Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Dez. 2013 - 10 Sa 375/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:1219.10SA375.13.0A
bei uns veröffentlicht am19.12.2013

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 2. August 2013, Az.: 4 Ca 2325/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine Abfindungszahlung als Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens sowie eine Entschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung schuldet.

2

Die 1975 geborene Klägerin war vom 18.08.1997 bis zum 30.06.2013 in der Kindertagesstätte der beklagten Kirchengemeinde als Erzieherin angestellt. Im März 2012 wurde Frau R. (R.), eine Arbeitskollegin der Klägerin (J.), zur Leiterin der Kindertagesstätte befördert. In der Folgezeit kam es zu verschiedenen Konflikten. Seit 16.10.2012 war die Klägerin bis zum 30.06.2013 ununterbrochen arbeitsunfähig krankgeschrieben.

3

Mit Anwaltschreiben vom 12.11.2012 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Abmahnung, die ua. folgenden Wortlaut hat:

4

"… Wegen den fünf oben aufgeführten Vorfällen wird Ihnen hiermit eine Abmahnung erteilt. Sie werden dringend aufgefordert, Ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und Frau R. anzuweisen, sich in Zukunft mit äußerster Korrektheit gegenüber Frau J. zu verhalten.

5

Notfalls muss das "Paar" R./ J. räumlich durch Versetzung getrennt werden. Kommen Sie Ihrer Fürsorgepflicht nicht nach, wiederholen sich also Vorfälle dieser Art, so ist meine Mandantin berechtigt gemäß § 626 II das Arbeitsverhältnis zu kündigen undSchadensersatz zu verlangen. Da Frau J. seit 1997 bei Ihrer Einrichtung ist und das monatlich durchschnittliche Bruttogehalt € 3.250 beträgt, würde sich dieser Schadenersatz auf € 24.375 belaufen.

6

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist meine Mandantin aufgrund des beschriebenen Arbeitskonfliktes krankgeschrieben und muss psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.

7

Diese Angriffe stellen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Art. 1 GG dar. Es ist eine Entschädigung zu zahlen, die so hoch und abschreckend ist, dass sich Vorfälle der beschriebenen Art in Zukunft nicht wiederholen.

8

Ohne Beschränkung wird ausdrücklich dieser Betrag mit € 10.000,00 benannt. Bitte erklären Sie bis spätestens 20.11.2012, dass Sie die Rechte meiner Mandantin schützen und diesen Entschädigungsbetrag zahlen werden.
…"

9

Mit Anwaltsschreiben vom 19.11.2012 wies die Beklagte den Vorwurf, sie habe ihre Fürsorgepflicht verletzt, zurück. Die Zahlung einer Entschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts lehnte sie ab. Daraufhin kündigte die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.11.2012 zum 30.06.2013. Sie führt ua. aus:

10

"… Das Schreiben Ihrer Rechtsanwälte vom 19.11.2012 liegt mir vor.

11

In diesem Schreiben haben Sie sich geweigert, Schutzmaßnahmen zu Gunsten meiner Mandantin zu ergreifen und damit erneut gegen Ihre Fürsorgepflicht verstoßen. Sie haben daher einen wichtigen Grund im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB geschaffen.

12

Unter Bezugnahme auf die beigefügte Originalvollmacht erkläre ich hiermit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses fristgemäß zum 30.06.2013.

13

Nach der Entscheidung des BAG vom 22.04.2004, Az. 8 AZR 269/03, sind Sie verpflichtet, Schadenersatz nach den Grundsätzen der §§ 9,10 KSchG zu leisten.

14

Meine Mandantin ist seit dem 18.08.1997 in Ihren Diensten. Der Schadenersatz bemisst sich nach der Formel 7,5 × 2.950, mithin beläuft er sich auf eine Summe von € 22.125.

15

Darüber hinaus bleibt der Anspruch der Frau J. auf eine Entschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes in Höhe von € 10.000 erhalten.
…"

16

Mit am 17.12.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz erhob die Klägerin Klage. Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 02.08.2013 (dort Seite 2-9) Bezug genommen.

17

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

18

die Beklagte zu verurteilen, an sie Entschädigung iHv. € 22.125,00 brutto zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. € 10.000,00 zu zahlen.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage mit Urteil vom 02.08.2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil die Beklagte ihre Eigenkündigung nicht durch vertragswidriges schuldhaftes Verhalten iSd. § 628 Abs. 2 BGB veranlasst habe. Die Klägerin habe die Beklagte mit Schreiben vom 12.11.2012 wegen des Verhaltens ihrer Vorgesetzten R. abgemahnt. Die abgemahnten Vorfälle selbst könne die Klägerin nicht zur Begründung ihrer Kündigung heranziehen. Zu weiteren Vorfällen mit Frau R. sei es nach der Abmahnung nicht mehr gekommen. Der Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe sich geweigert, Schutzmaßnahmen zu ihren Gunsten zu ergreifen und damit gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen, sei nicht berechtigt. Aufgrund ihrer Beschwerde beim Pfarrer habe am 03.09.2012 eine Teambesprechung stattgefunden, in der ihre Situation im Kindergarten thematisiert worden sei. Die Beklagte habe damit eine erste Maßnahme ergriffen. Außerdem habe die Beklagte zu einer Supervision am 19.10.2012 eingeladen, die die Klägerin aus Krankheitsgründen abgesagt habe. Mit der beabsichtigten Supervision habe die Beklagte einen anerkannten Weg der internen Konfliktlösung gewählt. Da die Klägerin seit dem 16.10.2012 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und auch keine Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit angekündigt habe, habe für die Beklagte kein aktueller Handlungsbedarf in Bezug auf weitere Maßnahmen bestanden.

22

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Entschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Weder aus den von der Klägerin angeführten einzelnen Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lasse sich der Schluss ziehen, sie sei von der Kindergartenleiterin R. "gemobbt" worden. Die Klägerin habe in einem Zeitraum von fünf Monaten fünf Vorfälle geschildert. Es liege kein die Schwelle eines unsachlich geführten Konflikts überschreitendes Verhalten vor. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es seit August 2012 zu massiven, anonymen gegen die Person der Leiterin R. gerichteten Handlungen gekommen sei (Autoreifen zerstochen, Außenwände des Kindergartens mit Beleidigungen verschmiert). Verhaltensweisen der Leiterin R. ggü. der Klägerin seien auch im Licht einer für sie bestehenden bedrohlichen Ausnahmesituation zu sehen. Soweit sich die Situation zwischen der Vorgesetzten und der Klägerin zugespitzt und Frau R. überzogen reagiert habe, könne dies nicht losgelöst von diesen Rahmenumständen und einer Situation der absoluten Überforderung der Leiterin bewertet werden. Bei dieser Sachlage liege keine zielgerichtete, systematische Anfeindung und Herabwürdigung der Klägerin vor. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Ludwigshafen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 10 bis 17 des erstinstanzlichen Urteils vom 02.08.2013 Bezug genommen.

23

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 07.08.2013 zugestellt worden. Sie hat mit am 02.09.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 04.10.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 02.10.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.

24

Sie macht geltend, das Arbeitsgericht habe ausgeführt, dass eine Supervision ein anerkannter Weg der internen Konfliktlösung sei. Sie habe am 29.08.2012 mit dem Pfarrer ein persönliches Gespräch geführt und ihm die Situation mit Frau R. geschildert. Sie habe den Pfarrer aufgefordert, etwas zu unternehmen. Der Pfarrer habe an der nächsten Teamsitzung am 03.09.2012 teilgenommen und ihr Gelegenheit gegeben, die aus ihrer Sicht unerträgliche Situation zu schildern. Der Pfarrer habe im Anschluss an ihre Schilderung die anderen Teammitglieder gebeten, sich dazu zu äußern. Abschließend habe er erklärt: "Die Leute, die etwas untereinander zu klären haben, sollen dies direkt tun". Er habe keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen ergriffen, sondern das Problem sozusagen wieder in die „Löwengrube“ zurückgeworfen. Allein dadurch habe er gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen. Das Arbeitsgericht hebe darauf ab, dass sie von der Beklagten - während ihrer Krankschreibung ab 16.10.2012 - zu einer Team-Supervision am 19.10.2012 eingeladen worden sei. Sie sei jedoch wegen eines Nervenzusammenbruchs, den sie aufgrund des Konfliktgesprächs mit Frau R. am 16.10.2012 erlitten habe, nicht in der Lage gewesen, der Kindergartenleiterin drei Tage später wieder entgegenzutreten. Weitere Teamsitzungen unter Leitung eines fachkundigen Supervisors seien nicht erfolgt. Dies zeige erneut, dass die Beklagte nach dem Grundsatz „Augen zu und durch" hinter Frau R. gestanden habe. Eine weitere Sitzung wäre ohnehin nicht geeignet gewesen, die Konflikte herunter zu kühlen. Dies beweise auch das Schreiben, dass sie gemeinsam mit drei anderen Mitarbeiterinnen am 29.10.2012 an den Pfarrer verfasst haben.

25

Das Arbeitsgericht sei bei seiner Gesamtschau fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass Frau R. die Grenzen des Erlaubten nicht überschritten habe. Das Arbeitsgericht habe darauf abgestellt, dass Frau R. schwersten anonymen Angriffen ausgesetzt gewesen sei. Soweit Frau R. überzogen reagiert habe, könne dies nicht losgelöst von den Rahmenumständen und der Situation einer absoluten Überforderung bewertet werden. Es könne sein, dass sich Frau R. in einer Situation der Überforderung befunden habe. Diese Situation rechtfertige jedoch nicht, sie in ihrer Psyche schwer zu schädigen. Spätestens im Anschluss an das Gespräch vom 16.10.2012 hätte sich Frau R. besinnen und für ihr Verhalten entschuldigen müssen. Stattdessen habe sie in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht ihre Behauptung wiederholt, dass sie [die Klägerin] möglicherweise hinter den Sachbeschädigungen und anonymen Schmierereien stecke. Frau R. habe wohl auch das Ermittlungsverfahren gegen ihren Lebensgefährten durch eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung in Gang gesetzt. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 01.10.2013 Bezug genommen.

26

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 02.08.2013, Az. 4 Ca 2325/12, abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an sie Entschädigung iHv. € 22.125,00 brutto zu zahlen.
die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. € 10.000,00 zu zahlen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 15.10.2013 als zutreffend. Die Berufung sei bereits unzulässig, weil die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag wörtlich in die Berufungsbegründung kopiert habe. Neu sei lediglich die Behauptung, der Pfarrer habe in der Besprechung vom 03.09.2012 zum Ausdruck gebracht, dass er sich zurückhalten und keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen ergreifen wolle. Dies sei falsch. Der Termin habe als erster Schritt zur Konfliktlösung der Sachverhaltsrecherche gedient. Nachdem die Klägerin die Supervision abgesagt habe, habe der Pfarrer wegen der fortlaufenden Krankschreibung der Klägerin keine weiteren Maßnahmen ergreifen können.

31

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

32

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO). Die Klägerin hat sich mit den Gründen, die das Arbeitsgericht für die Abweisung ihrer Zahlungsanträge angeführt hat, gerade noch hinreichend auseinandergesetzt. Die Berufungsbegründung lässt erkennen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht der Berufungsklägerin unrichtig ist. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Berufungsbegründung setzt § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht voraus.

II.

33

Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Zahlungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf eine Abfindung als Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens noch auf eine Entschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung.

34

Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Das Vorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

35

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Abfindungszahlung als Schadensersatz iHv. € 22.125,00.

36

Wie das Arbeitsgericht bereits ausführlich dargestellt hat, ist für einen Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB erforderlich, dass die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils veranlasst worden ist. Dabei muss das für den Schadensersatz erforderliche „Auflösungsverschulden“ des Vertragspartners das Gewicht eines wichtigen Grundes iSv. § 626 BGB haben (BAG 14.12.2011 - 5 AZR 439/10 - Rn. 31 mwN, NJW 2012, 1900).

37

a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung der Klägerin vom 27.11.2012 zum 30.06.2013 nicht bestand. Die von der Klägerin dargestellten fünf Vorfälle zwischen ihr und ihrer Vorgesetzten R. sind durch die Abmahnung ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12.11.2012 als Kündigungsgründe verbraucht. Regelmäßig liegt im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen (BAG 12.05.2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 53 mwN, AP § 123 BGB Nr. 69).

38

Die Klägerin hat in der Abmahnung vom 12.11.2012 die fünf Vorfälle aus ihrer Sicht geschildert und der Beklagten für den Fall, dass sie ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkomme, sich also Vorfälle dieser Art "wiederholen", eine Kündigung in Aussicht gestellt. Mit dieser Ankündigung hat sie stillschweigend erklärt, eben dies aufgrund der "fünf oben aufgeführten Vorfälle" nicht tun zu wollen. Darin liegt ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung. Da die Klägerin ab dem 16.10.2012 bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 27.11.2012 ununterbrochen arbeitsunfähig krankgeschrieben war, kam es nach der Abmahnung vom 12.11.2012 zu keinen weiteren "Vorfällen" mit Frau R. an ihrem Arbeitsplatz in der Kindertagesstätte, die zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden könnten. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

39

b) Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass die Klägerin ihre Kündigung vom 27.11.2012 nicht auf eine Fürsorgepflichtverletzung der Beklagten stützen kann. Die Beklagte hat vielmehr in Erfüllung ihrer Fürsorgepflicht versucht, den Arbeitsplatzkonflikt in der Kindertagesstätte durch eine Team-Supervision zu bereinigen. Die Klägerin hat ihre Teilnahme an der Supervision aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Die seit 16.10.2012 ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 27.11.2012 - und ununterbrochen bis zu ihrem Ausscheiden am 30.06.2013 - fort.

40

Fürsorgepflichtverletzungen der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum zwischen der Abmahnung vom 12.11.2012 und der Kündigung vom 27.11.2012 hat die Klägerin auch zweitinstanzlich nicht darzulegen vermocht. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Entgegen ihren Ausführungen im Kündigungsschreiben kann die Klägerin den Vorwurf, die Beklagte habe nach Zugang der Abmahnung "erneut" gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen, nicht auf den Inhalt des außergerichtlichen Schriftsatzes der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 19.11.2012 stützen. Der Schriftsatz vom 19.11.2012 ist die zulässige Reaktion auf die Abmahnung der Klägerin vom 12.11.2012 und von der Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt. Die Formulierungen des Beklagtenvertreters stehen in einem sachlichen Bezug zu den maßgeblichen rechtlichen Fragen und sind weder im Inhalt noch in der Form zu beanstanden. Es stellt keine Fürsorgepflichtverletzung dar, wenn die Beklagte auf die Abmahnung der Klägerin vom 12.11.2012 mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts reagiert, der in seinem Schriftsatz vom 19.11.2012 die Vorwürfe der Klägerin und die geltend gemachten Zahlungsansprüche zurückweist.

41

Die Rüge der Berufung, die Beklagte habe keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen zur Lösung des Konflikt ergriffen, sondern das Problem wieder in die "Löwengrube zurückgeworfen" bzw. nach dem Motto „Augen zu und durch" hinter der Kindergartenleiterin R. gestanden, geht fehl. Im Gegenteil: Die Beklagte hat in Erfüllung ihrer Fürsorgepflicht alles Zumutbare versucht, den Konflikt in der Kindertagesstätte zu klären und durch eine Supervision eine Änderung oder Verbesserung der Situation zu erzielen. Da die Klägerin seit dem 16.10.2012 bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 27.11.2012 arbeitsunfähig erkrankt war, konnte sie nicht an einem Supervisionsverfahren beteiligt werden. Die Klägerin hat auf die Einladung der Beklagten, am 19.10.2012 an einer Supervision teilzunehmen, mit einer Absage reagiert und darüber hinaus am 12.11.2012 eine Abmahnung erteilt.

42

Die Klägerin hatte keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Maßnahmen ergreift, die sie zur Beseitigung des Konflikts für erforderlich hielt. Die Beklagte hatte vielmehr analog § 12 AGG einen Ermessensspielraum, mit welchen Maßnahmen sie auf die auftretenden Konflikte zwischen der Vorgesetzten R. und der Klägerin reagiert (BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 68, AP § 611 BGB Mobbing Nr. 6). Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, stellte die angebotene Supervision bei objektiver Betrachtungsweise eine geeignete und angemessene Maßnahme der Beklagten dar, um den Konflikt in der Kindertagesstätte zu lösen und ein gedeihliches Miteinander herbeizuführen. Auf die subjektive Sicht der Klägerin, die sich gesundheitlich nicht in der Lage fühlte, an einer Supervision teilzunehmen, kommt es nicht an. Soweit die Klägerin zweitinstanzlich die Fachkunde des von der Beklagten beauftragten Supervisors bestreitet, reicht ihre substanzlose Mutmaßung nicht aus, um daraus ein Auflösungsverschulden der Beklagten ableiten zu können. Deren Konfliktlösungsbemühungen waren auch aus Sicht der Berufungskammer angemessen und ausreichend.

43

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung iHv. € 10.000,00 wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG).

44

Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den - auch von der Berufungskammer geteilten - Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Haftung des Arbeitgebers in sog. Mobbing-Fällen (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 – AP § 611 BGB Mobbing Nr. 7, mwN.) ausgegangen. Insoweit kann auf die grundsätzlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

45

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass das Vorbringen der Klägerin keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung rechtfertigt. Weder aus den von der Klägerin angeführten einzelnen fünf Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lässt sich der Schluss ziehen, sie sei von der Kindergartenleiterin R. "gemobbt" worden. Das Arbeitsgericht hat unter ausführlicher und sorgfältiger Würdigung des beiderseitigen Sachvortrags zu den einzelnen von der Klägerin geschilderten Vorfällen festgestellt, dass die einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen weder für sich genommen, noch in einer Gesamtschau persönlichkeitsrechtsverletzenden Charakter haben, und dies eingehend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich die Berufungskammer nach eigener Prüfung vollinhaltlich an.

46

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Bewertung der einzelnen Verhaltensweisen durch das Arbeitsgericht angreift, wiederholt sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und ihre andere - subjektive - Bewertung der Vorgänge. Auch die Rüge, das Arbeitsgericht habe es unterlassen, durch eine Gesamtschau den rechtsverletzenden Charakter der Verhaltensweisen von Frau R. und die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung festzustellen, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

47

Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass im Arbeitsleben übliche und typische Konfliktsituationen grundsätzlich nicht geeignet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP § 611 BGB Mobbing Nr. 5). Die von der Klägerin geschilderten Konflikte offenbaren, dass es zu erheblichen Spannungen zwischen ihr und ihrer neuen Vorgesetzten R. gekommen ist. Bei den von der Klägerin dargelegten "Vorfällen" handelt es sich um typische Meinungsverschiedenheiten und Reibereien des alltäglichen Arbeitslebens, bei denen das Auftreten der Kindergartenleiterin R. subjektiv als unangemessen empfunden worden sein mag, ohne dass der Schluss auf systematische Anfeindungen und/oder schikanöses oder diskriminierendes Verhalten gerechtfertigt ist. Auch bei einer Gesamtschau der von der Klägerin genannten, behaupteten Vorkommnisse lässt sich nicht feststellen, dass ihre Vorgesetzte R. sie durch eine systematische und zielgerichtete Vorgehensweise herabgewürdigt hat.

48

Die Rüge der Klägerin, das Arbeitsgericht habe eine fehlerhafte Gesamtwürdigung der von ihr geschilderten Einzelvorfälle vorgenommen, ist nicht berechtigt. Das Arbeitsgericht hat zutreffend berücksichtigt, dass es seit August 2012 zu massiven, anonymen gegen die Person der Leiterin R. gerichteten Handlungen gekommen ist (Autoreifen zerstochen, Außenwände des Kindergartens mit Beleidigungen verschmiert). Soweit sich die Situation zwischen Frau R. und der Klägerin zugespitzt und Frau R. überzogen reagiert habe, könne ihr Verhalten nicht losgelöst von diesen Rahmenumständen und einer Situation der absoluten Überforderung bewertet werden. Dem pflichtet die Berufungskammer bei. Eine gezielte Verletzung der Würde der Klägerin vermag auch die Berufungskammer nicht zu erkennen, selbst wenn die von der Klägerin geschilderten Einzelfälle zutreffen sollten.

III.

49

Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

50

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. März 2010 - 7 Sa 53/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld und einen Schadensersatzanspruch wegen Auflösungsverschuldens.

2

Die Klägerin war auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 2002 bis zum 31. Dezember 2008 bei der H GmbH als Key-Account-Managerin im Bereich „Business Sales“ beschäftigt. Die Arbeitgeberin wurde während des Revisionsverfahrens auf die Beklagte verschmolzen.

3

Die Klägerin hatte neben einem monatlichen Grundgehalt Anspruch auf „Provisionen“ nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung über Grundregelungen der Provision im Bereich „Business Sales“. Für den Zeitraum März bis Dezember 2007 schlossen die Klägerin und ihre Arbeitgeberin mit einem sog. Sideletter eine Zielvereinbarung. Nach Ziff. 1 des Sideletters sollte die Klägerin eine „Provisionsauszahlung von Minimum 100 %“ für den Aufbau des internationalen Geschäfts im Segment des TOP Sales (ua. Akquise und Betreuung ausgewählter potentieller Großkunden im Bundesgebiet) erhalten. Gemäß Ziff. 2 sollten Aufträge von einem bestimmten, von der Klägerin weiterhin zu betreuenden Kunden mit dem Faktor 0,319 verprovisioniert werden. Hierdurch durfte jedoch eine Provisionsauszahlung von 250 % nicht überschritten werden. Im Januar 2008 rechnete die Beklagte für Dezember 2007 eine Gesamtprovision von 30.378,33 Euro brutto ab.

4

Die Klägerin wurde im Sommer 2007 schwanger. Der errechnete Geburtstermin war der 19. April 2008. Die Klägerin entband am 22. April 2008. Die Schutzfristen liefen vom 8. März bis zum 17. Juni 2008. Die Arbeitgeberin errechnete den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld unter Zugrundelegung eines Referenzzeitraums von Dezember 2007 bis Februar 2008 mit kalendertäglich 175,37 Euro. Dabei berücksichtigte sie die Provisionen nach Ziff. 2 des Sideletters und der BV Business Sales nur zu einem Zehntel bzw. Sechstel.

5

Mit der Klage hat die Klägerin einen höheren Zuschuss zum Mutterschaftsgeld geltend gemacht, der Arbeitgeberin eine Frist zur Zahlung gesetzt und für den Fall der nicht fristgerechten Zahlung eine Kündigung in Aussicht gestellt. Nach fruchtlosem Fristablauf kündigte sie das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. Dezember 2008. Sie hat klageerweiternd Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens der Beklagten iHv. sechs Bruttomonatsgehältern begehrt.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die für Dezember 2007 abgerechneten Provisionen seien in voller Höhe und nicht nur mit einem Sechstel bzw. einem Zehntel in die Berechnung einzustellen. Sie habe im November 2007 einen Umsatz von 747.776,10 Euro erzielt. Dieser Anspruch folge aus dem Gesetz, hilfsweise aus einer betrieblichen Übung, denn bei der Bemessung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld im Jahre 2005 habe die Arbeitgeberin im Berechnungszeitraum gezahlte Provisionen voll einbezogen. Wegen der Zahlungsverweigerung sei die außerordentliche Kündigung berechtigt gewesen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 84.681,96 Euro netto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Ihre Rechtsvorgängerin habe den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zutreffend errechnet und keinen Grund für die Kündigung gesetzt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

11

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines höheren Zuschusses zum Mutterschaftsgeld.

12

1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 8. März 2008 bis einschließlich zum 17. Juni 2008 dem Grunde nach zu. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG erhalten Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 Reichsversicherungsordnung(RVO) haben, für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 MuSchG und des § 6 Abs. 1 MuSchG sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen 13,00 Euro und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt. Es besteht zwischen den Parteien kein Streit, dass die Arbeitgeberin mit den Monaten Dezember 2007 bis Februar 2008 den zutreffenden Berechnungszeitraum für die Berechnung der Durchschnittsvergütung zugrunde gelegt hat.

13

2. Der Klägerin steht kein höherer Zuschuss zum Mutterschaftsgeld im Hinblick auf die im Januar 2008 für Dezember 2007 geleistete Provision zu, denn sie hat diese, jedenfalls hinsichtlich des über den für Dezember 2007 von der Beklagten gezahlten Anteil hinausgehenden Betrags, außerhalb des Berechnungszeitraums verdient. Demgegenüber ist es unerheblich, dass die volle Provision in diesem Zeitraum abgerechnet wurde. Die Erteilung einer Abrechnung ist weder Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs nach § 14 Abs. 1 MuSchG noch bestimmen allein die in der Abrechnung ausgewiesenen Beträge die Höhe des Zuschusses. Die Höhe des Zuschusses ist vielmehr danach zu berechnen, was die Arbeitnehmerin durch ihre Arbeitsleistung in dem Berechnungszeitraum verdient hat.

14

a) Die Erteilung einer Abrechnung ist keine Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs gemäß § 14 Abs. 1 MuSchG. Das folgt bereits aus dem Umstand, dass gemäß § 108 Abs. 2 GewO die Pflicht zur Abrechnungserteilung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben, also der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin nicht in jedem Kalendermonat eine Abrechnung erteilen muss.

15

b) § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG ordnet nicht an, dass alle im Berechnungszeitraum abgerechneten Entgeltbestandteile in die Berechnung der Durchschnittsvergütung einzubeziehen sind. Das folgt schon aus § 14 Abs. 1 Satz 4 MuSchG. Danach bleibt einmalig gezahltes Arbeitsentgelt iSv. § 23a Abs. 1 SGB IV außer Betracht. Eine für einen Kalendermonat erteilte Abrechnung begrenzt den Anspruch auch nicht. Denn später abgerechnete Nachzahlungen für die Referenzmonate sind für die Berechnung der Durchschnittsvergütung zu berücksichtigen (BAG 6. April 1994 - 5 AZR 501/93 - zu 3 a der Gründe, BAGE 76, 229; ausführlich auch BSG 30. September 2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 zum insoweit vergleichbaren § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG; Zmarzlik/ Zipperer/Viethen/Vieß MuSchG/Mutterschaftsleistungen 9. Aufl. § 14 MuSchG Rn. 38; Willikonsky MuSchG 2. Aufl. § 14 Rn. 14).

16

Eine die Höhe des Anspruchs bestimmende Wirkung der Abrechnung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Zuschuss nach § 14 Abs. 1 MuSchG in der Regel das Mutterschaftsgeld nach § 13 MuSchG iVm. § 200 RVO ergänzt und die Krankenversicherungsträger bei Beginn der Schutzfristen das Mutterschaftsgeld anhand vorzulegender Abrechnungsunterlagen berechnen. Zum einen ist angesichts der - geringen - Höhe des Mutterschaftsgeldes inzwischen eine umfangreiche Berechnung zumeist nicht mehr erforderlich, zum anderen ist der Zuschuss auch nicht in der Weise mit dem Mutterschaftsgeld „verzahnt“, wie die Klägerin meint. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in der seit 1. Januar 1982 geltenden Fassung ist als Zuschuss vom Arbeitgeber nicht mehr die Differenz zwischen dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt und „dem Mutterschaftsgeld“ zu gewähren, sondern die Differenz zwischen dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt und „13 Euro“. Durch die detaillierte Beschreibung der Berechnungsgrundsätze in § 14 Abs. 1 MuSchG anstatt der bloßen Verweisung auf den inhaltsgleichen § 200 Abs. 2 RVO wird klargestellt, dass die Berechnung eigenständige Pflicht des Arbeitgebers ist(vgl. Geyer/Knorr/Krasney Stand November 2011 § 14 MuSchG Rn. 28a). Zudem ist nicht einmal beim Mutterschaftsgeld die Abrechnung zwingende Anspruchsvoraussetzung. Es reicht aus, dass ein Entgelt vollständig geleistet wurde (ErfK/Rolfs 12. Aufl. § 200 RVO Rn. 11). Auch sieht § 200 Abs. 2 Satz 3 RVO eine Herausrechnung einmalig gezahlter Arbeitsentgelte iSv. § 23a Abs. 1 SGB IV trotz abweichender Abrechnung vor. Soweit der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts in einer früheren Entscheidung zu dem Anspruch auf § 11 MuSchG (nicht tragend) darauf hingewiesen hat, dass die Berechnung des Zuschusses als ergänzende Leistung den Berechnungsvorschriften für das Mutterschaftsgeld folge(BAG 8. September 1978 - 3 AZR 418/77 - zu II 3 a der Gründe, AP MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = EzA MuSchG nF § 11 Nr. 9),hat er dabei lediglich den typischen Fall einer gleichbleibenden Vergütung berücksichtigt.

17

c) Nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung ist zur Berechnung der Durchschnittsvergütung auf den Verdienst abzustellen, der der Arbeitsleistung der Frau in dem Berechnungszeitraum entspricht.

18

Das Mutterschaftsgeld und der Zuschuss des Arbeitgebers nach § 14 Abs. 1 MuSchG sollen den Verdienstausfall ausgleichen, der wegen des Beschäftigungsverbots eintritt. Schwangere und Mütter eines Neugeborenen sollen vor wirtschaftlichen Nachteilen bewahrt werden, die andernfalls mit den Beschäftigungsverboten verbunden wären. Die Beschäftigungsverbote sollen zu keiner Verdienstminderung führen, damit jeder finanzielle Anreiz für die Arbeitnehmerin entfällt, die Arbeit zu ihrem und des Kindes Nachteil fortzusetzen(BAG 14. Oktober 1954 - 2 AZR 30/53 - BAGE 1, 140; 11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - zu A II 1 b cc (3) der Gründe, BAGE 96, 34; 25. Februar 2004 - 5 AZR 160/03 - zu II 2 c der Gründe mwN, BAGE 109, 362 ).

19

Die Berechnung des ausgefallenen Verdienstes kann nur sachgerecht erfolgen, wenn darauf abgestellt wird, welche Arbeitsleistung im vorgeschriebenen Berechnungszeitraum angefallen ist und wie sie sich in Entgeltansprüchen ausdrückt (ähnlich zum Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG BAG 28. November 1984 - 5 AZR 243/83 - zu II 1 der Gründe, BAGE 47, 261; 8. September 1978 - 3 AZR 418/77 - zu II der Gründe, AP MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = EzA MuSchG nF § 11 Nr. 9; Buchner/Becker MuSchG/BEEG 8. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 93; HK/MuSchG/BEEG/Pepping 2. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 37; Willikonsky MuSchG 2. Aufl. § 11 Rn. 12). Vor dem Hintergrund des einheitlichen Gesetzeszwecks hat der Begriff „durchschnittliches Arbeitsentgelt“ in § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG deshalb den gleichen Inhalt wie der Begriff „Durchschnittsverdienst“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG(vgl. BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - zu A II 1 b aa der Gründe, BAGE 96, 34; zustimmend Buchner/Becker MuSchG/BEEG 8. Aufl. § 14 MuSchG Rn. 84; Geyer/Knorr/Krasney Stand November 2011 § 14 MuSchG Rn. 29; HK/MuSchG/BEEG/Pepping 2. Aufl. § 14 MuSchG Rn. 16; Willikonsky MuSchG 2. Aufl. § 14 Rn. 14). Zum im Bezugszeitraum verdienten Arbeitsentgelt rechnet jede geldwerte Gegenleistung des Arbeitgebers für die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch die Arbeitnehmerin im Berechnungszeitraum (vgl. BAG 29. Januar 1971 - 3 AZR 97/69 - zu 3 a der Gründe, BAGE 23, 178).

20

d) Im Regelfall wird der abgerechnete Verdienst dem im Bemessungszeitraum erzielten Verdienst entsprechen. Fallen Abrechungszeitraum und Verdienstzeitraum jedoch auseinander, ist eine Zuordnung des Entgelts zum Berechnungszeitraum notwendig.

21

aa) Insbesondere Provisionsansprüche lassen sich oftmals nicht einer bestimmten zeitlich festliegenden Arbeitsleistung zuordnen, weil sie vom Zustandekommen der angebahnten Geschäfte abhängen. Gerade deshalb ist es jedoch sachgerecht, nicht darauf abzustellen, ob Provisionsansprüche gemäß § 87a Abs. 4, § 87c Abs. 1 HGB während des Berechnungszeitraums fällig geworden sind(so aber BAG 28. November 1984 - 5 AZR 243/83 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 47, 261; 8. September 1978 - 3 AZR 418/77 - zu III der Gründe, AP MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = EzA MuSchG nF § 11 Nr. 9; Zimmermann und Roos in Roos/Bieresborn MuSchG Stand Dezember 2011 § 11 Rn. 13, § 13 Rn. 60, 61; Zmarzlik/Zipperer/Viethen/Vieß MuSchG/Mutterschaftsleistungen 9. Aufl. § 200 RVO Rn. 35 ). Entscheidend ist vielmehr, ob ein Provisionsanspruch in dem Berechnungszeitraum dadurch nach § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB aufschiebend bedingt(vgl. § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB) entstanden ist, dass es aufgrund der Tätigkeit der Arbeitnehmerin zu einem Geschäftsabschluss gekommen ist (Buchner/Becker MuSchG/BEEG 8. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 94). In diesem Zeitpunkt ist die Provisionsforderung nach Grund und Berechnungsfuß festgelegt (vgl. BGH 21. Oktober 2009 - VIII ZR 286/07 - Rn. 14, NJW 2010, 298). Durch das Heranrücken des Berechnungszeitraums an den Beginn der Schutzfrist wird erreicht, dass der Durchschnittsverdienst eine möglichst wirklichkeitsnahe und daher den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werdende Verdienstbetrachtung abbildet. Eine Verlagerung der für den Verdienstausfall maßgebenden Umstände soll gerade nicht erfolgen (vgl. BAG 8. September 1978 - 3 AZR 418/77 - zu II 2 der Gründe, aaO).

22

Hiergegen lässt sich zum einen nicht einwenden, dass der Provisionsanspruch zwar mit dem Abschluss des Geschäfts entstehe, gemäß § 87a Abs. 2 HGB jedoch wieder entfalle, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet(so HK/MuSchG/BEEG/Pepping 2. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 37; Willikonsky MuSchG 2. Aufl. § 11 Rn. 12). Dabei wird unberücksichtigt gelassen, dass auch ein fälliger Provisionsanspruch wieder entfallen kann und sogar bereits empfangene Beträge nach § 87a Abs. 2 HGB zurück zu gewähren sind, wenn feststeht, dass der Vertragspartner des Arbeitgebers nicht leistet. Zum anderen steht der Berücksichtigung im Berechnungszeitraum verdienter Provisionen nicht entgegen, dass Provisionen im Berechnungszeitraum durch einen Geschäftsabschluss entstanden sein können, deshalb bei der Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld zu berücksichtigen und zugleich neben diesem zur Auszahlung zu bringen sind. Diese zusätzlich zu zahlenden Provisionen beruhen dann auf vor dem Beginn der Schutzfristen geschlossenen Geschäften, während der Zuschuss als Ausgleich für während der Schutzfristen entgangene Geschäftsabschlüsse dient (vgl. BAG 11. April 2000 - 9 AZR 266/99 - zu I 3 b der Gründe, AP BUrlG § 11 Nr. 48 = EzA BUrlG § 11 Nr. 45; Toews DB 1966, 981 jeweils zur Bemessung des Urlaubsentgelts). Soweit den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 1978 (- 3 AZR 418/77 - AP MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = EzA MuSchG nF § 11 Nr. 9) und vom 28. November 1984 (- 5 AZR 243/83 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 47, 261) etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.

23

bb) Ein Entgelt, das für längerfristige Perioden als einen Kalendermonat zugesagt worden ist, wird in den einzelnen Monaten des Bezugszeitraums anteilig verdient. Kennzeichnend für eine solche Regelung ist die Einbindung in das vertragliche Synallagma und die Zahlung eines anteiligen Betrags proratatemporis im Falle des vorzeitigen Ausscheidens und des unterjährigen Eintritts ( vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 42, NZA 2011, 1234; 21. April 2010 - 10 AZR 178/09 - Rn. 14 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 45). Überschneiden sich Leistungszeitraum und Berechnungszeitraum gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG, ist das Entgelt proratatemporis in den Durchschnittsverdienst für die Ermittlung des Zuschusses einzustellen(vgl. Zmarzlik/Zipperer/Viethen/ Vieß MuSchG/Mutterschaftsleistungen 9. Aufl. § 200 RVO Rn. 37).

24

e) Nach diesen Grundsätzen hat die Arbeitgeberin im Streitfall den der Klägerin zustehenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld mit 175,37 Euro kalendertäglich nicht zu niedrig angesetzt. Der Nettobetrag, der sich aus der im Januar 2008 für Dezember 2007 abgerechneten Provision von 30.378,33 Euro brutto ergibt, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, jedenfalls nicht vollständig, zu berücksichtigen. Es kann im Streitfall dahinstehen, ob mit dieser erfolgsabhängigen Vergütung die in einem bestimmten Bezugszeitraum jeweils monatlich anteilig erbrachte Leistung entgolten werden sollte, wie die Beklagte annimmt, oder ob der Anspruch wie bei echten Provisionen bereits mit Ausführung des provisionspflichtigen Geschäfts verdient war. Denn auch wenn man letzteres annimmt, war die Provision bereits im November 2007 und damit vor Beginn des Berechnungszeitraums verdient und deshalb nicht mehr berücksichtigungsfähig. Stellte die Provision gemäß der Entgeltabrechnung „R Dezember 2007“ lediglich ein Entgelt für einen mehrmonatigen Leistungszeitraum dar, war sie nur mit dem auf den Berechnungszeitraum entfallenen Anteil anzusetzen.

25

aa) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die für die Monate Dezember 2007 bis Februar 2008 an die Klägerin gezahlte Bruttovergütung aus dem Grundgehalt, der sog. Garantieprovision gemäß Ziff. 1 des Sideletters, einer Provision nach Ziff. 2 des Sideletters sowie einer Provision gemäß der BV Business Sales bestand. Die Arbeitgeberin hat für alle drei Monate des Berechnungszeitraums das Grundgehalt der Klägerin mit 3.350,00 Euro brutto (Dezember 2007) bzw. 3.417,00 Euro brutto (Januar und Februar 2008) sowie für Dezember 2007 die sog. Garantieprovision mit 2.233,33 Euro brutto (100 % des variablen Gehaltsbestandteils, der sich nach § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags seinerseits auf 40 % des Gesamtgehalts von monatlich 5.583,33 Euro brutto belief) zutreffend in voller Höhe in Ansatz gebracht.

26

bb) Die verbleibende Schlussprovision iHv. 28.145,00 Euro brutto (30.378,33 Euro brutto - 2.233,33 Euro brutto) bleibt zunächst nicht schon nach § 14 Abs. 1 Satz 4 MuSchG außer Betracht, weil es sich bei ihr um einmalig gezahltes Entgelt iSv. § 23a Abs. 1 SGB IV handelte. Unabhängig davon, ob sie in „isolierter“ Anwendung der Regelungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Sideletters oder nach § 12 BV Business Sales gezahlt wurde, belohnte die Schlussprovision die Abschlusserfolge in einzelnen, nur gemeinsam „schlussabgerechneten“ Entgeltabrechnungszeiträumen(Kalendermonate). Grundlage der zehnmonatlichen oder halbjährlichen Schlussabrechnung waren die von der Klägerin in ihren Anwesenheitszeiten angebahnten Geschäfte (vgl. BAG 11. April 2000 - 9 AZR 266/99 - zu I 3 a der Gründe, AP BUrlG § 11 Nr. 48 = EzA BUrlG § 11 Nr. 45; 24. November 1992 - 9 AZR 564/91 - zu II 2 a der Gründe, AP BUrlG § 11 Nr. 34 = EzA BUrlG § 11 Nr. 33 jeweils zu § 11 BUrlG).

27

cc) Die für die Tatsachen, aus denen sich der Anspruch auf einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach Grund und Höhe ergibt, darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht dargetan, dass die von der Arbeitgeberin für Dezember 2007 abgerechnete Provision dem Berechnungszeitraum dadurch zuzurechnen war, dass der Anspruch auf sie in diesem entstand. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass sie im November 2007 im Rahmen eines gemäß Ziff. 2 des Sideletters zu verprovisionierenden „Sonderprojekts“ einen „Umsatz“ iHv. 747.776,10 Euro erzielt habe, und hieraus einen Provisionsanspruch iHv. 33.500,00 Euro errechnet. Selbst wenn man dem folgen wollte und es sich bei der vereinbarten erfolgsabhängigen Vergütung um eine Provision iSd. §§ 87 ff. HGB handeln würde, hat die Klägerin damit nicht nur nicht vorgetragen, dass sie im Dezember 2007 noch Aufträge iSv. Ziff. 2 des Sideletters „hereingeholt“ habe, sondern zugleich, dass sie im Dezember 2007 überhaupt keine Provisionsansprüche mehr verdienen konnte, weil sie die Kappungsgrenze bereits im November 2007 überschritten hatte.

28

Entstand der Anspruch auf die erfolgsabhängige Vergütung nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung über Grundregelungen der Provision im Bereich „Business Sales“ jeweils mit Ablauf des monatlichen Leistungszeitraums, hat die Beklagte die Vergütung korrekt anteilig berücksichtigt.

29

f) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf volle Berücksichtigung aller im Berechnungszeitraum gezahlten Provisionen aufgrund einer entsprechenden betrieblichen Übung. Es kann dahinstehen, ob ein Anspruch auf Berücksichtigung im Berechnungszeitraum gezahlter Provisionen zur Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld überhaupt ein kollektiver Tatbestand und damit einer betrieblichen Übung zugänglich ist. Jedenfalls hat selbst die Klägerin nicht angenommen, ihre Arbeitgeberin habe seinerzeit den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht bloß aufgrund einer - und sei es nur vermeintlichen - Rechtspflicht erbringen, sondern einen teilweise „übergesetzlichen“ Anspruch begründen wollen. Im Gegenteil: Die Klägerin geht noch im vorliegenden Rechtsstreit davon aus, die Arbeitgeberin habe damals nur die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt. Unter diesen Umständen war für die Entstehung einer betrieblichen Übung kein Raum.

30

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz.

31

1. Für einen Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB ist erforderlich, dass die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils veranlasst worden ist. Dabei muss das für den Schadensersatz erforderliche „Auflösungsverschulden“ des Vertragspartners das Gewicht eines wichtigen Grundes iSv. § 626 BGB haben(BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 98, 275; 20. November 2003 - 8 AZR 608/02 - zu II 2 a der Gründe, EzA BGB 2002 § 628 Nr. 3).

32

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nicht bestand. Dies gölte selbst dann, wenn die Beklagte den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld fehlerhaft berechnet hätte. Denn der Klägerin wäre die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nach § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags von drei Monaten zum Ende eines Quartals zumutbar gewesen. Die Beklagte hatte an die Klägerin einen kalendertäglichen Satz von 175,37 Euro netto gezahlt, also einen durchaus nennenswerten Betrag, der der Sicherung lebensnotwendiger Grundbedürfnisse genügen sollte. Zudem resultierte der Streit aus einem abgeschlossenen Lebenssachverhalt, für den eine „Wiederholungsgefahr“ nicht ersichtlich und ein „klärendes“ Klageverfahren bereits eingeleitet war. Angesichts der noch nicht abschließend geklärten Rechtslage durfte sich die Arbeitgeberin vertretbar auf ihre Rechtsposition berufen. Damit handelte sie trotz der erfolgten Abmahnung weder willkürlich noch hartnäckig (vgl. BAG 26. Juli 2001 - 8 AZR 739/00 - zu B II 3 c bb der Gründe, BAGE 98, 275).

33

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Hromadka    

        

    Dittrich    

                 

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 2. Juni 2009 - 14 Sa 101/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer Anfechtung ihres Arbeitsvertrags und über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1982 geborene Kläger war - nach seiner Ausbildung für den mittleren Verwaltungsdienst - befristet bis zum 31. Juli 2002 beim Landkreis K beschäftigt. Eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unterblieb, nachdem der Landkreis von Aktivitäten des Klägers für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und deren Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) Kenntnis erlangt hatte.

3

Seit August 2003 war der Kläger beim beklagten Land als Verwaltungsangestellter in der Oberfinanzdirektion K (OFD) tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und anschließend der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) Anwendung.

4

Vor seiner Einstellung hatte das beklagte Land den Kläger schriftlich unter Bezugnahme auf § 8 BAT über seine Pflicht zur Verfassungstreue belehrt. Am 17. Juli 2003 unterzeichnete er eine sich an die Belehrung anschließende vorformulierte Erklärung mit folgendem Inhalt:

        

„Auf Grund dieser Belehrung erkläre ich hiermit ausdrücklich, dass ich die vorstehenden Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und dass ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten.

        

Ich versichere ausdrücklich, dass ich Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eine ihrer obengenannten grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, nicht unterstütze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten Organisation bin.

        

Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen muss.“

5

Seit 2004 war der Kläger im Druck- und Versandzentrum der OFD eingesetzt. Dort war er insbesondere für die Produktionsplanung, -steuerung und -überwachung zuständig. In dem Zentrum werden sämtliche im Zuständigkeitsbereich der OFD anfallenden Bescheide und Schreiben (etwa Steuerbescheide und Beihilfebescheide sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen) mittels elektronisch gesteuerter Druckabläufe erstellt.

6

Mit Schreiben vom 23. August 2007 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz der OFD über „rechtsextremistische Aktivitäten“ des Klägers, die wie folgt beschrieben und als solche unstreitig sind:

        

„…    

        
        

•       

Am 7. August 2007 lädt er mit ‚Newsletter’ vom gleichen Tag zum ‚Sommerfest’ der ‚Nationaldemokratischen Partei Deutschlands’ (NPD) und deren Jugendorganisation, den ‚Jungen Nationaldemokraten’ (JN) für den 11. August 2007 ein; einem Bericht auf der Homepage des NPD-Kreisverbandes K zufolge ‚führte L in seiner unnachahmlichen Art eines souveränen Versammlungsleiters unterhaltsam durch das weitere Programm’.

        

•       

Mit ‚Newsletter’ vom 30. Juli 2007 weist L auf den ‚Nationalen Stammtisch’ des NPD-Kreisverbands K hin.

        

•       

Zum 17. Juni 2007 lädt er mittels ‚Newsletter’ zu einer Schulungsveranstaltung des NPD-Kreisverbands K nach B ein.

        

•       

Einer Meldung des Polizeipräsidiums K zufolge gab er sich als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN am 9. Juni 2007 in B zu erkennen.

                 

Über einen ‚Newsletter’ verbreitete er die Einladung zu der Veranstaltung.

        

•       

Am 8. Mai 2007 nahm L an einer Mahnwache: ‚Gegen das Vergessen - Zum Gedenken der gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges’ in K teil. Hauptredner auf der Veranstaltung war der ehemalige NPD-Landesvorsitzende D. Dieser thematisierte unter anderem den Prozess in M gegen den Revisionisten Z und lobte den Revisionismusgedanken, der zur Selbstfindung des deutschen Volkes unerlässlich sei. (…).

        

•       

Über die Jahreshauptversammlung des NPD-Regionalverbandes K am 25. März 2007 verschickte L per ‚Newsletter’ im Vorfeld einen Hinweis.

        

…“    

        
7

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 erteilte das beklagte Land dem Kläger nach vorheriger Anhörung eine Abmahnung. Es hielt ihm vor, die Erklärung zur Verfassungstreue unterschrieben zu haben, ohne auf die Nichtverlängerung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Landkreis K und die dafür ursächlichen Aktivitäten hingewiesen zu haben. Durch diese „Fehlinformationen“ und sein öffentliches Auftreten für eine „als verfassungsfeindlich eingestufte Partei wie die NPD“ habe er grob gegen seine „tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue“ verstoßen. Für den Fall anhaltender Aktivitäten für verfassungsfeindliche Organisationen müsse er mit einer fristlosen Kündigung rechnen.

8

Am 18. November 2007, dem Volkstrauertag, nahm der Kläger an einer von der NPD abgehaltenen Gedenkveranstaltung am Ehrenmal „P“ auf dem Gebiet der Gemeinde R teil. Dabei handelt es sich um ein von der Gemeinde errichtetes Steinkreuz zur Erinnerung an die dort beigesetzten deutschen und französischen Soldaten, die im April 1945 vor Ort gefallen sind. Mit Schreiben vom 17. April 2008, bei der OFD eingegangen am 25. April 2008, berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz auch über diese Aktivität.

9

Nach Beteiligung des Personalrats und mit dessen Zustimmung kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 8. Mai 2008 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2008. Dagegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage. Mit Schriftsatz vom 23. September 2008 erklärte das beklagte Land die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung.

10

Der Kläger hat geltend gemacht, es fehle an Anfechtungs- und Kündigungsgründen. Er habe sich zu jeder Zeit und unmissverständlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt. Seine politischen Aktivitäten stünden auf dem Boden des Grundgesetzes, zumal weder die NPD noch ihre Jugendorganisation verboten seien. Sollten sich einzelne Parteimitglieder in verfassungsfeindlicher Weise geäußert haben, sei dies nicht der Partei als Ganzer zuzurechnen. Neonazistisches Gedankengut lehne er strikt ab.

11

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet hat, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen, das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu den im Arbeitsvertrag vom 4. November 2004 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen und tätig werden zu lassen.

12

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Anfechtung sei berechtigt. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung fristlos und allemal fristgemäß aufgelöst worden. Der Kläger habe es durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Arbeitsvertrags bestimmt. Er sei, wie sich erst nach der Kündigung vom 8. Mai 2008 herausgestellt habe, aufgrund eines mit dem Personalverantwortlichen des Landkreises K geführten Gesprächs über die Gründe der Nichtverlängerung seines vorherigen Arbeitsverhältnisses genau informiert gewesen. Er habe somit bewusst eine unrichtige Erklärung zu seiner Verfassungstreue abgegeben. Jedenfalls habe er gegen seine Verpflichtung verstoßen, seine Aktivitäten für die vom Landesamt für Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestufte NPD bzw. JN zu offenbaren. Die Kündigung sei gerechtfertigt. Der Kläger habe nach der Abmahnung erneut seine tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue verletzt und sich durch seine Aktivitäten für die NPD, deren Mitglied er sei, für die ihm übertragene Tätigkeit als ungeeignet erwiesen. Er habe sich die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD zu eigen gemacht, diffamiere den Staat und seine Organe in aller Öffentlichkeit und bringe seinen Willen zum Ausdruck, ihn zu bekämpfen. Nach der Kündigung habe er seine verfassungsfeindlichen Aktivitäten fortgesetzt. Am 25. Juli 2008 habe er - unstreitig - anlässlich des Todes eines Rechtsextremisten einen Gedenkbrief versandt. Am Volkstrauertag 2008 sei er erneut bei der Veranstaltung der NPD am Ehrenmal „P“ aufgetreten, nunmehr als verantwortlicher Versammlungsleiter. Sein Verhalten beschädige das Ansehen der Finanzverwaltung und beeinträchtige das Vertrauen der Bürger in deren rechtsstaatliches Handeln.

13

Das Arbeitsgericht hat die Anfechtung und die außerordentliche Kündigung für unwirksam erachtet und der Klage insoweit stattgegeben. Im Übrigen hat es sie abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage auch hinsichtlich der ordentlichen Kündigung stattgegeben. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet.

15

A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur der Kündigungsschutzantrag. Mit dem erstinstanzlich - als unzulässig - abgewiesenen allgemeinen Feststellungsantrag hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst. Es hat die Berufung des Klägers, die sich mit der Abweisung dieses Antrags nicht auseinandersetzt, stillschweigend dahin ausgelegt, dass der Antrag nicht weiterverfolgt werde. Soweit es den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung abgewiesen hat, ist das Urteil rechtskräftig.

16

B. Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Seine Entscheidung, das Arbeitsverhältnis sei weder durch die Anfechtung vom 23. September 2008 noch durch die Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

I. Der Gegenstand der Kündigungsschutzklage umfasst zugleich die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der Anfechtung beendet worden ist.

18

1. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG(iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) ist das Begehren festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die fragliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die Klage kann daher nur Erfolg haben, wenn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis noch bestand (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 26. Juni 2008 - 6 AZN 648/07 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 66 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 85). Dementsprechend ist Gegenstand der Kündigungsschutzklage auch die Frage, ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bzw. - im Fall der ordentlichen Kündigung - des Ablaufs der Kündigungsfrist bestand (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 16 f., BAGE 118, 95; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111). Ist dies nicht der Fall, kann ein der Klage stattgebendes Urteil nicht ergehen, vielmehr ist die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen.

19

2. Danach hängt hier der Erfolg der Kündigungsschutzklage (auch) von der Berechtigung der Anfechtung ab. Dem steht nicht entgegen, dass die Anfechtung erst mit Schriftsatz vom 23. September 2008 und damit nach Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung erklärt wurde. Zwar wirkt die Anfechtung eines in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrags nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung grundsätzlich nur „ex nunc“ (BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - BAGE 91, 349; 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV der Gründe, BAGE 41, 54). Im Streitfall wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien aber bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung faktisch außer Funktion gesetzt. Unter solchen Umständen besteht kein Grund, die Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB, die der wirksamen Anfechtung grundsätzlich rückwirkende Kraft beilegt, einschränkend anzuwenden. Die Anfechtung wirkt vielmehr auf den Zeitpunkt der faktischen „Außerfunktionssetzung“ zurück, selbst wenn diese ihrerseits auf einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung beruhen sollte (BAG 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV 3 a der Gründe, aaO).

20

II. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung über die Wirksamkeit von Anfechtung und Kündigung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sog. funktionsbezogenen Treuepflicht der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und einem auf diese bezogenen Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung zugrunde gelegt.

21

1. Danach kommt bei politischer Betätigung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für eine verfassungsfeindliche Partei oder Organisation, insbesondere bei einem Eintreten für deren verfassungsfeindliche Ziele eine Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch unter personenbedingten Gesichtspunkten in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob die Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG festgestellt wurde. Auch das politische Engagement für eine nicht verbotene, gleichwohl verfassungsfeindliche Organisation kann kündigungsrechtlich beachtlich sein. Die dafür gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen sind von dem zur Entscheidung berufenen Gericht eigenständig zu treffen (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu B II der Gründe, BVerfGE 39, 334; BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu IV der Gründe, BAGE 28, 62; zur Verfassungsfeindlichkeit der NPD vgl. BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - NJW 2005, 85).

22

2. Eine verhaltensbedingte - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation oder wegen deren aktiver Unterstützung setzt voraus, dass durch einen darin liegenden Verstoß gegen die Treuepflicht eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, sei es im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

23

3. Eine personenbedingte Kündigung kommt unabhängig davon in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Aktivitäten jedenfalls die Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit fehlt. Im öffentlichen Dienst kann sich ein Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Diese ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - zu C I 1 b der Gründe, BVerfGE 96, 171). Mitgliedschaft und aktives Eintreten des Arbeitnehmers für eine verfassungsfeindliche Organisation können entsprechende Zweifel erwecken. Sie führen aber nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 63, 72; 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Entscheidend ist, inwieweit die außerdienstlichen politischen Aktivitäten in die Dienststelle hineinwirken und entweder die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - mwN, aaO). Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitgeber wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, aaO).

24

4. Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind ua. in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L(zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) festgelegt.

25

a) Nach dieser Regelung, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt, sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung hat der Kläger zudem im Zusammenhang mit seiner Einstellung abgegeben.

26

b) Allerdings können weder die auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT abgegebene Erklärung des Klägers vom 17. Juli 2003, noch die mit § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT wörtlich übereinstimmende Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L mit ihren allgemein gehaltenen Formulierungen dahin verstanden werden, dass allen Beschäftigten des beklagten Landes ohne Bezug zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit - vergleichbar den Beamten - eine Pflicht zur Verfassungstreue obliegt(grundlegend BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu III 1 d der Gründe, BAGE 28, 62; seither st. Rspr. 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

27

aa) Beamte unterliegen einer gesteigerten politischen Treuepflicht. Diese fordert ihre Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dh. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung, zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Beamte haben sich deshalb von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 („Radikalenerlass“) - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 39, 334).

28

bb) Dieser - weite - Umfang der das Beamtenverhältnis prägenden Treuepflicht lässt sich nicht schematisch auf Beschäftigte übertragen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum öffentlichen Arbeitgeber stehen und denen in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse übertragen sind (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu C I 7 b der Gründe, BVerfGE 39, 334). Bei der Fülle staatlicher Aufgaben gibt es durchaus Bereiche, bei denen es für die konkret geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht auf die von Beamten verlangte besondere politische Loyalität ankommt. In diesen Bereichen können Arbeitnehmer auch dann beschäftigt werden, wenn sie nur ein geringeres Maß an politischer Treue erfüllen. Würde man für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßig und unabhängig von ihrer Funktion das Bestehen einer besonderen politischen Treuepflicht annehmen, so würden damit politische Grundrechte der Arbeitnehmer - die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen (Art. 21 Abs. 1 GG)- unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu II 4 a und III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1; 29. Juli 1982 - 2 AZR 1093/79 - zu B IV 2 c der Gründe, BAGE 39, 235).

29

cc) Das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergibt sich aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie, vgl. BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 62, 256). Er schuldet (nur) diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist.

30

Trifft den Arbeitnehmer nach der ihm übertragenen Funktion keine Pflicht zu gesteigerter Loyalität, ist er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, jederzeit und auch außerdienstlich aktiv für den Bestand der politischen Ordnung des Grundgesetzes einzutreten. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann er die Verfassung schon dadurch „wahren“, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung jedenfalls nicht aktiv bekämpft (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 12. März 1986 - 7 AZR 468/81 - zu II 2 c der Gründe, RzK I 1 Nr. 10).

31

Aber auch für Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit - etwa als Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter - die gleichen oder zumindest ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die von in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten, gilt, dass die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation oder ein Tätigwerden für diese zwar Indizien für das Fehlen der Bereitschaft zur Verfassungstreue sind, für sich genommen aber als Eignungsmangel regelmäßig noch nicht ausreichen. Anders als bei der Einstellung, für deren Unterbleiben es grundsätzlich genügt, dass allgemeine Zweifel an der Verfassungstreue begründet sind (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12), obliegt es dem öffentlichen Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, derartige Zweifel durch bestimmte, auf den Arbeitnehmer und seinen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu konkretisieren und so zu verstärken. Aufschlussreich kann insoweit das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers sein, wenn es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele der betreffenden Organisation hinausgeht. Von Bedeutung kann auch das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers und das Fehlen der Bereitschaft sein, sich von verfassungsfeindlichen Zielen der Organisation, der er angehört oder für die er eintritt, zu distanzieren (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 4 c der Gründe, BAGE 63, 72).

32

5. Das Maß der politischen Treuepflicht hat zugleich Einfluss auf das Erkundigungs-/Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung.

33

a) Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB begründen kann(zur Frage nach früherer MfS-Tätigkeit BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - BVerfGE 96, 171; BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341).

34

b) Auch wenn zu den Eignungskriterien im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG die Verfassungstreue zählt, sind darauf bezogene Fragen nur zulässig, soweit die vorgesehene Funktion dies erfordert und rechtfertigt(vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 b und 2 a der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - BAGE 28, 62; 1. Oktober 1986 - 7 AZR 383/85 - BAGE 53, 137; Conze Fragerecht des öffentlichen Arbeitgebers und Offenbarungspflicht des Bewerbers bei der Vertragsanbahnung ZTR 1991, 99, 106 mwN). Die Frage muss so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wonach gefragt ist. Er muss die Zulässigkeit der Frage beurteilen können (BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341). Wenn politische Einstellungen den Arbeitnehmer bei funktionsbezogener Betrachtung nicht - auch für ihn erkennbar - an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten hindern, besteht keine Pflicht, die eigenen Überzeugungen und mögliche Parteimitgliedschaften oder Organisationszugehörigkeiten ungefragt zu offenbaren.

35

6. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.

36

a) Sie haben in der Literatur verbreitet Zustimmung erfahren (vgl. Sponer/Steinherr TV-L (2008) § 3 Rn. 55; Polzer/Powietzka NZA 2000, 970, 974 f.; jeweils mwN; mit Einschränkungen: Fleig DÖD 1999, 217) und stimmen mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überein (vgl. BVerwG 19. Januar 1989 - 7 C 89/87 - BVerwGE 81, 212; OVG Lüneburg 12. Dezember 2007 - 17 LP 4/06 - PersR 2008, 324).

37

b) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat anerkannt, dass ein demokratischer Staat das Recht hat, von seinen Bediensteten - jedenfalls in Abhängigkeit von ihrer Funktion - ein Bekenntnis zu zentralen Verfassungsgrundsätzen zu verlangen, auf denen der Staat beruht. Es seien - so der Gerichtshof - auch die Erfahrungen Deutschlands während der Weimarer Zeit und der anschließenden Phase bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahre 1949 sowie die Bestrebung zu berücksichtigen, die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage einer „wehrhaften Demokratie“ aufzubauen (EGMR 22. November 2001 - 39799/98 [Volkmer/Deutschland] - zu 1. der Gründe, NJW 2002, 3087; 26. September 1993 - 7/1994/454/535 [Vogt/Deutschland] - Rn. 51, 59 ff., NJW 1996, 375).

38

c) Die angeführten Grundsätze tragen den Diskriminierungsverboten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung (vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238). Dabei kann unterstellt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der „Weltanschauung“ betrifft(dazu einerseits Annuß BB 2005, 1629, 1631; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; andererseits BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85). Durch die funktionsbezogene Betrachtung ist hinreichend sichergestellt, dass ein Eignungsmangel des Bewerbers nur bejaht wird, wenn die von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L geforderte Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG darstellt.

39

III. Ausgehend von diesem rechtlichen Rahmen ist die Kündigungsschutzklage nicht deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Anfechtung des beklagten Landes aufgelöst worden wäre. Ein Anfechtungsgrund liegt auch bei Verfassungsfeindlichkeit der NPD und/oder ihrer Jugendorganisation nicht vor.

40

1. Die Anfechtung war trotz vorangegangener Kündigung nicht ausgeschlossen (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 a der Gründe , AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5 ). Das beklagte Land hat sein Anfechtungsrecht nicht durch die fristlose Kündigung „verbraucht“. Es stützt Anfechtung und Kündigung im Übrigen auf unterschiedliche Sachverhalte. Ausschließlich zur Begründung der Anfechtung macht es geltend, der Kläger habe im Zusammenhang mit seiner Einstellung über Aktivitäten für die als verfassungsfeindlich eingestufte NPD arglistig getäuscht, wobei es von den die Arglist begründenden Tatsachen erst nach der Kündigung hinreichend Kenntnis erlangt habe.

41

2. Der in Rede stehende Anfechtungstatbestand des § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Subjektive Werturteile genügen nicht (BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war.

42

a) Wird der (spätere) Arbeitnehmer zulässigerweise nach bestimmten Tatsachen befragt, so ist er zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet. Das Verschweigen nicht nachgefragter Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich dieser Tatsachen eine Offenbarungspflicht bestand. Eine solche Pflicht ist an die Voraussetzung gebunden, dass die betreffenden Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder aus sonstigen Gründen für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 345/98 - zu B II 2 der Gründe; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe).

43

b) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim (künftigen) Dienstherrn entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Arbeitgeber; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349).

44

3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Streitfall fehle es jedenfalls an der erforderlichen Arglist des Klägers, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

45

a) Ist die - vorformulierte - Erklärung vom 17. Juli 2003 zugleich als Antwort auf Frage(n) zur Verfassungstreue des Bewerbers zu verstehen, bestehen Bedenken an deren rechtlicher Verbindlichkeit. Die der Erklärung vorangestellte Belehrung nimmt auf die in den Landesgesetzen normierte Pflicht zur Verfassungstreue für Beamte (§ 70 Abs. 2 LBG) und Richter (§ 8 LRiG) Bezug und verweist darauf, dass sich „die gleichen politischen Treuepflichten“ für Angestellte aus § 8 BAT ergäben. Der Belehrung folgt ein umfassendes Bekenntnis des Stellenbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Erklärung seiner Bereitschaft, für deren Erhaltung einzutreten. Dem Bewerber wird dagegen nicht verdeutlicht, dass funktionsbezogen durchaus geringere Anforderungen an die Verfassungstreue bestehen können.

46

b) Zudem verlangt das beklagte Land mit der erbetenen Erklärung von dem Bewerber, eine eigene Beurteilung dessen, was unter „Bestrebungen … gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ zu verstehen ist, wann von einem „Unterstützen“ solcher Bestrebungen die Rede sein und wann angenommen werden kann, dass sich eine Organisation gegen diese Grundordnung richtet. Eine ordnungsgemäße Befragung zwecks Feststellung der Verfassungstreue setzt demgegenüber voraus, dass der Bewerber nach konkreten Umständen befragt wird, die gemäß den Anforderungen der ins Auge gefassten Tätigkeit einstellungsrelevant sind. Die allgemeine Frage, ob der Bewerber einer verfassungsfeindlichen Organisation angehört, ist unzulässig. Mit ihr würde vom Bewerber eine Wertung verlangt, die vorzunehmen Sache der einstellenden Behörde ist (BAG 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 b bb der Gründe).

47

c) Eine arglistige Täuschung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil sich der Kläger gleichwohl der Unvereinbarkeit seiner politischen Aktivitäten mit der Pflicht zur Verfassungstreue bewusst gewesen wäre. Dafür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.

48

aa) Das Fehlen einer Unterrichtung darüber, welche Parteien, Organisationen und Aktivitäten das beklagte Land als verfassungsfeindlich einstuft, kann - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - Einfluss auf den subjektiven Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB haben. Ein Arbeitnehmer, der sich für eine zwar objektiv verfassungsfeindlich, aber nicht verbotene Partei oder Organisation engagiert und aktiv für deren Ziele eintritt, kann subjektiv der Auffassung sein, er bewege sich (noch) auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und setze sich nicht für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein.

49

bb) Davon ist das Landesarbeitsgericht im Streitfall ausgegangen. Es hat angenommen, der Kläger habe aus seiner subjektiven Sicht in seinen Aktivitäten für die NPD/JN keinen Widerspruch zu dem Inhalt seiner Erklärung vom 17. Juli 2003 erblickt. Er berufe sich gerade darauf, dass er sich stets in vollem Umfang zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt habe und weiterhin bekenne, auch nicht Mitglied oder Anhänger einer Partei sei, deren Ziele sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes richteten. Umstände, die den Schluss zuließen, dies habe nicht der wahren Überzeugung des Klägers entsprochen, lägen nicht vor.

50

cc) Diese tatrichterliche Würdigung unterliegt der revisionsrechtlichen Kontrolle nur daraufhin, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände beachtet worden sind. Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Sie bringt lediglich vor, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend auf die Erfahrungen Bedacht genommen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Nichtverlängerung seines vorhergehenden Arbeitsverhältnisses gesammelt habe. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des beklagten Landes, der Kläger habe gewusst, dass sein Arbeitsverhältnis wegen seiner politischen Aktivitäten nicht verlängert worden sei, berücksichtigt. Daraus ergab sich aber weder, dass sich der Kläger wahrheitswidriger Angaben zu seiner Verfassungstreue bewusst gewesen wäre, noch dass er bewusst einer sich aufdrängenden Offenbarungspflicht zuwider gehandelt hätte. Zum einen ist nicht dargetan, dass der Kläger selbst von der Verfassungsfeindlichkeit der NPD oder ihrer Jugendorganisation überzeugt gewesen wäre oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hätte. Zum anderen konnte er, selbst wenn er erkannt haben mag, dass zumindest das beklagte Land die NPD als verfassungsfeindlich einstuft, durchaus subjektiv der Auffassung sein, nicht selbst derartige Ziele zu unterstützen oder sonstwie auf ein aktives Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes auszugehen und damit jedenfalls (noch) das für die angestrebte Tätigkeit erforderliche Maß an Verfassungstreue aufzubringen.

51

IV. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Es sind nach der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 keine zusätzlichen Umstände eingetreten oder dem beklagten Land erstmals bekannt geworden, die als Verstoß des Klägers gegen seine (einfache) Pflicht zur Verfassungstreue anzusehen wären.

52

1. Es kann dahinstehen, ob die mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz vom 23. August 2007 mitgeteilten Aktivitäten des Klägers einen Kündigungsgrund darstellen. Das beklagte Land hat sie zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht. Es hat sich damit eines etwaigen Kündigungsrechts wegen dieser Sachverhalte begeben, solange nicht neue Verstöße hinzutreten.

53

a) Regelmäßig liegt im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Der Arbeitgeber gibt mit einer Abmahnung zu erkennen, er sehe das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass er es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es nicht an (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 145/07 - Rn. 24, BAGE 125, 208; 2. Februar 2006 - 2 AZR 222/05 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 52).

54

b) Das beklagte Land hat dem Kläger mit der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 für den Fall „anhaltender Aktivitäten für die rechtsextremistische Szene“ eine Kündigung in Aussicht gestellt. Mit dieser Ankündigung hat es stillschweigend erklärt, eben dies aufgrund der aktuell bekannt gewordenen Ereignisse nicht tun zu wollen. Darin liegt ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung.

55

c) Der mit einer Abmahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungsrecht erfasst auch das Recht, aus einem Grund in der Person des Arbeitnehmers zu kündigen, der sich aus dem betreffenden Sachverhalt ergeben mag. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen auf steuerbarem Verhalten beruhenden, also behebbaren Eignungsmangel vorhält und ihn insoweit abgemahnt hat, ist es ihm wie nach der Abmahnung pflichtwidrigen Verhaltens verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranzuziehen.

56

d) Der Verzicht wird hinfällig, wenn weitere Gründe zu den abgemahnten hinzutreten oder zwar bei Ausspruch der Abmahnung objektiv schon vorlagen, aber erst danach bekannt wurden. Diese können vom Arbeitgeber zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden, die sowohl die neuen oder neu bekannt gewordenen Tatsachen als auch unterstützend die bereits abgemahnten Gründe erfasst, sofern sich daraus ein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender Kündigungsgrund ergibt (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 10. November 1998 - 2 AZR 215/88 - zu II 2 d bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 3 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 18).

57

2. Danach ist die Kündigung nicht aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt.

58

a) Den Kläger trifft lediglich eine sog. einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.

59

aa) Eine Verpflichtung des Klägers, wie ein Beamter jederzeit aktiv für die Grundordnung der Verfassung einzutreten, ergibt sich nicht schon aus der Aufgabenstellung der Finanzverwaltung. Auch wenn diese als Eingriffsverwaltung (vgl. bspw. BVerwG 26. Juni 1980 - 2 C 37/78 - BVerwGE 60, 254) hohe Anforderungen an die Integrität und Loyalität der mit der Erhebung und Beitreibung von Steuern befassten Mitarbeiter stellen muss, bedeutet dies nicht, dass es nicht auch in ihrem Bereich Funktionen gäbe, die den Einsatz von Beschäftigten mit einem geringeren Maß an Verfassungstreue zuließen.

60

bb) Dem Vorbringen des beklagten Landes lässt sich nicht entnehmen, dass für die Wahrnehmung der dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben ein gesteigertes Maß an Verfassungstreue erforderlich wäre. Der Kläger trägt für die im Druckzentrum erstellten Steuer- oder Beihilfebescheide inhaltlich keine Verantwortung. Seine Aufgabe besteht vornehmlich in der Planung, Steuerung und Überwachung des Druck- und Versandverfahrens. Im Vordergrund steht die Gewährleistung eines technisch reibungslosen Ablaufs der (körperlichen) Herstellung der Bescheide und deren ordnungsgemäße Versendung. Der Umstand, dass der Kläger dabei Zugang zu personenbezogenen Daten der Steuerpflichtigen hat, vermag ein Verlangen nach gesteigerter Loyalität nicht zu begründen. Soweit das beklagte Land erstmals in der Revision vorgetragen hat, der Kläger habe „umfassende Zugriffsmöglichkeiten auf höchst sensible Daten und zwar sowohl im Bereich der Großrechner als auch der Produktionsserver“ und habe zudem die Möglichkeit, „Daten und Dokumente bei der Druckaufbereitung selbständig zu bearbeiten“, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem es in der Revision nicht mehr gehört werden kann. Auf die Schlüssigkeit des Vortrags kommt es nicht an.

61

b) Unterliegt der Kläger deshalb „nur“ einer sog. einfachen politischen Loyalitätspflicht, verlangt diese von ihm lediglich die Gewähr, nicht selbst aktiv verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder darauf auszugehen, den Staat, die Verfassung oder ihre Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1). Ein Verstoß gegen diese „einfache“ Treuepflicht kann nicht schon aus der Mitgliedschaft des Klägers in der NPD und Übernahme bestimmter Funktionen in der Partei abgeleitet werden, die dem beklagten Land nach eigenem Vorbringen erst nach der Abmahnung bekannt geworden sind. Dabei kann zugunsten des beklagten Landes erneut unterstellt werden, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.

62

aa) Ein Arbeitnehmer, dem eine „einfache“ Treuepflicht obliegt, verletzt diese nicht schon dadurch, dass er verfassungsfeindliche Ziele einer Organisation für richtig hält und dies durch eine Mitgliedschaft oder andere Aktivitäten zum Ausdruck bringt. Diese Pflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele der Organisation aktiv zu fördern oder zu verwirklichen (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12; 12. März 1986 - 7 AZR 469/81 -). Dazu bedarf es der Darlegung konkreter, auf den Arbeitnehmer bezogener Umstände, die geeignet sind, ein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei hinreichend zu individualisieren (vgl. BAG 15. Juli 1982 - 2 AZR 887/79 - zu C II 2 d aa der Gründe, BAGE 39, 180).

63

bb) Derartige Umstände hat das beklagte Land - unter Beachtung der sich aus der Abmahnung ergebenden Beschränkungen - nicht dargetan.

64

(1) Die Teilnahme des Klägers an der „Gedenkveranstaltung“ der NPD am 18. November 2007 lässt kein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei erkennen. Zwar sind derartige Gedenkveranstaltungen in der Tradition des nationalsozialistischen „Heldengedenkens“ zu sehen. Die schlichte Teilnahme lässt aber keinen weitergehenden Schluss zu als dass er sich in innerer Übereinstimmung damit befunden haben mag. Dies gilt auch für die Behauptung des beklagten Landes, auf der Versammlung sei die erste Strophe des Deutschlandlieds gesungen worden. Es hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts, wenn es in einem solchen Verhalten keinen genügenden Anhaltspunkt dafür gesehen hat, der Kläger sei etwa nicht bereit, die deutschen Staatsgrenzen anzuerkennen, und sei bestrebt, diese Grenzen auf verfassungs- und völkerrechtswidrigem Wege zu beseitigen.

65

(2) Soweit sich das beklagte Land auf das Versenden eines „Newsletters“ vom 25. Juli 2008 und weitere, im Anschluss daran entfaltete Aktivitäten beruft, kann dahinstehen, ob der Kläger insoweit in verfassungsfeindlicher Weise agiert hat. Es handelt sich um Vorgänge, die in die Zeit nach Ausspruch der Kündigung fallen und die zu deren Rechtfertigung nicht herangezogen werden können (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52 mwN, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

66

(3) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien verfasste Schreiben des Klägers vom 18. Dezember 2001.

67

(a) Das Landesarbeitsgericht ist, was die Einführung dieses Schreibens in den Rechtsstreit betrifft, von einem unzulässigen Nachschieben von Kündigungsgründen ausgegangen. Der Sachverhalt unterliege einem Verwertungsverbot, weil das beklagte Land nicht aufgezeigt habe, dass der Personalrat hierzu erneut beteiligt worden sei. Nicht erforderlich sei, dass der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats gerügt habe.

68

(b) Es kann dahinstehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob eine Berücksichtigung des Schreibens schon deshalb nicht möglich ist, weil Grundlage der Beurteilung bereits eingetretener oder noch zu erwartender Vertragsverletzungen in erster Linie das Verhalten des Arbeitnehmers während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sein muss (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a ee der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist jedenfalls deshalb zutreffend (§ 561 ZPO), weil sich aus dem nachträglich bekannt gewordenen Schreiben kein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender, eigenständiger Kündigungsgrund ergibt.

69

Das beklagte Land hat den Kläger ua. deshalb abgemahnt, weil er sich am 9. Juni 2007 als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN zu erkennen gegeben hat. Bereits in diesem Verhalten kam zum Ausdruck, dass der Kläger hinter den Zielen der JN steht und diese fördern will. Ein damit verbundener Verstoß gegen die ihm obliegende Treuepflicht erhält nicht deshalb ein größeres oder anderes Gewicht, weil der Kläger bereits vor der Kündigung mit seinem Sprachgebrauch eine Identifikation mit verfassungsfeindlichen Zielen der NPD/JN zum Ausdruck gebracht haben mag.

70

3. Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers gerechtfertigt.

71

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine - sowohl von § 626 Abs. 1 BGB als auch § 1 Abs. 2 KSchG vorausgesetzte - konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses nicht schon darin liegt, dass der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden durch das innerbetriebliche oder außerdienstliche politische Verhalten des Arbeitnehmers abstrakt oder konkret gefährdet ist. Erforderlich ist, dass eine konkrete Störung tatsächlich eingetreten ist (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 62, 256; 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 - BAGE 58, 37; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

72

b) Konkrete Beeinträchtigungen hat das beklagte Land nicht vorgetragen.

73

aa) Es behauptet nicht, der Kläger habe seine politische Einstellung innerhalb der Finanzverwaltung offen vertreten und dadurch die Arbeitsabläufe und/oder den Betriebsfrieden gestört.

74

bb) Ebenso wenig benennt es „greifbare“ Tatsachen, die erkennen ließen, das Verhalten des Klägers beeinträchtige unmittelbar berechtigte Sicherheitsinteressen. Soweit es vorbringt, der Kläger habe vor einem Sommerfest der JN, bei dem er „durch das Programm“ geführt habe, an einer von ihm - dem beklagten Land - angebotenen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen und daraus Nutzen gezogen, waren ihm - dem beklagten Land - die maßgebenden Umstände bereits bei Ausspruch der Abmahnung bekannt.

75

cc) Eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich schließlich nicht aus einem möglichen Ansehensverlust oder einem Verlust des Vertrauens „redlicher Bürger“ in eine rechtsstaatliche Steuerverwaltung. Das beklagte Land hat nicht dargetan, dass die Aktivitäten des Klägers und dessen Stellung als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung bekannt geworden wären und konkrete Wirkungen gezeitigt hätten.

76

V. Das beklagte Land hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Baerbaum    

        

    Bartz    

                 

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen.

(2) Der Arbeitgeber soll in geeigneter Art und Weise, insbesondere im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung, auf die Unzulässigkeit solcher Benachteiligungen hinweisen und darauf hinwirken, dass diese unterbleiben. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligung geschult, gilt dies als Erfüllung seiner Pflichten nach Absatz 1.

(3) Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen.

(4) Werden Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte nach § 7 Abs. 1 benachteiligt, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu ergreifen.

(5) Dieses Gesetz und § 61b des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie Informationen über die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 zuständigen Stellen sind im Betrieb oder in der Dienststelle bekannt zu machen. Die Bekanntmachung kann durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder den Einsatz der im Betrieb oder der Dienststelle üblichen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.