Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 20. Feb. 2019 - 2 Sa 402/18

bei uns veröffentlicht am20.02.2019

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.09.2018, Az. 15 Ca 4827/17, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit die Klage für die Monate Februar 2017, März 2017 und April 2017 zurückgewiesen wurde.

Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltdifferenzansprüche des Klägers wegen des Gleichstellungsgrundsatzes nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz („Equal-Pay“).

Der am 22.02.1968 geborene Kläger war im Zeitraum vom 15.10.2014 bis 30.04.2017 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Mitarbeiter im Bereich Service Desk & Support mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.800,- € beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 09.10.2014 lautet auszugsweise wie folgt:

„…

§ 2 Anwendbare Tarifverträge

1. Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem BAP und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossenen, geltenden und nachwirkenden Mantel-, Entgelt- und Entgeltrahmentarifverträge vom 22.07.2003 und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Als ergänzend im obigen Sinne gelten auch Tarifverträge über Branchenzuschläge mit einzelnen der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit angehörenden Gewerkschaften. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus.

Es gilt dabei für die Dauer des Einsatzes derjenige der unter Abs. 1 genannten Tarifverträge mit der jeweiligen DGB-Gewerkschaft, deren satzungsgemäßem Organisationsbereich der Kundenbetrieb unterliegt. Diese einsatzbezogene Regelung gilt auch im Falle des Auseinanderentwickelns des Tarifwerks etwa infolge von Kündigung, Hinzutreten oder Wegfall einer Tarifvertragspartei oder des Abschlusses einzelner Änderungs- und Ergänzungstarifverträge. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, den Arbeitnehmer auf dessen Verlangen vor jedem Einsatz bei einem Entleiher in schriftlicher Form darüber zu unterrichten, welcher Tarifvertrag auf der Grundlage der hier vereinbarten Bezugnahmeregelung und unter Beachtung der satzungsgemäßen Zuständigkeiten der beteiligten DGB-Gewerkschaften zur Anwendung gelangt.

In Nichteinsatzzeiten gelten die zwischen dem BAP und der ver.di abgeschlossenen Tarifverträge und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung.

§ 6 Vergütung

1. Herr U… erhält ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2800,- €, fällig jeweils mit Ablauf des Monats. Es setzt sich zusammen aus den Tariflohn in Höhe von 1839,14 € (Entgeltgruppe 3; Stundensatz 10,61 € brutto; Berechnungsbasis 173,34 Stunden im Monat) und einer übertariflichen Zulage in Höhe von 960,86 €.

§ 20 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen Unabhängig von der tariflichen Ausschlussfristenregelung vereinbaren die Parteien arbeitsvertraglich Folgendes:

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

Lehnt die Gegenpartei die Ansprüche schriftlich ab, sind die Ansprüche innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist von 3 Monaten ab Zugang der schriftlichen Ablehnung gerichtlich geltend zu machen.

Ansprüche die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen.

…“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 184 -190 der Akten verwiesen.

In der Zeit vom 15.10.2014 bis zum 15.10.2016 war der Kläger bei dem Unternehmen D. Informatik GmbH eingesetzt. Auf sein Auskunftsverlangen teilte das Unternehmen dem Kläger als Bruttomonatsgehalt eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers 3.363,- € ab dem 15. Oktober 2014, 3.444,- € ab dem 01.10.2015 und 3.541 € ab dem 01.07.2016 mit. Zusätzlich erhielten Stammarbeitnehmer ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von 125% eines Bruttomonatsgehalts. Die Auskunft wurde mit Schreiben vom 15.08.2017 erteilt (Blatt 44 der Akten).

Im Zeitraum vom 17.10.2016 bis 30.04.2017 war der Kläger bei der Da… eG eingesetzt. Dort ist er seit Mai 2017 - bei unveränderter Tätigkeit - Stammarbeitnehmer und erhält ein Bruttomonatsgehalt von 3.600,- €.

Mit Schreiben vom 31.05.2017 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm für den Einsatz bei der D. Informatik GmbH monatlich 400,- € brutto und für den Einsatz bei der Da… eG monatlich 800,- € brutto nachzuzahlen, insgesamt 14.800,- € brutto (Blatt 48 der Akten). Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 02.06.2017 ab (Blatt 50 der Akten).

Mit seiner Klage vom 31.08.2017, beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tag per Telefax eingegangen und der Beklagten am 24.10.2017 zugestellt, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Für die Zeit des Einsatzes bei der D. Informatik GmbH macht er nunmehr - nach erteilter Auskunft - einen Betrag von 23.867,12 € brutto geltend, für die Zeit des Einsatzes bei der Da. eG einen Betrag in Höhe von 5.200 € brutto (800 € monatlich). Die Beträge sind zwischen den Parteien der Höhe nach rechnerisch unstreitig.

Hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien und der genauen Antragstellung im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand im Urteil des Arbeitsgerichts verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 11.09.2018 abgewiesen. Der Gleichstellungsgrundsatz finde vorliegend keine Anwendung, weil eine zulässige Abweichung durch Tarifvertrag vorliege. Diese Abweichung sei europarechtskonform. Daher könne offenbleiben, ob Ansprüche wegen des Eingreifens von Ausschlussfristen verfallen seien.

Gegen dieses der Klagepartei am 11.09.2018 zugestellte Urteil legten die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 08.11.2018, beim Landesarbeitsgericht am selben Tage eingegangen, Berufung ein und begründeten diese mit Schriftsatz vom 27.12.2018, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage eingegangen, innerhalb der bis zu diesem Tage verlängerten Berufungsbegründungsfrist.

Der Kläger hält im Berufungsverfahren unter weiterer Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages daran fest, dass der Klage hätte stattgegeben werden müssen. Zwar sehe § 8 Abs. 2 Satz 1-3 AÜG bzw. §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Ziff. 2 AÜG in der bis 31.03.2017 geltenden Fassung (künftig AÜG a.F.) vor, dass ein Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen könne und für diese Abweichung bereits die arbeitsvertragliche Vereinbarung dieses Tarifvertrages ausreiche. Diese Regelungen widersprächen jedoch Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104/EG (EU-LeiharbeitsRL). Zum einen lasse diese Vorschrift die bloße arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht ausreichen, um vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen zu können. Zum anderen sei eine Abweichung nur „unter Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ gestattet. Danach dürfe der Grundsatz der Gleichbehandlung zwar gestaltet, aber nicht verlassen werden. Dies sei der Fall, wenn Tarifabweichungen nur nach unten erfolgen würden und es keinen Ausgleichsmechanismus gebe. Daher sei die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf die zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und der DGB-Tarifgemeinschaft geschlossenen Tarifverträge Zeitarbeit (künftig BAP/DGB) unwirksam.

Die arbeits- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen stünden der Klageforderung nicht entgegen. Sie erfassten Mindestlohnansprüche und gäben die Rechtslage daher irreführend wieder. Der Equal-Pay-Anspruch sei ein Anspruch aus unerlaubter Handlung. Der Tarifvertrag sei wegen Richtlinienwidrigkeit unwirksam. Die Ausschlussfrist sei nicht angelaufen, weil der Arbeitnehmer vor der Geltendmachung erst seinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiherbetrieb durchsetzen müsse.

Der Kläger stellt im Berufungsverfahren daher folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.09.2018, Aktenzeichen:

15 Ca 4827/17, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.867,12 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5200 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte stellt folgende Anträge:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.09.2018, Az. 15 Ca 4827/17, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung Ihres erstinstanzlichen Vortrages. Die an den Kläger geleistete Vergütung entspreche der Regelung in § 8 Abs. 2 AÜG bzw. der entsprechenden Vorgängerregelung sowie den tarifvertraglichen Vorgaben. Sowohl die EU-LeiharbeitsRL als auch das AÜG ließen tarifvertragliche Abweichungen vom Gleichstellungsgrundsatz zu, wobei es auf die Art und Weise der Anwendbarkeit des Tarifvertrags nicht ankomme. Jedenfalls seien nach den anwendbaren Ausschlussfristen vor Februar 2017 entstandene Ansprüche verfallen. Insbesondere habe die Ausschlussfristenklausel nicht die Herausnahme der Ansprüche auf Mindestlohn vorsehen müssen, da der Arbeitsvertrag vor dem 01.01.2015 abgeschlossen worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 27.12.2018 (Blatt 176-198 der Akten), auf den Schriftsatz der Beklagten vom 28.01.2019 (Blatt 204-206 der Akten) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 20.02.2019 verwiesen.

Gründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft, und form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 5, 519 Abs. 5, 130 ZPO)

B.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist im vom Gesetzgeber nach § 8 Abs. 2 AÜG bzw. §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Ziff. 2 AÜG a.F. eröffneten Rahmen durch Verweisung auf einen Tarifvertrag zulässigerweise vom Gleichstellungsgrundsatz („Equal-Pay“) des § 8 Abs. 1 AÜG bzw. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. abgewichen. Das Landesarbeitsgericht folgt den klaren Ausführungen in den Entscheidungsgründen im Urteil des Arbeitsgerichts und macht sich diese zu eigen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Darüber hinaus sind die Ansprüche bis einschließlich Januar 2017 auf Grund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen erloschen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz sind noch folgende Ausführungen veranlasst:

I.

Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der Differenz zwischen dem erhaltenen Entgelt und dem in den Entleiherbetrieben für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlten Entgelt (§ 8 Abs. 1 AÜG bzw. §§ 10 Abs. 4 Satz 1, 9 Nr. 2 AÜG a.F.) sind nicht entstanden. Zwar erhielt der Kläger in der Zeit seines Einsatzes bei der D. Informatik GmbH vom 15.10.2014 bis 15.10.2016 unstreitig ein um 23.867,12 € brutto geringeres Entgelt als ein vergleichbarer Arbeitnehmer. Ebenso erhielt er für die Zeit seines Einsatzes bei der Da… eG vom 17.06.2016 - 30.04.2017 ein um 5.200,- € brutto geringeres Entgelt (monatlich 800,- € brutto). Die Beklagte war aber nicht zur Zahlung des Differenzbetrages verpflichtet, da die Parteien in zulässiger Weise vom Ausnahmetatbestand des § 8 Abs. 2 Sätze 1 - 3 AÜG bzw. § 9 Nr. 2 AÜG a.F. Gebrauch gemacht haben.

1. Nach § 8 Abs. 2 Sätze 1 - 3 AÜG bzw. § 9 Nr. 2 AÜG a.F. können die Arbeitsvertragsparteien vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, indem sie im Geltungsbereich eines Tarifvertrages dessen Anwendung vereinbaren, soweit dieser Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a AÜG festgesetzten Mindeststundenentgelte nicht unterschreitet.

a. Die Parteien haben in § 2 des Arbeitsvertrags die Anwendung der jeweils geltenden Tarifverträge Zeitarbeit zwischen dem Bundesverband der Personaldienstleister (BAP) und der DGB-Tarifgemeinschaft (IG-BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, EVG, GdP) vereinbart. Im Falle der Tarifbindung fiele das Arbeitsverhältnis unstreitig räumlich, fachlich und persönlich unter deren Geltungsbereich. Die jeweils in Bezug genommenen Entgelttarifverträge unterschritten nicht das Mindestentgelt der für den Streitzeitraum einschlägigen Zweiten Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung (Zweite LohnUGAÜV, gültig vom 01.04.2014 bis 31.12.2016). Für die Zeit vom 01.01.2017 bis 31.05.2017 bestand keine entsprechende Mindestlohnregelung (hierzu Düwell, jurisPR-ArbR 32/2017 Anm. 1). Es bestehen keine Zweifel, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge wirksam zustande gekommen sind. Insbesondere sind die unterzeichnenden Gewerkschaften tariffähig.

b. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags ist wirksam. Sie ist insbesondere nicht intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

aa. § 2 des Arbeitsvertrags ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben.

bb. Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (st. Rspr. z.B. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 30).

cc. Die Bezugnahmeklausel ist auch nicht in Anwendung der zum mehrgliedrigen CGZP-Tarifwerk entwickelten Anforderungen (dazu BAG, Urt. v. 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 30) unwirksam. Dabei kann letztlich offenbleiben, ob es sich beim Tarifwerk DGB/BAP um ein sog. Einheitstarifwerk oder um ein mehrgliedriges Tarifwerk im engeren Sinne handelt, das eine sog. Kollisionsregelung erfordert.

Bildet der Tarifvertrag ein “einheitliches Tarifwerk”, eine “geschlossene Einheit” (sog. “Einheitstarifvertrag”), sind die Tarifvertragsparteien einer Seite bei der Ausübung von Rechten und der Erfüllung von Pflichten aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages in der Weise aneinander gebunden, dass sie im Verhältnis zur Gegenseite eine “Einheit” darstellen. Die Kündigung des Tarifvertrages kann in diesem Falle nur durch alle Tarifvertragsparteien einer Seite gemeinsam ausgesprochen werden. Davon zu unterscheiden ist derjenige mehrgliedrige Tarifvertrag, bei dem mehrere selbstständige Tarifverträge lediglich in einer Urkunde zusammengefasst sind (“mehrgliedriger Tarifvertrag im engeren Sinne”). Bei diesem sind die Tarifvertragsparteien selbstständig berechtigt und verpflichtet und bleiben deshalb in der Lage, unabhängig voneinander (“autonom”) den Tarifvertrag zu kündigen (zur Terminologie: BAG 08.11.2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22).

Bei der Bezugnahme auf ein sog. Einheitstarifwerk hat das BAG keine weitergehenden Vorgaben gemacht, um dem Transparenzgebot Genüge zu tun. Bei der Bezugnahme auf ein mehrgliedriges Tarifwerk im engeren Sinne ist nach Ansicht des BAG hingegen eine Kollisionsregelung notwendig, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lasse sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten solle. Fehle in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, bestehe die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnehme (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 30).

Ob eine solche Klausel auch bei Bezugnahme auf die Tarifwerke igz/DGB und BAP/DGB notwendig ist (dagegen etwa Bayreuther, DB 2014, 717), kann ebenfalls offen bleiben. Im vorliegenden Fall enthält § 2 des Arbeitsvertrags nämlich eine entsprechende Kollisionsklausel, die darauf abstellt, in welchen Organisationsbereich einer DGB-Gewerkschaft der Kundenbetrieb fällt. In Zeiten ohne Einsatz im Kundenbetrieb gelten die mit ver.di abgeschlossenen Tarifverträge (vgl. hierzu LAG Sachsen-Anhalt 28.06.2016 - 2 Sa 421/15 - Rn 70 ff).

c. Eine Inhaltskontrolle der in Bezug genommenen tariflichen Regelungen findet nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht statt, da auf die Tarifverträge insgesamt verwiesen wurde (vgl. ErfK-Preis, 19. Aufl., 2019, §§ 305 - 310 BGB Rn 13). Es ist weder gerügt noch sonst ersichtlich, dass in den der allgemeinen Bezugnahmeklausel folgenden arbeitsvertraglichen Regelungen zu Lasten des Arbeitnehmers von den tariflichen Regelungen abgewichen wurde.

2. § 8 Abs. 2 Satz 3 AÜG bzw. § 9 Nr. 2 3. Halbsatz AÜG a.F. steht mit Art. 5 Abs. 3 der EU-LeiharbeitsRL in Einklang. Art. 5 Abs. 3 EU-LeiharbeitsRL verbietet nicht, dass vom Gleichstellungsgrundsatz abweichende Tarifverträge über eine arbeitsvertragliche Bezugnahme zur Anwendung kommen.

Nach Art. 5 Abs. 3 der EU-LeiharbeitsRL können die Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner diesen die Möglichkeit einräumen, auf der geeigneten Ebene und nach Maßgabe der von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen Tarifverträge aufrecht zu erhalten oder zu schließen, die unter Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern Regelungen in Bezug auf die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Leiharbeitnehmern enthalten können, welche vom in Art. 5 Abs. 1 der EU-LeiharbeitsRL geregelten Gleichstellungsgrundsatz abweichen können.

Es ist zwar richtig, dass Art. 5 Abs. 3 der EU-LeiharbeitsRL eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge nicht ausdrücklich gestattet. Der Richtliniengeber hat diese Möglichkeit jedoch auch nicht ausgeschlossen, obwohl er diese Abweichungsmöglichkeit im deutschen System kannte (ErfK-Wank, 19. Aufl., 2019, § 8 AÜG Rn 26). Indem Art. 5 Abs. 3 EU-LeiharbeitsRL den Sozialpartnern die Möglichkeit einräumt, die Tarifverträge auf einer nicht weiter spezifizierten geeigneten Ebene nach Maßgabe der von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen aufrechtzuerhalten oder zu schließen, wurde den Mitgliedstaaten ein großer Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 EU-LeiharbeitsRL eingeräumt. Diese Zurückhaltung ist der Heterogenität der nationalen Tarifvertragsysteme und Vorschriften zur Leiharbeit geschuldet (Sansone in Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2019, Leiharbeit Rn 12.80 mwN). So gelten beispielsweise im englischen Tarifvertragsrecht die Rechtsnormen eines Tarifvertrages nicht wie in Deutschland unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 TVG), sondern werden in der Regel durch eine individuelle Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag in das Arbeitsverhältnis einbezogen und erst damit für die Arbeitsvertragsparteien rechtlich bindend (Klauk/Klein, jurisPR-ArbR 40/2013 Anm. 1; vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Cruz-Villalon v. 18.07.2013 - C-426/11 Rn. 34 ff., 56 „Alemo-Herron“).

Da Art. 5 Abs. 3 EU-LeiharbeitsRL keine Vorgabe dazu enthält, unter welchen Voraussetzungen die Tarifverträge in den Leiharbeitsverhältnissen Anwendung finden, umfasst der Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten auch die Einführung von so genannten Erstreckungsklauseln zur arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf die abweichenden Tarifverträge, um eine Umsetzung entsprechend dem nationalen Recht und nationalen Gepflogenheiten zu ermöglichen (Sansone in Preis/Sagan a.a.O. Rn 12.81 mwN auch zur Gegenansicht).

Die Möglichkeit, Tarifverträge durch Bezugnahmeklausel ins Arbeitsverhältnis zu übernehmen, ist in Deutschland anerkannt. Gleichzeitig geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Tarifpartner selbst auf ein angemessenes Schutzniveau der Arbeitsvertragsparteien, die in den Geltungsbereich ihrer Regelungen fallen, achtet. Dieses Schutzniveau ist jedoch unabhängig davon, ob die Tarifverträge unmittelbar, kraft Fortgeltung, Nachwirkung, Allgemeinverbindlichkeitserklärung, Rechtsverordnung oder eben vertraglicher Bezugnahme anwendbar sind. Auch im Fall der Bezugnahme wird der Schutz durch die Ausgewogenheit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerrechte und -pflichten, wie sie die Tarifparteien aushandeln, erreicht (LAG Nürnberg 20.05.2014 - 6 Sa 76/14 - Rn 34). Wäre die tarifschließende Koalition nicht ausreichend durchsetzungsfähig und damit nicht tariffähig, so läge schon kein wirksamer Tarifvertrag vor, auf den im Sinne von Art. 5 Abs. 3 EU-LeiharbeitsRL, § 8 Abs. 2 AÜG bzw. § 9 Nr. 2 AÜG a.F. wirksam verwiesen werden könnte. Die Tariffähigkeit der DGB-Gewerkschaften steht jedoch außer Frage.

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob § 8 Abs. 2 Satz 1 bis 3 AÜG bzw. die Vorgängerregelung der §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Nr. 2 AÜG a.F. die Vorgabe von Art. 5 Abs. 3 der EU-LeiharbeitsRL erfüllt, wonach Abweichungen nur „unter Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ erfolgen dürfen. Denn jedenfalls erfüllt das Tarifwerk BAP/DGB die europarechtlichen Vorgaben an den Gesamtschutz für Leiharbeitnehmer.

a. Jedenfalls für die Zeit bis 31.03.2017 meinte der deutsche Gesetzgeber offenbar, dieser Anforderung dadurch nachgekommen zu sein, dass er nur solche Tarifverträge privilegierte, die bestimmte Mindestarbeitsentgelte vorsehen (§ 3a AÜG). Dadurch werden aber nur die Löhne gesichert, nicht aber - wie es Art. 5 Abs. 3 EU-LeiharbeitsRL fordert - auch die sonstigen Arbeitsbedingungen (ErfK-Wank, 19 Aufl. 2019, § 8 AÜG Rn 33 mwN). Zum Gesamtschutz gehören aber jedenfalls auch die unter den Gleichstellungsgrundsatz fallenden wesentlichen Arbeitsbedingungen bezüglich Arbeitszeit und Urlaub (Art. 3 Abs. 1 lit. f EU-LeiharbeitsRL). Es spricht daher viel dafür, dass die §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Nr. 2 AÜG a.F. die EU-LeiharbeitsRL nicht vollständig umgesetzt haben (so ErfK-Wank a.a.O. mwN; offen gelassen vom ArbG Gießen 14.02.2018 - 7 Ca 246/17).

Ob die von der Richtlinie geforderte Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern ab 01.04.2017 durch das Zusammenspiel des § 8 Abs. 2 AÜG mit den neu eingeführten Wartezeitregelungen in § 8 Abs. 4 AÜG gewahrt ist, erscheint vor diesem Hintergrund ebenfalls zweifelhaft (dafür etwa ArbG Gießen 14.02.2018 - 7 Ca 246/17 - mwN; dagegen etwa Wank, BB 2018, 1909, 1915).

b. Sollte der Gesetzgeber die Richtlinie in Bezug auf den geforderten Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer nicht vollständig umgesetzt haben, wären § 8 Abs. 2 AÜG bzw. die Vorgängerregelung des § 9 Nr. 2 AÜG a.F. richtlinienkonform auszulegen. Dies hieße, dass vom Gleichstellungsgrundsatz nur durch solche Tarifverträge abgewichen werden darf, die den europarechtlich vorgegebenen Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer achten.

aa. Unter „Achtung des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer“ ist dabei nicht zu verstehen, dass tarifliche Abweichungen vom Gleichstellungsgrundsatz nach unten (etwa beim Entgelt) an anderer Stelle (etwa beim Urlaub) wieder ausgeglichen werden müssten. Dies folgt schon daraus, dass Art. 5 Abs. 1 EU-LeiharbeitsRL ebenso wie § 8 Abs. 1 AÜG bzw. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. das Optimum für die Leiharbeitnehmer bieten. Die eröffneten Abweichungsmöglichkeiten in Art. 5 Abs. 2 - 4 EU-LeiharbeitsRL können daher nur Abweichungen nach unten meinen.

Darüber hinaus zeigt die Entstehungsgeschichte der EU-LeiharbeitsRL, dass der Richtliniengeber mit dieser Einschränkung - wie Erwägungsgrund 19 der EU-LeiharbeitsRL ausdrücklich betont - nicht die Tarifautonomie der Sozialpartner beeinträchtigen wollte und insbesondere keine weitreichende Kontrolle von Tarifverträgen durch den EuGH bezweckt hat (Sansone in Preis/Sagan a.a.O. Rn 12.77). Dennoch hat der Rat es „für zweckmäßig erachtet, speziell darauf hinzuweisen, dass die Sozialpartner in ihren Vereinbarungen den Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern achten müssen, wenn sie Regelungen in Bezug auf die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Leiharbeitnehmern treffen, die vom Grundsatz der Gleichbehandlung abweichen“ (Begründung des Rates zum gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 24/2008, ABl. C 254 E vom 07.10.2008 S. 43, zitiert nach Sansone in Preis/Sagan a.a.O. Rn 12.77). Die Beachtung des Gesamtschutzes stellt daher zwar eine Schranke der tariflichen Gestaltungsmacht dar. Einer strengen Kontrolle tariflicher Regelungen steht jedoch Art. 28 GRC entgegen, der bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs heranzuziehen ist und sämtliche Handlungen schützt, die mit dem Aushandeln und dem Abschluss von Tarifverträgen zusammenhängen (Sasonne in Preis/Sagan a.a.O Rn 12.77). Deshalb verlangt die EU-LeiharbeitsRL lediglich die Prüfung, ob die Tarifverträge die äußersten Grenzen der Öffnungsklausel einhalten, wobei den Tarifvertragsparteien ein weiter Spielraum zukommt (ArbG Gießen 14.02.2018 - 7 Ca 246/17 - juris; Sasonne in Preis/Sagan a.a.O. Rn 12.77 mit zahlreichen Nachweisen zu der kaum übersehbaren Meinungsvielfalt in Fn 211; Riechert, NZA 2013, 303, 306 m.w.N.). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Einhaltung des Gesamtschutzes auch durch die Überprüfung der Tariffähigkeit der die Tarifverträge abschließenden Koalitionen kontrolliert wird (ErfK-Wank, 19. Aufl., 2019, § 8 AÜG Rn 34).

Das Wort „Gesamtschutz“ spricht zudem für die Annahme einer allgemeinen Untergrenze der Arbeitsbedingungen und damit gegen einen Vergleich mit den jeweiligen Arbeitsbedingungen im entleihenden Unternehmen (Rebhahn/Schörghofer, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Auflage 2018, Art. 5 RL 2008/104/EG Rn. 20.). Auch scheint angesichts der Unterschiedlichkeit der Einsatzbranchen und der dort jeweils geltenden Arbeits- und insbesondere Entgeltbedingungen und der Notwendigkeit für die Tarifvertragsparteien der Leiharbeitsbranche, unabhängig davon ihrer eigenen Branche gerecht werdende Entgelte und sonstige Arbeitsbedingungen festzulegen, ein Anknüpfen des Begriffs des „Gesamtschutzes“ an den Arbeitsbedingungen von Entleiherbranchen eher nicht sachgerecht (ArbG Gießen 14.02.2018 - 7 Ca 246/17 - juris). Im Sinne der Einhaltung einer Untergrenze ist zu verlangen, dass die Tarifvertragsparteien jedenfalls Arbeitsbedingungen aufstellen, die über die für alle Arbeitnehmer geltenden Mindeststandards hinausgehen (ArbG Gießen 14.02.2018 - 7 Ca 246/17 - juris; ähnlich Rebhahn/Schörghofer, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Auflage 2018, Art. 5 RL 2008/104/EG Rn. 20).

bb. Das Tarifwerk BAP/DGB unterschreitet die Grenzen des durch Art. 5 Abs. 3 EU-LeiharbeitsRL zu achtenden Gesamtschutzes für Leiharbeitnehmer nicht.

Das tarifliche Entgelt LAG in der Entgeltgruppe 1 im streitgegenständlichen Zeitraum vom Oktober 2014 bis April 2017 nicht unter dem für Leiharbeitnehmer auf Vorschlag der Tarifpartner nach der Zweiten LohnUGAÜV festgesetzten Mindeststundenentgelten (04/2014 - 03/2015: 8,50 €; 04/2015 - 05/2016: 8,80 €; 06/2016 - 12/2016: 9,00 €). In der für den Kläger einschlägigen Entgeltgruppe 3 LAG das Stundenentgelt mit 10,61 € bereits im Oktober 2014 deutlich darüber und steigerte sich ab 01.03.2017 auf 11,51 €. Hinzu kommen noch die Zuschläge nach den jeweiligen Tarifverträgen über Branchenzuschläge.

Die tariflichen Arbeitszeitregelungen lagen deutlich über dem öffentlich-rechtlichen Schutzniveau des ArbZG. Nach § 2 MTV BAP/DGB beträgt die regelmäßige monatliche Arbeitszeit 151,67 Stunden (= durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden). Sie kann bei dauerhafter Überlassung an einen Entleiherbetrieb auf max. durchschnittlich 40 Wochenstunden erhöht werden. Dies liegt deutlich unter den nach § 3 ArbZG zulässigen 48 Wochenstunden. Die tatsächliche Lage der Arbeitszeit einschließlich der Pausen richten sich nach dem Entleiherbetrieb (§ 3 MTV BAP/DBG). Damit ist insoweit dem Gleichstellungsgrundsatz Genüge getan.

Auch die übrigen Regelungen zu Arbeitszeit (§§ 3 -7 MTV BAP/DGB) sind im Hinblick auf den Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer nicht zu beanstanden. Der tarifliche Mindesturlaub beträgt nach § 11 MTV BAP/DGB mindestens 24 Arbeitstage und steigert sich je nach Betriebszugehörigkeit auf 30 Arbeitstage. Die Urlaubsregelung ist damit deutlich günstiger als der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen bzw. 20 Arbeitstagen (§ 1 BUrlG).

II.

Für die Zeit bis einschließlich Januar 2017 wären unabhängig von den Ausführungen unter I. die Ansprüche nach § 20 des Arbeitsvertrages erloschen.

1. Nach § 20 des Arbeitsvertrages verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Der Kläger musste diese erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 20 des Arbeitsvertrags beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 8 Abs. 1 AÜG bzw.§ 10 Abs. 4 AÜG a.F. nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954 - Rn 36).

a. Bei § 20 des Arbeitsvertrages handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die schon nach dem äußeren Erscheinungsbild für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen verwendet worden sind (§ 305 Abs. 1 BGB). Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

b. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Sie ist inhaltlich weder überraschend noch an versteckter Stelle im Arbeitsvertrag enthalten (§ 305c Abs. 1 BGB). Dass Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen enthalten sind, entspricht den nach § 310 Abs. 4 Satz 2 zu beachtenden Besonderheiten im Arbeitsrecht (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 43 - 46).

c. Die Ausschlussfrist erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 39).

Da die vorliegende Klausel Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht ausnimmt, ist der Einwand des Klägers, Equal-Pay-Ansprüche seien solche aus unerlaubter Handlung, hier irrelevant. Im Übrigen ist diese Ansicht bereits vom BAG abgelehnt worden (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 56).

Die Ausschlussfrist begann jeweils nach Ablauf des Monats zu laufen, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt (jeweils mit Ablauf des Monats). Damit weicht § 6 Arbeitsvertrag zu Gunsten des Klägers vom tarifvertraglich vorgesehenen spätesten Fälligkeitstermin ab (§ 13 MTV BAP/DGB: spätestens bis zum 15. Bankarbeitstag des auf den Abrechnungsmonat folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 6 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 8 Abs. 1 AÜG bzw. § 10 Abs. 4 AÜG a.F. ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 42).

2. Die Ausschlussfristenregelung in § 20 des Arbeitsvertrages hält einer Transparenz- und Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB stand.

a. Eine Inhaltskontrolle ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die arbeitsvertragliche Regelung sich wortgleich mit der tariflichen Regelung in § 16 MTV BAP/DGB deckt. Zwar enthält § 2 des Arbeitsvertrages eine sog. Globalverweisung auf das Tarifwerk BAP/DGB, so dass grundsätzlich eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht stattfinden würde. Dies gilt auch, wenn die tariflichen Vorschriften wortgleich im Arbeitsvertrag wiedergegeben werden. Allerdings bestimmt die Präambel von § 20 des Arbeitsvertrages, dass die Ausschlussfristen unabhängig von den tariflichen Ausschlussfristen vereinbart sind. Damit soll insoweit auf den Tarifvertrag gerade nicht Bezug genommen werden.

b. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts benachteiligt eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 51).

Die Ausschlussfrist lässt dem Kläger auch die faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzen. Die Klausel lässt es zu, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG a.F bzw. § 8 Abs. 1 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht, ohne die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts zu kennen (vgl. BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 52 für eine identische Klausel). Hinzu kommt, dass in der streitgegenständlichen Vertragsgestaltung die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 AÜG bzw. § 9 Nr. 2 AÜG a.F. vorliegen. In diesem Falle besteht schon kein Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Entleiher (§ 13 HS 2 AÜG).

Die Klausel ist auch nicht nach § 309 Nr. 13 BGB unwirksam, da sie die schriftliche Geltendmachung verlangt und jedenfalls dem Wortlaut nach nicht die Textform genügen lässt. Denn in der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags im Oktober 2014 geltenden Fassung des § 309 Nr. 13 BGB durfte in AGB die Geltendmachung von Ansprüchen noch von der Schriftform abhängig gemacht werden. Das Verbot einer strengeren Form als der Textform wurde erst mit Wirkung ab 01.11.2016 in das Gesetz aufgenommen (BGBl. I 2016, 233).

Ob die Zweite Stufe der Ausschlussfrist wirksam ist, kann dahingestellt bleiben. Denn die Unwirksamkeit der Zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn 54).

c. § 20 des Arbeitsvertrags verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie gibt insbesondere die Rechtslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zutreffend wieder. Sie erfasst keine Ansprüche, für die die Vereinbarung einer Ausschlussfrist verboten wäre.

aa. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen. Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern. Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, dessen Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (st. Rspr. BAG 18.09.2018 - 9 AZR 162/18 - Rn 35 mwN).

bb. Die streitgegenständliche Klausel ist nicht intransparent, obwohl sie Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 (Haftung bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) oder § 202 Abs. 1 BGB (Haftung wegen Vorsatz) erfassten Art nicht ausdrücklich ausnimmt. Denn bei diesen Schadensersatzansprüchen handelt es sich um außergewöhnliche, von den Vertragspartnern regelmäßig nicht für regelungsbedürftig gehaltene Fälle. Derartige Fälle sollen von der Klausel gar nicht umfasst werden (BAG 20.06.2013 - 8 AZR 280/12 - Rn 21). Bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist denken die Parteien eines Arbeitsvertrages vor allem an laufende Entgeltansprüche, also an Ansprüche des Arbeitnehmers, gegebenenfalls aber auch an Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts, nicht aber an vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen Personenschäden. Daher ist eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist dahingehend auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll (BAG 20.06.2013- 8 AZR 280/12 - Rn 21, 22). Dazu zählen die in § 202 Abs. 1 und § 309 Nr. 7 BGB genannten Ansprüche nicht.

cc. Die Klausel ist nicht deshalb intransparent, weil sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt. Denn § 3 Satz 1 MiLoG kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.

(1) Die Klausel umfasst sowohl vom Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck den gesetzlichen Mindestlohn. Er betrifft Entgelt für geleistete Arbeit und damit den Hauptanwendungsfall für Ausschlussfristen (BAG 18.09.2018 - 9 AZR 162/18 - Rn 40).

(2) Nach § 3 MiLoG sind Vereinbarungen, die die Geltendmachung des Mindestlohns beschränken oder ausschließen unwirksam. Hierunter fallen auch Vereinbarungen über Ausschlussfristen (BAG 18.09.2018 - 9 AZR 162/18 - Rn 37 mwN).

(3) Das MiLoG und damit auch § 3 MiLoG findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten jedoch keine Anwendung.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 MiLoG gehen die Regelungen des AEntG, des AÜG und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen den Regelungen des MiLoG vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlagen festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet. Der Vorrang zugunsten des Branchenmindestlohns ist umfassend. Insbesondere bleiben weiterhin - in den von § 9 Satz 3 AEntG gezogenen Grenzen - auch Ausschlussfristen möglich (Riechert/Nimmerjahn, AÜG, 2. Aufl., 2017, § 1 AÜG, Rn 218). Das vorliegende Leiharbeitsverhältnis unterfällt dem AÜG. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages waren nach § 3a AÜG Mindestlöhne für die Leiharbeitsbranche durch Rechtsverordnung festgesetzt. Diese unterschritten nicht den ab 01.01.2015 geltenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € brutto.

(4) Unabhängig davon käme § 3 Satz 1 MiLoG erst für Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn zur Anwendung, die ab 01.01.2015 entstanden sind. Der Arbeitsvertrag ist jedoch bereits im Oktober 2014 abgeschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt hat die vereinbarte Ausschlussfrist die Rechtslage nicht irreführend wiedergegeben.

Für die Prüfung der Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist ist allein auf die Gesetzeslage bei Vertragsschluss abzustellen. Ist eine Klausel bei Vertragsschluss transparent, verliert sie ihre Wirksamkeit nicht, wenn spätere Gesetzesänderungen zu ihrer Intransparenz führen (BAG 18.09.2018 - 9 AZR - 162/18 Rn 42)

Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11.08.2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I S. 1348) eingeführt und am 16.08.2014, dem Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz), in Kraft getreten, also vor Abschluss des Arbeitsvertrags. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht allerdings erst seit dem 01.01.2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Ob Intransparenz einer bereits zwischen dem 16.08.2014 und dem 31.12.2014 abgeschlossenen Ausschlussfristenregelung, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt, anzunehmen ist, hat das BAG letztlich offengelassen (BAG 18.09.2018 - 9 AZR 162/18 - Rn 41). Dies ist jedoch mit der Argumentation des BAG zu verneinen.

Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 01.01.2015 ausgeschlossen. Deshalb hat die fehlende Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns für den Zeitraum ab dem 01.01.2015 die Teilunwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung nach § 3 Satz 1 MiLoG zur Folge; für den Zeitraum bis zum 31.12.2014 steht § 3 Satz 1 MiLoG der Wirksamkeit der Ausschlussfrist nicht entgegen, denn die Norm setzt das Bestehen eines Mindestlohnanspruchs voraus (BAG 18.09.2018 - 9 AZR 162/18 - Rn 44).

dd. Die Klausel ist auch nicht deswegen intransparent, weil sie die Rechtslage in Bezug auf andere die Vereinbarung von Ausschlussfristen verbietende Vorschriften irreführend wiedergeben würde.

(1) Nach § 9 Satz 3 AEntG ist zwar die Vereinbarung von arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen für einen Anspruch auf Mindestentgelt nach § 8 AEntG verboten. § 8 AEntG und die auf ihn verweisenden §§ 13 und 13a AEntG verpflichten aber nur Arbeitgeber in den im AEntG geregelten Branchen, die nach dem AEntG per Rechtsverordnung nach §§ oder Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen festgesetzten Entgelte zu zahlen. Zwar erstreckt § 8 Abs. 3 AEntG diese Regelung auch auf Leiharbeitnehmer - aber nur, wenn sie vom Entleiher mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die in den Geltungsbereich eines solchen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder einer nach dem AEntG erlassenen Rechtsverordnung fallen.

Die Leiharbeitsbranche als solche ist nicht im AEntG oder in einer gemäß § 7a AEntG erlassenen Rechtsverordnung geregelt. Der Kläger ist als Mitarbeiter im Bereich Service Desk auch nicht mit Tätigkeiten in einer solchen dem AEntG unterfallenden Branche beschäftigt worden. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass dies zu irgendeinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen war.

(2) Nach § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG ist zwar die Vereinbarung von arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte ausgeschlossen. Die vereinbarte Klausel umfasst ihrem Wortlaut nach auch tarifliche Ansprüche. Sie gibt aber die Rechtslage nicht irreführend wieder, da die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung wortgleich mit der tariflichen Ausschlussfristenregelung in § 16 MTV BAP/DGB ist. Im Übrigen käme § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG nur bei beiderseitiger Tarifbindung zum Tragen (ErfK-Preis 19. Aufl., 2019, §§ 194 - 198 BGB, Rn 42). Dass beide Parteien Mitglied in der jeweiligen tarifschließenden Koalition sind, ist von den Parteien nicht behauptet und auch sonst nicht ersichtlich.

(3) Im AÜG oder den auf Grund von § 3a AÜG erlassenen Verordnungen zur Lohnuntergrenze ist keine Regelung enthalten, die - wie § 3 Satz 1 MiLoG oder § 9 Satz 3 AEntG - die arbeitsvertragliche Vereinbarung von Ausschlussfristen verbieten würde. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG a.F. bzw. § 8 Abs. 1 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören (BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954 - Rn 36 für Equal-Pay-Ansprüche).

3. Die Ansprüche des Klägers - sollten sie denn entstanden sein - sind bis einschließlich Januar 2017 verfallen.

Die Ansprüche waren jeweils am Ende des Monats fällig (§ 6 Nr. 1 des Arbeitsvertrages). Die Frist von drei Monaten zur schriftlichen Geltendmachung begann somit am jeweils 01. des Folgemonats um 00.00 Uhr und endete am jeweiligen Monatsletzten des dem Folgemonat folgenden übernächsten Monats um 24.00 Uhr (§§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB). Die Ansprüche für Januar 2017 wurden also am 28.02.2017 fällig. Die Ausschlussfrist endete am Dienstag, den 02.05.2015 (§ 193 BGB). Die Ausschlussfrist für Februar 2017 endete entsprechend am Mittwoch, den 31.05.2017. Der Kläger hat den Anspruch auf Gleichstellung erstmals schriftlich mit Schreiben vom 31.05.2017 geltend gemacht. Es ist davon auszugehen, dass dieses Schreiben noch am selben Tage der Beklagten zuging. Sie hat selbst behauptet, dass Ansprüche bis einschließlich Januar 2017 verfallen sind und nicht auch Februar. Außerdem ist auf dem Schreiben vermerkt „Vorab per Telefax“. Die Beklagte hat auch bereits mit Schreiben vom 02.06.2017 geantwortet.

C.

Der Kläger hat als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten der Berufung zu tragen, § 97 ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung für die streitgegenständlichen Monate Februar 2017 bis April 2017 zuzulassen, da die Ansprüche für diese Monate nicht verfallen sind (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG).

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Der Streitwert wird auf 29.067,12 Euro festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über weitere Vergütungsansprüche des Klägers wegen des „Equal-Pay-Grundsatzes“.

Der am ...1968 geborene Kläger war im Zeitraum vom 15.10.2014 bis 15.10.2016 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Mitarbeiter im Bereich Service Desk & Support mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.800,- Euro beschäftigt. § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags vom 09.10.2014 lautet (Bl. 32 d.A.):

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem BAP und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossenen, geltenden und nachwirkenden Mantel-, Entgelt- und Entgeltrahmentarifverträge vom 22.07.2003 und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Als ergänzend im obigen Sinne gelten auch Tarifverträge über Branchenzuschläge mit einzelnen der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit angehörenden Gewerkschaften. (…).“

In der Zeit vom 15.10.2014 bis zum 15.10.2016 war der Kläger bei dem Unternehmen eingesetzt. Auf sein Auskunftsverlangen teilte das Unternehmen dem Kläger als Bruttomonatsgehalt eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers 3.363,-Euro ab dem 15.10.2014, 3.444,- Euro ab dem 01.10.2015 und 3.541,- Euro ab dem 01.07.2016 mit. Zusätzlich erhielten Stammarbeitnehmer ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von 125% eines Bruttomonatsgehalts.

Im Zeitraum 17.10.2016 bis 30.04.2017 war der Kläger bei der eingesetzt. Dort ist er seit Mai 2017 - bei unveränderter Tätigkeit - Stammarbeitnehmer und erhält ein Bruttomonatsgehalt von 3.600,- Euro.

Mit Schreiben vom 31.05.2017 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm für den Einsatz bei der monatlich 400,- Euro und für den Einsatz bei der monatlich 800,- Euro nachzuzahlen, das heißt insgesamt 14.800,- Euro (Bl. 48 d.A.). Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 02.06.2017 ab (Bl. 50 d.A.).

Mit seiner Klage vom 31.08.2017, beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tag per Telefax eingegangen, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, wobei er nunmehr Zahlung von insgesamt 29.067,12 Euro fordert.

Der Kläger beruft sich auf den Gleichstellungsanspruch des Leiharbeitnehmers, wobei die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 AÜG mögliche Abweichung durch Tarifvertrag Grenzen habe, welche in seinem Fall überschritten seien. Der Grundsatz der Gleichbehandlung dürfe gestaltet, aber nicht völlig verlassen werden. Dies sei der Fall, wenn das gezahlte Entgelt (2.800,- Euro) das Gehalt eines Stammarbeitnehmers (3.363,- Euro bis 3.600,- Euro) um 17% bis 23,33% unterschreite. Hierfür müsse die Grenze der Sittenwidrigkeit noch nicht erreicht sein; vielmehr reiche eine Abweichung um mehr als 20%, welche nach der Rechtsprechung beispielsweise auch zur Unangemessenheit der Vergütung des Auszubildenden führe. Vom Equal-Pay-Grundsatz bleibe dann nichts mehr übrig, auch weil die Vergütung als Leiharbeitnehmer unabhängig von der Lohnentwicklung im Entleiherbetrieb gezahlt werde.

Im Übrigen verstoße es gegen Art. 5 Abs. 3 bis 5 der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz durch einzelvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag ausgehebelt werden könne. Dies sei von Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Richtlinie nicht gedeckt. Eine „Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ sei nicht gegeben, wenn Tarifabweichungen nur nach unten erfolgen würden und es keinen Ausgleichsmechanismus gebe. Zudem würde der Gleichbehandlungsgrundsatz durch massenhafte Anwendung von Bezugnahmeklauseln komplett ausgehebelt und hätten Leiharbeitnehmer - im Gegensatz zu Gewerkschaften - keine Verhandlungsmacht beim Abschluss des Arbeitsvertrags.

Schließlich verstießen die in Bezug genommenen tariflichen Regelungen gegen AGB-Recht, weil sie von dem Grundgedanken der Richtlinie 2008/104/EG abwichen. Die arbeits- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen stünden der Klageforderung nicht entgegen, weil sie Mindestlohnansprüche erfassten, weil der Equal-Pay-Anspruch ein solcher aus unerlaubter Handlung sei, weil der Tarifvertrag wegen Richtlinienwidrigkeit unwirksam sei, und weil der Leiharbeitnehmer vor der Geltendmachung erst seinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiherbetrieb durchsetzen müsse.

Er beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.867,12 Euro brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.200,- Euro brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, und trägt hierzu vor, die an den Kläger geleistete Vergütung entspreche der Regelung in § 8 Abs. 2 AÜG und den tarifvertraglichen Vorgaben. Sowohl die Leiharbeitsrichtlinie als auch das AÜG ließen tarifvertragliche Abweichungen vom Gleichbehandlungsgrundsatz zu, wobei es auf die Art und Weise der Anwendbarkeit des Tarifvertrags nicht ankomme. Jedenfalls seien nach den anwendbaren Ausschlussfristen vor Februar 2017 entstandene Ansprüche verfallen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 25.07.2017 (Bl. 26 ff. d.A.) und vom 01.03.2018 (Bl. 82 ff. d.A.) sowie der Beklagten vom 20.12.2017 (Bl. 70 ff. d.A.) nebst deren Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Differenzvergütung zwischen seinem Arbeitsentgelt und dem vergleichbarer Beschäftigter in den Entleiherbetrieben. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG bzw. aus § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. (für den Zeitraum vor dem 01.04.2017). Der Gleichstellungsgrundsatz findet keine Anwendung, weil eine zulässige Abweichung durch Tarifvertrag nach § 8 Abs. 2 Satz 1 bis 3 AÜG bzw. nach §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Ziff. 2 AÜG a.F. vorliegt.

1. Durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die zwischen dem BAP und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossenen Tarifverträge im Arbeitsvertrag vom 09.10.2014 besteht eine solche Abweichung. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass es sich um einen einschlägigen Tarifvertrag handelt, der bei beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden würde, ebenso wenig, dass die in der Mindestlohnverordnung für die Arbeitnehmerüberlassung auf der Grundlage von § 3a AÜG festgesetzten Mindeststundenentgelte eingehalten sind (zu letzterem und ebenfalls zu den Tarifverträgen BAP/DGB-Tarifgemeinschaft ausführlich ArbG Gießen v. 14.02.2018 - 7 Ca 246/17 - juris).

2. Die Bezugnahmeklausel ist nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Die Inhaltskontrolle ist nur für von Rechtsvorschriften - auch von Tarifverträgen - abweichende Regelungen eröffnet (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB), was jedenfalls im Falle der vorliegenden Globalverweisung auf einen gesamten Tarifvertrag der AGB-Kontrolle entgegensteht (vgl. BAG v. 23.09.2004 - 6 AZR 442/03 - NZA 2005, 475 m.w.N.).

3. Bedenken hinsichtlich der Europarechtskonformität dieser Bestimmungen des AÜG bestehen nicht.

a) Insbesondere genügt § 8 Abs. 2 Satz 1 bis 3 AÜG bzw. §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Ziff. 2 AÜG der Vorgabe von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104/EG, wonach Abweichungen nur „unter Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ erfolgen dürfen (LAG Nürnberg v. 20.05.2014 - 6 Sa 76/14 - BeckRS 2015; ArbG Gießen v. 14.02.2018, a.a.O.; a.A. Wank, BB 2018, 1909, 1915 m.w.N. zum Streitstand).

Im Gesamtkontext der Richtlinie, nämlich der Regelung in Art. 5 Abs. 4 und der Erwägungsgründe, ist davon auszugehen, dass an den „Gesamtschutz“ keine hohen Anforderungen gestellt werden sollen und bei Abweichungen ein weiter Spielraum eingeräumt wird. So deutet die in Art. 5 Abs. 4 Satz 2 explizit als genügend für ein angemessenes Schutzniveau nach Art. 5 Abs. 4 Satz 1 genannte Wartezeit für Gleichbehandlung - obwohl hier nicht unmittelbar einschlägig - auf ein Verständnis des Richtliniengebers hin, wonach ein ausreichender Gesamtschutz erst nach einer gewissen Zeit eingehalten werden muss (ArbG Gießen v. 14.02.2018, a.a.O.). Diesen weiten Anforderungen an einen Gesamtschutz ist dadurch genügt, dass § 8 Abs. 2 Satz 1 AÜG eine Lohnuntergrenze festlegt sowie dass § 8 Abs. 4 AÜG zusätzliche zeitliche Hürden für die Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz aufstellt (ArbG Gießen v. 14.02.2018, a.a.O.; s. auch ArbG Weiden v. 20.12.2013 - 3 Ca 1033/13 - BeckRS 2015, 66726).

b) Zweifel an der Europarechtskonformität ergeben sich auch nicht daraus, dass § 8 Abs. 2 Satz 3 AÜG die Abweichung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme ermöglicht. Die Richtlinie lässt ein Abweichen vom Gleichbehandlungsgrundsatz durch Tarifverträge zu, macht jedoch keine Vorgaben bezüglich der Voraussetzungen für die Geltung der tarifvertraglichen Regelungen. Die Möglichkeit, Tarifverträge durch Bezugnahmeklauseln ins Arbeitsverhältnis zu übernehmen, ist in Deutschland anerkannt. Gleichzeitig geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Tarifpartner selbst auf ein angemessenes Schutzniveau der Arbeitsvertragsparteien, die in den Geltungsbereich ihrer Regelungen fallen, achten. Dieses Schutzniveau ist jedoch unabhängig davon, ob die Tarifverträge unmittelbar, kraft Fortgeltung, Nachwirkung, Allgemeinverbindlichkeitserklärung oder eben vertraglicher Bezugnahme anwendbar sind. Auch im Fall der Bezugnahme wird der Schutz durch die Ausgewogenheit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerrechte und -pflichten, wie sie die Tarifparteien aushandeln, erreicht (LAG Nürnberg v. 20.05.2014, a.a.O., mit Verweis auf BAG v. 13.03.2013 - 5 AZR 242/12 - juris).

4. Auf die Anwendbarkeit der einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen kommt es damit nicht mehr an.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

III.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ff. ZPO in Höhe des Klagebetrags festgesetzt.

IV.

Die Möglichkeit der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG; eine gesonderte Zulassung der Berufung war darüber hinaus nicht veranlasst.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Der Streitwert wird auf 29.067,12 Euro festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über weitere Vergütungsansprüche des Klägers wegen des „Equal-Pay-Grundsatzes“.

Der am ...1968 geborene Kläger war im Zeitraum vom 15.10.2014 bis 15.10.2016 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Mitarbeiter im Bereich Service Desk & Support mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.800,- Euro beschäftigt. § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags vom 09.10.2014 lautet (Bl. 32 d.A.):

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem BAP und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossenen, geltenden und nachwirkenden Mantel-, Entgelt- und Entgeltrahmentarifverträge vom 22.07.2003 und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Als ergänzend im obigen Sinne gelten auch Tarifverträge über Branchenzuschläge mit einzelnen der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit angehörenden Gewerkschaften. (…).“

In der Zeit vom 15.10.2014 bis zum 15.10.2016 war der Kläger bei dem Unternehmen eingesetzt. Auf sein Auskunftsverlangen teilte das Unternehmen dem Kläger als Bruttomonatsgehalt eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers 3.363,-Euro ab dem 15.10.2014, 3.444,- Euro ab dem 01.10.2015 und 3.541,- Euro ab dem 01.07.2016 mit. Zusätzlich erhielten Stammarbeitnehmer ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von 125% eines Bruttomonatsgehalts.

Im Zeitraum 17.10.2016 bis 30.04.2017 war der Kläger bei der eingesetzt. Dort ist er seit Mai 2017 - bei unveränderter Tätigkeit - Stammarbeitnehmer und erhält ein Bruttomonatsgehalt von 3.600,- Euro.

Mit Schreiben vom 31.05.2017 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm für den Einsatz bei der monatlich 400,- Euro und für den Einsatz bei der monatlich 800,- Euro nachzuzahlen, das heißt insgesamt 14.800,- Euro (Bl. 48 d.A.). Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 02.06.2017 ab (Bl. 50 d.A.).

Mit seiner Klage vom 31.08.2017, beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tag per Telefax eingegangen, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, wobei er nunmehr Zahlung von insgesamt 29.067,12 Euro fordert.

Der Kläger beruft sich auf den Gleichstellungsanspruch des Leiharbeitnehmers, wobei die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 AÜG mögliche Abweichung durch Tarifvertrag Grenzen habe, welche in seinem Fall überschritten seien. Der Grundsatz der Gleichbehandlung dürfe gestaltet, aber nicht völlig verlassen werden. Dies sei der Fall, wenn das gezahlte Entgelt (2.800,- Euro) das Gehalt eines Stammarbeitnehmers (3.363,- Euro bis 3.600,- Euro) um 17% bis 23,33% unterschreite. Hierfür müsse die Grenze der Sittenwidrigkeit noch nicht erreicht sein; vielmehr reiche eine Abweichung um mehr als 20%, welche nach der Rechtsprechung beispielsweise auch zur Unangemessenheit der Vergütung des Auszubildenden führe. Vom Equal-Pay-Grundsatz bleibe dann nichts mehr übrig, auch weil die Vergütung als Leiharbeitnehmer unabhängig von der Lohnentwicklung im Entleiherbetrieb gezahlt werde.

Im Übrigen verstoße es gegen Art. 5 Abs. 3 bis 5 der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz durch einzelvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag ausgehebelt werden könne. Dies sei von Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Richtlinie nicht gedeckt. Eine „Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ sei nicht gegeben, wenn Tarifabweichungen nur nach unten erfolgen würden und es keinen Ausgleichsmechanismus gebe. Zudem würde der Gleichbehandlungsgrundsatz durch massenhafte Anwendung von Bezugnahmeklauseln komplett ausgehebelt und hätten Leiharbeitnehmer - im Gegensatz zu Gewerkschaften - keine Verhandlungsmacht beim Abschluss des Arbeitsvertrags.

Schließlich verstießen die in Bezug genommenen tariflichen Regelungen gegen AGB-Recht, weil sie von dem Grundgedanken der Richtlinie 2008/104/EG abwichen. Die arbeits- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen stünden der Klageforderung nicht entgegen, weil sie Mindestlohnansprüche erfassten, weil der Equal-Pay-Anspruch ein solcher aus unerlaubter Handlung sei, weil der Tarifvertrag wegen Richtlinienwidrigkeit unwirksam sei, und weil der Leiharbeitnehmer vor der Geltendmachung erst seinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiherbetrieb durchsetzen müsse.

Er beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.867,12 Euro brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.200,- Euro brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, und trägt hierzu vor, die an den Kläger geleistete Vergütung entspreche der Regelung in § 8 Abs. 2 AÜG und den tarifvertraglichen Vorgaben. Sowohl die Leiharbeitsrichtlinie als auch das AÜG ließen tarifvertragliche Abweichungen vom Gleichbehandlungsgrundsatz zu, wobei es auf die Art und Weise der Anwendbarkeit des Tarifvertrags nicht ankomme. Jedenfalls seien nach den anwendbaren Ausschlussfristen vor Februar 2017 entstandene Ansprüche verfallen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 25.07.2017 (Bl. 26 ff. d.A.) und vom 01.03.2018 (Bl. 82 ff. d.A.) sowie der Beklagten vom 20.12.2017 (Bl. 70 ff. d.A.) nebst deren Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Differenzvergütung zwischen seinem Arbeitsentgelt und dem vergleichbarer Beschäftigter in den Entleiherbetrieben. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG bzw. aus § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. (für den Zeitraum vor dem 01.04.2017). Der Gleichstellungsgrundsatz findet keine Anwendung, weil eine zulässige Abweichung durch Tarifvertrag nach § 8 Abs. 2 Satz 1 bis 3 AÜG bzw. nach §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Ziff. 2 AÜG a.F. vorliegt.

1. Durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die zwischen dem BAP und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossenen Tarifverträge im Arbeitsvertrag vom 09.10.2014 besteht eine solche Abweichung. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass es sich um einen einschlägigen Tarifvertrag handelt, der bei beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden würde, ebenso wenig, dass die in der Mindestlohnverordnung für die Arbeitnehmerüberlassung auf der Grundlage von § 3a AÜG festgesetzten Mindeststundenentgelte eingehalten sind (zu letzterem und ebenfalls zu den Tarifverträgen BAP/DGB-Tarifgemeinschaft ausführlich ArbG Gießen v. 14.02.2018 - 7 Ca 246/17 - juris).

2. Die Bezugnahmeklausel ist nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Die Inhaltskontrolle ist nur für von Rechtsvorschriften - auch von Tarifverträgen - abweichende Regelungen eröffnet (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB), was jedenfalls im Falle der vorliegenden Globalverweisung auf einen gesamten Tarifvertrag der AGB-Kontrolle entgegensteht (vgl. BAG v. 23.09.2004 - 6 AZR 442/03 - NZA 2005, 475 m.w.N.).

3. Bedenken hinsichtlich der Europarechtskonformität dieser Bestimmungen des AÜG bestehen nicht.

a) Insbesondere genügt § 8 Abs. 2 Satz 1 bis 3 AÜG bzw. §§ 10 Abs. 4 Satz 2, 9 Ziff. 2 AÜG der Vorgabe von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104/EG, wonach Abweichungen nur „unter Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ erfolgen dürfen (LAG Nürnberg v. 20.05.2014 - 6 Sa 76/14 - BeckRS 2015; ArbG Gießen v. 14.02.2018, a.a.O.; a.A. Wank, BB 2018, 1909, 1915 m.w.N. zum Streitstand).

Im Gesamtkontext der Richtlinie, nämlich der Regelung in Art. 5 Abs. 4 und der Erwägungsgründe, ist davon auszugehen, dass an den „Gesamtschutz“ keine hohen Anforderungen gestellt werden sollen und bei Abweichungen ein weiter Spielraum eingeräumt wird. So deutet die in Art. 5 Abs. 4 Satz 2 explizit als genügend für ein angemessenes Schutzniveau nach Art. 5 Abs. 4 Satz 1 genannte Wartezeit für Gleichbehandlung - obwohl hier nicht unmittelbar einschlägig - auf ein Verständnis des Richtliniengebers hin, wonach ein ausreichender Gesamtschutz erst nach einer gewissen Zeit eingehalten werden muss (ArbG Gießen v. 14.02.2018, a.a.O.). Diesen weiten Anforderungen an einen Gesamtschutz ist dadurch genügt, dass § 8 Abs. 2 Satz 1 AÜG eine Lohnuntergrenze festlegt sowie dass § 8 Abs. 4 AÜG zusätzliche zeitliche Hürden für die Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz aufstellt (ArbG Gießen v. 14.02.2018, a.a.O.; s. auch ArbG Weiden v. 20.12.2013 - 3 Ca 1033/13 - BeckRS 2015, 66726).

b) Zweifel an der Europarechtskonformität ergeben sich auch nicht daraus, dass § 8 Abs. 2 Satz 3 AÜG die Abweichung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme ermöglicht. Die Richtlinie lässt ein Abweichen vom Gleichbehandlungsgrundsatz durch Tarifverträge zu, macht jedoch keine Vorgaben bezüglich der Voraussetzungen für die Geltung der tarifvertraglichen Regelungen. Die Möglichkeit, Tarifverträge durch Bezugnahmeklauseln ins Arbeitsverhältnis zu übernehmen, ist in Deutschland anerkannt. Gleichzeitig geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Tarifpartner selbst auf ein angemessenes Schutzniveau der Arbeitsvertragsparteien, die in den Geltungsbereich ihrer Regelungen fallen, achten. Dieses Schutzniveau ist jedoch unabhängig davon, ob die Tarifverträge unmittelbar, kraft Fortgeltung, Nachwirkung, Allgemeinverbindlichkeitserklärung oder eben vertraglicher Bezugnahme anwendbar sind. Auch im Fall der Bezugnahme wird der Schutz durch die Ausgewogenheit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerrechte und -pflichten, wie sie die Tarifparteien aushandeln, erreicht (LAG Nürnberg v. 20.05.2014, a.a.O., mit Verweis auf BAG v. 13.03.2013 - 5 AZR 242/12 - juris).

4. Auf die Anwendbarkeit der einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen kommt es damit nicht mehr an.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

III.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ff. ZPO in Höhe des Klagebetrags festgesetzt.

IV.

Die Möglichkeit der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG; eine gesonderte Zulassung der Berufung war darüber hinaus nicht veranlasst.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die zumindest auch für ihre jeweiligen in der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Mitglieder zuständig sind (vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien) und bundesweit tarifliche Mindeststundenentgelte im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung miteinander vereinbart haben, können dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam vorschlagen, diese als Lohnuntergrenze in einer Rechtsverordnung verbindlich festzusetzen; die Mindeststundenentgelte können nach dem jeweiligen Beschäftigungsort differenzieren und auch Regelungen zur Fälligkeit entsprechender Ansprüche einschließlich hierzu vereinbarter Ausnahmen und deren Voraussetzungen umfassen. Der Vorschlag muss für Verleihzeiten und verleihfreie Zeiten einheitliche Mindeststundenentgelte sowie eine Laufzeit enthalten. Der Vorschlag ist schriftlich zu begründen.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint, in einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die vorgeschlagenen tariflichen Mindeststundenentgelte nach Absatz 1 als verbindliche Lohnuntergrenze auf alle in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Arbeitgeber sowie Leiharbeitnehmer Anwendung findet. Der Verordnungsgeber kann den Vorschlag nur inhaltlich unverändert in die Rechtsverordnung übernehmen.

(3) Der Verordnungsgeber hat bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen einer Gesamtabwägung neben den Zielen dieses Gesetzes zu prüfen, ob eine Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere geeignet ist, die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme zu gewährleisten. Der Verordnungsgeber hat zu berücksichtigen

1.
die bestehenden bundesweiten Tarifverträge in der Arbeitnehmerüberlassung und
2.
die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien.

(4) Liegen mehrere Vorschläge nach Absatz 1 vor, hat der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen der nach Absatz 3 erforderlichen Gesamtabwägung die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien besonders zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Repräsentativität ist vorrangig abzustellen auf

1.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Arbeitnehmer, die bei Mitgliedern der vorschlagenden Arbeitgebervereinigung beschäftigt sind;
2.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Mitglieder der vorschlagenden Gewerkschaften.

(5) Vor Erlass ist ein Entwurf der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt Verleihern und Leiharbeitnehmern sowie den Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die im Geltungsbereich der Rechtsverordnung zumindest teilweise tarifzuständig sind, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist wird der in § 5 Absatz 1 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes genannte Ausschuss mit dem Vorschlag befasst.

(6) Nach Absatz 1 vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien können gemeinsam die Änderung einer nach Absatz 2 erlassenen Rechtsverordnung vorschlagen. Die Absätze 1 bis 5 finden entsprechend Anwendung.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 18.09.2015 – 9 Ca 170/14 – abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten sich im Berufungsverfahren nur noch über die Dauer der Kündigungsfrist.

2

Der Kläger war bei der Beklagten – einer Zeitarbeitsfirma – auf der Grundlage eines bis zum 31. 12. 2014 befristeten Arbeitsvertrages vom 02. 07. 2014 (vgl. Bl. 18 ff. d. A.) seit dem 02. 07. 2014 als Hilfskraft bei einem tariflichen Stundenlohn von 7,86 Euro brutto und einer täglichen Arbeitszeit von 7 Stunden in einer 5 Tage Arbeitswoche beschäftigt.

3

Paragraph 1 des Arbeitsvertrages hat folgenden Wortlaut:

4

§ 1 Vertragsgrundlagen und Einbeziehung des Tarifvertrages

5

1. A…, als ein Unternehmen zur Durchführung von gewerblichen, technischen und kaufmännischen Arbeiten nach den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, ist im Besitz der Erlaubnis gem. § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, erteilt durch die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Rheinland-Pfalz/Saarland in S… am 13. 06. 1988.

6

2. Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, die der Arbeitgeberverband IGZ mit einer oder mehreren der Gewerkschaften IG, BCE, NGG, IG Metall, GEW, Verdi, IG Bau, GdP, EVG abgeschlossen hat oder zukünftig abschließen wird. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus. Es finden dabei nicht sämtliche vom IGZ abgeschlossenen Tarifverträge gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, sondern nur die einschlägigen Tarifverträge nach der in den Absätzen drei bis fünf genannten Maßgabe.

7

3. Es finden jeweils diejenigen der in Absatz 2 genannten Tarifverträge Anwendung, in denen die Gewerkschaft, aus deren Satzung sich die Zuständigkeit für den zugewiesenen Kundenbetrieb ergibt, als Vertragspartei beteiligt ist. Soweit nach dem Vorstehenden die satzungsgemäße Zuständigkeit mehrerer Gewerkschaften bekundet ist, finden die Tarifverträge mit derjenigen in Absatz 2 genannten zuständigen Gewerkschaft Anwendung, die im Verhältnis zu der oder den anderen zuständigen Gewerkschaft/Gewerkschaften in Absatz 2 zuerst genannt wird.

8

4. Bis zum Beginn des ersten Einsatzes finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligte ist. Ab Beginn des ersten Einsatzes gelten diejenigen nach Maßgabe des Absatzes 3 ermittelten Tarifverträge solange, bis ein anderer Einsatz beginnt.

9

5. Soweit der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen wir, für den sich keine satzungsgemäße Zuständigkeit für den jeweiligen Kundenbetrieb ergibt, finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligt ist.

10

6. Die Parteien vereinbaren, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit diese Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

11

7. Die tarifvertragliche Inbezugnahme gilt ausdrücklich nicht für die Geltung arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen, die sich ausnahmslos und unabhängig von anderslautenden tarifvertraglichen Regelungen aus § 18 dieses Arbeitsvertrages ergeben.

12

Mit Schreiben vom 22. 08. 2014 (vgl. Bl. 30 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum nächstmöglichen Termin und bestimmte diesen auf den Ablauf des 30. 08. 2014.

13

Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 23. 08. 2014 zu.

14

Der Manteltarifvertrag Zeitarbeit zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e. V.) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB – der IG BCE, der NGG, der IG Metall, der GEW, der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der IG Bau, der EVG und der GdP – bestimmt in § 2 Folgendes:

15

2.2 Probezeit und Kündigungsfristen

16

Die ersten 6 Monate des Beschäftigungsverhältnisses gelten als Probezeit.

17

In den ersten 4 Wochen der Probezeit kann das Beschäftigungsverhältnis mit einer Frist von 2 Arbeitstagen gekündigt werden. Von der 5. Woche an bis zum Ablauf des zweiten Monats beträgt die Kündigungsfrist eine Woche, vom dritten Monat bis zum sechsten Monat des Beschäftigungsverhältnisses zwei Wochen.

18

Vom 7. Monat des Beschäftigungsverhältnisses an gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Diese gesetzlichen Kündigungsfristen gelten beiderseits.

19

Probezeit und Kündigungsfristen gelten gleichermaßen für befristete Beschäftigungsverhältnisse.

20

Den Manteltarifvertrag haben die genannten Gewerkschaften sowie der iGZ am 17. 09. 2013 gezeichnet.

21

Mit der am 12. 09. 2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrte der Kläger zunächst die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die verhaltensbedingte Kündigung vom 22. 08. 2014 beendet worden sei, sondern unverändert bis zum 31. 12. 2014 fortbestehe. Im Laufe des Rechtsstreites wurde dieser Antrag auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 07. 09. 2014 verkürzt.

22

Bei der Beklagten werden mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt.

23

Durch Versäumnisurteil vom 11. 11. 2014 hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutz- nebst Weiterbeschäftigungsklage vom 12. 09. 2014 abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger, dem das Versäumnisurteil am 18. 11. 2014 zuging, am selben Tage Einspruch eingelegt.

24

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB nicht eingehalten habe.

25

Der Kläger hat unter Klagerücknahme im Übrigen erstinstanzlich beantragt,

26

das Versäumnisurteil vom 11. 11. 2014 aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. 08. 2014, zugegangen am 23. 08. 2014, nicht mit Ablauf des 30. 08. 2014, sondern erst mit Ablauf des 07. 09. 2014 geendet hat.

27

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte ist – soweit zweitinstanzlich noch von Interesse – der Auffassung, dass die Kündigungsfrist von einer Woche bei einer Beschäftigungszeit bis zu 2 Monaten nach dem Manteltarifvertrag für die Zeitarbeitsbranche, die der iGZ mit den dort genannten DGB-Gewerkschaften abgeschlossen hat, Anwendung finde und vorliegend eingehalten worden sei.

30

Das Arbeitsgericht hat unter Aufhebung seines vorherigen Versäumnisurteils vom 11. 11. 2014 im Urteil vom 18. 09. 2015 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. 08. 2014 nicht mit Ablauf des 31. 08. 2014, sondern erst mit Ablauf des 07. 09. 2014 geendet hat.

31

Das Arbeitsgericht führte aus, dass die Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der Sonderregelung für Probearbeitszeitverhältnisse nach § 622 Abs. 3 BGB zwei Wochen ab Zugang des Kündigungsschreibens betrage und eine kürzere Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den Manteltarifvertrag des iGZ nicht ersichtlich sei, weil die dortige Regelung nicht transparent i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB und damit unwirksam sei.

32

Das erstinstanzliche Urteil ist der Beklagten zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 26. 10. 2015 zugestellt worden.

33

Hiergegen hat die Beklagte mit am 25. 11. 2015 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt. Mit am 22. 12. 2015 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage beantragte die Beklagte die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. 01. 2016, was ausweislich des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 23. 12. 2015 antragsgemäß geschah.

34

Am 26. 01. 2016 ging die Berufungsbegründung bei dem Landesarbeitsgericht ein.

35

Die Beklagte meint:

36

Nach § 2.2 des Manteltarifvertrages betrage die Kündigungsfrist vorliegend eine Woche. Da die Kündigung dem Kläger am 23. 08. 2014 zugegangen sei, könne das Arbeitsverhältnis während der Probezeit mit Ablauf des 30. 08. 2014 wirksam beendet werden. Dies habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft nicht beachtet. Die Arbeitsvertragsparteien hätten im Arbeitsvertrag eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie das Tarifwerk des iGZ mit den DGB-Gewerkschaften zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses machen wollten. Diese arbeitsvertragliche Bezugnahme in § 1 des Arbeitsvertrages verstoße nicht gegen das Transparenz- oder Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

37

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt zweitinstanzlich,

38

das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 18. September 2015, Az.: 9 Ca 170/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.

39

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt zweitinstanzlich,

40

die Berufung zurückzuweisen.

41

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

42

Die Berufung der Beklagten sei unbegründet. Das Arbeitsgericht sei richtigerweise davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 07. 09. 2014 beendet werden könne. Eine frühere Kündigungsmöglichkeit sei auch aufgrund eines Tarifvertrages nicht wirksam vereinbart worden. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel sei intransparent und hänge davon ab, bei welchem Kunden der Arbeitnehmer gerade eingesetzt sei. Mit einer solchen Regelung werde letztendlich dem Arbeitnehmer auferlegt, zu ermitteln, welcher Tarifvertrag im konkreten Fall zur Anwendung gelange. Dies benachteilige den Kläger unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB. Dies gelte auch bei inhaltlich gleichlautenden Tarifverträgen.

43

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

44

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG) und im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, § 64 Abs. 6 i. V. m. §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

45

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass vorliegend ein Gegenstandswert von unter 600,00 € gegeben ist, denn in Kündigungsschutzverfahren ist die Berufung unabhängig von dem Erreichen eines Beschwerdewertes nach § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG grundsätzlich zulässig. Eine solche Klage ist vorliegend gegeben, da es um die Beendigung oder Nichtbeendigung eines Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt geht.

II.

46

In der Sache hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 22. 08. 2014 mit Ablauf des 30. 08. 2015 beendet worden.

47

Die dem Kläger am 23. 08. 2015 zugegangene ordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit der Frist von einer Woche gemäß § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrages i. V. m. § 2 Ziffer 2.2 Satz 3 des MTV iGZ-DGB am 30. 08. 2014 beendet.

48

Vorliegend ist die Kündigung des befristeten Arbeitsverhältnisses auch grundsätzlich zulässig. Zwar ist regelmäßig eine Kündigung in befristeten Arbeitsverhältnissen nicht zulässig, wie sich aus § 15 Abs. 3 TzBfG ergibt. Allerdings ist § 3 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages zu entnehmen, dass das Arbeitsverhältnis auch während der Probezeit gekündigt werden kann. Damit ist die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Regel arbeitsvertraglich vereinbart.

1.

49

Die tarifliche Kündigungsfrist des MTV für die Zeitarbeitsbranche findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsverhältnis Anwendung (§ 1 Nr. 2 Arbeitsvertrag).

50

Diese Verweisungsklausel ist wirksam.

51

Zwar sind gemäß § 307 Abs. 1 BGB Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auch gegeben, wenn eine vertragliche Bestimmung nicht klar und nicht verständlich ist.

52

a) An diesen gesetzlichen Regelungen ist § 1 des Arbeitsvertrages zu messen.

53

aa) Die Parteien haben einen Formulararbeitsvertrag geschlossen, der als solcher allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, die die Beklagte dem Kläger bei Abschluss des Vertrages gestellt hat, § 305 Abs. 1 BGB.

54

Bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild stellt der Arbeitsvertrag der Parteien vom 02. 07. 2014 allgemeine Geschäftsbedingungen dar, da bis auf die persönlichen Angaben in dem Vorspann zu § 1 des Arbeitsvertrages und die Tätigkeit in § 2 bzw. der Beginn des Arbeitsverhältnisses und das Befristungsende in § 3 sowie die Vergütungshöhe alle anderen Regelungen des befristeten Arbeitsvertrages vorgegeben sind.

55

bb) Diese vertraglichen Regelungen hat der Arbeitgeber – vorliegend die Beklagte – gestellt, wie sich aus der gesetzlichen Vermutung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB ergibt. Anhaltspunkte, dass § 1 des Arbeitsvertrages vom Arbeitnehmer in den Vertrag eingeführt worden ist – dieser ist Verbraucher i. S. d. Regelung – sind nicht ersichtlich und von keiner Seite behauptet worden.

56

cc) Im Hinblick auf § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB kommt es auch nicht darauf an, ob der vorliegende Vertrag zur mindestens dreimaligen Verwendung bestimmt ist, da der Arbeitnehmer auf den Inhalt des Vertrages keinen Einfluss nehmen konnte.

57

b) Die Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrages ist nicht überraschend i. S. v. § 305 c BGB. Im Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer damit zu rechnen, dass auf Tarifverträge Bezug genommen wird. Dies ist im Übrigen eine der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses, die ausdrücklich in § 310 Abs. 4 S. 2 BGB genannt werden, vgl. insoweit auch BAG, NZA 2009, 154.

58

c) Die Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrages hält den Transparenzregeln stand.

59

aa) Verweist eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerkes führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz.

60

Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG, Urteil vom 14. 11. 2012 – 5 AZR 107/11 – Rdnr. 22 m. w. N.). Dass bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, welchen künftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist dabei unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebotes für Klauseln, die – wie im Regelfall – auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk i. S. einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend, vgl. BAG, Urteil vom 21. 11. 2012 – 4 AZR 85/11 – Rdnr. 35 m. w. N.. Dagegen bedarf eine Bezugnahmeklausel, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Anderenfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht bei mehrgliedrigen Tarifwerken die Gefahr, dass der Arbeitnehmer gerade wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt, vgl. auch BAG, Urteil vom 13. 03. 2013 – 5 AZR 954/11 – Rz. 30. Denn der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss daher im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält, vgl. BAG, Urteil vom 19. 02. 2014 – 5 AZR 700/12 – NZA 2014, 1099, Rz. 19 m. w. N..

61

bb) Diesen Anforderungen genügen die Bezugnahmeregelungen in § 1 Ziffern 2 bis 5 des Arbeitsvertrages. Die erforderliche Bestimmtheit ist vorliegend jedenfalls dann gegeben, wenn es sich bei dem vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen iGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGBs abgeschlossenen Regelwerk um einen so genannten Einheitstarifvertrag handelt. Bei einem Einheitstarifvertrag bildet der Tarifvertrag ein "einheitliches Tarifwerk", eine "geschlossene Einheit", mag er auch nicht vom DGB-Spitzenverband, sondern von einzelnen Gewerkschaften in einer Urkunde abgeschlossen sein. Die Tarifvertragsparteien einer Seite sind bei der Ausübung von Rechten und bei der Erfüllung von Pflichten aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages in der Weise gebunden, dass sie im Verhältnis zur Gegenseite eine Einheit darstellen. Die Kündigung des Tarifvertrages kann nur durch alle Tarifvertragsparteien einer Seite gemeinsam ausgesprochen werden. In diesem Fall können die in Bezug genommenen Tarifverträge keinen unterschiedlichen Inhalt haben und in Zukunft erhalten.

62

Dagegen ist ein so genannter mehrgliedriger Tarifvertrag ein mit mehreren Einzelgewerkschaften abgeschlossener, in einer Urkunde zusammengefasster Tarifvertrag. Die verschiedenen Tarifverträge können in diesem Fall unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten gekündigt, neu abgeschlossen werden oder anderen Regelungen zugänglich sein. Eine Bezugnahme auf solche Tarifverträge wäre nur dann hinreichend transparent und verständlich, wenn durch eine Kollisionsregel klar gestellt wird, welche der möglichen tariflichen Regelungen bei sich widersprechenden Regelungen Vorrang haben soll.

63

cc) Die Frage, ob es sich bei dem MTV Zeitarbeit vom 17. 09. 2013, den der iGZ mit den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossen hat, um einen Einheitstarifvertrag oder um mehrgliedrige Tarifverträge handelt, scheint in Rechtsprechung und Literatur noch nicht abschließend geklärt. Ob entsprechend der Anzahl der auf einer Seite Beteiligten mehrere voneinander unabhängige und lediglich äußerlich in einer Urkunde zusammengefasste Tarifverträge zu Stande gekommen sind oder als eine geschlossene Einheit ein einziger, alle Beteiligten gemeinsam bindender einheitlicher Tarifvertrag hängt vom Willen der Tarifvertragsparteien ab, der durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass es sich um mehrere selbständige Tarifverträge handelt, bei denen jede Tarifvertragspartei die Autonomie über die Vertragsgestaltung, insbesondere das Kündigungsrecht behalten will, vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02. 03 .2016 – 7 Sa 352/15 –.

64

Das LAG Düsseldorf ist im Urteil vom 29. 10. 2014 – 7 Sa 1053/13 – mit Herrmann/Molle, BB 2013, 1781, 1782 und Müntefering, NZA 2015, 711 sowie Schüren, NZA 2013, 948, 952 vom Vorliegen eines einheitlichen Tarifwerkes ausgegangen. Für das Vorliegen eines einheitlichen Tarifvertrages spreche vorliegend die Formulierung in § 9 zur tariflichen Schlichtungsstelle. Dort heiße es in 9.2 Abs. 2 S. 2, dass hinsichtlich der Besetzung des Schiedsgerichtes die Beisitzer von dem iGZ und die Arbeitnehmerbeisitzer von der DGB-Tarifgemeinschaft von Fall zu Fall benannt werden. Auch sei eine Kündigungsmöglichkeit des Tarifwerkes durch eine Einzelgewerkschaft nicht ausdrücklich vorgesehen. Daneben streite für die Einordnung des Tarifwerkes als Einheitstarifvertrag auch, dass anderenfalls der von den DGB-Mitgliedsgewerkschaften und dem iGZ verfolgten Zweck, die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer unabhängig davon, welcher DGB-Mitgliedsgewerkschaft sie angehören, einheitlich zu regeln, nicht erreicht werden könnte, zumal eine gleichzeitige Mitgliedschaft in allen tarifschließenden Gewerkschaften ausgeschlossen ist. Schließlich komme die Einordnung der einzelnen Tarifverträge des Tarifwerkes iGZ/DGB als Einheitstarifvertrag auch in den seitens der IG Metall abgeschlossenen verleiherbezogenen Tarifverträgen Leih-/Zeitarbeit (TV Leiz) zum Ausdruck, die in Ziffer 5.3 lautet:

65

"Abweichende Regelungen i. S. v. § 9 Ziffer 2 AÜG sind dabei nur solche, die mit der Tarifgemeinschaft des DGB oder mit der IG Metall abgeschlossen wurden oder werden und einen Branchenzuschlag, oder mindestens eine in der Höhe vergleichbare Vergütung erhalten."

66

Auch die Tarifverträge über Branchenzuschläge bezeichnen die zwischen dem iGZ und den DGB-Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge als "abgeschlossen zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. – iGZ – und der DGB- Tarifgemeinschaft Zeitarbeit" (vgl. nur § 2 Abs. 3 TV BZ ME, § 2 Abs. 3 TV BZ Chemie).

67

Dem schließt sich die erkennende Kammer an.

68

Für die Auffassung als Einheitstarifvertrag spricht i. Ü., dass dieser Tarifvertrag im Eingangssatz als "folgender Manteltarifvertrag" bezeichnet wird, der abgeschlossene Tarifvertrag zwischen dem iGZ und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB somit in der Einzahl erwähnt und dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich um einen Tarifvertrag und nicht um ein mehrgliedrigeres Werk mehrerer Tarifverträge, die in einer Urkunde zusammengefasst werden, handelt. Dies setzt sich i. Ü. in § 13 MTV ("dieser Vertrag…") und in § 14 MTV ("…einzelne Bestimmungen dieses Vertrages…") sowie in den Protokollnotizen – dort Nr. 1 – "der Tarifvertrag…" fort.

69

Das sieht offensichtlich auch das LAG Nürnberg so. In der Entscheidung vom 10. 11. 2013 – 3 Sa 699/10 – geht das LAG Nürnberg von einem Einheitstarifvertrag aus (vgl. Rz. 85), weil bereits der Wortlaut dies nahelege. Der MTV Zeitarbeit vom 17. 09. 2013 spreche durchgängig von "dem Tarifvertrag" und nicht wie z. B. vorherige Tarifwerke wie das CGZP-AMP Tarifwerk von einem mehrgliedrigen Tarifvertrag.

70

dd) Aber selbst dann, wenn man davon ausgehen müsste, dass es sich bei dem vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen iGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Manteltarifvertrag Zeitarbeit vom 17. 09. 2013 um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag handelt, liegt keine Intransparenz vor, weil der Arbeitsvertrag in § 1 Ziffern 2 bis 5 transparente Koalitionsregelungen enthält. Mit dem LAG Rheinland-Pfalz (aaO, Rz. 70) ist zwar einzugestehen, dass diese Ziffern von § 1 des Arbeitsvertrages schwer lesbar sind. Sie sind aber nicht unverständlich. Die entsprechenden Klauseln ließen sich auch nur schwer so formulieren, dass das Gewollte klarer zum Ausdruck kommt. In § 1 Ziffern 2 bis 5 des Arbeitsvertrages sind alle denkbaren Konstellationen geregelt. So enthält Ziffer 4 Regelungen für die Zeit bis zu einem ersten Einsatz und für die Zeiten zwischen zwei Einsätzen. Ziffer 5 regelt den Fall, in dem der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen wird, für den sich keine satzungsgemäße Zuständigkeit ergibt. Eine Intransparenz der Bezugnahmeregel ergibt sich auch nicht daraus, dass diese nach der satzungsgemäßen Zuständigkeit für den zugewiesenen Kundenbetrieb richtet und im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht feststeht, welcher Kundenbetrieb dies sein wird. Denn der Arbeitnehmer ist in der Lage, sich über die anwendbaren Tarifverträge im Kundenbetrieb Kenntnis zu verschaffen, weil diese gemäß § 8 TVG verpflichtet sind, die für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen. Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 13. 03. 2013 – 5 AZR 954/11 –, NZA 2013, 680, 683, eine Koalitionsregel in Form einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifverträge nach der Branche des Entleihers angedacht. Schließlich hat auch der Gesetzgeber in § 9 Nr. 2 AÜG an den Betrieb des Entleihers angeknüpft. § 9 Nr. 2 HS 3 AÜG erlaubt die Anwendung der tariflichen Regelung durch Inbezugnahme "im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages". Verleiher und Leiharbeitnehmer müssen danach folglich auf den Tarifvertrag Bezug nehmen, der für sie gelten würde, wenn sie tarifgebunden wären. Dem trägt § 1 des Arbeitsvertrages in seinen Ziffern 2 bis 5 Rechnung.

71

Selbst wenn Ziffer 3 von § 1 des Arbeitsvertrages unklar wäre, weil insoweit auch auf Satzungen von Gewerkschaften Bezug genommen wird und dies nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. 03. 2013 – 5 AZR 954/11 – unter Hinweis auf Rz. 31 zu einer Unklarheit führen könnte, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Bezugnahmeklausel. Denn die jeweilige Einschlägigkeit eines Tarifvertrages ergibt sich aus seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Anwendungsbereich und daraus, dass die einschlägigen Tarifverträge nach § 8 TVG auslagepflichtig sind. Ein Wechsel des jeweiligen Tarifwerkes bei Zuweisung zu einem anderen Entleiherunternehmen führt nicht zur Intransparenz, weil durch die zuvor genannte Zuordnung eine Bestimmung des einschlägigen Tarifwerkes – notfalls nach der Kollisionsregel aus § 1 Ziffer 3 S. 2 des Arbeitsvertrages – jederzeit möglich macht.

72

d) Demnach ist die von dem Beklagten gewählte einwöchige Kündigungsfrist vertragsgemäß und hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. 08. 2014 unter Bezugnahme auf §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB beendet. Dass sowohl der Zugang der Kündigung auf einen Samstag und damit unter Berücksichtigung der genannten Vorschriften das Ende der einwöchigen Frist ebenfalls auf einen Samstag fällt, ist auch im Hinblick auf § 193 BGB irrelevant, da es vorliegend bei dem Ende der Kündigungsfrist nicht um die Abgabe einer Willenserklärung oder die Bewirkung einer Leistung geht. Daher ist § 193 BGB auf Kündigungsfristen weder direkt noch analog anwendbar, vgl. Ellenberger in: Palandt, BGB, 75. Aufl., 2016, § 193 Rz. 3 unter Hinweis auf BGH, NJW 1972, 2083, NJW 2005, 1354 sowie BAG NJW 1970, 1470 sowie DB 77, 639.

2.

73

Demnach war das Urteil des Arbeitsgerichts vom 18. 09. 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

III.

74

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und trifft den Kläger, da er unterliegt.

IV.

75

Die Revision war zuzulassen, da grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 72 Abs. 2 Nr. 1 BGB gegeben ist. Mit dem LAG Rheinland-Pfalz geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass die Entscheidung des Rechtsstreites abhängt von der wirtschaftlich bedeutsamen Frage, ob die in einer Vielzahl von Arbeitsverträgen bei der Beklagten verwendete und an den Musterarbeitsvertrag der iGZ angelehnte arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel wirksam ist.


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die zumindest auch für ihre jeweiligen in der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Mitglieder zuständig sind (vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien) und bundesweit tarifliche Mindeststundenentgelte im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung miteinander vereinbart haben, können dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam vorschlagen, diese als Lohnuntergrenze in einer Rechtsverordnung verbindlich festzusetzen; die Mindeststundenentgelte können nach dem jeweiligen Beschäftigungsort differenzieren und auch Regelungen zur Fälligkeit entsprechender Ansprüche einschließlich hierzu vereinbarter Ausnahmen und deren Voraussetzungen umfassen. Der Vorschlag muss für Verleihzeiten und verleihfreie Zeiten einheitliche Mindeststundenentgelte sowie eine Laufzeit enthalten. Der Vorschlag ist schriftlich zu begründen.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint, in einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die vorgeschlagenen tariflichen Mindeststundenentgelte nach Absatz 1 als verbindliche Lohnuntergrenze auf alle in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Arbeitgeber sowie Leiharbeitnehmer Anwendung findet. Der Verordnungsgeber kann den Vorschlag nur inhaltlich unverändert in die Rechtsverordnung übernehmen.

(3) Der Verordnungsgeber hat bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen einer Gesamtabwägung neben den Zielen dieses Gesetzes zu prüfen, ob eine Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere geeignet ist, die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme zu gewährleisten. Der Verordnungsgeber hat zu berücksichtigen

1.
die bestehenden bundesweiten Tarifverträge in der Arbeitnehmerüberlassung und
2.
die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien.

(4) Liegen mehrere Vorschläge nach Absatz 1 vor, hat der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen der nach Absatz 3 erforderlichen Gesamtabwägung die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien besonders zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Repräsentativität ist vorrangig abzustellen auf

1.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Arbeitnehmer, die bei Mitgliedern der vorschlagenden Arbeitgebervereinigung beschäftigt sind;
2.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Mitglieder der vorschlagenden Gewerkschaften.

(5) Vor Erlass ist ein Entwurf der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt Verleihern und Leiharbeitnehmern sowie den Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die im Geltungsbereich der Rechtsverordnung zumindest teilweise tarifzuständig sind, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist wird der in § 5 Absatz 1 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes genannte Ausschuss mit dem Vorschlag befasst.

(6) Nach Absatz 1 vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien können gemeinsam die Änderung einer nach Absatz 2 erlassenen Rechtsverordnung vorschlagen. Die Absätze 1 bis 5 finden entsprechend Anwendung.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

1.
(Kurzfristige Preiserhöhungen)eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden;
2.
(Leistungsverweigerungsrechte)eine Bestimmung, durch die
a)
das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder
b)
ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird;
3.
(Aufrechnungsverbot)eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen;
4.
(Mahnung, Fristsetzung)eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen;
5.
(Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a)
die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b)
dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;
6.
(Vertragsstrafe)eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird;
7.
(Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a)
(Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
b)
(Grobes Verschulden)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgasts von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge;
8.
(Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung)
a)
(Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen)eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen;
b)
(Mängel)eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen
aa)
(Ausschluss und Verweisung auf Dritte)die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden;
bb)
(Beschränkung auf Nacherfüllung)die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten;
cc)
(Aufwendungen bei Nacherfüllung)die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 und 3 oder § 635 Absatz 2 zu tragen oder zu ersetzen;
dd)
(Vorenthalten der Nacherfüllung)der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht;
ee)
(Ausschlussfrist für Mängelanzeige)der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist;
ff)
(Erleichterung der Verjährung)die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird;
9.
bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat,
a)
eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags,
b)
eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses, es sei denn das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen, oder
c)
eine zu Lasten des anderen Vertragsteils längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer;
dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung zusammengehörig verkaufter Sachen sowie für Versicherungsverträge;
10.
(Wechsel des Vertragspartners)eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird
a)
der Dritte namentlich bezeichnet oder
b)
dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen;
11.
(Haftung des Abschlussvertreters)eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt,
a)
ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder
b)
im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung
auferlegt;
12.
(Beweislast)eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a)
diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b)
den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind;
13.
(Form von Anzeigen und Erklärungen)eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a)
an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b)
an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c)
an besondere Zugangserfordernisse;
14.
(Klageverzicht)eine Bestimmung, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen darf, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht hat;
15.
(Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistung)eine Bestimmung, nach der der Verwender bei einem Werkvertrag
a)
für Teilleistungen Abschlagszahlungen vom anderen Vertragsteil verlangen kann, die wesentlich höher sind als die nach § 632a Absatz 1 und § 650m Absatz 1 zu leistenden Abschlagszahlungen, oder
b)
die Sicherheitsleistung nach § 650m Absatz 2 nicht oder nur in geringerer Höhe leisten muss.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2018 - 33 Sa 17/17 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. August 2017 - 29 Ca 39/17 - wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2016.

2

Der Kläger war beim Beklagten seit dem 2. September 2013 beschäftigt. Er erzielte zuletzt einen Stundenlohn iHv. 11,10 Euro brutto.

3

In einem beim Arbeitsgericht Hamburg geführten Kündigungsrechtsstreit (- 29 Ca 315/16 -) schlossen die Parteien am 15. August 2016 einen Vergleich, der ua. regelt:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 24.06.2016 aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 15.08.2016. Der Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 17.06.2016 keine Rechte mehr her. Der Kläger nimmt diesen Verzicht hiermit an.

        

2.    

Der Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge - unter Berücksichtigung etwaiger auf öffentliche Träger kraft Gesetzes übergegangener und gepfändeter Ansprüche - an den Kläger zu zahlen bis zum 15.09.2016.

        

…       

        
        

5.    

Damit sind alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie dieser Rechtsstreit erledigt.“

4

Der Beklagte übermittelte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 eine Abrechnung für August 2016, in der die Vergütung für 88 Stunden ausgewiesen ist, nicht jedoch die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

5

Mit seiner am 17. Januar 2017 eingegangenen, dem Beklagten am 25. Januar 2017 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - die Abgeltung von 19 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016 begehrt, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden konnten. In der Klagebegründung hat er auf einen „Arbeitsvertrag vom 01.09.2015“ Bezug genommen. Als Anlage zur Klageschrift hat der Kläger jedoch nur den befristeten Arbeitsvertrag vom 3. März 2014 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2014) vorgelegt.

6

Im Arbeitsvertrag 2014 heißt es ua.:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses, Verlängerung um 18 Monate

        

… Ab 1.3.14 Verlängerung um 18 Monate.

        

…       

        

§ 11   

Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.“

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne vom Beklagten für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016 Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto verlangen. Der Anspruch sei nicht verfallen. Die vertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam. Zudem habe sich der Beklagte mit Ziff. 2 des Vergleichs vom 15. August 2016 zur Urlaubsabgeltung verpflichtet und auf eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs verzichtet.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.687,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2016 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, der Abgeltungsanspruch sei gemäß Ziff. 5 des Vergleichs erledigt, jedenfalls aber gemäß § 11 des Arbeitsvertrags verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision noch von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage mit der Begründung, der Anspruch des Klägers sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2014 verfallen, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

Der Kläger hat erstmals mit der Revisionsbegründung den am 1. September 2015 geschlossenen unbefristeten Arbeitsvertrag (im Folgenden Arbeitsvertrag 2015) vorgelegt, der in § 11 eine mit § 11 Arbeitsvertrag 2014 wortgleiche Ausschlussfristenregelung enthält, und vorgetragen, dieser Vertrag sei zuletzt Grundlage des Arbeitsverhältnisses gewesen. Der Beklagte hat dies auf Anfrage des Senats bestätigt. Er hat die Auffassung vertreten, § 11 Arbeitsvertrag 2015 sei nach § 3 Satz 1 MiLoG nur insoweit unwirksam, als der gesetzliche Mindestlohn betroffen sei. Unabhängig davon halte die Verfallklausel einer Transparenzkontrolle stand, weil das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitsvertrag 2015 ohne Änderung der Vertragsbedingungen im Übrigen nur „verlängert“ worden sei. Dies sei kein Neuabschluss des Arbeitsvertrags.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Die Klage ist zulässig und begründet.

13

A. Der Beklagte ist gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, an den Kläger für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden können, Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto zu zahlen. Einwendungen gegen Grund und Höhe des Anspruchs hat der Beklagte zuletzt nicht mehr geltend gemacht.

14

B. Der Anspruch des Klägers ist nicht nach Ziff. 5 des Prozessvergleichs vom 15. August 2016 untergegangen.

15

I. Welche Rechtsqualität und welche Reichweite eine Erledigungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich hat, ist durch Auslegung nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln(vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 28, BAGE 150, 355). Die Streitfrage, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 18 mwN, BAGE 151, 382; 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen von BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 43; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 17), bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

II. Das Landesarbeitsgericht hat den Prozessvergleich zutreffend ausgelegt, indem es angenommen hat, der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers sei nicht aufgrund Ziff. 5 des Vergleichs erloschen. Einer Auslegung der Klausel als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB steht Ziff. 2 des Vergleichs entgegen.

17

1. Die Parteien wollen, wenn in einem gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erstreckende Ausgleichsklausel aufgenommen und nicht nur der Rechtsstreit erledigt wird, in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend umfassend bereinigen und alle Ansprüche erledigen (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 21, BAGE 151, 382; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30; 5. April 1973 - 5 AZR 574/72 -). Von einem Willen, einen umfassenden Anspruchsausschluss zu vereinbaren, kann hingegen nicht ausgegangen werden, wenn die Parteien vereinbart haben, dass neben den im Prozessvergleich ggf. ausdrücklich genannten noch weitere, nicht näher bezeichnete Ansprüche zu erfüllen sind.

18

2. Ziff. 5 des Vergleichs vom 15. August 2016 bezieht sich zwar - für sich betrachtet - auf „alle Ansprüche der Parteien … aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“, zu denen auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG gehört(vgl. BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 29, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133). Die Erledigungsklausel nimmt jedoch mit dem Wort „damit“ auf die der Klausel vorangestellten Vereinbarungen der Parteien Bezug. Aus dieser Verknüpfung folgt, dass mit Vergleichsschluss zwar der Kündigungsrechtsstreit erledigt werden sollte, die Vertragsbeziehungen im Übrigen aber erst dann, wenn nicht nur die in Ziff. 3 und Ziff. 4 ausdrücklich festgelegten Verpflichtungen der Parteien erfüllt sind, sondern - ohne Einschränkung - auch die in Ziff. 2 nicht näher konkretisierten, weiteren Zahlungsansprüche des Klägers „aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“.

19

C. Der Abgeltungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen.

20

I. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt nicht der Arbeitsvertrag vom 3. März 2014, sondern der am 1. September 2015 geschlossene Arbeitsvertrag. Dies haben die Parteien in der Revisionsinstanz unstreitig gestellt.

21

II. Entgegen der Ansicht des Klägers schließt nicht bereits der Prozessvergleich vom 15. August 2016 einen Verfall des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 aus.

22

1. Dem Wortlaut des Vergleichs ist ein Verzicht des Beklagten auf die Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfrist nicht zu entnehmen.

23

2. Etwas anderes folgt auch nicht aus der dem Beklagten mit Ziff. 2 des Vergleichs bis zum 15. September 2016 gesetzten Abrechnungs- und Zahlungsfrist.

24

a) Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich, „das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge“ an den Arbeitnehmer „zu zahlen“, wird hierdurch im Zweifel nur die ohnehin bestehende Rechtslage bestätigt (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu I der Gründe; vgl. zu einer sonstigen Erklärung im Prozess BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 44). Das Anerkenntnis einer Zahlungspflicht oder ein Verzicht auf die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen ist hierin jedenfalls dann nicht zu sehen, wenn - wie hier - die Ansprüche, auf die sich die Abrechnungs- und Zahlungspflicht beziehen soll, nicht benannt sind.

25

b) Ziff. 2 des Vergleichs bestimmt allein die Fälligkeit der Ansprüche des Klägers. Sie räumte dem Beklagten das Recht ein, „das Arbeitsverhältnis“ insgesamt, dh. auch den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers, der gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden wäre(vgl. BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - Rn. 14; 6. August 2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22), bis zum 15. September 2016 abzurechnen und die Zahlungsansprüche des Klägers spätestens zu diesem Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. zur Zulässigkeit der Einbeziehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs in eine allgemeine Abrechnung BAG 8. April 2014 - 9 AZR 550/12 - Rn. 16). Hieraus folgt nicht, dass bei Nichterfüllung der Ansprüche des Klägers innerhalb der im Vergleich vereinbarten Frist - die Wirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 unterstellt - eine schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Beklagten entbehrlich gewesen wäre. Allein der Beginn der Ausschlussfrist hätte sich, weil § 11 Arbeitsvertrag 2015 für deren Lauf auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, durch die in Ziff. 2 des Vergleichs getroffene Abrede verschoben.

26

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien mit dem Vergleich eine von den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsbeschränkungen unabhängige Zahlungspflicht hätten schaffen wollen, hat der Kläger nicht dargelegt. Solche sind auch nicht ersichtlich.

27

III. Der Kläger war nicht gehalten, den Anspruch auf Urlaubsabgeltung innerhalb der in § 11 Arbeitsvertrag 2015 gesetzten Frist schriftlich geltend zu machen. Die am 1. September 2015 vereinbarte Klausel ist intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB insgesamt unwirksam, weil sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) erfasst, der nach dem am 16. August 2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ab dem 1. Januar 2015 zu zahlen ist. Die Klausel kann deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der vertraglichen Ausschlussfrist treten die gesetzlichen Bestimmungen (§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung der §§ 306, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ein.

28

1. Der streitgegenständliche Anspruch auf Abgeltung von Urlaub kann als reiner Geldanspruch einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterliegen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 11 mwN).

29

2. § 11 Arbeitsvertrag 2015 bezieht sich auf „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“. Dies schließt alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche ein, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 12; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306). Vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst sind demnach auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG(vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133) und der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG.

30

3. Die Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag 2015 getroffenen Abreden ist - jedenfalls - wie die Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB)anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Der Vertrag weist außer den persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten auf. Dies - wie auch das äußere Erscheinungsbild - begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags 2015 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 14; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 12; 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82; 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN). Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), denn der Arbeitsvertrag 2015 ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14). Dass der Kläger auf den Inhalt des Arbeitsvertrags Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), hat der Beklagte nicht behauptet.

31

4. § 11 Arbeitsvertrag 2015 enthält nicht verschiedene Ausschlussfristenregelungen und ist deshalb einer einheitlichen Kontrolle nach § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu unterziehen.

32

a) Bei einer teilbaren Klausel ist diese Kontrolle jeweils getrennt für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen. Die Regelungen müssen allerdings nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu trennen sein (vgl. BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 23, BAGE 154, 93). Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils (sog. Blue-Pencil-Test) zu ermitteln. Eine teilbare Formularklausel kann mit ihrem zulässigen Teil aufrechterhalten werden (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 25, BAGE 146, 284; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 21, BGHZ 205, 220). Darin liegt keine geltungserhaltende Reduktion, denn die Trennung ist in den vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen bereits vorgegeben (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81).

33

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 ist nicht - im Sinne einer in der Klausel vorgegebenen Trennung - teilbar. Die Verfallklausel erfasst inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ohne zwischen dem Mindestlohnanspruch und sonstigen Ansprüchen zu differenzieren (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 24, BAGE 156, 150).

34

5. § 11 Arbeitsvertrag 2015 verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

35

a) Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17 - Rn. 34; 24. August 2016 - 8 AZR 378/16 - Rn. 18). Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern (st. Rspr., zB BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 55; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48, BAGE 144, 306). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, dessen Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, BAGE 139, 44; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52; 5. Oktober 2005 - VIII ZR 382/04 - Rn. 23).

36

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 wird dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht, weil die Klausel, indem sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt, die Rechtslage unzutreffend und deshalb irreführend darstellt.

37

aa) Nach § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Ausschlussfristen betreffen den zeitlichen Bestand und die Art und Weise der Geltendmachung eines Rechts (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31, BAGE 137, 249; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu II der Gründe, BAGE 115, 19). § 3 Satz 1 MiLoG entzieht Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 20 f.; vgl. zu § 9 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150).

38

bb) § 11 Arbeitsvertrag 2015 erfasst, obwohl § 3 Satz 1 MiLoG dies verbietet, den gesetzlichen Mindestlohn.

39

(1) Eine Auslegung, der gesetzliche Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG solle nicht in den Anwendungsbereich von § 11 Arbeitsvertrag 2015 fallen, lässt der Wortlaut der Klausel mangels einer entsprechenden Einschränkung nicht zu.

40

(2) Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Entgelt für geleistete Arbeit betrifft nicht einen nur selten auftretenden, von den Vertragsparteien nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Sonderfall (vgl. hierzu: BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 21 f. mwN; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19), sondern ist der Hauptanwendungsbereich von Ausschlussfristen (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150; ErfK/Preis 18. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 50a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 27; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45), den die Parteien eines Arbeitsvertrags bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist vor allem im Blick haben (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 22).

41

cc) Das Fehlen der Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns führt zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015, weil die Klausel vom Beklagten nach dem 31. Dezember 2014 gestellt wurde. Keiner Entscheidung bedarf es, ob dies gleichermaßen - und ggf. ohne zeitliche Einschränkungen - gölte, wenn die Klausel zwar mit oder nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 16. August 2014, aber vor Geltung des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 vereinbart worden wäre.

42

(1) Für die Prüfung der Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist ist allein auf die Gesetzeslage bei Vertragsschluss abzustellen(vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 22; BGH 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13 - Rn. 38, BGHZ 201, 363; 30. März 2010 - XI ZR 200/09 - Rn. 30, BGHZ 185, 133; 4. Februar 2009 - VIII ZR 66/08 - Rn. 15). Ist eine Klausel bei Vertragsschluss transparent, verliert sie ihre Wirksamkeit nicht, wenn spätere Gesetzesänderungen zu ihrer Intransparenz führen (vgl. Boemke JuS 2015, 385, 392; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3).

43

(2) Die Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt, ist somit nach der Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen.

44

(a) Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I S. 1348) eingeführt und am 16. August 2014, dem Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz), in Kraft getreten. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 22).

45

(b) Wurde der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes geschlossen, kann - allein - die Änderung der Gesetzeslage durch das Mindestlohngesetz nicht nachträglich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB zur (Gesamt-)Unwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung wegen Intransparenz führen, wenn sich ihr Anwendungsbereich entgegen § 3 Satz 1 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 auch auf den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erstreckt. Die fehlende Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns hat für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 die Teilunwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung nach § 3 Satz 1 MiLoG zur Folge; für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 steht § 3 Satz 1 MiLoG der Wirksamkeit der Ausschlussfrist nicht entgegen, denn die Norm setzt das Bestehen eines Mindestlohnanspruchs voraus (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 21 ff.).

46

(c) Demgegenüber verstößt eine vom Arbeitgeber gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde. Sie stellt die Rechtslage von Anfang an irreführend dar.

47

(aa) Eine solche Ausschlussfristenregelung suggeriert - ausgehend von dem bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB wie von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anzuwendenden abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 15; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 58; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 14; 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 12) - dem verständigen Arbeitnehmer, er müsse auch den Anspruch auf den nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist geltend machen (vgl. zu § 2 PflegeArbbV BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150). Damit besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist den gesetzlichen Mindestlohnanspruch in der Annahme, er sei verfallen, nicht mehr durchsetzt, obwohl sein Verfall nach § 3 Satz 1 MiLoG ausgeschlossen ist.

48

(bb) Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes der Anspruch auf den Mindestlohn in einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (vgl. ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

49

(cc) Der Verwender von Ausschlussfristen wird hierdurch nicht vor unzumutbare Anforderungen gestellt.

50

(aaa) Die an die Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellten Anforderungen dürfen den Verwender nicht überfordern. Die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende Verpflichtung, den Klauselinhalt möglichst klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Welche Anforderungen an die Wahrung des Transparenzgebots konkret zu stellen sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dabei ist insbesondere auch die Komplexität des Sachverhalts unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des konkreten Regelungsgegenstands maßgeblich (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23 mwN, BAGE 158, 81; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30).

51

(bbb) An den Klauselverwender werden keine unzumutbaren Anforderungen gestellt, wenn man ihm, will er die Intransparenz der Ausschlussfrist wegen fehlender Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns vermeiden, einen Hinweis darauf abverlangt, die vertragliche Ausschlussfrist gelte nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes der vereinbarten Ausschlussfrist entzogen sind (vgl. zu einem Formulierungsvorschlag Roloff FS Willemsen 2018 S. 416). Eine entsprechende Formulierung würde, auch wenn sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich benennt, dem Transparenzgebot gerecht, denn der Klauselverwender darf - ohne dass hierin eine mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Einklang zu bringende Überforderung des Arbeitnehmers zu sehen wäre - Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache ebenso wie unbestimmte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe verwenden. Das Transparenzgebot erfordert keine Klauselgestaltung, die eine einzelfallbezogene Subsumtion von vornherein entbehrlich macht. Es kann vom Klauselverwender nicht verlangt werden, die Folgen einer Vertragsbestimmung für alle denkbaren Fallgestaltungen zu erläutern (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23, BAGE 158, 81; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52). Durch einen entsprechenden Hinweis würde dem verständigen Arbeitnehmer verdeutlicht, dass der Anwendungsbereich der vertraglichen Ausschlussfrist in Abhängigkeit vom jeweils streitigen Anspruch gesetzlichen Beschränkungen unterliegen kann. Eine Belehrung über alle gesetzlichen Bestimmungen, die Ausschlussfristen der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien entziehen, oder über sich möglicherweise durch Auslegung der Verfallklausel ergebende Einschränkungen ihres Anwendungsbereichs (vgl. zum Urlaubsanspruch BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 37 ff.) verlangt das Transparenzgebot nicht.

52

(3) In Anwendung dieser Grundsätze hält § 11 Arbeitsvertrag 2015 einer Transparenzkontrolle nicht stand, weil die Klausel vom Beklagten nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes und Geltung des gesetzlichen Mindestlohns mit dem Arbeitsvertrag vom 1. September 2015 gestellt wurde und sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann die Transparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 auch nicht deshalb an dem für „Altverträge“ geltenden Maßstab beurteilt werden, weil mit dem Arbeitsvertrag 2015 das bisher befristete Arbeitsverhältnis unter Beibehaltung der Bedingungen des am 3. März 2014 geschlossenen Arbeitsvertrags - einschließlich der Ausschlussfristenregelung - fortgesetzt wurde.

53

(a) Bei einer nach dem 31. Dezember 2014 vereinbarten Fortführung eines bisher befristeten Arbeitsverhältnisses kommt es für die Beurteilung, ob eine vom Arbeitgeber gestellte Ausschlussfrist einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB standhält, darauf an, ob die vertragliche Ausschlussfristenregelung bei Vereinbarung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den in der Befristungsabrede vorgesehenen Beendigungstermin hinaus erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war. Allein die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29 mwN).

54

(b) Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor vereinbarte Verfallklausel erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage durch Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes auch nach Geltung des gesetzlichen Mindestlohns an den zuvor getroffenen Abreden festhalten wollten, liegt beispielsweise in der Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Erst recht ist hiervon auszugehen, wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht nur allgemein auf die bisherigen Vertragsbedingungen Bezug nehmen, sondern die Ausschlussfristenregelung ausdrücklich in die Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einbeziehen, indem sie diese - wie hier im Arbeitsvertrag 2015 - in die Vertragsurkunde erneut aufnehmen.

55

(4) Offenbleiben kann, ob die fehlende Ausnahme sonstiger Ansprüche, für deren Geltendmachung die Vereinbarung von Ausschlussfristen kraft Gesetzes, wie zB nach § 9 AEntG, § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG, der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien ganz oder teilweise entzogen ist, ebenfalls zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 führte.

56

6. Die Intransparenz hat die Gesamtunwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 zur Folge und führt zu deren ersatzlosem Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen(§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). Die Klausel kann, weil sie nicht teilbar ist (vgl. oben Rn. 31 ff.), auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der Ausschlussfristenregelung treten nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Bestimmungen(vgl. BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 27).

57

a) Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen AGB-Kontrolle unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81), ist im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen(BAG 24. August 2017 - 8 AZR 378/16 - Rn. 32). Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. Eine geltungserhaltende Reduktion wäre mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln freizuhalten und auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis angewandten Geschäftsbedingungen hinzuwirken, nicht vereinbar. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. Anderenfalls liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer(st. Rspr., zB BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN; vgl. auch BGH 22. September 2015 - II ZR 341/14 - Rn. 20).

58

b) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. hierzu jeweils mwN: BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 37 ff.; 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 21, BAGE 150, 207) sind nicht gegeben. Dem mit einer Ausschlussfrist verfolgten Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen, wird durch die gesetzlichen Verjährungsfristen hinreichend Rechnung getragen. Der Beklagte hat zudem kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Ausschlussfristenregelung mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine transparente Ausschlussfristenregelung zu formulieren (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 62; 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150).

59

c) Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Ausschlussfristenregelung ist es unerheblich, ob sich das Risiko, der gesetzliche Mindestlohn werde in der Annahme, er sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen, nicht geltend gemacht, im Entscheidungsfall realisiert hat. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 26; 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

60

d) Die Unwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 hat zur Folge, dass sich allein der Beklagte als Verwender der von ihm gestellten Klausel nicht auf die darin gesetzte Ausschlussfrist berufen kann. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Verwender der Klausel, sie dient aber nicht dem Schutz des Verwenders vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 42; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 47; 22. September 2016 - 2 AZR 509/15 - Rn. 20; 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - Rn. 16; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 22, BGHZ 205, 220). Dem Kläger wäre die Berufung auf die unwirksame Ausschlussfristenregelung nicht versagt.

61

7. § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB auf eine Ausschlussfristenregelung in einem Formularvertrag(§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, nicht ein.

62

a) Dies ist allerdings umstritten.

63

aa) Von Teilen des Schrifttums wird die Ansicht vertreten, § 3 Satz 1 MiLoG sei bezogen auf Ausschlussfristen in Formularverträgen - die im Übrigen den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügten - im Verhältnis zu § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB lex specialis(so ausdrücklich Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 28); die Norm verdränge in ihrem Anwendungsbereich sowohl das Transparenzgebot als auch das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: zB Bayreuther DB 2017, 487, 489; Greiner in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Lembke NZA 2016, 1, 8 f.; Lingemann/Otte NZA 2016, 519, 522; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 47 ff.; Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 26 ff.; Sagan RdA 2017, 264, 266; Stenslik DStR 2017, 938, 940 f.). § 3 Satz 1 MiLoG ordne eine nur partielle Unwirksamkeit von Ausschlussfristen an, deren Anwendungsbereich sich auch, aber nicht allein auf den gesetzlichen Mindestlohn erstrecke, und gebe gesetzlich deren „Teilbarkeit“ im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion vor. Der Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG führe deshalb unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur zur Teilunwirksamkeit vom Arbeitgeber gestellter Ausschlussfristen. Nach dem Schutzkonzept des Mindestlohngesetzes und dem Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG sollten Ausschlussfristen nur insoweit unwirksam sein, als sie sich auf den gesetzlichen Mindestlohn bezögen (vgl. Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 28).

64

bb) Nach anderer im Schrifttum vertretener Ansicht schränkt § 3 Satz 1 MiLoG den Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und von § 306 BGB nicht ein. Nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes in Verbraucherverträgen vereinbarte Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfassten, seien, weil sie die Rechtslage nicht zutreffend abbildeten, intransparent und deshalb nicht nur teilweise, sondern nach § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB insgesamt unwirksam(so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; HK-MiLoG/Trümner 2. Aufl. § 3 Rn. 29; HWK/Roloff 8. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 14; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102, 108; MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; Zwanziger AuR 2017, 333, 336; weiter gehend auch für vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes vereinbarte Ausschlussfristen Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

65

b) § 3 Satz 1 MiLoG und § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB stehen zueinander nicht in einem Rangverhältnis der Spezialität oder Subsidiarität. Die gesetzlichen Bestimmungen sind nebeneinander anwendbar. Die darin angeordneten Rechtsfolgen schließen einander nicht aus. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB überlagert die limitierte Rechtsfolge des § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a).

66

aa) Grundsätzlich beanspruchen Rechtsnormen, die - wie die genannten einfachgesetzlichen Regelungen - im gleichen Rangverhältnis zueinander stehen, gleichermaßen Geltung und sind nebeneinander anwendbar. Erfüllt ein konkreter Lebensvorgang die abstrakten Tatbestandsmerkmale mehrerer Rechtsnormen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sämtliche an den einheitlichen Tatbestand geknüpften Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander eintreten (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, BGHZ 13, 88; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, BVerwGE 152, 264), sofern sie sich nicht gegenseitig ausschließen (vgl. Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. S. 87). Eine Verdrängung der einen Rechtsnorm durch eine andere besondere Rechtsnorm kann vorliegen, wenn ein Fall von Spezialität (lex specialis derogat legi generali) gegeben ist. Spezialität verlangt, dass die verdrängende Rechtsnorm sämtliche Merkmale der allgemeinen Norm enthält und dieser noch ein besonderes Merkmal zur Bildung seines Tatbestandsbegriffs hinzufügt (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III a der Gründe, aaO; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, aaO). Ist ein auf Spezialität beruhendes Rangverhältnis der Rechtsnormen nicht festzustellen, kann das Zurücktreten einer Norm nur aus einem die Annahme einer Gesetzessubsidiarität rechtfertigenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Gesetzesbefehl gefolgert werden (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, aaO), dessen Vorliegen durch Auslegung der an sich gleichrangigen Normen zu ermitteln ist (vgl. BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 16, aaO; vgl. zu den Voraussetzungen einer verdrängenden Gesetzeskonkurrenz auch: Larenz/Canaris aaO S. 87 ff.; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102 ff.; Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6. Aufl. S. 268; Reimer Juristische Methodenlehre Rn. 196 ff.; Wank Die Auslegung von Gesetzen 6. Aufl. S. 102 f.; Rüthers/Fischer/Birk Rechtstheorie 9. Aufl. Rn. 771 ff.).

67

bb) Eine Verdrängung von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB durch § 3 Satz 1 MiLoG kraft Spezialität scheidet aus, weil sich § 3 Satz 1 MiLoG zur Transparenz von Ausschlussfristen und den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht verhält.

68

cc) Auch ein ausdrücklicher oder stillschweigender Gesetzesbefehl, der allein die Annahme der Subsidiarität von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 Abs. 2 BGB bzw. einer abschließenden Rechtsfolgenanordnung im Sinne eines „nur“ insoweit unwirksam rechtfertigen könnte, ist § 3 Satz 1 MiLoG nicht zu entnehmen. § 3 Satz 1 MiLoG ordnet weder an, dass wegen Einbeziehung des gesetzlichen Mindestlohns intransparente Ausschlussfristen im Übrigen, soweit diese sonstige Ansprüche erfassen, wirksam sind, noch bestimmt die Norm die „Teilbarkeit“ solcher Klauseln. Dies ergibt die Auslegung von § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. zu den bei der Auslegung von Gesetzen anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen im Einzelnen: BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 ua. - Rn. 74; 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 ua. - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 20, BAGE 157, 356).

69

(1) Der Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG schränkt den Anwendungsbereich von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB nicht ein. § 3 Satz 1 MiLoG untersagt die Vereinbarung von Ausschlussfristen für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Aus der Formulierung „insoweit unwirksam“ lässt sich nicht ableiten, die Bestimmung ordne - im Umkehrschluss - zugleich die Wirksamkeit intransparenter Ausschlussfristen oder deren geltungserhaltende Reduktion auf einen rechtlich nicht zu beanstandenden Kern an. § 3 Satz 1 MiLoG stellt mit den Worten „insoweit unwirksam“ allein klar, dass die Zulässigkeit der Vereinbarung von Ausschlussfristen für Ansprüche außerhalb des gesetzlichen Mindestlohns unberührt bleibt. Die Rechtsfolgen von § 3 Satz 1 MiLoG und von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB schließen sich deshalb nicht aus. Anderenfalls hätte es nicht „insoweit unwirksam“, sondern „nur insoweit unwirksam“ heißen müssen (vgl. Zwanziger AuR 2017, 333, 336).

70

(2) Für eine lediglich klarstellende Bedeutung des Wortes „insoweit“ in § 3 Satz 1 MiLoG spricht auch die Systematik des Mindestlohngesetzes. Der Mindestlohn tritt als gesetzlicher Anspruch eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch. § 3 Satz 1 MiLoG führt bei Unterschreiten des Mindestlohnanspruchs zu einem Differenzanspruch, nicht aber zur Nichtigkeit der Entgeltabrede(vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22, BAGE 155, 202). Das Mindestlohngesetz geht damit von einer Anspruchskonkurrenz des Mindestlohnanspruchs zu den aufgrund sonstiger Vereinbarungen bestehenden Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aus. § 3 Satz 1 MiLoG verbietet Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch durch Absenkung zum Nachteil des Arbeitnehmers zu gestalten oder seine Geltendmachung zu beschränken. In die Gestaltung der für das Arbeitsverhältnis im Übrigen geltenden Vereinbarungen greift § 3 Satz 1 MiLoG nicht ein. Ausgehend von diesem gesetzlichen Regelungskonzept hätte es für die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG stelle mit der Formulierung „insoweit unwirksam“ zugleich die Wirksamkeit von Ausschlussfristen im Übrigen fest, indem er - als eine § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB verdrängende Norm - die geltungserhaltende Reduktion intransparenter Ausschlussfristen auf sonstige (Vergütungs-)Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis anordne, deutlicher Anhaltpunkte im Gesetz bedurft. Daran fehlt es.

71

(3) Entscheidend gegen ein Verständnis, § 3 Satz 1 MiLoG schränke im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes durch einen Normbefehl - im Sinne eines „nur insoweit unwirksam“ - die Geltung von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB ein, spricht insbesondere Sinn und Zweck der Regelung.

72

(a) § 3 Satz 1 MiLoG soll, wie schon in der Begründung des insoweit unverändert verabschiedeten Gesetzentwurfs der Bundesregierung(BT-Drs. 18/1558 S. 35) ausgeführt, den Mindestlohnanspruch sichern und die Umgehung des Mindestlohngesetzes durch missbräuchliche Konstruktionen verhindern (allgA, vgl. statt aller: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 1; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 32; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 1).

73

(b) Mit diesem Normzweck nicht in Einklang zu bringen ist die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG erhalte im Wege einer gesetzlich vorgegebenen Teilbarkeit oder geltungserhaltenden Reduktion Ausschlussfristen aufrecht, die aufgrund ihres irreführenden Inhalts die Gefahr in sich bergen, der Arbeitnehmer werde den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist im Glauben, er sei verfallen, nicht mehr geltend machen. Ein Verständnis in diesem Sinne hätte die paradoxe Folge, dass der Schutz, den § 3 Satz 1 MiLoG dem Arbeitnehmer vermitteln will, indem er den Mindestlohnanspruch Ausschlussfristen entzieht, zugleich durch eine Beschränkung der Kontrolle überschießender Ausschlussfristen nach Maßgabe der dem Schutz des Arbeitnehmers als Vertragspartner des Verwenders dienenden §§ 305 ff. BGB unterlaufen würde. Es wäre zu befürchten, das in § 3 Satz 1 MiLoG geregelte Verbot von Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs liefe in vielen Fällen faktisch leer und die Zahlung des Mindestlohns würde auf diese Weise im Ergebnis umgangen. Diese Gefahr würde - den Normzweck von § 3 Satz 1 MiLoG konterkarierend - durch den Erhalt sich (auch) auf den Mindestlohn erstreckender Ausschlussfristen fortgeschrieben.

74

8. Auch die nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB gebotene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (vgl. hierzu BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19) rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung einer sich auch auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erstreckenden Ausschlussfrist.

75

a) Ausschlussfristen sind als dem Arbeitsverhältnis innewohnende Besonderheiten anerkannt. Sie dienen der Rechtssicherheit, der Rechtsklarheit und dem Rechtsfrieden und sollen zu der im Arbeitsleben besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und Bereinigung offener Streitpunkte führen (st. Rspr., zB BAG 23. November 2017 - 6 AZR 33/17 - Rn. 26; 21. April 2016 - 8 AZR 753/14 - Rn. 34; 16. März 2016 - 4 AZR 421/15 - Rn. 37, BAGE 154, 252; 10. Dezember 2013 - 9 AZR 494/12 - Rn. 14; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19).

76

b) Die Aufrechterhaltung von Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen die dem Arbeitnehmerschutz dienende Bestimmung des § 3 Satz 1 MiLoG Ansprüche des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn in ihren Anwendungsbereich mit einbeziehen, mittels geltungserhaltender Reduktion berücksichtigte die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nicht angemessen, sondern einseitig zugunsten des Verwenders (vgl. Roloff FS Willemsen 2018 S. 414; vgl. zur Aufrechterhaltung einer den Vertragspartner des Verwenders typischerweise begünstigenden Klausel in einem „Altvertrag“ BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 66 ff.). Für den Arbeitnehmer führte eine geltungserhaltende Reduktion nicht zu mehr Rechtsklarheit, sondern zu Rechtsunsicherheit und durch die Fortschreibung intransparenter Ausschlussfristenregelungen - faktisch - zur Gefahr von Rechtsverlusten.

77

D. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB.

78

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

  Zimmermann    

        

    Weber    

        

        

        

    Starke    

        

    Martin Lücke    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch, den die Klägerin wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 1. Juli 1996 bis zum 31. Mai 2010 beschäftigt, zuletzt als Leiterin einer Tankstelle in E. Diese hatte früher ihren Schwiegereltern gehört und war am 1. September 2009 von der Beklagten übernommen worden.

3

In diesem Zusammenhang vereinbarten die Parteien am 31. August 2009 ein bis zum 31. August 2010 befristetes Anstellungsverhältnis. § 12 des Arbeitsvertrages lautete:

        

㤠12 Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Ab 16. November 2009 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 „fristgemäß“ zum 16. Dezember 2010 und, wegen der fehlerhaften Jahreszahl, vorsorglich unter dem 16. Dezember 2009 ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2009. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess verständigten sich die Parteien schließlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010.

5

Die Klägerin erstattete Strafanzeige gegen ihren Vorgesetzten Em wegen „des Verdachts der Beleidigung und der sexuellen Belästigung“ und unterrichtete davon die Beklagte mit Schreiben vom 26. März 2010. Das Ermittlungsverfahren gegen den Vorgesetzten Em ist im November 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30. August 2010 und Zustellung an die Beklagte am 9. September 2010 ist die vorliegende Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben worden. Die Klägerin hat behauptet, ihr Vorgesetzter Em habe sie fast täglich als „doof“, „blöd“ oder „unfähig“ bezeichnet, habe sie nicht vertragsgerechte Arbeiten verrichten lassen und ihr bewusst wahrheitswidrig unterstellt, Überstunden zu Unrecht abzurechnen. Nach einem Überfall auf die Tankstelle am 8. Oktober 2009 habe er ihr wie anderen Mitarbeitern vorgeworfen, zu blöd für die Ergreifung des Täters gewesen zu sein. Schließlich habe er die Klägerin gezwungen, bei der Vorführung eines Videos der Gruppe Rammstein mit dem Titel „Pussy Video“ anwesend zu sein.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, mit der Klageeinreichung am 30. August 2010 die vertragliche Ausschlussfrist eingehalten zu haben. Im Übrigen sei die Ausschlussklausel unwirksam, weil die Haftung für vorsätzlich verursachte Schäden nicht im Voraus erlassen oder beschränkt werden könne.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 5.000,00 Euro zu zahlen.

8

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin die wirksam vereinbarte Ausschlussfrist des Arbeitsvertrages nicht eingehalten habe. Im Übrigen hat sie die in der Sache von der Klägerin erhobenen Vorwürfe mit Gegendarstellungen bestritten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch steht jedenfalls nicht die in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist entgegen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat aber nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 3 ZPO.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei dahin auszulegen, dass die Ausschlussklausel auch die Haftung für vorsätzliches Verhalten eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen erfasse. Dies verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB. Danach könne zwar die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänze jedoch den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden könne. Dieser Grundsatz gelte aber nach § 278 Satz 2 BGB gerade nicht für den Ausschluss der Haftung für vorsätzliches Verhalten des Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen. Der Ausschluss einer solchen Haftung sei also möglich, die Ausschlussklausel allenfalls teilnichtig. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages halte auch einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Insbesondere sei nicht gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB verstoßen worden, da die Obliegenheit einer schriftlichen Geltendmachung keinen Haftungsausschluss und keine Haftungsbegrenzung enthalte. Die Klägerin habe im Sinne der ersten Stufe der somit wirksam vereinbarten Ausschlussfrist ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Da § 167 ZPO hier keine Anwendung finde, komme es auf den Eingang der Klage beim Arbeitsgericht nicht an.

12

B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Anspruch der Klägerin sei verfallen. Mit dieser vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

13

I. Eine rechtsfehlerfreie Auslegung der in § 12 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist ergibt, dass sie nicht vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfen der Beklagten erfasst.

14

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.

15

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen zudem als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 20).

16

b) Danach ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; dies ist von der Klägerin auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden und daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

17

2. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Auslegung des Arbeitsvertrages der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch den Senat (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

18

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Rn. 24).

19

b) Danach ist eine Auslegung von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dahin gehend, dass die Parteien grundsätzlich auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen durch die Ausschlussklausel erfassen wollten, nicht frei von Rechtsfehlern.

20

aa) Auf den zwischen den Parteien am 31. August 2009 geschlossenen Arbeitsvertrag findet das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Demzufolge kann gemäß § 202 Abs. 1 BGB die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. Es handelt sich um eine Verbotsnorm iSv. § 134 BGB.

21

bb) Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Vertragsklauseln, die nur in außergewöhnlichen, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Fällen gegen das Gesetz verstoßen, sind wirksam (vgl. BGH 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 - Rn. 10, BGHZ 188, 351; 23. November 2005 - VIII ZR 154/04 - zu II 2 b der Gründe; 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93 - zu II 2 b der Gründe; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 BGB Rn. 9; Schlewing NZA-Beilage 2012, 33, 34). Eine am Sinn und Zweck solcher Klauseln orientierte Auslegung ergibt, dass derartige Ausnahmefälle von der Klausel gar nicht erfasst werden sollen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 4 der Gründe, BAGE 116, 66 = AP BGB § 307 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 8).

22

cc) Der Senat hält an dieser von ihm bereits bestätigten Rechtsprechung fest (BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Dass ein Arbeitgeber seine eigene Haftung für Vorsatz nicht ausschließen kann, ergibt sich, auch wenn es sich nicht um einen Formulararbeitsvertrag handelt, schon aus § 276 Abs. 3 BGB. Über den Gesetzeswortlaut hinaus verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen zur Verjährung von Ansprüchen wegen Vorsatzhaftung, sondern auch Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - aaO). Hinzu kommt, dass § 104 Abs. 1 SGB VII die Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit auf Vorsatz beschränkt, sie aber auch genau in diesen Fällen gerade nicht ausschließt. Daher spielt einerseits die Haftung des Arbeitgebers wegen Verletzung der Gesundheit des Arbeitnehmers in der Praxis keine große Rolle (Däubler/Bonin/Deinert/Däubler 3. Aufl. § 309 Nr. 7 Rn. 5; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 7 BGB Rn. 23); andererseits hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Interesse daran, einen gesetzwidrigen Haftungsausschluss für vorsätzlich verursachte Personenschäden zu vereinbaren, der in jedem Falle wegen § 134 BGB nichtig und bei Formulararbeitsverträgen zudem nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam wäre. Bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist denken die Parteien eines Arbeitsvertrages vor allem an laufende Entgeltansprüche, also an Ansprüche des Arbeitnehmers, gegebenenfalls aber auch an Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts, nicht aber an vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen Personenschäden (vgl. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 309 Rn. 89 ff.; Bayreuther NZA 2005, 1337). Daher ist eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist dahin gehend auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Ohne besondere Hinweise im Einzelfall ist eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt. Ohne solche Besonderheiten kann auch nicht angenommen werden, die Ausschlussfrist beziehe sich auf Kriterien, die aufgrund von Rückausnahmen, hier § 278 Satz 2 BGB, ausnahmsweise doch regelbar seien.

23

dd) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Diese sogenannte Unklarheitenregel stellt bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe dar, wonach in solchen Fällen die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten sollen. Auf diese Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 19). Derartige Zweifel bei der Auslegung bestehen im vorliegenden Fall nicht.

24

ee) Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff., EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.

25

c) Sind von der vertraglich vereinbarten Ausschlussklausel Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 oder § 202 Abs. 1 BGB erfassten Art nicht umfasst, so kommt es auf die weitere Frage, ob die Klausel nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam ist, nicht an.

26

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Soweit das Berufungsgericht den Verfall eines eventuell bestehenden Schmerzensgeldanspruchs angenommen hat, hat es aus seiner Sicht folgerichtig nicht geprüft, ob die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind. Ob die Rechte der Klägerin nach den von ihr behaupteten Mobbinghandlungen verletzt worden sind, muss das Landesarbeitsgericht aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 63, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

      

        

        

    Umfug    

        

    Andreas Henniger    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

1.
(Kurzfristige Preiserhöhungen)eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden;
2.
(Leistungsverweigerungsrechte)eine Bestimmung, durch die
a)
das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder
b)
ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird;
3.
(Aufrechnungsverbot)eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen;
4.
(Mahnung, Fristsetzung)eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen;
5.
(Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a)
die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b)
dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;
6.
(Vertragsstrafe)eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird;
7.
(Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a)
(Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
b)
(Grobes Verschulden)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgasts von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge;
8.
(Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung)
a)
(Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen)eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen;
b)
(Mängel)eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen
aa)
(Ausschluss und Verweisung auf Dritte)die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden;
bb)
(Beschränkung auf Nacherfüllung)die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten;
cc)
(Aufwendungen bei Nacherfüllung)die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 und 3 oder § 635 Absatz 2 zu tragen oder zu ersetzen;
dd)
(Vorenthalten der Nacherfüllung)der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht;
ee)
(Ausschlussfrist für Mängelanzeige)der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist;
ff)
(Erleichterung der Verjährung)die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird;
9.
bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat,
a)
eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags,
b)
eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses, es sei denn das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen, oder
c)
eine zu Lasten des anderen Vertragsteils längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer;
dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung zusammengehörig verkaufter Sachen sowie für Versicherungsverträge;
10.
(Wechsel des Vertragspartners)eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird
a)
der Dritte namentlich bezeichnet oder
b)
dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen;
11.
(Haftung des Abschlussvertreters)eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt,
a)
ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder
b)
im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung
auferlegt;
12.
(Beweislast)eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a)
diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b)
den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind;
13.
(Form von Anzeigen und Erklärungen)eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a)
an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b)
an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c)
an besondere Zugangserfordernisse;
14.
(Klageverzicht)eine Bestimmung, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen darf, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht hat;
15.
(Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistung)eine Bestimmung, nach der der Verwender bei einem Werkvertrag
a)
für Teilleistungen Abschlagszahlungen vom anderen Vertragsteil verlangen kann, die wesentlich höher sind als die nach § 632a Absatz 1 und § 650m Absatz 1 zu leistenden Abschlagszahlungen, oder
b)
die Sicherheitsleistung nach § 650m Absatz 2 nicht oder nur in geringerer Höhe leisten muss.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.

(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2018 - 33 Sa 17/17 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. August 2017 - 29 Ca 39/17 - wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2016.

2

Der Kläger war beim Beklagten seit dem 2. September 2013 beschäftigt. Er erzielte zuletzt einen Stundenlohn iHv. 11,10 Euro brutto.

3

In einem beim Arbeitsgericht Hamburg geführten Kündigungsrechtsstreit (- 29 Ca 315/16 -) schlossen die Parteien am 15. August 2016 einen Vergleich, der ua. regelt:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 24.06.2016 aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 15.08.2016. Der Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 17.06.2016 keine Rechte mehr her. Der Kläger nimmt diesen Verzicht hiermit an.

        

2.    

Der Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge - unter Berücksichtigung etwaiger auf öffentliche Träger kraft Gesetzes übergegangener und gepfändeter Ansprüche - an den Kläger zu zahlen bis zum 15.09.2016.

        

…       

        
        

5.    

Damit sind alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie dieser Rechtsstreit erledigt.“

4

Der Beklagte übermittelte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 eine Abrechnung für August 2016, in der die Vergütung für 88 Stunden ausgewiesen ist, nicht jedoch die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

5

Mit seiner am 17. Januar 2017 eingegangenen, dem Beklagten am 25. Januar 2017 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - die Abgeltung von 19 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016 begehrt, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden konnten. In der Klagebegründung hat er auf einen „Arbeitsvertrag vom 01.09.2015“ Bezug genommen. Als Anlage zur Klageschrift hat der Kläger jedoch nur den befristeten Arbeitsvertrag vom 3. März 2014 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2014) vorgelegt.

6

Im Arbeitsvertrag 2014 heißt es ua.:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses, Verlängerung um 18 Monate

        

… Ab 1.3.14 Verlängerung um 18 Monate.

        

…       

        

§ 11   

Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.“

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne vom Beklagten für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016 Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto verlangen. Der Anspruch sei nicht verfallen. Die vertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam. Zudem habe sich der Beklagte mit Ziff. 2 des Vergleichs vom 15. August 2016 zur Urlaubsabgeltung verpflichtet und auf eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs verzichtet.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.687,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2016 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, der Abgeltungsanspruch sei gemäß Ziff. 5 des Vergleichs erledigt, jedenfalls aber gemäß § 11 des Arbeitsvertrags verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision noch von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage mit der Begründung, der Anspruch des Klägers sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2014 verfallen, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

Der Kläger hat erstmals mit der Revisionsbegründung den am 1. September 2015 geschlossenen unbefristeten Arbeitsvertrag (im Folgenden Arbeitsvertrag 2015) vorgelegt, der in § 11 eine mit § 11 Arbeitsvertrag 2014 wortgleiche Ausschlussfristenregelung enthält, und vorgetragen, dieser Vertrag sei zuletzt Grundlage des Arbeitsverhältnisses gewesen. Der Beklagte hat dies auf Anfrage des Senats bestätigt. Er hat die Auffassung vertreten, § 11 Arbeitsvertrag 2015 sei nach § 3 Satz 1 MiLoG nur insoweit unwirksam, als der gesetzliche Mindestlohn betroffen sei. Unabhängig davon halte die Verfallklausel einer Transparenzkontrolle stand, weil das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitsvertrag 2015 ohne Änderung der Vertragsbedingungen im Übrigen nur „verlängert“ worden sei. Dies sei kein Neuabschluss des Arbeitsvertrags.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Die Klage ist zulässig und begründet.

13

A. Der Beklagte ist gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, an den Kläger für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden können, Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto zu zahlen. Einwendungen gegen Grund und Höhe des Anspruchs hat der Beklagte zuletzt nicht mehr geltend gemacht.

14

B. Der Anspruch des Klägers ist nicht nach Ziff. 5 des Prozessvergleichs vom 15. August 2016 untergegangen.

15

I. Welche Rechtsqualität und welche Reichweite eine Erledigungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich hat, ist durch Auslegung nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln(vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 28, BAGE 150, 355). Die Streitfrage, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 18 mwN, BAGE 151, 382; 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen von BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 43; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 17), bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

II. Das Landesarbeitsgericht hat den Prozessvergleich zutreffend ausgelegt, indem es angenommen hat, der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers sei nicht aufgrund Ziff. 5 des Vergleichs erloschen. Einer Auslegung der Klausel als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB steht Ziff. 2 des Vergleichs entgegen.

17

1. Die Parteien wollen, wenn in einem gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erstreckende Ausgleichsklausel aufgenommen und nicht nur der Rechtsstreit erledigt wird, in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend umfassend bereinigen und alle Ansprüche erledigen (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 21, BAGE 151, 382; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30; 5. April 1973 - 5 AZR 574/72 -). Von einem Willen, einen umfassenden Anspruchsausschluss zu vereinbaren, kann hingegen nicht ausgegangen werden, wenn die Parteien vereinbart haben, dass neben den im Prozessvergleich ggf. ausdrücklich genannten noch weitere, nicht näher bezeichnete Ansprüche zu erfüllen sind.

18

2. Ziff. 5 des Vergleichs vom 15. August 2016 bezieht sich zwar - für sich betrachtet - auf „alle Ansprüche der Parteien … aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“, zu denen auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG gehört(vgl. BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 29, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133). Die Erledigungsklausel nimmt jedoch mit dem Wort „damit“ auf die der Klausel vorangestellten Vereinbarungen der Parteien Bezug. Aus dieser Verknüpfung folgt, dass mit Vergleichsschluss zwar der Kündigungsrechtsstreit erledigt werden sollte, die Vertragsbeziehungen im Übrigen aber erst dann, wenn nicht nur die in Ziff. 3 und Ziff. 4 ausdrücklich festgelegten Verpflichtungen der Parteien erfüllt sind, sondern - ohne Einschränkung - auch die in Ziff. 2 nicht näher konkretisierten, weiteren Zahlungsansprüche des Klägers „aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“.

19

C. Der Abgeltungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen.

20

I. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt nicht der Arbeitsvertrag vom 3. März 2014, sondern der am 1. September 2015 geschlossene Arbeitsvertrag. Dies haben die Parteien in der Revisionsinstanz unstreitig gestellt.

21

II. Entgegen der Ansicht des Klägers schließt nicht bereits der Prozessvergleich vom 15. August 2016 einen Verfall des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 aus.

22

1. Dem Wortlaut des Vergleichs ist ein Verzicht des Beklagten auf die Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfrist nicht zu entnehmen.

23

2. Etwas anderes folgt auch nicht aus der dem Beklagten mit Ziff. 2 des Vergleichs bis zum 15. September 2016 gesetzten Abrechnungs- und Zahlungsfrist.

24

a) Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich, „das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge“ an den Arbeitnehmer „zu zahlen“, wird hierdurch im Zweifel nur die ohnehin bestehende Rechtslage bestätigt (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu I der Gründe; vgl. zu einer sonstigen Erklärung im Prozess BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 44). Das Anerkenntnis einer Zahlungspflicht oder ein Verzicht auf die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen ist hierin jedenfalls dann nicht zu sehen, wenn - wie hier - die Ansprüche, auf die sich die Abrechnungs- und Zahlungspflicht beziehen soll, nicht benannt sind.

25

b) Ziff. 2 des Vergleichs bestimmt allein die Fälligkeit der Ansprüche des Klägers. Sie räumte dem Beklagten das Recht ein, „das Arbeitsverhältnis“ insgesamt, dh. auch den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers, der gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden wäre(vgl. BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - Rn. 14; 6. August 2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22), bis zum 15. September 2016 abzurechnen und die Zahlungsansprüche des Klägers spätestens zu diesem Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. zur Zulässigkeit der Einbeziehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs in eine allgemeine Abrechnung BAG 8. April 2014 - 9 AZR 550/12 - Rn. 16). Hieraus folgt nicht, dass bei Nichterfüllung der Ansprüche des Klägers innerhalb der im Vergleich vereinbarten Frist - die Wirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 unterstellt - eine schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Beklagten entbehrlich gewesen wäre. Allein der Beginn der Ausschlussfrist hätte sich, weil § 11 Arbeitsvertrag 2015 für deren Lauf auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, durch die in Ziff. 2 des Vergleichs getroffene Abrede verschoben.

26

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien mit dem Vergleich eine von den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsbeschränkungen unabhängige Zahlungspflicht hätten schaffen wollen, hat der Kläger nicht dargelegt. Solche sind auch nicht ersichtlich.

27

III. Der Kläger war nicht gehalten, den Anspruch auf Urlaubsabgeltung innerhalb der in § 11 Arbeitsvertrag 2015 gesetzten Frist schriftlich geltend zu machen. Die am 1. September 2015 vereinbarte Klausel ist intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB insgesamt unwirksam, weil sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) erfasst, der nach dem am 16. August 2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ab dem 1. Januar 2015 zu zahlen ist. Die Klausel kann deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der vertraglichen Ausschlussfrist treten die gesetzlichen Bestimmungen (§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung der §§ 306, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ein.

28

1. Der streitgegenständliche Anspruch auf Abgeltung von Urlaub kann als reiner Geldanspruch einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterliegen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 11 mwN).

29

2. § 11 Arbeitsvertrag 2015 bezieht sich auf „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“. Dies schließt alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche ein, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 12; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306). Vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst sind demnach auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG(vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133) und der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG.

30

3. Die Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag 2015 getroffenen Abreden ist - jedenfalls - wie die Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB)anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Der Vertrag weist außer den persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten auf. Dies - wie auch das äußere Erscheinungsbild - begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags 2015 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 14; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 12; 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82; 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN). Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), denn der Arbeitsvertrag 2015 ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14). Dass der Kläger auf den Inhalt des Arbeitsvertrags Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), hat der Beklagte nicht behauptet.

31

4. § 11 Arbeitsvertrag 2015 enthält nicht verschiedene Ausschlussfristenregelungen und ist deshalb einer einheitlichen Kontrolle nach § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu unterziehen.

32

a) Bei einer teilbaren Klausel ist diese Kontrolle jeweils getrennt für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen. Die Regelungen müssen allerdings nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu trennen sein (vgl. BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 23, BAGE 154, 93). Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils (sog. Blue-Pencil-Test) zu ermitteln. Eine teilbare Formularklausel kann mit ihrem zulässigen Teil aufrechterhalten werden (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 25, BAGE 146, 284; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 21, BGHZ 205, 220). Darin liegt keine geltungserhaltende Reduktion, denn die Trennung ist in den vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen bereits vorgegeben (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81).

33

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 ist nicht - im Sinne einer in der Klausel vorgegebenen Trennung - teilbar. Die Verfallklausel erfasst inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ohne zwischen dem Mindestlohnanspruch und sonstigen Ansprüchen zu differenzieren (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 24, BAGE 156, 150).

34

5. § 11 Arbeitsvertrag 2015 verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

35

a) Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17 - Rn. 34; 24. August 2016 - 8 AZR 378/16 - Rn. 18). Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern (st. Rspr., zB BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 55; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48, BAGE 144, 306). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, dessen Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, BAGE 139, 44; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52; 5. Oktober 2005 - VIII ZR 382/04 - Rn. 23).

36

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 wird dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht, weil die Klausel, indem sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt, die Rechtslage unzutreffend und deshalb irreführend darstellt.

37

aa) Nach § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Ausschlussfristen betreffen den zeitlichen Bestand und die Art und Weise der Geltendmachung eines Rechts (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31, BAGE 137, 249; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu II der Gründe, BAGE 115, 19). § 3 Satz 1 MiLoG entzieht Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 20 f.; vgl. zu § 9 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150).

38

bb) § 11 Arbeitsvertrag 2015 erfasst, obwohl § 3 Satz 1 MiLoG dies verbietet, den gesetzlichen Mindestlohn.

39

(1) Eine Auslegung, der gesetzliche Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG solle nicht in den Anwendungsbereich von § 11 Arbeitsvertrag 2015 fallen, lässt der Wortlaut der Klausel mangels einer entsprechenden Einschränkung nicht zu.

40

(2) Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Entgelt für geleistete Arbeit betrifft nicht einen nur selten auftretenden, von den Vertragsparteien nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Sonderfall (vgl. hierzu: BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 21 f. mwN; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19), sondern ist der Hauptanwendungsbereich von Ausschlussfristen (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150; ErfK/Preis 18. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 50a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 27; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45), den die Parteien eines Arbeitsvertrags bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist vor allem im Blick haben (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 22).

41

cc) Das Fehlen der Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns führt zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015, weil die Klausel vom Beklagten nach dem 31. Dezember 2014 gestellt wurde. Keiner Entscheidung bedarf es, ob dies gleichermaßen - und ggf. ohne zeitliche Einschränkungen - gölte, wenn die Klausel zwar mit oder nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 16. August 2014, aber vor Geltung des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 vereinbart worden wäre.

42

(1) Für die Prüfung der Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist ist allein auf die Gesetzeslage bei Vertragsschluss abzustellen(vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 22; BGH 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13 - Rn. 38, BGHZ 201, 363; 30. März 2010 - XI ZR 200/09 - Rn. 30, BGHZ 185, 133; 4. Februar 2009 - VIII ZR 66/08 - Rn. 15). Ist eine Klausel bei Vertragsschluss transparent, verliert sie ihre Wirksamkeit nicht, wenn spätere Gesetzesänderungen zu ihrer Intransparenz führen (vgl. Boemke JuS 2015, 385, 392; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3).

43

(2) Die Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt, ist somit nach der Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen.

44

(a) Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I S. 1348) eingeführt und am 16. August 2014, dem Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz), in Kraft getreten. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 22).

45

(b) Wurde der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes geschlossen, kann - allein - die Änderung der Gesetzeslage durch das Mindestlohngesetz nicht nachträglich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB zur (Gesamt-)Unwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung wegen Intransparenz führen, wenn sich ihr Anwendungsbereich entgegen § 3 Satz 1 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 auch auf den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erstreckt. Die fehlende Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns hat für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 die Teilunwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung nach § 3 Satz 1 MiLoG zur Folge; für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 steht § 3 Satz 1 MiLoG der Wirksamkeit der Ausschlussfrist nicht entgegen, denn die Norm setzt das Bestehen eines Mindestlohnanspruchs voraus (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 21 ff.).

46

(c) Demgegenüber verstößt eine vom Arbeitgeber gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde. Sie stellt die Rechtslage von Anfang an irreführend dar.

47

(aa) Eine solche Ausschlussfristenregelung suggeriert - ausgehend von dem bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB wie von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anzuwendenden abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 15; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 58; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 14; 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 12) - dem verständigen Arbeitnehmer, er müsse auch den Anspruch auf den nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist geltend machen (vgl. zu § 2 PflegeArbbV BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150). Damit besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist den gesetzlichen Mindestlohnanspruch in der Annahme, er sei verfallen, nicht mehr durchsetzt, obwohl sein Verfall nach § 3 Satz 1 MiLoG ausgeschlossen ist.

48

(bb) Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes der Anspruch auf den Mindestlohn in einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (vgl. ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

49

(cc) Der Verwender von Ausschlussfristen wird hierdurch nicht vor unzumutbare Anforderungen gestellt.

50

(aaa) Die an die Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellten Anforderungen dürfen den Verwender nicht überfordern. Die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende Verpflichtung, den Klauselinhalt möglichst klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Welche Anforderungen an die Wahrung des Transparenzgebots konkret zu stellen sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dabei ist insbesondere auch die Komplexität des Sachverhalts unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des konkreten Regelungsgegenstands maßgeblich (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23 mwN, BAGE 158, 81; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30).

51

(bbb) An den Klauselverwender werden keine unzumutbaren Anforderungen gestellt, wenn man ihm, will er die Intransparenz der Ausschlussfrist wegen fehlender Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns vermeiden, einen Hinweis darauf abverlangt, die vertragliche Ausschlussfrist gelte nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes der vereinbarten Ausschlussfrist entzogen sind (vgl. zu einem Formulierungsvorschlag Roloff FS Willemsen 2018 S. 416). Eine entsprechende Formulierung würde, auch wenn sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich benennt, dem Transparenzgebot gerecht, denn der Klauselverwender darf - ohne dass hierin eine mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Einklang zu bringende Überforderung des Arbeitnehmers zu sehen wäre - Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache ebenso wie unbestimmte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe verwenden. Das Transparenzgebot erfordert keine Klauselgestaltung, die eine einzelfallbezogene Subsumtion von vornherein entbehrlich macht. Es kann vom Klauselverwender nicht verlangt werden, die Folgen einer Vertragsbestimmung für alle denkbaren Fallgestaltungen zu erläutern (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23, BAGE 158, 81; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52). Durch einen entsprechenden Hinweis würde dem verständigen Arbeitnehmer verdeutlicht, dass der Anwendungsbereich der vertraglichen Ausschlussfrist in Abhängigkeit vom jeweils streitigen Anspruch gesetzlichen Beschränkungen unterliegen kann. Eine Belehrung über alle gesetzlichen Bestimmungen, die Ausschlussfristen der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien entziehen, oder über sich möglicherweise durch Auslegung der Verfallklausel ergebende Einschränkungen ihres Anwendungsbereichs (vgl. zum Urlaubsanspruch BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 37 ff.) verlangt das Transparenzgebot nicht.

52

(3) In Anwendung dieser Grundsätze hält § 11 Arbeitsvertrag 2015 einer Transparenzkontrolle nicht stand, weil die Klausel vom Beklagten nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes und Geltung des gesetzlichen Mindestlohns mit dem Arbeitsvertrag vom 1. September 2015 gestellt wurde und sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann die Transparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 auch nicht deshalb an dem für „Altverträge“ geltenden Maßstab beurteilt werden, weil mit dem Arbeitsvertrag 2015 das bisher befristete Arbeitsverhältnis unter Beibehaltung der Bedingungen des am 3. März 2014 geschlossenen Arbeitsvertrags - einschließlich der Ausschlussfristenregelung - fortgesetzt wurde.

53

(a) Bei einer nach dem 31. Dezember 2014 vereinbarten Fortführung eines bisher befristeten Arbeitsverhältnisses kommt es für die Beurteilung, ob eine vom Arbeitgeber gestellte Ausschlussfrist einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB standhält, darauf an, ob die vertragliche Ausschlussfristenregelung bei Vereinbarung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den in der Befristungsabrede vorgesehenen Beendigungstermin hinaus erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war. Allein die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29 mwN).

54

(b) Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor vereinbarte Verfallklausel erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage durch Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes auch nach Geltung des gesetzlichen Mindestlohns an den zuvor getroffenen Abreden festhalten wollten, liegt beispielsweise in der Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Erst recht ist hiervon auszugehen, wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht nur allgemein auf die bisherigen Vertragsbedingungen Bezug nehmen, sondern die Ausschlussfristenregelung ausdrücklich in die Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einbeziehen, indem sie diese - wie hier im Arbeitsvertrag 2015 - in die Vertragsurkunde erneut aufnehmen.

55

(4) Offenbleiben kann, ob die fehlende Ausnahme sonstiger Ansprüche, für deren Geltendmachung die Vereinbarung von Ausschlussfristen kraft Gesetzes, wie zB nach § 9 AEntG, § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG, der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien ganz oder teilweise entzogen ist, ebenfalls zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 führte.

56

6. Die Intransparenz hat die Gesamtunwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 zur Folge und führt zu deren ersatzlosem Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen(§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). Die Klausel kann, weil sie nicht teilbar ist (vgl. oben Rn. 31 ff.), auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der Ausschlussfristenregelung treten nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Bestimmungen(vgl. BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 27).

57

a) Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen AGB-Kontrolle unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81), ist im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen(BAG 24. August 2017 - 8 AZR 378/16 - Rn. 32). Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. Eine geltungserhaltende Reduktion wäre mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln freizuhalten und auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis angewandten Geschäftsbedingungen hinzuwirken, nicht vereinbar. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. Anderenfalls liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer(st. Rspr., zB BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN; vgl. auch BGH 22. September 2015 - II ZR 341/14 - Rn. 20).

58

b) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. hierzu jeweils mwN: BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 37 ff.; 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 21, BAGE 150, 207) sind nicht gegeben. Dem mit einer Ausschlussfrist verfolgten Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen, wird durch die gesetzlichen Verjährungsfristen hinreichend Rechnung getragen. Der Beklagte hat zudem kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Ausschlussfristenregelung mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine transparente Ausschlussfristenregelung zu formulieren (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 62; 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150).

59

c) Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Ausschlussfristenregelung ist es unerheblich, ob sich das Risiko, der gesetzliche Mindestlohn werde in der Annahme, er sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen, nicht geltend gemacht, im Entscheidungsfall realisiert hat. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 26; 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

60

d) Die Unwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 hat zur Folge, dass sich allein der Beklagte als Verwender der von ihm gestellten Klausel nicht auf die darin gesetzte Ausschlussfrist berufen kann. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Verwender der Klausel, sie dient aber nicht dem Schutz des Verwenders vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 42; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 47; 22. September 2016 - 2 AZR 509/15 - Rn. 20; 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - Rn. 16; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 22, BGHZ 205, 220). Dem Kläger wäre die Berufung auf die unwirksame Ausschlussfristenregelung nicht versagt.

61

7. § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB auf eine Ausschlussfristenregelung in einem Formularvertrag(§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, nicht ein.

62

a) Dies ist allerdings umstritten.

63

aa) Von Teilen des Schrifttums wird die Ansicht vertreten, § 3 Satz 1 MiLoG sei bezogen auf Ausschlussfristen in Formularverträgen - die im Übrigen den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügten - im Verhältnis zu § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB lex specialis(so ausdrücklich Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 28); die Norm verdränge in ihrem Anwendungsbereich sowohl das Transparenzgebot als auch das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: zB Bayreuther DB 2017, 487, 489; Greiner in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Lembke NZA 2016, 1, 8 f.; Lingemann/Otte NZA 2016, 519, 522; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 47 ff.; Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 26 ff.; Sagan RdA 2017, 264, 266; Stenslik DStR 2017, 938, 940 f.). § 3 Satz 1 MiLoG ordne eine nur partielle Unwirksamkeit von Ausschlussfristen an, deren Anwendungsbereich sich auch, aber nicht allein auf den gesetzlichen Mindestlohn erstrecke, und gebe gesetzlich deren „Teilbarkeit“ im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion vor. Der Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG führe deshalb unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur zur Teilunwirksamkeit vom Arbeitgeber gestellter Ausschlussfristen. Nach dem Schutzkonzept des Mindestlohngesetzes und dem Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG sollten Ausschlussfristen nur insoweit unwirksam sein, als sie sich auf den gesetzlichen Mindestlohn bezögen (vgl. Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 28).

64

bb) Nach anderer im Schrifttum vertretener Ansicht schränkt § 3 Satz 1 MiLoG den Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und von § 306 BGB nicht ein. Nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes in Verbraucherverträgen vereinbarte Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfassten, seien, weil sie die Rechtslage nicht zutreffend abbildeten, intransparent und deshalb nicht nur teilweise, sondern nach § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB insgesamt unwirksam(so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; HK-MiLoG/Trümner 2. Aufl. § 3 Rn. 29; HWK/Roloff 8. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 14; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102, 108; MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; Zwanziger AuR 2017, 333, 336; weiter gehend auch für vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes vereinbarte Ausschlussfristen Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

65

b) § 3 Satz 1 MiLoG und § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB stehen zueinander nicht in einem Rangverhältnis der Spezialität oder Subsidiarität. Die gesetzlichen Bestimmungen sind nebeneinander anwendbar. Die darin angeordneten Rechtsfolgen schließen einander nicht aus. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB überlagert die limitierte Rechtsfolge des § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a).

66

aa) Grundsätzlich beanspruchen Rechtsnormen, die - wie die genannten einfachgesetzlichen Regelungen - im gleichen Rangverhältnis zueinander stehen, gleichermaßen Geltung und sind nebeneinander anwendbar. Erfüllt ein konkreter Lebensvorgang die abstrakten Tatbestandsmerkmale mehrerer Rechtsnormen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sämtliche an den einheitlichen Tatbestand geknüpften Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander eintreten (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, BGHZ 13, 88; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, BVerwGE 152, 264), sofern sie sich nicht gegenseitig ausschließen (vgl. Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. S. 87). Eine Verdrängung der einen Rechtsnorm durch eine andere besondere Rechtsnorm kann vorliegen, wenn ein Fall von Spezialität (lex specialis derogat legi generali) gegeben ist. Spezialität verlangt, dass die verdrängende Rechtsnorm sämtliche Merkmale der allgemeinen Norm enthält und dieser noch ein besonderes Merkmal zur Bildung seines Tatbestandsbegriffs hinzufügt (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III a der Gründe, aaO; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, aaO). Ist ein auf Spezialität beruhendes Rangverhältnis der Rechtsnormen nicht festzustellen, kann das Zurücktreten einer Norm nur aus einem die Annahme einer Gesetzessubsidiarität rechtfertigenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Gesetzesbefehl gefolgert werden (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, aaO), dessen Vorliegen durch Auslegung der an sich gleichrangigen Normen zu ermitteln ist (vgl. BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 16, aaO; vgl. zu den Voraussetzungen einer verdrängenden Gesetzeskonkurrenz auch: Larenz/Canaris aaO S. 87 ff.; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102 ff.; Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6. Aufl. S. 268; Reimer Juristische Methodenlehre Rn. 196 ff.; Wank Die Auslegung von Gesetzen 6. Aufl. S. 102 f.; Rüthers/Fischer/Birk Rechtstheorie 9. Aufl. Rn. 771 ff.).

67

bb) Eine Verdrängung von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB durch § 3 Satz 1 MiLoG kraft Spezialität scheidet aus, weil sich § 3 Satz 1 MiLoG zur Transparenz von Ausschlussfristen und den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht verhält.

68

cc) Auch ein ausdrücklicher oder stillschweigender Gesetzesbefehl, der allein die Annahme der Subsidiarität von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 Abs. 2 BGB bzw. einer abschließenden Rechtsfolgenanordnung im Sinne eines „nur“ insoweit unwirksam rechtfertigen könnte, ist § 3 Satz 1 MiLoG nicht zu entnehmen. § 3 Satz 1 MiLoG ordnet weder an, dass wegen Einbeziehung des gesetzlichen Mindestlohns intransparente Ausschlussfristen im Übrigen, soweit diese sonstige Ansprüche erfassen, wirksam sind, noch bestimmt die Norm die „Teilbarkeit“ solcher Klauseln. Dies ergibt die Auslegung von § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. zu den bei der Auslegung von Gesetzen anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen im Einzelnen: BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 ua. - Rn. 74; 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 ua. - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 20, BAGE 157, 356).

69

(1) Der Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG schränkt den Anwendungsbereich von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB nicht ein. § 3 Satz 1 MiLoG untersagt die Vereinbarung von Ausschlussfristen für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Aus der Formulierung „insoweit unwirksam“ lässt sich nicht ableiten, die Bestimmung ordne - im Umkehrschluss - zugleich die Wirksamkeit intransparenter Ausschlussfristen oder deren geltungserhaltende Reduktion auf einen rechtlich nicht zu beanstandenden Kern an. § 3 Satz 1 MiLoG stellt mit den Worten „insoweit unwirksam“ allein klar, dass die Zulässigkeit der Vereinbarung von Ausschlussfristen für Ansprüche außerhalb des gesetzlichen Mindestlohns unberührt bleibt. Die Rechtsfolgen von § 3 Satz 1 MiLoG und von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB schließen sich deshalb nicht aus. Anderenfalls hätte es nicht „insoweit unwirksam“, sondern „nur insoweit unwirksam“ heißen müssen (vgl. Zwanziger AuR 2017, 333, 336).

70

(2) Für eine lediglich klarstellende Bedeutung des Wortes „insoweit“ in § 3 Satz 1 MiLoG spricht auch die Systematik des Mindestlohngesetzes. Der Mindestlohn tritt als gesetzlicher Anspruch eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch. § 3 Satz 1 MiLoG führt bei Unterschreiten des Mindestlohnanspruchs zu einem Differenzanspruch, nicht aber zur Nichtigkeit der Entgeltabrede(vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22, BAGE 155, 202). Das Mindestlohngesetz geht damit von einer Anspruchskonkurrenz des Mindestlohnanspruchs zu den aufgrund sonstiger Vereinbarungen bestehenden Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aus. § 3 Satz 1 MiLoG verbietet Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch durch Absenkung zum Nachteil des Arbeitnehmers zu gestalten oder seine Geltendmachung zu beschränken. In die Gestaltung der für das Arbeitsverhältnis im Übrigen geltenden Vereinbarungen greift § 3 Satz 1 MiLoG nicht ein. Ausgehend von diesem gesetzlichen Regelungskonzept hätte es für die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG stelle mit der Formulierung „insoweit unwirksam“ zugleich die Wirksamkeit von Ausschlussfristen im Übrigen fest, indem er - als eine § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB verdrängende Norm - die geltungserhaltende Reduktion intransparenter Ausschlussfristen auf sonstige (Vergütungs-)Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis anordne, deutlicher Anhaltpunkte im Gesetz bedurft. Daran fehlt es.

71

(3) Entscheidend gegen ein Verständnis, § 3 Satz 1 MiLoG schränke im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes durch einen Normbefehl - im Sinne eines „nur insoweit unwirksam“ - die Geltung von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB ein, spricht insbesondere Sinn und Zweck der Regelung.

72

(a) § 3 Satz 1 MiLoG soll, wie schon in der Begründung des insoweit unverändert verabschiedeten Gesetzentwurfs der Bundesregierung(BT-Drs. 18/1558 S. 35) ausgeführt, den Mindestlohnanspruch sichern und die Umgehung des Mindestlohngesetzes durch missbräuchliche Konstruktionen verhindern (allgA, vgl. statt aller: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 1; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 32; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 1).

73

(b) Mit diesem Normzweck nicht in Einklang zu bringen ist die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG erhalte im Wege einer gesetzlich vorgegebenen Teilbarkeit oder geltungserhaltenden Reduktion Ausschlussfristen aufrecht, die aufgrund ihres irreführenden Inhalts die Gefahr in sich bergen, der Arbeitnehmer werde den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist im Glauben, er sei verfallen, nicht mehr geltend machen. Ein Verständnis in diesem Sinne hätte die paradoxe Folge, dass der Schutz, den § 3 Satz 1 MiLoG dem Arbeitnehmer vermitteln will, indem er den Mindestlohnanspruch Ausschlussfristen entzieht, zugleich durch eine Beschränkung der Kontrolle überschießender Ausschlussfristen nach Maßgabe der dem Schutz des Arbeitnehmers als Vertragspartner des Verwenders dienenden §§ 305 ff. BGB unterlaufen würde. Es wäre zu befürchten, das in § 3 Satz 1 MiLoG geregelte Verbot von Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs liefe in vielen Fällen faktisch leer und die Zahlung des Mindestlohns würde auf diese Weise im Ergebnis umgangen. Diese Gefahr würde - den Normzweck von § 3 Satz 1 MiLoG konterkarierend - durch den Erhalt sich (auch) auf den Mindestlohn erstreckender Ausschlussfristen fortgeschrieben.

74

8. Auch die nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB gebotene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (vgl. hierzu BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19) rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung einer sich auch auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erstreckenden Ausschlussfrist.

75

a) Ausschlussfristen sind als dem Arbeitsverhältnis innewohnende Besonderheiten anerkannt. Sie dienen der Rechtssicherheit, der Rechtsklarheit und dem Rechtsfrieden und sollen zu der im Arbeitsleben besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und Bereinigung offener Streitpunkte führen (st. Rspr., zB BAG 23. November 2017 - 6 AZR 33/17 - Rn. 26; 21. April 2016 - 8 AZR 753/14 - Rn. 34; 16. März 2016 - 4 AZR 421/15 - Rn. 37, BAGE 154, 252; 10. Dezember 2013 - 9 AZR 494/12 - Rn. 14; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19).

76

b) Die Aufrechterhaltung von Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen die dem Arbeitnehmerschutz dienende Bestimmung des § 3 Satz 1 MiLoG Ansprüche des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn in ihren Anwendungsbereich mit einbeziehen, mittels geltungserhaltender Reduktion berücksichtigte die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nicht angemessen, sondern einseitig zugunsten des Verwenders (vgl. Roloff FS Willemsen 2018 S. 414; vgl. zur Aufrechterhaltung einer den Vertragspartner des Verwenders typischerweise begünstigenden Klausel in einem „Altvertrag“ BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 66 ff.). Für den Arbeitnehmer führte eine geltungserhaltende Reduktion nicht zu mehr Rechtsklarheit, sondern zu Rechtsunsicherheit und durch die Fortschreibung intransparenter Ausschlussfristenregelungen - faktisch - zur Gefahr von Rechtsverlusten.

77

D. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB.

78

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

  Zimmermann    

        

    Weber    

        

        

        

    Starke    

        

    Martin Lücke    

                 

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2018 - 33 Sa 17/17 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. August 2017 - 29 Ca 39/17 - wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2016.

2

Der Kläger war beim Beklagten seit dem 2. September 2013 beschäftigt. Er erzielte zuletzt einen Stundenlohn iHv. 11,10 Euro brutto.

3

In einem beim Arbeitsgericht Hamburg geführten Kündigungsrechtsstreit (- 29 Ca 315/16 -) schlossen die Parteien am 15. August 2016 einen Vergleich, der ua. regelt:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 24.06.2016 aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 15.08.2016. Der Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 17.06.2016 keine Rechte mehr her. Der Kläger nimmt diesen Verzicht hiermit an.

        

2.    

Der Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge - unter Berücksichtigung etwaiger auf öffentliche Träger kraft Gesetzes übergegangener und gepfändeter Ansprüche - an den Kläger zu zahlen bis zum 15.09.2016.

        

…       

        
        

5.    

Damit sind alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie dieser Rechtsstreit erledigt.“

4

Der Beklagte übermittelte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 eine Abrechnung für August 2016, in der die Vergütung für 88 Stunden ausgewiesen ist, nicht jedoch die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

5

Mit seiner am 17. Januar 2017 eingegangenen, dem Beklagten am 25. Januar 2017 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - die Abgeltung von 19 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016 begehrt, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden konnten. In der Klagebegründung hat er auf einen „Arbeitsvertrag vom 01.09.2015“ Bezug genommen. Als Anlage zur Klageschrift hat der Kläger jedoch nur den befristeten Arbeitsvertrag vom 3. März 2014 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2014) vorgelegt.

6

Im Arbeitsvertrag 2014 heißt es ua.:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses, Verlängerung um 18 Monate

        

… Ab 1.3.14 Verlängerung um 18 Monate.

        

…       

        

§ 11   

Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.“

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne vom Beklagten für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016 Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto verlangen. Der Anspruch sei nicht verfallen. Die vertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam. Zudem habe sich der Beklagte mit Ziff. 2 des Vergleichs vom 15. August 2016 zur Urlaubsabgeltung verpflichtet und auf eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs verzichtet.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.687,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2016 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, der Abgeltungsanspruch sei gemäß Ziff. 5 des Vergleichs erledigt, jedenfalls aber gemäß § 11 des Arbeitsvertrags verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision noch von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage mit der Begründung, der Anspruch des Klägers sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2014 verfallen, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

Der Kläger hat erstmals mit der Revisionsbegründung den am 1. September 2015 geschlossenen unbefristeten Arbeitsvertrag (im Folgenden Arbeitsvertrag 2015) vorgelegt, der in § 11 eine mit § 11 Arbeitsvertrag 2014 wortgleiche Ausschlussfristenregelung enthält, und vorgetragen, dieser Vertrag sei zuletzt Grundlage des Arbeitsverhältnisses gewesen. Der Beklagte hat dies auf Anfrage des Senats bestätigt. Er hat die Auffassung vertreten, § 11 Arbeitsvertrag 2015 sei nach § 3 Satz 1 MiLoG nur insoweit unwirksam, als der gesetzliche Mindestlohn betroffen sei. Unabhängig davon halte die Verfallklausel einer Transparenzkontrolle stand, weil das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitsvertrag 2015 ohne Änderung der Vertragsbedingungen im Übrigen nur „verlängert“ worden sei. Dies sei kein Neuabschluss des Arbeitsvertrags.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Die Klage ist zulässig und begründet.

13

A. Der Beklagte ist gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, an den Kläger für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden können, Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto zu zahlen. Einwendungen gegen Grund und Höhe des Anspruchs hat der Beklagte zuletzt nicht mehr geltend gemacht.

14

B. Der Anspruch des Klägers ist nicht nach Ziff. 5 des Prozessvergleichs vom 15. August 2016 untergegangen.

15

I. Welche Rechtsqualität und welche Reichweite eine Erledigungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich hat, ist durch Auslegung nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln(vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 28, BAGE 150, 355). Die Streitfrage, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 18 mwN, BAGE 151, 382; 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen von BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 43; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 17), bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

II. Das Landesarbeitsgericht hat den Prozessvergleich zutreffend ausgelegt, indem es angenommen hat, der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers sei nicht aufgrund Ziff. 5 des Vergleichs erloschen. Einer Auslegung der Klausel als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB steht Ziff. 2 des Vergleichs entgegen.

17

1. Die Parteien wollen, wenn in einem gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erstreckende Ausgleichsklausel aufgenommen und nicht nur der Rechtsstreit erledigt wird, in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend umfassend bereinigen und alle Ansprüche erledigen (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 21, BAGE 151, 382; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30; 5. April 1973 - 5 AZR 574/72 -). Von einem Willen, einen umfassenden Anspruchsausschluss zu vereinbaren, kann hingegen nicht ausgegangen werden, wenn die Parteien vereinbart haben, dass neben den im Prozessvergleich ggf. ausdrücklich genannten noch weitere, nicht näher bezeichnete Ansprüche zu erfüllen sind.

18

2. Ziff. 5 des Vergleichs vom 15. August 2016 bezieht sich zwar - für sich betrachtet - auf „alle Ansprüche der Parteien … aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“, zu denen auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG gehört(vgl. BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 29, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133). Die Erledigungsklausel nimmt jedoch mit dem Wort „damit“ auf die der Klausel vorangestellten Vereinbarungen der Parteien Bezug. Aus dieser Verknüpfung folgt, dass mit Vergleichsschluss zwar der Kündigungsrechtsstreit erledigt werden sollte, die Vertragsbeziehungen im Übrigen aber erst dann, wenn nicht nur die in Ziff. 3 und Ziff. 4 ausdrücklich festgelegten Verpflichtungen der Parteien erfüllt sind, sondern - ohne Einschränkung - auch die in Ziff. 2 nicht näher konkretisierten, weiteren Zahlungsansprüche des Klägers „aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“.

19

C. Der Abgeltungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen.

20

I. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt nicht der Arbeitsvertrag vom 3. März 2014, sondern der am 1. September 2015 geschlossene Arbeitsvertrag. Dies haben die Parteien in der Revisionsinstanz unstreitig gestellt.

21

II. Entgegen der Ansicht des Klägers schließt nicht bereits der Prozessvergleich vom 15. August 2016 einen Verfall des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 aus.

22

1. Dem Wortlaut des Vergleichs ist ein Verzicht des Beklagten auf die Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfrist nicht zu entnehmen.

23

2. Etwas anderes folgt auch nicht aus der dem Beklagten mit Ziff. 2 des Vergleichs bis zum 15. September 2016 gesetzten Abrechnungs- und Zahlungsfrist.

24

a) Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich, „das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge“ an den Arbeitnehmer „zu zahlen“, wird hierdurch im Zweifel nur die ohnehin bestehende Rechtslage bestätigt (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu I der Gründe; vgl. zu einer sonstigen Erklärung im Prozess BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 44). Das Anerkenntnis einer Zahlungspflicht oder ein Verzicht auf die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen ist hierin jedenfalls dann nicht zu sehen, wenn - wie hier - die Ansprüche, auf die sich die Abrechnungs- und Zahlungspflicht beziehen soll, nicht benannt sind.

25

b) Ziff. 2 des Vergleichs bestimmt allein die Fälligkeit der Ansprüche des Klägers. Sie räumte dem Beklagten das Recht ein, „das Arbeitsverhältnis“ insgesamt, dh. auch den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers, der gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden wäre(vgl. BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - Rn. 14; 6. August 2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22), bis zum 15. September 2016 abzurechnen und die Zahlungsansprüche des Klägers spätestens zu diesem Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. zur Zulässigkeit der Einbeziehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs in eine allgemeine Abrechnung BAG 8. April 2014 - 9 AZR 550/12 - Rn. 16). Hieraus folgt nicht, dass bei Nichterfüllung der Ansprüche des Klägers innerhalb der im Vergleich vereinbarten Frist - die Wirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 unterstellt - eine schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Beklagten entbehrlich gewesen wäre. Allein der Beginn der Ausschlussfrist hätte sich, weil § 11 Arbeitsvertrag 2015 für deren Lauf auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, durch die in Ziff. 2 des Vergleichs getroffene Abrede verschoben.

26

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien mit dem Vergleich eine von den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsbeschränkungen unabhängige Zahlungspflicht hätten schaffen wollen, hat der Kläger nicht dargelegt. Solche sind auch nicht ersichtlich.

27

III. Der Kläger war nicht gehalten, den Anspruch auf Urlaubsabgeltung innerhalb der in § 11 Arbeitsvertrag 2015 gesetzten Frist schriftlich geltend zu machen. Die am 1. September 2015 vereinbarte Klausel ist intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB insgesamt unwirksam, weil sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) erfasst, der nach dem am 16. August 2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ab dem 1. Januar 2015 zu zahlen ist. Die Klausel kann deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der vertraglichen Ausschlussfrist treten die gesetzlichen Bestimmungen (§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung der §§ 306, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ein.

28

1. Der streitgegenständliche Anspruch auf Abgeltung von Urlaub kann als reiner Geldanspruch einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterliegen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 11 mwN).

29

2. § 11 Arbeitsvertrag 2015 bezieht sich auf „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“. Dies schließt alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche ein, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 12; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306). Vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst sind demnach auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG(vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133) und der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG.

30

3. Die Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag 2015 getroffenen Abreden ist - jedenfalls - wie die Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB)anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Der Vertrag weist außer den persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten auf. Dies - wie auch das äußere Erscheinungsbild - begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags 2015 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 14; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 12; 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82; 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN). Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), denn der Arbeitsvertrag 2015 ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14). Dass der Kläger auf den Inhalt des Arbeitsvertrags Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), hat der Beklagte nicht behauptet.

31

4. § 11 Arbeitsvertrag 2015 enthält nicht verschiedene Ausschlussfristenregelungen und ist deshalb einer einheitlichen Kontrolle nach § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu unterziehen.

32

a) Bei einer teilbaren Klausel ist diese Kontrolle jeweils getrennt für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen. Die Regelungen müssen allerdings nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu trennen sein (vgl. BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 23, BAGE 154, 93). Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils (sog. Blue-Pencil-Test) zu ermitteln. Eine teilbare Formularklausel kann mit ihrem zulässigen Teil aufrechterhalten werden (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 25, BAGE 146, 284; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 21, BGHZ 205, 220). Darin liegt keine geltungserhaltende Reduktion, denn die Trennung ist in den vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen bereits vorgegeben (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81).

33

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 ist nicht - im Sinne einer in der Klausel vorgegebenen Trennung - teilbar. Die Verfallklausel erfasst inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ohne zwischen dem Mindestlohnanspruch und sonstigen Ansprüchen zu differenzieren (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 24, BAGE 156, 150).

34

5. § 11 Arbeitsvertrag 2015 verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

35

a) Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17 - Rn. 34; 24. August 2016 - 8 AZR 378/16 - Rn. 18). Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern (st. Rspr., zB BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 55; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48, BAGE 144, 306). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, dessen Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, BAGE 139, 44; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52; 5. Oktober 2005 - VIII ZR 382/04 - Rn. 23).

36

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 wird dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht, weil die Klausel, indem sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt, die Rechtslage unzutreffend und deshalb irreführend darstellt.

37

aa) Nach § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Ausschlussfristen betreffen den zeitlichen Bestand und die Art und Weise der Geltendmachung eines Rechts (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31, BAGE 137, 249; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu II der Gründe, BAGE 115, 19). § 3 Satz 1 MiLoG entzieht Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 20 f.; vgl. zu § 9 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150).

38

bb) § 11 Arbeitsvertrag 2015 erfasst, obwohl § 3 Satz 1 MiLoG dies verbietet, den gesetzlichen Mindestlohn.

39

(1) Eine Auslegung, der gesetzliche Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG solle nicht in den Anwendungsbereich von § 11 Arbeitsvertrag 2015 fallen, lässt der Wortlaut der Klausel mangels einer entsprechenden Einschränkung nicht zu.

40

(2) Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Entgelt für geleistete Arbeit betrifft nicht einen nur selten auftretenden, von den Vertragsparteien nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Sonderfall (vgl. hierzu: BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 21 f. mwN; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19), sondern ist der Hauptanwendungsbereich von Ausschlussfristen (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150; ErfK/Preis 18. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 50a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 27; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45), den die Parteien eines Arbeitsvertrags bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist vor allem im Blick haben (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 22).

41

cc) Das Fehlen der Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns führt zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015, weil die Klausel vom Beklagten nach dem 31. Dezember 2014 gestellt wurde. Keiner Entscheidung bedarf es, ob dies gleichermaßen - und ggf. ohne zeitliche Einschränkungen - gölte, wenn die Klausel zwar mit oder nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 16. August 2014, aber vor Geltung des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 vereinbart worden wäre.

42

(1) Für die Prüfung der Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist ist allein auf die Gesetzeslage bei Vertragsschluss abzustellen(vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 22; BGH 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13 - Rn. 38, BGHZ 201, 363; 30. März 2010 - XI ZR 200/09 - Rn. 30, BGHZ 185, 133; 4. Februar 2009 - VIII ZR 66/08 - Rn. 15). Ist eine Klausel bei Vertragsschluss transparent, verliert sie ihre Wirksamkeit nicht, wenn spätere Gesetzesänderungen zu ihrer Intransparenz führen (vgl. Boemke JuS 2015, 385, 392; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3).

43

(2) Die Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt, ist somit nach der Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen.

44

(a) Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I S. 1348) eingeführt und am 16. August 2014, dem Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz), in Kraft getreten. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 22).

45

(b) Wurde der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes geschlossen, kann - allein - die Änderung der Gesetzeslage durch das Mindestlohngesetz nicht nachträglich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB zur (Gesamt-)Unwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung wegen Intransparenz führen, wenn sich ihr Anwendungsbereich entgegen § 3 Satz 1 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 auch auf den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erstreckt. Die fehlende Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns hat für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 die Teilunwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung nach § 3 Satz 1 MiLoG zur Folge; für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 steht § 3 Satz 1 MiLoG der Wirksamkeit der Ausschlussfrist nicht entgegen, denn die Norm setzt das Bestehen eines Mindestlohnanspruchs voraus (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 21 ff.).

46

(c) Demgegenüber verstößt eine vom Arbeitgeber gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde. Sie stellt die Rechtslage von Anfang an irreführend dar.

47

(aa) Eine solche Ausschlussfristenregelung suggeriert - ausgehend von dem bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB wie von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anzuwendenden abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 15; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 58; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 14; 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 12) - dem verständigen Arbeitnehmer, er müsse auch den Anspruch auf den nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist geltend machen (vgl. zu § 2 PflegeArbbV BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150). Damit besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist den gesetzlichen Mindestlohnanspruch in der Annahme, er sei verfallen, nicht mehr durchsetzt, obwohl sein Verfall nach § 3 Satz 1 MiLoG ausgeschlossen ist.

48

(bb) Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes der Anspruch auf den Mindestlohn in einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (vgl. ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

49

(cc) Der Verwender von Ausschlussfristen wird hierdurch nicht vor unzumutbare Anforderungen gestellt.

50

(aaa) Die an die Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellten Anforderungen dürfen den Verwender nicht überfordern. Die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende Verpflichtung, den Klauselinhalt möglichst klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Welche Anforderungen an die Wahrung des Transparenzgebots konkret zu stellen sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dabei ist insbesondere auch die Komplexität des Sachverhalts unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des konkreten Regelungsgegenstands maßgeblich (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23 mwN, BAGE 158, 81; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30).

51

(bbb) An den Klauselverwender werden keine unzumutbaren Anforderungen gestellt, wenn man ihm, will er die Intransparenz der Ausschlussfrist wegen fehlender Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns vermeiden, einen Hinweis darauf abverlangt, die vertragliche Ausschlussfrist gelte nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes der vereinbarten Ausschlussfrist entzogen sind (vgl. zu einem Formulierungsvorschlag Roloff FS Willemsen 2018 S. 416). Eine entsprechende Formulierung würde, auch wenn sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich benennt, dem Transparenzgebot gerecht, denn der Klauselverwender darf - ohne dass hierin eine mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Einklang zu bringende Überforderung des Arbeitnehmers zu sehen wäre - Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache ebenso wie unbestimmte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe verwenden. Das Transparenzgebot erfordert keine Klauselgestaltung, die eine einzelfallbezogene Subsumtion von vornherein entbehrlich macht. Es kann vom Klauselverwender nicht verlangt werden, die Folgen einer Vertragsbestimmung für alle denkbaren Fallgestaltungen zu erläutern (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23, BAGE 158, 81; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52). Durch einen entsprechenden Hinweis würde dem verständigen Arbeitnehmer verdeutlicht, dass der Anwendungsbereich der vertraglichen Ausschlussfrist in Abhängigkeit vom jeweils streitigen Anspruch gesetzlichen Beschränkungen unterliegen kann. Eine Belehrung über alle gesetzlichen Bestimmungen, die Ausschlussfristen der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien entziehen, oder über sich möglicherweise durch Auslegung der Verfallklausel ergebende Einschränkungen ihres Anwendungsbereichs (vgl. zum Urlaubsanspruch BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 37 ff.) verlangt das Transparenzgebot nicht.

52

(3) In Anwendung dieser Grundsätze hält § 11 Arbeitsvertrag 2015 einer Transparenzkontrolle nicht stand, weil die Klausel vom Beklagten nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes und Geltung des gesetzlichen Mindestlohns mit dem Arbeitsvertrag vom 1. September 2015 gestellt wurde und sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann die Transparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 auch nicht deshalb an dem für „Altverträge“ geltenden Maßstab beurteilt werden, weil mit dem Arbeitsvertrag 2015 das bisher befristete Arbeitsverhältnis unter Beibehaltung der Bedingungen des am 3. März 2014 geschlossenen Arbeitsvertrags - einschließlich der Ausschlussfristenregelung - fortgesetzt wurde.

53

(a) Bei einer nach dem 31. Dezember 2014 vereinbarten Fortführung eines bisher befristeten Arbeitsverhältnisses kommt es für die Beurteilung, ob eine vom Arbeitgeber gestellte Ausschlussfrist einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB standhält, darauf an, ob die vertragliche Ausschlussfristenregelung bei Vereinbarung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den in der Befristungsabrede vorgesehenen Beendigungstermin hinaus erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war. Allein die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29 mwN).

54

(b) Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor vereinbarte Verfallklausel erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage durch Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes auch nach Geltung des gesetzlichen Mindestlohns an den zuvor getroffenen Abreden festhalten wollten, liegt beispielsweise in der Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Erst recht ist hiervon auszugehen, wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht nur allgemein auf die bisherigen Vertragsbedingungen Bezug nehmen, sondern die Ausschlussfristenregelung ausdrücklich in die Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einbeziehen, indem sie diese - wie hier im Arbeitsvertrag 2015 - in die Vertragsurkunde erneut aufnehmen.

55

(4) Offenbleiben kann, ob die fehlende Ausnahme sonstiger Ansprüche, für deren Geltendmachung die Vereinbarung von Ausschlussfristen kraft Gesetzes, wie zB nach § 9 AEntG, § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG, der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien ganz oder teilweise entzogen ist, ebenfalls zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 führte.

56

6. Die Intransparenz hat die Gesamtunwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 zur Folge und führt zu deren ersatzlosem Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen(§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). Die Klausel kann, weil sie nicht teilbar ist (vgl. oben Rn. 31 ff.), auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der Ausschlussfristenregelung treten nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Bestimmungen(vgl. BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 27).

57

a) Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen AGB-Kontrolle unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81), ist im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen(BAG 24. August 2017 - 8 AZR 378/16 - Rn. 32). Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. Eine geltungserhaltende Reduktion wäre mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln freizuhalten und auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis angewandten Geschäftsbedingungen hinzuwirken, nicht vereinbar. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. Anderenfalls liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer(st. Rspr., zB BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN; vgl. auch BGH 22. September 2015 - II ZR 341/14 - Rn. 20).

58

b) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. hierzu jeweils mwN: BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 37 ff.; 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 21, BAGE 150, 207) sind nicht gegeben. Dem mit einer Ausschlussfrist verfolgten Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen, wird durch die gesetzlichen Verjährungsfristen hinreichend Rechnung getragen. Der Beklagte hat zudem kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Ausschlussfristenregelung mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine transparente Ausschlussfristenregelung zu formulieren (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 62; 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150).

59

c) Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Ausschlussfristenregelung ist es unerheblich, ob sich das Risiko, der gesetzliche Mindestlohn werde in der Annahme, er sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen, nicht geltend gemacht, im Entscheidungsfall realisiert hat. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 26; 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

60

d) Die Unwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 hat zur Folge, dass sich allein der Beklagte als Verwender der von ihm gestellten Klausel nicht auf die darin gesetzte Ausschlussfrist berufen kann. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Verwender der Klausel, sie dient aber nicht dem Schutz des Verwenders vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 42; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 47; 22. September 2016 - 2 AZR 509/15 - Rn. 20; 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - Rn. 16; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 22, BGHZ 205, 220). Dem Kläger wäre die Berufung auf die unwirksame Ausschlussfristenregelung nicht versagt.

61

7. § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB auf eine Ausschlussfristenregelung in einem Formularvertrag(§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, nicht ein.

62

a) Dies ist allerdings umstritten.

63

aa) Von Teilen des Schrifttums wird die Ansicht vertreten, § 3 Satz 1 MiLoG sei bezogen auf Ausschlussfristen in Formularverträgen - die im Übrigen den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügten - im Verhältnis zu § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB lex specialis(so ausdrücklich Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 28); die Norm verdränge in ihrem Anwendungsbereich sowohl das Transparenzgebot als auch das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: zB Bayreuther DB 2017, 487, 489; Greiner in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Lembke NZA 2016, 1, 8 f.; Lingemann/Otte NZA 2016, 519, 522; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 47 ff.; Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 26 ff.; Sagan RdA 2017, 264, 266; Stenslik DStR 2017, 938, 940 f.). § 3 Satz 1 MiLoG ordne eine nur partielle Unwirksamkeit von Ausschlussfristen an, deren Anwendungsbereich sich auch, aber nicht allein auf den gesetzlichen Mindestlohn erstrecke, und gebe gesetzlich deren „Teilbarkeit“ im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion vor. Der Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG führe deshalb unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur zur Teilunwirksamkeit vom Arbeitgeber gestellter Ausschlussfristen. Nach dem Schutzkonzept des Mindestlohngesetzes und dem Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG sollten Ausschlussfristen nur insoweit unwirksam sein, als sie sich auf den gesetzlichen Mindestlohn bezögen (vgl. Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 28).

64

bb) Nach anderer im Schrifttum vertretener Ansicht schränkt § 3 Satz 1 MiLoG den Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und von § 306 BGB nicht ein. Nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes in Verbraucherverträgen vereinbarte Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfassten, seien, weil sie die Rechtslage nicht zutreffend abbildeten, intransparent und deshalb nicht nur teilweise, sondern nach § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB insgesamt unwirksam(so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; HK-MiLoG/Trümner 2. Aufl. § 3 Rn. 29; HWK/Roloff 8. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 14; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102, 108; MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; Zwanziger AuR 2017, 333, 336; weiter gehend auch für vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes vereinbarte Ausschlussfristen Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

65

b) § 3 Satz 1 MiLoG und § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB stehen zueinander nicht in einem Rangverhältnis der Spezialität oder Subsidiarität. Die gesetzlichen Bestimmungen sind nebeneinander anwendbar. Die darin angeordneten Rechtsfolgen schließen einander nicht aus. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB überlagert die limitierte Rechtsfolge des § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a).

66

aa) Grundsätzlich beanspruchen Rechtsnormen, die - wie die genannten einfachgesetzlichen Regelungen - im gleichen Rangverhältnis zueinander stehen, gleichermaßen Geltung und sind nebeneinander anwendbar. Erfüllt ein konkreter Lebensvorgang die abstrakten Tatbestandsmerkmale mehrerer Rechtsnormen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sämtliche an den einheitlichen Tatbestand geknüpften Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander eintreten (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, BGHZ 13, 88; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, BVerwGE 152, 264), sofern sie sich nicht gegenseitig ausschließen (vgl. Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. S. 87). Eine Verdrängung der einen Rechtsnorm durch eine andere besondere Rechtsnorm kann vorliegen, wenn ein Fall von Spezialität (lex specialis derogat legi generali) gegeben ist. Spezialität verlangt, dass die verdrängende Rechtsnorm sämtliche Merkmale der allgemeinen Norm enthält und dieser noch ein besonderes Merkmal zur Bildung seines Tatbestandsbegriffs hinzufügt (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III a der Gründe, aaO; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, aaO). Ist ein auf Spezialität beruhendes Rangverhältnis der Rechtsnormen nicht festzustellen, kann das Zurücktreten einer Norm nur aus einem die Annahme einer Gesetzessubsidiarität rechtfertigenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Gesetzesbefehl gefolgert werden (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, aaO), dessen Vorliegen durch Auslegung der an sich gleichrangigen Normen zu ermitteln ist (vgl. BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 16, aaO; vgl. zu den Voraussetzungen einer verdrängenden Gesetzeskonkurrenz auch: Larenz/Canaris aaO S. 87 ff.; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102 ff.; Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6. Aufl. S. 268; Reimer Juristische Methodenlehre Rn. 196 ff.; Wank Die Auslegung von Gesetzen 6. Aufl. S. 102 f.; Rüthers/Fischer/Birk Rechtstheorie 9. Aufl. Rn. 771 ff.).

67

bb) Eine Verdrängung von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB durch § 3 Satz 1 MiLoG kraft Spezialität scheidet aus, weil sich § 3 Satz 1 MiLoG zur Transparenz von Ausschlussfristen und den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht verhält.

68

cc) Auch ein ausdrücklicher oder stillschweigender Gesetzesbefehl, der allein die Annahme der Subsidiarität von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 Abs. 2 BGB bzw. einer abschließenden Rechtsfolgenanordnung im Sinne eines „nur“ insoweit unwirksam rechtfertigen könnte, ist § 3 Satz 1 MiLoG nicht zu entnehmen. § 3 Satz 1 MiLoG ordnet weder an, dass wegen Einbeziehung des gesetzlichen Mindestlohns intransparente Ausschlussfristen im Übrigen, soweit diese sonstige Ansprüche erfassen, wirksam sind, noch bestimmt die Norm die „Teilbarkeit“ solcher Klauseln. Dies ergibt die Auslegung von § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. zu den bei der Auslegung von Gesetzen anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen im Einzelnen: BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 ua. - Rn. 74; 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 ua. - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 20, BAGE 157, 356).

69

(1) Der Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG schränkt den Anwendungsbereich von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB nicht ein. § 3 Satz 1 MiLoG untersagt die Vereinbarung von Ausschlussfristen für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Aus der Formulierung „insoweit unwirksam“ lässt sich nicht ableiten, die Bestimmung ordne - im Umkehrschluss - zugleich die Wirksamkeit intransparenter Ausschlussfristen oder deren geltungserhaltende Reduktion auf einen rechtlich nicht zu beanstandenden Kern an. § 3 Satz 1 MiLoG stellt mit den Worten „insoweit unwirksam“ allein klar, dass die Zulässigkeit der Vereinbarung von Ausschlussfristen für Ansprüche außerhalb des gesetzlichen Mindestlohns unberührt bleibt. Die Rechtsfolgen von § 3 Satz 1 MiLoG und von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB schließen sich deshalb nicht aus. Anderenfalls hätte es nicht „insoweit unwirksam“, sondern „nur insoweit unwirksam“ heißen müssen (vgl. Zwanziger AuR 2017, 333, 336).

70

(2) Für eine lediglich klarstellende Bedeutung des Wortes „insoweit“ in § 3 Satz 1 MiLoG spricht auch die Systematik des Mindestlohngesetzes. Der Mindestlohn tritt als gesetzlicher Anspruch eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch. § 3 Satz 1 MiLoG führt bei Unterschreiten des Mindestlohnanspruchs zu einem Differenzanspruch, nicht aber zur Nichtigkeit der Entgeltabrede(vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22, BAGE 155, 202). Das Mindestlohngesetz geht damit von einer Anspruchskonkurrenz des Mindestlohnanspruchs zu den aufgrund sonstiger Vereinbarungen bestehenden Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aus. § 3 Satz 1 MiLoG verbietet Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch durch Absenkung zum Nachteil des Arbeitnehmers zu gestalten oder seine Geltendmachung zu beschränken. In die Gestaltung der für das Arbeitsverhältnis im Übrigen geltenden Vereinbarungen greift § 3 Satz 1 MiLoG nicht ein. Ausgehend von diesem gesetzlichen Regelungskonzept hätte es für die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG stelle mit der Formulierung „insoweit unwirksam“ zugleich die Wirksamkeit von Ausschlussfristen im Übrigen fest, indem er - als eine § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB verdrängende Norm - die geltungserhaltende Reduktion intransparenter Ausschlussfristen auf sonstige (Vergütungs-)Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis anordne, deutlicher Anhaltpunkte im Gesetz bedurft. Daran fehlt es.

71

(3) Entscheidend gegen ein Verständnis, § 3 Satz 1 MiLoG schränke im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes durch einen Normbefehl - im Sinne eines „nur insoweit unwirksam“ - die Geltung von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB ein, spricht insbesondere Sinn und Zweck der Regelung.

72

(a) § 3 Satz 1 MiLoG soll, wie schon in der Begründung des insoweit unverändert verabschiedeten Gesetzentwurfs der Bundesregierung(BT-Drs. 18/1558 S. 35) ausgeführt, den Mindestlohnanspruch sichern und die Umgehung des Mindestlohngesetzes durch missbräuchliche Konstruktionen verhindern (allgA, vgl. statt aller: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 1; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 32; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 1).

73

(b) Mit diesem Normzweck nicht in Einklang zu bringen ist die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG erhalte im Wege einer gesetzlich vorgegebenen Teilbarkeit oder geltungserhaltenden Reduktion Ausschlussfristen aufrecht, die aufgrund ihres irreführenden Inhalts die Gefahr in sich bergen, der Arbeitnehmer werde den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist im Glauben, er sei verfallen, nicht mehr geltend machen. Ein Verständnis in diesem Sinne hätte die paradoxe Folge, dass der Schutz, den § 3 Satz 1 MiLoG dem Arbeitnehmer vermitteln will, indem er den Mindestlohnanspruch Ausschlussfristen entzieht, zugleich durch eine Beschränkung der Kontrolle überschießender Ausschlussfristen nach Maßgabe der dem Schutz des Arbeitnehmers als Vertragspartner des Verwenders dienenden §§ 305 ff. BGB unterlaufen würde. Es wäre zu befürchten, das in § 3 Satz 1 MiLoG geregelte Verbot von Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs liefe in vielen Fällen faktisch leer und die Zahlung des Mindestlohns würde auf diese Weise im Ergebnis umgangen. Diese Gefahr würde - den Normzweck von § 3 Satz 1 MiLoG konterkarierend - durch den Erhalt sich (auch) auf den Mindestlohn erstreckender Ausschlussfristen fortgeschrieben.

74

8. Auch die nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB gebotene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (vgl. hierzu BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19) rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung einer sich auch auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erstreckenden Ausschlussfrist.

75

a) Ausschlussfristen sind als dem Arbeitsverhältnis innewohnende Besonderheiten anerkannt. Sie dienen der Rechtssicherheit, der Rechtsklarheit und dem Rechtsfrieden und sollen zu der im Arbeitsleben besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und Bereinigung offener Streitpunkte führen (st. Rspr., zB BAG 23. November 2017 - 6 AZR 33/17 - Rn. 26; 21. April 2016 - 8 AZR 753/14 - Rn. 34; 16. März 2016 - 4 AZR 421/15 - Rn. 37, BAGE 154, 252; 10. Dezember 2013 - 9 AZR 494/12 - Rn. 14; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19).

76

b) Die Aufrechterhaltung von Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen die dem Arbeitnehmerschutz dienende Bestimmung des § 3 Satz 1 MiLoG Ansprüche des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn in ihren Anwendungsbereich mit einbeziehen, mittels geltungserhaltender Reduktion berücksichtigte die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nicht angemessen, sondern einseitig zugunsten des Verwenders (vgl. Roloff FS Willemsen 2018 S. 414; vgl. zur Aufrechterhaltung einer den Vertragspartner des Verwenders typischerweise begünstigenden Klausel in einem „Altvertrag“ BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 66 ff.). Für den Arbeitnehmer führte eine geltungserhaltende Reduktion nicht zu mehr Rechtsklarheit, sondern zu Rechtsunsicherheit und durch die Fortschreibung intransparenter Ausschlussfristenregelungen - faktisch - zur Gefahr von Rechtsverlusten.

77

D. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB.

78

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

  Zimmermann    

        

    Weber    

        

        

        

    Starke    

        

    Martin Lücke    

                 

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.

(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.

Ein Verzicht auf den aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a entstandenen Anspruch der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf Mindestentgeltsätze nach § 5 Satz 1 Nummer 1 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des in Satz 1 genannten Anspruchs ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des in Satz 1 genannten Anspruchs können ausschließlich in dem der Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.

(1) Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die zumindest auch für ihre jeweiligen in der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Mitglieder zuständig sind (vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien) und bundesweit tarifliche Mindeststundenentgelte im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung miteinander vereinbart haben, können dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam vorschlagen, diese als Lohnuntergrenze in einer Rechtsverordnung verbindlich festzusetzen; die Mindeststundenentgelte können nach dem jeweiligen Beschäftigungsort differenzieren und auch Regelungen zur Fälligkeit entsprechender Ansprüche einschließlich hierzu vereinbarter Ausnahmen und deren Voraussetzungen umfassen. Der Vorschlag muss für Verleihzeiten und verleihfreie Zeiten einheitliche Mindeststundenentgelte sowie eine Laufzeit enthalten. Der Vorschlag ist schriftlich zu begründen.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint, in einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die vorgeschlagenen tariflichen Mindeststundenentgelte nach Absatz 1 als verbindliche Lohnuntergrenze auf alle in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Arbeitgeber sowie Leiharbeitnehmer Anwendung findet. Der Verordnungsgeber kann den Vorschlag nur inhaltlich unverändert in die Rechtsverordnung übernehmen.

(3) Der Verordnungsgeber hat bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen einer Gesamtabwägung neben den Zielen dieses Gesetzes zu prüfen, ob eine Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere geeignet ist, die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme zu gewährleisten. Der Verordnungsgeber hat zu berücksichtigen

1.
die bestehenden bundesweiten Tarifverträge in der Arbeitnehmerüberlassung und
2.
die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien.

(4) Liegen mehrere Vorschläge nach Absatz 1 vor, hat der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen der nach Absatz 3 erforderlichen Gesamtabwägung die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien besonders zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Repräsentativität ist vorrangig abzustellen auf

1.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Arbeitnehmer, die bei Mitgliedern der vorschlagenden Arbeitgebervereinigung beschäftigt sind;
2.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Mitglieder der vorschlagenden Gewerkschaften.

(5) Vor Erlass ist ein Entwurf der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt Verleihern und Leiharbeitnehmern sowie den Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die im Geltungsbereich der Rechtsverordnung zumindest teilweise tarifzuständig sind, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist wird der in § 5 Absatz 1 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes genannte Ausschuss mit dem Vorschlag befasst.

(6) Nach Absatz 1 vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien können gemeinsam die Änderung einer nach Absatz 2 erlassenen Rechtsverordnung vorschlagen. Die Absätze 1 bis 5 finden entsprechend Anwendung.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.

(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2018 - 33 Sa 17/17 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. August 2017 - 29 Ca 39/17 - wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2016.

2

Der Kläger war beim Beklagten seit dem 2. September 2013 beschäftigt. Er erzielte zuletzt einen Stundenlohn iHv. 11,10 Euro brutto.

3

In einem beim Arbeitsgericht Hamburg geführten Kündigungsrechtsstreit (- 29 Ca 315/16 -) schlossen die Parteien am 15. August 2016 einen Vergleich, der ua. regelt:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 24.06.2016 aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 15.08.2016. Der Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 17.06.2016 keine Rechte mehr her. Der Kläger nimmt diesen Verzicht hiermit an.

        

2.    

Der Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge - unter Berücksichtigung etwaiger auf öffentliche Träger kraft Gesetzes übergegangener und gepfändeter Ansprüche - an den Kläger zu zahlen bis zum 15.09.2016.

        

…       

        
        

5.    

Damit sind alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie dieser Rechtsstreit erledigt.“

4

Der Beklagte übermittelte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 eine Abrechnung für August 2016, in der die Vergütung für 88 Stunden ausgewiesen ist, nicht jedoch die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

5

Mit seiner am 17. Januar 2017 eingegangenen, dem Beklagten am 25. Januar 2017 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - die Abgeltung von 19 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016 begehrt, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden konnten. In der Klagebegründung hat er auf einen „Arbeitsvertrag vom 01.09.2015“ Bezug genommen. Als Anlage zur Klageschrift hat der Kläger jedoch nur den befristeten Arbeitsvertrag vom 3. März 2014 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2014) vorgelegt.

6

Im Arbeitsvertrag 2014 heißt es ua.:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses, Verlängerung um 18 Monate

        

… Ab 1.3.14 Verlängerung um 18 Monate.

        

…       

        

§ 11   

Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.“

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne vom Beklagten für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016 Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto verlangen. Der Anspruch sei nicht verfallen. Die vertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam. Zudem habe sich der Beklagte mit Ziff. 2 des Vergleichs vom 15. August 2016 zur Urlaubsabgeltung verpflichtet und auf eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs verzichtet.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.687,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2016 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, der Abgeltungsanspruch sei gemäß Ziff. 5 des Vergleichs erledigt, jedenfalls aber gemäß § 11 des Arbeitsvertrags verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision noch von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage mit der Begründung, der Anspruch des Klägers sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2014 verfallen, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

Der Kläger hat erstmals mit der Revisionsbegründung den am 1. September 2015 geschlossenen unbefristeten Arbeitsvertrag (im Folgenden Arbeitsvertrag 2015) vorgelegt, der in § 11 eine mit § 11 Arbeitsvertrag 2014 wortgleiche Ausschlussfristenregelung enthält, und vorgetragen, dieser Vertrag sei zuletzt Grundlage des Arbeitsverhältnisses gewesen. Der Beklagte hat dies auf Anfrage des Senats bestätigt. Er hat die Auffassung vertreten, § 11 Arbeitsvertrag 2015 sei nach § 3 Satz 1 MiLoG nur insoweit unwirksam, als der gesetzliche Mindestlohn betroffen sei. Unabhängig davon halte die Verfallklausel einer Transparenzkontrolle stand, weil das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitsvertrag 2015 ohne Änderung der Vertragsbedingungen im Übrigen nur „verlängert“ worden sei. Dies sei kein Neuabschluss des Arbeitsvertrags.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Die Klage ist zulässig und begründet.

13

A. Der Beklagte ist gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, an den Kläger für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden können, Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto zu zahlen. Einwendungen gegen Grund und Höhe des Anspruchs hat der Beklagte zuletzt nicht mehr geltend gemacht.

14

B. Der Anspruch des Klägers ist nicht nach Ziff. 5 des Prozessvergleichs vom 15. August 2016 untergegangen.

15

I. Welche Rechtsqualität und welche Reichweite eine Erledigungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich hat, ist durch Auslegung nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln(vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 28, BAGE 150, 355). Die Streitfrage, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 18 mwN, BAGE 151, 382; 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen von BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 43; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 17), bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

II. Das Landesarbeitsgericht hat den Prozessvergleich zutreffend ausgelegt, indem es angenommen hat, der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers sei nicht aufgrund Ziff. 5 des Vergleichs erloschen. Einer Auslegung der Klausel als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB steht Ziff. 2 des Vergleichs entgegen.

17

1. Die Parteien wollen, wenn in einem gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erstreckende Ausgleichsklausel aufgenommen und nicht nur der Rechtsstreit erledigt wird, in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend umfassend bereinigen und alle Ansprüche erledigen (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 21, BAGE 151, 382; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30; 5. April 1973 - 5 AZR 574/72 -). Von einem Willen, einen umfassenden Anspruchsausschluss zu vereinbaren, kann hingegen nicht ausgegangen werden, wenn die Parteien vereinbart haben, dass neben den im Prozessvergleich ggf. ausdrücklich genannten noch weitere, nicht näher bezeichnete Ansprüche zu erfüllen sind.

18

2. Ziff. 5 des Vergleichs vom 15. August 2016 bezieht sich zwar - für sich betrachtet - auf „alle Ansprüche der Parteien … aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“, zu denen auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG gehört(vgl. BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 29, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133). Die Erledigungsklausel nimmt jedoch mit dem Wort „damit“ auf die der Klausel vorangestellten Vereinbarungen der Parteien Bezug. Aus dieser Verknüpfung folgt, dass mit Vergleichsschluss zwar der Kündigungsrechtsstreit erledigt werden sollte, die Vertragsbeziehungen im Übrigen aber erst dann, wenn nicht nur die in Ziff. 3 und Ziff. 4 ausdrücklich festgelegten Verpflichtungen der Parteien erfüllt sind, sondern - ohne Einschränkung - auch die in Ziff. 2 nicht näher konkretisierten, weiteren Zahlungsansprüche des Klägers „aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“.

19

C. Der Abgeltungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen.

20

I. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt nicht der Arbeitsvertrag vom 3. März 2014, sondern der am 1. September 2015 geschlossene Arbeitsvertrag. Dies haben die Parteien in der Revisionsinstanz unstreitig gestellt.

21

II. Entgegen der Ansicht des Klägers schließt nicht bereits der Prozessvergleich vom 15. August 2016 einen Verfall des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 aus.

22

1. Dem Wortlaut des Vergleichs ist ein Verzicht des Beklagten auf die Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfrist nicht zu entnehmen.

23

2. Etwas anderes folgt auch nicht aus der dem Beklagten mit Ziff. 2 des Vergleichs bis zum 15. September 2016 gesetzten Abrechnungs- und Zahlungsfrist.

24

a) Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich, „das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge“ an den Arbeitnehmer „zu zahlen“, wird hierdurch im Zweifel nur die ohnehin bestehende Rechtslage bestätigt (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu I der Gründe; vgl. zu einer sonstigen Erklärung im Prozess BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 44). Das Anerkenntnis einer Zahlungspflicht oder ein Verzicht auf die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen ist hierin jedenfalls dann nicht zu sehen, wenn - wie hier - die Ansprüche, auf die sich die Abrechnungs- und Zahlungspflicht beziehen soll, nicht benannt sind.

25

b) Ziff. 2 des Vergleichs bestimmt allein die Fälligkeit der Ansprüche des Klägers. Sie räumte dem Beklagten das Recht ein, „das Arbeitsverhältnis“ insgesamt, dh. auch den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers, der gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden wäre(vgl. BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - Rn. 14; 6. August 2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22), bis zum 15. September 2016 abzurechnen und die Zahlungsansprüche des Klägers spätestens zu diesem Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. zur Zulässigkeit der Einbeziehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs in eine allgemeine Abrechnung BAG 8. April 2014 - 9 AZR 550/12 - Rn. 16). Hieraus folgt nicht, dass bei Nichterfüllung der Ansprüche des Klägers innerhalb der im Vergleich vereinbarten Frist - die Wirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 unterstellt - eine schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Beklagten entbehrlich gewesen wäre. Allein der Beginn der Ausschlussfrist hätte sich, weil § 11 Arbeitsvertrag 2015 für deren Lauf auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, durch die in Ziff. 2 des Vergleichs getroffene Abrede verschoben.

26

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien mit dem Vergleich eine von den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsbeschränkungen unabhängige Zahlungspflicht hätten schaffen wollen, hat der Kläger nicht dargelegt. Solche sind auch nicht ersichtlich.

27

III. Der Kläger war nicht gehalten, den Anspruch auf Urlaubsabgeltung innerhalb der in § 11 Arbeitsvertrag 2015 gesetzten Frist schriftlich geltend zu machen. Die am 1. September 2015 vereinbarte Klausel ist intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB insgesamt unwirksam, weil sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) erfasst, der nach dem am 16. August 2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ab dem 1. Januar 2015 zu zahlen ist. Die Klausel kann deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der vertraglichen Ausschlussfrist treten die gesetzlichen Bestimmungen (§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung der §§ 306, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ein.

28

1. Der streitgegenständliche Anspruch auf Abgeltung von Urlaub kann als reiner Geldanspruch einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterliegen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 11 mwN).

29

2. § 11 Arbeitsvertrag 2015 bezieht sich auf „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“. Dies schließt alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche ein, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 12; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306). Vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst sind demnach auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG(vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133) und der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG.

30

3. Die Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag 2015 getroffenen Abreden ist - jedenfalls - wie die Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB)anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Der Vertrag weist außer den persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten auf. Dies - wie auch das äußere Erscheinungsbild - begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags 2015 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 14; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 12; 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82; 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN). Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), denn der Arbeitsvertrag 2015 ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14). Dass der Kläger auf den Inhalt des Arbeitsvertrags Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), hat der Beklagte nicht behauptet.

31

4. § 11 Arbeitsvertrag 2015 enthält nicht verschiedene Ausschlussfristenregelungen und ist deshalb einer einheitlichen Kontrolle nach § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu unterziehen.

32

a) Bei einer teilbaren Klausel ist diese Kontrolle jeweils getrennt für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen. Die Regelungen müssen allerdings nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu trennen sein (vgl. BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 23, BAGE 154, 93). Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils (sog. Blue-Pencil-Test) zu ermitteln. Eine teilbare Formularklausel kann mit ihrem zulässigen Teil aufrechterhalten werden (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 25, BAGE 146, 284; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 21, BGHZ 205, 220). Darin liegt keine geltungserhaltende Reduktion, denn die Trennung ist in den vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen bereits vorgegeben (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81).

33

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 ist nicht - im Sinne einer in der Klausel vorgegebenen Trennung - teilbar. Die Verfallklausel erfasst inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ohne zwischen dem Mindestlohnanspruch und sonstigen Ansprüchen zu differenzieren (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 24, BAGE 156, 150).

34

5. § 11 Arbeitsvertrag 2015 verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

35

a) Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17 - Rn. 34; 24. August 2016 - 8 AZR 378/16 - Rn. 18). Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern (st. Rspr., zB BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 55; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48, BAGE 144, 306). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, dessen Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, BAGE 139, 44; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52; 5. Oktober 2005 - VIII ZR 382/04 - Rn. 23).

36

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 wird dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht, weil die Klausel, indem sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt, die Rechtslage unzutreffend und deshalb irreführend darstellt.

37

aa) Nach § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Ausschlussfristen betreffen den zeitlichen Bestand und die Art und Weise der Geltendmachung eines Rechts (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31, BAGE 137, 249; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu II der Gründe, BAGE 115, 19). § 3 Satz 1 MiLoG entzieht Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 20 f.; vgl. zu § 9 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150).

38

bb) § 11 Arbeitsvertrag 2015 erfasst, obwohl § 3 Satz 1 MiLoG dies verbietet, den gesetzlichen Mindestlohn.

39

(1) Eine Auslegung, der gesetzliche Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG solle nicht in den Anwendungsbereich von § 11 Arbeitsvertrag 2015 fallen, lässt der Wortlaut der Klausel mangels einer entsprechenden Einschränkung nicht zu.

40

(2) Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Entgelt für geleistete Arbeit betrifft nicht einen nur selten auftretenden, von den Vertragsparteien nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Sonderfall (vgl. hierzu: BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 21 f. mwN; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19), sondern ist der Hauptanwendungsbereich von Ausschlussfristen (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150; ErfK/Preis 18. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 50a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 27; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45), den die Parteien eines Arbeitsvertrags bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist vor allem im Blick haben (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 22).

41

cc) Das Fehlen der Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns führt zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015, weil die Klausel vom Beklagten nach dem 31. Dezember 2014 gestellt wurde. Keiner Entscheidung bedarf es, ob dies gleichermaßen - und ggf. ohne zeitliche Einschränkungen - gölte, wenn die Klausel zwar mit oder nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 16. August 2014, aber vor Geltung des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 vereinbart worden wäre.

42

(1) Für die Prüfung der Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist ist allein auf die Gesetzeslage bei Vertragsschluss abzustellen(vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 22; BGH 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13 - Rn. 38, BGHZ 201, 363; 30. März 2010 - XI ZR 200/09 - Rn. 30, BGHZ 185, 133; 4. Februar 2009 - VIII ZR 66/08 - Rn. 15). Ist eine Klausel bei Vertragsschluss transparent, verliert sie ihre Wirksamkeit nicht, wenn spätere Gesetzesänderungen zu ihrer Intransparenz führen (vgl. Boemke JuS 2015, 385, 392; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3).

43

(2) Die Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt, ist somit nach der Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen.

44

(a) Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I S. 1348) eingeführt und am 16. August 2014, dem Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz), in Kraft getreten. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 22).

45

(b) Wurde der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes geschlossen, kann - allein - die Änderung der Gesetzeslage durch das Mindestlohngesetz nicht nachträglich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB zur (Gesamt-)Unwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung wegen Intransparenz führen, wenn sich ihr Anwendungsbereich entgegen § 3 Satz 1 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 auch auf den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erstreckt. Die fehlende Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns hat für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 die Teilunwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung nach § 3 Satz 1 MiLoG zur Folge; für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 steht § 3 Satz 1 MiLoG der Wirksamkeit der Ausschlussfrist nicht entgegen, denn die Norm setzt das Bestehen eines Mindestlohnanspruchs voraus (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 21 ff.).

46

(c) Demgegenüber verstößt eine vom Arbeitgeber gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde. Sie stellt die Rechtslage von Anfang an irreführend dar.

47

(aa) Eine solche Ausschlussfristenregelung suggeriert - ausgehend von dem bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB wie von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anzuwendenden abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 15; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 58; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 14; 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 12) - dem verständigen Arbeitnehmer, er müsse auch den Anspruch auf den nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist geltend machen (vgl. zu § 2 PflegeArbbV BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150). Damit besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist den gesetzlichen Mindestlohnanspruch in der Annahme, er sei verfallen, nicht mehr durchsetzt, obwohl sein Verfall nach § 3 Satz 1 MiLoG ausgeschlossen ist.

48

(bb) Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes der Anspruch auf den Mindestlohn in einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (vgl. ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

49

(cc) Der Verwender von Ausschlussfristen wird hierdurch nicht vor unzumutbare Anforderungen gestellt.

50

(aaa) Die an die Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellten Anforderungen dürfen den Verwender nicht überfordern. Die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende Verpflichtung, den Klauselinhalt möglichst klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Welche Anforderungen an die Wahrung des Transparenzgebots konkret zu stellen sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dabei ist insbesondere auch die Komplexität des Sachverhalts unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des konkreten Regelungsgegenstands maßgeblich (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23 mwN, BAGE 158, 81; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30).

51

(bbb) An den Klauselverwender werden keine unzumutbaren Anforderungen gestellt, wenn man ihm, will er die Intransparenz der Ausschlussfrist wegen fehlender Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns vermeiden, einen Hinweis darauf abverlangt, die vertragliche Ausschlussfrist gelte nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes der vereinbarten Ausschlussfrist entzogen sind (vgl. zu einem Formulierungsvorschlag Roloff FS Willemsen 2018 S. 416). Eine entsprechende Formulierung würde, auch wenn sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich benennt, dem Transparenzgebot gerecht, denn der Klauselverwender darf - ohne dass hierin eine mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Einklang zu bringende Überforderung des Arbeitnehmers zu sehen wäre - Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache ebenso wie unbestimmte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe verwenden. Das Transparenzgebot erfordert keine Klauselgestaltung, die eine einzelfallbezogene Subsumtion von vornherein entbehrlich macht. Es kann vom Klauselverwender nicht verlangt werden, die Folgen einer Vertragsbestimmung für alle denkbaren Fallgestaltungen zu erläutern (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23, BAGE 158, 81; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52). Durch einen entsprechenden Hinweis würde dem verständigen Arbeitnehmer verdeutlicht, dass der Anwendungsbereich der vertraglichen Ausschlussfrist in Abhängigkeit vom jeweils streitigen Anspruch gesetzlichen Beschränkungen unterliegen kann. Eine Belehrung über alle gesetzlichen Bestimmungen, die Ausschlussfristen der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien entziehen, oder über sich möglicherweise durch Auslegung der Verfallklausel ergebende Einschränkungen ihres Anwendungsbereichs (vgl. zum Urlaubsanspruch BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 37 ff.) verlangt das Transparenzgebot nicht.

52

(3) In Anwendung dieser Grundsätze hält § 11 Arbeitsvertrag 2015 einer Transparenzkontrolle nicht stand, weil die Klausel vom Beklagten nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes und Geltung des gesetzlichen Mindestlohns mit dem Arbeitsvertrag vom 1. September 2015 gestellt wurde und sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann die Transparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 auch nicht deshalb an dem für „Altverträge“ geltenden Maßstab beurteilt werden, weil mit dem Arbeitsvertrag 2015 das bisher befristete Arbeitsverhältnis unter Beibehaltung der Bedingungen des am 3. März 2014 geschlossenen Arbeitsvertrags - einschließlich der Ausschlussfristenregelung - fortgesetzt wurde.

53

(a) Bei einer nach dem 31. Dezember 2014 vereinbarten Fortführung eines bisher befristeten Arbeitsverhältnisses kommt es für die Beurteilung, ob eine vom Arbeitgeber gestellte Ausschlussfrist einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB standhält, darauf an, ob die vertragliche Ausschlussfristenregelung bei Vereinbarung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den in der Befristungsabrede vorgesehenen Beendigungstermin hinaus erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war. Allein die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29 mwN).

54

(b) Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor vereinbarte Verfallklausel erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage durch Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes auch nach Geltung des gesetzlichen Mindestlohns an den zuvor getroffenen Abreden festhalten wollten, liegt beispielsweise in der Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Erst recht ist hiervon auszugehen, wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht nur allgemein auf die bisherigen Vertragsbedingungen Bezug nehmen, sondern die Ausschlussfristenregelung ausdrücklich in die Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einbeziehen, indem sie diese - wie hier im Arbeitsvertrag 2015 - in die Vertragsurkunde erneut aufnehmen.

55

(4) Offenbleiben kann, ob die fehlende Ausnahme sonstiger Ansprüche, für deren Geltendmachung die Vereinbarung von Ausschlussfristen kraft Gesetzes, wie zB nach § 9 AEntG, § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG, der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien ganz oder teilweise entzogen ist, ebenfalls zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 führte.

56

6. Die Intransparenz hat die Gesamtunwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 zur Folge und führt zu deren ersatzlosem Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen(§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). Die Klausel kann, weil sie nicht teilbar ist (vgl. oben Rn. 31 ff.), auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der Ausschlussfristenregelung treten nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Bestimmungen(vgl. BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 27).

57

a) Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen AGB-Kontrolle unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81), ist im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen(BAG 24. August 2017 - 8 AZR 378/16 - Rn. 32). Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. Eine geltungserhaltende Reduktion wäre mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln freizuhalten und auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis angewandten Geschäftsbedingungen hinzuwirken, nicht vereinbar. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. Anderenfalls liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer(st. Rspr., zB BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN; vgl. auch BGH 22. September 2015 - II ZR 341/14 - Rn. 20).

58

b) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. hierzu jeweils mwN: BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 37 ff.; 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 21, BAGE 150, 207) sind nicht gegeben. Dem mit einer Ausschlussfrist verfolgten Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen, wird durch die gesetzlichen Verjährungsfristen hinreichend Rechnung getragen. Der Beklagte hat zudem kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Ausschlussfristenregelung mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine transparente Ausschlussfristenregelung zu formulieren (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 62; 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150).

59

c) Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Ausschlussfristenregelung ist es unerheblich, ob sich das Risiko, der gesetzliche Mindestlohn werde in der Annahme, er sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen, nicht geltend gemacht, im Entscheidungsfall realisiert hat. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 26; 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

60

d) Die Unwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 hat zur Folge, dass sich allein der Beklagte als Verwender der von ihm gestellten Klausel nicht auf die darin gesetzte Ausschlussfrist berufen kann. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Verwender der Klausel, sie dient aber nicht dem Schutz des Verwenders vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 42; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 47; 22. September 2016 - 2 AZR 509/15 - Rn. 20; 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - Rn. 16; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 22, BGHZ 205, 220). Dem Kläger wäre die Berufung auf die unwirksame Ausschlussfristenregelung nicht versagt.

61

7. § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB auf eine Ausschlussfristenregelung in einem Formularvertrag(§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, nicht ein.

62

a) Dies ist allerdings umstritten.

63

aa) Von Teilen des Schrifttums wird die Ansicht vertreten, § 3 Satz 1 MiLoG sei bezogen auf Ausschlussfristen in Formularverträgen - die im Übrigen den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügten - im Verhältnis zu § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB lex specialis(so ausdrücklich Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 28); die Norm verdränge in ihrem Anwendungsbereich sowohl das Transparenzgebot als auch das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: zB Bayreuther DB 2017, 487, 489; Greiner in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Lembke NZA 2016, 1, 8 f.; Lingemann/Otte NZA 2016, 519, 522; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 47 ff.; Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 26 ff.; Sagan RdA 2017, 264, 266; Stenslik DStR 2017, 938, 940 f.). § 3 Satz 1 MiLoG ordne eine nur partielle Unwirksamkeit von Ausschlussfristen an, deren Anwendungsbereich sich auch, aber nicht allein auf den gesetzlichen Mindestlohn erstrecke, und gebe gesetzlich deren „Teilbarkeit“ im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion vor. Der Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG führe deshalb unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur zur Teilunwirksamkeit vom Arbeitgeber gestellter Ausschlussfristen. Nach dem Schutzkonzept des Mindestlohngesetzes und dem Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG sollten Ausschlussfristen nur insoweit unwirksam sein, als sie sich auf den gesetzlichen Mindestlohn bezögen (vgl. Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 28).

64

bb) Nach anderer im Schrifttum vertretener Ansicht schränkt § 3 Satz 1 MiLoG den Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und von § 306 BGB nicht ein. Nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes in Verbraucherverträgen vereinbarte Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfassten, seien, weil sie die Rechtslage nicht zutreffend abbildeten, intransparent und deshalb nicht nur teilweise, sondern nach § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB insgesamt unwirksam(so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; HK-MiLoG/Trümner 2. Aufl. § 3 Rn. 29; HWK/Roloff 8. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 14; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102, 108; MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; Zwanziger AuR 2017, 333, 336; weiter gehend auch für vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes vereinbarte Ausschlussfristen Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

65

b) § 3 Satz 1 MiLoG und § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB stehen zueinander nicht in einem Rangverhältnis der Spezialität oder Subsidiarität. Die gesetzlichen Bestimmungen sind nebeneinander anwendbar. Die darin angeordneten Rechtsfolgen schließen einander nicht aus. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB überlagert die limitierte Rechtsfolge des § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a).

66

aa) Grundsätzlich beanspruchen Rechtsnormen, die - wie die genannten einfachgesetzlichen Regelungen - im gleichen Rangverhältnis zueinander stehen, gleichermaßen Geltung und sind nebeneinander anwendbar. Erfüllt ein konkreter Lebensvorgang die abstrakten Tatbestandsmerkmale mehrerer Rechtsnormen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sämtliche an den einheitlichen Tatbestand geknüpften Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander eintreten (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, BGHZ 13, 88; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, BVerwGE 152, 264), sofern sie sich nicht gegenseitig ausschließen (vgl. Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. S. 87). Eine Verdrängung der einen Rechtsnorm durch eine andere besondere Rechtsnorm kann vorliegen, wenn ein Fall von Spezialität (lex specialis derogat legi generali) gegeben ist. Spezialität verlangt, dass die verdrängende Rechtsnorm sämtliche Merkmale der allgemeinen Norm enthält und dieser noch ein besonderes Merkmal zur Bildung seines Tatbestandsbegriffs hinzufügt (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III a der Gründe, aaO; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, aaO). Ist ein auf Spezialität beruhendes Rangverhältnis der Rechtsnormen nicht festzustellen, kann das Zurücktreten einer Norm nur aus einem die Annahme einer Gesetzessubsidiarität rechtfertigenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Gesetzesbefehl gefolgert werden (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, aaO), dessen Vorliegen durch Auslegung der an sich gleichrangigen Normen zu ermitteln ist (vgl. BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 16, aaO; vgl. zu den Voraussetzungen einer verdrängenden Gesetzeskonkurrenz auch: Larenz/Canaris aaO S. 87 ff.; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102 ff.; Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6. Aufl. S. 268; Reimer Juristische Methodenlehre Rn. 196 ff.; Wank Die Auslegung von Gesetzen 6. Aufl. S. 102 f.; Rüthers/Fischer/Birk Rechtstheorie 9. Aufl. Rn. 771 ff.).

67

bb) Eine Verdrängung von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB durch § 3 Satz 1 MiLoG kraft Spezialität scheidet aus, weil sich § 3 Satz 1 MiLoG zur Transparenz von Ausschlussfristen und den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht verhält.

68

cc) Auch ein ausdrücklicher oder stillschweigender Gesetzesbefehl, der allein die Annahme der Subsidiarität von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 Abs. 2 BGB bzw. einer abschließenden Rechtsfolgenanordnung im Sinne eines „nur“ insoweit unwirksam rechtfertigen könnte, ist § 3 Satz 1 MiLoG nicht zu entnehmen. § 3 Satz 1 MiLoG ordnet weder an, dass wegen Einbeziehung des gesetzlichen Mindestlohns intransparente Ausschlussfristen im Übrigen, soweit diese sonstige Ansprüche erfassen, wirksam sind, noch bestimmt die Norm die „Teilbarkeit“ solcher Klauseln. Dies ergibt die Auslegung von § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. zu den bei der Auslegung von Gesetzen anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen im Einzelnen: BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 ua. - Rn. 74; 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 ua. - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 20, BAGE 157, 356).

69

(1) Der Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG schränkt den Anwendungsbereich von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB nicht ein. § 3 Satz 1 MiLoG untersagt die Vereinbarung von Ausschlussfristen für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Aus der Formulierung „insoweit unwirksam“ lässt sich nicht ableiten, die Bestimmung ordne - im Umkehrschluss - zugleich die Wirksamkeit intransparenter Ausschlussfristen oder deren geltungserhaltende Reduktion auf einen rechtlich nicht zu beanstandenden Kern an. § 3 Satz 1 MiLoG stellt mit den Worten „insoweit unwirksam“ allein klar, dass die Zulässigkeit der Vereinbarung von Ausschlussfristen für Ansprüche außerhalb des gesetzlichen Mindestlohns unberührt bleibt. Die Rechtsfolgen von § 3 Satz 1 MiLoG und von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB schließen sich deshalb nicht aus. Anderenfalls hätte es nicht „insoweit unwirksam“, sondern „nur insoweit unwirksam“ heißen müssen (vgl. Zwanziger AuR 2017, 333, 336).

70

(2) Für eine lediglich klarstellende Bedeutung des Wortes „insoweit“ in § 3 Satz 1 MiLoG spricht auch die Systematik des Mindestlohngesetzes. Der Mindestlohn tritt als gesetzlicher Anspruch eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch. § 3 Satz 1 MiLoG führt bei Unterschreiten des Mindestlohnanspruchs zu einem Differenzanspruch, nicht aber zur Nichtigkeit der Entgeltabrede(vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22, BAGE 155, 202). Das Mindestlohngesetz geht damit von einer Anspruchskonkurrenz des Mindestlohnanspruchs zu den aufgrund sonstiger Vereinbarungen bestehenden Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aus. § 3 Satz 1 MiLoG verbietet Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch durch Absenkung zum Nachteil des Arbeitnehmers zu gestalten oder seine Geltendmachung zu beschränken. In die Gestaltung der für das Arbeitsverhältnis im Übrigen geltenden Vereinbarungen greift § 3 Satz 1 MiLoG nicht ein. Ausgehend von diesem gesetzlichen Regelungskonzept hätte es für die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG stelle mit der Formulierung „insoweit unwirksam“ zugleich die Wirksamkeit von Ausschlussfristen im Übrigen fest, indem er - als eine § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB verdrängende Norm - die geltungserhaltende Reduktion intransparenter Ausschlussfristen auf sonstige (Vergütungs-)Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis anordne, deutlicher Anhaltpunkte im Gesetz bedurft. Daran fehlt es.

71

(3) Entscheidend gegen ein Verständnis, § 3 Satz 1 MiLoG schränke im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes durch einen Normbefehl - im Sinne eines „nur insoweit unwirksam“ - die Geltung von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB ein, spricht insbesondere Sinn und Zweck der Regelung.

72

(a) § 3 Satz 1 MiLoG soll, wie schon in der Begründung des insoweit unverändert verabschiedeten Gesetzentwurfs der Bundesregierung(BT-Drs. 18/1558 S. 35) ausgeführt, den Mindestlohnanspruch sichern und die Umgehung des Mindestlohngesetzes durch missbräuchliche Konstruktionen verhindern (allgA, vgl. statt aller: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 1; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 32; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 1).

73

(b) Mit diesem Normzweck nicht in Einklang zu bringen ist die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG erhalte im Wege einer gesetzlich vorgegebenen Teilbarkeit oder geltungserhaltenden Reduktion Ausschlussfristen aufrecht, die aufgrund ihres irreführenden Inhalts die Gefahr in sich bergen, der Arbeitnehmer werde den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist im Glauben, er sei verfallen, nicht mehr geltend machen. Ein Verständnis in diesem Sinne hätte die paradoxe Folge, dass der Schutz, den § 3 Satz 1 MiLoG dem Arbeitnehmer vermitteln will, indem er den Mindestlohnanspruch Ausschlussfristen entzieht, zugleich durch eine Beschränkung der Kontrolle überschießender Ausschlussfristen nach Maßgabe der dem Schutz des Arbeitnehmers als Vertragspartner des Verwenders dienenden §§ 305 ff. BGB unterlaufen würde. Es wäre zu befürchten, das in § 3 Satz 1 MiLoG geregelte Verbot von Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs liefe in vielen Fällen faktisch leer und die Zahlung des Mindestlohns würde auf diese Weise im Ergebnis umgangen. Diese Gefahr würde - den Normzweck von § 3 Satz 1 MiLoG konterkarierend - durch den Erhalt sich (auch) auf den Mindestlohn erstreckender Ausschlussfristen fortgeschrieben.

74

8. Auch die nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB gebotene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (vgl. hierzu BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19) rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung einer sich auch auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erstreckenden Ausschlussfrist.

75

a) Ausschlussfristen sind als dem Arbeitsverhältnis innewohnende Besonderheiten anerkannt. Sie dienen der Rechtssicherheit, der Rechtsklarheit und dem Rechtsfrieden und sollen zu der im Arbeitsleben besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und Bereinigung offener Streitpunkte führen (st. Rspr., zB BAG 23. November 2017 - 6 AZR 33/17 - Rn. 26; 21. April 2016 - 8 AZR 753/14 - Rn. 34; 16. März 2016 - 4 AZR 421/15 - Rn. 37, BAGE 154, 252; 10. Dezember 2013 - 9 AZR 494/12 - Rn. 14; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19).

76

b) Die Aufrechterhaltung von Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen die dem Arbeitnehmerschutz dienende Bestimmung des § 3 Satz 1 MiLoG Ansprüche des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn in ihren Anwendungsbereich mit einbeziehen, mittels geltungserhaltender Reduktion berücksichtigte die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nicht angemessen, sondern einseitig zugunsten des Verwenders (vgl. Roloff FS Willemsen 2018 S. 414; vgl. zur Aufrechterhaltung einer den Vertragspartner des Verwenders typischerweise begünstigenden Klausel in einem „Altvertrag“ BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 66 ff.). Für den Arbeitnehmer führte eine geltungserhaltende Reduktion nicht zu mehr Rechtsklarheit, sondern zu Rechtsunsicherheit und durch die Fortschreibung intransparenter Ausschlussfristenregelungen - faktisch - zur Gefahr von Rechtsverlusten.

77

D. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB.

78

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

  Zimmermann    

        

    Weber    

        

        

        

    Starke    

        

    Martin Lücke    

                 

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2018 - 33 Sa 17/17 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. August 2017 - 29 Ca 39/17 - wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2016.

2

Der Kläger war beim Beklagten seit dem 2. September 2013 beschäftigt. Er erzielte zuletzt einen Stundenlohn iHv. 11,10 Euro brutto.

3

In einem beim Arbeitsgericht Hamburg geführten Kündigungsrechtsstreit (- 29 Ca 315/16 -) schlossen die Parteien am 15. August 2016 einen Vergleich, der ua. regelt:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 24.06.2016 aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 15.08.2016. Der Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 17.06.2016 keine Rechte mehr her. Der Kläger nimmt diesen Verzicht hiermit an.

        

2.    

Der Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge - unter Berücksichtigung etwaiger auf öffentliche Träger kraft Gesetzes übergegangener und gepfändeter Ansprüche - an den Kläger zu zahlen bis zum 15.09.2016.

        

…       

        
        

5.    

Damit sind alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie dieser Rechtsstreit erledigt.“

4

Der Beklagte übermittelte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 eine Abrechnung für August 2016, in der die Vergütung für 88 Stunden ausgewiesen ist, nicht jedoch die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

5

Mit seiner am 17. Januar 2017 eingegangenen, dem Beklagten am 25. Januar 2017 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - die Abgeltung von 19 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016 begehrt, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden konnten. In der Klagebegründung hat er auf einen „Arbeitsvertrag vom 01.09.2015“ Bezug genommen. Als Anlage zur Klageschrift hat der Kläger jedoch nur den befristeten Arbeitsvertrag vom 3. März 2014 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2014) vorgelegt.

6

Im Arbeitsvertrag 2014 heißt es ua.:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses, Verlängerung um 18 Monate

        

… Ab 1.3.14 Verlängerung um 18 Monate.

        

…       

        

§ 11   

Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.“

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne vom Beklagten für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016 Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto verlangen. Der Anspruch sei nicht verfallen. Die vertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam. Zudem habe sich der Beklagte mit Ziff. 2 des Vergleichs vom 15. August 2016 zur Urlaubsabgeltung verpflichtet und auf eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs verzichtet.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.687,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2016 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, der Abgeltungsanspruch sei gemäß Ziff. 5 des Vergleichs erledigt, jedenfalls aber gemäß § 11 des Arbeitsvertrags verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision noch von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage mit der Begründung, der Anspruch des Klägers sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2014 verfallen, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

Der Kläger hat erstmals mit der Revisionsbegründung den am 1. September 2015 geschlossenen unbefristeten Arbeitsvertrag (im Folgenden Arbeitsvertrag 2015) vorgelegt, der in § 11 eine mit § 11 Arbeitsvertrag 2014 wortgleiche Ausschlussfristenregelung enthält, und vorgetragen, dieser Vertrag sei zuletzt Grundlage des Arbeitsverhältnisses gewesen. Der Beklagte hat dies auf Anfrage des Senats bestätigt. Er hat die Auffassung vertreten, § 11 Arbeitsvertrag 2015 sei nach § 3 Satz 1 MiLoG nur insoweit unwirksam, als der gesetzliche Mindestlohn betroffen sei. Unabhängig davon halte die Verfallklausel einer Transparenzkontrolle stand, weil das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitsvertrag 2015 ohne Änderung der Vertragsbedingungen im Übrigen nur „verlängert“ worden sei. Dies sei kein Neuabschluss des Arbeitsvertrags.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Die Klage ist zulässig und begründet.

13

A. Der Beklagte ist gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, an den Kläger für 19 Urlaubstage aus dem Jahr 2016, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden können, Urlaubsabgeltung iHv. 1.687,20 Euro brutto zu zahlen. Einwendungen gegen Grund und Höhe des Anspruchs hat der Beklagte zuletzt nicht mehr geltend gemacht.

14

B. Der Anspruch des Klägers ist nicht nach Ziff. 5 des Prozessvergleichs vom 15. August 2016 untergegangen.

15

I. Welche Rechtsqualität und welche Reichweite eine Erledigungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich hat, ist durch Auslegung nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln(vgl. BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 28, BAGE 150, 355). Die Streitfrage, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 18 mwN, BAGE 151, 382; 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen von BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 43; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 17), bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

II. Das Landesarbeitsgericht hat den Prozessvergleich zutreffend ausgelegt, indem es angenommen hat, der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers sei nicht aufgrund Ziff. 5 des Vergleichs erloschen. Einer Auslegung der Klausel als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB steht Ziff. 2 des Vergleichs entgegen.

17

1. Die Parteien wollen, wenn in einem gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erstreckende Ausgleichsklausel aufgenommen und nicht nur der Rechtsstreit erledigt wird, in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend umfassend bereinigen und alle Ansprüche erledigen (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 21, BAGE 151, 382; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30; 5. April 1973 - 5 AZR 574/72 -). Von einem Willen, einen umfassenden Anspruchsausschluss zu vereinbaren, kann hingegen nicht ausgegangen werden, wenn die Parteien vereinbart haben, dass neben den im Prozessvergleich ggf. ausdrücklich genannten noch weitere, nicht näher bezeichnete Ansprüche zu erfüllen sind.

18

2. Ziff. 5 des Vergleichs vom 15. August 2016 bezieht sich zwar - für sich betrachtet - auf „alle Ansprüche der Parteien … aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“, zu denen auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG gehört(vgl. BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 29, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133). Die Erledigungsklausel nimmt jedoch mit dem Wort „damit“ auf die der Klausel vorangestellten Vereinbarungen der Parteien Bezug. Aus dieser Verknüpfung folgt, dass mit Vergleichsschluss zwar der Kündigungsrechtsstreit erledigt werden sollte, die Vertragsbeziehungen im Übrigen aber erst dann, wenn nicht nur die in Ziff. 3 und Ziff. 4 ausdrücklich festgelegten Verpflichtungen der Parteien erfüllt sind, sondern - ohne Einschränkung - auch die in Ziff. 2 nicht näher konkretisierten, weiteren Zahlungsansprüche des Klägers „aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“.

19

C. Der Abgeltungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen.

20

I. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt nicht der Arbeitsvertrag vom 3. März 2014, sondern der am 1. September 2015 geschlossene Arbeitsvertrag. Dies haben die Parteien in der Revisionsinstanz unstreitig gestellt.

21

II. Entgegen der Ansicht des Klägers schließt nicht bereits der Prozessvergleich vom 15. August 2016 einen Verfall des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 aus.

22

1. Dem Wortlaut des Vergleichs ist ein Verzicht des Beklagten auf die Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfrist nicht zu entnehmen.

23

2. Etwas anderes folgt auch nicht aus der dem Beklagten mit Ziff. 2 des Vergleichs bis zum 15. September 2016 gesetzten Abrechnungs- und Zahlungsfrist.

24

a) Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich, „das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge“ an den Arbeitnehmer „zu zahlen“, wird hierdurch im Zweifel nur die ohnehin bestehende Rechtslage bestätigt (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu I der Gründe; vgl. zu einer sonstigen Erklärung im Prozess BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 44). Das Anerkenntnis einer Zahlungspflicht oder ein Verzicht auf die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen ist hierin jedenfalls dann nicht zu sehen, wenn - wie hier - die Ansprüche, auf die sich die Abrechnungs- und Zahlungspflicht beziehen soll, nicht benannt sind.

25

b) Ziff. 2 des Vergleichs bestimmt allein die Fälligkeit der Ansprüche des Klägers. Sie räumte dem Beklagten das Recht ein, „das Arbeitsverhältnis“ insgesamt, dh. auch den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers, der gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden wäre(vgl. BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - Rn. 14; 6. August 2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22), bis zum 15. September 2016 abzurechnen und die Zahlungsansprüche des Klägers spätestens zu diesem Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. zur Zulässigkeit der Einbeziehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs in eine allgemeine Abrechnung BAG 8. April 2014 - 9 AZR 550/12 - Rn. 16). Hieraus folgt nicht, dass bei Nichterfüllung der Ansprüche des Klägers innerhalb der im Vergleich vereinbarten Frist - die Wirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 unterstellt - eine schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Beklagten entbehrlich gewesen wäre. Allein der Beginn der Ausschlussfrist hätte sich, weil § 11 Arbeitsvertrag 2015 für deren Lauf auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, durch die in Ziff. 2 des Vergleichs getroffene Abrede verschoben.

26

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien mit dem Vergleich eine von den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsbeschränkungen unabhängige Zahlungspflicht hätten schaffen wollen, hat der Kläger nicht dargelegt. Solche sind auch nicht ersichtlich.

27

III. Der Kläger war nicht gehalten, den Anspruch auf Urlaubsabgeltung innerhalb der in § 11 Arbeitsvertrag 2015 gesetzten Frist schriftlich geltend zu machen. Die am 1. September 2015 vereinbarte Klausel ist intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB insgesamt unwirksam, weil sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) erfasst, der nach dem am 16. August 2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ab dem 1. Januar 2015 zu zahlen ist. Die Klausel kann deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der vertraglichen Ausschlussfrist treten die gesetzlichen Bestimmungen (§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung der §§ 306, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ein.

28

1. Der streitgegenständliche Anspruch auf Abgeltung von Urlaub kann als reiner Geldanspruch einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterliegen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 11 mwN).

29

2. § 11 Arbeitsvertrag 2015 bezieht sich auf „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“. Dies schließt alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche ein, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 12; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306). Vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst sind demnach auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG(vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133) und der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG.

30

3. Die Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag 2015 getroffenen Abreden ist - jedenfalls - wie die Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB)anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Der Vertrag weist außer den persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten auf. Dies - wie auch das äußere Erscheinungsbild - begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags 2015 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 14; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 12; 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82; 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN). Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), denn der Arbeitsvertrag 2015 ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14). Dass der Kläger auf den Inhalt des Arbeitsvertrags Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), hat der Beklagte nicht behauptet.

31

4. § 11 Arbeitsvertrag 2015 enthält nicht verschiedene Ausschlussfristenregelungen und ist deshalb einer einheitlichen Kontrolle nach § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu unterziehen.

32

a) Bei einer teilbaren Klausel ist diese Kontrolle jeweils getrennt für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen. Die Regelungen müssen allerdings nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu trennen sein (vgl. BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 23, BAGE 154, 93). Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils (sog. Blue-Pencil-Test) zu ermitteln. Eine teilbare Formularklausel kann mit ihrem zulässigen Teil aufrechterhalten werden (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 25, BAGE 146, 284; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 21, BGHZ 205, 220). Darin liegt keine geltungserhaltende Reduktion, denn die Trennung ist in den vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen bereits vorgegeben (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81).

33

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 ist nicht - im Sinne einer in der Klausel vorgegebenen Trennung - teilbar. Die Verfallklausel erfasst inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ohne zwischen dem Mindestlohnanspruch und sonstigen Ansprüchen zu differenzieren (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 24, BAGE 156, 150).

34

5. § 11 Arbeitsvertrag 2015 verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

35

a) Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17 - Rn. 34; 24. August 2016 - 8 AZR 378/16 - Rn. 18). Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Vertragspartner des Verwenders zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern (st. Rspr., zB BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 55; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48, BAGE 144, 306). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, dessen Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, BAGE 139, 44; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52; 5. Oktober 2005 - VIII ZR 382/04 - Rn. 23).

36

b) § 11 Arbeitsvertrag 2015 wird dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht, weil die Klausel, indem sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn(§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG) aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt, die Rechtslage unzutreffend und deshalb irreführend darstellt.

37

aa) Nach § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Ausschlussfristen betreffen den zeitlichen Bestand und die Art und Weise der Geltendmachung eines Rechts (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31, BAGE 137, 249; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu II der Gründe, BAGE 115, 19). § 3 Satz 1 MiLoG entzieht Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 20 f.; vgl. zu § 9 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150).

38

bb) § 11 Arbeitsvertrag 2015 erfasst, obwohl § 3 Satz 1 MiLoG dies verbietet, den gesetzlichen Mindestlohn.

39

(1) Eine Auslegung, der gesetzliche Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG solle nicht in den Anwendungsbereich von § 11 Arbeitsvertrag 2015 fallen, lässt der Wortlaut der Klausel mangels einer entsprechenden Einschränkung nicht zu.

40

(2) Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Entgelt für geleistete Arbeit betrifft nicht einen nur selten auftretenden, von den Vertragsparteien nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Sonderfall (vgl. hierzu: BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 21 f. mwN; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19), sondern ist der Hauptanwendungsbereich von Ausschlussfristen (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150; ErfK/Preis 18. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 50a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 27; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45), den die Parteien eines Arbeitsvertrags bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist vor allem im Blick haben (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 22).

41

cc) Das Fehlen der Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns führt zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015, weil die Klausel vom Beklagten nach dem 31. Dezember 2014 gestellt wurde. Keiner Entscheidung bedarf es, ob dies gleichermaßen - und ggf. ohne zeitliche Einschränkungen - gölte, wenn die Klausel zwar mit oder nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 16. August 2014, aber vor Geltung des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 vereinbart worden wäre.

42

(1) Für die Prüfung der Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist ist allein auf die Gesetzeslage bei Vertragsschluss abzustellen(vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 22; BGH 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13 - Rn. 38, BGHZ 201, 363; 30. März 2010 - XI ZR 200/09 - Rn. 30, BGHZ 185, 133; 4. Februar 2009 - VIII ZR 66/08 - Rn. 15). Ist eine Klausel bei Vertragsschluss transparent, verliert sie ihre Wirksamkeit nicht, wenn spätere Gesetzesänderungen zu ihrer Intransparenz führen (vgl. Boemke JuS 2015, 385, 392; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3).

43

(2) Die Transparenz einer in einem Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gestellten oder als Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarten Ausschlussfrist, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt, ist somit nach der Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen.

44

(a) Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I S. 1348) eingeführt und am 16. August 2014, dem Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz), in Kraft getreten. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 22).

45

(b) Wurde der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes geschlossen, kann - allein - die Änderung der Gesetzeslage durch das Mindestlohngesetz nicht nachträglich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB zur (Gesamt-)Unwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung wegen Intransparenz führen, wenn sich ihr Anwendungsbereich entgegen § 3 Satz 1 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 auch auf den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erstreckt. Die fehlende Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns hat für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 die Teilunwirksamkeit der Ausschlussfristenregelung nach § 3 Satz 1 MiLoG zur Folge; für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 steht § 3 Satz 1 MiLoG der Wirksamkeit der Ausschlussfrist nicht entgegen, denn die Norm setzt das Bestehen eines Mindestlohnanspruchs voraus (vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 80/17 - Rn. 21 ff.).

46

(c) Demgegenüber verstößt eine vom Arbeitgeber gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde. Sie stellt die Rechtslage von Anfang an irreführend dar.

47

(aa) Eine solche Ausschlussfristenregelung suggeriert - ausgehend von dem bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB wie von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anzuwendenden abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab(vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 15; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 58; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 14; 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 12) - dem verständigen Arbeitnehmer, er müsse auch den Anspruch auf den nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist geltend machen (vgl. zu § 2 PflegeArbbV BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150). Damit besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist den gesetzlichen Mindestlohnanspruch in der Annahme, er sei verfallen, nicht mehr durchsetzt, obwohl sein Verfall nach § 3 Satz 1 MiLoG ausgeschlossen ist.

48

(bb) Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes der Anspruch auf den Mindestlohn in einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (vgl. ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

49

(cc) Der Verwender von Ausschlussfristen wird hierdurch nicht vor unzumutbare Anforderungen gestellt.

50

(aaa) Die an die Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellten Anforderungen dürfen den Verwender nicht überfordern. Die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende Verpflichtung, den Klauselinhalt möglichst klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Welche Anforderungen an die Wahrung des Transparenzgebots konkret zu stellen sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dabei ist insbesondere auch die Komplexität des Sachverhalts unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des konkreten Regelungsgegenstands maßgeblich (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23 mwN, BAGE 158, 81; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30).

51

(bbb) An den Klauselverwender werden keine unzumutbaren Anforderungen gestellt, wenn man ihm, will er die Intransparenz der Ausschlussfrist wegen fehlender Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns vermeiden, einen Hinweis darauf abverlangt, die vertragliche Ausschlussfrist gelte nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes der vereinbarten Ausschlussfrist entzogen sind (vgl. zu einem Formulierungsvorschlag Roloff FS Willemsen 2018 S. 416). Eine entsprechende Formulierung würde, auch wenn sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich benennt, dem Transparenzgebot gerecht, denn der Klauselverwender darf - ohne dass hierin eine mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Einklang zu bringende Überforderung des Arbeitnehmers zu sehen wäre - Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache ebenso wie unbestimmte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe verwenden. Das Transparenzgebot erfordert keine Klauselgestaltung, die eine einzelfallbezogene Subsumtion von vornherein entbehrlich macht. Es kann vom Klauselverwender nicht verlangt werden, die Folgen einer Vertragsbestimmung für alle denkbaren Fallgestaltungen zu erläutern (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 23, BAGE 158, 81; BGH 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52). Durch einen entsprechenden Hinweis würde dem verständigen Arbeitnehmer verdeutlicht, dass der Anwendungsbereich der vertraglichen Ausschlussfrist in Abhängigkeit vom jeweils streitigen Anspruch gesetzlichen Beschränkungen unterliegen kann. Eine Belehrung über alle gesetzlichen Bestimmungen, die Ausschlussfristen der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien entziehen, oder über sich möglicherweise durch Auslegung der Verfallklausel ergebende Einschränkungen ihres Anwendungsbereichs (vgl. zum Urlaubsanspruch BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 37 ff.) verlangt das Transparenzgebot nicht.

52

(3) In Anwendung dieser Grundsätze hält § 11 Arbeitsvertrag 2015 einer Transparenzkontrolle nicht stand, weil die Klausel vom Beklagten nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes und Geltung des gesetzlichen Mindestlohns mit dem Arbeitsvertrag vom 1. September 2015 gestellt wurde und sie den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann die Transparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 auch nicht deshalb an dem für „Altverträge“ geltenden Maßstab beurteilt werden, weil mit dem Arbeitsvertrag 2015 das bisher befristete Arbeitsverhältnis unter Beibehaltung der Bedingungen des am 3. März 2014 geschlossenen Arbeitsvertrags - einschließlich der Ausschlussfristenregelung - fortgesetzt wurde.

53

(a) Bei einer nach dem 31. Dezember 2014 vereinbarten Fortführung eines bisher befristeten Arbeitsverhältnisses kommt es für die Beurteilung, ob eine vom Arbeitgeber gestellte Ausschlussfrist einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB standhält, darauf an, ob die vertragliche Ausschlussfristenregelung bei Vereinbarung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den in der Befristungsabrede vorgesehenen Beendigungstermin hinaus erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war. Allein die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29 mwN).

54

(b) Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor vereinbarte Verfallklausel erneut Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien war und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage durch Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes auch nach Geltung des gesetzlichen Mindestlohns an den zuvor getroffenen Abreden festhalten wollten, liegt beispielsweise in der Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 27. März 2018 - 4 AZR 151/15 - Rn. 29; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Erst recht ist hiervon auszugehen, wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht nur allgemein auf die bisherigen Vertragsbedingungen Bezug nehmen, sondern die Ausschlussfristenregelung ausdrücklich in die Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einbeziehen, indem sie diese - wie hier im Arbeitsvertrag 2015 - in die Vertragsurkunde erneut aufnehmen.

55

(4) Offenbleiben kann, ob die fehlende Ausnahme sonstiger Ansprüche, für deren Geltendmachung die Vereinbarung von Ausschlussfristen kraft Gesetzes, wie zB nach § 9 AEntG, § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG, der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien ganz oder teilweise entzogen ist, ebenfalls zur Intransparenz von § 11 Arbeitsvertrag 2015 führte.

56

6. Die Intransparenz hat die Gesamtunwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 zur Folge und führt zu deren ersatzlosem Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen(§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). Die Klausel kann, weil sie nicht teilbar ist (vgl. oben Rn. 31 ff.), auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden. An die Stelle der Ausschlussfristenregelung treten nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Bestimmungen(vgl. BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 27).

57

a) Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen AGB-Kontrolle unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird (vgl. BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 34 f., BAGE 158, 81), ist im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen(BAG 24. August 2017 - 8 AZR 378/16 - Rn. 32). Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. Eine geltungserhaltende Reduktion wäre mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln freizuhalten und auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis angewandten Geschäftsbedingungen hinzuwirken, nicht vereinbar. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. Anderenfalls liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer(st. Rspr., zB BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN; vgl. auch BGH 22. September 2015 - II ZR 341/14 - Rn. 20).

58

b) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. hierzu jeweils mwN: BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 37 ff.; 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 21, BAGE 150, 207) sind nicht gegeben. Dem mit einer Ausschlussfrist verfolgten Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen, wird durch die gesetzlichen Verjährungsfristen hinreichend Rechnung getragen. Der Beklagte hat zudem kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Ausschlussfristenregelung mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine transparente Ausschlussfristenregelung zu formulieren (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 62; 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 30, BAGE 156, 150).

59

c) Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Ausschlussfristenregelung ist es unerheblich, ob sich das Risiko, der gesetzliche Mindestlohn werde in der Annahme, er sei nach § 11 Arbeitsvertrag 2015 verfallen, nicht geltend gemacht, im Entscheidungsfall realisiert hat. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 26; 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

60

d) Die Unwirksamkeit von § 11 Arbeitsvertrag 2015 hat zur Folge, dass sich allein der Beklagte als Verwender der von ihm gestellten Klausel nicht auf die darin gesetzte Ausschlussfrist berufen kann. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Verwender der Klausel, sie dient aber nicht dem Schutz des Verwenders vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 615/17 - Rn. 42; 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 47; 22. September 2016 - 2 AZR 509/15 - Rn. 20; 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - Rn. 16; BGH 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14 - Rn. 22, BGHZ 205, 220). Dem Kläger wäre die Berufung auf die unwirksame Ausschlussfristenregelung nicht versagt.

61

7. § 3 Satz 1 MiLoG schränkt die Anwendung und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB auf eine Ausschlussfristenregelung in einem Formularvertrag(§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst, nicht ein.

62

a) Dies ist allerdings umstritten.

63

aa) Von Teilen des Schrifttums wird die Ansicht vertreten, § 3 Satz 1 MiLoG sei bezogen auf Ausschlussfristen in Formularverträgen - die im Übrigen den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügten - im Verhältnis zu § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB lex specialis(so ausdrücklich Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 28); die Norm verdränge in ihrem Anwendungsbereich sowohl das Transparenzgebot als auch das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: zB Bayreuther DB 2017, 487, 489; Greiner in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Lembke NZA 2016, 1, 8 f.; Lingemann/Otte NZA 2016, 519, 522; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 47 ff.; Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 26 ff.; Sagan RdA 2017, 264, 266; Stenslik DStR 2017, 938, 940 f.). § 3 Satz 1 MiLoG ordne eine nur partielle Unwirksamkeit von Ausschlussfristen an, deren Anwendungsbereich sich auch, aber nicht allein auf den gesetzlichen Mindestlohn erstrecke, und gebe gesetzlich deren „Teilbarkeit“ im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion vor. Der Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG führe deshalb unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur zur Teilunwirksamkeit vom Arbeitgeber gestellter Ausschlussfristen. Nach dem Schutzkonzept des Mindestlohngesetzes und dem Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG sollten Ausschlussfristen nur insoweit unwirksam sein, als sie sich auf den gesetzlichen Mindestlohn bezögen (vgl. Riechert/Nimmerjahn aaO § 3 Rn. 28).

64

bb) Nach anderer im Schrifttum vertretener Ansicht schränkt § 3 Satz 1 MiLoG den Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen von § 307 Abs. 1 Satz 2 und von § 306 BGB nicht ein. Nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes in Verbraucherverträgen vereinbarte Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfassten, seien, weil sie die Rechtslage nicht zutreffend abbildeten, intransparent und deshalb nicht nur teilweise, sondern nach § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB insgesamt unwirksam(so im Ergebnis mit zum Teil unterschiedlichen Begründungsansätzen: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; HK-MiLoG/Trümner 2. Aufl. § 3 Rn. 29; HWK/Roloff 8. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 14; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102, 108; MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; Zwanziger AuR 2017, 333, 336; weiter gehend auch für vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes vereinbarte Ausschlussfristen Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 45).

65

b) § 3 Satz 1 MiLoG und § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB stehen zueinander nicht in einem Rangverhältnis der Spezialität oder Subsidiarität. Die gesetzlichen Bestimmungen sind nebeneinander anwendbar. Die darin angeordneten Rechtsfolgen schließen einander nicht aus. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB überlagert die limitierte Rechtsfolge des § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. MHdBArbR/Krause 4. Aufl. Bd. 1 § 71 Rn. 19a).

66

aa) Grundsätzlich beanspruchen Rechtsnormen, die - wie die genannten einfachgesetzlichen Regelungen - im gleichen Rangverhältnis zueinander stehen, gleichermaßen Geltung und sind nebeneinander anwendbar. Erfüllt ein konkreter Lebensvorgang die abstrakten Tatbestandsmerkmale mehrerer Rechtsnormen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sämtliche an den einheitlichen Tatbestand geknüpften Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander eintreten (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, BGHZ 13, 88; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, BVerwGE 152, 264), sofern sie sich nicht gegenseitig ausschließen (vgl. Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. S. 87). Eine Verdrängung der einen Rechtsnorm durch eine andere besondere Rechtsnorm kann vorliegen, wenn ein Fall von Spezialität (lex specialis derogat legi generali) gegeben ist. Spezialität verlangt, dass die verdrängende Rechtsnorm sämtliche Merkmale der allgemeinen Norm enthält und dieser noch ein besonderes Merkmal zur Bildung seines Tatbestandsbegriffs hinzufügt (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III a der Gründe, aaO; BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 14, aaO). Ist ein auf Spezialität beruhendes Rangverhältnis der Rechtsnormen nicht festzustellen, kann das Zurücktreten einer Norm nur aus einem die Annahme einer Gesetzessubsidiarität rechtfertigenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Gesetzesbefehl gefolgert werden (vgl. BGH 12. April 1954 - GSZ 1/54 - zu A III b der Gründe, aaO), dessen Vorliegen durch Auslegung der an sich gleichrangigen Normen zu ermitteln ist (vgl. BVerwG 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - Rn. 16, aaO; vgl. zu den Voraussetzungen einer verdrängenden Gesetzeskonkurrenz auch: Larenz/Canaris aaO S. 87 ff.; Kamanabrou ZFA 2018, 92, 102 ff.; Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6. Aufl. S. 268; Reimer Juristische Methodenlehre Rn. 196 ff.; Wank Die Auslegung von Gesetzen 6. Aufl. S. 102 f.; Rüthers/Fischer/Birk Rechtstheorie 9. Aufl. Rn. 771 ff.).

67

bb) Eine Verdrängung von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB durch § 3 Satz 1 MiLoG kraft Spezialität scheidet aus, weil sich § 3 Satz 1 MiLoG zur Transparenz von Ausschlussfristen und den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht verhält.

68

cc) Auch ein ausdrücklicher oder stillschweigender Gesetzesbefehl, der allein die Annahme der Subsidiarität von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 Abs. 2 BGB bzw. einer abschließenden Rechtsfolgenanordnung im Sinne eines „nur“ insoweit unwirksam rechtfertigen könnte, ist § 3 Satz 1 MiLoG nicht zu entnehmen. § 3 Satz 1 MiLoG ordnet weder an, dass wegen Einbeziehung des gesetzlichen Mindestlohns intransparente Ausschlussfristen im Übrigen, soweit diese sonstige Ansprüche erfassen, wirksam sind, noch bestimmt die Norm die „Teilbarkeit“ solcher Klauseln. Dies ergibt die Auslegung von § 3 Satz 1 MiLoG(vgl. zu den bei der Auslegung von Gesetzen anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen im Einzelnen: BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 ua. - Rn. 74; 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 ua. - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 20, BAGE 157, 356).

69

(1) Der Wortlaut von § 3 Satz 1 MiLoG schränkt den Anwendungsbereich von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 BGB nicht ein. § 3 Satz 1 MiLoG untersagt die Vereinbarung von Ausschlussfristen für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Aus der Formulierung „insoweit unwirksam“ lässt sich nicht ableiten, die Bestimmung ordne - im Umkehrschluss - zugleich die Wirksamkeit intransparenter Ausschlussfristen oder deren geltungserhaltende Reduktion auf einen rechtlich nicht zu beanstandenden Kern an. § 3 Satz 1 MiLoG stellt mit den Worten „insoweit unwirksam“ allein klar, dass die Zulässigkeit der Vereinbarung von Ausschlussfristen für Ansprüche außerhalb des gesetzlichen Mindestlohns unberührt bleibt. Die Rechtsfolgen von § 3 Satz 1 MiLoG und von § 307 Abs. 1 Satz 2, § 306 BGB schließen sich deshalb nicht aus. Anderenfalls hätte es nicht „insoweit unwirksam“, sondern „nur insoweit unwirksam“ heißen müssen (vgl. Zwanziger AuR 2017, 333, 336).

70

(2) Für eine lediglich klarstellende Bedeutung des Wortes „insoweit“ in § 3 Satz 1 MiLoG spricht auch die Systematik des Mindestlohngesetzes. Der Mindestlohn tritt als gesetzlicher Anspruch eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch. § 3 Satz 1 MiLoG führt bei Unterschreiten des Mindestlohnanspruchs zu einem Differenzanspruch, nicht aber zur Nichtigkeit der Entgeltabrede(vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22, BAGE 155, 202). Das Mindestlohngesetz geht damit von einer Anspruchskonkurrenz des Mindestlohnanspruchs zu den aufgrund sonstiger Vereinbarungen bestehenden Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aus. § 3 Satz 1 MiLoG verbietet Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch durch Absenkung zum Nachteil des Arbeitnehmers zu gestalten oder seine Geltendmachung zu beschränken. In die Gestaltung der für das Arbeitsverhältnis im Übrigen geltenden Vereinbarungen greift § 3 Satz 1 MiLoG nicht ein. Ausgehend von diesem gesetzlichen Regelungskonzept hätte es für die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG stelle mit der Formulierung „insoweit unwirksam“ zugleich die Wirksamkeit von Ausschlussfristen im Übrigen fest, indem er - als eine § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB verdrängende Norm - die geltungserhaltende Reduktion intransparenter Ausschlussfristen auf sonstige (Vergütungs-)Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis anordne, deutlicher Anhaltpunkte im Gesetz bedurft. Daran fehlt es.

71

(3) Entscheidend gegen ein Verständnis, § 3 Satz 1 MiLoG schränke im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes durch einen Normbefehl - im Sinne eines „nur insoweit unwirksam“ - die Geltung von § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 306 Abs. 2 BGB ein, spricht insbesondere Sinn und Zweck der Regelung.

72

(a) § 3 Satz 1 MiLoG soll, wie schon in der Begründung des insoweit unverändert verabschiedeten Gesetzentwurfs der Bundesregierung(BT-Drs. 18/1558 S. 35) ausgeführt, den Mindestlohnanspruch sichern und die Umgehung des Mindestlohngesetzes durch missbräuchliche Konstruktionen verhindern (allgA, vgl. statt aller: ErfK/Franzen 18. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 1; Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 32; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 1).

73

(b) Mit diesem Normzweck nicht in Einklang zu bringen ist die Annahme, § 3 Satz 1 MiLoG erhalte im Wege einer gesetzlich vorgegebenen Teilbarkeit oder geltungserhaltenden Reduktion Ausschlussfristen aufrecht, die aufgrund ihres irreführenden Inhalts die Gefahr in sich bergen, der Arbeitnehmer werde den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach Verstreichen der gesetzten Ausschlussfrist im Glauben, er sei verfallen, nicht mehr geltend machen. Ein Verständnis in diesem Sinne hätte die paradoxe Folge, dass der Schutz, den § 3 Satz 1 MiLoG dem Arbeitnehmer vermitteln will, indem er den Mindestlohnanspruch Ausschlussfristen entzieht, zugleich durch eine Beschränkung der Kontrolle überschießender Ausschlussfristen nach Maßgabe der dem Schutz des Arbeitnehmers als Vertragspartner des Verwenders dienenden §§ 305 ff. BGB unterlaufen würde. Es wäre zu befürchten, das in § 3 Satz 1 MiLoG geregelte Verbot von Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs liefe in vielen Fällen faktisch leer und die Zahlung des Mindestlohns würde auf diese Weise im Ergebnis umgangen. Diese Gefahr würde - den Normzweck von § 3 Satz 1 MiLoG konterkarierend - durch den Erhalt sich (auch) auf den Mindestlohn erstreckender Ausschlussfristen fortgeschrieben.

74

8. Auch die nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB gebotene angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (vgl. hierzu BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19) rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung einer sich auch auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erstreckenden Ausschlussfrist.

75

a) Ausschlussfristen sind als dem Arbeitsverhältnis innewohnende Besonderheiten anerkannt. Sie dienen der Rechtssicherheit, der Rechtsklarheit und dem Rechtsfrieden und sollen zu der im Arbeitsleben besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und Bereinigung offener Streitpunkte führen (st. Rspr., zB BAG 23. November 2017 - 6 AZR 33/17 - Rn. 26; 21. April 2016 - 8 AZR 753/14 - Rn. 34; 16. März 2016 - 4 AZR 421/15 - Rn. 37, BAGE 154, 252; 10. Dezember 2013 - 9 AZR 494/12 - Rn. 14; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19).

76

b) Die Aufrechterhaltung von Ausschlussfristen, die unter Verstoß gegen die dem Arbeitnehmerschutz dienende Bestimmung des § 3 Satz 1 MiLoG Ansprüche des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn in ihren Anwendungsbereich mit einbeziehen, mittels geltungserhaltender Reduktion berücksichtigte die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nicht angemessen, sondern einseitig zugunsten des Verwenders (vgl. Roloff FS Willemsen 2018 S. 414; vgl. zur Aufrechterhaltung einer den Vertragspartner des Verwenders typischerweise begünstigenden Klausel in einem „Altvertrag“ BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 66 ff.). Für den Arbeitnehmer führte eine geltungserhaltende Reduktion nicht zu mehr Rechtsklarheit, sondern zu Rechtsunsicherheit und durch die Fortschreibung intransparenter Ausschlussfristenregelungen - faktisch - zur Gefahr von Rechtsverlusten.

77

D. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB.

78

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

  Zimmermann    

        

    Weber    

        

        

        

    Starke    

        

    Martin Lücke    

                 

Ein Verzicht auf den aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a entstandenen Anspruch der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf Mindestentgeltsätze nach § 5 Satz 1 Nummer 1 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des in Satz 1 genannten Anspruchs ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des in Satz 1 genannten Anspruchs können ausschließlich in dem der Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.

(1) Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland, die unter den Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages nach § 3 Satz 1 Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a fallen, sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mindestens die in dem Tarifvertrag für den Beschäftigungsort vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren sowie einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach § 5 Nr. 3 zustehenden Beiträge zu leisten. Satz 1 gilt unabhängig davon, ob die entsprechende Verpflichtung kraft Tarifbindung nach § 3 des Tarifvertragsgesetzes oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes oder aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a besteht.

(2) Ein Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Tarifvertrag nach § 3 Satz 1 Nummer 1, soweit er Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 2 bis 4 enthält, sowie einen Tarifvertrag, der durch Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a auf nicht an ihn gebundene Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erstreckt wird, auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 des Tarifvertragsgesetzes oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(3) Wird ein Leiharbeitnehmer oder eine Leiharbeitnehmerin vom Entleiher mit Tätigkeiten beschäftigt, die in den Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach § 3 Satz 1 Nummer 1, soweit er Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 2 bis 4 enthält, oder einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a fallen, hat der Verleiher zumindest die in diesem Tarifvertrag oder in dieser Rechtsverordnung vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren sowie die der gemeinsamen Einrichtung nach diesem Tarifvertrag zustehenden Beiträge zu leisten; dies gilt auch dann, wenn der Betrieb des Entleihers nicht in den fachlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages oder dieser Rechtsverordnung fällt.

Die Regelungen einer Rechtsverordnung nach § 7a gehen den Regelungen einer Rechtsverordnung nach § 11 vor, soweit sich die Geltungsbereiche der Rechtsverordnungen überschneiden. Unbeschadet des Satzes 1 steht eine Rechtsverordnung nach § 11 für die Anwendung der §§ 8 und 9 sowie der Abschnitte 5 und 6 einer Rechtsverordnung nach § 7 gleich.

Die Verordnung (EU) Nr. 1214/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über den gewerbsmäßig grenzüberschreitenden Straßentransport von Euro-Bargeld zwischen den Mitgliedstaaten des Euroraums (ABl. L 316 vom 29.11.2011, S. 1) steht für die Anwendung der §§ 8 und 9 sowie der Abschnitte 5 und 6 einer Rechtsverordnung nach § 7 gleich.

(1) Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland, die unter den Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages nach § 3 Satz 1 Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a fallen, sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mindestens die in dem Tarifvertrag für den Beschäftigungsort vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren sowie einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach § 5 Nr. 3 zustehenden Beiträge zu leisten. Satz 1 gilt unabhängig davon, ob die entsprechende Verpflichtung kraft Tarifbindung nach § 3 des Tarifvertragsgesetzes oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes oder aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a besteht.

(2) Ein Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Tarifvertrag nach § 3 Satz 1 Nummer 1, soweit er Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 2 bis 4 enthält, sowie einen Tarifvertrag, der durch Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a auf nicht an ihn gebundene Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erstreckt wird, auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 des Tarifvertragsgesetzes oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(3) Wird ein Leiharbeitnehmer oder eine Leiharbeitnehmerin vom Entleiher mit Tätigkeiten beschäftigt, die in den Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach § 3 Satz 1 Nummer 1, soweit er Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 2 bis 4 enthält, oder einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a fallen, hat der Verleiher zumindest die in diesem Tarifvertrag oder in dieser Rechtsverordnung vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren sowie die der gemeinsamen Einrichtung nach diesem Tarifvertrag zustehenden Beiträge zu leisten; dies gilt auch dann, wenn der Betrieb des Entleihers nicht in den fachlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages oder dieser Rechtsverordnung fällt.

(1) Auf gemeinsamen Antrag der Parteien eines Tarifvertrages im Sinne von § 4 Absatz 2 und § 5 kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrages auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung finden, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint, um die in § 1 genannten Gesetzesziele zu erreichen und dabei insbesondere einem Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten entgegenzuwirken. Satz 1 gilt nicht für tarifvertragliche Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 1a. Eine Rechtsverordnung, deren Geltungsbereich die Pflegebranche (§ 10) erfasst, erlässt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates. Im Fall einer Rechtsverordnung nach Satz 3 sind auch die in Absatz 1a genannten Voraussetzungen zu erfüllen und die in § 11 Absatz 2 genannten Gesetzesziele zu berücksichtigen.

(1a) Vor Abschluss eines Tarifvertrages nach Absatz 1, dessen Geltungsbereich die Pflegebranche erfasst, gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf gemeinsame Mitteilung der Tarifvertragsparteien bekannt, dass Verhandlungen über einen derartigen Tarifvertrag aufgenommen worden sind. Religionsgesellschaften, in deren Bereichen paritätisch besetzte Kommissionen zur Festlegung von Arbeitsbedingungen auf der Grundlage kirchlichen Rechts für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber in der Pflegebranche gebildet sind, können dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales innerhalb von drei Wochen ab der Bekanntmachung jeweils eine in ihrem Bereich gebildete Kommission benennen, die von den Tarifvertragsparteien zu dem voraussichtlichen Inhalt des Tarifvertrages angehört wird. Die Anhörung erfolgt mündlich, wenn dies die jeweilige Kommission verlangt oder die Tarifvertragsparteien verlangen. Der Antrag nach Absatz 1 erfordert die schriftliche Zustimmung von mindestens zwei nach Satz 2 benannten Kommissionen. Diese Kommissionen müssen in den Bereichen von Religionsgesellschaften gebildet sein, in deren Bereichen insgesamt mindestens zwei Drittel aller in der Pflegebranche im Bereich von Religionsgesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer beschäftigt sind. Mit der Zustimmung einer Kommission werden etwaige Mängel im Zusammenhang mit deren Anhörung geheilt.

(2) § 7 Absatz 2 und 3 findet entsprechende Anwendung.

(3) Vor Erlass der Rechtsverordnung gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden und den möglicherweise von ihr betroffenen Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, den Parteien des Tarifvertrages sowie allen am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften, Vereinigungen der Arbeitgeber und paritätisch besetzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung. Die Gelegenheit zur Stellungnahme umfasst insbesondere auch die Frage, inwieweit eine Erstreckung der Rechtsnormen des Tarifvertrages geeignet ist, die in § 1 genannten Gesetzesziele zu erfüllen und dabei insbesondere einem Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten entgegenzuwirken. Soweit der Geltungsbereich der Rechtsverordnung die Pflegebranche erfasst, umfasst die Gelegenheit zur Stellungnahme insbesondere auch die Frage, inwieweit eine Erstreckung der Rechtsnormen des Tarifvertrages geeignet ist, die in § 11 Absatz 2 genannten Gesetzesziele zu erfüllen.

(4) Wird ein Antrag nach Absatz 1 gestellt, wird nach Ablauf der Frist nach Absatz 3 der Ausschuss nach § 5 Absatz 1 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes (Tarifausschuss) befasst. Stimmen mindestens vier Ausschussmitglieder für den Antrag oder gibt der Tarifausschuss innerhalb von zwei Monaten keine Stellungnahme ab, kann eine Rechtsverordnung nach Absatz 1 erlassen werden. Stimmen zwei oder drei Ausschussmitglieder für den Antrag, kann eine Rechtsverordnung nur von der Bundesregierung erlassen werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die zumindest auch für ihre jeweiligen in der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Mitglieder zuständig sind (vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien) und bundesweit tarifliche Mindeststundenentgelte im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung miteinander vereinbart haben, können dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam vorschlagen, diese als Lohnuntergrenze in einer Rechtsverordnung verbindlich festzusetzen; die Mindeststundenentgelte können nach dem jeweiligen Beschäftigungsort differenzieren und auch Regelungen zur Fälligkeit entsprechender Ansprüche einschließlich hierzu vereinbarter Ausnahmen und deren Voraussetzungen umfassen. Der Vorschlag muss für Verleihzeiten und verleihfreie Zeiten einheitliche Mindeststundenentgelte sowie eine Laufzeit enthalten. Der Vorschlag ist schriftlich zu begründen.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint, in einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die vorgeschlagenen tariflichen Mindeststundenentgelte nach Absatz 1 als verbindliche Lohnuntergrenze auf alle in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Arbeitgeber sowie Leiharbeitnehmer Anwendung findet. Der Verordnungsgeber kann den Vorschlag nur inhaltlich unverändert in die Rechtsverordnung übernehmen.

(3) Der Verordnungsgeber hat bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen einer Gesamtabwägung neben den Zielen dieses Gesetzes zu prüfen, ob eine Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere geeignet ist, die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme zu gewährleisten. Der Verordnungsgeber hat zu berücksichtigen

1.
die bestehenden bundesweiten Tarifverträge in der Arbeitnehmerüberlassung und
2.
die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien.

(4) Liegen mehrere Vorschläge nach Absatz 1 vor, hat der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung nach Absatz 2 im Rahmen der nach Absatz 3 erforderlichen Gesamtabwägung die Repräsentativität der vorschlagenden Tarifvertragsparteien besonders zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Repräsentativität ist vorrangig abzustellen auf

1.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Arbeitnehmer, die bei Mitgliedern der vorschlagenden Arbeitgebervereinigung beschäftigt sind;
2.
die Zahl der jeweils in den Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 fallenden Mitglieder der vorschlagenden Gewerkschaften.

(5) Vor Erlass ist ein Entwurf der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt Verleihern und Leiharbeitnehmern sowie den Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die im Geltungsbereich der Rechtsverordnung zumindest teilweise tarifzuständig sind, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist wird der in § 5 Absatz 1 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes genannte Ausschuss mit dem Vorschlag befasst.

(6) Nach Absatz 1 vorschlagsberechtigte Tarifvertragsparteien können gemeinsam die Änderung einer nach Absatz 2 erlassenen Rechtsverordnung vorschlagen. Die Absätze 1 bis 5 finden entsprechend Anwendung.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Ein Verzicht auf den aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a entstandenen Anspruch der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf Mindestentgeltsätze nach § 5 Satz 1 Nummer 1 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des in Satz 1 genannten Anspruchs ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des in Satz 1 genannten Anspruchs können ausschließlich in dem der Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen.

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren.

(3) Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

1.
nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2.
nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

(5) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.