE 65, 1).

17

2. Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild ( § 1 Abs. 1 BDSG ). Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe durch öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen iSd. § 1 Abs. 2 BDSG in diese Rechtspositionen zulässig sind. Sie ordnen für sich genommen jedoch nicht an, dass unter ihrer Missachtung gewonnene Erkenntnisse oder Beweismittel bei der Feststellung des Tatbestands im arbeitsgerichtlichen Verfahren vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürften (BAG 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 17; 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 2 2, BAGE 156, 370). Ist allerdings die Datenverarbeitung gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer nach den Vorschriften des BDSG zulässig, liegt insoweit keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild vor (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 22).

18

3. In Anwendung dieser Grundsätze hat sich das Landesarbeitsgericht zu Recht gehindert gesehen, seiner Entscheidung den streitigen Sachvortrag der Beklagten über die Nutzung des Dienst-PC durch den Kläger am 21. und 23. April 2015 zugrunde zu legen. Hierdurch hätte das Landesarbeitsgericht eine durch die Beklagte begangene Grundrechtsverletzung perpetuiert und vertieft. Die Datenerhebung durch den Keylogger griff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Der Kläger hat in die Maßnahme nicht eingewilligt. Der Eingriff war nicht aufgrund überwiegender Interessen der Beklagten nach § 32 Abs. 1 oder § 28 Abs. 1 BDSG gerechtfertigt. Ebenso lagen keine weiteren, über das schlichte Beweisinteresse der Beklagten hinausgehenden Aspekte vor, die gerade die in Frage stehende verdeckte Informationsbeschaffung durch einen Keylogger als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten.

19

a) Die Aufzeichnung und Speicherung der Tastatureingaben am Dienst-PC des Klägers sowie das Fertigen von Screenshots durch den Keylogger stellten Datenerhebungen iSv. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und Abs. 7 BDSG dar. Die Beklagte hat sich dadurch Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten natürlichen Person, nämlich des Klägers als dem Nutzer des ihm zugeordneten Rechners, verschafft.

20

b) Der Kläger hat in die Datenerhebungen nicht dadurch gemäß § 4a BDSG eingewilligt, dass er der Ankündigung der Beklagten nicht widersprochen hat. Allein in der Tatsache, dass ein Arbeitnehmer einer ihm mitgeteilten Maßnahme nicht entgegen tritt, liegt keine Einverständniserklärung in die Informationserhebung. Das Unterlassen eines Protests kann nicht mit einer Einwilligung gleichgesetzt werden (für die Videoüberwachung im öffentlichen Raum: vgl. BVerfG 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 40, BVerfGK 10, 330; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9/11 - Rn. 25, BVerwGE 141, 329). Das gilt insbesondere, wenn - wie vorliegend - eine vom Arbeitgeber gesetzte „Widerspruchsfrist“ noch nicht abgelaufen ist. Im Übrigen hatte die Beklagte dem Kläger nicht eröffnet, es sollten alle Tastatureingaben an seinem Dienst-PC „mitgeloggt“ und regelmäßig Screenshots gefertigt werden. Auch konnte der Kläger nicht erkennen, zu welchem Zweck er überwacht wurde. Die E-Mail der Beklagten vom 19. April 2015 legte den Schluss nahe, dass allein eine etwaige Internetaktivität über das neue Netzwerk und diese auch „nur“ hinsichtlich der abgerufenen Inhalte („Download von illegalen Filmen“, „Betreiber zur Verantwortung gezogen“, „rechtlicher Missbrauch“) kontrolliert werden sollte. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, in der mündlichen Unterweisung am 20. April 2015 seien anderslautende oder weiter gehende Aussagen getroffen worden. Dementsprechend ließ die Beklagte dem Kläger in ihrem Schreiben vom 5. Mai 2015 lediglich mitteilen, sie habe „im Zuge der Umstellung des Internetanschlusses zur Vermeidung eines etwaigen Missbrauchs die Onlineaktivitäten, die über diesen Anschluss laufen, kontrolliert und diese Kontrolle im Vorfeld sowohl per E-Mail als auch im Rahmen einer Ansprache an die gesamte Belegschaft angekündigt.“

21

c) Mit der ohne Einwilligung des Klägers erfolgten Datenerhebung durch den Keylogger hat die Beklagte in dessen durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.

22

aa) Für einen Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts ist es ohne Bedeutung, ob die Datenerhebung in verdeckter Form oder für den Arbeitnehmer erkennbar erfolgt.

23

(1) Bei dem verdeckten Einsatz eines Keyloggers wird der betroffene Arbeitnehmer in der Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden, beschränkt, indem er zum Ziel einer nicht erkennbaren - systematischen - Beobachtung durch den Arbeitgeber gemacht wird und dadurch auf sich beziehbare Daten über sein Verhalten preisgibt, ohne die Überwachung oder gar den mit ihr verfolgten Verwendungszweck zu kennen (für die automatisierte Erhebung öffentlich zugänglicher Informationen vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05  ua. - Rn. 67, BVerfGE 120, 378 ; für die Observation durch einen Detektiv außerhalb des Betriebsgeländes vgl. BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 24).

24

(2) Wird der Keylogger offen eingesetzt, liegt ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, weil die Aufzeichnung und Speicherung sämtlicher Tastatureingaben und bestimmter Bildschirminhalte der Vorbereitung möglicher belastender Maßnahmen (Ermahnung, Abmahnung, Kündigung) dienen und zugleich abschreckend wirken und insoweit das Verhalten des Betroffenen lenken soll (für die offene Videoüberwachung im öffentlichen Raum: vgl. BVerfG 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 38, BVerfGK 10, 330; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9/11 - Rn. 24, BVerwGE 141, 329).

25

bb) Der Eingriff in den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG entfällt nicht dadurch, dass lediglich Verhaltensweisen am Arbeitsplatz erfasst werden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen desjenigen Rechnung, der sich in die (Betriebs-)Öffentlichkeit begibt (für die Videoüberwachung vgl. BVerfG 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 39, BVerfGK 10, 330; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9/11 - Rn. 25, BVerwGE 141, 329; für die Observation durch einen Detektiv vgl. BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 24).

26

cc) Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung setzt nicht voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer das informationstechnische System, über das Daten erhoben werden, als eigenes nutzt und deshalb den Umständen nach davon ausgehen darf, dass er allein oder zusammen mit anderen zur Nutzung berechtigten Personen über das System selbstbestimmt verfüge. Diese Einschränkung betrifft allein das ebenfalls von Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, dem ggf. eine lückenfüllende Funktion zukommt (BVerfG 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07 ua. - Rn. 201 und Rn. 206, BVerfGE 120, 274).

27

d) Der Einsatz des Keyloggers war der Beklagten nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG erlaubt. Es fehlte bereits an dem insoweit erforderlichen, durch konkrete Tatsachen begründeten Anfangsverdacht einer Straftat oder einer anderen schweren Pflichtverletzung. Eine Maßnahme, die hinsichtlich der Intensität des durch sie bewirkten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers mit einer (verdeckten) Videoüberwachung vergleichbar ist, stellt sich als unverhältnismäßig dar, wenn sie aufgrund bloßer Mutmaßungen ergriffen wird.

28

aa) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ua. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Durchführung gehört die Kontrolle, ob der Arbeitnehmer seinen Pflichten nachkommt (Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 32 Rn. 16; Grimm JM 2016, 17, 19), zur Beendigung iSd. Kündigungsvorbereitung (dazu Grimm, aaO) die Aufdeckung einer Pflichtverletzung, die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 26). Sofern nach § 32 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 BDSG zulässig erhobene Daten den Verdacht einer solchen Pflichtverletzung begründen, dürfen sie für die Zwecke und unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG auch verarbeitet und genutzt werden(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 40; 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 37 f., BAGE 156, 370). Der Begriff der Beendigung umfasst dabei die Abwicklung eines Beschäftigungsverhältnisses (BT-Drs. 16/13657 S. 21). Der Arbeitgeber darf deshalb alle Daten speichern und verwenden, die er benötigt, um die ihm obliegende Darlegungs- und Beweislast in einem potentiellen Kündigungsschutzprozess zu erfüllen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; Stamer/Kuhnke in Plath BDSG § 32 Rn. 149; HWK/Lembke 7. Aufl. § 32 BDSG Rn. 15).

29

bb) § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG erlaubt die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung in Fällen, in denen - unabhängig von den in § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG näher bestimmten Zwecken - Anhaltspunkte für den Verdacht einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat bestehen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Maßnahmen, die vom Arbeitgeber ergriffen werden, um strafbares Verhalten eines Arbeitnehmers aufzudecken, in der Regel besonders intensiv in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreifen (BT-Drs. 16/13657 S. 21). Das ist insbesondere bei einer zu diesem Zweck erfolgenden (verdeckten) Überwachung von Beschäftigten der Fall, weshalb die - von der Gesetzesbegründung in Bezug genommenen - restriktiven Grundsätze der hierzu ergangenen Rechtsprechung in § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG gesondert kodifiziert wurden. Die Vorschrift soll hinsichtlich der Eingriffsintensität damit vergleichbare Maßnahmen erfassen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 27; 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 75, BAGE 151, 1). Diese sollen allenfalls dann zulässig sein, wenn der durch konkrete Tatsachen begründete „einfache“ Verdacht (Anfangsverdacht, BAG 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 25) einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat besteht.

30

cc) § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG entfaltet keine „Sperrwirkung“ dergestalt, dass eine anlassbezogene Datenerhebung durch den Arbeitgeber ausschließlich zur Aufdeckung von Straftaten zulässig wäre und sie nicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig sein könnte(ausführlich BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 28 ff.). Allerdings muss der mit einer Datenerhebung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auch im Rahmen von § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG einer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach dem - dort gleichfalls verankerten - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 32; 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - Rn. 30; 7. September 1995 - 8 AZR 828/93 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 81, 15; 22. Oktober 1986 -  5 AZR 660/85  - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 53, 226 ). Dieser verlangt, dass der Eingriff geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - aaO; 15. April 2014 - 1 ABR 2/13 (B) - Rn. 41 , BAGE 148, 26 ; 29. Juni 2004 -  1 ABR 21/03  - zu B I 2 d der Gründe, BAGE 111, 173 ). Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Angemessenheit) ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht (BVerfG 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 - zu B I 2 b dd der Gründe, BVerfGE 115, 320 ; BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; 15. April 2014 - 1 ABR 2/13 (B) - aaO). Die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung darf keine übermäßige Belastung für den Arbeitnehmer darstellen und muss der Bedeutung des Informationsinteresses des Arbeitgebers entsprechen. Danach muss im Falle einer der (verdeckten) Videoüberwachung vergleichbar eingriffsintensiven Maßnahme, die auf § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG gestützt werden soll, der auf konkrete Tatsachen begründete Verdacht einer schwerwiegenden, jedoch nicht strafbaren Pflichtverletzung bestehen. Eine entsprechende verdeckte Ermittlung „ins Blaue hinein“, ob ein Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, ist auch nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG unzulässig(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO). Sie ist, ohne dass es noch darauf ankäme, ob mildere, gleich effektive Mittel vorhanden waren, jedenfalls unangemessen (nicht verhältnismäßig im engeren Sinne).

31

dd) Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass weniger intensiv in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreifende Datenerhebungen nach § 32 Abs. 1 BDSG ohne Vorliegen eines durch Tatsachen begründeten Anfangsverdachts - zumal einer Straftat oder anderen schweren Pflichtverletzung - zulässig sein können. Das gilt vor allem für nach abstrakten Kriterien durchgeführte, keinen Arbeitnehmer besonders unter Verdacht stellende offene Überwachungsmaßnahmen, die der Verhinderung von Pflichtverletzungen dienen sollen. Solche präventiven Maßnahmen können sich schon aufgrund des Vorliegens einer abstrakten Gefahr als verhältnismäßig erweisen, wenn sie keinen solchen psychischen Anpassungsdruck erzeugen, dass die Betroffenen bei objektiver Betrachtung in ihrer Freiheit, ihr Handeln aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu gestalten, wesentlich gehemmt sind (dazu BAG 25. April 2017 - 1 ABR 46/15 - Rn. 20 und Rn. 28 ff.). Dementsprechend kann die vorübergehende Speicherung und stichprobenartige Kontrolle der Verlaufsdaten eines Internetbrowsers zulässig sein, um die Einhaltung eines vom Arbeitgeber aufgestellten kompletten Verbots oder doch einer Beschränkung der Privatnutzung von IT-Einrichtungen zu kontrollieren. Dabei werden lediglich die Adressen und Titel der aufgerufenen Seiten und der Zeitpunkt des Aufrufs protokolliert und damit nicht mehr Daten gespeichert, als benötigt werden, um einen möglichen inhaltlichen oder zeitlichen Missbrauch der Nutzungsrechte festzustellen (LAG Berlin-Brandenburg 14. Januar 2016 - 5 Sa 657/15 - zu B I 4 a aa (8) (d) der Gründe). Würden die gespeicherten Verlaufsdaten nicht zumindest stichprobenartig überprüft, könnten Zuwiderhandlungen gegen das Verbot oder die Beschränkung der Privatnutzung von IT-Einrichtungen des Arbeitgebers nicht geahndet werden und könnte die Datenerhebung ihre verhaltenslenkende Wirkung nicht entfalten.

32

ee) Mit diesem Inhalt steht § 32 Abs. 1 BDSG im Einklang mit den Vorgaben der eine umfassende Harmonisierung(zur Begrifflichkeit EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 96 f., Slg. 2003, I-12971) vorsehenden Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (RL 95/46/EG - ABl. L 281 vom 23. November 1995 S. 31). Einerseits wird mit dem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgeleiteten Erfordernis des auf konkrete Tatsachen gestützten Anfangsverdachts einer Straftat oder anderen schweren Pflichtverletzung für besonders eingriffsintensive Maßnahmen nicht entgegen Art. 5 der Richtlinie ein zusätzlicher, die Datenerhebung erschwerender Grundsatz eingeführt oder durch eine zusätzliche Bedingung die Tragweite eines der in Art. 7 der Richtlinie vorgesehenen Grundsätze verändert(dazu EuGH 19. Oktober 2016 - C-582/14 - [Breyer] Rn. 57 ff.; 24. November 2011 - C-468/10 und C-469/10 - [ASNEF] Rn. 33, 34 und 36). Andererseits genügt der vom Senat herangezogene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem durch die Richtlinie sowie Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(dazu EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28) und Art. 8 EMRK(dazu EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063; BAG 19. Februar 2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 20 f.) garantierten Schutzniveau für die von einer Datenerhebung Betroffenen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 38; EGMR 5. Oktober 2010 - 420/07 - EuGRZ 2011, 471).

33

ff) Bei dem (zeitlich nicht begrenzten) verdeckten Einsatz eines Keyloggers an einem Dienst-PC handelt es sich um eine Datenerhebung, die hinsichtlich der Intensität des mit ihr verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit einer - verdeckten - Videoüberwachung am Arbeitsplatz vergleichbar ist. Zwar berührt der Einsatz eines Keyloggers grundsätzlich nicht das Recht am eigenen Bild, insbesondere ist er regelmäßig nicht geeignet, Verhaltensweisen optisch zu erfassen, die von dem Betroffenen als peinlich empfunden werden. Jedoch wird mit der Datenerhebung durch einen Keylogger massiv in das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Es werden - für den Benutzer irreversibel - alle Eingaben über die Tastatur eines Computers einschließlich des Zeitpunkts der Eingabe sowie des zeitlichen Abstands zwischen zwei Eingaben erfasst und gespeichert. Die auf diese Weise gewonnenen Daten ermöglichen es, ein nahezu umfassendes und lückenloses Profil sowohl von der privaten als auch dienstlichen Nutzung durch den Betroffenen zu erstellen. Dabei werden nicht nur gespeicherte Endfassungen und ggf. Zwischenentwürfe bestimmter Dokumente sichtbar, sondern es lässt sich jeder Schritt der Arbeitsweise des Benutzers nachvollziehen. Darüber hinaus können besondere Arten personenbezogener Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG oder - so im Streitfall - andere hochsensible Daten wie zB Benutzernamen, Passwörter für geschützte Bereiche, Kreditkartendaten, PIN-Nummern etc. protokolliert werden, ohne dass dies für die verfolgten Kontroll- und Überwachungszwecke erforderlich wäre. Ebenso hat der betroffene Arbeitnehmer weder Veranlassung noch die Möglichkeit, bestimmte Inhalte als privat oder gar höchstpersönlich zu kennzeichnen und damit ggf. dem Zugriff des Arbeitgebers zu entziehen. Dieser ohnehin schon weit überschießende Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen wird noch verstärkt, wenn - wie hier - regelmäßig Screenshots gefertigt werden.

34

gg) Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe keine Tatsachen dargelegt, die vor dem Einsatz des Keyloggers den Anfangsverdacht einer Straftat oder schweren Pflichtverletzung begründet hatten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

35

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe lediglich einen Vorfall konkret beschrieben. Das von einer Arbeitnehmerin mitgeteilte einmalige hastige „Wegklicken“ einer „stark bebilderten“ Webseite sei aber nicht geeignet, den konkreten Verdacht einer exzessiven Privatnutzung des Dienst-PC zu begründen. Im Weiteren sei der Vortrag der Beklagten substanzlos geblieben. Das gelte zum einen für die einer Beweisaufnahme nicht zugängliche Behauptung, auch andere Mitarbeiter hätten angegeben, der Kläger gehe während seiner Arbeitszeit in erheblichem Umfang außerdienstlichen Aktivitäten nach. Zum anderen habe die Beklagte nicht substantiiert dargetan, dass die Leistungen des Klägers erheblich nachgelassen hätten.

36

(2) Diese Ausführungen lassen keinen materiellen Rechtsfehler erkennen. Die Revision zeigt auch keinen Fehler bei der Anwendung des Prozessrechts auf.

37

(a) Das Berufungsgericht hat es - stillschweigend - zu Recht als unmaßgeblich angesehen, dass die Beklagte die tatsächlichen Anhaltspunkte, die aus ihrer Sicht den Verdacht strafbaren Verhaltens des Klägers begründeten, nicht iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG dokumentiert hat. Ein solches Versäumnis führt weder zu einer Präklusion mit Vortrag zu den Verdachtsmomenten im Prozess noch begründet es für sich genommen die Unverwertbarkeit der aus der Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse. Die Vorgabe, die Tatsachen zu dokumentieren, auf die sich ein Anfangsverdacht gründet, verfolgt den Zweck, dem hiervon erfassten Personenkreis die nachträgliche Rechtmäßigkeitskontrolle zu erleichtern. Aus ihr kann ein prozessuales Verwertungsverbot jedenfalls dann nicht abgeleitet werden, wenn der Arbeitgeber den Verdacht von Straftaten spätestens im Rechtsstreit durch konkrete Tatsachen untermauert und dadurch eine Rechtmäßigkeitskontrolle gesichert ist (BAG 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 33).

38

(b) Das Landesarbeitsgericht hat die Darlegungslast der Beklagten nicht überspannt. Auch bei vermeintlich kreativ tätigen Arbeitnehmern lässt sich anhand objektiver Tatsachen feststellen, inwieweit sie die ihnen übertragenen Aufgaben fristgerecht und entsprechend den inhaltlichen Vorgaben erledigt haben. Keinesfalls reicht es aus, sich im Rechtsstreit auf einen nicht näher begründeten Eindruck eines Vorgesetzten oder des Geschäftsführers zurückzuziehen.

39

(c) Die von der Beklagten erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe sie gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, dass ihr Vortrag zum Vorliegen eines durch konkrete Tatsachen begründeten Anfangsverdachts unzureichend sei, ist unzulässig. Die Revision legt nicht dar, warum die Vorinstanz einem gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten in der konkreten Lage des Prozesses, insbesondere nach den Einlassungen des Klägers den von ihr vermissten Hinweis hätte erteilen müssen. Überdies fehlte es nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten an der Entscheidungserheblichkeit einer Verletzung der richterlichen Hinweispflicht. Sie räumt selbst ein, es sei ihr nicht möglich gewesen, ihr Vorbringen zu ergänzen.

40

e) § 28 Abs. 1 BDSG schied als Erlaubnisnorm aus. Die Vorschrift findet im Beschäftigungsverhältnis nur Anwendung, wenn nicht - wie hier - die Zwecke des § 32 Abs. 1 BDSG betroffen sind(BT-Drs. 16/13657 S. 20 f.). Demgegenüber kann eine Datenerhebung, die weder der Aufdeckung von Straftaten iSd. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG noch sonstigen Zwecken des Beschäftigungsverhältnisses iSv. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dient, „zur Wahrung berechtigter Interessen“ iSv. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zulässig sein(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 25; Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 32 Rn. 2, 45 f.).

41

f) Es kann dahinstehen, ob Erkenntnisse, die der Arbeitgeber im Anwendungsbereich des § 32 Abs. 1 BDSG unter Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gewonnen hat, ausnahmsweise im Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Das könnte nur dann in Betracht kommen, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzutreten und diese besonderen Umstände gerade die in Frage stehende Informationsbeschaffung als gerechtfertigt ausweisen (BAG 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 24, BAGE 156, 370; 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 29, BAGE 145, 278). Im Streitfall fehlt es schon an erstem. Ein Arbeitgeber, der - wie hier die Beklagte - eine Überwachungsmaßnahme „ins Blaue hinein“ veranlasst, befindet sich weder in einer Notwehr- oder notwehrähnlichen Situation gemäß § 227 BGB bzw. § 32 StGB noch in einer Notstandslage iSv. § 34 StGB(dazu BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 23 f.).

42

4. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Kündigungen seien auch als Verdachtskündigungen unwirksam. Es musste den Sachvortrag der Beklagten, mit dem sie die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse in den Rechtsstreit eingeführt hat, auch bei der Würdigung außer Acht lassen, ob gegen den Kläger der dringende Verdacht eines Verhaltens bestand, das, wäre es erwiesen, eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte (dazu, dass dies auch für eine ordentliche Verdachtskündigung erforderlich ist, BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 22).

43

III. Die Sache ist nicht deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil es Sachvortrag der Beklagten übergangen hätte, der möglicherweise keinem Verwertungsverbot unterläge. Die dahingehende Rüge der Beklagten greift nicht durch.

44

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die von der Beklagten in Bezug genommenen Screenshots der E-Mail-Ordner auf dem Dienst-Rechner des Klägers seien vom Keylogger gefertigt worden. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten (§ 320 ZPO), mit dem sie geltend gemacht hatte, ihr erstinstanzlicher, auf Seite 10 des amtlichen Umdrucks des Berufungsurteils wiedergegebener Vortrag sei dahin gegangen, dass diese Bildschirmfotos bei einer vom Keylogger unabhängigen Einsichtnahme in das E-Mail-Programm auf dem Dienst-PC des Klägers gemacht worden seien, hat es als unbegründet zurückgewiesen.

45

2. Die darauf bezogene Verfahrensrüge ist unzulässig.

46

a) Es kann dahinstehen, ob dies schon deshalb der Fall ist, weil die Beklagte sich mit dieser Rüge gegen die nicht mit einem Berichtigungsantrag angegriffene tatbestandliche Feststellung wendet, ihr zweitinstanzlicher - möglicherweise „überholender“ - Vortrag sei dahin gegangen, dass die Screenshots vom Inhalt der E-Mail-Ordner auf dem Rechner des Klägers vom Keylogger „geschossen“ wurden (Seite 12 und 22 des amtlichen Umdrucks). Auch bedarf keiner Entscheidung, ob die Beklagte nach abgelehnter Tatbestandsberichtigung mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erfolgreich allenfalls hätte geltend machen können, das Berufungsgericht habe ihr Vorbringen bewusst missverstanden und damit übergangen, oder es habe den Vortrag zumindest als missverständlich ansehen müssen und deshalb die angegriffene tatbestandliche Feststellung nicht ohne vorherigen Hinweis gemäß § 139 ZPO treffen dürfen.

47

b) Jedenfalls legt die Beklagte die Erheblichkeit ihres „richtig“ verstandenen Vorbringens nach der maßgeblichen Begründungslinie der angefochtenen Entscheidung nicht dar. Sie zeigt nicht auf, dass das Landesarbeitsgericht anhand der bloßen Anzahl der in den E-Mail-Ordnern befindlichen Nachrichten zu der Überzeugung gelangt wäre, der Kläger sei in einem exzessiven, eine vorherige Abmahnung entbehrlich machenden Umfang während seiner Arbeitszeit privaten Aktivitäten nachgegangen. Solchen Vortrags hätte es insbesondere deshalb bedurft, weil unstreitig zumindest ein Teil der E-Mails betreffend die Firma seines Vaters automatisch und ohne aktives Zutun des Klägers generiert worden ist.

        

    Koch    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    Niebler    

        

    Löllgen    

                 

(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Befindet sich die Telekommunikationsanlage an Bord eines Wasser- oder Luftfahrzeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Geheimnisses nicht gegenüber der Person, die das Fahrzeug führt oder gegenüber ihrer Stellvertretung.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)2016/679besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU)2016/679vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,
2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.

(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen einer Observation durch einen Detektiv eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen und später mit einem Bandscheibenvorfall. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der Beklagten bezweifelte das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls und beauftragte zwecks Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit eine Detektei mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden ua. ihr Wohnhaus, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der abschließende Observationsbericht, der der Beklagten übergeben worden ist, enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

3

Der Rechtsstreit der Parteien betraf zuerst eine Kündigungsschutzklage der Klägerin und die Forderung der Beklagten betreffend die Erstattung von Detektivkosten. In diesem Rahmen berief sich die Beklagte auf den Observationsbericht und führte ihn in das Verfahren ein. Die Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, nicht dagegen die Widerklage der Beklagten auf Erstattung von Detektivkosten. Betreffend beides wurde das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig, nicht aber bezogen auf einen zwischenzeitlich erhobenen Geldentschädigungsanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe eine Entschädigung zu, da die durch die Beklagte beauftragte Observation einschließlich der Videoaufnahmen rechtswidrig gewesen sei und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Das habe bei ihr zu erheblichen, eine psychotherapeutische Behandlung erfordernden psychischen Beeinträchtigungen geführt. Der Höhe nach stelle sie die Entschädigung in das Ermessen des Gerichts, wobei ein dreifaches Bruttomonatsgehalt, also 10.500,00 Euro, angemessen sei.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2012 zu zahlen.

6

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, die Klägerin überwachen zu lassen um zu erfahren, ob die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vortäusche oder sich zumindest genesungswidrig verhalte. Dahin gehende Anhaltspunkte hätten vorgelegen, insbesondere weil die Klägerin sich kurz nach einer Meinungsverschiedenheit zuerst mit Erkältung, Bronchitis und Rippenfellentzündung arbeitsunfähig gemeldet habe, jeweils unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für kurze Zeiträume. Dann sei ein Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bezogen auf einen von der Klägerin angegebenen Bandscheibenvorfall zunächst nur durch eine Folgebescheinigung eines Hausarztes attestiert worden. Erst bei Auslaufen des Entgeltfortzahlungszeitraums habe die Klägerin eine Erstbescheinigung einer Orthopädin vorgelegt. Nach allem liege eine Rechtfertigung für einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch Überwachung vor. Jedenfalls sei ein Schmerzensgeld nicht erforderlich, insbesondere nicht in der zugesprochenen Höhe. Es seien ausschließlich Bewegungen der Klägerin im öffentlichen Raum beobachtet worden, die Videoaufnahmen seien nicht in der Öffentlichkeit verbreitet und von der Detektei nicht an den Arbeitgeber herausgegeben worden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg als das Landesarbeitsgericht ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils eine Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro zugesprochen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel einer höheren Entschädigung weiter, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die Abweisung der Klage begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet. Die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen war rechtswidrig. Die Beklagte hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

9

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne eine Entschädigung beanspruchen, da sie durch die heimliche Beobachtung und Fertigung von Videoaufnahmen rechtswidrig iSv. § 32 Abs. 1 BDSG und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Für den Beobachtungszeitraum habe eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen, der ein hoher Beweiswert zukomme. Die Observation sei zu dem Zweck erfolgt, ein (vermutetes) Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aufzudecken. Die Beklagte habe keine begründeten Gesichtspunkte für ernsthafte Zweifel am Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit genannt. Die Rechtsverletzung habe mit den heimlichen Videoaufzeichnungen im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten. Sei bereits die Krankenkontrolle als solche nicht durch § 32 BDSG gedeckt, komme erschwerend hinzu, dass das gewählte Mittel heimlicher Videoaufzeichnung auch unabhängig davon nicht erforderlich sei, also auch in einem Fall gerechtfertigter Krankenkontrolle unverhältnismäßig wäre. Insgesamt habe die Überwachung eine Intensität erreicht, die nicht in anderer Weise befriedigend habe ausgeglichen werden können. Dies sei auch bei der Bemessung der Höhe einer Entschädigung zu berücksichtigen gewesen. Dabei sei einzubeziehen gewesen, dass die Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre der Klägerin beträfen und nicht an beliebige andere Personen weitergegeben worden seien, sondern von der Detektei vertraulich aufbewahrt würden; allerdings seien Auszüge daraus dem Observationsbericht beigefügt worden und die Beklagte habe Videosequenzen im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel angeboten. Der Hinweis der Klägerin auf eine noch andauernde psychotherapeutische Behandlung beziehe sich auf mehrere Umstände einer Therapiebedürftigkeit, nicht nur auf die Observation.

10

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

11

I. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig. Für die Revision der Klägerin ist die erforderliche Beschwer gegeben, obwohl die Höhe der beantragten Geldentschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt worden ist. Der Klägerin ist weniger zugesprochen worden als sie nach ihrem Klagevorbringen erkennbar erwartet hatte.

12

II. Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Überwachung mit Videoaufzeichnungen rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind.

14

a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, BAGE 142, 176; 16. November 2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37 ff., BAGE 136, 156; BGH 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09 - Rn. 12; 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10 - Rn. 10; BVerfG 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 29, BAGE 142, 143; vgl. BGH 5. März 1963 - VI ZR 55/62 - zu II der Gründe, BGHZ 39, 124; BVerfG 23. September 2009 - 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1 BvR 1742/09 - Rn. 2 mwN; 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C III der Gründe, aaO). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298).

15

Soweit das BDSG eingreift, stellt die Schadensersatzregelung in § 7 BDSG keine ausschließliche Regelung dar, sie verdrängt den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht(allgemeine und zutreffende Auffassung, vgl. ua. Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 7 Rn. 16 ff.; Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 7 Rn. 33; Seifert in Simitis BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 191 mwN; ErfK/Franzen 15. Aufl. § 7 BDSG Rn. 1; Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 7 Rn. 1 mwN, Rn. 26 ff.; Taeger/Gabel/Gabel § 7 BDSG Rn. 23, 25 ff.).

16

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (ua. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu III der Gründe; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 mwN, BGHZ 199, 237; 24. November 2009 - VI ZR 219/08 - Rn. 11, BGHZ 183, 227).

17

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise verwendet werden dürfen (vgl. BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 15, BAGE 127, 276; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 44, BAGE 146, 303). Die Verwertung von personenbezogenen Daten greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378). Der Achtung dieses Rechts dient zudem Art. 8 Abs. 1 EMRK(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 14). Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (näher BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 45, aaO).

18

b) Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor.

19

aa) Vorliegend ist, wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, an § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zu messen, ob ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Sensitive Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, die von § 28 Abs. 6 BDSG erfasst wären(vgl. BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 26 ff., BAGE 140, 350), sind ersichtlich hier nicht betroffen. Maßgebend ist § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten - in Betracht kommt die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils durch Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, § 263 StGB(ua. BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 23) - nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen, § 3 Abs. 3 BDSG.

20

bb) Diese Vorgaben sind unionsrechtskonform unter Beachtung der Richtlinie 95/46/EG auszulegen, die nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird, Art. 2 Buchst. c Richtlinie 95/46/EG.

21

Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG sieht eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [ASNEF] Rn. 30, Slg. 2011, I-12181). Im vorliegenden Fall ist Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG zu berücksichtigen, wonach die Verarbeitung der Daten (wozu bereits die Erhebung gehört, Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG wie auch § 3 Abs. 2 BDSG)zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erfolgen darf, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG) überwiegen. Der Schutz des in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechts auf Privatleben verlangt, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen(EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28 f. mwN). Einschränkungen des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten können gerechtfertigt sein, wenn sie denen entsprechen, die im Rahmen von Art. 8 EMRK geduldet werden(EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063).

22

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen als personenbezogene Datenerhebung eingeordnet.

23

Durch Privatdetektive erhobene Daten, die bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen betreffen, sind personenbezogene Daten iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG und Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG. Ihre Erhebung, Aufbewahrung und Übermittlung durch einen Auftraggeber oder durch Privatdetektive, die auf eigene Rechnung handeln, ist eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ iSv. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG (EuGH 7. November 2013 - C-473/12 - [IPI] Rn. 26; 16. Dezember 2008 - C-524/06 - [Huber] Rn. 43, Slg. 2008, I-9705). Auch das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten iSv. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 22). Das ist hier der Fall.

24

dd) Die Observation der Klägerin einschließlich personenbezogener Datenerhebung war rechtswidrig. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten iSv. Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG, das nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG in der Aufdeckung einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis liegen kann, zur Erhebung personenbezogener Daten im Wege der Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen lag nicht vor.

25

(1) Im Hinblick auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als überwachungsrechtfertigende Straftat müssen angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern (ua. BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 35; 26. Februar 2003 - 5 AZR 112/02 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 105, 171).

26

(2) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur beschränkten Revisibilität der nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnenen tatrichterlichen Überzeugung ua. BAG 11. Dezember 2014 - 8 AZR 1010/13 - Rn. 28 mwN; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN) hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen aufgezeigt hat. Weder hat die Klägerin beispielsweise im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit angekündigt, noch war der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Auch sonstige, begründete Zweifel zeigende Umstände lagen nicht vor.

27

(3) Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigten Interesses an einer Erhebung personenbezogener Daten der Klägerin kommt es auf eine Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr an. Es war auch nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen in einem Fall zu beurteilen wären, in dem ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

28

ee) Die vorliegende rechtswidrige Datenerhebung stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wegen der das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht.

29

Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt bereits in der durch die Beklagte veranlassten Observation der Klägerin(vgl. auch BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 105, 356 im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, intensivieren die im Zusammenhang mit der Observation gefertigten Videoaufnahmen die Stärke des Eingriffs erheblich. Hinzu kommt die Heimlichkeit der Aufzeichnungen. Sie erfolgten im öffentlichen Raum und ohne eine Kenntlichmachung gemäß § 6b Abs. 1 und Abs. 2 BDSG. Auch eine Einwilligung der Klägerin (§ 4 BDSG) lag nicht vor.

30

Im Einklang mit der Rechtsprechung (BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40 mwN, BGHZ 199, 237) hat das Landesarbeitsgericht die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht von einer kausal mit der Persönlichkeitsrechtsverletzung zusammenhängenden psychischen Behandlungsbedürftigkeit abhängig gemacht. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht.

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2. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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a) Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung obliegt in erster Linie tatrichterlicher Entscheidung und ist revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar (zur beschränkten Revisibilität ua. BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 46 mwN, BGHZ 199, 237; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 97, zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB).

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b) Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Umstände des Falles angemessen gewürdigt. Es hat zutreffend als einen der wichtigen Bemessungsfaktoren die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 160, 298; 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - zu IV 2 der Gründe, BGHZ 128, 1) berücksichtigt und dabei einbezogen, dass der Detektiv die Klägerin nicht nur beobachtete, sondern von ihr darüber hinaus in Situationen, denen er besondere Bedeutung beimaß, heimliche Videoaufnahmen gemacht hat. Es hat weiter zutreffend sowohl bedacht, dass die Videoaufnahmen „im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten“, jedoch die „Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre“ der Klägerin betrafen, sondern sich auf Geschehnisse in der Öffentlichkeitssphäre (Straße und Waschsalon) beschränkten; weiter hat es berücksichtigt, dass eine vertrauliche Aufbewahrung und grundsätzliche Nichtweitergabe an Dritte erfolgten, wobei jedoch Auszüge der Beklagten zugänglich gemacht wurden, die diese vor Gericht präsentierte. Unbedenklich ist, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung den Hinweis der Klägerin auf eine psychotherapeutische Behandlung, die allerdings auf multikausaler Verursachung beruht, einbezogen hat. Den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der ebenfalls, wie auch der der Prävention, einer der wichtigen Bemessungsfaktoren der Geldentschädigung ist, die sich je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich auswirken können (vgl. BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - aaO), hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls ausdrücklich einbezogen, so dass die Höhe der Entschädigung revisionsrechtlich noch nicht zu beanstanden war.

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3. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen zur weiteren Aufklärung und ggf. Beweiserhebung sind unzulässig (zu den Anforderungen ua. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145), da weder das konkrete Beweisthema angegeben, noch ausgeführt worden ist, welches (mutmaßliche) Ergebnis die Beweisaufnahme erbracht hätte.

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III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wein    

        

    Stefan Soost    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.