Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 228/11

bei uns veröffentlicht am09.09.2014

Tenor

1.

Auf die Berufung des Klägers und unter teilweiser Abänderung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13. Juli 2011 (55 Ca 2156/09) wird der Beklagte verurteilt,

a)

an den Kläger 2.741,34 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. November 2009 zu zahlen;

b)

an den Kläger 39,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2009 zu zahlen;

2.

Die weitergehende klägerische Berufung und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt – unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Kostenentscheidung - der Kläger zu 70 von 100 Anteilen und im Übrigen der Beklagte.

Davon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Streithelferin, die der Kläger zu 70 von 100 Anteilen zu tragen hat. Den weiteren Anteil an diese Kosten hat die Streithelferin selbst zu tragen.

4.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten mit wechselseitigen Anträgen um die vertragsgemäße bzw. tarifgerechte Vergütung des Klägers und dabei auch um die Frage, ob der Kläger Vergütung als Rettungssanitäter oder als Rettungsassistent beanspruchen kann.

2

Der Beklagte – verfasst in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins – betreibt in seinem regionalen Zuständigkeitsgebiet D-Stadt und Nordwest-Mecklenburg unter anderem Kindereinrichtungen und beteiligt sich im Auftrag des Landkreises am Rettungsdienst. Der Beklagte ist die örtliche Gliederung des Verbandes, zu dem es entsprechende eigenständige Landesverbände und einen eigenständigen Bundesverband gibt. Dieser ist Mitglied im Dachverband „Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V.“ mit Sitz in B.. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht waren beim Beklagten insgesamt etwa 160 Arbeitnehmer beschäftigt, wovon etwas weniger als 15 Arbeitnehmer wie der Kläger im Rettungsdienst eingesetzt sind. Von den im Rettungsdienst eingesetzten Arbeitnehmern führen neben dem Kläger vier weitere vergleichbare Rechtsstreitigkeiten gegen den Beklagten.

3

Der Kläger ist bei dem Beklagten seit Anfang Mai 1996 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden tätig. Dem lag bis in das Jahr 2014 hinein der Formular-Arbeitsvertrag vom 29. Mai 1996 zu Grunde (Kopie hier Blatt 16 f). Nach diesem Vertrag ist der Kläger als Rettungssanitäter eingestellt. Die Vergütung ist in § 4 des Vertrages geregelt. Die Vorschrift lautet wörtlich:

Abbildung
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4

In dem Arbeitsvertrag findet sich am Ende außerdem eine Klausel mit nachfolgendem Wortlaut (hier Blatt 17):

5

"§ 13 Verschiedenes

6

Richtlinien für Angestellte und Arbeiter im ASB mit Ausnahme § 13 Nr. 3 sind Bestandteil des Vertrages."

7

Richtlinien für Arbeitnehmer bei dem Verband, dem der Beklagte angehört, hat lange Zeit in erster Linie der Bundesverband erlassen. In den Richtlinien in der im Dezember 1991 geltenden Fassung (ASB-Richtlinien Bund 1991 – Kopie als Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 2. April 2012 überreicht, hier Blatt 483 ff) heißt es zur Vergütung in § 12 auszugsweise wörtlich:

8

„(1) Der Mitarbeiter wird nach den Tätigkeitsmerkmalen in die Vergütungs- oder Lohngruppe eingereiht, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht. Bestandteile, Berechnungshinweise und Höhe der Vergütungen und Löhne ergeben sich aus den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes.

9

(2) …

10

(3) …

11

(4) Ändern sich die Vergütungen und Löhne der Angestellten im Öffentlichen Dienst, so ändern sich die Bezüge entsprechend.

12

(5) …“

13

Im November 1995, also noch vor der Begründung des Arbeitsverhältnisses der Parteien, hat allerdings auch der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, dem der Beklagte angehört, eigene „Rahmenrichtlinien für Arbeitsbedingungen“ für Arbeitnehmer erlassen (hier als ASB-Richtlinie MV 1995 bezeichnet, Kopie hier Blatt 489 ff). In der Richtlinie heißt es auszugsweise wörtlich:

14

„§ 12 Vergütung, Sonderzuwendung

15

(1) Der Mitarbeiter wird nach Tätigkeitsmerkmalen in eine Vergütungsgruppe oder Lohngruppe eingereiht, die der überwiegend ausgeübten Tätigkeit entspricht.

16

(2) Haben Gliederungen Tarifverträge/Haustarifverträge mit den Gewerkschaften abgeschlossen, richten sich die Bestandteile, Berechnungsweise und Höhe der Vergütungen und Löhne nach dieser Maßgabe. In allen anderen Fällen lehnen sich die Gliederungen an den Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) unter Berücksichtigung der Absatz (3) u. ff an.

17

(3) Dynamisierungen der Vergütungen und Löhne, sowie Sonderzuwendungen (Urlaubsgeld, 13. Gehalt/Lohn, Weihnachtsgratifikation u.a.m.) sind abhängig von der Haushaltslage der Gliederungen und bei pflegesatzrelevanten Einrichtungen von der Maßgabe der Kostenträge bzw. Pflegesatzkommissionen.

18

(4) …“

19

Im Mai 2002 hat der Kläger seine Ausbildung zum Rettungsassistenten abgeschlossen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger in der Folgezeit beim Beklagten auch überwiegend als Rettungsassistent beschäftigt worden ist.

20

Während der Anhängigkeit des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug haben der Kläger und der Beklagte unter dem 30. Juni 2014 einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen, der auszugsweise wörtlich wie folgt lautet (Kopie hier Blatt 629a):

21

„1. …

22

3. Es gelten für das Arbeitsverhältnis die vereinbarten AVB (Arbeitsvertragsbedingungen) - Rettungsdienst des C.es KV D-Stadt/NWM e.V. vom 27.05.2014 mit Wirksamkeit vom 01.01.2014.

23

4. Dieser Vertrag ersetzt alle bisher gültigen arbeitsvertraglichen Regelungen und tritt mit dem 01.01.2014 an deren Stelle.

24

5. …“

25

Die in dem neuen Arbeitsvertrag erwähnten örtlichen Arbeitsvertragsbedingungen wurden vom Beklagten erstmals Ende Mai 2014 erlassen (Kopie Blatt 601 ff in der Parallelsache 5 Sa 230/11). Sie sehen derzeit in § 13 AVB eine Vergütung nach den Vergütungstabellen des TVöD (VkA) vor und sie entsprechen damit – ihren Fortbestand unterstellt – für die Zeit ab Januar 2014 dem eigentlichen Klageziel des Klägers.

26

Für die Vergütung im Arbeitsverhältnis der Parteien spielen auch Tarifverträge eine Rolle. Der Kläger war zumindest seit Begründung des Arbeitsverhältnisses der Parteien Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und er hat sich nach der Gründung der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dieser angeschlossen und ist noch heute Mitglied dieser Gewerkschaft.

27

Bereits unter dem 5. August 1993 wurde zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ÖTV, Kreisverwaltung D-Stadt/G., ein Haustarifvertrag abgeschlossen (Kopie als Anlage B 4 überreicht, hier Blatt 150 – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 1993 bezeichnet), der folgendes regelt:

28

㤠2

29

Die Tarifparteien vereinbaren den Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) sowie die manteltariflichen Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe — Ost (BMT-G-O) und die diese Tarifverträge ergänzenden und verändernden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung für die im § 1 genannten Beschäftigten.“

30

Einen weiteren Haustarifvertrag schlossen dieselben Tarifvertragsparteien am 5. September 1996 mit Wirkung ab 1. Januar 1996 ab (Kopie als Anlage B 5 überreicht, hier Blatt 151 f – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 1996 bezeichnet). Im Kopf des Tarifvertrages steht unter der Bezeichnung der Gewerkschaft der Zusatz „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“. § 2 des Haustarifvertrages 1996 hat folgenden Wortlaut:

31

„§ 2 Anwendung von Tarifverträgen

32

Die Tarifvertragsparteien vereinbaren

33

1) den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) in der jeweils gültigen Fassung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die Angestellten mit Ausnahme des § 39 (Jubiläumszuwendungen)

34

und

35

2) den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts — Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter Gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe — (BMT-G-O) in der jeweils gültigen Fassung für die Arbeiter mit Ausnahme des § 37 (Jubiläumszuwendungen) und die diese Tarifverträge ergänzenden und verändernden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung mit Ausnahme der Tarifverträge über Vermögenswirksame Leistungen.“

36

Am 19. Juni 2002 hat die Gewerkschaft ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern, „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“ mit dem Beklagten einen weiteren Tarifvertrag abgeschlossen unter der Überschrift „Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Haustarifvertrag“ (in Kopie als Anlage B 6 überreicht, hier Blatt 153 f – hier im Weiteren als Änderungstarifvertrag 2002 bezeichnet). In dem Tarifvertrag werden „abweichend von den Tätigkeitsmerkmalen für Rettungsassistenten und Rettungssanitäter der Anlage 1a zum BAT“ eigenständige Eingruppierungsregelungen für diese Berufsgruppe getroffen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen.

37

Mit Schreiben an die Gewerkschaft ver.di, Bezirk B-Stadt, vom 22. September 2003 hat der Beklagte „den Haustarifvertrag zwischen dem ASB KV D-Stadt / NWM e.V. und der Gewerkschaft ver.di, zugleich handelnd für die GEW, vom 05.09.1996 fristgemäß zum 31.12.2003“ gekündigt (Kopie als Anlage B 8 überreicht, hier Blatt 157).

38

Im Anschluss vereinbarten der Beklagte und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein / Mecklenburg-Vorpommern, „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“, am 29. Dezember 2003 den „Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum Haustarifvertrag“ (Kopie als Anlage B 7 überreicht, hier Blatt 155 f – hier im Weiteren als Änderungstarifvertrag 2003 bezeichnet). Dieser Tarifvertrag hat eine Laufzeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004. Der Tarifvertrag lautet auszugsweise wörtlich:

"§ 2

39

Gegenstand des Vertrages

40

1. Die Parteien stimmen darin überein, dass die Tariferhöhungen zum 1. Januar und zum 1. April 2004 sowie die für November 2004 vereinbarte Einmalzahlung von 46,25 Euro ebenso wie die Erhöhung des Bemessungssatzes für die Einkommen Ost zum 1. Januar 2004 auf 92,5% nicht gezahlt werden.

41

2. Das Aussetzen der Tariferhöhungen wird für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 vereinbart.

42

3. Während der Laufzeit des Tarifvertrages verpflichtet sich der C., auf die Ausgliederung von Leistungen und auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu verzichten.

43

4. Sollte sich während der Laufzeit des Tarifvertrages für den ASB eine wirtschaftlich bedrohliche Situation herausstellen, so nehmen die Parteien unverzüglich Verhandlungen auf. Dabei geht es um die Absenkung von Einkommensbestandteilen im notwendigen Maß. Die wirtschaftlich bedrohliche Situation muss gegenüber der Gewerkschaft nachgewiesen werden.

44

5. Die Parteien vereinbaren den Ausschluss der Nachwirkung nach Tarifvertragsgesetz § 4."

45

Weitere Tarifverträge, die aus Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di hervorgegangen sind, gibt es nicht. Zum Ende der Laufzeit des zuletzt erwähnten Änderungstarifvertrages 2003 kam es allerdings zum Abschluss eines Tarifvertrages zwischen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft e.V.“, und dem Beklagten mit der Überschrift „Haustarifvertrag“ (Kopie als Anlage B 9 überreicht, hier Blatt 158 ff – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 2004 bezeichnet). Nach § 3 dieses Tarifvertrages tritt er am 1. Januar 2005 in Kraft. Der Tarifvertrag lautet auszugsweise wörtlich:

46

㤠2

47

Gegenstand des Vertrages

48

1. Die Tarifvertragsparteien vereinbaren, dass die manteltariflichen Vorschriften (BAT-O) auf dem Stand vom 31. Dezember 2003 für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die Angestellten verbleiben. Der § 39 (Jubiläumszuwendungen) findet keine Anwendung

49

und

50

2. die manteltariflichen Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) auf dem Stand vom 31. Dezember 2003 für die Arbeiter verbleiben. Der § 37 (Jubiläumszuwendungen) findet keine Anwendung.

51

3. Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass Tariferhöhungen, die nach dem 31. Dezember 2003 wirksam geworden sind, während der Laufzeit des Tarifvertrages nicht gezahlt werden. Dies gilt auch für den Bemessungssatz für die Einkommen Ost.

52

4. Während der Laufzeit des Tarifvertrages verpflichtet sich der C., den Rechtsstatus eingetragener Verein beizubehalten.

53

5. Sollte sich während der Laufzeit des Tarifvertrages für den ASB eine wirtschaftlich bedrohliche Situation herausstellen, so nehmen die Tarifparteien unverzüglich Verhandlungen auf. Dabei geht es um die Absenkung von Einkommensbestandteilen im notwendigen Maß. Die wirtschaftlich bedrohliche Situation muss gegenüber der Gewerkschaft nachgewiesen werden.

54

6. Die Tarifparteien vereinbaren, dass über die Höhe der Zuwendungen für Urlaub und Weihnachten für das laufende Jahr jeweils im April beziehungsweise im September ein gesonderter Vertrag geschlossen wird.

55

7. Die Tarifvertragsparteien vereinbaren den Ausschluss der Nachwirkung nach Tarifvertragsgesetz § 4.“

56

Schließlich hat der Beklagte mit der Gewerkschaft GEW, „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft e.V. – ver.di“ am 2. November 2006 eine „Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern“ abgeschlossen, nach der die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer, die nach dem 31. Dezember 2006 beim Beklagten eingestellt werden, durch ein eigenes Tarifwerk neu gestaltet werden sollen (Kopie als Anlage B 10 überreicht, hier Blatt 160 f – hier im Weiteren als Tarifliche Vereinbarung 2006 bezeichnet). In der Vereinbarung hießt es auszugsweise wörtlich:

57

„1. Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Beschäftigten, die … am 31.12.2006 bereits beim ASB tätig sind, ihren Bruttostundenlohn bzw. Bruttogehalt entsprechend dem BAT-O bzw. BMT-G-O Stand 31. Dezember 2003 behalten. Dabei werden die Grundvergütung der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage zukünftig als Grundgehalt als eine Summe ausgewiesen. Kindergeldbestandteile des Gehaltes werden als Besitzstand ausgewiesen, solange Kindergeld bezogen wird. Urlaubsansprüche und Kündigungsfristen bleiben unberührt.

58

2. …“

59

Entsprechend dem Plan aus der Tariflichen Vereinbarung 2006 haben der Beklagte und die GEW „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft“ am 4. Oktober 2007 einen weiteren „Haustarifvertrag“ abgeschlossen, in dem erstmals ganz im Sinne eines Manteltarifvertrages ein breit gefächertes Spektrum an Regelungsthemen tarifiert wurde. Erstmals gibt es hier auch eigenständige Entgelttabellen mit Vergütungen unterhalb der Entgelte im TVöD, eigenständige Eingruppierungsvorschriften und ergänzende Regelungen zum Vorgang der Eingruppierung (Kopie als Anlage B 1 überreicht, hier Blatt 109 ff – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 2007 bezeichnet). Bezogen auf den Kläger und die anderen schon länger eingestellten Arbeitnehmer heißt es in § 28 Haustarifvertrag 2007 sinngemäß, dass in Einzelarbeitsverträgen vereinbarte günstigere Vergütungsbedingungen dem Tarifvertrag vorgehen. § 30 dieses Haustarifvertrages lautet wörtlich:

60

㤠30

61

Ausschlussfrist

62

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind von dem Mitarbeiter spätestens drei Monate nach Fälligkeit dem andern Vertragspartner gegenüber schriftlich geltend zu machen. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach Ablauf der vorgenannten Frist ist ausgeschlossen. Das Gleiche gilt bei Nichterfüllung der vorgenannten Voraussetzungen.“

63

Der Kläger hat vom Beklagten in den ersten Jahren der Zusammenarbeit bis einschließlich 2003 Entgelt als Rettungssanitäter nach der Tarifentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes erhalten. Seit Januar 2004 erhält der Kläger – wie auch die weiteren Mitarbeiter im Rettungsdienst – keine tariflichen Steigerungen des Entgelts mehr. Insbesondere hat der Beklagte die für den Bereich des öffentlichen Dienstes vereinbarte Tariferhöhungen ab dem 1. Januar 2004 nicht mehr an die bei ihm beschäftigten Mitarbeiter weitergegeben.

64

Im Streitzeitraum (2006 bis Oktober 2009) hat der Kläger zunächst bis einschließlich Oktober 2007 noch Entgelt in Anlehnung an das Vergütungsschema des BAT / BAT-O erhalten. Die ständigen Anteile des Entgelts setzten sich aus einer Grundvergütung, einem Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage zusammen. In der Summe beliefen sich die ständigen Entgeltbestandteile in dieser Zeit auf 2.084,72 Euro brutto monatlich. Zusätzlich wurden Zuschläge für Arbeit an Samstagen, an Sonn- und Feiertagen und für Bereitschaftszeiten in unterschiedlicher Höhe gezahlt (vgl. die vom Kläger überreichten Lohnabrechnungen, hier Blatt 23 ff). Seit November 2007 wird in den Lohnabrechnungen als ständiger Entgeltbestandteil nur noch ein „Gehalt“ ausgewiesen, das ab diesem Zeitpunkt unverändert 2.084,72 Euro brutto monatlich betragen hat (hier Blatt 45 ff). Dieses Gehalt wurde in dieser Höhe bis zum Ende des Streitraums (Oktober 2009) und wohl auch noch weit darüber hinaus unverändert ausgezahlt.

65

Der Kläger ist der Auffassung, er habe auch heute noch Anspruch auf eine dynamische Vergütung entsprechend den tariflichen Bestimmungen für im öffentlichen Dienst im kommunalen Bereich beschäftigte Arbeitnehmer und er hat deshalb beim Arbeitsgericht Schwerin Klage auf Zahlung gegen den Beklagten erhoben, die dort am 4. November 2009 eingegangen ist.

66

Der Kläger hat erstinstanzlich für die 46 Monate von Januar 2006 bis einschließlich Oktober 2009 Differenzvergütung auf sein Gehalt verlangt (Anträge 1.1 bis 1.4), Vergütung für Überstunden aus dem Jahre 2008 (Antrag 1.5), sowie (Differenz-)Vergütung für die Zuschläge bei Sonn- und Feiertagsarbeit für 2006 bis August 2009 (Klageanträge 1.6 bis 1.9). Schließlich verlangt der Kläger weitere Jahressonderzahlungen für 2006 bis 2008 (Klageanträge zu 1.10 bis 1.12) sowie die Auszahlung der tariflich verabredeten Einmalzahlungen aus den Tarifrunden des öffentlichen Dienstes in den Jahren 2008 und 2009 (Klageantrag 1.13). – Der Beklagte hat die Klage für unschlüssig gehalten, da sich die Arbeitsbedingungen auch im Bereich des Rettungsdienstes inzwischen nach den Haustarifverträgen richten würden. Im Rahmen einer Widerklage verlangt er die gerichtliche Feststellung, dass der Haustarifvertrag 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, ist dem Rechtsstreit nach Aufforderung durch den Beklagten mit Schriftsatz vom 29. April 2010 auf Seiten des Beklagten als Streithelferin beigetreten (hier Blatt 104 f), hat allerdings vor dem Arbeitsgericht keine eigenen Anträge gestellt.

67

Das Arbeitsgericht hat die Klage und die Widerklage mit Urteil vom 13. Juli 2011 als unbegründet abgewiesen (55 Ca 2156/2009). Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 2/3 dem Kläger auferlegt und im Übrigen dem Beklagten. Den Streitwert hat es mit 27.132,37 Euro festgesetzt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

68

Der Kläger sowie der Beklagte haben das arbeitsgerichtliche Urteil mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen. Die Streithelferin hat kein eigenes Rechtsmittel eingelegt. Die Berufungen, die jeweils fristgemäß eingelegt und begründet wurden, sind vom Landesarbeitsgericht zum hiesigen Aktenzeichen verbunden worden. Die Parteien verfolgen ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.

69

Der Kläger hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass er Anspruch auf Vergütung nach den jeweils aktuellen Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisung auf die ASB-Richtlinien Bund 1991 (§ 13 des Arbeitsvertrages) habe. § 12 ASB-Richtlinien Bund 1991 verweise hinsichtlich der Vergütung dynamisch auf die Bestimmungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes. Die vom Landesverband Mecklenburg-Vorpommern im November 1995 erlassenen Richtlinien (ASB-Richtlinien MV 1995) seien nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden, was sich durch Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung von § 305c Absatz 2 BGB ergebe.

70

Gleiches ergebe sich auch aus § 4 des Arbeitsvertrages, weil dort statt eines Entgeltbetrages nur die seinerzeit für zutreffend erachtete Vergütungsgruppe („VII“) und das Tarifwerk („BAT-O Gemeinden“) erwähnt worden sei. Das sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Zweifel als eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Vergütungssätze für die vereinbarte Vergütungsgruppe zu deuten.

71

Die Frage, ob es inzwischen Tarifverträge im Bereich des Beklagten gibt, an die der Kläger wegen seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di gebunden ist und die schlechtere Arbeitsbedingungen vorsehen, könne offen bleiben, da die arbeitsvertraglichen und die tariflichen Ansprüche voneinander unabhängig seien und Regelungskonflikte wegen themengleicher unterschiedlicher Regelungen auf beiden Ebenen nach dem Günstigkeitsprinzip aufzulösen seien.

72

Der Kläger hält auch an seiner Rechtsauffassung fest, dass die streitigen Ansprüche nicht verfallen seien.

73

§ 30 Haustarifvertrag 2007 binde den Kläger nicht. Die klägerische Gewerkschaft ver.di sei an den Haustarifverträgen 2004 und 2007 nicht als Tarifvertragspartei beteiligt. Das erkenne man schon daran, dass diese Tarifverträge nicht von der Gewerkschaft ver.di unterzeichnet worden seien. Die öffentlich zugängliche Satzung der Gewerkschaft sehe im Übrigen vor, dass Tarifverträge immer von zwei Gewerkschaftsvertretern zu unterzeichnen seien (erkennbar auch am Änderungstarifvertrag 2003) und dass sie vor Unterschrift intern gebilligt werden müssten, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Die örtlich und fachlich zuständige Gewerkschaftssekretärin könne bezeugen, dass die hier streitigen Tarifverträge der Gewerkschaft nicht bekannt seien. Ver.di habe daher die Gewerkschaft GEW nicht bevollmächtigt, in ihrem Namen mit dem Beklagten Haustarifverträge abzuschließen. Eine substantiierte Darstellung des Vorgangs der Vollmachtserteilung sei der Beklagte und die Streithelferin auch schuldig geblieben, so das weitergehender Sachvortrag dazu nicht geleistet werden könne.

74

Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Duldungsvollmacht durch die Gewerkschaft ver.di berufen. Denn es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die maßgeblichen Vertreter von ver.di überhaupt Kenntnis davon hatten, dass die GEW beim Beklagten auch in ihrem Namen Tarifverträge abschließe.

75

Ergänzend müsse beachtet werden, dass der Wille des Unterzeichners des Haustarifvertrages 2007 auf Gewerkschaftsseite, nicht nur für seine Gewerkschaft sondern auch für die Gewerkschaft ver.di eine Erklärung abzugeben, nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck komme.

76

Aber selbst dann, wenn die klägerische Gewerkschaft auch Partei des Haustarifvertrages 2007 geworden sein sollte, könne sich der Beklagte nicht auf die Ausschlussfristen aus § 30 Haustarifvertrag 2007 berufen, da er den Tarifvertrag entgegen seiner Pflicht aus § 8 TVG nicht offen im Betrieb ausgelegt habe. Außerdem sei der Kläger nicht über die mit der Einführung des Haustarifvertrages 2007 verbundenen wesentlichen Änderungen seiner Vertragsbedingungen im Sinne von § 3 Nachweisgesetz (NachwG) schriftlich unterrichtet worden.

77

Sollte das Gericht dennoch vom Verfall der Ansprüche nach § 30 Haustarifvertrag 2007 ausgehen, so blieben diese gleichwohl als Schadensersatzansprüche begründet, da der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist nicht gekannt habe. Er hätte auch keinen Anlass gehabt, nach eventuell einschlägigen Ausschlussfristen zu forschen, denn der Beklagte habe sich immer auf die Geltung der ASB-Richtlinien und die dortige Ausschlussfrist bezogen (§ 28 ASB-Richtlinien Bund 1991), diese sei allerdings wegen einseitiger Belastung des Arbeitnehmers unwirksam. Das habe bereits das hiesige Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. September 2010 (1 Sa 164/09, Kopie hier Blatt 527 ff) festgestellt. Der Kläger habe daher darauf vertrauen dürfen, dass im Arbeitsverhältnis der Parteien keine (weitere) Ausschlussfrist eingreife. Wäre er von dem Beklagten wie es das Nachweisgesetz vorsehe, über den neu erlassenen Haustarifvertrag 2007 unterrichtet worden, hätte er seine Ansprüche entsprechend früher und damit rechtzeitig geltend gemacht.

78

Entsprechendes gelte von der Ausschlussfrist in § 70 BAT-O, die im Arbeitsverhältnis der Parteien – wie man inzwischen wisse – aufgrund der Haustarifverträge 1993 jedenfalls bis 2007 gegolten habe. Denn der Beklagte habe den Kläger bei seiner Einstellung nicht im Sinne des Nachweisgesetzes über die Geltung des Haustarifvertrages 1993 und des dadurch geltenden BAT-O unterrichtet; eine Unterrichtung sei bis heute nicht erfolgt. Dass im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund des Haustarifvertrages 1993 der BAT-O gegolten habe, habe der Kläger erst im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits aufgrund des Schriftsatzes des Beklagten vom 24. Oktober 2010 (hier Blatt 140 ff) zur Kenntnis nehmen können.

79

Zur Berufung des Beklagten und zur Widerklage führt der Kläger aus, für den Antrag des Beklagten fehle es schon an dem erforderlichen Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO, denn selbst wenn der streitbefangene Haustarifvertrag 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung käme, würde dies den arbeitsvertraglichen begründeten Anspruch des Klägers auf eine Vergütung, wie sie einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst zustehe, wegen des Günstigkeitsprinzips aus § 4 Absatz 3 TVG nicht hindern.

80

Der Kläger beantragt,

81

1. unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, die Beklagte zu verurteilen,

82

1.1. an den Kläger 2.812,74 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1 Januar 2007 zu zahlen;

83

1.2. an den Kläger 2.304,06 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen;

84

1.3. an den Kläger 4.286,79 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen;

85

1.4. an den Kläger 5.499,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

86

1.5. an den Kläger 2.668,14 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen;

87

1.6. an den Kläger 1.193,13 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen;

88

1.7. an den Kläger 338,17 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen;

89

1.8. an den Kläger 189,94 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen;

90

1.9. an den Kläger 84,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 16. März 2009 zu zahlen;

91

1.10. an den Kläger 167,44 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2006 zu zahlen;

92

1.11. an den Kläger 167,44 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2007 zu zahlen;

93

1.12. an den Kläger 413,25 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2008 zu zahlen;

94

1.13. an den Kläger 275,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf 50,00 Euro seit dem 01.05.2008 sowie 225,00 Euro seit dem 01.02.2009 zu zahlen;

95

2. Die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

96

Der Beklagte beantragt,

97

1. die klägerische Berufung zurückzuweisen;

98

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.07.2011 — 55 Ca 2156/09 — teilweise abzuändern und auf die Widerklage festzustellen, dass der Kläger aufgrund seiner Gewerkschaftsmitgliedschaft an den Haustarifvertrag zwischen dem C. KV D-Stadt/Westmecklenburg und der Gewerkschaft ver.di vom 04.10.2007 gebunden ist.

99

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat. § 4 des Arbeitsvertrages könne man nicht als eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Vergütung im Bereich des öffentlichen Dienstes verstehen. Es sei schon falsch, von allgemeinen Geschäftsbedingungen auszugehen, denn bei der Gehaltsabrede handele es sich um eine individuelle Absprache der Parteien, was daran deutlich werde, dass die Angaben bezogen auf den einzelnen Vertrag in das Formular eingefügt worden seien. Jedenfalls sei der Wille des Beklagten, nur das Gehalt, das seinerzeit der Vergütungsgruppe VII im öffentlichen Dienst entsprochen habe, zahlen zu wollen, hinreichend deutlich geworden. Den Willen, ein fixes Gehalt zu vereinbaren, erkenne man auch daran, dass zusätzliche Leistungen lediglich als freiwillige, widerrufbare Leistungen in den Vertrag aufgenommen worden seien.

100

Im Übrigen müsse § 13 des Arbeitsvertrages mit dem Verweis auf die Richtlinien beachtet werden. § 13 verweise auf die jeweils gültigen Richtlinien und zwar unabhängig davon, ob sie vom Bundesverband oder von einem Landesverband erlassen seien. Der Arbeitsvertrag weise zwar nicht klar aus, auf welche Richtlinien Bezug genommen werde. So wie man Konkurrenzprobleme zwischen themengleichen Regelungen in unterschiedlichen Tarifverträgen löse, müsse man jedoch auch hier verfahren. Es gelte der Grundsatz der Spezialität, daher würden die örtlich besser passenden Landesrichtlinien den Richtlinien des Bundesverbandes vorgehen. Wende man die ASB-Landesrichtlinien 1995 auf das Arbeitsverhältnis an, käme man zur arbeitsvertraglichen Geltung des Haustarifvertrages 2007, der – für neu eingestellte Arbeitnehmer – eine eigene Entgelttabelle enthalte und für schon früher eingestellt Mitarbeiter, so auch den Kläger, lediglich festhalte, dass günstigere arbeitsvertragliche Regelungen auch nach dem Inkrafttreten des Haustarifvertrages vorgehen würden. Ein arbeitsvertragliches Versprechen, den Kläger dynamisch nach den Regeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes zu vergüten, sei daher nicht erkennbar.

101

Letztlich seien jedenfalls etwaige weitergehende Vergütungsansprüche des Klägers wegen des Eingreifens tariflicher Ausschlussfristen verfallen. Dabei sei entweder die dreimonatige Ausschlussfrist aus § 30 Haustarifvertrag 2007 anzuwenden oder aber – wenn man den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgreife – über den im Wege der Nachwirkung geltenden Haustarifvertrag 1996 die dort in Bezug genommene 6-monatige Ausschlussfrist des § 70 BAT-O.

102

Der Haustarifvertrag 2007 sei auch zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di wirksam abgeschlossen worden, denn die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) habe die Gewerkschaft ver.di in den Vertragsverhandlungen wirksam vertreten und sei zum Abschluss dieses Haustarifvertrages bevollmächtigt gewesen. Die Gewerkschaft GEW sei von ver.di bevollmächtigt gewesen, auch für die Gewerkschaft ver.di den Haustarifvertrag 2007 abzuschließen; zumindest sei von einer konkludenten Vollmachtserteilung auszugehen, die sich aus den Gesamtumständen im Betrieb des Beklagten in Zusammenhang mit dem Wechsel der Verhandlungsführerschaft der beiden Gewerkschaften ergebe (wegen der Einzelheiten wird auf den Beklagtenschriftsatz vom 24. Februar 2010, hier Blatt 66 ff Bezug genommen).

103

Für den Fall, dass die Gewerkschaft ver.di der Gewerkschaft GEW tatsächlich rechtsgeschäftlich keine Vollmacht erteilt haben sollte, sei die Gewerkschaft ver.di dennoch nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden. Dass Herr G., der den Haustarifvertrag 2007 für die Gewerkschaft GEW unterzeichnet habe, damit auch gleichzeitig eine Erklärung für die Gewerkschaft ver.di abgegeben habe, ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Kopf des Tarifvertrages („zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft“).

104

Zu seiner eigenen Berufung trägt der Beklagte vor, er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Geltung des Haustarifvertrages 2007 im Arbeitsverhältnis der Parteien. Das betreffe nicht nur die hier relevanten Punkte Vergütung und Ausschlussfristen, sondern im betrieblichen Alltag auch all die anderen im Haustarifvertrag geregelten Materien.

105

Die Streithelferin hat keinen eigenen Antrag gestellt und unterstützt in ihren Stellungnahmen den Standpunkt des Beklagten.

106

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

107

Die klägerische Berufung ist weitgehend unbegründet. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

I.

108

Die Berufung ist im Umfang von 17.060,91 Euro brutto wegen Verfall der Ansprüche unbegründet, insoweit ist die Klage zu Recht vom Arbeitsgericht abgewiesen worden.

1.

109

Im Arbeitsverhältnis der Parteien gilt kollektivrechtlich (unmittelbar und zwingend oder im Wege der Nachwirkung) zumindest eine Ausschlussfrist von 6 Monaten. Diese ergibt sich aus den Haustarifverträgen des Beklagten mit der Gewerkschaft ÖTV und später ver.di in Verbindung mit § 70 BAT-O. Insoweit schließt sich das Gericht den Erwägungen der 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts aus dem Teilurteil vom 25. April 2013 in Sachen 1 Sa 230/11, einer Parallelsache zum hiesigen Rechtsstreit, an.

a)

110

Durch den Anschlusstarifvertrag (Haustarifvertrag 1993) galt im Arbeitsverhältnis der Parteien zwingend und unmittelbar seit Anbeginn der BAT-O und die diesen ergänzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung. Damit galt auch die in § 70 BAT-O geregelte 6-monatige Ausschlussfrist zwingend und unmittelbar im Arbeitsverhältnis der Parteien. Die arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien stehen dem nicht entgegen, denn die über § 13 Arbeitsvertrag geltende Ausschlussfrist aus § 28 ASB-Richtlinien Bund 1991 ist für den Arbeitnehmer belastender als die tarifliche Ausschlussfrist, sie geht also der tariflichen Regelung nicht nach dem Günstigkeitsprinzip vor. Denn die Ausschlussfrist aus § 28 ASB-Richtlinien Bund 1991 sieht einen einseitigen Verfall von Ansprüchen der Arbeitnehmer bereits nach 3 Monaten vor. Dies ist im Vergleich zu der beiderseits geltenden Ausschlussfrist von 6 Monaten aus § 70 BAT-O auf jeden Fall nicht die für den Arbeitnehmer günstigere Norm.

b)

111

Der Haustarifvertrag 1996 ist allerdings vom Beklagten gegenüber der klägerischen Gewerkschaft zum Jahresende 2003 gekündigt worden, so dass § 70 BAT-O dann 2004 zunächst einmal lediglich im Wege der Nachwirkung weitergegolten hätte. Durch den Änderungstarifvertrag 2003 ist der BAT-O dann nochmals für den Bereich des Beklagten befristet bis Jahresende 2004 in Kraft gesetzt worden, so dass er tatsächlich erst ab Januar 2005 im Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch im Wege der Nachwirkung gegolten hat. – Diese Nachwirkung ist allerdings erhalten geblieben. Der ausdrücklich Ausschluss der Nachwirkung im Änderungstarifvertrag 2003 bezieht sich erkennbar nur auf die mit dem Änderungstarifvertrag bewirkte zeitweise Stornierung der Tariferhöhungen und nicht insgesamt auf alle Regelungen des in Bezug genommenen BAT-O.

c)

112

Diese zumindest nachwirkende Geltung von § 70 BAT-O wird auch nicht durch den Haustarifvertrag 2004 vom 2. November 2004, nunmehr ausgehandelt von der Gewerkschaft GEW und abgeschlossen auch im Namen von ver.di, in Frage gestellt. Denn entweder – so der Standpunkt des Klägers – war ver.di an diesem Tarifvertrag rechtlich betrachtet nicht beteiligt, dann gilt der ältere Anschlusstarifvertrag (HausTV 1996 mit späteren Änderungen) noch im Wege der Nachwirkung im Arbeitsverhältnis der Parteien weiter. Oder – so der Standpunkt des Beklagten – ver.di war an dem HausTV 2004 beteiligt, dann gilt § 70 BAT-O vermittels dieses Tarifvertrages, bei dem es sich im Kern immer noch um einen Anschlusstarifvertrag an das Tarifwerk für den öffentlichen Dienst handelt, nunmehr wieder unmittelbar und zwingend.

d)

113

Ob sich durch den Haustarifvertrag 2007 an der unmittelbaren oder nachwirkenden Geltung von § 70 BAT-O im Arbeitsverhältnis der Parteien etwas verändert hat, kann hier offen bleiben. Denn wenn sich etwas geändert haben sollte, wäre dies eine Verkürzung der Ausschlussfrist auf 3 Monate nach § 30 Haustarifvertrag 2007, was der klägerischen Berufung jedenfalls auch nicht zum Erfolg verhelfen könnte.

2.

114

Unter Anwendung der Ausschlussfrist aus § 70 BAT-O sind die möglichen Differenzlohnansprüche des Klägers aus dem Monat April 2009 nicht mehr rechtzeitig geltend gemacht worden.

115

Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat keinen Tatsachenvortrag zu der Frage geleistet, zu welchem Zeitpunkt die monatlichen Entgeltansprüche des Klägers fällig geworden sind. Aus der klägerischen Antragstellung und der dort geltend gemachten Zinsen jeweils ab dem Ersten des Folgemonats kann das Gericht allerdings folgern, dass es der betrieblichen Praxis beim Beklagten entspricht, dass die Entgelte jeweils zum Beginn des Folgemonats zur Auszahlung gelangen. Damit muss von einer Fälligkeit des Entgeltanspruchs jeweils zu Beginn des Folgemonats ausgegangen werden.

116

Der Entgeltanspruch für April 2009 ist damit am 1. Mai 2009 fällig geworden. Der Anspruch ist demnach mit Ablauf des 1. November 2009 im Sinne von § 70 BAT-O verfallen. Außergerichtlich ist der Anspruch vom Kläger nicht schriftlich geltend gemacht worden und seine Klage ist erst am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangen, so dass zu diesem Zeitpunkt der Anspruch für den April 2009 bereits verfallen war.

117

Wenn schon der Lohndifferenzanspruch für April 2009 vor Klagerhebung verfallen war, gilt dies ebenso für alle älteren Lohndifferenzansprüche, die vor dem Abrechnungsmonat April 2009 liegen. Damit ist die Klage mit den Anträgen zu 1.1 bis 1.3 (Entgeltdifferenzen 2006 bis 2008) unbegründet. Aus dem Klageantrag zu 1.4 ist der Teilbetrag, der auf die Zeit bis einschließlich April 2009 fällt, ebenfalls unbegründet. Damit ist ein Teilbetrag aus diesem Antrag in Höhe von 2.199,88 Euro brutto unbegründet (wegen der Aufschlüsselung der Einzelbeträge aus dem Antrag zu 1.4 wird auf Seite 7 der Klageschrift, hier Blatt 7 Bezug genommen). Ebenfalls unbegründet sind wegen Verfall der Ansprüche die Klageanträge zu 1.5 (Überstunden 2008) und die Klageanträge zu 1.6 bis 1.8 (Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit 2006 bis 2008). Aus dem Klageantrag zu 1.9 sind die Ansprüche auf Sonn- und Feiertagszuschläge bis einschließlich April 2009 verfallen, was einem Betrag in Höhe von 44,93 Euro entspricht (wegen der Aufschlüsselung der Einzelbeträge aus dem Antrag zu 1.9 wird auf Seite 12 der Klageschrift, hier Blatt 12 Bezug genommen). Auch die weiteren Anträge 1.10 bis 1.13 sind wegen Verfall der Ansprüche unbegründet, da sie alle vor April 2009 fällig geworden waren, die jüngste Forderung betrifft einen Teil des Antrages zu 1.13, die am 1. Februar 2009 fällig geworden war.

118

Der wegen Verfall der Ansprüche unbegründete Teil der Klage und der klägerischen Berufung summiert sich auf 17.060,91 Euro.

3.

119

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten in Höhe der verfallenen Entgeltdifferenzansprüche.

a)

120

Im rechtlichen Ausgangspunkt ist dem Kläger zu folgen. Befindet sich ein Arbeitgeber mit der Aushändigung der nach § 2 NachwG geschuldeten Niederschrift in Verzug, hat er gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB den durch den Verzug adäquat verursachten Schaden zu ersetzen. Deshalb kann ein Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, so gestellt zu werden, als wäre sein Zahlungsanspruch nicht untergegangen, wenn ein solcher Anspruch nur wegen Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers rechtzeitig geltend gemacht worden wäre (inzwischen ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 21. Februar 2012 – 9 AZR 486/10 – AP Nr. 94 zu § 7 BUrlG Abgeltung = DB 2012, 1388; BAG 5. November 2003 – 5 AZR 676/02 – AP Nr. 7 zu § 2 NachwG = NZA 2005, 64).

121

Vorliegend hat der Beklagte zwar seine gesetzliche Nachweispflicht verletzt, da er den Kläger nicht zeitnah in Zusammenhang mit der Einstellung über die beim Beklagten für Gewerkschaftsmitglieder geltenden Haustarifverträge unterrichtet hat. Allerdings folgt daraus kein Schadensersatzanspruch des Klägers, da das Gericht davon ausgehen muss, dass dem Kläger der Haustarifvertrag 1993 in der Fassung des Haustarifvertrages 1996 bekannt war. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 22. Mai 2013 (dort Seite 2, hier Blatt 503) vorgetragen, dass dem Kläger aus Anlass des Abschlusses des Änderungstarifvertrages 2002, mit dem eigenständige Eingruppierungsmerkmale für Mitarbeiter im Rettungsdienst eingeführt wurden, dessen Inhalt und die Folgen für die Eingruppierung des Klägers unter Hinzuziehung des Haustarifvertrages erläutert wurden. Diesen Vortrag hat der Kläger unkommentiert gelassen, so dass er prozessual als zugestanden gilt. In dem klägerischen Schriftsatz vom 26. Juni 2013 (dort Seite 8, hier Blatt 540) bestreitet der Kläger lediglich, dass ihm der Haustarifvertrag 2007 vorgelegt und erläutert wurde. Eigene Ausführungen zu dem Geschehen aus Anlass des Abschlusses Änderungstarifvertrages 2002 macht der Kläger dort und auch an anderer Stelle nicht.

122

Geht man davon aus, kann nicht die notwendige Feststellung getroffen, werden, dass der Kläger seine Ansprüche früher schriftlich oder gerichtlich geltend gemacht hätte, wenn der Beklagte ihn schriftlich davon unterrichtet hätte, dass in seinem Betrieb für Mitglieder der Gewerkschaft ÖTV (später ver.di) und GEW Haustarifverträge gelten. Es fehlt also an der für den Schadensersatz notwendigen Kausalität zwischen der Pflichtvergessenheit des Beklagten und dem Eintritt des Schadens.

b)

123

Die Versagung des Schadensersatzanspruches bei fehlender Kausalität von Pflichtverletzung und Schadenseintritt ist nicht europarechtswidrig.

124

Mit dem Nachweisgesetz hat der deutsche Gesetzgeber 1995 die Europäische Nachweisrichtlinie vom 18. Oktober 1991 (Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen) umgesetzt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mehrfach betont, dass es zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts auch gehört, wirksame Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung der vorgesehenen Regelungen zu schaffen oder zu verhängen (vgl. dazu insbesondere auch Buschmann in der Anmerkung zu EuGH 08.02.2001, AuR 2001, 109, 110). Insbesondere müsse dafür gesorgt werden, dass die europäischen Regelungsvorgaben mit den national in vergleichbaren Fällen üblichen Mitteln im Falle der Nichtbeachtung sanktioniert werden.

125

In diesem Sinne ist die oben zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum (Verzugs-)Schadensersatz des Arbeitgebers bei Verletzung seiner Pflichten aus dem Nachweisgesetz eine ausreichende Sanktion nach nationalem Recht. Sie hat eine ausreichende präventive Steuerungsfunktion, da der Arbeitgeber die Gefahr eines Schadensersatzanspruchs rechtssicher nur mit der Erfüllung der Nachweispflicht vermeiden kann. Im Übrigen ist die Sanktion auch ausreichend stark, denn der zu ersetzende Schaden kann erheblich hoch sein. Jedenfalls hat das Bundesarbeitsgericht damit eine Sanktion für die Verletzung der Nachweispflichten gefunden, die nach deutschem Recht auch in vergleichbaren Fällen, nämlich in allen Fällen des Schuldnerverzuges greift.

c)

126

Eine Schadensersatzpflicht ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 8 TVG.

127

Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber die im Betrieb geltenden Tarifverträge so auszulegen, dass die Arbeitnehmer davon Kenntnis nehmen können. Es braucht nicht aufgeklärt zu werden, ob der Beklagte dieser Pflicht in seinem Betrieb nachgekommen ist. Denn das BAG steht bis heute auf dem Standpunkt, dass es sich bei § 8 TVG um eine reine Ordnungsvorschrift handele, deren Verletzung keine Folgen insbesondere keinen Schadensersatzanspruch nach sich ziehe (vgl. zuletzt noch BAG 21. Februar 2007 – 4 AZR 258/06 – nicht amtlich veröffentlicht). Das Gericht hat in der zitierten Entscheidung unter Hinweis auf Koch (Der fehlende Hinweis auf tarifliche Ausschlussfristen und seine Folgen, in: Festschrift für Günter Schaub, München 1998, S. 421 ff., 437; vgl. aber auch Bunte, Die Auslage von Tarifverträgen, RdA 2009, 21, 30) zwar offen gelassen, ob an dieser Rechtsprechung zukünftig noch festzuhalten sei, es hat sie damit aber noch nicht aufgegeben. Trotz des Gewichts der Argumente für einen Schadensersatzanspruch schließt sich das erkennende Gericht aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch für den vorliegenden Fall an.

II.

128

Soweit die klägerischen Ansprüche nicht verfallen sind, ist die klägerische Berufung überwiegend begründet. Dem Kläger stehen weiteres Entgelt und weitere Sonn- und Feiertagszuschläge für die Monate Mai bis Oktober 2009 zu. Das betrifft aus dem Klageantrag 1.4 einen Betrag in Höhe von 2.741,34 Euro brutto und aus dem Klageantrag zu 9 in Höhe von 39,60 Euro.

1.

129

Der Kläger hat Anspruch weiteres Entgelt in Höhe von 2.741,34 Euro brutto für die Monate Mai bis Oktober 2009. Der Anspruch ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag der Parteien in Verbindung mit den Vergütungsregeln des TVöD (VkA).

a)

130

Die klägerischen Differenzvergütungsansprüche für Mai bis Oktober 2009 lassen sich nicht aus Tarifverträgen ableiten, die im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der klägerischen Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di gelten. Davon gehen auch die Parteien aus, so dass sich das Gericht insoweit kurz fassen kann.

131

Zum Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses im Mai 1996 galt zwischen den Parteien kraft beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar der Haustarifvertrag 1993, der als Anschlusstarifvertrag an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes anzusehen ist. Der BAT-O war also von Anbeginn an mit allen seinen Regelungen und insbesondere mit den ergänzenden Vergütungstarifverträgen im Arbeitsverhältnis der Parteien ohne jede Einschränkung bindend. Davon ließ sich der Beklagte trotz der Versuche, im Arbeitsvertrag davon Abweichendes zu regeln, auch in der betrieblichen Praxis leiten. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte seine Arbeitnehmer zumindest bis Ende 2003 nach dem Tarifwerk des öffentlichen Dienstes behandelt und vergütet hat.

132

Auch der im September 1996 abgeschlossene Haustarifvertrag 1996 ist ein Anschlusstarifvertrag geblieben, die Tarifvertragsparteien haben lediglich einige vergütungsrechtliche Ausnahmen vom BAT-O und den Vergütungstarifverträgen vereinbart (Verzicht auf die Jubiläumszuwendung). Der Haustarifvertrag ist dann aber von der Beklagten jedenfalls gegenüber der Gewerkschaft ver.di zum Ende des Jahres 2003 ordentlich gekündigt worden. Bevor die Kündigung wirksam wurde, ist dann allerdings mit dem Änderungstarifvertrag 2003 zumindest für das Jahr 2004 nochmals eine unmittelbare Tarifgeltung mit dem Charakter eines Anschlusstarifvertrages an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes mit den dort im Einzelnen geregelten Ausnahmen entstanden.

133

Wie sich die weitere Bindung an Tarifverträge entwickelt hat, hängt von der Antwort auf die Frage ab, ob ver.di, die Gewerkschaft des Klägers, auch Partei der seit 2004 von der GEW ausgehandelten Tarifverträge geworden ist. Die Frage braucht hier allerdings nicht abschließend beantwortet zu werden. Der klägerische Anspruch lässt sich in keinem Falle auf einen Tarifvertrag und seine eigene Gewerkschaftsmitgliedschaft stützen.

134

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass ver.di auch Partei der nachfolgenden Tarifverträge geworden ist, ist der Kläger auch an diese unmittelbar gebunden. Das würde dann auch für den Haustarifvertrag 2004 gelten, in dem erstmals die Weitergabe der Tariferhöhungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes für den Bereich des Beklagten unbefristet ausgesetzt wird. Das müsste der Kläger auch gegen sich gelten lassen, da im Verhältnis verschiedener Tarifverträge der jüngere dem älteren Tarifvertrag vorgeht unabhängig davon, ob er günstiger ist oder nicht. Damit würde feststehen, dass der klägerische Anspruch nicht auf tariflicher Ebene gegeben ist, denn der Lohndifferenzanspruch ergibt sich gerade aus den Entgelterhöhungen aus der Zeit nach dem Jahre 2003 im Bereich des öffentlichen Dienstes.

135

Geht man mit dem Kläger davon aus, dass seine Gewerkschaft ver.di nicht mehr an den Tarifverträgen mit dem Beklagten ab dem Jahre 2004 beteiligt ist, ist die Tarifbindung entweder bereits mit Wirksamwerden der Kündigung des Tarifwerkes durch den Beklagten zum Ende des Jahres 2003 weggefallen oder aber durch Ablauf des auf das Jahresende 2004 befristeten Änderungstarifvertrages 2003. Da nachwirkende Tarifnormen nur noch statisch weiter gelten, könnte der Kläger auch in diesem Falle seinen Anspruch nicht auf einen Tarifvertrag und seine Gewerkschaftsmitgliedschaft stützen.

b)

136

Der klägerische Anspruch ergibt sich jedoch aus dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. Mai 1996. Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich, dass sich die Parteien jedenfalls hinsichtlich der Vergütung an die Tarifentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes dynamisch binden wollten. Das ergibt sich für das Gericht schon aufgrund der Entgeltabrede in § 4 des Arbeitsvertrages. Das Gleiche ergibt sich jedoch auch aus § 13 des Arbeitsvertrages und der dort geregelten Bindung an die „Richtlinien für Angestellte und Arbeiter im ASB“.

aa)

137

§ 4 des Arbeitsvertrages muss als das Versprechen einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII des BAT-O in der jeweils geltenden Höhe verstanden werden.

138

Wenn in einem Formulararbeitsvertrag bei den Regelungen zum Gehalt Spalten für die Eintragung von Geldbeträgen vorgesehen sind, diese aber beim Ausfüllen offen gelassen werden und stattdessen – was so im Formular gar nicht vorgesehen ist – dort frei das Wort „BAT-Ost Gemeinden“ und leicht abgesetzt davon die Wendung „VII“ eingesetzt wird, kann das von einem verständigen Leser nur dahin verstanden werden, dass die Parteien keine eigene Vergütungsregelung treffen wollten, sondern dass sie sich hinsichtlich der Vergütung an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes binden wollten. Diese Vereinbarung ist im Zweifel auch dahin zu verstehen, dass sich die vereinbarte Vergütung nach dem jeweiligen Tarifstand des BAT-O richten sollte. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normative Regelungen – hier auf die benannte Vergütungsgruppe des BAT / BAT-O – in der Regel dynamisch zu verstehen sind, und zwar auch dann, wenn – wie hier – nur ein Teil des Tarifvertrages in Bezug genommen worden ist (BAG 13. Februar 2013 – 5 AZR 2/12 – AP Nr. 119 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2013, 2030; BAG 13. November 2002 – 4 AZR 351/01 – BAGE 103, 338 = AP Nr. 24 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2003, 1001; BAG 28. Mai 1987 – 4 AZR 663/95 – AP Nr. 6 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 1997, 2130). Gesichtspunkte, die eine Abweichung von diesem Regelfall rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

139

Der Versuch des Beklagten, die Gehaltsregelung in § 4 des Arbeitsvertrages als eine Vereinbarung zu deuten, mit der nur das seinerzeitige tarifliche Entgelt ohne Dynamik versprochen wurde, vermag das Gericht nicht zu überzeugen.

140

Der Arbeitsvertrag der Parteien unterliegt insgesamt den Auslegungsregeln aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff BGB). Denn nach § 310 Absatz 3 Nr. 2 BGB finden die hier bedeutsamen Regeln der §§ 305 ff BGB auch dann Anwendung, wenn der Vertrag nur zur einmaligen Verwendung aufgesetzt wird, sofern der Verbraucher – auch der Arbeitnehmer ist Verbraucher (BAG 25. Mai 2005 – 5 AZR 572/04 – BAGE 115, 19 = AP Nr. 1 zu § 310 BGB = DB 2005, 2136) – auf Grund der Vorformulierung durch den Arbeitgeber auf den Inhalt des Textes keinen Einfluss nehmen konnte. Das ist hier der Fall. Das Gericht hat im Laufe des Rechtsstreits mehrfach darauf hingewiesen, dass im Arbeitsrecht auch vorformulierte Arbeitsverträge an dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu messen seien (vgl. insbesondere das Teilurteil vom 25. April 2013 in Sachen 1 Sa 230/11, eine Parallelsache zum hiesigen Rechtsstreit) und hat dabei auch auf die Voraussetzungen hingewiesen, die das Gesetz für eine andere Bewertung verlangt. Verwertbarer Sachvortrag liegt dazu nicht vor. Der Arbeitgeber hat vorliegend nicht nur das Arbeitsvertragsformular gestellt, sondern er hat es auch selber ausgefüllt, damit ist das gesamte Dokument als vom Arbeitgeber vorformuliert anzusehen. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger erfolgreich versucht hat, auf den Inhalt dieses Dokuments vor Vertragsabschluss Einfluss zu nehmen.

141

Vor diesem Hintergrund mag es vielleicht plausibel sein, die Entgeltabrede in § 4 des Arbeitsvertrages als eine abgekürzte Schreibweise für das seinerzeit gültige Gehalt, das fix und ohne Dynamik vereinbart werden sollte, anzusehen. Wesentlich näher liegt es jedoch in dem Unterlassen der Festsetzung eines Entgeltes in der seinerzeit gültigen Währung den Hinweis zu sehen, dass man das Entgelt dynamisch vereinbaren wollte. Wollte man beide Auslegungen als denkbar erachten, würde nach § 305c Absatz 2 BGB aber die Regel gelten, dass Zweifel bei der Auslegung des Vertrages zu Lasten des Arbeitgebers gehen.

142

Bei der Auslegung dieses Dokuments muss weiter beachtet werden, dass der Beklage seinerzeit durch den Haustarifvertrag 1993 ohnehin unmittelbar an das gesamte Tarifwerk des öffentlichen Dienstes einschließlich der Vergütungsregelungen gebunden war. Unterstellt man ein vernunftgeleitetes Verhalten auf Seiten des Beklagten, ist keinerlei Grund erkennbar, weshalb er dann im Arbeitsvertrag etwas vereinbaren wollte, was von seinen kollektivrechtlich eingegangenen Verpflichtungen abweichen sollte und was er daher im Zweifel ohnehin nie würde durchsetzen können. – Letztlich spricht auch die betriebliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses für den gerichtlichen Standpunkt. Denn wenn der Beklagte von 1996 bis Ende 2003 das Entgelt des Klägers tatsächlich dynamisch der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst angepasst hat, lässt das auch einen Rückschluss auf sein Verständnis des Arbeitsvertrages im Mai 1996 zu.

b)

143

§ 13 des Arbeitsvertrages führt zu derselben Erkenntnis, so dass das genaue Verhältnis von § 4 zu § 13 des Arbeitsvertrages offen bleiben kann. Durch die Verweisung auf die Richtlinien für Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter im ASB wurden die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen Richtlinien vom 7. Dezember 1991 in den Arbeitsvertrag mit einbezogen. Eine Bezugnahme auf die 1995 erlassenen Landesrichtlinien in Mecklenburg-Vorpommern scheidet aus.

aa)

144

Aus den zwei weiteren Parallelverfahren mit Arbeitnehmern des Beklagten, die vor dem Erlass der Landesrichtlinien 1995 eingestellt wurden, ist dem Gericht bekannt, dass sich die Formulierung in § 13 der Arbeitsverträge nicht verändert hat. Auch beim Kläger ist es bei der Formulierung „mit Ausnahme § 13 Nr. 3“ geblieben, die nur einen Sinn ergibt, wenn man von einen Verweis auf die Bundesrichtlinie ausgeht, da es in der Landesrichtlinie eine entsprechende Norm gar nicht gibt. Es liegt daher zumindest näher, die Regelung als Verweis auf die Bundesrichtlinie zu deuten. Selbst wenn man beide Auslegungsvarianten als ernsthaft in Betracht kommend ansieht, würde vorliegend nach § 305c Absatz 2 BGB wiederum der verbleibende Zweifel zu Lasten des Arbeitgebers gehen.

145

Die arbeitsvertragliche Verweisung auf die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen Richtlinien für Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter im ASB begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Bezugnahmeklauseln – auch dynamische – sind im Arbeitsrecht weit verbreitet, entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Dass bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt das in Bezug genommene Regelungswerk haben wird, ist unerheblich (vgl. BAG 18. November 2009 – 4 AZR 493/08 – AP Nr. 54 zu § 611 BGB Kirchendienst). Dass die Bestimmung des Inhaltes des Arbeitsverhältnisses dadurch teilweise auf Dritte delegiert wird, ist von dem erklärten Willen der Parteien, wie er im eindeutigen Wortlaut des Arbeitsvertrages seinen Niederschlag gefunden hat, umfasst und nicht zu beanstanden (BAG 18. April 2007 – 4 AZR 253/06 – NZA 2007, 1455). Auch der Umstand, dass § 12 der Bundesrichtlinien hinsichtlich der Eingruppierung und der Vergütungshöhe auf die Bestimmungen des öffentlichen Dienstes verweist, ist unproblematisch. Mehrstufige Verweisungen sind im Arbeitsrecht üblich. Auch ein Tarifvertrag, der einzelvertraglich dynamisch in Bezug genommen worden ist, kann seinerseits auf weitere, nicht statische Rechtsquellen verweisen (BAG 18. November 2009 aaO; BAG 21. November 2012 – NZA 2013, 512 – NZA 2013, 512 = DB 2013, 999).

146

Nach § 12 Absatz 1 Satz 2 ASB-Richtlinien Bund 1991 richten sich Vergütung und Löhne nach den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes und nach dem dortigen § 12 Absatz 4 auch dynamisch entsprechend den Tarifveränderungen im öffentlichen Dienst. Daraus ergibt sich, dass der Kläger davon ausgehen konnte, hinsichtlich aller Bestandteile und der Berechnung des Entgelts wie ein Arbeitnehmer, auf den die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung finden, gestellt zu werden.

bb)

147

Der Auffassung des Beklagten, § 13 des Arbeitsvertrages meine die jeweils gültigen Richtlinien unabhängig davon, ob sie vom Bundesverband oder von einer anderen Gliederung des ASB erlassen werden, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsverträge sind so auszulegen, wie sie von einem mit den Besonderheiten des Verkehrskreises vertrauten Dritten objektiv zu verstehen sind. Maßgeblich sind damit der Wortlaut des Vertrages und dessen Verständnis aus der Sicht des Erklärungsempfängers.

148

Der aus dem Tarifvertragsrecht entlehnte Gedanke der Spezialität zur Auflösung von Tarifkonkurrenzen ist hier nicht anwendbar. Er entspricht nicht den erkennbaren Interessen der Parteien des Arbeitsvertrages. Mit der Bindung an die Bundesrichtlinien geht der Arbeitnehmer das Risiko ein, dass in seinem Arbeitsverhältnis zukünftig Regelungen gelten könnten, auf deren Inhalt er keinen Einfluss nehmen kann. Dieses Risiko ist für ihn aber hinnehmbar, da er davon ausgehen kann, dass es in einem Bundesverband so viele unterschiedliche Interessen gibt, dass sich Einzelinteressen einer örtlichen Gliederung oder auch einer Landesgliederung auf Arbeitgeberseite nie ungeschmälert werden durchsetzen können. Der Zwang zum mehrheitsfähigen Kompromiss sichert indirekt auch die Interessen des Arbeitnehmers. Ähnliches gilt für Richtlinien, die Landesverbände oder gar örtliche Gliederungen herausgeben, nicht. Die Aussage, dass der ortsnähere oder auf sonstige Weise speziellere Tarifvertrag besser geeignet ist, die Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu regeln, lässt sich also auf einseitig vom Arbeitgeber erlassenen Richtlinien nicht übertragen.

c)

149

Die arbeitsvertragliche Bindung an die jeweiligen Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes ist nicht durch die weitere Tarifentwicklung im Hause des Beklagten ab Ende des Jahres 2003 verloren gegangen. Diese Feststellung des Gerichts gilt unabhängig davon, ob die klägerische Gewerkschaft ver.di Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist.

aa)

150

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass die Gewerkschaft ver.di auch Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist, gilt die arbeitsvertragliche Bindung an die Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unverändert fort, weil die Parteien nicht eine Bindung an die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge vereinbart haben.

151

Das ergibt sich schon aus dem eigenen Parteivortrag des Beklagten, der ja gerade darauf abzielt, eine Dynamik in der arbeitsvertraglichen Bindung an Tarifverträge insgesamt in Abrede zu stellen. Aber selbst dann, wenn man nicht vordergründig auf den Parteivortrag im Rechtsstreit abstellt, sondern auf die objektiven Umstände, kann den gegebenen arbeitsvertraglichen Regelungen nicht die Aussage entnommen werden, es sollten immer die Tarifverträge gelten, denen der Beklagte unterworfen ist. Denn es fehlen schon die Umstände, die es rechtfertigen würden anzunehmen, der Beklagte habe sich im Arbeitsvertrag aus Mai 1996 wenigstens dazu verpflichtet, den für ihn seinerzeit geltenden Haustarifvertrag 1993 im Arbeitsverhältnis umfassend zur Anwendung bringen zu wollen. Dabei dürfte es nicht entscheidend sein, dass der Haustarifvertrag 1993 dort überhaupt keine Erwähnung gefunden hat. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beklagte versucht hat, im Arbeitsvertrag Regelungen zu verabreden, die in Widerspruch zu dem seinerzeit für ihn über den Haustarifvertrag 1993 geltenden BAT-O stehen. Das betrifft hier das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das ausweislich von § 4 des Arbeitsvertrages nur als „freiwillige, widerrufliche Leistung“ gezahlt werden sollte. Damit hat der Beklagte deutlich gemacht, dass er im Arbeitsverhältnis der Parteien Regelungen zur Anwendung bringen wollte, die er nach dem für ihn seinerzeit geltenden Tarifvertrag gar nicht anwenden konnte. Das steht in einem solch deutlichen Gegensatz zu einer vertraglichen Inbezugnahme der jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge, dass sich das Gericht außer Stande sieht, den Wortlaut der Regelungen unter Rückgriff auf deren Vernünftigkeit außer Acht zu lassen.

152

Auch § 13 des Arbeitsvertrages kann nicht in diesem Sinne gedeutet werden, denn die ASB-Richtlinien Bund 1991 haben eine dynamische Bindung an die Vergütungsregelungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes gerade unabhängig von der eigenen Tarifbindung des Bundesverbandes und unabhängig von der Tarifbindung der einzelnen Gliederungen des Verbandes bewirken wollen.

153

Eine den Wortlaut der Regelungen negierende Auslegung des Vertrages orientiert am Maßstab der Vernunft ist auch nicht unter Einbeziehung der tatsächlichen Handhabung des Arbeitsverhältnisses möglich. Zwar hat der Beklagte im Arbeitsverhältnis der Parteien tatsächlich den BAT-O, wie es seine eigene Tarifbindung an die Haustarifverträge gebietet, bis Ende 2003 zur Anwendung gebracht. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass er die einschränkenden Regelungen aus § 4 des Arbeitsvertrages selber nicht ernst genommen hat. Denn sein tatsächliches Verhalten lässt auch die Deutung zu, dass er lediglich keinen Anlass gesehen hatte, von der Option zum Widerruf einzelner Leistungen aus dem Tarifwerk Gebrauch zu machen.

bb)

154

Geht man mit dem Kläger davon aus, dass die Gewerkschaft ver.di nicht Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Wenn ver.di an den erwähnten Tarifverträgen nicht mehr beteiligt gewesen sein sollte, hat die Tarifbindung des Beklagten an Tarifverträge mit ver.di entweder Ende 2003 wegen der Kündigung oder jedenfalls Ende 2004 wegen der Befristung des Änderungstarifvertrages 2003 auf das Jahresende 2004 geendet. Dieses Ende der Tarifbindung für den Beklagten wirkt sich allerdings im vorliegenden Einzelfall nicht auf die arbeitsvertragliche Bindung der Vergütung an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes aus.

155

aaa)

156

Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hatte der Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers auch Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse, in denen die Tarifverträge nur kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme galten. Das Gericht war in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber mit der Inbezugnahme des ohnehin für ihn kraft Tarifbindung geltenden Tarifwerkes lediglich für eine Gleichstellung aller Arbeitnehmer sorgen wolle, unabhängig davon, ob diese selbst auch kraft Gewerkschaftszugehörigkeit an die Tarifverträge gebunden sind. Daraus ist dann die Folgerung abgeleitet worden, dass derartige Inbezugnahmen unabhängig von ihrem Wortlaut lediglich als bloße Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Verliert der Arbeitgeber seine Tarifbindung, sollte auch die arbeitsvertragliche Bindung an die Tarifverträge enden bzw. wie bei der Nachwirkung im Sinne von § 4 Absatz 5 TVG nur noch ohne Dynamik statisch fortwirken. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht zwar inzwischen in Hinblick auf die seit Januar 2002 geltende Schuldrechtsreform (AGB-Kontrolle der Arbeitsverträge nach §§ 305 ff BGB) für nach Inkrafttreten der Reform abgeschlossene Verträge aufgegeben. Für Bezugnahmeklauseln, die in älteren Arbeitsverträgen verabredet wurden, gilt die alte Gleichstellungsrechtsprechung aber nach wie vor (vgl. grundlegend BAG 14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – BAGE 116, 326 = AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2006, 1322 sowie aus jüngerer Zeit noch BAG 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – BAGE 122, 74 = AP Nr. 53 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2007, 1982).

157

Diese Auslegungsregel zu einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist auch dann anzuwenden, wenn – wie vorliegend – die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an Verbandstarifverträge auf einer dynamischen Verweisung in einem Haustarifvertrag beruht (BAG 11. Dezember 2013 – 4 AZR 473/12 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

158

bbb)

159

Da die Parteien hier ihren Arbeitsvertrag im Jahre 1995 abgeschlossen haben, handelt es sich um einen sogenannten Altvertrag, auf den daher aus Gründen des Vertrauensschutzes noch die alte Gleichstellungsrechtsprechung anzuwenden ist. Gleichwohl folgt daraus vorliegend kein Verlust der dynamischen arbeitsvertraglichen Bindung der Vergütung des Klägers an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes. Denn die arbeitsvertraglichen Abreden der Parteien zur Inbezugnahme von Tarifverträgen können nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung ausgelegt werden.

160

Eine Gleichstellungsabrede liegt vor, wenn der Arbeitgeber sich arbeitsvertraglich verpflichtet, im Arbeitsverhältnis mit seinem Arbeitnehmer die Tarifverträge, denen er kollektivrechtlich unterworfen ist, anzuwenden (BAG aaO). Damit es tatsächlich auch unter Einbeziehung möglicher zukünftiger tariflicher Veränderungen bei dem Gleichklang von Arbeitsvertragsbindung und Tarifvertragsbindung bleibt, ist mit einer Gleichstellungsabrede typischerweise die Aussage verbunden, es sollten zeitdynamisch die jeweiligen Tarifverträge zur Anwendung kommen.

161

Eine solche Aussage lässt sich dem Arbeitsvertrag der Parteien aus dem Jahre 1996 selbst unter Außerachtlassung der im Rahmen der Schuldrechtsreform 2002 eingefügten §§ 305 ff BGB nicht entnehmen.

162

Die Deutung von § 4 oder § 13 des Arbeitsvertrages oder einer Kombination beider Regelungen als Gleichstellungsabrede scheitert schon an dem Parteivortrag des Beklagten im Rechtsstreit, der insgesamt darauf abzielt, diesen Vorschriften jegliche Dynamik abzusprechen. Aber selbst dann, wenn man die Auslegung mehr an den objektiven Umständen und an der praktischen Handhabung des Arbeitsverhältnisses orientiert, sieht sich das Gericht nicht in der Lage, die getroffenen Regelungen als Gleichstellungsabrede zu deuten.

163

Wie oben bereits ausführlich erörtert, ist den Regelungen zwar die Aussage zu entnehmen, dass sich die Vergütung im Arbeitsverhältnis dynamisch entwickeln sollte. Es fehlt aber zum einen an der Koppelung mit den Tarifverträgen, an die der Arbeitgeber gebunden ist, und zum anderen hat der Beklagte im Arbeitsvertrag eben nicht die Geltung des BAT-O in allen seinen Vorschriften vereinbart, sondern dazu noch im einzelnen Vorbehalte gemacht. Auch die praktische Handhabung des Arbeitsverhältnisses unter nahezu voller Anwendung des BAT-O bis Ende 2003 lässt keine Rückschlüsse auf den rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers beim Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger zu, da diese tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses auf Basis des BAT-O bzw. der Haustarifverträge auch Ausfluss der kollektivrechtlichen Bindung des Beklagten sein kann.

d)

164

Die arbeitsvertragliche Bindung an die jeweiligen Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes hat ihre Dynamik nicht durch die Einführung des TVöD und die damit einhergehende fehlende Fortentwicklung des BAT-O verloren. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

165

Der BAT wurde für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt. Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD handelt es sich um eine Tarifsukzession, Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk (BAG 10. November 2010 – 5 AZR 633/09 – ZTR 2011, 150; BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09; BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf die Vergütungsregelungen des BAT-O im Arbeitsvertrag der Parteien zu einer statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird.

166

Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen (BAG aaO).

167

Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die Vergütungsregeln aus dem Tarifwerk des öffentlichen Dienstes ergibt sich der gemeinsame Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugspunkt für die Vergütungsregelung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entspricht (BAG aaO). Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag tatsächlich in Bezug genommenen Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (BAG aaO).

e)

168

Dem Kläger steht Entgelt aus der Entgeltgruppe 6, Erfahrungsstufe 6 des TVöD zu. Denn der Kläger ist inzwischen als Rettungsassistent eingesetzt und nicht mehr als Rettungssanitäter.

aa)

169

Maßgebend sind insoweit die Eingruppierungsmerkmale, die sich der Beklagte mit dem Änderungstarifvertrag 2002 geschaffen hat, die als betriebliches Entgeltschema beim Beklagten nach wie vor zur Anwendung gelangen. Danach werden in die Vergütungsgruppe VIb eingruppiert „Rettungsassistenten nach bestandener Prüfung und entsprechender Tätigkeit“. Der Vergütungsgruppe VIb aus dem Regelwerk des BAT-O entspricht nunmehr die Entgeltgruppe 6 des TVöD.

170

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger seit dem Ablegen seiner Prüfung als Rettungsassistent im Ende Mai 2002. Insbesondere hat der Kläger schlüssig vorgetragen, dass er auch entsprechend seiner Ausbildung überwiegend als Rettungsassistent vom Beklagten eingesetzt werde und das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten ist unerheblich.

171

Der Kläger trägt zum einen vor, dass er zu 90 Prozent seiner Schichten für den Notarztwagen eingeteilt sei und dieser mit Arzt und Rettungsassistent besetzt sei. Daraus ergibt sich ein weit überwiegender Einsatz als Rettungsassistent. Im Weiteren trägt der Kläger vor, seine Wache in Z. sei regelmäßig mit drei Arbeitnehmern besetzt, von denen zwei Rettungsassistenten sein müssten. Selbst wenn man also zu Gunsten des Beklagten unterstellt, dass alle Beschäftigten in allen Rollen in der Rettungswache gleichmäßig verteilt tätig sind, ergibt sich immer noch ein überwiegender Einsatz des Klägers als Rettungsassistent. Für beide Argumentationen beruft sich der Kläger auf die mit der Klageschrift vorgelegten Einsatzpläne. Damit hat der Kläger schlüssig seinen überwiegenden Einsatz als Rettungsassistent dargelegt.

172

Das Bestreiten des Beklagten ist unerheblich. Soweit der Beklagte meint, er könne nicht wissen, wie der Kläger auf der Wache eingesetzt gewesen sei, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den vorgelegten Einsatzplänen. Soweit der Beklagte meint, die Arbeitnehmer hätten untereinander Schichten getauscht, so dass die Einsatzpläne nicht die Realität widerspiegeln würden, ergibt sich daraus kein Argument gegen die Auswertung der Einsatzpläne, denn es kann davon ausgegangen werden, dass sich über die Zeit gesehen, die durch Tausch von Diensten entstanden Abweichungen vom Plan aufheben. Nicht bestritten ist zudem der Vortrag, dass in der klägerischen Rettungswache in Z. regelmäßig drei Mitarbeiter pro Schicht tätig seien, von denen immer zwei als Rettungsassistenten eingesetzt seien. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Anzahl der getauschten Schichten so hoch ist, dass sich beim Kläger daraus eine unterhälftige Beschäftigung als Rettungsassistent ergeben könnte.

bb)

173

Ein anderes Bild ergibt sich auch dann nicht, wenn man zu Gunsten des Beklagten davon ausgeht, dass die Eingruppierungsmerkmale aus dem BAT-O in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zur Anwendung kommen. Darauf hat der Kläger zutreffend hingewiesen, denn im hier streitigen Zeitraum Mai bis Oktober 2009 wäre der Kläger auch nach den Regeln des BAT-O bereits der Vergütungsgruppe VIb bzw. der Entgeltgruppe 6 zuzuordnen gewesen. Davon muss im Übrigen auch der Beklagte ausgegangen sein, denn in der Stellenbeschreibung zu dem Arbeitsplatz des Klägers wird dieser jedenfalls seit 2007 als Rettungsassistent geführt.

f)

174

Legt man die Vergütungsregeln des TVöD zu Grunde, stehen dem Kläger für die Monate Mai bis Oktober 2009 weitere 2.741,34 Euro brutto zu. Die Höhe des dem Kläger nach den Regeln des TVöD zustehenden Entgelts (ständige Entgeltbestandteile) ist – wenn man eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 des TVöD zu Grunde legt - nicht in Streit. Der Kläger hatte 2009 einen Entgeltanspruch (ständige Entgeltbestandteile) nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 in Höhe von 2.474,80 Euro brutto. Davon geht auch der Kläger ausweislich seiner Zusammenstellung (Anlage K 2 zur Klageschrift, hier Blatt 20 f) aus. Tatsächlich bezogen hat er in diesen Monaten ein Gehalt in Höhe von 2.084,72 Euro brutto (vgl. die vom Kläger vorgelegten Gehaltsabrechnungen für diesen Zeitraum, hier Blatt 64 ff). Zu der sich danach ergebenden Differenz in Höhe von 390 Euro sind hinzuzurechnen monatliche 54,89 Euro Überleitungsdifferenz im Sinne von § 6 TVÜ-VkA, die der Beklagte nicht geleistet hat. Hinzuzurechnen ist außerdem die Differenz zwischen der bezahlten Wechselschichtzulage in Höhe von monatlich 93 Euro und der tariflichen Wechselschichtzulage in Höhe von 105 Euro, also weitere 12 Euro monatlich. Insgesamt ergibt sich somit monatlich eine Vergütungsdifferenz in Höhe von 456,89 Euro, bezogen auf die streitigen 6 Monate in Höhe von 2.741,34 Euro brutto.

175

Soweit der Kläger pro Monat 549,97 Euro Vergütungsdifferenz beansprucht (Klageschrift Seite 7, hier Blatt 7) hat er übersehen, dass der Beklagte tatsächlich eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 93 Euro vergütet hat, die der Kläger hier wohl außer Acht gelassen hat. In Höhe von 6 mal 93 Euro entsprechend 558 Euro brutto ist die Berufung daher in diesem Punkt nicht begründet.

g)

176

Soweit die Berufung in diesem Punkt (Anteile aus dem Klageantrag zu 1.4) begründet ist, ist auch die Zinsforderung berechtigt, denn der Kläger macht lediglich den gesetzlichen Verzugszins nach § 288 BGB geltend. Auch der Zeitpunkt des Zinsbeginns ist zutreffend gewählt. Insoweit hat der Kläger seinen Antrag im Rahmen der Berufungsbegründung korrigiert und fordert nunmehr Zinsen erst ab Rechtshängigkeit. Rechtshängigkeit ist mit Klageeinreichung am 4. November 2009 entstanden, zu diesem Zeitpunkt war auch bereits die Entgeltdifferenz für den Vormonat Oktober fällig, so dass das Gericht insgesamt wie verlangt die Zinsen ab dem 4. November 2009 zugesprochen hat.

h)

177

Der Anspruch ist nicht wegen des Eingreifens der 3-monatigen Ausschlussfrist aus § 30 Haustarifvertrag 2007 untergegangen, denn der Kläger ist nicht an diesen Tarifvertrag gebunden.

178

Da es an einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme dieses Tarifvertrages mangelt, könnte der Haustarifvertrag 2007 im Arbeitsverhältnis der Parteien nur kraft Tarifbindung gelten. Das würde aber voraussetzen, dass es sich um einen Tarifvertrag handelt, bei dem die Gewerkschaft ver.di Partei des Tarifvertrages geworden ist. Das ist vorliegend nicht der Fall.

179

Da der Haustarifvertrag 2007 nicht von einem nach der Satzung der Gewerkschaft ver.di vertretungsbefugten Organ unterzeichnet wurde, könnte ver.di nur dann Partei des Tarifvertrages geworden sein, wenn diese Gewerkschaft der Gewerkschaft GEW eine Vollmacht zum Abschluss des streitigen Tarifvertrages gegeben hätte. Davon kann nicht ausgegangen werden.

180

Ver.di hat für den Abschluss des Haustarifvertrages 2007 keine ausdrückliche Vollmacht erteilt. Das ist zwischen den Parteien unter Einschluss der Streithelferin unstreitig und braucht daher nicht weiter vertieft zu werden. Bezogen auf den Haustarifvertrag 2007 kann aber auch nicht von einer konkludenten Vollmachtserteilung seitens ver.di ausgegangen werden. Weder die Streithelferin noch der Beklagte hat ein Ereignis geschildert, aus dem man die Schlussfolgerung ziehen könnte, damit wollte ver.di für den Tarifvertrag 2007 eine Abschlussvollmacht erteilen.

181

Es ist insoweit noch nicht einmal vorgetragen, dass ver.di überhaupt bekannt war, dass der Beklagte mit der GEW 2007 über den Abschluss eines völlig eigenständigen vom öffentlichen Dienst entkoppelten Haustarifvertrages verhandelt hat. Vorgetragen ist insoweit lediglich, dass sich für die Verhandlungen 2007 im Betrieb des Beklagten wiederum eine Tarifkommission gebildet hat, bestehend aus Mitgliedern der GEW und Mitgliedern von ver.di. Aus dem Umstand, dass sich beim Beklagten eine gemischtgewerkschaftliche Tarifkommission gebildet hat, kann aber nicht geschlossen werden, dass die für die Tarifpolitik zuständigen Organe der Gewerkschaft ver.di Kenntnis von den Aktivitäten ihrer Mitglieder bekommen haben. Da es schon am Vortrag zur Kenntnis der Gewerkschaft von den Tarifverhandlungen fehlt, kann die Folgefrage, ob man aus der fehlenden Unterbindung des Tätigwerdens ihrer Mitglieder in einer gemischtgewerkschaftlichen betrieblichen Tarifkommission auf die Billigung dieses Vorgehens schließen kann, offen bleiben.

182

Auf eine konkludente Vollmachtserteilung kann auch nicht aus den Ereignissen im Jahre 2004 geschlossen werden, als es zu dem Wechsel der Tarifführerschaft von ver.di auf die Gewerkschaft GEW gekommen war. Es spricht zwar viel dafür, dass man aus dem lautlosen Rückzug von ver.di und dem gleichzeitigen erstmaligem Auftreten von Funktionären der GEW beim Beklagten den Schluss ziehen kann, dass der Wechsel der Verhandlungsführerschaft auf ein abgestimmtes Verhalten der beiden Gewerkschaften zurückgeht. Daraus mag man auch folgern, dass die Gewerkschaft GEW bevollmächtigt war, den Haustarifvertrag 2004 auch im Namen von ver.di abzuschließen. Es gibt aber keine Grundlage für die Annahme, ver.di hätte 2004 über die konkrete Tarifrunde hinaus für alle Zeit der GEW eine Vollmacht erteilt, weitere Tarifverträge mit dem Beklagten abzuschließen. Die Vorstellung, eine Gewerkschaft würde einer anderen Gewerkschaft eine unbefristete und auch inhaltlich nicht weiter bestimmte Vollmacht für eine unbekannte Anzahl späterer Tarifverträge erteilen, ist so ungewöhnlich, dass es dafür konkreter Anhaltspunkte im Einzelfall bedürfte, die hier nicht vorliegen.

183

Es gibt auch keine rechtlich tragfähigen Gesichtspunkte die es rechtfertigen, ver.di und seine Mitglieder so zu behandeln, als hätte die Gewerkschaft Vollmacht erteilt. Weder die Voraussetzungen einer Duldungs- noch die einer Anscheinsvollmacht sind gegeben.

184

Von einer Duldungsvollmacht spricht man, wenn der Vollmachtgeber (hier die Gewerkschaft ver.di) weiß, dass andere in seinem Namen auftreten und Geschäfte abschließen, und dies nicht unterbindet. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Insoweit fehlt es schon an Vortrag des Beklagten oder der Streithelferin, dass man gegenüber der Gewerkschaft ver.di Rechenschaft über die in Vollmacht abgeschlossenen Tarifverträge abgelegt hat. Es sind auch sonst keine Ereignisse geschildert, die den Schluss zulassen, dass die für die Tarifpolitik bei ver.di zuständigen Organe Kenntnis von den Haustarifverträgen beim Beklagten erlangt haben. Die Kenntnis der ver.di-Mitglieder in der betrieblichen Tarifkommission kann ver.di nicht zugerechnet werden, da nicht ersichtlich ist, dass diese Tarifkommission oder jedenfalls ihre ver.di-Mitglieder von der Gewerkschaft in irgendeiner Weise zur Verhandlung und zum Abschluss der Haustarifverträge autorisiert worden sind.

185

Von einer Anscheinsvollmacht spricht man, wenn dem Publikum gegenüber der Eindruck entsteht, der Vollmachtgeber wisse und dulde, dass andere in seinem Namen Geschäfte abschließen. Durch die Rechtsfigur der Anscheinsvollmacht soll das redliche Vertrauen der Geschäftspartner geschützt werden, wenn es erdrückende Anzeichen dafür gibt, dass der Vollmachtgeber Kenntnis von den getätigten Geschäftsabschlüssen hat, diese sich jedoch nicht nachweisen lässt. Es kann dahinstehen, ob man diese Rechtsfigur überhaupt anerkennen kann, denn jedenfalls gibt es hier weder auf Seiten der Streithelferin noch auf Seiten des Beklagten ein redliches schützenswertes Vertrauen in die Kenntnis vom und die Billigung des Tarifgeschehens beim Beklagten durch die Gewerkschaft ver.di. Die Streithelferin und der Beklagte haben darauf vertraut, dass man aus dem Geschehen 2004 aus Anlass des Wechsels der Tarifführerschaft von der einen auf die andere Gewerkschaft nicht nur auf eine Vollmacht sondern auf eine dauerhafte Generalvollmacht für die GEW schließen könne. Wie oben bereits betont, gibt es aber keine ausreichenden Indizien dafür, dass die Gewerkschaft ver.di der Gewerkschaft GEW seinerzeit eine auf Dauer angelegt Generalvollmacht erteilt haben könnte. Daher ist das Vertrauen der genannten Personen nicht schutzbedürftig.

i)

186

Der weitere klägerische Entgeltanspruch ist auch nicht im Wege der Aufrechnung untergegangen, denn dem Beklagten stehen gegen den Kläger keine Ansprüche zu, mit denen die Aufrechnung erklärt werden könnte.

187

Der Beklagte hat erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 12. Januar 2010 Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklärt und hat diese Erklärung im Rahmen der Berufungsbegründung wiederholt. Der Beklagte meint, er hätte gegen den Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der unständigen Bestandteile des Entgelts, da die Parteien in § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrages auf die Regelung der unständigen Entgeltbestandteile verzichtet hätten.

188

Die Aufrechnung greift nicht, da hinsichtlich der unständigen Entgeltbestandteile keine Überzahlung bzw. Zahlung ohne Rechtsgrund vorliegt. Wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, hat der Kläger einen einzelvertraglich begründeten Anspruch auf Vergütung nach den Regeln des TVöD, was sich sowohl aus § 13 als auch aus § 4 des Arbeitsvertrages ableiten lässt. Danach hat der Kläger auch Anspruch auf die unständigen Entgeltbestanteile, sofern er an Sonn- oder Feiertagen oder nachts gearbeitet hat. Aus dem nicht vollständigen Ausfüllen des Arbeitsvertragsformulars kann keine gegenteilige Folgerung gezogen werden, vermutlich war es den Vertragsparteien lediglich zu lästig, die ohnehin geltenden Einzelheiten zu ermitteln und in das Formular einzutragen. Jede andere Deutung wäre lebensfremd. Die Deutung des Gerichts stimmt mit der gelebten Vertragspraxis bis in die heutige Zeit überein und sie wird zusätzlich dadurch gestützt, dass der Beklagte 1996 bei Vertragsabschluss ohnehin durch den Haustarifvertrag 1993 gänzlich an die Regeln des BAT-O kollektivrechtlich gebunden war.

2.

189

Dem Kläger steht im Weiteren ein Betrag in Höhe von 39,60 aus dem Klageantrag zu 1.9 (Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit 2009) zu. Der Betrag ergibt sich aus den Zuschlagsdifferenzen für die Monate Mai bis August 2009, die der Kläger aus Seite 12 seiner Klageschrift (hier Blatt 12) im Einzelnen aufgelistet hat (4 x 9,90 Euro).

190

Dem Grunde nach stehen dem Kläger aufgrund der arbeitsvertraglichen Bindung an die Vergütungsentwicklung im öffentlichen Dienst die Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit zu. Dazu kann auf die obigen Ausführungen zur Aufrechnungserklärung des Beklagten verweisen werden.

191

Zur Höhe der für die hier zugesprochenen Monate geltend gemachten Differenzen hat der Beklagte nicht Stellung genommen; das Gericht sieht daher keinen Anlass, die Zusammensetzung dieses Klagebetrages einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.

192

Zinsen in Höhe der geltend gemachten Verzugszinsen nach § 288 BGB können dem Kläger allerdings nur ab jeweiliger Fälligkeit der Teilbeträge zuerkannt werden und nicht wie beantragt ab dem 16. März 2009. Die Fälligkeit ist jeweils zum Beginn des Folgemonats eingetreten. Aus Gründen der Prozessökonomie hat das Gericht statt dessen das mittlere Zinsdatum geschätzt und daher Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Juli 2009 zugesprochen.

B.

193

Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen. Die Widerklage ist nicht begründet. Der Kläger ist nicht Kraft seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di an den Haustarifvertrag 2007 gebunden. Wegen der Einzelheiten kann auf die obigen Ausführungen verweisen werden.

C.

194

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

195

Der Kläger hat 70 von 100 der Kosten des Rechtsstreits (Gericht und Parteien) zu tragen, da er im Umfang von 17.618,91 Euro unterlegen ist, während er nur im Umfang von 7.780,94 Euro obsiegt hat. Der Beklagte hat dementsprechend den übrigen Anteil der Kosten (Gericht und Parteien) zu tragen.

196

Der Anteil des Unterliegens des Klägers im Berufungsrechtszug summiert sich auf einen Wert in Höhe von 17.618,91 Euro. Dieser Wert setzt sich aus dem Wert der wegen Verfalls der Ansprüche abgewiesenen Klageanträge (17.060,91 Euro) zuzüglich der 558,00 Euro wegen der Berechnungsfehler bei der Höhe der zugesprochenen Klageforderung aus dem Antrag zu 1.4. Der Anteil des Unterliegens des Beklagten summiert sich im Berufungsrechtszug auf 7.780,94 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 2.780,94 Euro wegen des Teilerfolges der klägerischen Berufung. Hinzuzurechnen ist nach § 97 ZPO der Wert der erfolglosen Berufung des Beklagten wegen seiner Widerklage. Mangels Anhaltspunkten für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes dieses Antrages, wird dieser Teil des Rechtsstreits nach dem Rechtsgedanken aus § 23 Absatz 3 RVG bei der Kostenverteilung mit einem Ansatz in Höhe von 5.000 Euro berücksichtigt (1 voller Auffangwert).

197

Die Entscheidung bezüglich der Kosten der Streithelferin beruht auf § 101 ZPO; Kosten im Verhältnis zwischen der Streithelferin und der Hauptpartei werden nicht festgesetzt, da zwischen diesen Beteiligten kein Rechtsstreit besteht.

198

Die Revision kann nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Zulassung nach § 72 Absatz 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

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Tarifvertragsgesetz - TVG | § 8 Bekanntgabe des Tarifvertrags


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Referenzen - Urteile

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 228/11 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 228/11 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Aug. 2014 - 5 Sa 230/11

bei uns veröffentlicht am 29.08.2014

Tenor 1. Die klägerische Berufung wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Klageantrages zu 1.15 richtet, als unzulässig verworfen. 2. Auf die Berufung des Klägers und unter teilweiser Abänderung des klagabweisenden Urteils des Arbeitsgeri

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Dez. 2013 - 4 AZR 473/12

bei uns veröffentlicht am 11.12.2013

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2012 - 4 Sa 12/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Feb. 2013 - 5 AZR 2/12

bei uns veröffentlicht am 13.02.2013

Tenor I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Feb. 2012 - 9 AZR 486/10

bei uns veröffentlicht am 21.02.2012

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 24. Juni 2010 - 4 Sa 1029/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Nov. 2010 - 5 AZR 633/09

bei uns veröffentlicht am 10.11.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 87/08 - aufgehoben, soweit es über

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Juni 2010 - 5 AZR 122/09

bei uns veröffentlicht am 09.06.2010

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. August 2008 - 3 Sa 1798/07 - wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 228/11.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Mai 2016 - 2 Sa 386/15

bei uns veröffentlicht am 10.05.2016

Tenor 1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten um restliche Entgeltansprüche des Arbeitnehmers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis. 2 Der Kläge

Referenzen

Tenor

1. Die klägerische Berufung wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Klageantrages zu 1.15 richtet, als unzulässig verworfen.

2. Auf die Berufung des Klägers und unter teilweiser Abänderung des klagabweisenden Urteils des Arbeitsgericht Schwerin vom 13. Juli 2011 (55 Ca 153/10) bezüglich des Klageantrages zu 1.7 wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 75,56 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. August 2009 zu zahlen.

3. Im Übrigen werden die weitergehende klägerische Berufung und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt – unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Kostenentscheidung – der Kläger zu drei von vier Anteilen und im Übrigen der Beklagte.

Der Kläger trägt außerdem drei von vier Anteilen der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Streithelferin, den weiteren Anteil an diesen Kosten hat sie selbst zu tragen.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten mit wechselseitigen Anträgen um die vertragsgemäße bzw. tarifgerechte Vergütung des Klägers sowie um die Entstehung und Auszahlung von Überstunden.

2

Der Beklagte – verfasst in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins – betreibt in seinem regionalen Zuständigkeitsgebiet A-Stadt und Nordwest-Mecklenburg unter anderem Kindereinrichtungen und beteiligt sich im Auftrag des Landkreises am Rettungsdienst. Der Beklagte ist die örtliche Gliederung des Verbandes, zu dem es entsprechende eigenständige Landesverbände und einen eigenständigen Bundesverband gibt. Dieser ist Mitglied im Dachverband „Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V.“ mit Sitz in B.. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht waren beim Beklagten insgesamt etwa 160 Arbeitnehmer beschäftigt, wovon etwas weniger als 15 Arbeitnehmer wie der Kläger im Rettungsdienst eingesetzt sind. Von den im Rettungsdienst eingesetzten Arbeitnehmern führen neben dem Kläger vier weitere vergleichbare Rechtsstreitigkeiten gegen den Beklagten.

3

Der Kläger ist bei dem Beklagten seit Anfang Juli 1995 auf der Grundlage des zunächst befristeten Arbeitsvertrages vom 7. Juli 1995 als Rettungsassistent mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden tätig (Kopie als Anlage B 8 überreicht, hier Blatt 123 ff). Seit Oktober 1995 ist der Kläger unbefristet beschäftigt, was die Parteien durch den Neuabschluss eines Arbeitsvertrages besiegelt haben (Vertrag vom 2. Oktober 1995, Kopie als Anlage K 4 und als Anlage B 9 überreicht, hier Blatt 116 ff und 125 ff).

4

Zur Vergütung heißt es in dem Formular-Vertrag vom 2. Oktober 1995 (vgl. Blatt 125 der Akten):

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5

In dem Ausgangsvertrag vom 7. Juli 1995 (Blatt 123) findet sich eine identisch aufgebaute Regelung zum Gehalt, allerdings ist dort in der Spalte für das Entgelt in der ersten Zeile („Das monatlich zu zahlende Gehalt beträgt brutto“) der Betrag „DM 2.893,05“ eingetragen.

6

In beiden Fassungen des obengenannten Formular-Arbeitsvertrages findet sich eine Klausel mit nachfolgendem Wortlaut (hier Blatt 123 f und 125 f):

7

"§ 13 Verschiedenes

8

Richtlinien für Angestellte und Arbeiter im ASB mit Ausnahme § 13 Nr. 3 sind Bestandteil des Vertrages."

9

Richtlinien für Arbeitnehmer bei dem Verband, dem der Beklagte angehört, hat lange Zeit in erster Linie der Bundesverband erlassen. In den Richtlinien in der im Dezember 1991 geltenden Fassung (ASB-Richtlinien Bund 1991 – Kopie als Anlage B 11 überreicht, hier Blatt 143 ff) heißt es zur Vergütung in § 12 auszugsweise wörtlich:

10

„(1) Der Mitarbeiter wird nach den Tätigkeitsmerkmalen in die Vergütungs- oder Lohngruppe eingereiht, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht. Bestandteile, Berechnungshinweise und Höhe der Vergütungen und Löhne ergeben sich aus den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes.

(2) . . .

(3) . . .

11

(4) Ändern sich die Vergütungen und Löhne der Angestellten im Öffentlichen Dienst, so ändern sich die Bezüge entsprechend.

12

(5) . . .“

13

Im November 1995 also kurz nach Begründung des Arbeitsverhältnisses der Parteien hat allerdings auch der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, dem der Beklagte angehört, eigene „Rahmenrichtlinien für Arbeitsbedingungen“ für Arbeitnehmer erlassen (hier als ASB-Richtlinie MV 1995 bezeichnet, Kopie hier Blatt 429 ff). In der Richtlinie heißt es auszugsweise wörtlich:

14

„§ 12 Vergütung, Sonderzuwendung

15

(1) Der Mitarbeiter wird nach Tätigkeitsmerkmalen in eine Vergütungsgruppe oder Lohngruppe eingereiht, die der überwiegend ausgeübten Tätigkeit entspricht.

16

(2) Haben Gliederungen Tarifverträge/Haustarifverträge mit den Gewerkschaften abgeschlossen, richten sich die Bestandteile, Berechnungsweise und Höhe der Vergütungen und Löhne nach dieser Maßgabe. In allen anderen Fällen lehnen sich die Gliederungen an den Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) unter Berücksichtigung der Absatz (3) u. ff an.

17

(3) Dynamisierungen der Vergütungen und Löhne, sowie Sonderzuwendungen (Urlaubsgeld, 13, Gehalt/Lohn, Weihnachtsgratifikation u.a.m.) sind abhängig von der Haushaltslage der Gliederungen und bei pflegesatzrelevanten Einrichtungen von der Maßgabe der Kostenträge bzw. Pflegesatzkommissionen.“

18

(4) …“

19

Während der Anhängigkeit des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug haben der Kläger und der Beklagte unter dem 30. Juni 2014 einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen, der auszugsweise wörtlich wie folgt lautet (Kopie hier Blatt 600):

20

„1. …

21

3. Es gelten für das Arbeitsverhältnis die vereinbarten AVB (Arbeitsvertragsbedingungen) - Rettungsdienst des C.es KV A-Stadt/NWM e.V. vom 27.05.2014 mit Wirksamkeit vom 01.01.2014.

22

4. Dieser Vertrag ersetzt alle bisher gültigen arbeitsvertraglichen Regelungen und tritt mit dem 01.01.2014 an deren Stelle.

23

5. …“

24

Die in dem neuen Arbeitsvertrag erwähnten örtlichen Arbeitsvertragsbedingungen wurden vom Beklagten erstmals Ende Mai 2014 erlassen (Kopie hier Blatt 601 ff). Sie sehen derzeit in § 13 AVB eine Vergütung nach den Vergütungstabellen des TVöD (VkA) vor und sie entsprechen damit – ihren Fortbestand unterstellt – für die Zeit ab Januar 2014 dem Klageziel des Klägers mit seinem Feststellungsantrag 1.14.

25

Für die Vergütung im Arbeitsverhältnis der Parteien spielen auch Tarifverträge eine Rolle. Der Kläger war zumindest seit Begründung des Arbeitsverhältnisses der Parteien Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und er hat sich nach der Gründung der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dieser angeschlossen und ist noch heute Mitglied dieser Gewerkschaft.

26

Am 5. August 1993, also schon vor Begründung des Arbeitsverhältnisses der Parteien, wurde zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ÖTV, Kreisverwaltung A-Stadt/G., ein Haustarifvertrag abgeschlossen (Kopie als Anlage B 1 überreicht, hier Blatt 75 – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 1993 bezeichnet), der folgendes regelt:

27

㤠2

28

Die Tarifparteien vereinbaren den Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) sowie die manteltariflichen Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe — Ost (BMT-G-O) und die diese Tarifverträge ergänzenden und verändernden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung für die im § 1 genannten Beschäftigten.“

29

Einen weiteren Haustarifvertrag schlossen dieselben Tarifvertragsparteien am 5. September 1996 mit Wirkung ab 1. Januar 1996 ab (Kopie als Anlage B 2 überreicht, hier Blatt 76 f – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 1996 bezeichnet). Im Kopf des Tarifvertrages steht unter der Bezeichnung der Gewerkschaft der Zusatz „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“. § 2 des Haustarifvertrages 1996 hat folgenden Wortlaut:

30

„§ 2 Anwendung von Tarifverträgen

31

Die Tarifvertragsparteien vereinbaren

32

1) den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) in der jeweils gültigen Fassung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die Angestellten mit Ausnahme des § 39 (Jubiläumszuwendungen)

33

und

34

2) den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts — Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter Gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe — (BMT-G-O) in der jeweils gültigen Fassung für die Arbeiter mit Ausnahme des § 37 (Jubiläumszuwendungen) und die diese Tarifverträge ergänzenden und verändernden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung mit Ausnahme der Tarifverträge über Vermögenswirksame Leistungen.“

35

Am 19. Juni 2002 hat die Gewerkschaft ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern, „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“ mit dem Beklagten einen weiteren Tarifvertrag abgeschlossen unter der Überschrift „Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Haustarifvertrag“ (in Kopie als Anlage B 3 überreicht, hier Blatt 78 f – hier im Weiteren als Änderungstarifvertrag 2002 bezeichnet). In dem Tarifvertrag werden „abweichend von den Tätigkeitsmerkmalen für Rettungsassistenten und Rettungssanitäter der Anlage 1a zum BAT“ eigenständige Eingruppierungsregelungen für diese Berufsgruppe getroffen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen.

36

Mit Schreiben an die Gewerkschaft ver.di, Bezirk B-Stadt, vom 22. September 2003 hat der Beklagte „den Haustarifvertrag zwischen dem ASB KV A-Stadt/NWM e.V. und der Gewerkschaft ver.di, zugleich handelnd für die GEW, vom 05.09.1996 fristgemäß zum 31.12.2003“ gekündigt (Kopie als Anlage B 5 überreicht, hier Blatt 82).

37

Im Anschluss vereinbarten der Beklagte und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern, „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“, am 29. Dezember 2003 den „Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum Haustarifvertrag“ (Kopie als Anlage B4 überreicht, hier Blatt 80 f – hier im Weiteren als Änderungstarifvertrag 2003 bezeichnet). Dieser Tarifvertrag hat eine Laufzeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004. Der Tarifvertrag lautet auszugsweise wörtlich:

"§ 2

38

Gegenstand des Vertrages

39

1. Die Parteien stimmen darin überein, dass die Tariferhöhungen zum 1. Januar und zum 1. April 2004 sowie die für November 2004 vereinbarte Einmalzahlung von 46,25 Euro ebenso wie die Erhöhung des Bemessungssatzes für die Einkommen Ost zum 1. Januar 2004 auf 92,5% nicht gezahlt werden.

40

2. Das Aussetzen der Tariferhöhungen wird für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 vereinbart.

41

3. Während der Laufzeit des Tarifvertrages verpflichtet sich der C., Kreisverband A-Stadt/Nordwestmecklenburg e. V. auf die Ausgliederung von Leistungen und auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu verzichten.

42

4. Sollte sich während der Laufzeit des Tarifvertrages für den ASB eine wirtschaftlich bedrohliche Situation herausstellen, so nehmen die Parteien unverzüglich Verhandlungen auf. Dabei geht es um die Absenkung von Einkommensbestandteilen im notwendigen Maß. Die wirtschaftlich bedrohliche Situation muss gegenüber der Gewerkschaft nachgewiesen werden.

43

5. Die Parteien vereinbaren den Ausschluss der Nachwirkung nach Tarifvertragsgesetz § 4."

44

Weitere Tarifverträge, die aus Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di hervorgegangen sind, gibt es nicht. Zum Ende der Laufzeit des zuletzt erwähnten Änderungstarifvertrages 2003 kam es allerdings zum Abschluss eines Tarifvertrages zwischen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft e.V.“, und dem Beklagten mit der Überschrift „Haustarifvertrag“ (Kopie als Anlage B 6 überreicht, hier Blatt 83 ff – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 2004 bezeichnet). Nach § 3 dieses Tarifvertrages tritt er am 1. Januar 2005 in Kraft. Der Tarifvertrag lautet auszugsweise wörtlich:

45

㤠2

46

Gegenstand des Vertrages

47

1. Die Tarifvertragsparteien vereinbaren, dass die manteltariflichen Vorschriften (BAT-O) auf dem Stand vom 31. Dezember 2003 für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die Angestellten verbleiben. Der § 39 (Jubiläumszuwendungen) findet keine Anwendung

48

und

49

2. die manteltariflichen Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) auf dem Stand vom 31. Dezember 2003 für die Arbeiter verbleiben. Der § 37 (Jubiläumszuwendungen) findet keine Anwendung.

50

3. Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass Tariferhöhungen, die nach dem 31. Dezember 2003 wirksam geworden sind, während der Laufzeit des Tarifvertrages nicht gezahlt werden. Dies gilt auch für den Bemessungssatz für die Einkommen Ost.

51

4. Während der Laufzeit des Tarifvertrages verpflichtet sich der C., Kreisverband A-Stadt/Nordwestmecklenburg e. V. den Rechtsstatus eingetragener Verein beizubehalten.

52

5. Sollte sich während der Laufzeit des Tarifvertrages für den ASB eine wirtschaftlich bedrohliche Situation herausstellen, so nehmen die Tarifparteien unverzüglich Verhandlungen auf. Dabei geht es um die Absenkung von Einkommensbestandteilen im notwendigen Maß. Die wirtschaftlich bedrohliche Situation muss gegenüber der Gewerkschaft nachgewiesen werden.

53

6. Die Tarifparteien vereinbaren, dass über die Höhe der Zuwendungen für Urlaub und Weihnachten für das laufende Jahr jeweils im April beziehungsweise im September ein gesonderter Vertrag geschlossen wird.

54

7. Die Tarifvertragsparteien vereinbaren den Ausschluss der Nachwirkung nach Tarifvertragsgesetz § 4.“

55

Schließlich hat der Beklagte mit der Gewerkschaft GEW, „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft e.V. – ver.di“ am 2. November 2006 eine „Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern“ abgeschlossen, nach der die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer, die nach dem 31. Dezember 2006 beim Beklagten eingestellt werden, durch ein eigenes Tarifwerk neu gestaltet werden sollen (Kopie als Anlage B 7 überreicht, hier Blatt 85 f – hier im Weiteren als Tarifliche Vereinbarung 2006 bezeichnet). In der Vereinbarung hießt es auszugsweise wörtlich:

56

„1. Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Beschäftigten, die … am 31.12.2006 bereits beim ASB tätig sind, ihren Bruttostundenlohn bzw. Bruttogehalt entsprechend dem BAT-O bzw. BMT-G-O Stand 31. Dezember 2003 behalten.

57

Dabei werden die Grundvergütung der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage zukünftig als Grundgehalt als eine Summe ausgewiesen. Kindergeldbestandteile des Gehaltes werden als Besitzstand ausgewiesen, solange Kindergeld bezogen wird. Urlaubsansprüche und Kündigungsfristen bleiben unberührt.

58

2. …“

59

Entsprechend dem Plan aus der Tariflichen Vereinbarung 2006 haben der Beklagte und die GEW „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft“ am 4. Oktober 2007 einen weiteren „Haustarifvertrag“ abgeschlossen, in dem erstmals ganz im Sinne eines Manteltarifvertrages ein breit gefächertes Spektrum an Regelungsthemen tarifiert wurde. Erstmals gibt es hier auch eigenständige Entgelttabellen mit Vergütungen unterhalb der Entgelte im TVöD, eigenständige Eingruppierungsvorschriften und ergänzende Regelungen zum Vorgang der Eingruppierung (Kopie als Anlage B 10 überreicht, hier Blatt 127 ff – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 2007 bezeichnet). Bezogen auf den Kläger und die anderen schon länger eingestellten Arbeitnehmer heißt es in § 28 Haustarifvertrag 2007 sinngemäß, dass in Einzelarbeitsverträgen vereinbarte günstigere Vergütungsbedingungen dem Tarifvertrag vorgehen. § 30 dieses Haustarifvertrages lautet wörtlich:

60

㤠30

61

Ausschlussfrist

62

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind von dem Mitarbeiter spätestens drei Monate nach Fälligkeit dem andern Vertragspartner gegenüber schriftlich geltend zu machen. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach Ablauf der vorgenannten Frist ist ausgeschlossen. Das Gleiche gilt bei Nichterfüllung der vorgenannten Voraussetzungen.“

63

Der Kläger hat vom Beklagten in den ersten Jahren der Zusammenarbeit bis einschließlich 2003 Entgelt nach der Tarifentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes erhalten. Seit Januar 2004 erhält der Kläger – wie auch die weiteren Mitarbeiter im Rettungsdienst – keine tariflichen Steigerungen des Entgelts mehr. Insbesondere hat der Beklagte die für den Bereich des öffentlichen Dienstes vereinbarte Tariferhöhungen ab dem 1. Januar 2004 nicht mehr an die bei ihm beschäftigten Mitarbeiter weitergegeben.

64

Im Streitzeitraum (2007 bis 2009) hat der Kläger zunächst bis einschließlich Oktober 2007 noch Entgelt in Anlehnung an das Vergütungsschema des BAT/BAT-O erhalten. Die ständigen Anteile des Entgelts setzten sich aus einer Grundvergütung, einem Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage zusammen. In der Summe beliefen sich die ständigen Entgeltbestandteile in dieser Zeit auf 2.172,88 Euro brutto monatlich. Zusätzlich wurden Zuschläge für Arbeit an Samstagen, an Sonn- und Feiertagen und für Bereitschaftszeiten in unterschiedlicher Höhe gezahlt (vgl. die vom Kläger überreichten Lohnabrechnungen, hier Blatt 51 bis 59). Seit November 2007 wird in den Lohnabrechnungen als ständiger Entgeltbestandteil nur noch ein „Gehalt“ ausgewiesen, das ab diesem Zeitpunkt 2.268,73 Euro brutto monatlich betragen hat. Dieses Gehalt wurde in dieser Höhe bis zum Ende des Streitraums (Dezember 2009) und wohl auch noch weit darüber hinaus unverändert ausgezahlt.

65

Im Mai 2009 hatte der Kläger einen Unfall erlitten, der zu einer Ausfallzeit im Arbeitsverhältnis bis Ende Dezember 2009 geführt hatte. In dieser Zeit hat der Kläger ab dem 12. Juli 2009 bis zur Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit Krankengeld bezogen.

66

Der Kläger ist der Auffassung, er habe auch heute noch Anspruch auf eine dynamische Vergütung entsprechend den tariflichen Bestimmungen für im öffentlichen Dienst im kommunalen Bereich beschäftigte Arbeitnehmer und er hat deshalb beim Arbeitsgericht Schwerin Zahlungs- und Feststellungsklage gegen den Beklagten erhoben, die dort am 26. Januar 2010 eingegangen ist.

67

Der Kläger hat erstinstanzlich für die 36 Monate von Januar 2007 bis einschließlich Dezember 2009 Differenzvergütung auf sein Gehalt verlangt (Anträge 1.1 bis 1.7, Antrag 1.7 betrifft das gesamte Jahr 2009), Vergütung für Überstunden aus dem Jahre 2008 (Antrag 1.8), sowie (Differenz-)Vergütung für die Zuschläge bei Sonn- und Feiertagsarbeit für 2007 und 2008 (Klageanträge 1.9 und 1.10). Schließlich verlangt der Kläger weitere Jahressonderzahlungen für 2007 und 2008 (Klageanträge zu 1.11 und 1.12) sowie die Auszahlung der tariflich verabredeten Einmalzahlungen aus den Tarifrunden des öffentlichen Dienstes in den Jahren 2008 und 2009 (Klageantrag 1.13). Außerdem hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht die allgemeine Feststellung begehrt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vergütungsregelungen des TVöD (VkA) zur Anwendung kommen (Klageantrag zu 1.14) und der Beklagte verpflichtet sei, zum Kalenderjahresende jeweils über die Jahresarbeitszeit von 2080 Stunden hinausgehende Mehrarbeit zu vergüten (Klageantrag zu 1.15). – Der Beklagte hat die Klage für unschlüssig gehalten, da sich die Arbeitsbedingungen auch im Bereich des Rettungsdienstes inzwischen nach den Haustarifverträgen richten würden. Im Rahmen einer Widerklage verlangt er die gerichtliche Feststellung, dass der Haustarifvertrag 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, ist dem Rechtsstreit nach Aufforderung durch den Beklagten mit Schriftsatz vom 29. April 2010 auf Seiten des Beklagten als Streithelferin beigetreten (hier Blatt 104 f).

68

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

69

1. die Beklagte zu verurteilen,

70

1.1. an den Kläger 409,30 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf 204,65 Euro seit dem 16.02.2007 sowie weitere 204,65 Euro seit dem 16.03.2007 zu zahlen;

71

1.2. an den Kläger 446,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf jeweils 111,85 Euro seit dem 16.04.2007, 16.05.2007, 16.06.2007 und 16.07.2007 zu zahlen;

72

1.3. an den Kläger 446,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf jeweils 148,85 Euro seit dem 16.08.2007, 16.09.2007 und 16.10.2007 zu zahlen;

73

1.4. an den Kläger 505,98 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf 168,66 Euro jeweils seit dem 16.11.2007, 16.12.2007 und 16.01.2008 zu zahlen;

74

1.5. an den Kläger 1.065,93 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf jeweils 355,31 Euro seit dem 16.02.2008, 16.03.2008 und 16.04.2008 zu zahlen;

75

1.6. an den Kläger 4.029,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf jeweils 447,75 Euro seit dem 16.05.2008, 16.06.2008, 16.07.2008, 16.08.2008, 16.09.2008, 16.10.2008, 16.11.2008, 16.12.2008 und 16.01.2009 zu zahlen;

76

1.7. an den Kläger 6.727,56 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf jeweils 560,63 Euro seit dem 16.02.2009, 16.03.2009, 16.04.2009, 16.05.2009, 16.06.2009, 16.07.2009, 16.08.2009, 16.09.2009, 16.10.2009, 16.11.2009, 16.12.2009 und 16.01.2010 zu zahlen;

77

1.8. an den Kläger 2.243,59 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 16.01.2009 zu zahlen;

78

1.9. an den Kläger 147,19 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2008 zu zahlen;

79

1.10. an den Kläger 223,92 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2009 zu zahlen;

80

1.11. an den Kläger 181,01 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2007 zu zahlen;

81

1.12. an den Kläger 406,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2008 zu zahlen;

82

1.13. an den Kläger 275,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf 50,00 Euro seit dem 01.04.2008 sowie 225,00 Euro seit dem 01.01.2009 zu zahlen;

83

1.14. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger monatlich die Vergütung schuldet, welche ein vergleichbarer Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst nach den Vergütungstabellen des TVöD für den öffentlichen Dienst einschließlich Jahressonderzahlung und Zeitzuschlägen zu beanspruchen hat;

84

1.15. festzustellen, dass die Beklagte jeweils zum Ende des Kalenderjahres die Mehrarbeit zu vergüten hat, welche der Kläger über die Jahresarbeitszeit in Höhe von 2.080 Stunden geleistet hat;

85

2. Die Widerklage des Beklagten abzuweisen.

86

Der Beklagte hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

87

1. die Klage abzuweisen;

88

2. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Haustarifvertrag zwischen dem C. KV A-Stadt / Westmecklenburg und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft e. V. sowie der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft — ver.di — vom 04.10.2007 Anwendung findet.

89

Die Streithelferin hat vor dem Arbeitsgericht keine eigenen Anträge gestellt und hat sich dem Rechtsstandpunkt des Beklagten angeschlossen.

90

Das Arbeitsgericht hat die Klage und die Widerklage mit Urteil vom 13. Juli 2011 als unbegründet abgewiesen (55 Ca 153/2010). Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 2/3 dem Kläger auferlegt und im Übrigen dem Beklagten. Den Streitwert hat es mit 22.754,74 Euro festgesetzt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

91

Der Kläger sowie der Beklagte haben das arbeitsgerichtliche Urteil mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen. Die Streithelferin hat kein eigenes Rechtsmittel eingelegt. Die Berufungen, die jeweils fristgemäß eingelegt und begründet wurden, sind vom Landesarbeitsgericht zum hiesigen Aktenzeichen verbunden worden. Die Parteien haben ihr erstinstanzliches Begehren zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt.

92

Das Landesarbeitsgericht hat sodann mit Teilurteil vom 25. April 2013 (seinerzeit noch unter dem Aktenzeichen 1 Sa 230/11) über die Klageanträge zu 1.1 bis 1.13 entschieden und die klägerische Berufung insoweit – mit Ausnahme eines Teilbetrages aus dem Klageantrag zu 1.7, über den nicht entschieden wurde – als unbegründet zurückgewiesen. – Dieses Teilurteil ist rechtskräftig geworden, nachdem der Kläger seine beim Bundesarbeitsgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (4 AZN 927/13) zurückgenommen hat (hier Blatt 584 ff). Auf das Teilurteil des erkennenden Gerichts wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Berufungsgericht bis zum 25. April 2013 Bezug genommen. Die Zurückweisung der klägerischen Berufung wird im Teilurteil auf das Eingreifen von Ausschlussfristen gestützt.

93

In Hinblick auf den neuen Arbeitsvertrag des Klägers und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger vor dem Arbeitsgericht Schwerin weitere Rechtsstreitigkeiten gegen den Beklagten mit Zahlungsanträgen führt, die die möglichen Entgeltdifferenzen von 2010 bis einschließlich 2013 umfassen, haben die Parteien den klägerischen Feststellungsantrag zur Vergütung nach Regeln des TVöD (Antrag 1.14) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht übereinstimmend für erledigt erklärt. Auf Anregung des Gerichts hat der Beklagte sodann noch seinem Feststellungsbegehren im Rahmen der Widerklage eine andere Formulierung gegeben. – Schließlich hat der Kläger den noch rechtshängigen Teil seiner Zahlungsklage (Teile des Antrages zu 1.7) in Hinblick auf den Krankengeldbezug des Klägers ab dem 12. Juli 2009, der erst vor dem Berufungsgericht aktenkundig wurde, und in Hinblick auf eine Korrektur seiner Lohndifferenzforderung für die noch rechtshängigen Monate Mai, Juni und anteilig Juli 2009 im Umfang von 3.997,34 Euro brutto zurückgenommen. Im Umfang der teilweisen Klagerücknahme hat der Beklagte Kostenantrag gestellt.

94

Der Kläger hält zu dem noch rechtshängigen letzten Zahlungsanspruch (verbliebener Teil des Klageantrages zu 1.7) an seiner Rechtsauffassung fest, dass er Anspruch auf Vergütung nach den jeweils aktuellen Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisung auf die ASB-Richtlinien Bund 1991 (§ 13 des Arbeitsvertrages) habe. § 12 ASB-Richtlinien Bund 1991 verweise hinsichtlich der Vergütung dynamisch auf die Bestimmungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes. Die vom Landesverband Mecklenburg-Vorpommern im November 1995 also nach Abschluss des Arbeitsvertrages erlassenen Richtlinien (ASB-Richtlinien MV 1995) seien nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden.

95

Gleiches ergebe sich auch aus § 4 des Arbeitsvertrages, weil dort statt eines Entgeltbetrages nur die für zutreffend erachtete Vergütungsgruppe („6b“) und das Tarifwerk („BAT-O“) erwähnt worden sei. Das sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Zweifel als eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Vergütungssätze für die vereinbarte Vergütungsgruppe zu deuten.

96

Die Frage, ob es inzwischen Tarifverträge im Bereich des Beklagten gibt, an die der Kläger wegen seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di gebunden ist und die schlechtere Arbeitsbedingungen vorsehen, könne offen bleiben, da die arbeitsvertraglichen und die tariflichen Ansprüche voneinander unabhängig seien und Regelungskonflikte wegen themengleicher unterschiedlicher Regelungen auf beiden Ebenen nach dem Günstigkeitsprinzip aufzulösen seien.

97

Der Kläger hält auch an seiner Rechtsauffassung fest, dass die Ansprüche für die Zeit von Mai, Juni und anteilig Juli 2009 nicht verfallen seien.

98

§ 30 Haustarifvertrag 2007 binde den Kläger nicht. Die klägerische Gewerkschaft ver.di sei an den Haustarifverträgen 2004 und 2007 nicht als Tarifvertragspartei beteiligt. Das erkenne man schon daran, dass diese Tarifverträge nicht von der Gewerkschaft ver.di unterzeichnet worden seien. Die öffentlich zugängliche Satzung der Gewerkschaft sehe im Übrigen vor, dass Tarifverträge immer von zwei Gewerkschaftsvertretern zu unterzeichnen seien (erkennbar auch am Änderungstarifvertrag 2003) und dass sie vor Unterschrift intern gebilligt werden müssten, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Die örtlich und fachlich zuständige Gewerkschaftssekretärin könne bezeugen, dass die hier streitigen Tarifverträge der Gewerkschaft nicht bekannt seien. Ver.di habe daher die Gewerkschaft GEW nicht bevollmächtigt, in ihrem Namen mit dem Beklagten Haustarifverträge abzuschließen. Eine substantiierte Darstellung des Vorgangs der Vollmachtserteilung sei der Beklagte und die Streithelferin auch schuldig geblieben, so das weitergehender Sachvortrag dazu nicht geleistet werden könne.

99

Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Duldungsvollmacht durch die Gewerkschaft ver.di berufen. Denn es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die maßgeblichen Vertreter von ver.di überhaupt Kenntnis davon hatten, dass die GEW beim Beklagten auch in ihrem Namen Tarifverträge abschließe.

100

Ergänzend müsse beachtet werden, dass der Wille des Unterzeichners des Haustarifvertrages 2007 auf Gewerkschaftsseite, nicht nur für seine Gewerkschaft sondern auch für die Gewerkschaft ver.di eine Erklärung abzugeben, nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck komme.

101

Aber selbst dann, wenn die klägerische Gewerkschaft auch Partei des Haustarifvertrages 2007 geworden sein sollte, könne sich der Beklagte nicht auf die Ausschlussfristen aus § 30 Haustarifvertrag 2007 berufen, da er den Tarifvertrag entgegen seiner Pflicht aus § 8 TVG nicht offen im Betrieb ausgelegt habe. Außerdem sei der Kläger nicht über die mit der Einführung des Haustarifvertrages 2007 verbundenen wesentlichen Änderungen seiner Vertragsbedingungen im Sinne von § 3 Nachweisgesetz (NachwG) schriftlich unterrichtet worden.

102

Sollte das Gericht vom Verfall der Ansprüche nach § 30 Haustarifvertrag 2007 ausgehen, so blieben diese daher gleichwohl als Schadensersatzansprüche begründet, da der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist nicht gekannt habe. Er hätte auch keinen Anlass gehabt, nach eventuell einschlägigen Ausschlussfristen zu forschen, denn der Beklagte habe sich immer auf die Geltung der ASB-Richtlinien und die dortige Ausschlussfrist bezogen (§ 28 ASB-Richtlinien Bund 1991), diese sei allerdings wegen einseitiger Belastung des Arbeitnehmers unwirksam. Das habe bereits das hiesige Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. September 2010 (1 Sa 164/09, Kopie hier Blatt 527 ff) festgestellt. Der Kläger habe daher darauf vertrauen dürfen, dass im Arbeitsverhältnis der Parteien keine (weitere) Ausschlussfrist eingreife. Wäre er von dem Beklagten wie es das Nachweisgesetz vorsehe, über den neu erlassenen Haustarifvertrag 2007 unterrichtet worden, hätte er seine Ansprüche entsprechend früher und damit rechtzeitig geltend gemacht.

103

Entsprechendes gelte von der Ausschlussfrist in § 70 BAT-O. Der Beklagte habe den Kläger nicht im Sinne des Nachweisgesetzes über die Geltung dieses Tarifvertrages unterrichtet. Auch sei der BAT-O entgegen der Pflichten aus § 8 TVG nicht ausgelegt gewesen, es sei schon fraglich, ob der Beklagte selbst überhaupt über eine Textfassung dieses Tarifvertrages verfüge.

104

Die klägerische Berufung sei auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1.15 begründet. Der Beklagte ziehe den Kläger im Durchschnitt zu 48 Stunden Arbeit pro Woche heran, obwohl die Arbeitspflicht nur für 40 Stunden in der Woche vereinbart sei und auch nur insoweit vergütet werde. Da der Beklagte nicht erläutert habe, auf welcher normativen Grundlage er berechtigt sei, Zeiten der Arbeitsbereitschaft bei der Vergütung nur anteilig als Arbeitszeit zu bewerten, müsse es dabei bleiben, dass sich die Arbeitszeit des Klägers aus dem Zeitraum zwischen Beginn und Ende der Arbeitszeit errechne. Aus diesem Grunde habe er einen Anspruch auf die begehrte gerichtliche Feststellung.

105

Zur Berufung des Beklagten und zur Widerklage führt der Kläger aus, für den Antrag des Beklagten fehle es schon an dem erforderlichen Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO, denn selbst wenn der streitbefangene Haustarifvertrag 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung käme, würde dies den arbeitsvertraglichen begründeten Anspruch des Klägers auf eine Vergütung, wie sie einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst zustehe, wegen des Günstigkeitsprinzips aus § 4 Absatz 3 TVG nicht hindern.

106

Der Kläger beantragt nunmehr noch sinngemäß,

107

1. die Beklagte und Berufungsbeklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.07.2011 — 55 Ca 153/10 — zu verurteilen,

108

1.7. an den Kläger 487,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf jeweils 206,07 Euro seit dem 16.06.2009 und dem 16.07.2009 sowie auf weitere 75,56 Euro seit dem 16.08.2009 zu zahlen;

109

1.15. festzustellen, dass die Beklagte jeweils zum Ende des Kalenderjahres die Mehrarbeit zu vergüten hat, welche der Kläger über die Jahresarbeitszeit in Höhe von 2.080 Stunden geleistet hat;

110

2. Die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

111

Der Beklagte beantragt,

112

1. die klägerische Berufung zurückzuweisen;

113

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.07.2011 — 55 Ca 153/10 — teilweise abzuändern und auf die Widerklage festzustellen, dass der Kläger aufgrund seiner Gewerkschaftsmitgliedschaft an den Haustarifvertrag zwischen dem Arbeiter-Samariter-Bund KV A-Stadt / Westmecklenburg und der Gewerkschaft ver.di vom 04.10.2007 gebunden ist.

114

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat.

115

§ 4 des Arbeitsvertrages könne man nicht als eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Vergütung im Bereich des öffentlichen Dienstes verstehen. Eigentlich habe man sogar ein festes Entgelt vereinbaren wollen, was im befristeten Probearbeitsvertrag aus Juli 1995 noch deutlich zu erkennen sei. Den Willen, ein fixes Gehalt zu vereinbaren, erkenne man auch daran, dass zusätzliche Leistungen lediglich als freiwillige, widerrufbare Leistungen in den Vertrag aufgenommen worden seien. Im Übrigen müsse § 13 des Arbeitsvertrages mit dem Verweis auf die Richtlinien beachtet werden. § 13 verweise auf die jeweils gültigen Richtlinien und zwar unabhängig davon, ob sie vom Bundesverband oder von einem Landesverband erlassen seien. Der Arbeitsvertrag weise zwar nicht klar aus, auf welche Richtlinien Bezug genommen werde. So wie man Konkurrenzprobleme zwischen themengleichen Regelungen in unterschiedlichen Tarifverträgen löse, müsse man jedoch auch hier verfahren. Es gelte der Grundsatz der Spezialität, daher würden die örtlich besser passenden Landesrichtlinien den Richtlinien des Bundesverbandes vorgehen. Wende man die ASB-Landesrichtlinien 1995 auf das Arbeitsverhältnis an, käme man zur arbeitsvertraglichen Geltung des Haustarifvertrages 2007, der – für neu eingestellte Arbeitnehmer – eine eigene Entgelttabelle enthalte und für schon früher eingestellt Mitarbeiter, also auch für den Kläger, lediglich festhalte, dass günstigere arbeitsvertragliche Regelungen auch nach dem Inkrafttreten des Haustarifvertrages vorgehen würden. Ein arbeitsvertragliches Versprechen, den Kläger dynamisch nach den Regeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes zu vergüten, sei daher nicht erkennbar.

116

Letztlich seien jedenfalls etwaige weitergehende Vergütungsansprüche des Klägers wegen des Eingreifens tariflicher Ausschlussfristen verfallen. Dabei sei entweder die dreimonatige Ausschlussfrist aus § 30 Haustarifvertrag 2007 anzuwenden oder aber – wenn man den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgreife – über den im Wege der Nachwirkung geltenden Haustarifvertrag 1996 die dort in Bezug genommene 6-monatige Ausschlussfrist des § 70 BAT-O.

117

Der Haustarifvertrag 2007 sei auch zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di wirksam abgeschlossen worden, denn die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) habe die Gewerkschaft ver.di in den Vertragsverhandlungen wirksam vertreten und sei zum Abschluss dieses Haustarifvertrages bevollmächtigt gewesen. Die Gewerkschaft GEW sei von ver.di bevollmächtigt gewesen, auch für die Gewerkschaft ver.di den streitbefangenen Tarifvertrag vom 04.10.2007 abzuschließen; zumindest sei von einer konkludenten Vollmachtserteilung auszugehen, die sich aus den Gesamtumständen im Betrieb des Beklagten in Zusammenhang mit dem Wechsel der Verhandlungsführerschaft der beiden Gewerkschaften ergebe (wegen der Einzelheiten wird auf den Beklagtenschriftsatz vom 24. Februar 2010, hier Blatt 66 ff Bezug genommen).

118

Für den Fall, dass die Gewerkschaft ver.di der Gewerkschaft GEW tatsächlich rechtsgeschäftlich keine Vollmacht erteilt haben sollte, sei die Gewerkschaft ver.di dennoch nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden. Dass Herr G., der den Haustarifvertrag 2007 für die Gewerkschaft GEW unterzeichnet habe, damit auch gleichzeitig eine Erklärung für die Gewerkschaft ver.di abgegeben habe, ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Kopf des Tarifvertrages („zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft“).

119

Der Beklagte rügt, die klägerische Berufung sei bezogen auf den Feststellungsantrag 1.15 bereits unzulässig, denn der Kläger gehe in seiner Berufungsbegründung mit keinem Wort auf die Abweisung dieses Antrages durch das Arbeitsgericht ein. Im Übrigen fehle das Rechtsschutzinteresse für den Antrag.

120

Zu seiner eigenen Berufung trägt der Beklagte vor, er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Geltung des Haustarifvertrages 2007 im Arbeitsverhältnis der Parteien. Das betreffe nicht nur die hier relevanten Punkte Vergütung und Ausschlussfristen, sondern im betrieblichen Alltag auch all die anderen im Haustarifvertrag geregelten Materien.

121

Die Streithelferin hat keinen eigenen Antrag gestellt und unterstützt in ihren Stellungnahmen den Standpunkt des Beklagten.

122

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

123

Nach dem Teilurteil der Ersten Kammer des Gerichts vom 25. April 2013, nach der teilweisen Rücknahme der Klage in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2014 und nach der Erledigungserklärung der Parteien zum Feststellungsantrag 1.14 hat das Berufungsgericht im vorliegenden Schlussurteil nur noch über einen kleinen Teil der ursprünglichen Streitgegenstände zu entscheiden.

124

Soweit die Anträge noch rechtshängig sind, ist die klägerische Berufung teilweise unzulässig und, soweit sie zulässig ist, nur zum Teil begründet. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

A.

125

Die klägerische Berufung ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrages zu 1.15 durch das Arbeitsgericht richtet. Nach § 520 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Nach § 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar.

126

Die Regelung des § 520 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt werden. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein. Sie muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils konkret befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es beispielsweise nicht aus, die

127

tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich das erstinstanzliche Vorbringen zu wiederholen oder auf dieses zu verweisen (BAG 19. Februar 2013 – 9 AZR 543/11 – DB 2013, 1616; BAG 15. März 2011 – 9 AZR 813/09 – AP Nr. 44 zu § 64 ArbGG 1979 = NZA 2011, 767).

128

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers zu der Abweisung des Feststellungsantrages zu 1.15 durch das Arbeitsgericht nicht. Die klägerische Berufungsbegründung vom 14. Oktober 2011 befasst sich im Abschnitt III. auf den Seite 11 und 12 mit dem Komplex der Vergütung von Überstunden (hier Blatt 272 f). Dort setzt sich der Kläger mit der Abweisung seines diesbezüglichen Zahlungsantrages (Antrag 1.8) auseinander, nicht jedoch mit der Abweisung des Feststellungsantrages (Antrag 1.15).

129

Das Arbeitsgericht hatte insoweit bemängelt, dass der Kläger eine Begründung dafür schuldig geblieben sei, weshalb es gerade – wie begehrt – zum Jahresende zur Auszahlung der Überstunden kommen solle (Seite 19 des Urteilsabdrucks, hier Blatt 203). Eine Auseinandersetzung mit diesem Argument findet sich in der Berufungsbegründung nicht.

130

Die Fehlerhaftigkeit dieser Argumentation des Arbeitsgerichts ergibt sich auch weder aus den Umständen, noch ist sie offensichtlich. Beim Beklagten gibt es eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit im Rettungsdienst vom 11. November 2008 (Kopie vom Beklagten als Anlage X1 zur Akte gereicht, hier Blatt 303 f). Dort heißt es in Ziffer 2 unter anderem, dass angefallene Überstunden durch Freizeitausgleich abzugelten – also nicht zu vergüten – seien. Nur unter ganz bestimmten Bedingungen kann es danach zur Auszahlung kommen, die Auszahlung würde in diesem Falle jedoch nicht zum Jahresende, sondern zum 31. März des Folgejahres erfolgen. Auch wenn man den klägerischen Vortrag dahin deutet, dass die Arbeitszeitregelungen aus dem TVöD (VkA) im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten sollten, ergibt sich daraus nicht der mit dem Feststellungsantrag geltend gemachte Anspruch. Der Kläger hat noch nicht einmal dargelegt, dass bei ihm Überstunden im Tarifsinne (§ 7 Absätze 7 und 8 TVöD) überhaupt angefallen sind.

B.

131

Hinsichtlich des restlichen noch anhängigen Zahlungsantrages wegen Vergütungsdifferenzen (487,70 Euro brutto für die Monate Mai und Juni sowie anteilig Juli 2009) bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Die Berufung ist aber lediglich im Umfang von in der Hauptsache 75,56 Euro brutto für den anteiligen Juli 2009 begründet. Hinsichtlich der weitergehenden Klage für die Monate Mai und Juni 2009 sind die Ansprüche nach § 70 BAT-O verfallen.

I.

132

Die Berufung ist im Umfang von 412,14 Euro brutto wegen der Differenzlohnansprüche aus Mai und Juni 2009 (Teil des Klageantrages zu 1.7) wegen Verfall der Ansprüche unbegründet, insoweit ist die Klage zurecht vom Arbeitsgericht abgewiesen worden.

1.

133

Im Arbeitsverhältnis der Parteien gilt kollektivrechtlich (unmittelbar und zwingend oder im Wege der Nachwirkung) zumindest eine Ausschlussfrist von 6 Monaten. Diese ergibt sich aus den Haustarifverträgen des Beklagten mit der Gewerkschaft ÖTV und später ver.di in Verbindung mit § 70 BAT-O. Insoweit schließt sich das Gericht den Erwägungen der 1. Kammer aus dem Teilurteil vom 25. April 2013 (1 Sa 230/11) an.

a)

134

Durch den Anschlusstarifvertrag (Haustarifvertrag 1993) galt im Arbeitsverhältnis der Parteien zwingend und unmittelbar seit Anbeginn der BAT-O und die diesen ergänzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung. Damit galt auch die in § 70 BAT-O geregelte 6-monatige Ausschlussfrist zwingend und unmittelbar im Arbeitsverhältnis der Parteien. Die arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien stehen dem nicht entgegen, denn die über § 13 Arbeitsvertrag geltende Ausschlussfrist aus § 28 ASB-Richtlinien Bund 1991 ist für den Arbeitnehmer belastender als die tarifliche Ausschlussfrist, sie geht also der tariflichen Regelung nicht nach dem Günstigkeitsprinzip vor. Denn die Ausschlussfrist aus § 28 ASB-Richtlinien Bund 1991 sieht einen einseitigen Verfall von Ansprüchen der Arbeitnehmer bereits nach 3 Monaten vor. Dies ist im Vergleich zu der beiderseits geltenden Ausschlussfrist von 6 Monaten aus § 70 BAT-O auf jeden Fall nicht die für den Arbeitnehmer günstigere Norm.

b)

135

Der Haustarifvertrag 1996 ist dann allerdings vom Beklagten gegenüber der klägerischen Gewerkschaft zum Jahresende 2003 gekündigt worden, so dass § 70 BAT-O dann 2004 zunächst einmal lediglich im Wege der Nachwirkung weitergegolten hätte. Durch den Änderungstarifvertrag 2003, ist der BAT-O dann nochmals für den Bereich des Beklagten befristet bis Jahresende 2004 in Kraft gesetzt worden, so dass er dann ab Januar 2005 im Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch im Wege der Nachwirkung gegolten hat. – Diese Nachwirkung ist allerdings erhalten geblieben. Der ausdrücklich Ausschluss der Nachwirkung im Änderungstarifvertrag 2003 bezieht sich erkennbar nur auf die mit dem Änderungstarifvertrag bewirkte zeitweise Stornierung der Tariferhöhungen und nicht insgesamt auf alle Regelungen des in Bezug genommenen BAT-O.

c)

136

Diese zumindest nachwirkende Geltung von § 70 BAT-O wird auch nicht durch den Haustarifvertrag 2004 vom 2. November 2004, nunmehr ausgehandelt von der Gewerkschaft GEW und abgeschlossen auch im Namen von ver.di, in Frage gestellt. Denn entweder – so der Standpunkt des Klägers – war ver.di an diesem Tarifvertrag rechtlich betrachtet nicht beteiligt, dann gilt der ältere Anschlusstarifvertrag (HausTV 1996 mit späteren Änderungen) noch im Wege der Nachwirkung im Arbeitsverhältnis der Parteien weiter. Oder – so der Standpunkt des Beklagten – ver.di war an dem HausTV 2004 beteiligt, dann gilt § 70 BAT-O vermittels dieses Tarifvertrages, bei dem es sich im Kern immer noch um einen Anschlusstarifvertrag an das Tarifwerk für den öffentlichen Dienst handelt, nunmehr wieder unmittelbar und zwingend.

d)

137

Ob sich durch den Haustarifvertrag 2007 an der unmittelbaren oder nachwirkenden Geltung von § 70 BAT-O im Arbeitsverhältnis der Parteien etwas verändert hat, kann hier offen bleiben. Denn wenn sich etwas geändert haben sollte, wäre dies eine Verkürzung der Ausschlussfrist auf 3 Monate nach § 30 Haustarifvertrag 2007, was der klägerischen Berufung jedenfalls auch nicht zum Erfolg verhelfen könnte.

2.

138

Unter Anwendung der Ausschlussfrist aus § 70 BAT-O sind die möglichen Differenzlohnansprüche des Klägers aus den Monaten Mai und Juni 2009 nicht rechtzeitig geltend gemacht worden.

139

Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat keinen Tatsachenvortrag zu der Frage geleistet, zu welchem Zeitpunkt die monatlichen Entgeltansprüche des Klägers fällig geworden sind. Aus der klägerischen Antragstellung und der dortigen Staffelung der geltend gemachten Zinsen jeweils ab Mitte des Folgemonats kann das Gericht allerdings folgern, dass es der betrieblichen Praxis beim Beklagten entspricht, dass die Entgelte jeweils zur Mitte des Folgemonats zur Auszahlung gelangen. Damit muss von einer Fälligkeit des Entgeltanspruchs zur Mitte des Folgemonats ausgegangen werden.

140

Der Entgeltanspruch bzw. Entgeltfortzahlungsanspruch für Juni 2009 ist damit am 15. Juli 2009 fällig geworden. Der Anspruch ist demnach mit Ablauf des 15. Januar 2010 im Sinne von § 70 BAT-O verfallen. Außergerichtlich ist der Anspruch vom Kläger nicht schriftlich geltend gemacht worden und seine Klage ist erst am 26. Januar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangen, so dass zu diesem Zeitpunkt der Anspruch für den Juni 2009 bereits verfallen war.

141

Wenn schon der Lohndifferenzanspruch für Juni 2009 vor Klagerhebung verfallen war, gilt dies ebenso für den älteren Lohndifferenzanspruch aus Mai 2009.

142

Der Kläger hatte für beide Streitmonate seine ursprüngliche Differenzlohnforderung in Höhe von monatlich 560,63 Euro brutto (Seite 6 der Klageschrift) mit Schriftsatz vom 24. Juli 2013 (hier Blatt 491 ff) auf 206,07 Euro brutto monatlich reduziert (S. 5 f des erwähnten Schriftsatzes) und in der mündlichen Verhandlung insoweit die Klage teilweise zurückgenommen. Die Zurückweisung der Berufung umfasst demnach 412,14 Euro brutto aus dem zuletzt noch anhängigen Klageantrag zu 1.7.

3.

143

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten in Höhe der verfallenen Entgeltdifferenzansprüche. Insoweit schließt sich die erkennende Kammer jedenfalls im Ergebnis dem Standpunkt der 1. Kammer aus dem Teilurteil vom 25. April 20013 (1 Sa 230/11) an.

a)

144

Im rechtlichen Ausgangspunkt ist dem Kläger zu folgen. Befindet sich ein Arbeitgeber mit der Aushändigung der nach § 2 NachwG geschuldeten Niederschrift oder der ihm nach § 3 NachwG obliegenden Mitteilungspflicht bei wesentlichen Veränderungen der Vertragsbedingungen in Verzug, hat er gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB den durch den Verzug adäquat verursachten Schaden zu ersetzen. Deshalb kann ein Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, so gestellt zu werden, als wäre sein Zahlungsanspruch nicht untergegangen, wenn ein solcher Anspruch nur wegen Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers rechtzeitig geltend gemacht worden wäre (inzwischen ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 21. Februar 2012 – 9 AZR 486/10 – AP Nr. 94 zu § 7 BUrlG Abgeltung = DB 2012, 1388; BAG 5. November 2003 – 5 AZR 676/02 – AP Nr. 7 zu § 2 NachwG = NZA 2005, 64).

145

Eine Verletzung der Nachweispflicht des Beklagten kann hier allerdings nicht festgestellt werden. Zum Zeitpunkt der Einstellung des Klägers im Juli 1995 brauchte der Beklagte den Kläger noch nicht auf die Geltung des BAT-O hinzuweisen, weil das Nachweisgesetz erst kurze Zeit später, nämlich am 20. Juli 1995 beschlossen wurde und erst rund weitere 10 Tage später im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht wurde. Durch den Neuabschluss des Arbeitsvertrages unter dem 2. Oktober 1995 entstand nur die Pflicht, nach § 3 NachwG über veränderte Vertragsbedingungen zu unterrichten. Das würde dann aber nicht die Mitteilung über die zwingende Geltung des BAT-O umfassen, da diese unverändert geblieben war. Eine Verletzung der Nachweispflicht folgt auch nicht aus der Übergangsvorschrift in § 4 NachwG, denn der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er einen Nachweis vom Beklagten verlangt hat.

b)

146

Eine Schadensersatzpflicht ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 8 TVG.

147

Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber die im Betrieb geltenden Tarifverträge so auszulegen, dass die Arbeitnehmer davon Kenntnis nehmen können. Es braucht nicht aufgeklärt zu werden, ob der Beklagte dieser Pflicht in seinem Betrieb nachgekommen ist. Denn das BAG steht bis heute auf dem Standpunkt, dass es sich bei § 8 TVG um eine reine Ordnungsvorschrift handele, deren Verletzung keine Folgen insbesondere keinen Schadensersatzanspruch nach sich ziehe (vgl. zuletzt noch BAG 21. Februar 2007 – 4 AZR 258/06 – nicht amtlich veröffentlicht). Das Gericht hat in der zitierten Entscheidung unter Hinweis auf Koch (Der fehlende Hinweis auf tarifliche Ausschlussfristen und seine Folgen, in: Festschrift für Günter Schaub, München 1998, S. 421 ff., 437; vgl. aber auch Bunte, Die Auslage von Tarifverträgen, RdA 2009, 21, 30) zwar offen gelassen, ob an dieser Rechtsprechung zukünftig noch festzuhalten sei, es hat sie damit aber noch nicht aufgegeben. Trotz des Gewichts der Argumente für einen Schadensersatzanspruch schließt sich das Gericht aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch für den vorliegenden Fall an.

II.

148

Dem Kläger steht weitere Vergütung für den anteiligen Monat Juli 2009 (bis zum Bezug von Krankengeld ab dem 12. Juli 2009) in Höhe von 75,56 Euro brutto zu. Insoweit ist auf die klägerische Berufung das arbeitsgerichtliche Urteil in diesem Umfang abzuändern und der Klage stattzugeben.

149

Der Beklagte hat an den Kläger für diesen Monat 831,87 Euro brutto Entgelt (Grundgehalt) gezahlt (vgl. vom Kläger zum Schriftsatz vom 26. August 2013 überreichte Gehaltsabrechnung Juli 2009, hier Blatt 577). Tatsächlich steht dem Kläger für diesen Monat jedoch ein anteiliger Entgeltanspruch in Höhe von 907,43 Euro brutto zu, woraus sich die noch offene Differenz in Höhe von 75,56 Euro brutto ergibt. Dieser Restzahlungsanspruch ergibt sich entweder unmittelbar aus der Entgelttabelle zum TVöD in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag der Parteien oder mittelbar als Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Nachweispflicht des Arbeitgebers aus § 3 NachwG.

1.

150

Der klägerische Differenzvergütungsanspruch für den anteiligen Juli 2009 lässt sich nicht aus Tarifverträgen ableiten, die im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der klägerischen Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di gelten. Davon gehen auch die Parteien aus, so dass sich das Gericht insoweit kurz fassen kann.

151

Zum Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1995 galt zwischen den Parteien kraft beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar der Haustarifvertrag 1993, der als Anschlusstarifvertrag an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes anzusehen ist. Der BAT-O war also von Anbeginn an mit allen seinen Regelungen und insbesondere mit den ergänzenden Vergütungstarifverträgen im Arbeitsverhältnis der Parteien ohne jede Einschränkung bindend. Davon ließ sich der Beklagte trotz der Versuche, im Arbeitsvertrag davon Abweichendes zu regeln, auch in der betrieblichen Praxis leiten. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte seine Arbeitnehmer zumindest bis Ende 2003 nach dem Tarifwerk des öffentlichen Dienstes behandelt und vergütet hat.

152

Auch der Haustarifvertrag 1996 ist ein Anschlusstarifvertrag geblieben, die Tarifvertragsparteien haben lediglich einige vergütungsrechtliche Ausnahmen vom BAT-O und den Vergütungstarifverträgen vereinbart (Verzicht auf die Jubiläumszuwendung). Der Haustarifvertrag ist dann aber von der Beklagten jedenfalls gegenüber der Gewerkschaft ver.di zum Ende des Jahres 2003 ordentlich gekündigt worden. Dann ist mit dem Änderungstarifvertrag 2003 zumindest für das Jahr 2004 nochmals eine unmittelbare Tarifgeltung mit dem Charakter eines Anschlusstarifvertrages an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes mit den dort im Einzelnen geregelten Ausnahmen entstanden.

153

Wie sich die weitere Bindung an Tarifverträge entwickelt hat, hängt von der Antwort auf die Frage ab, ob ver.di, die Gewerkschaft des Klägers, auch Partei der seit 2004 von der GEW ausgehandelten Tarifverträge geworden ist. Die Frage braucht hier allerdings nicht abschließend beantwortet zu werden. Der klägerische Anspruch lässt sich in keinem Falle auf einen Tarifvertrag und seine eigene Gewerkschaftsmitgliedschaft stützen.

154

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass ver.di auch Partei der nachfolgenden Tarifverträge geworden ist, ist der Kläger auch an diese unmittelbar gebunden. Das würde dann auch für den Haustarifvertrag 2004 gelten, in dem erstmals die Weitergabe der Tariferhöhungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes für den Bereich des Beklagten unbefristet ausgesetzt wird. Das müsste der Kläger auch gegen sich gelten lassen, da im Verhältnis verschiedener Tarifverträge der jüngere dem älteren Tarifvertrag vorgeht unabhängig davon, ob er günstiger ist oder nicht. Damit würde feststehen, dass der klägerische Anspruch nicht auf tariflicher Ebene gegeben ist, denn der Lohndifferenzanspruch ergibt sich gerade aus den Entgelterhöhungen aus der Zeit nach dem Jahre 2003 im Bereich des öffentlichen Dienstes.

155

Geht man mit dem Kläger davon aus, dass seine Gewerkschaft ver.di nicht mehr an den Tarifverträgen mit dem Beklagten ab dem Jahre 2004 beteiligt ist, ist die Tarifbindung entweder bereits mit Wirksamwerden der Kündigung des Tarifwerkes durch den Beklagten zum Ende des Jahres 2003 weggefallen oder aber durch Ablauf des auf das Jahresende 2004 befristeten Änderungstarifvertrages 2003. Da nachwirkende Tarifnormen nur noch statisch weiter gelten, könnte der Kläger auch in diesem Falle seinen Anspruch nicht auf einen Tarifvertrag und seine Gewerkschaftsmitgliedschaft stützen.

2.

156

Der klägerische Anspruch ergibt sich jedoch aus dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 2. Oktober 1995. Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich, dass sich die Parteien jedenfalls hinsichtlich der Vergütung an die Tarifentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes dynamisch binden wollten. Das ergibt sich für das Gericht schon aufgrund der Entgeltabrede in § 4 des Arbeitsvertrages. Das Gleiche ergibt sich jedoch auch aus § 13 des Arbeitsvertrages und der dort geregelten Bindung an die „Richtlinien für Angestellte und Arbeitnehmer im ASB“.

a)

157

§ 4 des Arbeitsvertrages muss als das Versprechen einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIb des BAT-O in der jeweils geltenden Höhe verstanden werden.

158

Wenn in einem Formulararbeitsvertrag bei den Regelungen zum Gehalt Spalten für die Eintragung von Geldbeträgen vorgesehen sind, diese aber beim Ausfüllen offen gelassen werden und stattdessen – was so im Formular gar nicht vorgesehen ist – dort frei das Wort „BAT-O“ und leicht abgesetzt davon die Wendung „6b“ eingesetzt wird, kann das von einem verständigen Leser nur dahin verstanden werden, dass die Parteien keine eigene Vergütungsregelung treffen wollten, sondern dass sie sich hinsichtlich der Vergütung an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes binden wollten. Diese Vereinbarung ist im Zweifel auch dahin zu verstehen, dass sich die vereinbarte Vergütung nach dem jeweiligen Tarifstand des BAT-O richten sollte. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweite normative Regelungen – hier auf die benannte Vergütungsgruppe des BAT / BAT-O – in der Regel dynamisch zu verstehen sind, und zwar auch dann, wenn – wie hier – nur ein Teil des Tarifvertrages in Bezug genommen worden ist (BAG 13. Februar 2013 – 5 AZR 2/12 – AP Nr. 119 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2013, 2030; BAG 13. November 2002 – 4 AZR 351/01 – BAGE 103, 338 = AP Nr. 24 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2003, 1001; BAG 28. Mai 1987 – 4 AZR 663/95 – AP Nr. 6 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 1997, 2130). Gesichtspunkte, die eine Abweichung von diesem Regelfall rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

159

Der Versuch des Beklagten, die Gehaltsregelung in § 4 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit dem befristeten Probearbeitsvertrag aus Juli 1995, als eine Vereinbarung zu deuten, mit der nur das seinerzeitige tarifliche Entgelt ohne Dynamik versprochen wurde, vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Im Gegenteil, wenn man in dem Probezeitarbeitsvertrag noch einen festen Geldbetrag als Gehalt ausweist und im endgültigen Arbeitsvertrag hierauf verzichtet und stattdessen nur eine Vergütungsgruppe eines Tarifwerkes erwähnt, spricht schon diese Veränderung in den aufeinander folgenden Verträgen für die Abkehr von einer statischen Vereinbarung hin zu einer dynamischen Vereinbarung in Anlehnung an die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst. – Im Übrigen muss bei der Auslegung beachtet werden, dass der Beklage seinerzeit durch den Haustarifvertrag 1993 ohnehin unmittelbar an das gesamte Tarifwerk des öffentlichen Dienstes einschließlich der Vergütungsregelungen gebunden war. Unterstellt man ein vernunftgeleitetes Verhalten auf Seiten des Beklagten, ist keinerlei Grund erkennbar, weshalb er dann im Arbeitsvertrag etwas vereinbaren wollte, was von seinen kollektivrechtlich eingegangenen Verpflichtungen abweichen sollte und was er daher im Zweifel ohnehin nie würde durchsetzen können. – Letztlich spricht auch die betriebliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses für den gerichtlichen Standpunkt. Denn wenn der Beklagte von 1995 bis Ende 2003 das Entgelt des Klägers tatsächlich dynamisch der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst angepasst hat, lässt das auch einen Rückschluss auf sein Verständnis des Arbeitsvertrages im Oktober 1995 zu.

b)

160

§ 13 des Arbeitsvertrages führt zu derselben Erkenntnis, so dass das genaue Verhältnis von § 4 zu § 13 des Arbeitsvertrages offen bleiben kann. Durch die Verweisung auf die Richtlinien für Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter im ASB wurden die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen Richtlinien vom 7. Dezember 1991 in den Arbeitsvertrag mit einbezogen. Eine Bezugnahme auf Landesrichtlinien in Mecklenburg—Vorpommern scheidet aus, weil diese erst im November 1995, also nach Abschluss des Arbeitsvertrages vom 2. Oktober 1995 verabschiedet wurden. Dass die vom Bundesverband 1991 erlassenen Richtlinien zu einem späteren Zeitpunkt abgeändert worden sind, hat der Beklagte nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich; insoweit kann dahinstehen, ob der Arbeitsvertrag statisch auf die Richtlinien 1991 verweist oder dynamisch auf die jeweils vom Bundesverband erlassenen Richtlinien.

161

Die arbeitsvertragliche Verweisung auf die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen Richtlinien für Arbeitsbedingungen für Arbeiter und Angestellte im ASB begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Bezugnahmeklauseln – auch dynamische – sind im Arbeitsrecht weit verbreitet, entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Dass bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt das in Bezug genommene Regelungswerk haben wird, ist unerheblich (vgl. BAG 18. November 2009 – 4 AZR 493/08 – AP Nr. 54 zu § 611 BGB Kirchendienst). Dass die Bestimmung des Inhaltes des Arbeitsverhältnisses dadurch teilweise auf Dritte delegiert wird, ist von dem erklärten Willen der Parteien, wie er im eindeutigen Wortlaut des Arbeitsvertrages seinen Niederschlag gefunden hat, umfasst und nicht zu beanstanden (BAG 18. April 2007 – 4 AZR 253/06 – NZA 2007, 1455). Auch der Umstand, dass § 12 der Bundesrichtlinien hinsichtlich der Eingruppierung und der Vergütungshöhe auf die Bestimmungen des öffentlichen Dienstes verweist, ist unproblematisch. Mehrstufige Verweisungen sind im Arbeitsrecht üblich. Auch ein Tarifvertrag, der einzelvertraglich dynamisch in Bezug genommen worden ist, kann seinerseits auf weitere, nicht statische Rechtsquellen verweisen (BAG 18. November 2009 aaO; BAG 21. November 2012 – NZA 2013, 512 – NZA 2013, 512 = DB 2013, 999).

162

Nach § 12 Absatz 1 Satz 2 ASB-Richtlinien Bund 1991 richten sich Vergütung und Löhne nach den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes und nach dem dortigen § 12 Absatz 4 auch dynamisch entsprechend den Tarifveränderungen im öffentlichen Dienst. Daraus ergibt sich, dass der Kläger davon ausgehen konnte, hinsichtlich aller Bestandteile und der Berechnung des Entgelts wie ein Arbeitnehmer, auf den die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung finden, gestellt zu werden.

3.

163

Der arbeitsvertragliche Anspruch auf eine Vergütung nach den Regeln des Tarifwerkes für den öffentlichen Dienst ist nicht dadurch untergegangen, dass der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Beklagten nach Abschluss des Arbeitsvertrages im November 1995 eigene Richtlinien für die Beschäftigten erlassen hat, die nicht mehr einschränkungslos auf das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes Bezug nehmen.

a)

164

Der Auffassung des Beklagten, § 13 des Arbeitsvertrages meine die jeweils gültigen Richtlinien unabhängig davon, ob sie vom Bundesverband oder von einer anderen Gliederung des ASB erlassen werden, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsverträge sind so auszulegen, wie sie von einem mit den Besonderheiten des Verkehrskreises vertrauten Dritten objektiv zu verstehen sind. Maßgeblich sind damit der Wortlaut des Vertrages und dessen Verständnis aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Da es zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Oktober 1995 nur Richtlinien des Bundesverbandes zu Arbeitsbedingungen beim ASB gab, kann § 13 des Arbeitsvertrages nur so verstanden werden, dass dort eine Bindung an die Bundesrichtlinien geregelt ist.

165

Der aus dem Tarifvertragsrecht entlehnte Gedanke der Spezialität zur Auflösung von Tarifkonkurrenzen ist hier nicht anwendbar. Er entspricht nicht den erkennbaren Interessen der Parteien des Arbeitsvertrages. Mit der Bindung an die Bundesrichtlinien geht der Arbeitnehmer das Risiko ein, dass in seinem Arbeitsverhältnis zukünftig Regelungen gelten könnten, auf deren Inhalt er keinen Einfluss nehmen kann. Dieses Risiko ist für ihn aber hinnehmbar, da er davon ausgehen kann, dass es in einem Bundesverband so viele unterschiedliche Interessen gibt, dass sich Einzelinteressen einer örtlichen Gliederung oder auch einer Landesgliederung auf Arbeitgeberseite nie ungeschmälert werden durchsetzen können. Der Zwang zum mehrheitsfähigen Kompromiss sichert indirekt auch die Interessen des Arbeitnehmers. Ähnliches gilt für Richtlinien, die Landesverbände oder gar örtliche Gliederungen herausgeben, nicht. Die Aussage, dass der ortsnähere oder auf sonstige Weise speziellere Tarifvertrag besser geeignet ist, die Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu regeln, lässt sich also auf einseitig vom Arbeitgeber erlassenen Richtlinien nicht übertragen.

b)

166

Aus denselben Erwägungen scheidet auch eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des Standpunktes des Beklagten aus.

167

Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt in Betracht, wenn man feststellen muss, dass ein Arbeitsvertrag lückenhaft (geworden) ist und wenn man dem Regelungsplan des Vertrages Hinweise darauf entnehmen kann, wie die Parteien wohl die Situation geregelt hätten, wenn sie die (zukünftige) Lücke in ihrem Regelungswerk bei Vertragsabschluss gekannt hätten. Es gilt dann die Regelung als vereinbart, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die (spätere) Lückenhaftigkeit ihres Vertragswerkes bei seinem Abschluss bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch dann, wenn die Regelungslücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG 18.April 2012 - 4 AZR 392/10 - BAGE 141, 150 = AP Nr. 112 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = NZA 2012, 1171; BAG 24. August 2011 - 4 AZR 683/09; 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - AP Nr. 79 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - BAGE 134, 283).

168

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte schlüssig das Vorhandensein einer Regelungslücke dargelegt hat. Zwar deutet der Umstand, dass die hier zur Anwendung kommenden Bundesrichtlinien nach Lage des Rechtsstreits immer noch den Stand von 1991 haben, darauf hin, dass es tatsächlich verbandspolitisch zu einer Regionalisierung der Zuständigkeit für den Erlass von Arbeitsvertragsrichtlinien beim ASB gekommen sein könnte. Dies ist aber weder vom Beklagten so vorgetragen worden, noch gibt es weitere Indizien für eine solche Veränderung der Verbandspolitik. – Zudem ist der Arbeitsvertrag der Parteien rund 6 Wochen vor dem Erlass eigener Richtlinien durch den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen worden, so dass man davon ausgehen muss, dass diese zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jedenfalls als Programm oder Entwurf schon Gegenstand der verbandsinternen Diskussion waren. Es wäre daher ein Leichtes gewesen, den Wunsch des Arbeitgebers auf Bindung an diese Landesrichtlinien bei den Vertragsverhandlungen und bei der der Formulierung des Arbeitsvertrages zu berücksichtigen.

169

Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten des Beklagten davon ausgeht, dass der Arbeitsvertrag durch den Erlass der Landesrichtlinien nachträglich lückenhaft geworden ist, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des Beklagten aus, da der Vertrag keinen Regelungsplan erkennen lässt, mit dessen Hilfe die Lücke geschlossen werden kann. Die Geltung der Landesrichtlinien statt der Bundesrichtlinien wäre eine Ergänzung im einseitigen Interesse des Arbeitgebers; eine Ergänzung des Vertrages in dieser Richtung ist daher nicht möglich.

4.

170

Die arbeitsvertragliche Bindung an die jeweiligen Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes ist auch nicht durch die weitere Tarifentwicklung im Hause des Beklagten ab Ende des Jahres 2003 verloren gegangen. Diese Feststellung des Gerichts gilt unabhängig davon, ob die klägerische Gewerkschaft ver.di Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist.

a)

171

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass die Gewerkschaft ver.di auch Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist, gilt die arbeitsvertragliche Bindung an die Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unverändert fort, weil die Parteien nicht eine Bindung an die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge vereinbart haben.

172

Das ergibt sich schon aus dem eigenen Parteivortrag des Beklagten, der ja gerade darauf abzielt, eine Dynamik in der arbeitsvertraglichen Bindung an Tarifverträge insgesamt in Abrede zu stellen. Aber selbst dann, wenn man nicht vordergründig auf den Parteivortrag im Rechtsstreit abstellt, sondern auf die objektiven Umstände, kann den gegebenen arbeitsvertraglichen Regelungen nicht die Aussage entnommen werden, es sollten immer die Tarifverträge gelten, denen der Beklagte unterworfen ist. Denn es fehlen schon die Umstände, die es rechtfertigen würden anzunehmen, der Beklagte habe sich im Arbeitsvertrag aus Oktober 1995 wenigstens dazu verpflichtet, den für ihn seinerzeit geltenden Haustarifvertrag 1993 im Arbeitsverhältnis umfassend zur Anwendung bringen zu wollen. Dabei dürfte es nicht entscheidend sein, dass der Haustarifvertrag 1993 dort überhaupt keine Erwähnung gefunden hat. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beklagte versucht hat, im Arbeitsvertrag Regelungen zu verabreden, die in Widerspruch zu dem seinerzeit für ihn über den Haustarifvertrag 1993 geltenden BAT-O stehen. Das betrifft zum einen das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das ausweislich von § 4 des Arbeitsvertrages nur als „freiwillige, widerrufliche Leistung“ gezahlt werden sollte. Auch die nicht ständigen Entgeltbestandteile (Zuschläge für Arbeit am Samstag, an Sonn- und Feiertagen usw.) sollten nicht nach Tarifvertrag, sondern „lt. Anordnung für Rettungssanitäter“ gezahlt werden. Damit hat der Beklagte deutlich gemacht, dass er im Arbeitsverhältnis der Parteien

173

Regelungen zur Anwendung bringen wollte, die er nach dem für ihn seinerzeit geltenden Tarifvertrag gar nicht anwenden konnte. Das steht in einem solch deutlichen Gegensatz zu einer vertraglichen Inbezugnahme der jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge, dass sich das Gericht außer Stande sieht, den Wortlaut der Regelungen unter Rückgriff auf ihre Vernünftigkeit außer Acht zu lassen.

174

Auch § 13 des Arbeitsvertrages kann nicht in diesem Sinne gedeutet werden, denn die ASB-Richtlinien Bund 1991 haben eine dynamische Bindung an die Vergütungsregelungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes gerade unabhängig von der eigenen Tarifbindung des Bundesverbandes und unabhängig von der Tarifbindung der einzelnen Gliederungen des Verbandes bewirken wollen.

175

Eine den Wortlaut der Regelungen negierende Auslegung des Vertrages orientiert am Maßstab der Vernunft ist auch nicht unter Einbeziehung der tatsächlichen Handhabung des Arbeitsverhältnisses möglich. Zwar hat der Beklagte im Arbeitsverhältnis der Parteien tatsächlich den BAT-O, wie es seine eigene Tarifbindung an die Haustarifverträge gebietet, bis Ende 2003 zur Anwendung gebracht. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass er die einschränkenden Regelungen aus § 4 des Arbeitsvertrages selber nicht ernst genommen hat. Denn sein tatsächliches Verhalten lässt auch die Deutung zu, dass er lediglich keinen Anlass gesehen hatte, von der Option zum Widerruf einzelner Leistungen aus dem Tarifwerk Gebrauch zu machen.

b)

176

Geht man mit dem Kläger davon aus, dass die Gewerkschaft ver.di nicht Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Wenn ver.di an den erwähnten Tarifverträgen nicht mehr beteiligt gewesen sein sollte, hat die Tarifbindung des Beklagten an Tarifverträge mit ver.di entweder Ende 2003 wegen der Kündigung oder jedenfalls Ende 2004 wegen der Befristung des Änderungstarifvertrages 2003 auf das Jahresende 2004 geendet. Dieses Ende der Tarifbindung für den Beklagten wirkt sich allerdings im vorliegenden Einzelfall nicht auf die arbeitsvertragliche Bindung der Vergütung an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes aus.

aa)

177

Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hatte der Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers auch Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse, in denen die Tarifverträge nur kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme galten. Das Gericht war in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber mit der Inbezugnahme des ohnehin für ihn kraft Tarifbindung geltenden Tarifwerkes lediglich für eine Gleichstellung aller Arbeitnehmer sorgen wolle, unabhängig davon, ob diese selbst auch kraft Gewerkschaftszugehörigkeit an die Tarifverträge gebunden sind. Daraus ist dann die Folgerung abgeleitet worden, dass derartige Inbezugnahmen unabhängig von ihrem Wortlaut lediglich als bloße Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Verliert der Arbeitgeber seine Tarifbindung, sollte auch die arbeitsvertragliche Bindung an die Tarifverträge enden bzw. wie bei der Nachwirkung im Sinne von § 4 Absatz 5 TVG nur noch ohne Dynamik statisch fortwirken. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht zwar inzwischen in Hinblick auf die seit Januar 2002 geltende Schuldrechtsreform (AGB-Kontrolle der Arbeitsverträge nach §§ 305 ff BGB) für nach Inkrafttreten der Reform abgeschlossene Verträge aufgegeben. Für Bezugnahmeklauseln, die in älteren Arbeitsverträgen verabredet wurden, gilt die alte Gleichstellungsrechtsprechung aber nach wie vor (vgl. grundlegend BAG 14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – BAGE 116, 326 = AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2006, 1322 sowie aus jüngerer Zeit noch BAG 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – BAGE 122, 74 = AP Nr. 53 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2007, 1982).

178

Diese Auslegungsregel zu einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist auch dann anzuwenden, wenn – wie vorliegend – die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an Verbandstarifverträge auf einer dynamischen Verweisung in einem Haustarifvertrag beruht (BAG 11. Dezember 2013 – 4 AZR 473/12 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

bb)

179

Da die Parteien hier ihren Arbeitsvertrag im Jahre 1995 abgeschlossen haben, handelt es sich um einen sogenannten Altvertrag, auf den daher aus Gründen des Vertrauensschutzes noch die alte Gleichstellungsrechtsprechung anzuwenden ist. Gleichwohl folgt daraus vorliegend kein Verlust der dynamischen arbeitsvertraglichen Bindung der Vergütung des Klägers an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes. Denn die arbeitsvertraglichen Abreden der Parteien zur Inbezugnahme von Tarifverträgen können nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung ausgelegt werden.

180

Eine Gleichstellungsabrede liegt vor, wenn der Arbeitgeber sich arbeitsvertraglich verpflichtet, im Arbeitsverhältnis mit seinem Arbeitnehmer die Tarifverträge, denen er kollektivrechtlich unterworfen ist, anzuwenden (BAG aaO). Damit es tatsächlich auch unter Einbeziehung möglicher zukünftiger tariflicher Veränderungen bei dem Gleichklang von Arbeitsvertragsbindung und Tarifvertragsbindung bleibt, ist mit einer Gleichstellungsabrede typischerweise die Aussage verbunden, es sollten zeitdynamisch die jeweiligen Tarifverträge zur Anwendung kommen.

181

Eine solche Aussage lässt sich dem Arbeitsvertrag der Parteien aus dem Jahre 1995 selbst unter Außerachtlassung der im Rahmen der Schuldrechtsreform 2002 eingefügten §§ 305 ff BGB nicht entnehmen.

182

Die Deutung von § 4 oder § 13 des Arbeitsvertrages oder einer Kombination beider Regelungen als Gleichstellungsabrede scheitert schon an dem Parteivortrag des Beklagten im Rechtsstreit, der insgesamt darauf abzielt, diesen Vorschriften jegliche Dynamik abzusprechen. Aber selbst dann, wenn man die Auslegung mehr an den objektiven Umständen und an der praktischen Handhabung des Arbeitsverhältnisses orientiert, sieht sich das Gericht nicht in der Lage, die getroffenen Regelungen als Gleichstellungsabrede zu deuten.

183

Wie oben bereits ausführlich erörtert, ist den Regelungen zwar die Aussage zu entnehmen, dass sich die Vergütung im Arbeitsverhältnis dynamisch entwickeln sollte. Es fehlt aber zum einen an der Koppelung mit den Tarifverträgen, an die der Arbeitgeber gebunden ist, und zum anderen hat der Beklagte im Arbeitsvertrag eben nicht die Geltung des BAT-O in allen seinen Vorschriften vereinbart, sondern dazu noch im einzelnen Vorbehalte gemacht. Auch die praktische Handhabung des Arbeitsverhältnisses unter nahezu voller Anwendung des BAT-O bis Ende 2003 lässt keine Rückschlüsse auf den rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers beim Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger zu, da diese tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses auf Basis des BAT-O bzw. der Haustarifverträge auch Ausfluss der kollektivrechtlichen Bindung des Beklagten sein kann.

5.

184

Die arbeitsvertragliche Bindung an die jeweiligen Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes hat ihre Dynamik nicht durch die Einführung des TVöD und die damit einhergehende fehlende Fortentwicklung des BAT-O verloren. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

185

Der BAT wurde für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt. Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD handelt es sich um eine Tarifsukzession, Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk (BAG 10. November 2010 – 5 AZR 633/09 – ZTR 2011, 150; BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09; BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf die Vergütungsregelungen des BAT-O im Arbeitsvertrag der Parteien zu einer statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird.

186

Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen (BAG aaO).

187

Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die Vergütungsregeln aus dem Tarifwerk des öffentlichen Dienstes ergibt sich der gemeinsame Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugspunkt für die Vergütungsregelung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entspricht (BAG aaO). Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag tatsächlich in Bezug genommenen Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (BAG aaO).

6.

188

Legt man die Vergütungsregeln des TVöD zu Grunde, stehen dem Kläger für den anteiligen Juli 2009 weitere 75,56 Euro brutto zu. Die Höhe des dem Kläger nach den Regeln des TVöD für Juli 2009 zustehenden Entgelts ist, nachdem der Kläger seine Berechnung im Schriftsatz vom 24. Juli 2013 (hier Blatt 491 ff) zu Gunsten des Beklagten nach unten korrigiert hat, nicht mehr in Streit. Der Kläger hatte im Juli 2009 einen Entgeltanspruch (ständige Entgeltbestandteile) nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 in Höhe von 2.474,80 Euro brutto. In gleicher Höhe hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

189

Der Beklagte hat den Teilvergütungsanspruch des Klägers für den anteiligen Juli 2009 (1. bis 11. Juli) ermittelt, indem er den Monatsvergütungsanspruch durch 30 dividiert und sodann mit 11 multipliziert hat. Der Kläger hat sich mit dieser Berechnungsmethode im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht einverstanden erklärt. Unter Anwendung dieses Rechenweges hat der Kläger demnach einen anteiligen Entgeltanspruch für Juli 2009 in Höhe von 907,43 Euro brutto. Da ihm bisher nur 831,87 Euro brutto vergütet wurden, besteht noch eine offene Differenz in Höhe von 75,56 Euro brutto, die an den Kläger zu zahlen ist.

190

Insoweit ist auch die Zinsforderung des Klägers berechtigt. Der Beklagte ist mit der Auszahlung dieses Entgeltanteils spätestens seit dem 15. August 2009 in Verzug geraten, so dass dem Kläger seit diesem Zeitpunkt der gesetzliche Verzugszins aus § 288 BGB zusteht, den er mit seiner Zinsforderung geltend gemacht hat.

7.

191

Der Anspruch ist nicht wegen des Eingreifens der 3-monatigen Ausschlussfrist aus § 30 Haustarifvertrag 2007 untergegangen. Für diese Feststellung kann zu Gunsten des Beklagten ohne eigene Sachprüfung des Gerichts unterstellt werden, dass auch die klägerische Gewerkschaft ver.di Partei dieses Tarifvertrages geworden ist.

192

Der Kläger hat zwar seinen Anspruch erstmals mit der Klage, die erst Ende Januar 2010 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, schriftlich geltend gemacht, so dass die Frist aus § 30 Haustarifvertrag 2007 tatsächlich schon verstrichen war. Der Anspruch ist dadurch allerdings nicht untergegangen, da er in derselben Höhe als Verzugsschaden vom Beklagten zu tragen ist.

193

Wie bereits oben ausgeführt, hat der Arbeitgeber, der sich mit der Erfüllung der Nachweispflicht nach dem Nachweisgesetz in Verzug befindet, gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB den durch den Verzug adäquat verursachten Schaden zu ersetzen. Deshalb kann ein Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, so gestellt zu werden, als wäre sein Zahlungsanspruch nicht untergegangen, wenn ein solcher Anspruch nur wegen Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers rechtzeitig geltend gemacht worden wäre (inzwischen ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 21. Februar 2012 – 9 AZR 486/10 – AP Nr. 94 zu § 7 BUrlG Abgeltung = DB 2012, 1388; BAG 5. November 2003 – 5 AZR 676/02 – AP Nr. 7 zu § 2 NachwG = NZA 2005, 64).

194

Die Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruches sind vorliegend erfüllt.

a)

195

Wenn man – wie hier – zu Gunsten des Beklagten unterstellt, dass der Haustarifvertrag 2007 auch den Kläger aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di bindet, stellt sich die Einführung dieses Haustarifvertrages als eine wesentliche Veränderung der Vertragsbedingungen dar, unter denen der Kläger seine Arbeit zu erbringen hat. Das bisher für den Kläger im Wege der Nachwirkung geltende Tarifwerk des BAT-O wird nahezu vollständig ersetzt durch neue Regelungen, die den Umfang wie ein typischer Manteltarifvertrag haben. Der Haustarifvertrag 2007 enthält beispielsweise Regelungen zu ärztlichen Untersuchungen, eine Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf den besonderen Charakter des ASB, Einzelregelungen zum Verhalten bei Verkehrsunfällen, Regelungen zur Arbeitszeit und zu besonderen Formen der Arbeitszeit, zur Fortbildung, zur Reisekostenvergütung, zum Erholungsurlaub und zu vielen anderen Regelungsthemen mehr. Unterstellt man die Bindung des Klägers an dieses Tarifwerk, haben sich nahezu alle Arbeitsbedingungen des Klägers dadurch verändert.

196

Der Beklagte hätte den Kläger daher nach § 3 NachwG schriftlich über die Einführung des Haustarifvertrages 2007 unterrichten müssen. Da es hier an jeglicher Unterrichtung seitens des Beklagten fehlt, kann vorliegend offen bleiben, ob die veränderten Vertragsbedingungen im Einzelnen hätten aufgezählt werden müssen, oder ob es ausgereicht hätte, lediglich allgemein auf die nunmehrige Geltung des neuen Tarifvertrages hinzuweisen (so wohl BAG 5. November 2003 – 5 AZR 469/02 – BAGE 108, 256 = AP Nr. 1 zu § 3 NachwG = DB 2005, 112).

b)

197

Der Kläger hat vorgetragen, dass er erst nach Klageeinreichung im vorliegenden Rechtsstreit Kenntnis von dem Haustarifvertrag 2007 erlangt hat. Der Beklagte hat kein Ereignis geschildert, das auf eine frühere Kenntnisnahme des Klägers von dem Haustarifvertrag schließen lässt.

198

Der Vortrag des Klägers ist auch glaubhaft. Zum einen hat der Kläger vorgetragen, dass ihn seine Gewerkschaft nicht von dem Abschluss dieses Tarifvertrages unterrichtet hat. Das ist nach dem Gesamtzusammenhang des Geschehens durchaus naheliegend. Denn wenn es je möglich gewesen sein sollte, aus den Umständen auf eine konkludente Vollmachtserteilung von ver.di an die Streithelferin, die Gewerkschaft GEW, für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem Beklagten zu schließen, dann kann sich das nur auf die Zeit des Wechsels in der Verhandlungsführerschaft im Jahre 2004 von ver.di auf die Streithelferin beziehen. Es gibt dagegen keinerlei Hinweise, dass es im Vorfeld oder bei Abschluss des Haustarifvertrages 2007 nochmals zu Kontakten des Beklagten oder der Streithelferin zur Gewerkschaft ver.di gekommen ist, um sich des Fortbestandes der seinerzeit konkludent erklärten Vollmacht zu versichern. Daher ist es auch durchaus nachvollziehbar, wenn der Kläger vorträgt, seine Gewerkschaft habe keine Kenntnis von dem Haustarifvertrag 2007 gehabt.

199

Auch das Verhalten des Beklagten hat nicht dazu beigetragen, die Kenntnislücke des Klägers zu beheben. Dazu muss hervorgehoben werden, dass es auch im Vorlauf zum hiesigen Rechtsstreit bereits arbeitsgerichtliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Kollegen des Klägers und dem Beklagten gab, bei denen es insbesondere um das Entstehen und die Vergütung von Überstunden ging. Der Beklagte hat sich in jenen Rechtsstreitigkeiten nicht auf den Haustarifvertrag 2007 bezogen, sondern er hat sich – beispielsweise wegen der Überstundenregelungen im Einzelnen und wegen der geltenden Ausschlussfristen – auf die arbeitsvertraglich über § 13 einbezogenen ASB-Richtlinien Bund 1991 bezogen. Dies ist in ausreichender Weise durch die tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Urteil vom 30. September 2010 (1 Sa 164/09, Kopie hier Blatt 527 ff), einen Rechtstreit eines Kollegen des Klägers gegen den Beklagten betreffend, und durch die Feststellungen der Vorinstanz dazu (ArbG Schwerin 11. Mai 2009 – 66 Ca 718/08; Kopie hier Blatt 509 ff), dokumentiert. Im arbeitsgerichtlichen Tatbestand ist an keiner Stelle von dem Haustarifvertrag 2007 die Rede und erst im Rahmen des Berufungsrechtszuges hat sich der Beklagte in jenem Rechtsstreit ergänzend auf den Haustarifvertrag 2007 bezogen.

c)

200

Schließlich hat der Kläger vorgetragen, dass er einem entsprechenden Hinweis auf die veränderten Vertragsbedingungen nachgegangen wäre und dementsprechend dann seine Ansprüche früher schriftlich oder gerichtlich geltend gemacht hätte, wenn er die Ausschlussfrist in § 30 Haustarifvertrag 2007 hätte zur Kenntnis nehmen können. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Aussage unzutreffend ist.

C.

201

Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen. Der Klageantrag ist bereits unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Feststellung nicht erkennbar ist.

202

Wie die Begründung des vorliegenden Urteils zeigt, bedarf es zur Bescheidung der klägerischen Zahlungsanträge keiner gerichtlichen Aufklärung der Frage, ob die Gewerkschaft ver.di Partei des Haustarifvertrages 2007 geworden ist, die Frage spielt weder für die Vergütung des Klägers noch für den Verfall der streitgegenständlichen Ansprüche eine Rolle. Das Rechtsschutzinteresse für die Widerklage kann daher nicht im Sinne einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Absatz 2 ZPO festgestellt werden.

203

Auch ein allgemeines Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO kann nicht festgestellt werden. Nach Lage der Dinge kann die Frage der Bindung des Klägers durch seine Gewerkschaftsmitgliedschaft bei ver.di an den Haustarifvertrag 2007 auch in den noch anhängigen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien die Jahre 2010 bis 2013 betreffend offen bleiben, so dass das Feststellungsinteresse auch nicht mit Blick auf diese Rechtsstreitigkeiten bejaht werden kann. Und auch für die Zukunft ist ein Rechtsschutzinteresse nicht (mehr) erkennbar, da es dem Beklagten durch die Verabredung des neuen Arbeitsvertrages und die Verabschiedung der örtlichen Arbeitsvertragsrichtlinien mit einer Vergütung nach den Regeln des TVöD ohnehin gelungen ist, für Rechtsfrieden zu sorgen. Auch wenn der Haustarifvertrag 2007 noch nicht gekündigt ist, so hat er doch für die betriebliche Praxis beim Beklagten seit der Umstellung des Arbeitsvertrages im Juni 2014 keine praktische Bedeutung mehr. Ob dies für alle mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitsverhältnisse beim Beklagten gilt, kann dahinstehen, denn Feststellungen im vorliegenden Rechtsstreit könnten ohnehin keine Verbindlichkeit für andere Arbeitsverhältnisse gewinnen.

204

Soweit der Beklagte ein allgemeines Interesse an der begehrten Feststellung mit Rücksicht auf die zahlreichen weiteren Regelungen im Haustarifvertrag 2007 geltend macht, vermag dies das notwendige Feststellungsinteresse nicht zu begründen, da es insoweit an einem Streit der Parteien fehlt. Die begehrte Feststellung würde dann auf ein bloßes Gutachten hinauslaufen und nicht auf die Entscheidung einer Streitigkeit der Parteien.

D.

205

Die Kostenentscheidung beruht wegen des unterschiedlichen Obsiegens und Verlierens hinsichtlich der einzelnen Streitgegenstände im Kern auf § 92 ZPO und sie berücksichtigt ergänzend die besonderen Kostennormen auf §§ 91a, 101, 269 Absatz 3 ZPO.

206

Der Kläger hat ¾ der Kosten (Gericht und Parteien) zu tragen, da er im Berufungsrechtszug im Umfang von 23.764,04 Euro unterlegen ist, während er nur im Umfang von 8.075,56 Euro obsiegt hat. Der Beklagte hat dementsprechend den übrigen Anteil der Kosten (Gericht und Parteien) zu tragen.

207

Der Anteil des Unterliegens des Klägers im Berufungsrechtszug summiert sich auf einen Wert in Höhe von 23.764,04 Euro. Dieser Wert setzt sich aus dem Wert der Anträge zusammen, mit denen der Kläger im Teilurteil des Gerichts vom 25. April 2013 unterlegen war (in Summe 12.623,79 Euro). Hinzuzurechnen ist nach § 269 Absatz 3 ZPO der Wert der Teilklagerücknahme aus der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2014 (3.997,34 Euro) und nach § 97 ZPO der Wert des Unterliegens mit den Zahlungsanträgen aus dem vorliegenden Schlussurteil (412,14 Euro). Außerdem hat der Kläger nach § 97 ZPO die Kosten zu tragen, soweit seine Berufung wegen des Antrages zu 1.15 als unzulässig verworfen wurde. Insoweit legt das Landesarbeitsgericht diesem Antrag den dreifachen Jahreswert zu Grunde, wobei die mit dem Antrag zu 1.8 für 2008 geltend gemachten Zahlungen für das Jahr 2008 (2.243,59 Euro) als repräsentativer Jahreswert angesehen werden. Daraus ergibt sich ein Wert des Unterliegens im Umfang von weiteren 6.730,77 Euro.

208

Der Anteil des Unterliegens des Beklagten summiert sich im Berufungsrechtszug auf 8.075,56 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 75,56 Euro wegen des Teilerfolges der klägerischen Berufung. Hinzuzurechnen ist nach § 97 ZPO der Wert der erfolglosen Berufung des Beklagten wegen seiner Widerklage. Mangels Anhaltspunkten für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes dieses Antrages, wird dieser Teil des Rechtsstreits nach dem Rechtsgedanken aus § 23 Absatz 3 RVG bei der Kostenverteilung mit einem Ansatz in Höhe von 5.000 Euro berücksichtigt (1 voller Auffangwert). Der Beklagte hat außerdem die Kosten des in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2014 für erledigt erklärten klägerischen Feststellungsantrages zu 1.14 zu tragen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 91a ZPO. Es entspricht billigem Ermessen die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, weil der Antrag, wenn das erledigende Ereignis (Abschluss einen neuen Arbeitsvertrages, durch den der Kläger faktisch streitlos gestellt wurde) nicht eingetreten wäre, mit diesem Feststellungsantrag obsiegt hätte. Dies ergibt sich aus dem vorliegenden Schlussurteil und der Begründung des erfolgreichen Anteils der klägerischen Berufung. Der Wert dieses Antrages bis zur Erledigungserklärung ist mit dem 36-fachen Monatswert der jüngsten streitigen Monate zu bewerten, hier also mit 36 mal 206,07 Euro, also mit insgesamt 7.441,12 Euro. Die nach § 42 Absatz 3 GKG vorgesehene Außerachtlassung rückständiger mit eingeklagter Einzelbeträge kann nur bei der Bemessung des Streitwertes des Verfahrens berücksichtigt werden und hat keinen Einfluss auf die Bemessung der Anteile des Obsiegens und Verlierens im Rahmen der gerichtlichen Kostenentscheidung. Nach der Erledigung hat sich der Wert dieses Streitgegenstandes auf das Kosteninteresse reduziert, welches das Gericht auf einen Betrag in Höhe von 3.000 Euro schätzt (Unterschied der Summe aus den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten beider Parteien und der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin im Berufungsrechtszug bei einer Reduzierung des Gesamtstreitwertes um 7.440 Euro nach der Erledigung).

209

Die Entscheidung bezüglich der Kosten der Streithelferin beruht auf § 101 ZPO; Kosten im Verhältnis zwischen der Streithelferin und der Hauptpartei werden nicht festgesetzt, da zwischen diesen Beteiligten kein Rechtsstreit besteht.

210

Die Revision kann nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Zulassung nach § 72 Absatz 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge sowie rechtskräftige Beschlüsse nach § 99 des Arbeitsgerichtsgesetzes über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 anwendbaren Tarifvertrag im Betrieb bekanntzumachen.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
3.
bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
4.
der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
5.
eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
6.
sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
7.
die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
8.
die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
9.
bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
a)
die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
b)
die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
c)
der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
d)
die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
10.
sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
11.
die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
12.
ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
13.
wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
14.
das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
15.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.
Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Dem Arbeitnehmer ist die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 1, 7 und 8 spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung, die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 2 bis 6, 9 und 10 spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses und die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach Satz 2 spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.

(1a) Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele,
3.
Beginn und Dauer des Praktikums,
4.
Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit,
5.
Zahlung und Höhe der Vergütung,
6.
Dauer des Urlaubs,
7.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor dessen Abreise die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 mit allen wesentlichen Angaben nach Absatz 1 Satz 2 und folgenden zusätzlichen Angaben auszuhändigen:

1.
das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, und die geplante Dauer der Arbeit,
2.
die Währung, in der die Entlohnung erfolgt,
3.
sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
4.
die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist, und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr.

(3) Fällt ein Auslandsaufenthalt nach Absatz 2 in den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1), die durch die Richtlinie (EU) 2018/957 (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 16) geändert worden ist, muss die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 neben den Angaben nach Absatz 2 auch folgende zusätzliche Angaben enthalten:

1.
die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer nach dem Recht des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, in dem oder in denen der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, Anspruch hat,
2.
den Link zu der einzigen offiziellen nationalen Website, die der Mitgliedstaat, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, betreibt nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems – („IMI-Verordnung“) (ABl. L 159 vom 28.5.2014, S. 11).

(4) Die Angaben nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis 8 und 10 bis 14 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen. Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 11 und 14 die jeweilige gesetzliche Regelung maßgebend, so kann hierauf verwiesen werden. Die Angaben nach Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 Nummer 1 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf konkrete Bestimmungen der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Satzungen oder Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

(5) Wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, entfällt die Verpflichtung nach den Absätzen 1, 2 und 3, soweit der Vertrag die in den Absätzen 1 bis 4 geforderten Angaben enthält.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 24. Juni 2010 - 4 Sa 1029/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, den gesetzlichen Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 abzugelten. Hilfsweise begehrt er Schadensersatz.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen des Großhandels, vom 1. Juli 1984 bis zum 31. März 2008 als kaufmännischer Angestellter tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels idF vom 23. Juni 1997 (MTV) Anwendung. In diesem heißt es auszugsweise:

        

„§ 18 Geltendmachung von Ansprüchen, Gerichtsstand

        

1.    

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind gegenüber der Geschäftsleitung oder der von ihr bezeichneten Stelle zunächst mündlich, bei Erfolglosigkeit schriftlich innerhalb der folgenden Fristen geltend zu machen:

                 

...     

                 

d)    

im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses: 2 Monate nach dem Ausscheiden.

        

...     

                 
        

3.    

Die Ansprüche erlöschen, wenn sie nicht vor Ablauf der in Ziff. 1b - d genannten Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind (Ausschlussfristen).

        

...“   

        
3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 1. Juli 1984 enthielt keinen Hinweis auf den MTV.

4

Der Kläger war vom 6. Juni 2007 bis mindestens 1. August 2008 krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Die Beklagte gewährte ihm weder für das Jahr 2007 noch für das Folgejahr Urlaub. Nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte schlossen die Parteien am 24. Oktober 2007 im Kündigungsrechtsstreit einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis am 31. März 2008 endete. In einem an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 30. Oktober 2007 heißt es ua.:

        

„Darüber hinaus ist … darauf hinzuweisen, dass mein Mandant noch 25 Tage Resturlaub für das Jahr 2007 hat und sodann noch weitergehenden Urlaub für 2008 für die verbleibenden 3 Monate von 6 Tagen besteht. Ob und inwieweit dieser dann abzugelten sein wird, bleibt abzuwarten. Sofern mein Mandant bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt, wird der Urlaub in natura eingebracht.“

5

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigen vom 23. Februar 2009 verlangte der Kläger von der Beklagten ohne Erfolg, ua. den gesetzlichen Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 abzugelten.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung unter Beachtung der manteltariflichen Ausschlussfristen gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Der Anspruch sei nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern erst zu dem Zeitpunkt entstanden und fällig geworden, in dem das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zur Befristung von Urlaubsansprüchen aufgegeben habe. Zudem verhalte sich die Beklagte treuwidrig, wenn sie sich auf die Ausschlussfrist berufe. Im Übrigen sei ihm Vertrauensschutz zu gewähren. Schließlich sei die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet, da sie ihm entgegen den Vorgaben des Nachweisgesetzes nicht mitgeteilt habe, dass § 18 MTV auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.192,30 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. März 2009 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der im Jahr 2007 entstandene Urlaubsanspruch sei nicht auf das Folgejahr übertragen worden. Der Kläger habe die tarifvertragliche Ausschlussfrist weder mit dem Schreiben vom 30. Oktober 2007 noch mit dem Schreiben vom 23. Februar 2009 gewahrt. Sie sei dem Kläger gegenüber nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da die tariflichen Regelungen über Ausschlussfristen bereits zu dem Zeitpunkt gegolten hätten, zu dem das Nachweisgesetz in Kraft getreten sei.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dieser verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist weder verpflichtet, den Urlaubsanspruch des Klägers abzugelten, noch hat sie ihm Schadensersatz zu leisten.

11

I. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seinen gesetzlichen Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 abgilt. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch, der dem Kläger nach § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustand, gemäß § 18 Ziff. 1 Buchst. d iVm. § 18 Ziff. 3 MTV verfallen ist.

12

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber Urlaub abzugelten, wenn dieser wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2008 hatte der Kläger Anspruch auf 25 Arbeitstage Urlaub.

13

a) Der zwischen den Parteien unstreitige Anspruch auf 20 Arbeitstage Mindesturlaub aus dem Jahre 2007 (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) wurde gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG infolge der vom 6. Juni 2007 bis mindestens 1. August 2008 währenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers in das Jahr 2008 übertragen. Ist es dem Arbeitnehmer aufgrund einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unmöglich, seinen Urlaub am Jahresende zu nehmen, liegt ein Übertragungsgrund in der Person des Arbeitnehmers vor. Denn der Arbeitgeber ist aus Rechtsgründen gehindert, dem aufgrund seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit von der Arbeitsverpflichtung bereits befreiten Arbeitnehmer Urlaub zu erteilen. Urlaub und Arbeitsunfähigkeit schließen sich gegenseitig aus (vgl. BAG 29. Juli 2003 - 9 AZR 270/02 - zu B I 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 107, 124). Die Übertragung erfolgt ipso iure. Rechtsgeschäftliche Handlungen der Arbeitsvertragsparteien sind somit nicht erforderlich (vgl. BAG 24. März 2009 -  9 AZR 983/07  - Rn. 52, BAGE 130, 119 ).

14

b) Zu diesem übertragenen Urlaub trat am 1. Januar 2008 der gesetzliche Mindesturlaub im Umfang von 20 Tagen (§ 3 Abs. 1 BUrlG). Der Umstand, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, ist im Hinblick auf das Entstehen des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Urlaubsjahres ohne rechtliche Bedeutung (vgl. BAG 28. Januar 1982 -  6 AZR 571/79  - zu II 2 der Gründe, BAGE 37, 382). Der aus dem Jahr 2008 resultierende Anspruch auf Vollurlaub wandelte sich am 31. März 2008 von Gesetzes wegen nachträglich in einen Anspruch auf Teilurlaub im Umfang von fünf Arbeitstagen um (§ 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG).

15

c) Die Beklagte schuldete die Abgeltung des Urlaubs unabhängig davon, ob und zu welchem Zeitpunkt der Kläger nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt hat. Der Mindesturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Seine entgegenstehende Rechtsprechung hat der Senat im Nachgang zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Slg. 2009, I-179) aufgegeben (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119).

16

2. Der Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung ist gemäß § 18 Ziff. 1 Buchst. d iVm. § 18 Ziff. 3 MTV verfallen.

17

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden gemäß § 5 Abs. 4 TVG die Regelungen des allgemeinverbindlichen MTV Anwendung. Ist das Arbeitsverhältnis beendet, obliegt es nach § 18 Ziff. 1 Buchst. d MTV dem Arbeitnehmer, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis binnen einer Frist von zwei Monaten gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Versäumt er diese Frist, erlöschen die Ansprüche (§ 18 Ziff. 3 MTV).

18

b) Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterfallen als Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der Ausschlussfrist des § 18 Ziff. 1 Buchst. d MTV. Der in § 18 Ziff. 3 MTV angeordnete Verfall ist wirksam. Dem stehen weder der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG noch die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene und für den Senat verbindliche Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) entgegen.

19

aa) Nach der früheren Senatsrechtsprechung ließen tarifvertragliche Ausschlussfristen den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs unberührt. Dies galt selbst in den Fällen, in denen die Tarifvorschrift alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis befristete (vgl. zuletzt BAG 20. Januar 2009 -  9 AZR 650/07  - Rn. 21). In seiner Entscheidung vom 9. August 2011 (- 9 AZR 365/10 - Rn. 16 ff., NZA 2011, 1421 ) hat der Senat die Aufgabe dieser Rechtsprechung eingehend begründet. Er geht seitdem davon aus, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch denselben tariflichen Bedingungen unterfällt wie alle übrigen Zahlungsansprüche der Arbeitsvertragsparteien. Dies gilt auch für die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 34, NZA 2012 , 166; 9. August 2011 - 9 AZR 352/10 - Rn. 26, PflR 2012, 14). Die Revision hat keinerlei Gesichtspunkte aufgezeigt, die den Senat veranlassen könnten, diese Rechtsprechung zu revidieren.

20

bb) Die Rechtsprechung des Senats steht im Einklang mit den Vorgaben des Europarechts, insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie und den hierzu vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätzen(vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 25, NZA 2011, 1421). Mit der Bestimmung einer zweimonatigen Frist zur mündlichen bzw. schriftlichen Geltendmachung haben die Tarifvertragsparteien den Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität (siehe hierzu EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 25, EzA AGG § 15 Nr. 8; 18. September 2003 - C-125/01 - [Pflücke] Rn. 34, Slg. 2003, I-9375) ausreichend Rechnung getragen (vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 26).

21

c) Der Kläger hat den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht binnen der in § 18 Ziff. 1 Buchst. d MTV bestimmten Frist von zwei Monaten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Dieser Anspruch war mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2008 fällig. Der Kläger hätte ihn deshalb spätestens bis zum 31. Mai 2008 gegenüber der Beklagten geltend machen müssen. Diese Frist hat er nicht gewahrt.

22

aa) Der Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub abzugelten, entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Soweit die Revision geltend macht, der Anspruch des Klägers sei erst in dem Zeitpunkt entstanden, in dem der Senat den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem Urteil vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Slg. 2009, I-179) im nationalen Recht Geltung verschafft habe, rechtfertigt dies nicht eine abweichende Entscheidung. Das Bundesarbeitsgericht hat in dem Urteil vom 24. März 2009 (- 9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119) die bestehende Rechtslage mit bindender Wirkung für die Parteien des damaligen Rechtsstreits festgestellt, diese jedoch nicht mit Verkündung des Urteils geschaffen.

23

bb) Vorbehaltlich abweichender Regelungen wird der Urlaubsabgeltungsanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125 ). Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist (vgl. ausführlich BAG 9. August 2011 - 9 AZR 352/10 - Rn. 19 ff., PflR 2012, 14). Die Fälligkeit des Anspruchs ist nicht erst mit Verkündung der Leitentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Slg. 2009, I-179) oder der nachfolgenden Entscheidung des Senats vom 24. März 2009 (9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119) eingetreten. Für den Verfall eines Anspruchs kommt es regelmäßig nicht auf die Kenntnis des Gläubigers von dem Anspruch an (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 19, BAGE 125, 216; 26. April 1978 - 5 AZR 62/77 - zu II der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 64 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 35). Ein Auseinanderfallen von Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt kann nur unter besonderen Umständen angenommen werden (vgl. hierzu BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 37, NZA 2012, 166). Solche besonderen Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Ihm war es möglich, den nunmehr erhobenen Anspruch fristgerecht gegenüber der Beklagten mündlich und schriftlich geltend zu machen.

24

cc) Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage im Jahr 2007 hat der Kläger den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht geltend gemacht. Erhebt ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, kann darin zwar grundsätzlich eine schriftliche Geltendmachung der Ansprüche liegen, die vom Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängen (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 168/08 - Rn. 17, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 195 ; 14. Dezember 2005 - 10 AZR 70/05 - Rn. 24, BAGE 116, 307; 10. Juli 2003 -  6 AZR 283/02  - zu 6 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168). Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung knüpft jedoch nicht an den Erfolg der Kündigungsschutzklage, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, an, sondern setzt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade das Gegenteil voraus. Will der Arbeitnehmer den tariflichen Verfall solcher Ansprüche verhindern, reicht die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht aus (vgl. zur Karenzentschädigung: BAG 18. Dezember 1984 - 3 AZR 383/82 - zu II 2 a der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 87 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 61).

25

dd) Auch mit dem Schreiben vom 30. Oktober 2007 hat der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist nicht gewahrt.

26

(1) Das Landesarbeitsgericht hat das Schreiben so ausgelegt, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers lediglich auf einen in der Zukunft möglicherweise entstehenden Abgeltungsanspruch hingewiesen hat. Dieses Auslegungsergebnis ist in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt zu kontrollieren. Die Auslegung nichttypischer Erklärungen und rechtsgeschäftsähnlicher Handlungen obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht von den gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) ausgegangen ist, den gesamten Auslegungsstoff berücksichtigt hat und weder gegen Denk- noch gegen Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 19, BAGE 131, 30).

27

(2) An diesen Maßstäben gemessen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht dem Schreiben nicht den Inhalt einer Geltendmachung iSd. § 18 Ziff. 1 MTV beigemessen hat. Das Landesarbeitsgericht hat sowohl den Wortlaut des Schreibens als auch die Umstände, unter denen der Kläger das Schreiben an die Beklagte richtete, berücksichtigt. Gegen das Auslegungsergebnis des Landesarbeitsgerichts richtet sich auch kein Angriff der Revision. Vielmehr hat der Kläger in der Revisionsbegründung zu erkennen gegeben, er habe zum damaligen Zeitpunkt von einer Geltendmachung Abstand genommen, weil er auf der Grundlage der damaligen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen sei, dass die Beklagte zur Abgeltung des Urlaubs nicht verpflichtet sei.

28

3. Die Beklagte hat das Recht, sich auf die tarifliche Ausschlussfrist zu berufen, nicht verwirkt (§ 242 BGB).

29

a) Beruft sich ein Arbeitgeber auf eine Ausschlussfrist, verstößt dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und ist damit gemäß § 242 BGB unzulässig, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Arbeitnehmers durch ein Verhalten des Arbeitgebers veranlasst worden ist(vgl. BAG 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - zu 6 a der Gründe, BAGE 112, 351). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Beklagte hat bei dem Kläger nicht den Eindruck erweckt, er brauche die tariflichen Fristen zur Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht einzuhalten.

30

b) Allein der mögliche Verstoß der Beklagten gegen die ihr obliegenden Pflichten aus dem Nachweisgesetz begründet nicht den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG ist der Arbeitgeber verpflichtet, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Gemäß § 3 Satz 1 NachwG ist dem Arbeitnehmer eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens einen Monat nach der Änderung schriftlich mitzuteilen. Hat das Arbeitsverhältnis bereits bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestanden, so ist dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen innerhalb von zwei Monaten eine Niederschrift auszuhändigen (§ 4 Satz 1 NachwG). In die Niederschrift ist ua. ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, aufzunehmen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG). Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, die Beklagte sei ihren Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz nicht nachgekommen, lägen die Voraussetzungen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht vor. Verstößt ein Arbeitgeber gegen die in § 2 oder § 3 Satz 1 NachwG normierten Nachweispflichten, hindert ihn dies nicht, die Erfüllung eines von dem Arbeitnehmer erhobenen Anspruchs unter Berufung auf die Ausschlussfrist abzulehnen(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 469/02 - zu I 5 b der Gründe, BAGE 108, 256; 17. April 2002 -  5 AZR 89/01  - zu III der Gründe, BAGE 101, 75).

31

4. Der Kläger nimmt ohne Erfolg Vertrauensschutz für sich in Anspruch. Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob seine frühere Rechtsprechung, wonach Ausschlussfristen den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht berührten, geeignet war, ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer zu begründen. Spätestens nach Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in der Sache Schultz-Hoff vom 2. August 2006 (- 12 Sa 486/06 - LAGE BUrlG § 7 Nr. 43) konnten Arbeitnehmer nicht mehr davon ausgehen, dass die Rechtsprechung des Senats unverändert fortgeführt würde. Durch dieses Vorabentscheidungsersuchen wurde nicht nur ein einzelner Aspekt, wie das Erlöschen von Urlaubsabgeltungsansprüchen bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit, sondern die Rechtsprechung zur Erfüllbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach der Surrogatstheorie infrage gestellt. Davon waren auch die Grundsätze betroffen, die der Senat unter dem Regime der Surrogatstheorie zum Nichteingreifen von tariflichen Ausschlussfristen entwickelt hatte (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 48, NZA 2012, 166).

32

5. Höhere Gewalt stand einer fristgerechten Geltendmachung des erhobenen Anspruchs nicht entgegen. Der in § 206 BGB normierte Rechtsgedanke hinderte nicht den Verfall des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs. Nach § 206 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. Diese Vorschrift wird als allgemeingültiges Rechtsprinzip auch auf Ausschlussfristen angewandt. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob § 206 BGB über seinen Wortlaut hinaus auf die Fälle einer sog. „gefestigten anspruchsfeindlichen Rechtsprechung“ anzuwenden ist (vgl. hierzu BAG 7. November 2002 - 2 AZR 297/01 - zu B I 4 b dd der Gründe, BAGE 103, 290). Denn die Vorschrift des § 18 Ziff. 1 Buchst. d MTV verlangte vom Kläger nicht die Erhebung einer Klage vor dem Arbeitsgericht, sondern lediglich die fristgerechte mündliche und gegebenenfalls schriftliche Geltendmachung gegenüber der Beklagten. Dies war ihm unabhängig von der damaligen Rechtsprechung möglich und zumutbar. Im Übrigen hätte eine Hemmung der Ausschlussfrist spätestens mit Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in der Sache Schultz-Hoff vom 2. August 2006 (- 12 Sa 486/06 - LAGE BUrlG § 7 Nr. 43) geendet. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Kläger nicht mehr davon ausgehen, dass der Senat seine bisherige Rechtsprechung zur Surrogatstheorie aufrechterhalten werde (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 50, NZA 2012, 166).

33

II. Der Klageanspruch ist auch nicht unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten begründet. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10, § 3 Satz 1 NachwG liegen nicht vor. Selbst wenn der Senat zugunsten des Klägers davon ausginge, die Beklagte habe gegen die ihr obliegenden Pflichten aus dem Nachweisgesetz verstoßen, fehlte es an der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem vom Kläger geltend gemachten Schaden. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

34

1. Befindet sich ein Arbeitgeber mit der Aushändigung der nach § 2 NachwG geschuldeten Niederschrift oder der ihm nach § 3 NachwG obliegenden Mitteilung in Verzug, hat er gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB den durch den eingetretenen Verzug adäquat verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch ist auf Naturalrestitution gerichtet (§ 249 Abs. 1 BGB). Deshalb kann ein Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, so gestellt zu werden, als wäre sein Zahlungsanspruch nicht untergegangen, wenn ein solcher Anspruch nur wegen Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers bestehen würde (vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 676/02 - zu III 3 a der Gründe, AP NachwG § 2 Nr. 7 = EzA NachwG § 2 Nr. 6 ).

35

a) Bei der Prüfung der adäquaten Verursachung kommt dem Arbeitnehmer die Vermutung eines aufklärungsgemäßen Verhaltens zugute. Danach ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jedermann bei ausreichender Information seine Eigeninteressen in vernünftiger Weise wahrt. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG ist zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die tarifliche Ausschlussfrist beachtet hätte, wenn der Arbeitgeber ihn auf die Geltung des Tarifvertrags hingewiesen hätte. Dem Arbeitgeber bleibt die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen (vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 676/02 - zu III 3 a der Gründe, AP NachwG § 2 Nr. 7 = EzA NachwG § 2 Nr. 6).

36

b) Ein möglicher Verstoß der Beklagten gegen ihre nachweisrechtlichen Pflichten war nicht dafür ursächlich, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch gemäß § 18 Ziff. 1 Buchst. d iVm. § 18 Ziff. 3 MTV erloschen ist. Nach den von der Revision mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 559 ZPO) Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte der Kläger auch bei Kenntnis der Ausschlussfrist von einer fristgerechten Geltendmachung gegenüber der Beklagten abgesehen. Denn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ausschlussfrist auslief, ging der Kläger auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung davon aus, es stehe ihm infolge seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Abgeltung des bis zum 31. März 2008 nicht genommenen Urlaubs nicht zu.

37

2. Der Kläger vermag das Klagebegehren nicht mit Erfolg auf deliktsrechtliche Vorschriften zu stützen. Insbesondere ist die Beklagte nicht nach § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB iVm. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10, § 3 Satz 1 NachwG zum Schadensersatz verpflichtet. § 3 Satz 1 NachwG ist ebenso wenig Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB wie § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 469/02 - zu I 5 c cc der Gründe, BAGE 108, 256).

38

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Suckow    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Pielenz    

                 

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
3.
bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
4.
der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
5.
eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
6.
sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
7.
die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
8.
die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
9.
bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
a)
die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
b)
die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
c)
der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
d)
die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
10.
sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
11.
die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
12.
ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
13.
wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
14.
das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
15.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.
Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Dem Arbeitnehmer ist die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 1, 7 und 8 spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung, die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 2 bis 6, 9 und 10 spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses und die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach Satz 2 spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.

(1a) Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele,
3.
Beginn und Dauer des Praktikums,
4.
Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit,
5.
Zahlung und Höhe der Vergütung,
6.
Dauer des Urlaubs,
7.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor dessen Abreise die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 mit allen wesentlichen Angaben nach Absatz 1 Satz 2 und folgenden zusätzlichen Angaben auszuhändigen:

1.
das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, und die geplante Dauer der Arbeit,
2.
die Währung, in der die Entlohnung erfolgt,
3.
sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
4.
die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist, und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr.

(3) Fällt ein Auslandsaufenthalt nach Absatz 2 in den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1), die durch die Richtlinie (EU) 2018/957 (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 16) geändert worden ist, muss die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 neben den Angaben nach Absatz 2 auch folgende zusätzliche Angaben enthalten:

1.
die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer nach dem Recht des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, in dem oder in denen der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, Anspruch hat,
2.
den Link zu der einzigen offiziellen nationalen Website, die der Mitgliedstaat, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, betreibt nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems – („IMI-Verordnung“) (ABl. L 159 vom 28.5.2014, S. 11).

(4) Die Angaben nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis 8 und 10 bis 14 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen. Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 11 und 14 die jeweilige gesetzliche Regelung maßgebend, so kann hierauf verwiesen werden. Die Angaben nach Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 Nummer 1 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf konkrete Bestimmungen der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Satzungen oder Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

(5) Wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, entfällt die Verpflichtung nach den Absätzen 1, 2 und 3, soweit der Vertrag die in den Absätzen 1 bis 4 geforderten Angaben enthält.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge sowie rechtskräftige Beschlüsse nach § 99 des Arbeitsgerichtsgesetzes über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 anwendbaren Tarifvertrag im Betrieb bekanntzumachen.

Tenor

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Revision des Klägers wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - auf die Berufung des Klägers unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2010 - 21 Ca 35/10 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 675,73 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 116,00 Euro seit dem 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009 und 1. März 2009 sowie aus 95,73 Euro seit dem 1. April 2009 zu zahlen.

III. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede.

2

Der 1979 geborene Kläger ist seit August 2003 bei der Beklagten, die mit Schreibwaren und Kommunikationsartikeln handelt, in H als Verkäufer beschäftigt, zunächst in Teilzeit mit jahresdurchschnittlich 25 Wochenstunden, ab Juli 2004 in Vollzeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden. Seither erhält der Kläger eine Vergütung von 1.458,00 Euro brutto monatlich.

3

Zur Vergütung heißt es im Anstellungsvertrag vom 1. August 2003:

        

„3.2   

In Anlehnung an den Tarifvertrag erhält der Mitarbeiter ein Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

954,75

                 

Übertarifliche Zulage:

0,00   

                 

Monatsentgelt insgesamt:

954,75.

        

3.3     

Das Monatsentgelt wird jeweils nachträglich am Monatsende gezahlt. Die Zahlung erfolgt bargeldlos.“

4

Der Betrag von 954,75 Euro entsprach zum damaligen Zeitpunkt 25/37,5 des Tarifgehalts nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

5

Die Vergütungsregelung in der Fassung der von der Beklagten vorformulierten Vertragsänderung vom 16. Juli 2004 (fortan: Vertragsänderung) lautet:

        

„3.2   

Für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein monatliches Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

€ 1.458,00

                 

Übertarifliche Zulage:

€ 0,00

                 

Monatsentgelt insgesamt:

€ 1.458,00“

6

Der Betrag von 1.458,00 Euro entsprach dem seinerzeitigen Entgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger zuletzt für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2009 die Differenz zwischen der von der Beklagten gezahlten Vergütung und dem nach dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 in Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr vorgesehenen Betrag von 2.066,00 Euro brutto verlangt und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede enthalte eine dynamische Bezugnahme auf den einschlägigen Gehaltstarifvertrag.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.648,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütungsabrede der Parteien sei nicht dynamisch ausgestaltet.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage nach ergebnisloser Durchführung eines Mediationsverfahrens iHv. 2.952,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Zahlungsantrag weiter, die Beklagte begehrt die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers im Wesentlichen begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung mit dem nach der Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 (im Folgenden: GTV) vorgesehenen Betrag. Das ergibt die Auslegung der Vergütungsabrede der Parteien.

12

I. Die für den Streitzeitraum maßgebende Vergütungsabrede in der Fassung der Vertragsänderung ist nicht eindeutig. Die Verknüpfung eines festen Euro-Betrags mit dem Begriff „Tarifentgelt“ lässt mehrere Deutungen zu. Es könnte damit ein fester und statischer Euro-Betrag vereinbart sein. Der Bezeichnung „Tarifentgelt“ käme nur die Funktion eines Hinweises darauf zu, wie der in der Vereinbarung festgehaltene Euro-Betrag gefunden wurde. Die Verknüpfung von festem Euro-Betrag mit der Bezeichnung „Tarifentgelt“ kann aber - ohne dass es auf die von der Beklagten vermisste Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in dessen Gänze und jeweiligen Fassung ankäme - auch bedeuten, es solle zwar ein bestimmter Euro-Betrag vereinbart, dieser aber dynamisch gestaltet sein. Dabei sind verschiedene Arten der Dynamisierung denkbar, etwa eine Erhöhung des in der Vergütungsabrede festgehaltenen Euro-Betrags entsprechend den einschlägigen jeweiligen Tariferhöhungen oder die Vereinbarung einer Vergütung nach einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe und damit eine Dynamik innerhalb und außerhalb der Vergütungsgruppe.

13

II. Die Auslegung der Vergütungsabrede ergibt, dass in Ziff. 3.2 Arbeitsvertrag in der Fassung der Vertragsänderung eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2a des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vereinbart ist.

14

1. Die Vergütungsabrede ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Vertragsänderung vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 14). Auf die vorformulierte Vergütungsregelung konnte der Kläger keinen Einfluss nehmen.

15

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 4 Nr. 22; 17. Oktober 2012 - 5 AZR 697/11 - Rn. 15).

16

2. Danach beschränkt sich die Vergütungsabrede nicht auf die Vereinbarung eines festen und statischen Euro-Betrags, sondern enthält zumindest eine Dynamik entsprechend den Tariferhöhungen für den Hamburger Einzelhandel.

17

a) Nach dem Wortlaut der Klausel erhält der Mitarbeiter nicht nur einen festen Euro-Betrag, vielmehr soll dieser ein „Tarifentgelt“ sein. Damit sendet die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht nur ein Signal, sie zahle ein „seinerzeit marktübliches“ Gehalt. Vielmehr verdeutlicht die Beklagte als Klauselverwenderin - zumal sie in der Klausel zwischen Tarifentgelt und übertariflicher Zulage differenziert -, sie vergüte „nach Tarif“. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf eine derartige Verknüpfung von festem Euro-Betrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise so verstehen, dass der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend den Tariferhöhungen entwickeln soll. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlt und sich das vereinbarte Gehalt nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird.

18

Die in der ursprünglichen Fassung des Arbeitsvertrags enthaltene Formulierung „in Anlehnung an den Tarifvertrag“ enthält keine Einschränkung, sondern verdeutlicht nur zusätzlich, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 16 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 96).

19

b) Auch wenn die Klausel nicht angibt, welches Tarifentgelt der Arbeitnehmer erhalten soll, darf dieser redlicherweise annehmen, es solle das Tarifentgelt des für den Betrieb des Arbeitgebers räumlich und fachlich sowie für den Arbeitnehmer persönlich einschlägigen Tarifvertrags vereinbart sein, und zwar nach der Entgeltgruppe, der der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht. Das war unstreitig das Tarifentgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel in der damals geltenden Fassung vom 17. Juli 2003.

20

3. Mit der Vergütungsabrede der Parteien wird auch die „Dynamik“ innerhalb der nach verschiedenen Stufen aufgebauten Gehaltsgruppe 2a nachvollzogen.

21

a) Dagegen spricht zwar, dass die Vergütungsabrede der Parteien - anders etwa als die der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - Rn. 2, BAGE 116, 185) zugrunde liegende Klausel - weder eine bestimmte Gehaltsgruppe, noch eine bestimmte Stufe innerhalb einer Gehaltsgruppe nennt. Der Kläger hat auch keinen Sachvortrag zu einer seine Auslegung stützenden Vergütungspraxis der Beklagten gehalten. Ersichtlich hat diese jedenfalls bei ihm die Stufung innerhalb der Gehaltsgruppe 2a GTV nicht nachvollzogen. Überdies ist weder vorgetragen noch festgestellt, die „Einstufung“ sei zutreffend gewesen, weil der Kläger sich bei der Einstellung trotz eines Alters von fast 24 Jahren im 1. oder 2. Berufsjahr befunden hätte.

22

b) Für die Vereinbarung einer Dynamik auch innerhalb einer bestimmten Vergütungsgruppe spricht aber, dass die Beklagte mit ihrer Klausel nicht auf irgendein Tarifentgelt, sondern zumindest auf die nach ihren fachlichen Anforderungen (Angestellte mit einfacher Tätigkeit, Beispiel Verkäufer/innen, auch wenn sie kassieren) zutreffende Gehaltsgruppe zurückgegriffen und mit der Klauselformulierung insgesamt den Eindruck erweckt hat, „nach Tarif“ zahlen zu wollen.

23

c) Beide Auslegungsmöglichkeiten sind rechtlich vertretbar, keine verdient den eindeutigen Vorzug. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten(vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 116, 185; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 29, BAGE 126, 198).

24

III. Die Höhe der monatlichen Vergütungsdifferenz hat der Kläger zutreffend berechnet, allerdings bei der Klageforderung seine ab dem 16. Februar 2009 über den Streitzeitraum hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit außer Betracht gelassen.

25

1. Das Monatsgehalt nach Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr GTV betrug im Streitzeitraum 2.066,00 Euro brutto. Zu den von der Beklagten gezahlten 1.458,00 Euro brutto verbleibt eine Differenz von 608,00 Euro brutto monatlich. In dieser Höhe hat die Beklagte den Vergütungsanspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG nicht erfüllt.

26

2. Jedoch kann der Kläger für den Monat März 2009 nicht die volle Differenz verlangen. Er war unstreitig seit dem 16. Februar 2009 arbeitsunfähig krank und bezog seit dem 30. März 2009 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle mehr. Der Kläger hat deshalb für den Monat März 2009 nur 29/30 der Vergütungsdifferenz, mithin 587,73 Euro brutto zu beanspruchen (zur Berechnungsmethode siehe BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 ff., EzA BGB 2002 § 615 Nr. 37). In Höhe der Differenz von 20,27 Euro brutto ist die Klage unbegründet.

27

IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 in Verb. mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Das Monatsentgelt wurde nach Ziff. 3.3 Arbeitsvertrag in Übereinstimmung mit § 64 HGB am letzten Tag eines jeden Monats fällig.

28

V. Die Beklagte hat gemäß § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Jungbluth    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2012 - 4 Sa 12/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge und sich daraus ergebende Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die keinem Arbeitgeberverband angehört, seit Oktober 1995 als kaufmännischer Angestellter gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.663,91 Euro tätig. Im schriftlichen Arbeitsvertrag aus dem Monat Oktober 1995 ist ua. geregelt:

        

„Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie ein am letzten Arbeitstag jeden Monats zahlbares Bruttogehalt nach Tarifgruppe 5/4 in Höhe von DM 5.400.-- …

        

Tarifgehalt

Leistungszulage

Außertarifl. Zulage

Gesamtsumme

        

DM 4848.--

        

552.--

DM 5400.--

        

Die nach 3 Monaten auszuweisende Leistungszulage ist bereits in der AT-Zulage enthalten.

        

Wir sind berechtigt, die Leistungszulage zu kündigen oder bei einer Einstufung in eine andere Tarifgruppe neu festzulegen und die außertarifliche Zulage jederzeit ganz bzw. teilweise zu widerrufen oder bei einer Neufestsetzung Ihrer Bezüge ganz bzw. teilweise aufzurechnen.“

3

In den von den Parteien gleichfalls im Oktober 1995 unterzeichneten „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ wird hinsichtlich des Urlaubs und der Kündigungsfristen während der Probezeit auf den „geltenden Tarifvertrag“ verwiesen. Für die Arbeitszeit sind demgegenüber die „nach den gesetzlichen und jeweils geltenden betrieblichen Bestimmungen“ maßgebend und nach Ablauf der Probezeit sollen die „gesetzlichen Kündigungsfristen“ gelten. Die weiteren vertraglichen Bestimmungen enthalten keine Verweisungen auf andere Regelungen.

4

Bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Kläger hatte die Beklagte mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) einen zum 1. Juli 1995 in Kraft getretenen „Werktarifvertrag (Anerkennungstarifvertrag)“ (nachfolgend: Anerkennungstarifvertrag) geschlossen. In diesem wird auf sieben, im Einzelnen aufgeführte Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (idF vom 1. April 1994) verwiesen. Sodann lautet der Anerkennungstarifvertrag wie folgt:

        

„II.   

        

Abweichend von diesen Bestimmungen gilt folgendes:

        

1.    

Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung

        

1.1.   

Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung von Stand 31.12.94 werden in 1995 wie folgt erhöht:

                 

-       

Bei einem Einkommen bis 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.07.95.

                 

-       

Bei einem Einkommen über 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.10.95.

                 

-       

Die Ausbildungsvergütung beträgt monatlich …

        

1.2.   

Die Lohn-, Gehalts- und Ausbildungstabellen in der Fassung vom 01.11.95, die zwischen IG Metall und dem Verein der Bayer. Metallindustrie am 07.03.95 vereinbart wurden, gelten ab 01.01.96 für die Beschäftigten der Firma Generalelektronik GmbH Magdeburg, Zweigniederlassung Müller und Weigert, Nürnberg.

                 

Beide Parteien vereinbaren eine Laufzeit bis 31.12.96. Sie kann mit einer Frist von einem Monat, erstmals zum 31.12.96 gekündigt werden.

                 

Wenn sich das bereits negativ geplante operative Ergebnis noch um 10 % bis 31.12.95 verschlechtert, verpflichten sich die Parteien über die Löhne und Gehälter für 1996 neu zu verhandeln.

                 

…       

        

2.    

Teil des 13. Monatseinkommens

                 

Für das Jahr 1995 erhalten die Beschäftigten den gleichen Prozentsatz wie 1994.

                 

Ab 1996 gilt die Regelung des Tarifvertrages der Bayer. Metallindustrie.

        

3.    

Die Arbeitszeit aller Beschäftigten wird ab 01.10.96 auf 35 Stunden verkürzt, nach den Regelungen, die für die Bayer. Metallindustrie gelten.

        

III.   

        

Die in diesen Tarifverträgen geltenden Kündigungsfristen und Termine sowie ausgesprochenen Kündigungen gelten auch zwischen den Parteien dieses Anerkennungstarifvertrages.

        

Forderungen, die zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen gestellt werden, gelten auch gegenüber der jeweiligen Partei dieses Tarifvertrages als gestellt.

        

Arbeitskampffreiheit und Friedenspflicht regeln sich so, als wäre die Firma Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen hat.

        

Zwischen den Parteien finden ebenfalls alle Abmachungen, Abkommen, Zusatzabkommen und Änderungsverträge Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen werden.

        

Dies gilt auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen, die anstelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten. Die in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. -abkommen oder -vereinbarungen gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus.“

5

Mit „Zusatztarifvertrag“ vom 14. Januar 1997 wurde - neben Änderungen der Wochenarbeitszeit und des anteiligen 13. Monatseinkommens - auf den Lohn- und Gehaltstarifvertrag der bayerischen Metallindustrie vom 12. Dezember 1996 verwiesen. In einem weiterem „Zusatztarifvertrag“ (vom 1. Oktober 1998) wird die „kommende Lohn-Gehaltserhöhung 1999“ ungekürzt weitergegeben, aber auf die zu leistende Sonderzahlung, die für dasselbe Jahr um die Hälfte gekürzt wurde, angerechnet. Ab 1. Januar 2000 sollten alle tariflichen Bestimmungen wieder uneingeschränkt gelten.

6

Die Beklagte kündigte im September 2001 sämtliche von ihr mit der IG Metall vereinbarten Tarifverträge fristgerecht zum 31. Dezember 2001. Die in der Folgezeit durch die Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie vereinbarten Entgelterhöhungen leistete sie nicht.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - für den Zeitraum ab Februar 2008 die Nachzahlung der Differenz zwischen dem ihm geleisteten Entgelt und dem jeweiligen Tarifentgelt der Tarifgruppe 5, 4. Gruppenjahr nach den Vergütungstabellen der bayerischen Metallindustrie nebst den Leistungszulagen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die tariflichen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie auch für die Zeit nach dem 1. Januar 2002 dynamisch anzuwenden. Der Arbeitsvertrag enthalte eine konstitutive Abrede, die eine dynamische Anwendung der jeweiligen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie zur Folge habe. Der arbeitsvertragliche Verweis auf das jeweilige Tarifgehalt, die Tarifgruppe sowie auf die Leistungszulage, die im Verbandstarifvertrag geregelt sei, belegten den Willen der Parteien, die Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie dynamisch anzuwenden. Selbst wenn sich das arbeitsvertraglich in Bezug genommene jeweils „geltende Tarifrecht“ auf die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge beziehe, die er zudem nicht gekannt habe, gelte dies nur für deren Geltungsdauer, danach seien die jeweiligen Verbandstarifverträge wieder maßgebend. Es liege auch keine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats vor. Die Beklagte sei nicht Verbandsmitglied gewesen und habe die Tarifverträge des Verbands nur teilweise in Bezug genommen. Da der Arbeitsvertrag im Übrigen keinen Hinweis auf den Anerkennungstarifvertrag enthalte, sei die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB anzuwenden. Er sei Mitglied der IG Metall und ihm sei es darauf angekommen, nicht schlechter gestellt zu werden als bei seinem bisherigen Arbeitgeber, für den die Verbandstarifverträge aufgrund Mitgliedschaft gegolten hätten.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.531,78 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.192,40 Euro seit dem 1. Januar 2009 und aus weiteren 1.339,38 Euro seit dem 1. März 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei an die Tarifregelungen der bayerischen Metallindustrie nicht mehr gebunden. Bei der arbeitsvertraglichen Verweisung handele es sich allenfalls um eine sog. Gleichstellungsabrede. Mit Beendigung ihrer eigenen Tarifgebundenheit ab dem 1. Januar 2002 habe gleichzeitig die Dynamik der Bezugnahme geendet. Zudem enthalte der Arbeitsvertrag keinen Verweis auf das Tarifrecht des Verbands. Allenfalls könne der mit ihr vereinbarte Anerkennungstarifvertrag erfasst sein. Die Nennung der Tarifgruppe im Arbeitsvertrag habe nur der Zuweisung in das betriebliche Eingruppierungsschema gedient.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage im noch streitigen Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch des Klägers gibt es keine rechtliche Grundlage. Die nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Tarifentgelterhöhungen in den Flächentarifverträgen der bayerischen Metallindustrie finden im Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

12

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Entgeltdifferenzen auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Dies gilt auch dann, wenn man zu seinen Gunsten und mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgeht, die arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütungsregelungen enthielten im Ergebnis eine dynamische Bezugnahme auf die tariflichen Bestimmungen der bayerischen Metallindustrie. Eine Bezugnahmeregelung in den Vergütungsbestimmungen des im Jahre 1995 geschlossenen Arbeitsvertrags ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige zeitdynamische Verweisung auf genannte Tarifregelungen in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Nach der von der Beklagten erklärten Kündigung sämtlicher Haustarifverträge zum Ablauf des Jahres 2001 galten diese nur noch mit dem zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Regelungsbestand - „statisch“ - fort. Spätere Tariflohnerhöhungen in den Verbandstarifverträgen werden von einer Bezugnahmeregelung nicht mehr erfasst.

13

1. Die Auslegungsregel zu einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Senats ist auch dann anzuwenden, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an Verbandstarifverträge auf einer dynamischen Verweisung in einem Haustarifvertrag beruht. Ihr steht weder die Bezugnahme auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon, noch die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB entgegen.

14

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum geht, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reicht, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

15

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

16

c) Die zu dieser Rechtsfolge führende Auslegungsregel ist auch dann maßgebend, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nicht auf dessen Verbandsmitgliedschaft zurückgeht, sondern auf einen zum Zeitpunkt des Arbeitsvertrags geltenden Anerkennungstarifvertrag (st. Rspr., BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 477/08 - Rn. 19; siehe weiterhin 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 30 ff.).

17

d) Der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung steht - anders als dies der Kläger meint - nicht entgegen, dass nicht auf das ganze Tarifwerk, sondern nur auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon verwiesen wird. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, mit der dynamisch auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk verwiesen wird, dient dem Zweck, die Anwendung der jeweiligen Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen, beinhaltet jedoch nicht eine vertragliche Vereinbarung über eine umfassende Behandlung des Arbeitnehmers als Gewerkschaftsmitglied (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 30, BAGE 130, 43; 9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 28). Die durch die frühere Rechtsprechung des Senats begründete Auslegung einer solchen arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede setzt ebenso wenig wie die Verweisungsklausel im Allgemeinen besondere Anforderungen an das im Arbeitsvertrag genannte Bezugsobjekt voraus, sondern variiert lediglich die Wirkungsweise der vertraglichen Gestaltung. An die besondere Voraussetzung, dass der Arbeitgeber an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag seinerseits auch normativ gebunden ist, knüpft sie die abweichende und besondere Rechtsfolge des Wegfalls der Dynamik bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Keine notwendige Bedingung dagegen ist es, dass im Arbeitsvertrag auf sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (etwa ob eine sog. Tarifwechselklausel vorliegt: BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 29).

18

Dementsprechend ist der Senat stets davon ausgegangen, dass eine sog. Gleichstellungsabrede auch dann vorliegen kann, wenn arbeitsvertraglich nur einzelne Regelungsbereiche in Bezug genommen wurden oder tarifvertragliche Bestimmungen lediglich „im Übrigen“ anzuwenden sind und/oder „soweit nicht abweichende arbeitsvertragliche Regelungen bestehen“ (vgl. bspw. BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 602/06 -; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40; 13. November 2002 - 4 AZR 393/01 - BAGE 103, 364; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - BAGE 103, 141; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120).

19

e) Entgegen der Auffassung des Klägers stehen der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Senats ist unter Anwendung der seit dem 1. Januar 2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung(zB BAG 17. November 1998 - 9 AZR 584/97 -) davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln iSv. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann(BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Senat seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Senat vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), daß eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, aaO; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält der Senat für Altverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (siehe auch BAG 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 28 ff.).

20

2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung der Parteien im Entscheidungsfall als sog. Gleichstellungsabrede zu qualifizieren.

21

a) Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Oktober 1995 über den Anerkennungstarifvertrag normativ an die dort genannten Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (vom 31. Oktober/2. November 1970 idF vom 1. April 1994), gebunden. Dieser Manteltarifvertrag enthält die Zuordnung von Tätigkeiten zu bestimmten Gehaltsgruppen sowie die Bestimmung des einschlägigen Gruppenjahres, die für den Kläger im Arbeitsvertrag mit „Tarifgruppe 5/4“ bezeichnet wurde und auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs bezogen hat.

22

b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, im Arbeitsvertrag sei lediglich eine unmittelbare Bezugnahme auf die Verbandstarifverträge erfolgt, nicht dagegen auf die Haustarifverträge der Beklagten. Dem widerspricht schon das vertraglich vereinbarte „Tarifgehalt“ von 4.848,00 DM, das sich gerade nicht aus der zu diesem Zeitpunkt geltenden Gehaltstabelle des Verbandstarifvertrags ergab. Vielmehr entsprach es in seiner Höhe allein den sich in Anwendung der Ziff. II.1.1. des Anerkennungstarifvertrags ergebenden Bestimmungen.

23

c) Die - zugunsten des Klägers vom Landesarbeitsgericht unterstellte - dynamische Inbezugnahme der Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie über die Verweisung im Anerkennungstarifvertrag endete mit Ablauf der Tarifgebundenheit der Beklagten durch die Kündigung der Haustarifverträge zum Jahresende 2001. Nach diesem Zeitpunkt erfolgte Änderungen in den Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie waren für die Beklagte nicht mehr verbindlich.

24

II. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Entgelts nach den jeweiligen Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht aus der von ihm behaupteten Mitgliedschaft in der IG Metall.

25

Nach Beendigung des Anerkennungstarifvertrags zum Ende des Jahres 2001 wirken seine Rechtsnormen nach § 4 Abs. 5 TVG zwar nach. Eine lediglich nachwirkende Verweisung auf andere Tarifverträge erstreckt sich jedoch nicht auf im Nachwirkungszeitraum vereinbarte Änderungen der in Bezug genommenen Tarifbestimmungen (st. Rspr., BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 8/10 - Rn. 27 mwN; so bereits 17. Mai 2000 - 4 AZR 363/99 - zu I 4 der Gründe, BAGE 94, 367).

26

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil er mit seinem Rechtsmittel unterlegen ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 87/08 - aufgehoben, soweit es über den Antrag zu 2. entschieden hat.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 21. Oktober 2008 - 3 Ca 291/08 - teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 2. abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat von den erst- und zweitinstanzlichen Kosten 80 % und von den Kosten des Revisionsverfahrens 86 % zu tragen. Die übrigen Kosten hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger ist beim beklagten Verein als Hausmeister auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 14. August 1980 tätig. Unter der Überschrift „Vergütung“ regelten die Parteien in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags:

        

„Herr L erhält für ihre/seine Tätigkeit eine Vergütung in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII.

        

...“   

3

Bis 2003 zahlte der Beklagte die Vergütung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (im Folgenden: BAT) und den jeweiligen Vergütungstarifverträgen. Der Kläger wurde in die VergGr. VIb BAT höhergruppiert. Nach dem Jahr 2003 erfolgten die Leistungen nicht mehr in vollem Umfang. Im April 2004 verzichtete der Kläger auf die tarifliche Erhöhung des Gehalts um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 gemäß dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder.

4

Am 1. November 2006 traten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) in Kraft. Der Beklagte bot daraufhin allen Mitarbeitern einen neuen Arbeitsvertrag an. Der Kläger nahm das Angebot nicht an.

5

Mit der Zahlungsklage hat er unter anderem tarifliche Einmalzahlungen für 2007,  Ansprüche auf Differenzvergütung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. August 2008 und (restliche) Jahressonderzahlungen für 2006 und 2007 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte hinsichtlich der Vergütung eine dynamische Inbezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Länder.

6

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, folgende Anträge gestellt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.778,05 Euro brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass er Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung hat.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, es sei weiterhin der BAT anzuwenden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren im Wesentlichen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist nur zum Teil erfolgreich.

10

A. Die Revision ist unbegründet, soweit die Vorinstanzen dem Zahlungsantrag des Klägers stattgegeben haben.

11

I. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für das Jahr 2007. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von Ziffer 5 des Arbeitsvertrags.

12

1. Gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung „in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII“. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme.

13

2. In Ziffer 5 knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen einzelvertraglichen Entgeltanspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Die Formulierung „in Anlehnung an“ stellt keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis des Beklagten auf ein von ihm praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar dynamisch. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweite normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338).

14

Die Parteien haben den Begriff der Vergütung in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags im Übrigen nicht selbst definiert oder näher konkretisiert. Zutreffend hat ihn das Berufungsgericht dahingehend auslegt, dass er alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 41, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

15

3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel eine Erstreckung auf den TV-L und den Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 (TV EZ-L) vom 8. Juni 2006 nicht. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst, denn Ziffer 5 des Arbeitsvertrags ist zeit- und nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet. Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war, nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen (vgl. dazu BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38).

16

4. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

17

a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bundes zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 [TVÜ-Bund]), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

18

b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

19

aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

20

bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - NZA 2010, 1183; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

21

cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

22

dd) Der von dem Beklagten erhobene Einwand der Verletzung seiner negativen Koalitionsfreiheit geht fehl. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, nicht. Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Bei der (ergänzenden) Vertragsauslegung spielt weder die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei eine Rolle (vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47, 48, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

23

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, gerade der TV-L und nicht der TVöD sei an die Stelle des BAT getreten, ist in der Revision nicht angegriffen worden.

24

5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L.

25

a) Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. Ziffer 5 des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren 2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und die - wie § 2 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TV EZ-L zeigt - keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung sind(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 32, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

26

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für die Einmalzahlung. Die VergGr. VIb BAT, nach der der Kläger vergütet wurde, entspricht der Entgeltgruppe 6 des TV-L (vgl. TVÜ-Länder Anlage 2). Nach dem TV EZ-L bestand am 31. Januar 2007 für Vollzeitbeschäftigte der Entgeltgruppe 6 ein Anspruch auf Zahlung von 310,00 Euro und am 30. September 2007 ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 450,00 Euro. Hiervon sind die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

27

II. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 6 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Entgelterhöhung für die Monate Januar bis August 2008 um 2,9 Prozent nach dem TVÜ-Länder für 2007. Insoweit gelten die Ausführungen zu A I 5 der Entscheidungsgründe entsprechend.

28

III. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 20 Abs. 1 und Abs. 3 TV-L für die Jahre 2006 und 2007 Anspruch auf Leistung einer Jahressonderzahlung in der von den Vorinstanzen errechneten Höhe. Bei der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L handelt es sich um eine finanzielle Leistung des Arbeitgebers, die als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorgesehen ist und mangels anderweitiger vertraglicher Regelung von der Bezugnahmeklausel in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfasst wird. Sie tritt an die Stelle der von dem Beklagten vor der Tarifsukzession in Vollzug der vertraglichen Regelung gezahlten Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973.

29

B. Die Revision des Beklagten ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, er habe Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung. Die Vergütung des Klägers richtet sich zwar nicht mehr nach dem BAT. Sie lässt sich jedoch auch nicht aus den Tabellenwerten der jeweiligen Vergütungstarifverträge zum TV-L ablesen. Der Kläger hat 2004 auf die Erhöhung des Gehalts entsprechend dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder vom 31. Januar 2003 um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 verzichtet. Die Parteien haben damit eine individuelle Vergütungsvereinbarung getroffen, die für eine weitere Dynamisierung der Vergütung als Basis zugrunde gelegt werden muss. Hiervon sind die Vorinstanzen bei der Ermittlung des individuellen Vergleichsentgelts gemäß § 6 Abs. 1 TVÜ-Länder im Rahmen der Zahlungsklage auch zutreffend ausgegangen.

30

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Heyn    

        

        

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. August 2008 - 3 Sa 1798/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Vergütung nach dem zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (im Folgenden: TV-Ärzte/VKA) beanspruchen kann.

2

Der Beklagte ist Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband Hessen und betreibt ein Kreiskrankenhaus. Der 1941 geborene Kläger war bei ihm vom 12. Mai 1986 bis zum 31. Oktober 2006 als leitender Abteilungsarzt (Chefarzt) der Anästhesieabteilung beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 12. Mai 1996 vereinbarten die Parteien ua.:

        

㤠1

        
        

Dienstverhältnis           

        
        

...     

        
        

(3)     

Auf das Dienstverhältnis finden die §§ 4 und 6 bis 10, 13, 14, 18, 39, 52, 66 und 70 des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 sowie die vom Krankenhausträger erlassenen Satzungen, Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

        
        

...     

                 
        

§ 7

        
        

Vergütung für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich           

        
        

(1)     

Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 bis 5)

        
                 

1.    

als feste Vergütung           

        
                          

Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I des BAT in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag vom 17.05.1976 in der für Mitglieder der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) jeweils gültigen Fassung. Die Gewährung von Kindergeld richtet sich nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) vom 31.01.1975, BGBl. I S. 412, in der jeweils gültigen Fassung.

        
                          

Wird der BAT oder der maßgebende Vergütungstarifvertrag im Bereich der VKA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt, so tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen.

        
                          

Der Arzt erhält dieselben tariflichen Vergünstigungen (z. B. Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld) wie die übrigen Bediensteten des Krankenhausträgers in sinngemäßer Anwendung der hierfür jeweils gültigen Tarifverträge. Bemessungsgrundlage für die Weihnachtszuwendung ist die Monatsvergütung.

        
                 

2.    

als variable, nicht zusatzversorgungspflichtige Vergütung           

        

        

                 

a)    

das Liquidationsrecht für die von ihm erbrachten Leistungen bei denjenigen Kranken, die

        
                                   

-       

gemäß § 7 BPflV und § 8 der AVB des Krankenhauses gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen gewählt und dies mit dem Krankenhaus vereinbart haben.

                          

b)    

das Liquidationsrecht für das Gutachterhonorar bei Aufnahmen zur Begutachtung (§ 7 BPflV), soweit die gesonderte Berechnung eines Gutachterhonorars neben dem Pflegesatz nach dem Pflegekostentarif des Krankenhauses in der jeweils gültigen Fassung zulässig ist;

        
                          

c)    

das Liquidationsrecht für diejenigen ambulanten Notfallbehandlungen von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die der Arzt in eigener Person vorgenommen hat.

        
                          

...     

                 
        

(6)     

Erreicht das Bruttoeinkommen aus den Dienstbezügen nach Abs. 1 Nr. 1, den Liquidationserlösen nach Abs. 1 Nr. 2, Einnahmen aus der Tätigkeit nach § 17, sowie aus der Vergütung nach § 20 den Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich nicht, so bezahlt der Krankenhausträger dem Chefarzt eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages, um den das Bruttoeinkommen im vorstehenden Sinne hinter dem Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich zurückbleibt.

        
                 

...     

        
                 

Der Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich erhöht oder ermäßigt sich jeweils um den gleichen Prozentsatz, um den sich das Grundgehalt in der Endstufe der Vergütungsgruppe des Chefarztes ändert. Der sich daraus ergebende Betrag ist jeweils auf volle 10,00 DM aufzurunden.“

        
3

Die arbeitsvertraglich garantierte Vergütung betrug im Jahr 2006 unabhängig von etwaigen Liquidationserlösen 147.000,00 Euro brutto.

4

Nach der Ersetzung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (im Folgenden: BAT) durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (im Folgenden: TVöD) zum 1. Oktober 2005 vergütete der Beklagte den Kläger nach Maßgabe dieses Tarifvertrags. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 15 Ü der Anlage 1 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-VKA) vom 13. September 2005 iHv. monatlich 5.625,00 Euro brutto zuzüglich eines in den Gehaltsabrechnungen als „Diff. Vergleichsentg.“ bezeichneten Betrags iHv. 11,38 Euro brutto.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger für den Zeitraum August bis Oktober 2006 Abrechnung und Zahlung der Differenz zwischen der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA und der erhaltenen Vergütung iHv. monatlich 863,62 Euro brutto sowie einer auf der Grundlage der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA berechneten Rufbereitschaftspauschale und eines entsprechend berechneten Überstundenzuschlags von 15 % begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe die Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA. Bei letzterem handele es sich um einen seit dem 1. August 2006 geltenden speziellen Ärztetarifvertrag für die an kommunalen Krankenhäusern beschäftigten Ärztinnen und Ärzte. Der TVöD sei dagegen ein allgemeiner, berufsgruppenübergreifender Tarifvertrag für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Hinzu komme, dass alle beim Beklagten beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Chefärzte nach dem TV-Ärzte/VKA bezahlt würden.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, die ihm für die Monate August bis Oktober 2006 erteilten Abrechnungen dahingehend zu berichtigen, dass diese ein zusätzliches Bruttogehalt von 1.760,92 Euro ausweisen und an ihn 5.282,76 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 1.760,92 Euro seit dem 31. August 2006, 30. September 2006 und 31. Oktober 2006 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Kläger sei aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zum 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD übergeleitet worden. Mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA sei der TVöD nicht ersetzt worden. Ein Wille der Arbeitsvertragsparteien, von zwei Tarifwerken dasjenige zu wählen, welches die höchste Vergütungsgruppe enthalte, lasse sich weder dem Vertag noch den sonstigen Umständen als hypothetischer Parteiwille entnehmen. Gemessen an der Gesamtvergütung bestehe weiterhin ein gebührender Abstand zum Gehalt eines Oberarztes.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA.

10

I. Der TV-Ärzte/VKA findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Unabhängig von der fehlenden beiderseitigen Tarifgebundenheit gilt der TV-Ärzte/VKA nicht für Chefärzte, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA. Chefärzte werden nach ausdrücklicher Regelung vom persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags nicht erfaßt. Darüber hinaus sind nach § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA in Entgeltgruppe IV (nur) Leitende Oberärzte, denen die ständige Vertretung des Chefarztes übertragen ist (zu den Eingruppierungsmerkmalen des § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 836/08 - ZTR 2010, 294), nicht aber Chefärzte eingruppiert.

11

II. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA ergibt sich nicht aus dem Arbeitsvertrag.

12

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag erhält der Kläger für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich als feste Vergütung Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I BAT in der für Mitglieder der VKA jeweils gültigen Fassung. Bei Ersetzung des BAT oder des maßgeblichen Vergütungstarifvertrags tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrags unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen. Diese Vereinbarung enthält eine kleine dynamische Bezugnahme.

13

a) Bei § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 18, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15),der keine der Parteien entgegen getreten ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24 mwN, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

14

b) Danach enthält § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags eine kleine dynamische Bezugnahme.

15

In § 7 Abs. 1 Nr. 1 knüpfen die Parteien die Vergütung, obwohl Leitende Ärzte(Chefärzte) nach § 3 Buchst. i BAT von dessen Geltungsbereich ausgenommen sind und dementsprechend die Vergütungsordnungen zum BAT keine Eingruppierungsmerkmale für Chefärzte enthalten, pauschal an die Vergütungsgruppe I der für den Bereich VKA geltenden Vergütungsordnung einschließlich der in § 26 BAT vorgesehenen Struktur einer Gesamtvergütung bestehend aus der Grundvergütung und dem Ortszuschlag an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Die Vergütung soll sich nach der Vergütungsgruppe I des BAT in der jeweils gültigen Fassung richten. Damit wollte der tarifgebundene Beklagte das in seinem Krankenhaus geltende Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes auch für die Vergütung der Chefärzte im dienstlichen Aufgabenbereich anwenden und die dort stattfindende Vergütungsentwicklung nachvollziehen (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 14, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338; vgl. auch 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22, BAGE 116, 185).

16

c) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel trägt allerdings neben der Erstreckung auf den TVöD auch eine solche auf den TV-Ärzte/VKA. Denn beide haben den BAT durch Tarifsukzession (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 19 mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) ersetzt, § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(im Folgenden: TVÜ-VKA) vom 13. September 2005, § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts(im Folgenden: TVÜ-Ärzte/VKA) vom 17. August 2006. Der BAT wurde auf Gewerkschaftsseite nicht nur von der Gewerkschaft ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossen, diese handelte aufgrund einer 1994 zwischen der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) und dem Marburger Bund geschlossenen Vereinbarung zugleich für den Marburger Bund, der im Jahre 2005 gegenüber der Gewerkschaft ver.di die zum Abschluss von Tarifverträgen erteilte Vollmacht widerrief, zugleich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zu Tarifvertragsverhandlungen über einen Tarifvertrag für Ärzte aufforderte und den BAT zum 31. Dezember 2005 kündigte (vgl. dazu BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 3, ZIP 2010, 1045; Bayreuther NZA 2009, 935).

17

2. Diese „Regelungspluralität“ auf vertraglicher Ebene ist nicht zugunsten und im Sinne des Klägers gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu lösen.

18

a) Eine Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB auf arbeitsvertragliche Klauseln, die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen, scheitert in der Regel schon daran, dass die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht abstrakt und unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation beantwortet werden kann(BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 27, BAGE 128, 73). Das gilt nicht nur dann, wenn arbeitsvertraglich auf ein Tarifwerk insgesamt Bezug genommen wird, sondern auch, wenn die Parteien nur für einen Regelungsgegenstand - hier: Vergütung - auf ein Tarifwerk verweisen. Denn es ist nicht zwingend, dass eine Vergütung nach dem einen Tarifvertrag für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses günstiger ist als eine nach dem anderen Tarifvertrag. Die Frage, welcher Tarifvertrag in Bezug genommen ist, kann aber nicht jeweils abhängig vom Zeitpunkt der Geltendmachung unterschiedlich bestimmt werden. Ansonsten käme man von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen hinsichtlich ein und derselben vertraglichen Bezugnahmeregelung. Je nachdem, welcher Tarifvertrag gerade eine für den Arbeitnehmer günstigere (also höhere) Vergütung vorsieht, käme es zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen und einem in der Praxis nur schwer handhabbaren „Hin und Her“ der Tarifanwendung (so zutreffend Bayreuther NZA 2009, 935).

19

b) Zudem ist die Bezugnahmeklausel in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag anders als in dem der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185) zugrunde liegenden Fall, in dem zweifelhaft war, ob eine statische oder dynamische Verweisung vorlag, selbst nicht unklar, sondern eindeutig. Im Fall der Ersetzung des BAT oder der maßgeblichen Vergütungstarifverträge im Bereich der VKA soll an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT „die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen“ treten. „Unklar“ wurde lediglich und erst im Nachhinein aufgrund der bei Vertragsschluss nicht vorhersehbaren Tarifpluralität, welcher der den BAT ersetzenden Tarifverträge vertraglich in Bezug genommen sein soll.

20

3. Eine Auflösung der nach Vertragsschluss und bedingt durch die Tarifpluralität auf tariflicher Ebene eingetretene Regelungspluralität hat durch ergänzende Vertragsauslegung zu erfolgen.

21

a) Die Parteien wollten mit der Klausel des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag den den vereinbarten Tarifvertrag ersetzenden in Bezug nehmen, haben aber bei Abschluss des Arbeitsvertrags aufgrund der damaligen Tarifpraxis nicht bedacht(und auch nicht bedenken können), dass später auf tariflicher Ebene Tarifpluralität eintreten könnte. Die Vergütung kann sich nach dem Wortlaut nach mehreren unterschiedlichen Tarifverträgen richten, während die Parteien die Orientierung ihrer Vergütung an (nur) einem Tarifwerk gewollt haben. Damit ist nachträglich ein regelungsbedürftiger Sachverhalt entstanden, denn die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt nicht, nach welchem Tarifwerk sich die Vergütung richten soll, wenn es durch den späteren Abschluss mehrerer Tarifverträge nachträglich mehrere mögliche Bezugnahmeobjekte gibt.

22

b) Mithin ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung nach dem ihr zugrunde liegenden Regelungsplan zu vervollständigen und zu fragen, nach welchem Tarifwerk die Parteien ihre Vergütung gerichtet hätten, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass der BAT durch mehrere Tarifverträge ersetzt werden könnte. Als redliche Vertragsparteien (vgl. zum Maßstab der ergänzenden Vertragsauslegung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182) hätten die Parteien dasjenige ersetzende Tarifwerk gewählt, das überhaupt eine Vergütungsgruppe enthält, die die im Arbeitsvertrag benannte „Vergütungsgruppe I des BAT“ ersetzt oder ihr am nächsten kommt. Eine „Überleitung“ bzw. „Ersetzung“ der Vergütungsgruppe I der Vergütungsordnung zum BAT erfolgte nur durch die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD (§ 4 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit der Anlage 1 TVÜ-VKA, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA). Damit erhält der Kläger genau die Vergütung, die er arbeitsvertraglich vereinbart hat.

23

Die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD ist - jedenfalls bislang - auch dynamisch, ihre Tabellenwerte wurden zum 1. Januar 2008, 1. Januar 2009, 1. Januar 2010 sowie 1. Januar und 1. August 2011 erhöht, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 und des Änderungstarifvertrags Nr. 5 vom 27. Februar 2010. Dagegen enthält der TV-Ärzte/VKA überhaupt keine der Vergütungsgruppe I der Vergütungsordnung zum BAT entsprechende Entgeltgruppe und hat zudem ein gegenüber dem früheren BAT vollständig neues Eingruppierungssystem für die von ihm erfassten Ärztinnen und Ärzte (also nicht für Chefärzte) geschaffen, §§ 16 ff. TV-Ärzte/VKA. Einer derartigen diskontinuierlichen Ersetzung ihrer Vergütungsabrede hätten redliche Vertragsparteien nicht den Vorzug gegenüber der mit einer Vergütung entsprechend Entgeltgruppe 15 Ü TVöD kontinuierlichen Entwicklung gegeben (ähnlich Anton ZTR 2009, 2, 5). Es wäre keine angemessene Lösung, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Vergütungsvereinbarung und die Vergütung der Parteien auf ein „neues System“ umzustellen, wenn ein die Kontinuität der bisherigen Vergütungsabrede wahrendes Vergütungssystem zur Verfügung steht. Dass über die von den Parteien gewollte Dynamisierung der Vergütung hinaus der Kläger auch an strukturellen Änderungen der tariflichen Vergütungsregelungen oder an neuen Entgeltsystemen für Ärzte, die nicht Chefärzte sind, teilhaben soll, lässt sich dem Regelungsplan des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag nicht entnehmen. Dafür hat der Kläger auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte vorgebracht.

24

c) Ein anderes Auslegungsergebnis lässt sich nicht damit begründen, der TV-Ärzte/VKA sei der „speziellere“ Tarifvertrag. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem tatsächlich so ist (verneinend etwa Bayreuther NZA 2009, 935: „tarifrechtlich (…) gleichwertig“). Jedenfalls für Chefärzte ist der TV-Ärzte/VKA schon deshalb nicht „spezieller“, weil er für sie ebenso wie der TVöD nicht gilt, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA, und keine Regelungen für die Berufsgruppe der Chefärzte enthält. Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel, die dazu dient, eine Tarifkonkurrenz aufzulösen (vgl. dazu ErfK/Franzen 10. Aufl. § 4 TVG Rn. 65 ff. mwN; BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 49, NZA 2010, 712). Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34; 27. Januar 2010 - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 99, NZA 2010, 645). Für die ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb das tarifrechtliche Prinzip der Spezialität ohne Belang, sofern sich nicht aus dem Regelungsplan des Vertrags Gegenteiliges ergibt.

25

d) Eine Vergütung entsprechend dem TV-Ärzte/VKA hätten die Parteien nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien auch nicht deshalb vereinbaren müssen, weil Chefärzte stets mehr verdienen müssten, als ihr in Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA eingruppierter ständiger Vertreter.

26

Einen allgemeinen Grundsatz, ein Vorgesetzter sei stets höher zu vergüten als seine ihm unterstellten Mitarbeiter, gibt es im Arbeitsrecht ebenso wenig wie ein „Abstandsgebot“ (vgl. für tarifliche Vergütungsregelungen BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - ZTR 2010, 190). Überdies erzielt ein Chefarzt aufgrund der Einräumung des Liquidationsrechts als variablen weiteren Vergütungsbestandteil neben der Festvergütung in der Regel ein höheres Einkommen als die ihm unterstellten Ärzte.

27

III. Damit kann der Kläger auch eine Berechnung der ihm von dem Beklagten gewährten Rufbereitschaftspauschale sowie eines Überstundenzuschlags auf der Basis des TV-Ärzte/VKA nicht verlangen.

28

IV. Ein Anspruch auf Berichtigung der Gehaltsabrechnungen für die Monate August bis Oktober 2006 besteht nicht. Dafür gibt es keine Anspruchsgrundlage. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer bei der Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen(vgl. dazu BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, BAGE 119, 62). Selbst wenn der Kläger eine Nachzahlung zu beanspruchen gehabt hätte, wären nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht die Abrechnungen für die Monate August bis Oktober 2006 zu berichtigen gewesen. Vielmehr hätte der Beklagte dem Kläger über die erstrittene Nachzahlung eine eigene Abrechnung erteilen müssen.

29

V. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

    Spelge    

        

        

        

    Zoller    

        

    Haas    

        

        

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.