Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. August 2017 - 29 Ca 39/17 - abgeändert.

Die Klage wird vollen Umfangs abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

2

Der Kläger war seit dem 02. September 2013, zuletzt auf Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 03. März 2014 (Anlage K 1, Bl. 3 bis 5 d. A.), als Fußbodenleger mit einem Stundenlohn von 11,10 € brutto und einer Arbeitszeit von 8 Stunden täglich beim Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält auszugsweise die folgenden Regelungen:

3

§ 6 Urlaub

4

Der Arbeitnehmer erhält kalenderjährlich Urlaub in Höhe von 25 Arbeitstagen. ...
...

5

§ 11 Verfallfristen

6

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.“

7

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 17. Juni 2016 fristlos und am 24. Juni 2016 vorsorglich ordentlich. Gegen diese Kündigungen erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Hamburg Kündigungsschutzklage (29 Ca 315/16). Am 15. August 2016 schlossen die Parteien in dem vorgenannten Rechtsstreit einen Vergleich (Anlage K 2, Bl. 6 bis 8 d. A.), der unter anderem folgende Regelungen enthält:

8

„1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 24.06.2016 aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Ablauf des 15.08.2016. Der Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 17.06.2016 keine Rechte mehr her. Der Kläger nimmt diesen Verzicht hiermit an.

9

2. Der Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge – unter Berücksichtigung etwaiger auf öffentliche Träger kraft Gesetzes übergegangener und gepfändeter Ansprüche – an den Kläger zu zahlen bis zum 15.09.2016.
...

10

5. Damit sind alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie dieser Rechtsstreit erledigt.“

11

Der Beklagte erstellte in der Folgezeit für den Monat August 2016 die als Anlage K 1 (Bl. 9 d. A.) vorliegende Abrechnung vom 24. August 2016, die Vergütung für 88 Stunden iHv 976,80 € brutto, jedoch keine Urlaubsabgeltung beinhaltet. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erhielt die Abrechnung mit Schreiben vom 06. Oktober 2016.

12

Mit seiner am 17. Januar 2017 bei Gericht eingegangenen und am 25. Januar 2017 dem Beklagten zugestellten Klage begehrt der Kläger Urlaubsabgeltung für 20 Urlaubstage in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.766,00 € brutto (20 Tage à 8 Stunden x 11,10 € brutto) nebst Zinsen.

13

Der Kläger hat vorgetragen, die im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussfrist sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Es sei unstreitig, dass der Beklagte ihm Entgelt für nicht genommenen Urlaub schulde. Der Beklagte habe ihn bei Abschluss des Vergleichs arglistig über seine Bereitschaft getäuscht, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen. Der Beklagte sei vor Ablauf der Ausschlussfrist nicht bereit gewesen, ihm die Urlaubsabgeltung zu bezahlen; dies habe die Prozessbevollmächtigte des Beklagten seinem Prozessbevollmächtigten in diversen Telefonaten bestätigt.

14

Einer schriftlichen Geltendmachung des Abgeltungsanspruchs seinerseits habe es nicht bedurft, da er den Anspruch konkludent mit der Kündigungsschutzklage geltend gemacht habe. Der Abgeltungsanspruch hänge vom Ausgang der Kündigungsschutzklage ab.

15

Nach Abschluss des Vergleichs sei er nicht verpflichtet gewesen, den Abgeltungsanspruch schriftlich zu beziffern und geltend zu machen. Der Beklagte habe hierauf verzichtet. Dies folge aus seiner im Vergleich eingegangenen Verpflichtung, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge zu zahlen. Dies beinhalte auch den ihm unstreitig zustehenden Urlaubsabgeltungsanspruch. Vor diesem Hintergrund sei die Berufung auf die Ausschlussfrist auch treuwidrig.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.766,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins S. seit dem 16.09.2016 an den Kläger zu zahlen.

18

Der Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Der Beklagte hat vorgetragen, die Klageforderung sei gemäß § 11 des Arbeitsvertrages verfallen.

21

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 31. August 2017 der Klage in Höhe von 1.687,20 € brutto nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger ständen lediglich noch 19 Urlaubstage zu, die restlichen 6 Urlaubstage seien ihm in natura gewährt bzw. vergütet worden. Der Abgeltungsanspruch sei nicht durch Ziffer 5 des Vergleichs ausgeschlossen, denn der Beklagte habe sich in Ziffer 2 des Vergleichs verpflichtet, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen. Dazu gehöre auch die Urlaubsabgeltung. Der Urlaubsabgeltungsanspruch sei auch nicht gemäß § 11 des Arbeitsvertrages verfallen. Dabei könne offenbleiben, ob die Verfallklausel wirksam sei. Einer schriftlichen Geltendmachung habe es nicht bedurft, weil der Beklagte sich im Vergleich zur ordnungsgemäßen Abrechnung und Zahlung verpflichtet habe. Unabhängig von der Frage, ob hiermit ein eigener Anspruchsgrund statuiert worden sei, habe sich der Beklagte mit Ziffer 2 des Vergleichs jedenfalls verpflichtet, die Bezifferung vorzunehmen. Darin läge zugleich ein Verzicht auf eine bezifferte schriftliche Geltendmachung durch den Kläger (LAG Köln, Urteil vom 26. Juli 2010, 5 Sa 473/10, juris, Rn. 29). Deshalb verstoße das Berufen des Beklagten auf die Nichteinhaltung der Verfallsfrist auch gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und damit gegen Treu und Glauben. Der Höhe nach folge daraus ein Abgeltungsanspruch von 1.687,20 € brutto (19 Urlaubstage à 8 Stunden x 11,10 € brutto), der aufgrund der im Vergleich vereinbarten Fälligkeit am 15. September 2016 ab dem 16. September 2016 zu verzinsen sei.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 64 ff. d.A.).

23

Gegen das dem Beklagten am 06. September 2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 06. Oktober 2017 Berufung eingelegt und diese mit SchriftS. vom 02. November 2017, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet.

24

Der Beklagte trägt vor, das Urteil sei fehlerhaft, die Klage habe abgewiesen werden müssen. Der Abgeltungsanspruch sei gemäß Ziffer 5 des Vergleichs erledigt und darüber hinaus gemäß § 11 des Arbeitsvertrages verfallen. Zur ordnungsgemäßen Abrechnung gehöre nicht die Abrechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs. Mit Erhebung der Kündigungsschutzklage habe der Kläger keinen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend gemacht, denn dieser hänge nicht vom Erfolg der Kündigungsschutzklage ab. Ziffer 2. des Vergleichs statuiere keinen eigenständigen Anspruchsgrund. Die Urlaubsabgeltung finde im Vergleich keinerlei Erwähnung. Deshalb sei das Berufen auf die Ausschlussfrist auch nicht treuwidrig.

25

Der Beklagte beantragt,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. August 2017 mit dem Az: 29 Ca 39/17 abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

Der Kläger beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, Ziffer 2 des Vergleichs könne nur so verstanden werden, dass sich der Beklagte ihm gegenüber verpflichtet habe, auch die Urlaubsabgeltung ordnungsgemäß abzurechnen und den sich daraus ergebenden Nettobetrag an ihn auszuzahlen.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen beider Rechtszüge verwiesen (§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

I.

31

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 31. August 2017 ist zulässig und begründet.

1.

32

Die Berufung des Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft. Sie wurde im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet.

2.

33

Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist hinsichtlich der in der Berufungsinstanz allein noch streitigen Abgeltung von 19 Urlaubstagen mit 1.687,20 € brutto nebst Zinsen unbegründet. Aus diesem Grund war die Klage vollen Umfangs abzuweisen.

34

a. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist ein Urlaubsabgeltungsanspruch (§ 7 Abs. 4 BurlG) nicht durch die Ausgleichsklausel in Ziffer 5 des Vergleichs ausgeschlossen. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die Erklärungen in einer Ausgleichsklausel haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (BAG, Urteil vom 14. Mai 2013, 9 AZR 844/11, juris, Rn. 11). Wenn die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits in einem gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung beziehende Ausgleichsklausel und nicht nur eine einfache Rechtstreiterledigungserklärung aufnehmen, wollen sie in der Regel das Arbeitsverhältnis umfassend erledigen und alle Ansprüche bereinigen (vgl. BAG, Urteil vom 27. Mai 2015, 5 AZR 137/14, juris, Rn. 21). Im Streitfall besteht aber die Besonderheit, dass die Parteien vor der Ausgleichsklausel, nämlich in Ziffer 2 des Vergleichs, die Verpflichtung des Beklagten vereinbart haben, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge an den Kläger zu zahlen. Damit haben sie klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das Arbeitsverhältnis noch nicht umfassend erledigt ist. Zur ordnungsgemäßen Abgeltung kann - nicht muss - auch eine Urlaubsabgeltung gehören. Eine andere Beurteilung wäre nur geboten, wenn die Parteien entweder die noch abzugeltenden Ansprüche – ohne Einbeziehung einer Urlaubsabgeltung - im Vergleich konkret benannt hätten (so in BAG, Urteil vom 27. Mai 2015, aaO) oder wenn sie auf die Abrechnungsklausel verzichtet hätten (so in der vom Beklagten zitierten Entscheidung des BAG vom 14. Mai 2013, aaO).

35

b. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch ist aufgrund der in Ziffer 11 des Arbeitsvertrags vereinbarten Verfallklausel erloschen. Die Verfallklausel ist wirksam (dazu unter aa). Der Beklagte hat weder die Zahlung einer Urlaubsabgeltung zugesagt noch auf die Einhaltung der Ausschlussfrist verzichtet (dazu unter bb). Die Berufung auf die Ausschlussfrist ist auch nicht treuwidrig (dazu unter cc). Der Kläger hat die Ausschlussfrist nicht gewahrt (dazu unter dd).

36

aa. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Verfallklausel in § 11 des Arbeitsvertrages wirksam.

37

(1) Die Verfallklausel ist nicht – wie der Kläger meint – wegen eines Verstoßes gegen § 202 BGB i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Die Verfallklausel bezieht sich – trotz des weit gefassten Wortlauts („alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“) - nicht auf Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen. Die Verjährung bei Haftung wegen VorS.es kann nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden (§ 202 Abs. 1 BGB). § 202 Abs. 1 BGB ist eine Verbotsnorm iSd § 134 BGB, die nicht nur für die Verjährung, sondern auch für Ausschlussfristen gilt und den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen VorS.es dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann, ergänzt. Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien mit Verfallklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm des § 134 BGB regeln wollten. Vertragsklauseln, die nur in außergewöhnlichen, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Fällen wie die Vorsatzhaftung gegen das Gesetz verstoßen, sind wirksam (BAG, Urteil vom 20. Juni 2013, 8 AZR 280/12, juris, Rn. 20 f.).

38

(2) Die Verfallklausel ist auch nicht gemäß § 3 S. 1 MiLoG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.

39

(a) Nach § 3 S. 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf den Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Die Norm erfasst auch Regelungen über Ausschlussfristen, soweit diese (auch) zur Vermeidung des Verfalls des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn dessen rechtzeitige Geltendmachung verlangen. Denn Ausschlussfristen betreffen die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Anspruchs (BAG, Urteil vom 17. Oktober 2017, 9 AZR 80/17, juris, Rn. 20).

40

(b) Der gesetzliche Mindestlohn betrifft - anders als die Vorsatzhaftung (s.o. unter I. 2. b. aa. (3)) – nicht nur einen selten auftretenden Sonderfall, sondern das Entgelt für geleistete Arbeit und damit den Hauptanwendungsfall einer Ausschlussfrist (BAG, Urteil vom 24. August 2016, 5 AZR 703/15, juris, Rn.21).

41

(c) Soweit die Klausel etwaige Ansprüche auf den Mindestlohn erfasst, ist sie unwirksam. Diese Wirkung umfasst indes nicht die gesamte Klausel, sondern lediglich die Anwendung auf Mindestlohnansprüche. Denn § 3 S. 1 MiLoG ordnet die Unwirksamkeit einer Vereinbarung nur „insoweit“ an, als die Vereinbarung die Geltendmachung des Anspruchs auf den Mindestlohn beschränkt oder ausschließt. Ziel des Gesetzgebers war es u.a., Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Niedriglöhnen zu schützen, die branchenübergreifend als generell unangemessen anzusehen sind. Ein Instrument der Durchsetzungsfähigkeit ist die Regelung des § 3 MiLoG, der den Anspruch auf Mindestlohn sichern und den Arbeitnehmer vor missbräuchlichen Konstruktionen bewahren soll (vgl. BT-Drucksache 18/1558). Dagegen war es nicht das Anliegen des Gesetzgebers, (arbeitsvertragliche) Ausschlussklauseln generell zu unterbinden. Der Begriff „insoweit“ schränkt die Rechtsfolge ‒ die Unwirksamkeit einer entsprechenden, den Mindestlohn gefährdenden Regelung ‒ ein und begrenzt sie auf diesen Fall (LAG Nürnberg, Urteil vom 09. Mai 2017, 7 Sa 560/16, juris, Rn. 61; Bayreuther, Der gesetzliche Mindestlohn, NZA 1014, 865 (871)).

42

(d) Der streitgegenständliche Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterliegt nicht den §§ 1, 3 S. 1 MiLoG. Mit dem Mindestlohn vergütet werden müssen alle Zeiten, die arbeitszeitrechtlich als „Arbeitszeit“ zu betrachten sind, nicht hingegen Zeiten der Nichtarbeit (Greiner in BeckOK Arbeitsrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Stand: 01.12.2017, § 1 MiLOG, Rn. 74 ff.). Weder enthält das Mindestlohngesetz Regelungen bezüglich des Urlaubsentgelts bzw. der Urlaubsabgeltung noch verweist das Bundesurlaubsgesetz auf das Mindestlohngesetz (LAG Nürnberg, Urteil vom 09. Mai 2017, aaO, Rn. 65).

43

(3) Die Verfallklausel hält auch einer AGB-Kontrolle (§§ 305ff. BGB) stand.

44

(a) Die Klausel unterliegt einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, weil es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist, finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 BGB nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen zudem als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden (BAG, Urteil vom 20. Juni 2013, 8 AZR 280/12, juris, Rn. 15). Die Parteien haben auch nicht in Abrede gestellt, dass es sich bei der Anlage K 1 um einen vom Beklagten vorformulierten Vertrag handelt; dafür spricht auch das äußere Erscheinungsbild des Vertrages.

45

(b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG, Urteil vom 27. Januar 2016, 5 AZR 277/14, juris, Rn. 19). Die Regelung befindet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle, sondern in einem mit „Verfallklausel“ überschriebenen Paragrafen.

46

(c) Die Verfallklausel ist auch nicht gemäß § 309 Nr. 7 BGB unwirksam. Von der Verfallklausel sind Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 BGB oder § 202 Abs. 1 BGB erfassten Art nicht umfasst (s.o. unter I. 2. B. (aa) (1); BAG, Urteil vom Urteil vom 20. Juni 2013, aaO, Rn. 25; LAG Nürnberg, Urteil vom 09. Mai 2017, aaO, Rn. 81).

47

(d) Die Klausel verstößt auch nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine einzelvertragliche Verfallfrist, die wie § 11 des Arbeitsvertrags eine Geltendmachung innerhalb eines Zeitraums von mindestens drei Monaten verlangt, begegnet in AGB-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken (vgl. BAG, Urteil vom 28. September 2005, 5 AZR 52/05, juris, Rn. 34).

48

(e) Die Klausel verstößt im Hinblick auf § 3 S. 1 MiLoG auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

49

(aa) Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, verständlich und durchschaubar darzustellen. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen deshalb so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt. Danach verletzt eine Klausel das im Transparenzgebot enthaltene Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet (BAG, Urteil vom 24. August 2017, 8 AZR 378/16, juris, Rn. 18 m.w.N.).

50

(bb) Ob eine Klausel, deren Wortlaut ein gesetzliches Verbot wie § 3 S. 1 MiLoG nicht wiedergibt, generell nicht intransparent, sondern nur insoweit unwirksam ist (so LAG Nürnberg, Urteil vom 09. Mai 2017, aaO, Rn. 83) kann dahin gestellt bleiben. Jedenfalls bei Altverträgen, die vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes abgeschlossen worden sind, ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine einschränkende, das Mindestentgelt nicht umfassende Auslegung geboten. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB liegt in diesen Fällen nicht vor. Das Mindestlohngesetz ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I 2014, 1348) eingeführt und am 16. August 2014 am Tag nach seiner Verkündung in Kraft getreten. Der Arbeitsvertrag (Anlage K 1) ist demgegenüber bereits am 03. März 2014 abgeschlossen worden. Da die Parteien zu diesem Zeitpunkt das Mindestlohngesetz und dessen Inhalt noch nicht kennen konnten, handelt es sich bei der Formulierung der Verfallklausel nicht um eine vermeidbare Unklarheit. Zwar war ein gesetzlicher Mindestlohn schon seit langem in der öffentlichen Diskussion; die Vertragsparteien konnten jedoch nicht wissen, ob und mit welchem Inhalt ein Mindestlohngesetz verabschiedet werden wird. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den gänzlichen Ausschluss von Verfallklauseln, die bei tariflichen Mindestlöhnen, z. B. in der Baubranche (§ 2 Abs. 5 Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 03. November 2017) und in der Gebäudereinigung (§ 2 Abs. 5 des Tarifvertrags zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 30. Oktober 2015), durchaus zu beachten sind. Da das Mindestlohngesetz auch für Altverträge gilt und dies hinsichtlich der Anforderungen an die Vertragsformulierung auf eine echte Rückwirkung hinausläuft, bedarf es der verfassungskonformen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Auslegung und Anwendung im o.a. Sinn (vgl. auch BAG, Urteil vom 21. Januar 2005, 5 AZR 364/04, juris, Rn. 34 zu einem Änderungsvorbehalt in einem Formulararbeitsvertrag, der vor dem 01. Januar 2002 abgeschlossen worden ist). Das führt dazu, dass die unwirksame Klausel nicht gemäß § 306 Abs. 2 BGB ersatzlos wegfällt. Ob durch die Beschränkung in § 3 S. 1 MiLoG („insoweit“) ohnehin eine eindeutige Grenze der Unwirksamkeit gegeben ist, die der Annahme einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion auch bei Neuverträgen entgegensteht (so im Ergebnis auch LAG Nürnberg, Urteil vom 09. Mai 2017, 7 Sa 560/16, juris, Rn. 61; Bayreuther, Der gesetzliche Mindestlohn, NZA 1014, 865 (871); offengelassen: BAG, Urteile vom 17. Oktober 2017, aaO, Rn. 21 und vom 24. August 2016, aaO, Rn. 27), kann dahin gestellt bleiben.

51

bb. Der Beklagte hat weder die Zahlung einer Urlaubsabgeltung gegenüber dem Kläger zugesagt noch auf die Einhaltung der Ausschlussfrist verzichtet, wie der Kläger meint.

52

(1) Durch die vom Beklagten eingegangene Verpflichtung, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen, ist kein Urlaubsabgeltungsanspruch selbständig begründet worden. Die Bestimmung ist bereits viel zu unbestimmt, um hierunter den vom Kläger konkret geltend gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch zu erfassen. Eine bloße Abrechnungsverpflichtung – ohne Angabe, was genau abzurechnen ist (z.B. Abgeltung für ... Tage Urlaub aus dem Jahr..., Vergütung für ... Stunden für den Zeitraum vom ... bis ...) – stellt nur die Bestätigung der ohnehin geltenden Rechtslage dar und schafft keinen von den gesetzlichen Vorgaben unabhängigen Schuldgrund (BAG, Urteil vom 18. März 2009, 5 AZR 192/08, juris, Rn. 22; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. November 2013, 5 Sa 330/13, juris, Rn. 53). Die Abrechnungsverpflichtung bezieht sich somit nur auf die nach anderen Rechtsgrundlagen bestehenden Ansprüche.

53

(2) Das bedeutet allerdings nicht, dass der Anspruch auch ohne Berücksichtigung einschlägiger Verfallfristen zu erfüllen ist (LAG Düsseldorf, Urteil vom 19. August 1999, 11 Sa 675/99, juris, Rn. 44). Die Verfallfristen sind Bestandteil des Arbeitsvertrages und gelten daher ebenso wie die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen. Wenn eine Abrechnungsverpflichtung ohne Konkretisierung der abzurechnenden Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach in einem gerichtlichen Vergleich aufgenommen wird, besteht im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens unverändert ein Bedürfnis nach der Anwendung der vereinbarten Ausschlussfristen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 19. August 1999, aaO, Rn. 44). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um streitige oder unstreitige Ansprüche handelt (BAG, Urteil vom 11. Juni 1980, 4 AZR 443/78, juris, Rn. 10; LAG Hamburg, Urteil vom 02. September 1994, 3 Sa 4/94, juris, LS). Die fehlende Konkretisierung der noch abzurechnenden Ansprüche erfolgt regelmäßig, wenn die Parteien zum Zeitpunkt des gerichtlichen Vergleichsschlusses eine Konkretisierung der Ansprüche nicht für erforderlich halten oder mangels Kenntnis der noch offenen Ansprüche nicht vornehmen können. Bezogen auf den Urlaub besteht im Kündigungsrechtsstreit mitunter Unkenntnis, wieviel Urlaubstage bereits in natura gewährt oder abgegolten sind. Angesichts der im Vergleich vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht auch in einer solchen Situation das berechtigte Interesse, dass eine Vertragspartei nicht noch nach vielen Monaten oder Jahren Ansprüche geltend macht, deren Berechtigung die andere Partei unter Umständen aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr nachprüfen kann oder mit deren Geltendmachung sie aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gerechnet hat. Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, weil es jede Partei selbst in der Hand hat, durch eine konkrete Regelung im Vergleich eine Titulierung ihrer Ansprüche zu erreichen.

54

(3) In diesem Zusammenhang rechtfertigt auch die vom Kläger und vom Arbeitsgericht zitierte Entscheidung des LAG Köln (Urteil vom 26. Juli 2010, 5 Sa 473/10) keine andere Bewertung. Das LAG Köln hat in der genannten Entscheidung lediglich entschieden, dass sich ein Arbeitgeber, der sich in einem Vergleich zur Abrechnung der Entgeltansprüche für einen bestimmten Zeitraum verpflichtet hat, nicht auf eine Verfallfrist berufen kann, solange er die Abrechnung nicht vorgenommen hat. Der Beklagte hat jedoch am 24. August 2016, d.h. nach Abschluss des Vergleichs und innerhalb der in ihm enthaltenen Fälligkeitsbestimmung zum 15. September 2016, eine Abrechnung des zum 15. August 2016 beendeten Arbeitsverhältnisses vorgenommen (Anlage K 1, Bl. 9 d. A.). Mit dieser Abrechnung hat er zum Ausdruck gebracht, dass er lediglich Vergütung für 88 Stunden zahlt. Der Kläger trägt im Übrigen selbst vor, dass ihm der Beklagte mehrfach vor Ablauf der Ausschlussfrist erklärt habe, keine Urlaubsabgeltung zahlen zu wollen. Der für die Einhaltung der Ausschlussfrist darlegungspflichtige Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er die Abrechnung erst so spät erhalten habe, dass er die Ausschlussfrist nicht habe beachten können. Sein Prozessbevollmächtigter hat die Abrechnung jedenfalls mit Schreiben vom 06. Oktober 2016 erhalten. Seine Klage ist jedoch erst am 17. Januar 2017 bei Gericht eingegangen und am 25. Januar 2017 dem Beklagten zugestellt worden.

55

cc. Die Berufung auf die Ausschlussfrist ist auch nicht treuwidrig.

56

(1) Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruches führende Untätigkeit des Arbeitnehmers durch ein Verhalten des Arbeitgebers veranlasst worden ist. Der Arbeitgeber muss also den Arbeitnehmer von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird angenommen, wenn der Arbeitgeber durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Arbeitnehmer die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Arbeitnehmer könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde. In diesen Fällen setzt sich der Arbeitgeber in Widerspruch zu seinem eigenen früheren Verhalten, wenn er zunächst den Arbeitnehmer zur Untätigkeit veranlasst, und dann, indem er den Verfall geltend macht, aus dieser Untätigkeit einen Vorteil für sich ableiten will.

57

(2) Ein solcher Sachverhalt ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, der Kläger könne darauf vertrauen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch erfüllt werde. Die bloße Abrechnungsverpflichtung reicht hierfür aufgrund der fehlenden Konkretisierung der abzurechnenden Ansprüche ebenso wenig aus wie der Umstand, dass es sich um einen unstreitigen Anspruch handeln mag (s.o. unter I. 2. b. bb); vgl. auch BAG, Urteil vom 20. Februar 2001, 9 AZR 46/00, juris, Rn. 38; vorausgehend LAG Düsseldorf, Urteil vom 19. August 1999, aaO, Rn. 44). Eine andere Bewertung könnte lediglich gerechtfertigt sein, wenn der Beklagte, etwa im Rahmen der Vergleichsverhandlungen, ausdrücklich erklärt hätte, eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen abrechnen zu wollen. Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Der Kläger hatte nach Erhalt der Abrechnung, die spätestens mit Schreiben vom 06. Oktober 2016 erfolgte, noch genügend Zeit, seinen Anspruch schriftlich gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung des Umstands, dass er selbst vorträgt, der Beklagte habe sich bereits vor Ablauf der Ausschlussfrist ihm gegenüber geweigert, die Urlaubsabgeltung zu zahlen.

58

dd. Der Kläger hat die Ausschlussfrist nicht gewahrt.

59

(1) Der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs kann aufgrund tariflicher oder vertraglicher Ausschlussfristen verfallen. Er ist nicht ein Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch (BAG, Urteile vom 17. Oktober 2017, 9 AZR 80/17, Rn. 11, und vom 08. April 2014, Rn. 12). Er entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird vorbehaltlich abweichender Regelungen mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (BAG, Urteil vom 21. Dezember 2012, 9 AZR 486/10, juris, Rn. 19-23 m.w.N.).

60

(2) Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. August 2016 entstanden und aufgrund der im Vergleich unter Ziffer 2. vereinbarten Fälligkeitsbestimmung am 15. September 2016 fällig geworden. Die Klage ist jedoch erst nach Ablauf der dreimonatigen Ausschlussfrist, nämlich am 17. Januar 2017, bei Gericht eingegangen. Ob für den Zeitpunkt der schriftlichen Geltendmachung im Rahmen einer einfachen Ausschlussfrist § 167 ZPO unanwendbar ist, so dass auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs des Schreibens beim Empfänger (§ 130 BGB) abzustellen ist, wie der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden hat (BAG, Urteil vom 16. März 2016, 4 AZR 421/15, juris), kann dahingestellt bleiben, da der Kläger selbst bei Anwendung des § 167 ZPO die Frist nicht gewahrt hätte. Gleiches gilt, wenn man für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt des Zugangs der Abrechnung abstellen wollen sollte. Der insoweit darlegungspflichtige Kläger hat jedenfalls nicht vorgetragen, dass er bzw. sein Prozessbevollmächtigter die Abrechnung erst nach dem 17. Oktober 2016 erhalten habe.

61

(3) Der Kläger hat die Ausschlussfrist auch nicht mit Erhebung seiner Kündigungsschutzklage (Arbeitsgericht Hamburg, 29 Ca 315/16) gewahrt.

62

(a) Mit einer Bestandschutzklage wahrt der Arbeitnehmer, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, eine einstufige Ausschlussfrist bzw. die erste Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist für alle aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die vom Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängigen Ansprüche, insbesondere die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung knüpft nicht an den Erfolg der Kündigungsschutzklage, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, an, sondern setzt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade das Gegenteil voraus. Will der Arbeitnehmer den Verfall solcher Ansprüche verhindern, reicht die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht aus. Die Erhebung einer Bestandsschutzklage vermag eine ausdrückliche schriftliche Geltendmachung nur insoweit zu ersetzen, als sie dieselbe Zielrichtung verfolgt, d.h. einen mit dieser vergleichbaren Bedeutungsgehalt aufweist. Zur Geltendmachung im Sinne einer Ausschlussfristenregelung muss der Anspruchsinhaber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage bringt der Arbeitnehmer deutlich zum Ausdruck, dass er das für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung maßgebliche Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade als nicht gegeben ansieht. Ohne weitere Anhaltspunkte (z. B. einen echten Hilfsantrag auf Urlaubsabgeltung) kann der Arbeitgeber einer Bestandsschutzklage als solcher nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Arbeitnehmer (auch) auf die Erfüllung solcher Ansprüche besteht, die nicht an den mit seiner Klage bezweckten rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen (BAG, Urteil vom 17. Oktober 2017, aaO, Rn. 36 ff.).

63

(b) Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die dafürsprechen könnten, dass er bereits mit seiner Kündigungsschutzklage einen Urlaubsabgeltungsanspruch, etwa als echten Hilfsantrag, geltend gemacht hat.

II.

64

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz und der Berufung zu tragen (§§ 91, 97 ZPO), weil seine Klage vollumfänglich abzuweisen war und seine Berufung keinen Erfolg hat.

65

Gegen dieses Urteil war die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, weil die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Wirksamkeit der vertraglichen Verfallklausel im Hinblick auf § 3 S. 1 MiLoG, §§ 134, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzliche Bedeutung hat (§ 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG). Vertragliche und tarifliche Ausschlussfristen kommen in der Praxis sehr häufig vor und beziehen sich regelmäßig auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Das Bundesarbeitsgericht hat die Vereinbarkeit solcher Klauseln mit § 3 S. 1 MiLoG, §§ 134, 307 Abs. 1 S. 2 BGB - soweit ersichtlich - noch nicht für Ansprüche aus dem Zeitraum nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes entschieden.

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2011 - 9 Sa 86/11 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 20. Dezember 2010 - 11 Ca 2485/10 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 6.856,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

4. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, gesetzlichen Mindesturlaub aus den Jahren 2006 bis 2009 abzugelten.

2

Der bei der Beklagten beschäftigte Kläger war infolge eines Arbeitsunfalls ab Januar 2006 arbeitsunfähig krank. Mit Schreiben vom 26. November 2008 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2009. Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien am 29. Juni 2010 vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht einen Vergleich. In diesem vereinbarten sie ua. Folgendes:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch die ordentliche personenbedingte Kündigung der Beklagten vom 26.11.2008 mit Ablauf des 30.06.2009 aufgelöst wurde.

        

2.    

Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine einmalige Sozialabfindung in Höhe von 11.500,00 € brutto bis zum 15.07.2010.

        

3.    

Mit Erfüllung des vorliegenden gerichtlichen Vergleichs sind wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.“

3

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe ihm gesetzlicher Mindesturlaub von 70 Arbeitstagen zugestanden, den die Beklagte abzugelten habe. Wegen seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit sei der Urlaubsanspruch nicht verfallen. Der Vergleich vom 29. Juni 2010 stehe seinem Abgeltungsanspruch nicht entgegen. Auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs habe er nicht wirksam verzichten können.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.543,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. August 2010 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, weder das Bundesurlaubsgesetz noch unionsrechtliche Vorgaben sähen vor, dass ein Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt Urlaubsansprüche ansammeln könne. Im Übrigen sei der Abgeltungsanspruch des Klägers durch den Vergleich vom 29. Juni 2010 „erledigt“.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - abgeändert und der Klage stattgegeben. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zahlte die Beklagte am 1. Juli 2011 an den Kläger einen Bruttobetrag iHv. 6.856,29 Euro. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Rückzahlung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten Betrags.

Entscheidungsgründe

7

I. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 6.543,60 Euro brutto zu zahlen. Deshalb hat die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung. Soweit die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung der Kläger verlangt, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bereits verfallen waren, steht dem Abgeltungsanspruch die Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich der Parteien vom 29. Juni 2010 entgegen.

8

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber Urlaub abzugelten, wenn dieser wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2009 hatte der Kläger Anspruch auf 30 Arbeitstage Mindesturlaub; die übrigen Urlaubsansprüche waren gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bereits verfallen.

9

a) Die langjährige Arbeitsunfähigkeit des Klägers hat das Entstehen von Urlaubsansprüchen in den Jahren 2006 bis 2009 im Umfang von jeweils 20 Arbeitstagen zwar nicht gehindert, weil für das Entstehen des Urlaubsanspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung ist (vgl. BAG 18. September 2012 - 9 AZR 623/10 - Rn. 10). Die jeweils zu Beginn der Kalenderjahre 2006 und 2007 entstandenen Urlaubsansprüche sind jedoch gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres verfallen (BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32).

10

b) Der Anspruch des Klägers auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs aus dem Jahr 2008 und des gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG auf die Hälfte gekürzten gesetzlichen Urlaubs aus dem Jahr 2009 im Umfang von zusammen 30 Arbeitstagen ging infolge der Ausgleichsklausel im Vergleich vom 29. Juni 2010 unter. Bei der Vereinbarung in Ziff. 3 des Vergleichs, wonach mit Erfüllung des Vergleichs wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sein sollten, handelt es sich um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB). Dieses hat auch den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers erfasst. Dem steht weder die Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG entgegen, noch hindern unionsrechtliche Vorgaben den Untergang des Abgeltungsanspruchs.

11

aa) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die Erklärungen in einer Ausgleichsklausel haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 20, BAGE 138, 136). Das Landesarbeitsgericht hat dies unterlassen. Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Der Senat kann jedoch die gebotene Auslegung selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 45). Ausgleichsklauseln, die - wie die im Streitfall - ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen sollen und auf diese Weise zu erkennen geben, dass die Parteien an die Möglichkeit des Bestehens ihnen nicht bewusster Ansprüche gedacht und auch sie in den gewollten Ausgleich einbezogen haben, sind regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss (BAG 23. September 2003 - 1 AZR 576/02 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 107, 347) in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 49, BAGE 134, 111; 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 24; 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - zu II 4 a bb der Gründe, BAGE 114, 33). Ein solches bringt alle Ansprüche, die den Erklärenden bekannt waren oder mit deren Bestehen zu rechnen war, zum Erlöschen (BAG 9. Juni 1998 - 9 AZR 43/97 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 89, 91). Dies schließt den Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung ein (vgl. BAG 31. Mai 1990 - 8 AZR 132/89 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 65, 171).

12

bb) § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG, dem zufolge von den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG, zu Ungunsten des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden kann, steht dem Untergang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht entgegen. Das Bundesarbeitsgericht ging bislang davon aus, der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sei einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, in deren Folge der Arbeitnehmer im Vergleich zu der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG schlechter stehe, entzogen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Parteien die Vereinbarung vor (vgl. BAG 31. Mai 1990 - 8 AZR 132/89 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 65, 171) oder nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 21. Juli 1978 - 6 AZR 1/77 - zu 3 b der Gründe) schlössen. Denn der Abgeltungsanspruch genieße denselben Schutz wie der Urlaubsanspruch. An dieser Rechtsprechung, die an die vom Senat aufgegebene Surrogatstheorie anknüpfte, wird nicht festgehalten, soweit die Vereinbarung nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustande kommt.

13

(1) § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG dient dem Schutz des Arbeitnehmers. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub hat. Ferner sichert die Bestimmung den Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, den der Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewähren kann. Der gesetzliche Schutzzweck würde verfehlt, wenn der Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung während des Arbeitsverhältnisses durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte.

14

(2) Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf es dieses Schutzes des Arbeitnehmers nicht. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ein reiner Geldanspruch und nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs (vgl. zuletzt BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 23). Er verdankt seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften. Ist er entstanden, bildet er jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber. Deshalb unterfällt der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, wie andere Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers auch, grundsätzlich tariflichen Ausschlussfristen (vgl. BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 19). Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegenüber dem Arbeitgeber nicht vor Ablauf der Ausschlussfrist geltend, wird dieser von seiner Leistungspflicht frei. Rechtlich verhält es sich nicht anders, als wenn der Arbeitnehmer, anstatt auf eine fristgerechte Geltendmachung zu verzichten, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit konstitutiver Wirkung anerkennt, dass er nicht länger Inhaber eines Abgeltungsanspruchs ist.

15

cc) Der Einwand des Klägers, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei für den Arbeitnehmer ähnlich unverzichtbar wie der Anspruch auf tarifliche Rechte, verhilft seiner Klage nicht zum Erfolg. Gemäß § 4 Abs. 3 TVG sind zwar Abmachungen, die von tariflichen Regelungen abweichen, nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten. Auch ist nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch keine Tarifbindung der Parteien festgestellt und ausgeführt, der Kläger habe eine solche weder behauptet noch dargetan, welche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

16

dd) Die Ausgleichsklausel in Ziff. 3 des Vergleichs steht im Einklang mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie). Der Senat kann den Streitfall abschließend entscheiden, ohne den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Der Gerichtshof der Europäischen Union, dem nach Art. 267 AEUV die Aufgabe der verbindlichen Auslegung von Richtlinien zugewiesen ist, hat wiederholt entschieden, diese unionsrechtlichen Gewährleistungen stünden einer nationalen Regelung grundsätzlich nicht entgegen, die für die Ausübung der Ansprüche aus Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie Modalitäten vorsehe, die den Verlust dieser Ansprüche umfassten. Allerdings hat er diese grundsätzliche Feststellung an die Voraussetzung geknüpft, dass der Arbeitnehmer, der einen Rechtsverlust erleide, zuvor die tatsächliche Möglichkeit gehabt haben müsse, die ihm von der Richtlinie verliehenen Ansprüche auszuüben (vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 26). Unionsrecht steht damit der Annahme, der Arbeitnehmer dürfe über die ihm durch Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte im Wege des Rechtsgeschäfts verfügen, nicht entgegen, sofern der Arbeitnehmer die tatsächliche Möglichkeit hatte, die Ansprüche vor deren Untergang zu realisieren. Dies ist der Fall, wenn Arbeitsvertragsparteien erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ausgleichsklausel vereinbaren, die auch einen (etwaigen) Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers erfasst.

17

ee) Die Frage, ob die Ausgleichsklausel in Ziff. 3 des Vergleichs Dritte bindet, insbesondere die Bundesagentur für Arbeit, ist für die Entscheidung des Streitfalls ohne Bedeutung. Jedenfalls im Verhältnis zur Beklagten konnte der Kläger auf die Abgeltung seines Urlaubs im Wege eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses verzichten.

18

2. Der Kläger ist gemäß § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO verpflichtet, an die Beklagte 6.856,29 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

19

a) Soweit ein Berufungsurteil aufgehoben wird, ist der Kläger gemäß § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem aufgrund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte zahlte am 1. Juli 2011 an den Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts 6.856,29 Euro.

20

b) Der Kläger hat den zurückzuzahlenden Betrag gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Zinslauf begann am 1. Juli 2011. Stellt eine Partei einen Erstattungsantrag nach § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO, so ist der Anspruch gemäß § 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 ZPO als zur Zeit der Zahlung rechtshängig geworden anzusehen. Dies gilt unabhängig davon, dass die Beklagte den Antrag auf Erstattung nicht zum Zeitpunkt der Zahlung am 1. Juli 2011, sondern erst mit Schriftsatz vom 3. Januar 2012 gestellt hat (§ 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 ZPO).

21

II. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen (§ 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Anthonisen    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 16. Oktober 2013 - 4 Sa 288/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1953 geborene Kläger war bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, vom 10. Juni 2008 bis zum 30. November 2009 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 9. Juni 2008 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

§ 1   

Allgemeines

        

a) Auf das Arbeitsverhältnis finden ergänzend die für O fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag).

        

…       

        

§ 2     

Vergütung

        

a) Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage der für O gem. § 1 dieses Vertrages geltenden Tarifverträge (Entgeltrahmentarifvertrag und Entgelttarifvertrag). Der Mitarbeiter wird entsprechend seiner Tätigkeit in die Entgeltgruppe

                          

E 3     

        

des Entgeltrahmentarifvertrages eingruppiert.

        

b) Die Grundvergütung (Lohn, Gehalt) beträgt danach brutto

                          

     8,20     €/Std. Produktivlohn

        

…       

        

§ 14   

Lohn- / Gehaltsabrechnung

        

a) als Abrechnungszeitraum gilt jeweils ein Kalendermonat. Die Lohn- / Gehaltsabrechnung wird jeweils bis zum 15., spätestens bis zum 20. des Folgemonats erstellt. Die Lohn- / Gehaltsauszahlung erfolgt, sofern der Mitarbeiter keine Bankverbindung nachweist, in bar durch Abholung durch den Mitarbeiter.

        

…“    

4

Vom 10. Juni 2008 bis zum 16. Oktober 2009 wurde der Kläger verschiedenen Entleiherinnen als Elektrohelfer überlassen.

5

In einem beim Arbeitsgericht Nürnberg unter dem Az.: - 1 Ca 8610/09 - geführten Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien am 9. Dezember 2009 folgenden Vergleich:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 30.11.2009.

        

2.    

Die Beklagte zahlt an den Kläger als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 KSchG 1.000,-- € brutto.

        

3.    

Die Beklagte verpflichtet sich, für September 2009 € 334,25 brutto zu zahlen.

        

4.    

Die Beklagte verpflichtet sich für die Zeit vom 19.10.2009 bis 30.11.2009 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten. Die Beklagte verpflichtet sich, diesen Betrag ordnungsgemäß abzurechnen und auszuzahlen.

        

5.    

Die Beklagte verpflichtet sich, den offenen Resturlaub und die offenen Gutstunden auszuzahlen.

        

6.    

Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III unter Berücksichtigung dieses Vergleiches zu erteilen und zu übersenden.

        

7.    

Darüber hinaus hat keine Partei mehr gegen die andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, unabhängig davon, ob solche derzeit bekannt oder unbekannt sind und auf welchem Rechtsgrund sie beruhen mögen.

        

8.    

Dieser Vergleich wird rechtswirksam, wenn er nicht von der Beklagten durch schriftliche Erklärung widerrufen wird, die bis spätestens 23.12.2009 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangen sein muss.“

6

Die Beklagte widerrief den Vergleich nicht.

7

Mit der am 13. Mai 2011 zu Protokoll der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts erklärten, später erweiterten Klage begehrt der Kläger, soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit vom 10. Juni 2008 bis zum 16. Oktober 2009 die Differenz zwischen der erhaltenen Vergütung und dem Entgelt, das Entleiherinnen im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben sollen. Er hat geltend gemacht, der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt werde als gesetzlicher Anspruch von der Ausgleichsklausel des Vergleichs nicht erfasst. Mit der Ausgleichsregelung hätten nicht alle im Vergleich nicht angesprochenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zum Erlöschen gebracht werden sollen. Seine Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt seien im Kündigungsrechtsstreit nicht thematisiert worden. Sie könnten zudem nicht wirksam abbedungen werden. Ein Anspruchsverzicht sei mit dem gebotenen Schutz des Leiharbeitnehmers und der Sicherstellung des Gebots der Gleichbehandlung unvereinbar.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.954,38 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, für die ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses könne der Kläger bereits deshalb keine Differenzvergütung verlangen, weil er zuvor arbeitslos gewesen sei. Etwaige Ansprüche des Klägers seien jedenfalls durch die Abgeltungs- und Ausgleichsklausel im Vergleich vom 9. Dezember 2009 erloschen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit mit der Revision zur Überprüfung gestellt, die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt für die Dauer der jeweiligen Überlassungen im Streitzeitraum sind aufgrund der Ausgleichsklausel in Ziff. 7 des Prozessvergleichs vom 9. Dezember 2009 erloschen.

12

I. Der Kläger hatte für die streitgegenständlichen Zeiten der Überlassung Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG.

13

1. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 a) des Arbeitsvertrags verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 12 ff., BAGE 144, 306).

14

2. Der equal-pay-Anspruch des Klägers war nicht in den ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Nr. 2 Halbs. 2 AÜG in der bis 29. April 2011 geltenden Fassung ausgeschlossen.

15

a) Nach § 9 Nr. 2 Halbs. 2 AÜG aF waren Vereinbarungen, mit denen vom Gebot der Gleichbehandlung abgewichen wurde, unwirksam, es sei denn, der Verleiher gewährte dem zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer, wenn mit diesem erstmals ein Arbeitsverhältnis begründet wurde, für die Überlassung an einen Entleiher für die Dauer von insgesamt höchstens sechs Wochen mindestens ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des Betrags, den der Leiharbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hatte. Nach § 19 AÜG nF ist die Bestimmung auf Leiharbeitsverhältnisse, die vor dem 15. Dezember 2010 begründet wurden, weiterhin anzuwenden.

16

b) Die Parteien haben von der Möglichkeit, eine Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung in den ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, keinen Gebrauch gemacht. Sowohl § 9 Nr. 2 Halbs. 2 AÜG aF als auch § 10 AÜG aF setzen eine eigenständige Vergütungsabrede voraus(vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 34). Hieran fehlt es. Die Regelung in § 2 des Arbeitsvertrags hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Sie erschöpft sich in einer wiederholenden Verweisung auf die mit § 1 a) des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen, wegen fehlender Tariffähigkeit der CGZP unwirksamen Tarifverträge. Die „tariflichen“ Entgeltbestimmungen sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 35, BAGE 144, 306).

17

II. Der Anspruch des Klägers ist aufgrund der Ausgleichsklausel in Ziff. 7 des Prozessvergleichs vom 9. Dezember 2009 erloschen.

18

1. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei unterliegt die Auslegung typischer Klauseln in Prozessvergleichen, die zur Beilegung einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten verwendet werden, selbst wenn der materielle Regelungsgehalt des Vergleichs ausschließlich individuell bestimmt ist, einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung (vgl. BAG 29. September 2004 - 5 AZR 99/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 112, 120; 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 15; offengelassen BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 17 mwN zum Meinungsstand).

19

2. Dieser Überprüfung hält das angegriffene Urteil stand. Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts die Ausgleichsklausel zu Recht als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB ausgelegt.

20

Die Parteien haben mit der Ausgleichsklausel im Prozessvergleich vom 9. Dezember 2009 nicht lediglich die von ihnen angenommene Rechtslage festgestellt und dokumentiert, sondern sie im Sinne einer abschließenden Klärung der beiderseitigen Ansprüche gestaltet.

21

a) Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen, die ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen sollen und auf diese Weise zu erkennen geben, dass die Parteien an die Möglichkeit des Bestehens ihnen nicht bewusster Ansprüche gedacht und auch sie in den gewollten Ausgleich einbezogen haben, sind - anders als solche in Ausgleichsquittungen (vgl. hierzu BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 17, BAGE 146, 217) - regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen (vgl. BAG 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 24; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 49, BAGE 134, 111). Die Parteien wollen, wenn in einen gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf bekannte und unbekannte Ansprüche unabhängig von ihrem Rechtsgrund erstreckende Ausgleichsklausel aufgenommen und nicht nur der Rechtsstreit erledigt wird, in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend umfassend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig ob sie an sie dachten oder nicht. Jede andere Auslegung würde den angestrebten Vergleichsfrieden in Frage stellen. Der beurkundete Vergleichswille wäre wertlos, wenn über den beurkundeten Inhalt hinausgehende Ansprüche Quelle eines neuen Rechtsstreits sein könnten (BAG 5. April 1973 - 5 AZR 574/72 -; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30).

22

b) Anhaltspunkte für einen abweichenden Vergleichswillen der Parteien sind vorliegend nicht gegeben. Dabei ist es unerheblich, ob mögliche Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt Gegenstand der Vergleichsverhandlungen waren, denn die Klausel erstreckt sich ausdrücklich selbst auf unbekannte Ansprüche. Die Absicht, die Vertragsbeziehungen abschließend zu regeln, wird zusätzlich bestätigt, indem die Parteien, neben der in den Ziff. 1 und 2 vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Abfindungszahlung, in den Ziff. 3 bis 6 die verbleibenden, von der Beklagten noch zu erfüllenden Ansprüche des Klägers ausdrücklich festgelegt haben.

23

3. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche werden von der Ausgleichsklausel erfasst. Zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306). Dies umfasst auch den Anspruch des Arbeitnehmers nach § 10 Abs. 4 AÜG auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird.

24

4. Die Ausgleichsklausel in Ziff. 7 des Vergleichs steht in Einklang mit den Bestimmungen des AÜG und der RL 2008/104/EG.

25

a) Nach § 9 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen, sofern nicht einer der dort geregelten Ausnahmetatbestände vorliegt.

26

aa) § 9 Nr. 2 AÜG dient dem Schutz des Leiharbeitnehmers. Die Vorschrift stellt in Umsetzung von Art. 5 RL 2008/104/EG sicher, dass dem Leiharbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis zumindest die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährt werden, die für ihn gelten würden, wenn er vom Entleiher für eine vergleichbare Tätigkeit eingestellt worden wäre. Dieser Schutzzweck würde verfehlt, wenn durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung, sei es auch in einem gerichtlichen Vergleich, die Entstehung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt ausgeschlossen oder beschränkt werden würde oder dem Arbeitnehmer von vornherein die Möglichkeit genommen würde, den Anspruch zu realisieren. Ist der Anspruch entstanden bildet er, auch wenn er auf gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz des Leiharbeitnehmers beruht, einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber (vgl. zum Urlaubsabgeltungsanspruch BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 14, BAGE 145, 107).

27

bb) Danach steht § 9 Nr. 2 AÜG der Vereinbarung einer Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich, die zum Erlöschen bereits entstandener und durchsetzbarer Ansprüche auf equal pay führt, nicht entgegen. Eine solche Regelung - wie hier in Ziff. 7 des Prozessvergleichs - betrifft nicht die für die Zeit der Überlassung des Arbeitnehmers an einen Entleiher geltenden Arbeitsbedingungen. Sie schließt nicht die Entstehung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG aus, sondern regelt, ebenso wie eine Ausschlussfrist, das Erlöschen des entstandenen Anspruchs. Das AÜG enthält keine Bestimmung, wie zB in § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG, der zufolge ein Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche auf equal pay unzulässig oder nur unter Einschränkungen möglich wäre.

28

b) Die Ausgleichsklausel ist auch nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Zwar kann eine vom Arbeitgeber gestellte allgemeine Geschäftsbedingung, die den Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt rückwirkend ausschließt und einen einseitig den Leiharbeitnehmer treffenden, kompensationslosen Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche auf equal pay bezweckt, eine zur Unwirksamkeit der Bestimmung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB führende unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen(vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt. Es handelt sich bei der Ausgleichsklausel nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Anwendungsbereich von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auch nicht nach § 310 Abs. 3 BGB eröffnet. Die Bedingungen des Vergleichs wurden nach den in der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt und nicht von der Beklagten gestellt.

29

5. Der Senat kann den Streitfall abschließend entscheiden, ohne den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen.

30

a) Für den vorliegenden Rechtsstreit ist keine Frage des Unionsrechts entscheidungserheblich, was Voraussetzung für eine Vorlagepflicht wäre (vgl. BVerfG 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 - Rn. 23). Keine Bestimmung der RL 2008/104/EG oder des sonstigen Unionsrechts untersagt Vereinbarungen, die zum Erlöschen bereits entstandener Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt führen.

31

b) Auch stehen derartige Vereinbarungen nicht im Widerspruch zu dem mit Art. 5 RL 2008/104/EG verfolgten Ziel, sicher zu stellen, dass dem Leiharbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis zumindest die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährt werden, die für ihn gelten würden, wenn er vom Entleiher für eine vergleichbare Tätigkeit eingestellt worden wäre.

32

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es, wenn eine einschlägige Gemeinschaftsregelung fehlt, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Diese dürfen nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - Rn. 25, Slg. 2010, I-7003).

33

Durch eine Ausgleichsregelung in einem gerichtlichen Vergleich, wie die hier im Streit stehende, werden die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität nicht verletzt. Eine derartige, Ansprüche auf Arbeitsentgelt zum Erlöschen bringende Ausgleichsklausel hätte in gleicher Weise zwischen Stammarbeitnehmern der Entleiherinnen und ihren Arbeitgeberinnen vereinbart werden können. Ihnen steht es ebenfalls frei, über entstandene Entgeltansprüche durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu verfügen. Auch wird dem Leiharbeitnehmer durch eine - wie vorliegend - getroffene Vereinbarung nicht von vornherein die Möglichkeit genommen, seine Rechte auszuüben. Nach Entstehung und Fälligkeit der Forderungen steht es ihm offen, statt eine Ausgleichsklausel zu vereinbaren, seine Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt - erforderlichenfalls auch gerichtlich - gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen.

34

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dittrich     

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch, den die Klägerin wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 1. Juli 1996 bis zum 31. Mai 2010 beschäftigt, zuletzt als Leiterin einer Tankstelle in E. Diese hatte früher ihren Schwiegereltern gehört und war am 1. September 2009 von der Beklagten übernommen worden.

3

In diesem Zusammenhang vereinbarten die Parteien am 31. August 2009 ein bis zum 31. August 2010 befristetes Anstellungsverhältnis. § 12 des Arbeitsvertrages lautete:

        

㤠12 Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Ab 16. November 2009 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 „fristgemäß“ zum 16. Dezember 2010 und, wegen der fehlerhaften Jahreszahl, vorsorglich unter dem 16. Dezember 2009 ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2009. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess verständigten sich die Parteien schließlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010.

5

Die Klägerin erstattete Strafanzeige gegen ihren Vorgesetzten Em wegen „des Verdachts der Beleidigung und der sexuellen Belästigung“ und unterrichtete davon die Beklagte mit Schreiben vom 26. März 2010. Das Ermittlungsverfahren gegen den Vorgesetzten Em ist im November 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30. August 2010 und Zustellung an die Beklagte am 9. September 2010 ist die vorliegende Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben worden. Die Klägerin hat behauptet, ihr Vorgesetzter Em habe sie fast täglich als „doof“, „blöd“ oder „unfähig“ bezeichnet, habe sie nicht vertragsgerechte Arbeiten verrichten lassen und ihr bewusst wahrheitswidrig unterstellt, Überstunden zu Unrecht abzurechnen. Nach einem Überfall auf die Tankstelle am 8. Oktober 2009 habe er ihr wie anderen Mitarbeitern vorgeworfen, zu blöd für die Ergreifung des Täters gewesen zu sein. Schließlich habe er die Klägerin gezwungen, bei der Vorführung eines Videos der Gruppe Rammstein mit dem Titel „Pussy Video“ anwesend zu sein.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, mit der Klageeinreichung am 30. August 2010 die vertragliche Ausschlussfrist eingehalten zu haben. Im Übrigen sei die Ausschlussklausel unwirksam, weil die Haftung für vorsätzlich verursachte Schäden nicht im Voraus erlassen oder beschränkt werden könne.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 5.000,00 Euro zu zahlen.

8

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin die wirksam vereinbarte Ausschlussfrist des Arbeitsvertrages nicht eingehalten habe. Im Übrigen hat sie die in der Sache von der Klägerin erhobenen Vorwürfe mit Gegendarstellungen bestritten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch steht jedenfalls nicht die in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist entgegen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat aber nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 3 ZPO.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei dahin auszulegen, dass die Ausschlussklausel auch die Haftung für vorsätzliches Verhalten eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen erfasse. Dies verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB. Danach könne zwar die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänze jedoch den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden könne. Dieser Grundsatz gelte aber nach § 278 Satz 2 BGB gerade nicht für den Ausschluss der Haftung für vorsätzliches Verhalten des Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen. Der Ausschluss einer solchen Haftung sei also möglich, die Ausschlussklausel allenfalls teilnichtig. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages halte auch einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Insbesondere sei nicht gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB verstoßen worden, da die Obliegenheit einer schriftlichen Geltendmachung keinen Haftungsausschluss und keine Haftungsbegrenzung enthalte. Die Klägerin habe im Sinne der ersten Stufe der somit wirksam vereinbarten Ausschlussfrist ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Da § 167 ZPO hier keine Anwendung finde, komme es auf den Eingang der Klage beim Arbeitsgericht nicht an.

12

B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Anspruch der Klägerin sei verfallen. Mit dieser vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

13

I. Eine rechtsfehlerfreie Auslegung der in § 12 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist ergibt, dass sie nicht vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfen der Beklagten erfasst.

14

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.

15

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen zudem als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 20).

16

b) Danach ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; dies ist von der Klägerin auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden und daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

17

2. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Auslegung des Arbeitsvertrages der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch den Senat (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

18

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Rn. 24).

19

b) Danach ist eine Auslegung von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dahin gehend, dass die Parteien grundsätzlich auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen durch die Ausschlussklausel erfassen wollten, nicht frei von Rechtsfehlern.

20

aa) Auf den zwischen den Parteien am 31. August 2009 geschlossenen Arbeitsvertrag findet das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Demzufolge kann gemäß § 202 Abs. 1 BGB die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. Es handelt sich um eine Verbotsnorm iSv. § 134 BGB.

21

bb) Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Vertragsklauseln, die nur in außergewöhnlichen, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Fällen gegen das Gesetz verstoßen, sind wirksam (vgl. BGH 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 - Rn. 10, BGHZ 188, 351; 23. November 2005 - VIII ZR 154/04 - zu II 2 b der Gründe; 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93 - zu II 2 b der Gründe; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 BGB Rn. 9; Schlewing NZA-Beilage 2012, 33, 34). Eine am Sinn und Zweck solcher Klauseln orientierte Auslegung ergibt, dass derartige Ausnahmefälle von der Klausel gar nicht erfasst werden sollen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 4 der Gründe, BAGE 116, 66 = AP BGB § 307 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 8).

22

cc) Der Senat hält an dieser von ihm bereits bestätigten Rechtsprechung fest (BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Dass ein Arbeitgeber seine eigene Haftung für Vorsatz nicht ausschließen kann, ergibt sich, auch wenn es sich nicht um einen Formulararbeitsvertrag handelt, schon aus § 276 Abs. 3 BGB. Über den Gesetzeswortlaut hinaus verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen zur Verjährung von Ansprüchen wegen Vorsatzhaftung, sondern auch Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - aaO). Hinzu kommt, dass § 104 Abs. 1 SGB VII die Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit auf Vorsatz beschränkt, sie aber auch genau in diesen Fällen gerade nicht ausschließt. Daher spielt einerseits die Haftung des Arbeitgebers wegen Verletzung der Gesundheit des Arbeitnehmers in der Praxis keine große Rolle (Däubler/Bonin/Deinert/Däubler 3. Aufl. § 309 Nr. 7 Rn. 5; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 7 BGB Rn. 23); andererseits hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Interesse daran, einen gesetzwidrigen Haftungsausschluss für vorsätzlich verursachte Personenschäden zu vereinbaren, der in jedem Falle wegen § 134 BGB nichtig und bei Formulararbeitsverträgen zudem nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam wäre. Bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist denken die Parteien eines Arbeitsvertrages vor allem an laufende Entgeltansprüche, also an Ansprüche des Arbeitnehmers, gegebenenfalls aber auch an Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts, nicht aber an vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen Personenschäden (vgl. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 309 Rn. 89 ff.; Bayreuther NZA 2005, 1337). Daher ist eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist dahin gehend auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Ohne besondere Hinweise im Einzelfall ist eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt. Ohne solche Besonderheiten kann auch nicht angenommen werden, die Ausschlussfrist beziehe sich auf Kriterien, die aufgrund von Rückausnahmen, hier § 278 Satz 2 BGB, ausnahmsweise doch regelbar seien.

23

dd) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Diese sogenannte Unklarheitenregel stellt bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe dar, wonach in solchen Fällen die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten sollen. Auf diese Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 19). Derartige Zweifel bei der Auslegung bestehen im vorliegenden Fall nicht.

24

ee) Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff., EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.

25

c) Sind von der vertraglich vereinbarten Ausschlussklausel Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 oder § 202 Abs. 1 BGB erfassten Art nicht umfasst, so kommt es auf die weitere Frage, ob die Klausel nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam ist, nicht an.

26

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Soweit das Berufungsgericht den Verfall eines eventuell bestehenden Schmerzensgeldanspruchs angenommen hat, hat es aus seiner Sicht folgerichtig nicht geprüft, ob die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind. Ob die Rechte der Klägerin nach den von ihr behaupteten Mobbinghandlungen verletzt worden sind, muss das Landesarbeitsgericht aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 63, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

      

        

        

    Umfug    

        

    Andreas Henniger    

                 

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. Oktober 2016 - 8 Sa 405/16 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 sowie die Zahlung einer Sonderurlaubsprämie.

2

Der Kläger war ab dem 1. Dezember 2013 bei der Beklagten gegen eine monatliche Vergütung von 2.650,00 Euro brutto als Mechaniker beschäftigt. In § 6 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 2. Dezember 2013 ist geregelt, dass der Kläger 30 Werktage Urlaub erhält. Unter der Überschrift „§ 9 Ausschlussklausel“ vereinbarten die Parteien Folgendes:

        

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, sind innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind verfallen. Der Ausschluss gilt nicht, soweit ein Anspruch auf der Haftung wegen Vorsatz beruht.“

3

Der Kläger war seit Dezember 2013 durchgehend arbeitsunfähig krank. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 29. September 2014 zum 31. Oktober 2014. Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht am 13. November 2015 einen Vergleich, dem zufolge das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 29. September 2014 fristgemäß mit Ablauf des 31. Oktober 2014 endete. In diesem Zusammenhang erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf Hinweis des Klägers, es stünden noch Urlaubsansprüche offen, das Arbeitsverhältnis werde ordnungsgemäß abgerechnet. In der von der Beklagten erstellten Schlussabrechnung vom 25. November 2015 war ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen ausgewiesen.

4

Mit seiner am 18. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 23. Dezember 2015 zugestellten Klage hat der Kläger die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 mit 3.669,00 Euro brutto sowie die Zahlung einer Sonderurlaubsprämie iHv. 1.200,00 Euro brutto verlangt. Er hat behauptet, alle anderen Mitarbeiter der Beklagten hätten diese Prämie erhalten. Der Anspruch folge daher aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, aber auch aus betrieblicher Übung. Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die Ausschlussfristenregelung in § 9 des Arbeitsvertrags sei rechtsunwirksam. Im Übrigen sei für die Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Oktober 2014, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs am 13. November 2015 abzustellen. Danach habe er seinen Urlaubsabgeltungsanspruch fristgerecht geltend gemacht. Unabhängig davon habe er den Urlaubsabgeltungsanspruch durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage im Sinne der Ausschlussfristenregelung schriftlich geltend gemacht.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.869,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, etwaige Ansprüche des Klägers seien gemäß § 9 des Arbeitsvertrags verfallen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger zur Abgeltung seines Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2014 einen Betrag iHv. 3.669,00 Euro brutto und eine Sonderurlaubsprämie iHv. 1.200,00 Euro brutto zu zahlen. Die von dem Kläger erhobenen Ansprüche sind verfallen. Dem Kläger steht deshalb auch kein Zinsanspruch zu.

9

A. Der dem Kläger zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehende Urlaubsabgeltungsanspruch ist gemäß § 9 des Arbeitsvertrags erloschen. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden.

10

I. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist auf den Abgeltungsanspruch anzuwenden.

11

1. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung kann als reiner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen. Dies hat der Senat sowohl für tarifvertragliche Ausschlussfristen (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 14 ff., BAGE 139, 1) als auch für Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen (BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 28, BAGE 150, 207) entschieden.

12

2. § 9 des Arbeitsvertrags erfasst „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Zu diesen gehört ua. der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Finden sich keine sachlichen Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 29, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133).

13

II. Die Regelung in § 9 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksamer Vertragsbestandteil geworden.

14

1. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

15

2. Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 19, BAGE 154, 93; vgl. auch BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 115, 19). Die Regelung befindet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle, sondern in einem mit „Ausschlussklausel“ überschriebenen eigenen Paragrafen.

16

3. Auch § 307 Abs. 1 BGB steht der Klausel nicht entgegen.

17

a) Die Klausel verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine einzelvertragliche Verfallfrist, die wie § 9 des Arbeitsvertrags eine Geltendmachung innerhalb eines Zeitraums von mindestens drei Monaten verlangt, begegnet in AGB-rechtlicher Hinsicht keinen durchgreifenden Bedenken(vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 5 der Gründe, BAGE 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV der Gründe, BAGE 115, 19).

18

b) Die Klausel ist auch nicht intransparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie ordnet eindeutig den Verfall der Ansprüche an, wenn diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden.

19

c) Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB läge für den streitgegenständlichen Zeitraum selbst bei einer Auslegung von § 9 des Arbeitsvertrags nicht vor, der zufolge die Klausel grundsätzlich auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG erfasste(vgl. zu dieser Auslegung: MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 27; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 43; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; unentschieden: Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 53 f.; Bayreuther NZA 2014, 865, 870; vgl. zu § 9 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150).

20

aa) Wegen der Einbeziehung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn verstieße sie dann zwar gegen § 3 Satz 1 MiLoG. Danach sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Die Norm erfasst ua. Regelungen über Ausschlussfristen, soweit diese (auch) zur Vermeidung des Verfalls des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn dessen rechtzeitige Geltendmachung verlangen. Denn Ausschlussfristen betreffen die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Anspruchs (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249). Sie beschränken somit iSv. § 3 Satz 1 MiLoG die Geltendmachung des (Mindestlohn-)Anspruchs in zeitlicher Hinsicht.

21

bb) Vorliegend muss der Senat nicht entscheiden, ob der Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Gesamtunwirksamkeit einer Verfallklausel nach § 306 BGB führt, dessen Rechtsfolgen nicht nur zur Anwendung kommen, wenn sich die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel aus den §§ 305 ff. BGB selbst ergibt, sondern auch dann, wenn sie gegen sonstige Verbote verstößt (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 23, BAGE 156, 150; 19. Juni 2012 - 9 AZR 712/10 - Rn. 21 mwN). Unabhängig davon, ob für die Prüfung der Wirksamkeit einer Formularklausel im Individualprozess allein auf die Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist und nachträgliche Gesetzesänderungen grundsätzlich keine Änderung des Prüfungsmaßstabs mehr bewirken können (vgl. BGH 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13 - Rn. 31, 38, BGHZ 201, 363; 4. Februar 2009 - VIII ZR 66/08 - Rn. 15; Palandt/Grüneberg 76. Aufl. § 307 Rn. 7; Staudinger/Coester [2013] § 307 Rn. 100) oder eine Klausel bei Dauerschuldverhältnissen auch einer AGB-Kontrolle im Lichte des geänderten Rechts zu unterziehen ist (vgl. Palandt/Grüneberg aaO; Sagan RdA 2017, 264, 267), ist der vor Inkrafttreten des MiLoG vereinbarte § 9 des Arbeitsvertrags jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht am Maßstab des § 3 Satz 1 MiLoG zu messen.

22

(1) Die Ausschlussfristenregelung weicht nicht zu Ungunsten des Klägers von der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Mindestlohns aus § 1 MiLoG ab. Denn sein Arbeitsverhältnis war bereits mit Ablauf des 31. Oktober 2014 rechtlich beendet. Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I 2014, 1348) eingeführt und am 16. August 2014 am Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz) in Kraft getreten. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt (BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 16, BAGE 157, 356; 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22, BAGE 155, 202). Das MiLoG greift in die Entgeltvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien und anwendbare Tarifverträge nur insoweit ein, als sie den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - aaO). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen.

23

(2) Für den streitgegenständlichen Zeitraum scheidet auch ein Verstoß der Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB aus(vgl. zu einem Verstoß gegen § 9 Satz 3 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 28 ff., BAGE 156, 150).

24

(a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden (st. Rspr., zB BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 29, BAGE 156, 150; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - aaO mwN).

25

(b) Danach war die Ausschlussfristenregelung in § 9 des Arbeitsvertrags jedenfalls für Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Januar 2015 nicht intransparent. Die Klausel stellte die Rechtslage nicht irreführend dar. Sie konnte dem durchschnittlichen Arbeitnehmer nicht den Eindruck vermitteln, er müsse auch den noch nicht in Kraft gesetzten Mindestlohnanspruch nach § 1 MiLoG innerhalb der dort vorgesehenen Frist schriftlich geltend machen. Es bestand insoweit nicht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte (aus dem MiLoG) abgehalten wird.

26

d) Der in § 9 des Arbeitsvertrags angeordnete Verfall ist auch unabhängig davon wirksam, ob der Anspruch auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs oder auf Abgeltung des übergesetzlichen Mehrurlaubs gerichtet ist. Dem steht weder der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG noch die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene und für den Senat nach Art. 267 AEUV verbindliche Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie, ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9) entgegen (vgl. ausf. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 32 ff. mwN).

27

III. Der Kläger hat die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung und auf eine Sonderurlaubsprämie nicht binnen der dreimonatigen Ausschlussfrist gemäß § 9 des Arbeitsvertrags geltend gemacht.

28

1. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung war mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Oktober 2014 fällig. Der Kläger hätte ihn deshalb spätestens bis zum 31. Januar 2015 schriftlich gegenüber der Beklagten geltend machen müssen. Diese Frist hat der Kläger nicht gewahrt.

29

a) Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung des ihm nicht gewährten Urlaubs entsteht gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt fällig(BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - Rn. 14; 6. August 2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22). Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. Fehlen Sonderregelungen, gilt der Grundsatz sofortiger Fälligkeit der Leistung (BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - aaO; 8. April 2014 - 9 AZR 550/12 - Rn. 15). Dies gilt auch in Fällen, in denen der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist (BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 23; 9. August 2011 - 9 AZR 352/10 - Rn. 19 ff.). Ein Auseinanderfallen von Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt kann nur unter besonderen Umständen angenommen werden. Solche liegen beispielsweise vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen. Das ist etwa der Fall, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 37).

30

b) Die für den Lauf der Ausschlussfrist maßgebliche rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien trat durch die Kündigung der Beklagten vom 29. September 2014 mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Oktober 2014 ein. Das vom Kläger eingeleitete Kündigungsschutzverfahren und dessen Beendigung durch gerichtlichen Vergleich haben auf die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs und dessen Fälligkeit keinen Einfluss.

31

aa) Die Kündigung ist eine einseitige rechtsgeschäftliche Willenserklärung. Sie gehört zu den rechtsvernichtenden (negativen) Gestaltungsrechten. Ein Gestaltungsrecht gewährt die Macht zur Gestaltung konkreter Rechtsbeziehungen durch einseitiges Rechtsgeschäft. Durch rechtsvernichtende Gestaltungsrechte wie eine Kündigung wird im Ausübungsfall regelmäßig einseitig und unmittelbar in eine fremde rechtliche Sphäre eingebrochen. Die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses führt die gewollten Rechtswirkungen zu dem gesetzlich vorgesehenen oder individuell bestimmten Zeitpunkt herbei. Ihre Gestaltungswirkung tritt aber bereits unmittelbar mit Zugang der einseitigen Willenserklärung, durch die sie ausgeübt wird, ein, wobei es auf die Rechtslage beim Zugang der einseitigen Willenserklärung ankommt (BAG 21. März 2013 - 6 AZR 618/11 - Rn. 15 mwN).

32

bb) Einigen sich die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die streitgegenständliche Kündigung und auf die Beendigung des Rechtsstreits, liegt darin die Aufgabe einer Rechtsposition - der reklamierten Unwirksamkeit der Kündigung - und - durch die Einwilligung in die Beendigung des Kündigungsrechtsstreits - zugleich eine weiter reichende materiell-rechtliche Auswirkung. Die Abrede führt, sofern die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ausnahmsweise noch nicht abgelaufen ist, zum Eintritt der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG. Dies wiederum ist für den Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einem Verzicht auf weitere Ansprüche, die aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultieren können. Unabhängig von der Frage, ob die Kündigung des Arbeitgebers objektiv rechtswirksam ist oder nicht, bewirkt das Einverständnis mit der Prozesserledigung, dass die Beendigungswirkung der Kündigung aus einem eigenständigen Grund - der gesetzlichen Fiktion des § 7 KSchG - greift(BAG 24. September 2015 - 2 AZR 716/14 - Rn. 33, BAGE 153, 20).

33

cc) Durch die Kündigung vom 29. September 2014 zum 31. Oktober 2014 hat die Beklagte einseitig ihr Gestaltungsrecht ausgeübt und dadurch unmittelbar auf die Rechtsbeziehung zum Kläger eingewirkt. Der Kläger war bereits mit Ablauf der Kündigungsfrist berechtigt, die Abgeltung seiner bis zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Urlaubsansprüche zu verlangen. Unabhängig davon haben sich die Parteien mit dem Prozessvergleich vom 13. November 2015 nicht nur darauf verständigt, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet worden ist, sondern auch die Rechtswirkung des § 7 KSchG herbeigeführt. Die Kündigung gilt damit als von Anfang an rechtswirksam. Durch den Vergleich haben die Parteien bezogen auf die Kündigung selbst keine Änderung gegenüber der durch die Ausübung des Gestaltungsrechts herbeigeführten Situation vorgenommen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs besteht, waren dem Kläger zum Fälligkeitszeitpunkt, dh. der mit Ablauf der Kündigungsfrist eintretenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bekannt.

34

2. Der Kläger hat den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht fristgerecht geltend gemacht.

35

a) Entgegen seiner Rechtsauffassung hat er die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage im Jahr 2014 nicht gewahrt.

36

aa) Mit einer Bestandschutzklage wahrt der Arbeitnehmer, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, eine einstufige Ausschlussfrist bzw. die erste Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist für alle aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die vom Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängigen Ansprüche, insbesondere die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden (vgl. BAG 24. September 2014 - 5 AZR 593/12 - Rn. 27, BAGE 149, 169; 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 14, BAGE 143, 119).

37

bb) Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung knüpft nicht an den Erfolg der Kündigungsschutzklage, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, an, sondern setzt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade das Gegenteil voraus. Will der Arbeitnehmer den Verfall solcher Ansprüche verhindern, reicht die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht aus (BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 24). Die Erhebung einer Bestandsschutzklage vermag eine ausdrückliche schriftliche Geltendmachung nur insoweit zu ersetzen, als sie dieselbe Zielrichtung verfolgt, dh. einen mit dieser vergleichbaren Bedeutungsgehalt aufweist. Zur Geltendmachung im Sinne einer Ausschlussfristenregelung muss der Anspruchsinhaber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht (BAG 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 24, BAGE 152, 221; 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24, BAGE 144, 210). Mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage bringt der Arbeitnehmer deutlich zum Ausdruck, dass er das für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung maßgebliche Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade als nicht gegeben ansieht. Ohne weitere Anhaltspunkte (zB einen echten Hilfsantrag auf Urlaubsabgeltung) kann der Arbeitgeber einer Bestandsschutzklage als solcher nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Arbeitnehmer (auch) auf die Erfüllung solcher Ansprüche besteht, die nicht an den mit seiner Klage bezweckten rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen.

38

b) Dem Kläger wird mit diesem Verständnis keine im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG stehende übersteigerte Obliegenheit auferlegt.

39

aa) Bei der Auslegung und Anwendung von Ausschlussfristen ist das in zivilrechtlichen Streitigkeiten durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz zu beachten. Danach darf den Prozessparteien der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dem Arbeitnehmer dürfen keine übersteigerten Obliegenheiten zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche auferlegt werden. Die Beschreitung des Rechtswegs und die Ausschöpfung prozessualer Möglichkeiten kann vereitelt werden, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht (BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 1682/07 - Rn. 21 f.).

40

bb) Die Obliegenheit zur - außergerichtlichen - schriftlichen Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs während des laufenden Bestandsschutzverfahrens stellt für den Arbeitnehmer weder in tatsächlicher Hinsicht unzumutbare Hürden auf noch eine überobligatorische Kostenbelastung dar. Sie besteht völlig unabhängig vom Bestandsschutzprozess, führt dort nicht zu einer Streitwerterhöhung und trifft Arbeitnehmer, die keine Bestandsschutzklage erhoben haben, gleichermaßen.

41

c) Der Kläger hat den streitgegenständlichen Anspruch auf Urlaubsabgeltung erst nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 13. November 2015 und damit außerhalb der dreimonatigen Frist gemäß § 9 des Arbeitsvertrags schriftlich geltend gemacht.

42

IV. Mit Abschluss des Vergleichs vom 13. November 2015 hat die Beklagte weder auf die Geltung von Ausschlussfristen verzichtet noch haben die Parteien dadurch den bereits verfallenen Urlaubsabgeltungsanspruch wiederbegründet.

43

1. Dabei kann offenbleiben, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder ob sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen von BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

44

2. Der Wortlaut des gerichtlichen Vergleichs selbst bietet keine Anhaltspunkte für einen Verzicht auf die Ausschlussfrist bzw. ein Wiederaufleben des bereits verfallenen Urlaubsabgeltungsanspruchs des Klägers. Eine Urlaubsabgeltung wird im Vergleich nicht erwähnt. Die ausdrückliche Regelung des mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang stehenden Zeugnisanspruchs spricht eher gegen einen Willen der Parteien, eine Regelung über den ebenfalls von der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängenden Anspruch auf Urlaubsabgeltung treffen zu wollen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass auch die Erklärungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht keine Zusage beinhalteten, die Urlaubsabgeltung noch leisten zu wollen. Etwaige Hinweise, die Beklagte werde berechtigte Ansprüche des Klägers regulieren bzw. sie werde das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abrechnen, erlauben nicht die Annahme eines auf Beklagtenseite vorliegenden Rechtsbindungswillens, auf eine Ausschlussfrist zu verzichten und danach bereits verfallene Ansprüche zu erfüllen. Darüber hinausgehende Anhaltspunkte, die einen solchen Rückschluss zulassen, hat der Kläger nicht vorgetragen.

45

3. Der Kläger kann sich zur Anspruchsbegründung auch nicht auf die von der Beklagten unter dem 25. November 2015 erstellte Schlussabrechnung stützen. Er hat keine besonderen Tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass die Beklagte mit der Abrechnung auf alle Einwendungen verzichten wollte (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 41; 12. Dezember 2000 - 9 AZR 508/99 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 96, 344).

46

B. Der vom Kläger reklamierte Anspruch auf eine Sonderurlaubsprämie iHv. 1.200,00 Euro brutto ist ebenfalls gemäß § 9 des Arbeitsvertrags verfallen. Sein Entstehen unterstellt, war der Anspruch spätestens mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Oktober 2014 fällig. Der Kläger hat ihn jedoch erst nach dem 13. November 2015 schriftlich geltend gemacht.

47

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Starke    

        

    Gell    

                 

Tenor

I. Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 17. September 2015 - 6 Sa 1328/14 - teilweise aufgehoben.

II. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12. September 2014 - 3 Ca 253/14 - in Ziff. 1 teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 648,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 288,00 Euro seit dem 1. Januar 2014, aus 216,00 Euro seit dem 8. Januar 2014 und aus 144,00 Euro seit dem 20. Januar 2014 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3, von den Kosten der Berufung und der Revision die Klägerin 1/20 und der Beklagte 19/20 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

2

Die Klägerin war vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals den ambulanten Pflegedienst L betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 20 Stunden, als Vergütung war ein Bruttostundenlohn von 9,00 Euro vereinbart.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Formulararbeitsvertrag vom 11. Juli 2013, der - drucktechnisch hervorgehoben - folgende Regelung enthält:

        

„§ 22 Ausschlussfrist bei Geltendmachung von Ansprüchen

        

(1)     

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Dies gilt auch für Ansprüche, die während des bestehenden Arbeitsverhältnisses entstehen.

        

(2)     

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Der vereinbarte Bruttostundenlohn entsprach dem ab dem 1. Juli 2013 im Gebiet des Landes Niedersachsen „je Stunde“ zu zahlenden Mindestentgelt nach § 2 Abs. 1 Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15. Juli 2010 (BAnz. 2010 Nr. 110 S. 2571). Deren § 4 bestimmt unter der Überschrift Ausschlussfrist:

        

„Die Ansprüche auf das Mindestentgelt verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.“

5

Die Klägerin war vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete keine Entgeltfortzahlung.

6

Mit Schreiben vom 20. Januar 2014 forderte die Klägerin den Beklagten zu Abrechnung und Bezahlung der Krankentage auf, mit Anwaltsschreiben vom 28. Mai 2014 bezifferte sie die Entgeltfortzahlung auf 684,00 Euro. Eine Reaktion des Beklagten erfolgte nicht.

7

Mit der am 2. Juni 2014 eingereichten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krank gewesen. Für die in diesem Zeitraum anfallenden 19 Arbeitstage schulde der Beklagte für jeweils vier Arbeitsstunden Entgeltfortzahlung. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist habe sie nicht einhalten müssen, die Frist des § 4 PflegeArbbV sei gewahrt.

8

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 684,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2014 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Anspruch auf Entgeltfortzahlung sei jedenfalls nach § 22 Arbeitsvertrag verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten hat nur hinsichtlich der Höhe der Klageforderung Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

12

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 21). Streitgegenstand ist ein bezifferter Eurobetrag, den die Klägerin als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer ihrer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 begehrt.

13

II. In Höhe eines Teilbetrags von 36,00 Euro brutto ist die Klage nach der eigenen Darlegung der Klägerin unbegründet.

14

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG betrifft den durch die krankheitsbedingte Verhinderung verursachten Arbeitsausfall, insoweit begründet die Norm trotz Nichtleistung der Arbeit den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin am 19. November 2013 ihren Arbeitsplatz (erst) verlassen, „nachdem sie zuvor ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen war“. Danach ist an diesem Tag keine Arbeitsleistung wegen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausgefallen. Sie hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ob das für den Monat November 2013 gezahlte Entgelt die am 19. November 2013 noch vor Arbeitsende geleistete Arbeit mitumfasst, ist nicht streitgegenständlich.

15

III. Im Übrigen ist die Klage begründet. Der Beklagte ist nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG verpflichtet, der Klägerin für die Dauer ihrer durch ärztliche Bescheinigung belegten Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe des ihr bei der für sie maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts zu leisten. Seine Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin hat der Beklagte in der Revisionsinstanz ausdrücklich nicht aufrechterhalten. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist nicht aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist erloschen, denn diese ist wegen Intransparenz unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Folglich war die Klägerin nicht gehalten, den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall binnen der Fristen des § 22 Arbeitsvertrag geltend zu machen.

16

1. § 22 Arbeitsvertrag ist nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet zudem das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

17

2. § 22 Arbeitsvertrag erfasst den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV und verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 AEntG, der über § 13 AEntG auch für das Mindestentgelt aufgrund einer nach § 11 AEntG erlassenen Rechtsverordnung gilt.

18

a) Der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist ein normativ begründeter Anspruch, der eigenständig neben die sonstigen Grundlagen für das Entgelt tritt(vgl. - zum MiLoG - BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22). Er fällt als Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, jedenfalls als solcher, der mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung steht, in den Anwendungsbereich von § 22 Arbeitsvertrag.

19

b) Die Klausel kann - ausgehend von ihrem Wortlaut - nicht einengend dahingehend ausgelegt werden, sie erfasse den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht.

20

aa) Während für Altverträge, also vor dem Inkrafttreten der PflegeArbbV geschlossene Arbeitsverträge, eine einengende, das Mindestentgelt nicht erfassende und damit den Vorgaben des § 9 Satz 3 AEntG genügende Auslegung in Erwägung gezogen werden könnte(vgl. zum entsprechenden Problem im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 49 ff.; Greiner in Thüsing 2. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 12), scheidet eine solche Auslegung bei einem Neuvertrag wie dem vorliegenden aus. Wird eine derartige Verfallklausel im Anwendungsbereich der PflegeArbbV noch nach deren Inkrafttreten gestellt, muss der durchschnittliche Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sie auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV erfassen soll.

21

bb) Auch die Annahme, eine arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist solle nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen, während eine Anwendung auf Fallkonstellationen, die zwingend durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig nicht gewollt sei (BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 21 f. mwN; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19), führt zu keinem anderen Ergebnis (zum Mindestlohngesetz ebenso Riechert/Nimmerjahn MiLoG § 3 Rn. 17; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 66 Rn. 47; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; unentschieden Preis/Ulber aaO S. 53 f.; Bayreuther NZA 2014, 865, 870). Denn die Kollision des Anwendungsbereichs der Verfallklausel mit § 9 Satz 3 AEntG betrifft nicht einen nur selten auftretenden Sonderfall, sondern das Entgelt für geleistete Arbeit und damit den Hauptanwendungsbereich einer Ausschlussfrist.

22

c) Wegen der Einbeziehung des Anspruchs auf das Mindestentgelt verstößt die Klausel gegen § 9 Satz 3 AEntG. Danach können Ausschlussfristen für die Geltendmachung eines durch Rechtsverordnung nach § 7 AEntG oder § 11 AEntG(§ 13 AEntG) begründeten Anspruchs auf das Mindestentgelt nicht arbeitsvertraglich geregelt werden. Die Norm entzieht zum Schutz des Mindestentgeltanspruchs Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien und ist damit Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB(zu dessen Voraussetzungen vgl. etwa BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 31 f., BAGE 152, 228). Soweit der Schutzzweck des Verbotsgesetzes reicht, ist die Klausel teilunwirksam (allg. zur Rechtsfolge Palandt/Ellenberger BGB 75. Aufl. § 134 Rn. 13, § 139 Rn. 18 mwN). Denn arbeitsvertragliche Ausschlussfristen für andere Ansprüche als den auf das Mindestentgelt verbietet § 9 Satz 3 AEntG nicht.

23

3. Nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt der Verstoß gegen § 9 Satz 3 AEntG zur Gesamtunwirksamkeit der Verfallklausel nach § 306 BGB, dessen Rechtsfolgen nicht nur zur Anwendung kommen, wenn sich die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel aus den §§ 305 ff. BGB selbst ergibt, sondern auch dann, wenn sie gegen sonstige Verbote verstößt (BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 712/10 - Rn. 21 mwN; 21. April 2016 - 8 AZR 474/14 - Rn. 42).

24

a) Die Klausel ist nicht teilbar, denn § 22 Arbeitsvertrag enthält nicht verschiedene Ausschlussfristenregelungen(dazu BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 22 ff.), sondern erfasst inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen (vgl. HWK/Gotthardt/Roloff 7. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 12; aA Riechert/Nimmerjahn MiLoG § 3 Rn. 18, die stets Teilbarkeit annehmen).

25

b) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB) und richtet sich der Inhalt des Vertrags insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion von Klauseln auf den zulässigen Inhalt durch die Gerichte findet grundsätzlich nicht statt (vgl. nur BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 39, BAGE 116, 66; 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, BAGE 150, 207; 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 29; ErfK/Preis 16. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 104; HWK/Gotthardt/Roloff 7. Aufl. § 306 BGB Rn. 4; Bonin in Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 306 BGB Rn. 18, alle mwN; krit. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB - Arbeitsrecht § 306 BGB Rn. 73 ff.).

26

4. Der Aufrechterhaltung der Verfallklausel für - abgesehen vom Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV - alle anderen von ihr erfassten Ansprüche steht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen.

27

a) Gibt eine Norm eine eindeutige Grenze der Unwirksamkeit vor, stellt die Aufrechterhaltung des nicht verbotenen Teils einer Klausel nicht in jedem Falle eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion dar (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu III 2 der Gründe, BAGE 115, 19; 21. April 2010 - 10 AZR 288/09 - Rn. 22, BAGE 134, 147). Dementsprechend lässt im Bereich des Mindestlohngesetzes die weit überwiegende Meinung im Schrifttum eine geltungserhaltende Reduktion arbeitsvertraglicher Ausschlussfristenregelungen zu, weil § 3 Satz 1 MiLoG die Unwirksamkeit nur „insoweit“ anordne, als Vereinbarungen die Geltendmachung des Anspruchs auf den Mindestlohn beschränken oder ausschließen, er also eine geltungserhaltende Reduktion vollumfänglicher Verfallklauseln ermögliche(Bayreuther NZA 2014, 865, 870; ders. NZA 2015, 385, 387; ErfK/Franzen 16. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; ders. JbArbR Bd. 52 S. 89; HK-MiLoG/Trümner § 3 Rn. 30; Greiner in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936;Stoffels AGB-Recht 3. Aufl. Rn. 1127; wohl auch Preis/Ulber aaO S. 55; HWK/Sittard 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 4; abl. Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 66 Rn. 48).

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b) Ob § 9 Satz 3 AEntG eine geltungserhaltende Reduktion ermöglicht, braucht der Senat nicht zu klären, denn der Aufrechterhaltung der streitgegenständlichen Verfallklausel für Ansprüche, die nicht solche auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV sind, steht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen.

29

aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, BAGE 139, 44; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH 5. Oktober 2005 - VIII ZR 382/04 - Rn. 23; 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52).

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bb) Gemessen daran ist die Ausschlussfristenregelung des § 22 Arbeitsvertrag intransparent. Die Klausel stellt die Rechtslage irreführend dar und suggeriert dem durchschnittlichen Arbeitnehmer - selbst wenn er die Klausel nicht nur flüchtig, sondern aufmerksam und sorgfältig betrachtet (vgl. BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 24) -, er müsse auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV innerhalb der dort vorgesehenen Fristen außergerichtlich und gerichtlich geltend machen. Damit besteht die Gefahr, dass bei Verstreichen dieser Fristen der Arbeitnehmer den Anspruch auf das Mindestentgelt nicht mehr durchsetzt, obwohl nach § 4 PflegeArbbV noch kein Verfall eingetreten ist. Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich der PflegeArbbV der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV von einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden(zum Mindestlohngesetz im Ergebnis ebenso ErfK/Franzen 16. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; HK-MiLoG/Trümner § 3 Rn. 30; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 66 Rn. 48; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; wohl auch Preis/Ulber aaO S. 56; aA Greiner in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Bayreuther NZA 2015, 385, 387; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Stoffels ABG-Recht 3. Aufl. Rn. 1127).

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5. Eine rechtskonforme Ausschlussfrist mittels ergänzender Vertragsauslegung einzufügen, kommt nicht in Betracht. Dies setzte voraus, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und das Unterbleiben der Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 b der Gründe, BAGE 115, 19). Der Wegfall der Klausel muss den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt den Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist (BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 31 mwN).

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Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Pflegearbeitsbedingungenverordnung war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fast drei Jahre in Kraft, dem Beklagten als Inhaber eines ambulanten Pflegedienstes wäre es unschwer möglich gewesen, die Verfallklausel so zu formulieren, dass sie den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ausnimmt. Die bei Wegfall der Verfallklausel greifenden Verjährungsregeln sowie die Bestimmung des § 4 PflegeArbbV bieten einen hinreichenden Interessenausgleich.

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6. Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen, § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Arbeitsvertrag wurde die Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 20. bis 30. November 2013 am 15. Werktag des Folgemonats fällig, so dass diesbezüglich dem Antrag der Klägerin mit dem Zinsbeginn 1. Januar 2014 entsprochen werden konnte. Von der Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 1. bis 15. Dezember 2013 waren 60 % am fünften Werktag (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsvertrag) und der Rest am 15. Werktag des Januar 2014 fällig. Insoweit war die Zinsentscheidung der Vorinstanzen zu korrigieren.

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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth     

        

    Zorn    

                 

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.10.2016 und gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.02.2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Überstunden und Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war vom 01.01.2014 bis 31.07.2015 bei der Beklagten beschäftigt. Die monatliche Vergütung betrug zuletzt 4.361,00 € brutto.

Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde. Nach dessen § 5 hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 28 Tagen im Jahr.

§ 10 des Arbeitsvertrags lautet:

Ansprüche beider Parteien aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Entscheidend ist der Zugang des Schreibens. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden.

Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder äußert sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Geltendmachung, so ist der Anspruch innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bzw. Ablauf der Zweiwochenfrist bei Gericht anhängig zu machen. Anderenfalls ist der Anspruch verfallen und kann nicht mehr geltend gemacht werden.

Mit Schreiben vom 14.09.2015 (Bl. 55 d.A.) machte der Kläger gegenüber dem Beklagten geltend, es seien 4 Urlaubstage aus 2014 und 28 Urlaubstage aus dem Jahr 2015 mit einem Betrag von insgesamt 6.387,52 € abzugelten.

Ferner forderte er 4.671,88 € brutto als Abgeltung von 182,25 Überstunden.

Der Beklagte wandte mit Schreiben seines Prozessvertreters vom 28.09.2015 (Bl. 57 d.A.), dem Prozessvertreter des Klägers per Fax am selben Tag zugegangen, bezüglich der 4 Urlaubstage aus dem Jahr 2014 ein, diese seien verfallen, der Anspruch auf Urlaubsabgeltung belaufe sich daher maximal auf 5.589,08 € brutto, wobei er sich die Überprüfung der übrigen Parameter vorbehalte. Der Anspruch bezüglich der Überstunden wurde zurückgewiesen. Darüber hinaus wurde die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 6.245,43 € erklärt.

Am 28.10.2015 fand zwischen den Prozessvertretern der Parteien ein Telefonat statt. In dem Telefonat erklärte der Prozessvertreter des Klägers, er sei beauftragt, das arbeitsrechtliche Klageverfahren anhängig zu machen. Der Prozessvertreter des Beklagten unterbreitete den Vergleichsvorschlag, dass der Beklagte bei Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche noch einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € brutto abrechne und vergüte.

Am 25.11.2015 fand ein weiteres Telefonat zwischen den Prozessvertretern statt. Die Prozessvertreter vereinbarten, beim Kläger nachzufragen, ob Vergleichsbereitschaft bezüglich eines Betrags von 5.000,00 € brutto bestünde.

Unter dem 26.11.2015 (Bl. 89 d.A.) teilte der Prozessvertreter des Klägers seinem Mandanten mit, er sei mit Herrn Rechtsanwalt D. so verblieben, dass er dem Kläger das modifizierte Vergleichsangebot der Gegenseite mitteile und vor Klageeinreichung mit ihm Rücksprache halte.

Dem Beklagten wurde seitens des Klägers ein Gegenangebot in Höhe zwischen 7.500,00 € brutto und 8.000,00 € brutto gemacht. Diesen lehnte der Beklagte am 15.01.206 per Fax ab.

Der Kläger erhob am 21.01.2016 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg, mit der er die Abgeltung für nicht genommenen Urlaub aus den Jahren 2014 und 2015, die Bezahlung von Überstunden sowie die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses geltend machte.

Das Arbeitsgericht Nürnberg wies die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für Urlaub aus 2014 und Überstunden mit Teilurteil vom 06.10.2016 ab, die übrigen Ansprüche wies es mit Schlussurteil vom 09.02.2017 ab.

Bezüglich der Urlaubstage aus dem Jahr 2014 wies das Erstgericht die Klage mit der Begründung ab, der Urlaubsanspruch sei bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits verfallen gewesen. Den Anspruch auf Vergütung von Überstunden verneinte es, weil der Kläger diese nicht ausreichend substantiiert dargelegt habe. Die Klageanträge hinsichtlich der Urlaubsabgeltung für 2015 und der Erteilung eines Zeugnisses wies das Erstgericht zurück, weil die Ansprüche nach der vertraglichen Ausschlussfrist verfallen seien.

Das Teilurteil wurde dem Kläger am 29.11.2016, das Schlussurteil am 16.02.2017 zugestellt.

Der Kläger legte gegen das Teilurteil am 12.12.2016 Berufung ein und begründete sie am 13.02.2017. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.

Gegen das Schlussurteil legte der Kläger unter dem Aktenzeichen 7 Sa 560/16 am 06.03.2017 Berufung ein und begründete sie gleichzeitig.

Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe hinsichtlich der Urlaubsansprüche für 2015 einen Betrag in Höhe von 5.589,08 € brutto anerkannt.

Der Beklagte sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen, da der Prozessvertreter des Beklagten ihn, den Kläger, durch sein Handeln davon abgehalten habe, die Klage innerhalb der Ausschlussfrist zu erheben.

Der Kläger trägt vor, bei dem Telefonat am 25.11.2015 habe der Prozessvertreter des Beklagten das Vergleichsangebot auf 5.000,00 € brutto erhöht.

Die Ausschlussfrist sei im Übrigen unwirksam.

Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes abgeschlossen worden seien, verstießen gegen § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB, wenn sie den Anspruch auf Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnähmen.

Die Ausschlussfrist verstoße darüber hinaus gegen § 309 Nr. 7 BGB. Sie umfasse auch die Verschuldenshaftung bei einer Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit sowie die Haftung wegen groben Verschuldens. Folge sei, dass die Ausschlussklausel insgesamt unwirksam sei. § 306 Absatz 2 BGB sei gegenüber § 139 BGB die speziellere Vorschrift.

Die Unwirksamkeit der Ausschlussfrist ergebe sich zusätzlich aus § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB. Die Ausschlussfrist verstoße gegen das Transparenzgebot, weil sie die Ansprüche aus der Verschuldenshaftung im Sinne des § 309 Nr. 7 BGB nicht ausdrücklich ausnehme.

Der Kläger beantragt,

Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.10.2016 sowie das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.02.2017 werden abgeändert und I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.440,86 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils gültigen EU-Basiszinssatz seit 01.08.2015 zu bezahlen.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 805,08 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils gültigen EU-Basiszinssatz seit 01.08.2015 als Resturlaubsanspruch für das Jahr 2014 zu bezahlen.

III.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.635,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit 01.08.2015 zu bezahlen.

IV.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Der Beklagte beantragt,

I.

Die am 12.12.2016 eingelegte Berufung des Klägers gegen das am 06.10.2016 verkündete und am 29.11.2016 zugestellte Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg, Az.: 11 Ca 340/16, wird zurückgewiesen.

II.

Die am 06.03.2017 eingelegte Berufung des Klägers gegen das am 09.02.2017 verkündete und am 16.02.2017 zugestellte Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg, Az.: 11 Ca 340/16, wird verworfen, rein vorsorglich zurückgewiesen.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beklagte wendet ein, die Berufung gegen das Schlussurteil sei unzulässig, weil der Kläger sie unter dem Aktenzeichen 7 Sa 560/16 eingelegt habe. Er macht geltend, die Ansprüche des Klägers seien aufgrund der vertraglichen Ausschlussfrist seit dem 28.12.2015 verfallen. Er habe den Kläger durch sein Verhalten nicht davon abgehalten, seine Ansprüche rechtzeitig gerichtlich geltend zu machen. Der Beklagte trägt vor, das Vergleichsangebot des Klägers über einen Betrag von 7.500,00 € brutto bis 8.000,00 € brutto sei am 13.01.2016 telefonisch erklärt worden.

In der mündlichen Verhandlung am 09.05.2017 sind die Verfahren 7 Sa 560/16 und 7 Sa 85/17 gemäß § 147 ZPO miteinander verbunden worden.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die Berufungen des Klägers gegen das Teilurteil sowie gegen das Schlussurteil sind zulässig. Sie sind statthaft, § 64 Absatz 2 b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.

Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts vom 09.02.2016 ist auch nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger sie unter dem Aktenzeichen des bereits anhängigen Verfahrens 7 Sa 560/16 eingelegt hat. Die Behandlung einer eingehenden Berufungsschrift, insbesondere die Zuweisung eines Aktenzeichens, ist Sache der Gerichtsverwaltung und erfolgt unabhängig von der Bezeichnung durch die Parteien. So war die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil gemäß Ziffer 3.6 des richterlichen Geschäftsverteilungsplans der Kammer 7 zuzuweisen und hat ein entsprechendes Aktenzeichen erhalten.

Die Berufungen des Klägers sind unbegründet.

Das Erstgericht hat die geltend gemachten Ansprüche zu Recht abgewiesen.

Die erhobenen Ansprüche sind entsprechend der in § 10 des Arbeitsvertrags enthaltenen Ausschlussfrist verfallen.

Nach dem Wortlaut der Vereinbarung unterfallen alle geltend gemachten Ansprüche der Ausschlussklausel. Die vertragliche Regelung nimmt keinen etwaigen Anspruch aus.

Die streitgegenständlichen Ansprüche sind nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht.

Nach der vertraglichen Ausschlussfrist hätten alle Ansprüche schriftlich bis 31.10.2015 geltend gemacht werden müssen. Dies ist bezüglich der in der Berufung noch geltend gemachten Ansprüche mit dem außergerichtlichen Schreiben vom 14.09.2015 erfolgt.

Der Kläger hat indes seine Klage nicht innerhalb der Frist des § 10 Absatz 2 des Arbeitsvertrags erhoben. Der Beklagte hat die mit Schreiben vom 14.09.2015 erhobenen Ansprüche am 28.09.2015 zurückgewiesen. Dies ist unstreitig. Der Kläger hätte somit bis 28.12.2015 seine Ansprüche klageweise geltend machen müssen. Die Klage ist indes erst am 21.01.2015 bei Gericht eingegangen.

Damit ist die Ausschlussfrist hinsichtlich aller Ansprüche versäumt worden.

Der Beklagte ist aufgrund der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht gehindert, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruchsgegner dem Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen, wenn der andere ihn durch aktives Handeln von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten oder es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 10.03.2005 ‒ 6 AZR 217/04; juris).

Aufgrund des vorliegenden Erkenntnisstands kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies der Fall ist.

Nach dem Sachvortrag des Klägers erhöhte der Prozessvertreter des Beklagten in dem Telefonat am 25.11.2015 das Vergleichsangebot auf 5.000,00 € brutto. Dementsprechend teilte der Prozessvertreter des Klägers diesem mit Schreiben vom 26.11.2015 mit, der Beklagtenvertreter habe das Angebot in dem Telefonat am 25.11.2015 auf 5.000,00 € brutto erhöht und zwischen den Prozessvertretern sei vereinbart worden, dass das Angebot mit dem Kläger besprochen werden würde und vor Erhebung der Klage eine Rücksprache mit dem Prozessvertreter des Beklagten erfolgen werde.

In diesem Ablauf lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür finden, dass der Kläger vom Beklagten davon abgehalten wurde, Klage zu erheben. Es fehlt insbesondere an einem aktiven Eingreifen des Beklagten oder seines Prozessvertreters, das den Kläger an der Erhebung der Klage hätte hindern können.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt wies vielmehr der Klägervertreter den Beklagtenvertreter telefonisch darauf hin, dass die Klage im Entwurf bereits gefertigt sei. Der Kläger trägt selbst nicht vor, zwischen den Prozessvertretern sei darüber gesprochen worden, die Klage solle bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erhoben werden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Prozessvertreter des Beklagten eine entsprechende Zusage erteilte.

Die Ausschlussfrist war durch die Vergleichsverhandlungen nicht gemäß § 203 BGB gehemmt. Auf Ausschlussfristen findet § 203 BGB keine Anwendung. Durch Verhandlungen wird lediglich der Ablauf der Verjährung gehemmt, d.h., die Zeiten, in denen die Parteien über den strittigen Anspruch verhandeln, werden beim Ablauf der Verjährungsfrist nicht berücksichtigt. Die Verjährung hat zur Folge, dass der Anspruchsgegner durch die entsprechende Einrede die Durchsetzbarkeit des Rechts verhindern kann, ohne dass das Recht als solches erlischt. Dagegen bewirkt der Ablauf einer Ausschlussfrist, dass das Recht selbst erlischt und in keiner Form mehr geltend gemacht werden kann. Der Anwendungsbereich des § 203 BGB ist somit nicht eröffnet.

Der Beklagte hat die Ansprüche auf die Resturlaubstage für 2014 nicht anerkannt. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus den Vermerken, die Frau S. auf der e-mail des Klägers vom 06.07.2015 angebracht hat. Es ist wegen des Vermerks „Herr A. bitte RS wg. Abstimmung!“ bereits zweifelhaft, ob diesen Notizen der vom Kläger reklamierte Rechtsbindungswille zugesprochen werden kann. Soll in einer Angelegenheit mit dem Anspruchsgegner Rücksprache genommen werden, ist im Zweifel davon auszugehen, dass das Bestehen des Anspruchs eben (noch) nicht als sicher angenommen wird. Selbst wenn dies bejaht würde, ist nicht ersichtlich, inwieweit die Erklärung von Frau S. dem Beklagten zuzurechnen ist, insbesondere, ob Frau S. als Vertreterin des Beklagten gehandelt hat, § 164 BGB.

Auch der Urlaubsanspruch für 2015 ist nicht anerkannt worden. Das Schreiben vom 28.09.2015 enthält kein Anerkenntnis. Vielmehr hat der Beklagte sich ausdrücklich vorbehalten, den Anspruch prüfen zu wollen.

Die Ausschlussfrist ist wirksam vereinbart worden.

Die Ausschlussklausel ist nicht gemäß § 3 Satz 1 MiLoG iVm § 134 BGB (insgesamt) unwirksam.

Allerdings sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, nach der zitierten Bestimmung unwirksam. Dem Wortlaut nach beschränkt § 10 des Arbeitsvertrags die Geltendmachung des Mindestlohns. Die Bestimmung unterscheidet nicht zwischen Mindestlohn und sonstigen Ansprüchen.

Soweit die Klausel etwaige Ansprüche auf Mindestlohn erfasst, ist sie unwirksam. Diese Wirkung umfasst indes nicht die gesamte Klausel, sondern lediglich die Anwendung auf Mindestlohnansprüche. Das Ziel des Gesetzgebers war es u.a., die Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen. Ein Instrument der Durchsetzungsfähigkeit ist die Regelung des § 3 MiLoG, der den Anspruch auf Mindestlohn sichern und den Arbeitnehmer vor missbräuchlichen Konstruktionen bewahren soll (vgl. BT-Drucksache 18/1558). Dagegen war es nicht das Anliegen des Gesetzgebers, (arbeitsvertragliche) Ausschlussklauseln generell zu unterbinden. Dies ergibt sich aus der eindeutigen Formulierung des Gesetzes. Der Begriff „insoweit“ schränkt die Rechtsfolge ‒ die Unwirksamkeit einer entsprechenden, den Mindestlohn gefährdenden Regelung ‒ ein und begrenzt sie auf diesen Fall. Dies entspricht dem am Regelungszweck orientierten Übermaßverbot. Eine andere Auslegung wäre im Hinblick auf das rechtsstaatliche Prinzip der Gewaltenteilung bedenklich.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die Anwendung und Auslegung der Gesetze durch die Gerichte mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Absatz 3 GG in Einklang, wenn sie sich in den Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung bewegt. Art. 2 Absatz 1 GG gewährleistet in Verbindung mit Art. 20 Absatz 3 GG dem Einzelnen, dass ihm gegenüber ergehende Entscheidungen diesen Anforderungen genügen. Zu den Aufgaben der Rechtsprechung gehört die Rechtsfortbildung. Von daher ist auch eine analoge Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften sowie die Schließung von Regelungslücken von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Rechtsfortbildung stellt keine unzulässige richterliche Eigenmacht dar, sofern durch sie der erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht beiseite geschoben und durch eine autark getroffene richterliche Abwägung der Interessen ersetzt wird. Richterliche Rechtsfortbildung darf hingegen nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Die Aufgabe der Rechtsprechung beschränkt sich vielmehr darauf, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Auslegungsmethoden zu füllen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. Bundesverfassungsgericht ‒ Urteil vom 11.07.2012 ‒ 1 BvR 3142/07 und 1 BvR 1569/08; juris https: …www.juris.de/jportal/portal/t/l0j/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige& showdoccase=1& js_peid=Trefferliste& documentnumber=3& numberofresults=31& fromdoctodoc=yes& doc.id=KVRE399661201& doc.part=K& doc.price=0.0 - focuspoint).

Nachdem der Gesetzgeber in § 3 MiLoG das Wort „insoweit“ eingefügt hat, ist die Ausschlussfrist nur insoweit unwirksam, wie sie Ansprüche auf Mindestlohn ausschließen würde.

Vorliegend sind Mindestlohnansprüche nicht tangiert.

Der Anspruch auf die Urlaubsabgeltung unterliegt nicht der Regelung des § 3 MiLoG. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung, insbesondere deren Höhe, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 1 MiLoG. Der Mindestlohn ist nach dem Gesetzeswortlaut Arbeitsvergütung, d.h., Vergütung für geleistete Arbeit. Dagegen bestimmt sich das Urlaubsentgelt gemäß § 11 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst. Weder enthält das Mindestlohngesetz Regelungen bezüglich des Urlaubsentgelts/der Urlaubsabgeltung noch verweist das Bundesurlaubsgesetz auf das Mindestlohngesetz (vgl. hierzu Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 13.05.2015 ‒ 10 AZR 495/14; juris).

Die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung liegt weit über dem Mindestlohn. Der Urlaubsabgeltungsanspruch bemisst sich nach dem Verdienst, den der Kläger im Referenzzeitraum auf der Basis dieser Vereinbarung erhalten hat.

Auch hinsichtlich der geltend gemachten Überstunden besteht kein Anspruch nach dem Mindestlohngesetz. Zwar handelt es sich bei der Vergütung für Überstunden um Arbeitslohn, der jedenfalls in Höhe des Mindestlohns geschuldet wird und der deshalb auch nicht eingeschränkt werden kann. Die geltend gemachten Überstunden können indes nicht isoliert von der im Übrigen gezahlten Vergütung betrachtet werden. Vielmehr ist insoweit § 2 Absatz 2 Satz 1 MiLoG zumindest entsprechend anzuwenden, d.h., soweit die verstetigt gezahlte Vergütung für die Zeiträume, in denen die Überstunden geleistet worden sind, den Mindestlohnanspruch bereits erfüllt haben, besteht kein gesonderter Anspruch auf einen Mindestlohn.

Nach den vom Kläger vorgelegten Stundennachweisen hat er im Dezember 2014 die meisten Stunden geleistet, nämlich 211,75. Das Gehalt betrug 4.361,00 € brutto im Monat, dies ergibt für Dezember 2014 einen Stundenlohn von 20,60 € brutto.

§ 10 des vorliegenden Arbeitsvertrags ist nicht gemäß §§ 202 Absatz 1, 134 BGB unwirksam. Zwar verkürzt § 10 Arbeitsvertrag entgegen § 202 Absatz 1 BGB die Verjährung auch für Ansprüche aus Haftung wegen Vorsatzes. Dies führt indes nicht zur Unwirksamkeit des § 10 des Arbeitsvertrags insgesamt. Es ist der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu folgen, wonach eine Ausschlussklausel, wenn das Gesetz die Einbeziehung bestimmter Ansprüche verbietet, nur insoweit unwirksam ist (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 25.05.2005 ‒ 5 AZR 572/04; juris).

Insbesondere sind die Bestimmungen der §§ 134, 139 BGB anzuwenden.

Verstößt eine vertragliche Regelung unmittelbar gegen ein gesetzliches Verbot, ergibt sich ihre Unwirksamkeit aus § 134 BGB. Betrifft der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nur einen Teil der Regelung, ist die Frage, ob der Vertrag bzw. die in Rede stehende vertragliche Regelung insgesamt unwirksam ist, gemäß § 139 BGB zu entscheiden. Insbesondere findet § 306 Absatz 2 BGB keine Anwendung. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion nach § 306 Absatz 2 BGB ist, auch wenn die strittige Regelung eine AGB ist, auf die Fälle beschränkt, in denen die vertragliche Regelung zumindest auch nach den Bestimmungen der §§ 305 ff BGB unwirksam ist. (Nur) insoweit ist § 306 Absatz 2 BGB lex specialis gegenüber § 139 BGB.

Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist hält, wie noch ausgeführt wird, einer AGB-Kontrolle stand.

Es ist davon auszugehen, dass die Parteien die Ausschlussklausel auch ohne die Einbeziehung der Haftung wegen Vorsatzes abgeschlossen hätten.

§ 10 des Arbeitsvertrags ist nicht unter dem Gesichtspunkt der §§ 305 ff BGB zu beanstanden.

Die §§ 305 ff BGB sind grundsätzlich neben § 3 MiLoG anwendbar.

§ 10 des Arbeitsvertrags stellt eine AGB im Sinne des § 305 BGB dar. Es besteht zwischen den Parteien insbesondere kein Streit darüber, dass der Beklagte den Arbeitsvertrag vorformuliert hat.

Die Ausschlussklausel enthält keine Unklarheiten, die zu Lasten des Beklagten gehen würden, § 305 c Absatz 2 BGB. Dies würde voraussetzen, dass Zweifel bei der Auslegung der Bestimmung bestehen. Es kommt bereits eine Auslegung des § 10 des Arbeitsvertrags nicht in Betracht. Die Klausel ist weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig, sondern eindeutig. Sie betrifft alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben können. Eine andere Deutung ist ausgeschlossen.

Die Klausel ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 BGB unwirksam. Die Ausschlussfrist erfüllt nicht die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen. § 309 Nr. 7 BGB betrifft das Entstehen und den Umfang von Schadensersatzansprüchen sowie die Verantwortlichkeit des Schädigers. In einer Ausschlussfrist geht es darum nicht. Eine Ausschlussfrist lässt sowohl das Entstehen des Anspruchs als auch seinen Umfang sowie die Haftung des Schädigers unberührt. Es wird lediglich die Möglichkeit, den entstandenen Anspruch geltend zu machen, zeitlich eingeschränkt (s.a. Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 28.09.2005 ‒ 5 AZR 52/05; juris).

Dies steht zwar im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach stellt auch die generelle Verkürzung der Verjährungsfrist eine gemäß § 309 Nr. 7 BGB unzulässige (mittelbare) Haftungsbeschränkung dar (Bundesgerichtshof ‒ Urteil vom 22.09.2015 ‒ II ZR 340/14; juris).

Das erkennende Gericht folgt indes der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

§ 309 Nr. 7 BGB beinhaltet das Verbot einer inhaltlichen, materiellen Beschränkung der dort genannten Haftungsansprüche. Dieses Verbot ist durch eine Verkürzung der Verjährungsfrist nicht tangiert. Insbesondere wirkt sich eine solche Klausel weder auf die Höhe eines Schadensersatzanspruches aus noch schränkt sie die Verantwortlichkeit des Schädigers ein. Der Ausweitung der Rechtsfolge über den gesetzlichen Anwendungsbereich hinaus stehen rechtliche Bedenken entgegen. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Gesetzgeber bereits in § 202 Absatz 1 BGB zum Ausdruck gebracht hat, welche Ansprüche im Schadensrecht einer zeitlichen Beschränkung jenseits der Verjährung nicht unterworfen werden dürfen.

Darüber hinaus verstößt § 10 des Arbeitsvertrags nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB.

Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen deshalb so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt. Eine Klausel verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 15.11.2016 ‒ 3 AZR 579/15; juris).

Eine Klausel, deren Wortlaut ein gesetzliches Verbot nicht wiedergibt, ist nicht intransparent, sondern jedenfalls insoweit unwirksam. Gesetzliche Verbote gelten ersichtlich für jedermann und sind insbesondere auch Arbeitnehmern zugänglich. Das Wissen oder jedenfalls das Wissenkönnen um das gesetzliche Verbot steht der Kausalität zwischen der vertraglichen Klausel und der Entscheidung, davon abzusehen, einen Anspruch geltend zu machen, entgegen.

Schließlich ist § 10 des Arbeitsvertrags nicht nach § 307 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 BGB unwirksam. Verstößt eine vertragliche Bestimmung (teilweise) gegen ein gesetzliches Verbot, ist von vornherein kein Raum für die Frage, ob die Regelung angemessen im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 BGB ist. § 307 BGB beinhaltet ein Prüfungsermessen. Der Begriff „unangemessene Benachteiligung“ stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der eine Prüfung im Einzelfall erfordert. Liegt ein gesetzliches Verbot vor, kommt eine Prüfung im Einzelfall nicht in Betracht. Die Bestimmung ist vielmehr, ohne dass dies im Einzelfall abgewogen werden könnte, kraft Gesetzes stets unwirksam.

Die Ausschlussfrist in § 10 des Arbeitsvertrags stellt sich somit unter allen rechtlichen Gesichtspunkten als wirksam dar.

Eine Änderung der Urteile des Erstgerichts war daher nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen zugelassen.

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.

(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.

(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch, den die Klägerin wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 1. Juli 1996 bis zum 31. Mai 2010 beschäftigt, zuletzt als Leiterin einer Tankstelle in E. Diese hatte früher ihren Schwiegereltern gehört und war am 1. September 2009 von der Beklagten übernommen worden.

3

In diesem Zusammenhang vereinbarten die Parteien am 31. August 2009 ein bis zum 31. August 2010 befristetes Anstellungsverhältnis. § 12 des Arbeitsvertrages lautete:

        

㤠12 Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Ab 16. November 2009 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 „fristgemäß“ zum 16. Dezember 2010 und, wegen der fehlerhaften Jahreszahl, vorsorglich unter dem 16. Dezember 2009 ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2009. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess verständigten sich die Parteien schließlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010.

5

Die Klägerin erstattete Strafanzeige gegen ihren Vorgesetzten Em wegen „des Verdachts der Beleidigung und der sexuellen Belästigung“ und unterrichtete davon die Beklagte mit Schreiben vom 26. März 2010. Das Ermittlungsverfahren gegen den Vorgesetzten Em ist im November 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30. August 2010 und Zustellung an die Beklagte am 9. September 2010 ist die vorliegende Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben worden. Die Klägerin hat behauptet, ihr Vorgesetzter Em habe sie fast täglich als „doof“, „blöd“ oder „unfähig“ bezeichnet, habe sie nicht vertragsgerechte Arbeiten verrichten lassen und ihr bewusst wahrheitswidrig unterstellt, Überstunden zu Unrecht abzurechnen. Nach einem Überfall auf die Tankstelle am 8. Oktober 2009 habe er ihr wie anderen Mitarbeitern vorgeworfen, zu blöd für die Ergreifung des Täters gewesen zu sein. Schließlich habe er die Klägerin gezwungen, bei der Vorführung eines Videos der Gruppe Rammstein mit dem Titel „Pussy Video“ anwesend zu sein.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, mit der Klageeinreichung am 30. August 2010 die vertragliche Ausschlussfrist eingehalten zu haben. Im Übrigen sei die Ausschlussklausel unwirksam, weil die Haftung für vorsätzlich verursachte Schäden nicht im Voraus erlassen oder beschränkt werden könne.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 5.000,00 Euro zu zahlen.

8

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin die wirksam vereinbarte Ausschlussfrist des Arbeitsvertrages nicht eingehalten habe. Im Übrigen hat sie die in der Sache von der Klägerin erhobenen Vorwürfe mit Gegendarstellungen bestritten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch steht jedenfalls nicht die in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist entgegen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat aber nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 3 ZPO.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei dahin auszulegen, dass die Ausschlussklausel auch die Haftung für vorsätzliches Verhalten eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen erfasse. Dies verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB. Danach könne zwar die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänze jedoch den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden könne. Dieser Grundsatz gelte aber nach § 278 Satz 2 BGB gerade nicht für den Ausschluss der Haftung für vorsätzliches Verhalten des Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen. Der Ausschluss einer solchen Haftung sei also möglich, die Ausschlussklausel allenfalls teilnichtig. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages halte auch einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Insbesondere sei nicht gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB verstoßen worden, da die Obliegenheit einer schriftlichen Geltendmachung keinen Haftungsausschluss und keine Haftungsbegrenzung enthalte. Die Klägerin habe im Sinne der ersten Stufe der somit wirksam vereinbarten Ausschlussfrist ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Da § 167 ZPO hier keine Anwendung finde, komme es auf den Eingang der Klage beim Arbeitsgericht nicht an.

12

B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Anspruch der Klägerin sei verfallen. Mit dieser vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

13

I. Eine rechtsfehlerfreie Auslegung der in § 12 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist ergibt, dass sie nicht vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfen der Beklagten erfasst.

14

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.

15

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen zudem als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 20).

16

b) Danach ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; dies ist von der Klägerin auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden und daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

17

2. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Auslegung des Arbeitsvertrages der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch den Senat (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

18

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Rn. 24).

19

b) Danach ist eine Auslegung von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dahin gehend, dass die Parteien grundsätzlich auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen durch die Ausschlussklausel erfassen wollten, nicht frei von Rechtsfehlern.

20

aa) Auf den zwischen den Parteien am 31. August 2009 geschlossenen Arbeitsvertrag findet das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Demzufolge kann gemäß § 202 Abs. 1 BGB die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. Es handelt sich um eine Verbotsnorm iSv. § 134 BGB.

21

bb) Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Vertragsklauseln, die nur in außergewöhnlichen, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Fällen gegen das Gesetz verstoßen, sind wirksam (vgl. BGH 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 - Rn. 10, BGHZ 188, 351; 23. November 2005 - VIII ZR 154/04 - zu II 2 b der Gründe; 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93 - zu II 2 b der Gründe; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 BGB Rn. 9; Schlewing NZA-Beilage 2012, 33, 34). Eine am Sinn und Zweck solcher Klauseln orientierte Auslegung ergibt, dass derartige Ausnahmefälle von der Klausel gar nicht erfasst werden sollen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 4 der Gründe, BAGE 116, 66 = AP BGB § 307 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 8).

22

cc) Der Senat hält an dieser von ihm bereits bestätigten Rechtsprechung fest (BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Dass ein Arbeitgeber seine eigene Haftung für Vorsatz nicht ausschließen kann, ergibt sich, auch wenn es sich nicht um einen Formulararbeitsvertrag handelt, schon aus § 276 Abs. 3 BGB. Über den Gesetzeswortlaut hinaus verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen zur Verjährung von Ansprüchen wegen Vorsatzhaftung, sondern auch Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - aaO). Hinzu kommt, dass § 104 Abs. 1 SGB VII die Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit auf Vorsatz beschränkt, sie aber auch genau in diesen Fällen gerade nicht ausschließt. Daher spielt einerseits die Haftung des Arbeitgebers wegen Verletzung der Gesundheit des Arbeitnehmers in der Praxis keine große Rolle (Däubler/Bonin/Deinert/Däubler 3. Aufl. § 309 Nr. 7 Rn. 5; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 7 BGB Rn. 23); andererseits hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Interesse daran, einen gesetzwidrigen Haftungsausschluss für vorsätzlich verursachte Personenschäden zu vereinbaren, der in jedem Falle wegen § 134 BGB nichtig und bei Formulararbeitsverträgen zudem nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam wäre. Bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist denken die Parteien eines Arbeitsvertrages vor allem an laufende Entgeltansprüche, also an Ansprüche des Arbeitnehmers, gegebenenfalls aber auch an Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts, nicht aber an vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen Personenschäden (vgl. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 309 Rn. 89 ff.; Bayreuther NZA 2005, 1337). Daher ist eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist dahin gehend auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Ohne besondere Hinweise im Einzelfall ist eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt. Ohne solche Besonderheiten kann auch nicht angenommen werden, die Ausschlussfrist beziehe sich auf Kriterien, die aufgrund von Rückausnahmen, hier § 278 Satz 2 BGB, ausnahmsweise doch regelbar seien.

23

dd) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Diese sogenannte Unklarheitenregel stellt bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe dar, wonach in solchen Fällen die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten sollen. Auf diese Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 19). Derartige Zweifel bei der Auslegung bestehen im vorliegenden Fall nicht.

24

ee) Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff., EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.

25

c) Sind von der vertraglich vereinbarten Ausschlussklausel Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 oder § 202 Abs. 1 BGB erfassten Art nicht umfasst, so kommt es auf die weitere Frage, ob die Klausel nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam ist, nicht an.

26

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Soweit das Berufungsgericht den Verfall eines eventuell bestehenden Schmerzensgeldanspruchs angenommen hat, hat es aus seiner Sicht folgerichtig nicht geprüft, ob die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind. Ob die Rechte der Klägerin nach den von ihr behaupteten Mobbinghandlungen verletzt worden sind, muss das Landesarbeitsgericht aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 63, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

      

        

        

    Umfug    

        

    Andreas Henniger    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Dezember 2013 - 6 Sa 357/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der Kläger war vom 5. März 1998 bis zum 29. November 2013 bei der Beklagten, die neben einem eigenen Produktionsbetrieb auch Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Putzer von Gussteilen beschäftigt. In dem in die Revisionsinstanz gelangten Streitzeitraum - die Jahre 2008 und 2009 - war der Kläger mehrfach der F GmbH & Co. KG (fortan Entleiherin) überlassen und erhielt dabei einen Bruttostundenlohn von 10,00 Euro nebst Zuschlägen für Nacht- und Feiertagsarbeit. Von März bis September 2009 sowie im Dezember 2009 war der Kläger von Kurzarbeit betroffen.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 1. Januar 1999 (im Folgenden AV 1999) zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„§ 11 Ausschlußfrist

        

(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen wie folgt geltend gemacht werden: Ansprüche auf Zuschläge aller Art sofort, spätestens innerhalb von 4 Wochen nach Abrechnung des Zeitraums, bei dem sie hätten abgerechnet werden müssen; alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

        

(2) Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter Ziffer 1 festgesetzten Frist ist ausgeschlossen.

        

(3) Ist ein Anspruch rechtzeitig erhoben worden und lehnt der Arbeitgeber seine Erfüllung ab, so hat der Arbeitnehmer den Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.

        

§ 12 Ergänzende Vorschriften

        

Soweit in diesem Vertrag einzelne Bestimmungen des Manteltarifvertrages einbezogen sind, handelt es sich hierbei um den Manteltarifvertrag für das Metallbauer-Handwerk, das Maschinenbaumechaniker-Handwerk, das Werkzeugmacher-Handwerk, das Dreher-Handwerk, das Feinmechaniker-Handwerk, das Metallformer- und das Metallgießer-Handwerk in Hessen in der jeweils gültigen Fassung. Über die ausdrücklich in diesem Vertrag bezeichneten Bestimmungen hinaus findet der Manteltarifvertrag aber keine Anwendung.“

4

Am 29. Januar 2010 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag (im Folgenden AV 2010), der auszugsweise lautet:

        

㤠2 Anwendung eines Tarifvertrages

        

1. Für diesen Arbeitsvertrag kommen der Manteltarifvertrag, der Entgeltrahmentarifvertrag, der Entgelttarifvertrag und der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen in ihrer jeweiligen gültigen Fassung zur Anwendung. Eine Tarifbindung besteht nicht.

        

…       

        

§ 4 Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses

        

Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund des zwischen den Vertragsschließenden vereinbarten Arbeitsvertrages vom 05.03.1998 bereits zum 05.03.1998 begonnen. Es ist unbefristet. Zwischen den Vertragsschließenden besteht Einigkeit darüber, dass der vorgenannte Arbeitsvertrag durch die Regelungen dieses Vertrages ersetzt wird.

        

…       

        

§ 23 Besondere Vereinbarungen

        

Zwischen den Vertragsschließenden besteht Einigkeit darüber, dass die vorstehend vereinbarten arbeitsvertraglichen Regelungen sämtliche Regelungen des bisherigen Arbeitsvertrages ersetzen und aus dem bisherigen Arbeitsvertrag sämtliche Ansprüche, gleich welcher Art, bekannt oder unbekannt, abgegolten und erledigt sind; die bisherige Dauer der Betriebszugehörigkeit (zeitliche Faktor) bleibt hiervon unberührt. Im Übrigen besteht zwischen den Vertragsschließenden Einigkeit darüber, dass die Bestimmungen der vorstehend bezeichneten tariflichen Regelungen bereits im Rahmen des bisherigen Vertragsverhältnisses Anwendung gefunden haben.“

5

Mit Schreiben vom 20. August 2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm beginnend ab Januar 2007 für die Zeiten der Überlassung an die Entleiherin „ordnungsgemäße“ Abrechnungen unter Berücksichtigung des Lohnrahmentarifvertrags für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen zu erteilen und „sich daraus ergebende Lohnansprüche“ auszugleichen. Dem kam die Beklagte nicht nach.

6

Mit der am 2. März 2011 eingereichten Klage hat der Kläger zunächst dieses Begehr für die Zeit ab Januar 2008 weiterverfolgt. Nachdem er von der Entleiherin eine Auskunft nach § 13 AÜG eingeholt hatte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 1. August 2011 auf eine bezifferte Leistungsklage umgestellt und unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeiträume der Überlassungen an die Entleiherin die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt. Außerdem stehe ihm ein jährliches Urlaubsgeld in der von vergleichbaren Stammarbeitnehmern bezogenen Höhe sowie eine auf der Grundlage des Vergleichsentgelts berechnete „Kurzarbeitervergütung“ zu.

7

Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.540,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. März 2011 zu zahlen und über die Zahlungsbeträge neue Abrechnungen zu erteilen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, möglichen Ansprüchen des Klägers stehe die Abgeltungsklausel in § 23 AV 2010 entgegen. Jedenfalls sei Verfall nach der in § 11 AV 1999 vereinbarten Ausschlussfristenreglung eingetreten.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten dem Kläger nur (Differenz-)Zuschläge iHv. 904,89 Euro brutto nebst Zinsen zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat - unter nicht tenorierter, aber sich aus den Gründen ergebender und rechtskräftig gewordener Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Berufung der Beklagten gegen die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht in dem ausgeurteilten Umfang stattgegeben. Die Klage ist hinsichtlich der noch anhängigen Ansprüche unbegründet.

11

I. Der Kläger hat für jede Überlassung für deren jeweilige Dauer Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 24; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 27, BAGE 146, 217). Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien im AV 1999 nicht getroffen.

12

II. Den Ansprüchen des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt steht § 23 AV 2010 nicht entgegen.

13

1. Unabhängig von der Frage, ob die „Erledigungsklausel“ in § 23 Satz 1 AV 2010 überhaupt rechtsgeschäftliche Erklärungen enthalten soll, hätte ein - zugunsten der Beklagten unterstellter - rechtsgeschäftlicher Erklärungswert dieses Verbrauchervertrags(§ 310 Abs. 3 BGB) allenfalls die Bedeutung eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses. Entsprechend ihrem Wortlaut hält die Klausel die übereinstimmende Auffassung der Parteien fest, dass mit der Ersetzung des AV 1999 durch den AV 2010 alle Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsvertrag „abgegolten und erledigt“ sind. Damit fixieren die Vertragsparteien typischerweise die von ihnen angenommene Rechtslage und dokumentieren das, wovon sie ausgingen: Es bestehen nach diesem Zeitpunkt keine Ansprüche aus dem „alten“ Arbeitsverhältnis mehr (vgl. BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 16 ff., BAGE 146, 217; 28. Januar 2015 - 5 AZR 122/13 - Rn. 21).

14

2. Soweit § 23 Satz 2 AV 2010 die erst im neuen Arbeitsvertrag in Bezug genommenen tariflichen Regelungen aus der Leiharbeitsbranche rückwirkend zur Anwendung bringen soll, benachteiligt die Klausel den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG entsteht als ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch mit jeder Überlassung(BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 42, BAGE 144, 306). Die rückwirkende Vereinbarung tariflicher Regelungen iSd. § 9 Nr. 2 AÜG zielt auf den Ausschluss der während der Geltung des AV 1999 bereits entstandenen Ansprüche des Klägers auf equal pay und damit auf einen Anspruchsverzicht. Ein solcher einseitig und kompensationslos den Leiharbeitnehmer treffender Entzug von erworbenen Ansprüchen auf gleiches Arbeitsentgelt widerspricht einer ausgewogenen Vertragsgestaltung und ist sachlich nicht zu begründen (vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 20 ff.).

15

III. Die Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt sind jedoch nach § 11 AV 1999 wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

16

1. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet zudem das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

17

Unter Zugrundelegung des für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geltenden Maßstabs (dazu zB BAG 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 12 mwN, st. Rspr.), erfasst die Klausel den Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt. Denn zu den „beiderseitigen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“ gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306).

18

2. Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

19

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 115, 19; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 46, BAGE 144, 306). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfrist“ überschriebenen eigenen Paragraphen enthalten.

20

3. Die Regelung zur Geltendmachung von Ansprüchen auf „Zuschläge aller Art“ ist unwirksam, im Übrigen hält § 11 Abs. 1 AV 1999 der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

21

a) Die erste Stufe der Frist zur Geltendmachung von Zuschlägen ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie wegen ihrer Kürze den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Ihm verbleibt zur Geltendmachung nicht eine Mindestfrist von drei Monaten ab Fälligkeit des nicht erfüllten Anspruchs (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66; 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 25).

22

b) Die Unwirksamkeit der Frist zur Geltendmachung von Zuschlägen bedingt nicht die Unwirksamkeit der - den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügenden - Frist zur Geltendmachung aller übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Die Klausel ist teilbar.

23

aa) Ohne Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ist bei einer teilbaren Klausel die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36; 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 23, BAGE 129, 121). Maßgeblich ist dabei die inhaltliche Teilbarkeit (BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 27, BAGE 146, 284; BGH 10. Oktober 2013 - III ZR 325/12 - Rn. 14 mwN; ErfK/Preis 16. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 103; HWK/Gotthardt 6. Aufl. § 306 BGB Rn. 3; Bonin in Däubler/Bonin/Deinert 4. Aufl. § 306 BGB Rn. 12a). Deshalb können inhaltlich trennbare Regelungen in einer Verfallklausel nach Anwendung des sog. blue-pencil-Test wirksam sein (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37, BAGE 141, 340).

24

bb) Gemessen daran ist § 11 Abs. 1 AV 1999 inhaltlich teilbar. Er enthält - sprachlich verschränkt und in einer Klausel zusammengefasst - für die erste Stufe der Geltendmachung zwei Ausschlussfristenregelungen, nämlich eine für Zuschläge, eine weitere für alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Eine solche Aufspaltung mag bei arbeitsvertraglichen Verfallfristen ungewöhnlich sein, in tariflichen Ausschlussfristenregelungen ist eine unterschiedliche Länge der Geltendmachungsfrist für verschiedene Arten von Ansprüchen nicht unüblich. So enthält der in § 12 AV 1999 erwähnte Manteltarifvertrag für das Metallbauer-, Maschinenbaumechaniker-, Werkzeugmacher-, Dreher-, Feinmechaniker-, Metallformer- und Metallgießerhandwerk für das Land Hessen in § 26 eine wortgleiche Ausschlussfristenregelung(zwischen Ansprüchen auf Zuschläge und „alle übrigen Ansprüche“ differenzierend zB auch § 22 MTV für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie). Bei einer Ausschlussfristenregelung müssen nicht zwingend alle Ansprüche einer Ausschlussfrist - noch dazu einer gleich langen - unterworfen werden. Auch ohne Ausschlussfristenregelung für Zuschläge enthält § 11 AV 1999 für alle Ansprüche, die nicht auf Zuschläge gerichtet sind, ein sinnvolles, in sich geschlossenes Ganzes.

25

Der Teilbarkeit der Klausel steht nicht entgegen, dass der verbleibende Teil - Ausschlussfristenregelung für „alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ - wegen der Auflösung der sprachlichen Verschränkung auslegungsbedürftig wird. Dies lässt nicht die inhaltliche Eigenständigkeit der verbleibenden Regelung entfallen, sondern betrifft deren Transparenz.

26

4. Die in § 11 Abs. 1 AV 1999 verbleibende Regelung ist hinreichend transparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

27

a) Bei einer die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Anspruchs - und damit zugleich dessen Untergang - regelnden Klausel ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen kann, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48, BAGE 144, 306). Dabei führt die Auslegungsbedürftigkeit der Klausel nicht automatisch zu deren Intransparenz (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 139, 44).

28

b) Diesen Anforderungen genügt die verbleibende Ausschlussfristenregelung.

29

Die gedankliche Prüfung der Teilbarkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt nicht dazu, dass der unwirksame Teil einer Klausel „unter dem blauen Stift verschwindet“. Vielmehr kann der Vertragstext weiterhin zur Auslegung der verbleibenden Regelung herangezogen werden. Für den durchschnittlichen Arbeitnehmer ist unbeschadet des späteren blue-pencil-Test erkennbar, dass mit der Formulierung „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ all diejenigen gemeint sind, die nicht „Zuschläge aller Art“ zum Inhalt haben. Auch über den Rechtsbegriff der „Zuschläge“ ist der durchschnittliche Arbeitnehmer nicht im Unklaren und weiß, dass es sich dabei um über das Grundentgelt hinausgehende Vergütungen etwa für Arbeit zu besonderer Zeit oder unter besonderen Bedingungen handelt. Dementsprechend hatte der Kläger keine Schwierigkeiten, die vergleichbaren Stammarbeitnehmern von der Entleiherin gewährten (tariflichen) Zuschläge in seine Vergleichsberechnung einzubeziehen.

30

Des Weiteren kann der Arbeitnehmer aus der Klausel ersehen, dass diese Ansprüche „ausgeschlossen“ sind (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden.

31

IV. Der Kläger hat keinen Anspruch auf neue Abrechnungen.

32

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer „bei Zahlung“ des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Der Abrechnungsanspruch entsteht danach erst, wenn Arbeitsentgelt gezahlt wird und ist vorher nicht klagbar (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 130/14 - Rn. 29; 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 34 ff. mwN).

33

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser    

        

    Pollert    

                 

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

1.
(Kurzfristige Preiserhöhungen)eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden;
2.
(Leistungsverweigerungsrechte)eine Bestimmung, durch die
a)
das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder
b)
ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird;
3.
(Aufrechnungsverbot)eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen;
4.
(Mahnung, Fristsetzung)eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen;
5.
(Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a)
die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b)
dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;
6.
(Vertragsstrafe)eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird;
7.
(Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a)
(Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
b)
(Grobes Verschulden)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgasts von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge;
8.
(Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung)
a)
(Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen)eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen;
b)
(Mängel)eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen
aa)
(Ausschluss und Verweisung auf Dritte)die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden;
bb)
(Beschränkung auf Nacherfüllung)die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten;
cc)
(Aufwendungen bei Nacherfüllung)die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 und 3 oder § 635 Absatz 2 zu tragen oder zu ersetzen;
dd)
(Vorenthalten der Nacherfüllung)der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht;
ee)
(Ausschlussfrist für Mängelanzeige)der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist;
ff)
(Erleichterung der Verjährung)die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird;
9.
bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat,
a)
eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags,
b)
eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses, es sei denn das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen, oder
c)
eine zu Lasten des anderen Vertragsteils längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer;
dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung zusammengehörig verkaufter Sachen sowie für Versicherungsverträge;
10.
(Wechsel des Vertragspartners)eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird
a)
der Dritte namentlich bezeichnet oder
b)
dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen;
11.
(Haftung des Abschlussvertreters)eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt,
a)
ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder
b)
im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung
auferlegt;
12.
(Beweislast)eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a)
diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b)
den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind;
13.
(Form von Anzeigen und Erklärungen)eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a)
an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b)
an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c)
an besondere Zugangserfordernisse;
14.
(Klageverzicht)eine Bestimmung, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen darf, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht hat;
15.
(Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistung)eine Bestimmung, nach der der Verwender bei einem Werkvertrag
a)
für Teilleistungen Abschlagszahlungen vom anderen Vertragsteil verlangen kann, die wesentlich höher sind als die nach § 632a Absatz 1 und § 650m Absatz 1 zu leistenden Abschlagszahlungen, oder
b)
die Sicherheitsleistung nach § 650m Absatz 2 nicht oder nur in geringerer Höhe leisten muss.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. November 2015 - 12 Sa 707/15 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 2015 - 11 Ca 5420/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe.

2

Der Kläger betreibt einen Pflegedienst. Der Beklagte war seit dem 1. Juni 2014 beim Kläger als Altenpfleger zu einer monatlichen Vergütung iHv. 1.650,00 Euro brutto beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 23. Mai 2014 heißt es ua.:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses Dauer und Tätigkeit

        

…       

        
        

5.    

Für den Fall das der Arbeitnehmer schuldhaft die Arbeit nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt als vereinbart aufnimmt oder das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Dauer oder vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund beendet, wird eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttogehaltes vereinbart.

        

…       

        
        

§ 6     

Kündigung

        

1.    

Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. In dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 28 Tagen gekündigt werden.

        

…       

        
        

3.    

Das Arbeitsverhältnis kann nach der Probezeit unter Einhaltung einer Frist von 8 Wochen gekündigt werden.

        

4.    

Die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Für den Fall ihrer Unwirksamkeit gilt eine fristlose Kündigung als fristgerechte Kündigung zum nächst möglichen Termin.

        

…       

        
        

6.    

Für den Fall das der Arbeitnehmer die Arbeit nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt als vereinbart aufnimmt oder das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Dauer oder vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund beendet, ist eine Vertragsstrafe zu zahlen.

        

…       

        
        

§ 15   

Vertragsstrafe

        

1.    

Eine Vertragsstrafe ist wegen nachfolgend genannten Verstöße fällig:

                 

a)    

Unentschuldigtes Fehlen

                 

b)    

Nichtantritt der Arbeit bei Vertragsbeginn

                 

c)    

Nichteinhaltung der Kündigungsfrist

                 

…       

        
        

2.    

Für die Probezeit gilt als Vertragsstrafe die Höhe des Bruttolohns, der im Zeitraum der Kündigungsfrist erreichbar, als vereinbart. (Beispiel: 3 Wochen = 18 Arbeitstage x 6,67 h = 120 h x Stundensatz = Vertragsstrafe).

        

3.    

Nach der Probezeit gilt als Vertragsstrafe ein durchschnittlicher Bruttolohn als vereinbart.

        

4.    

Eine Vertragsstrafe ist auch dann fällig, wenn ein Grund vorliegt, der zu einer fristlosen Kündigung führen würde.

        

…“    

        
3

Der Beklagte wurde an seinem ersten Arbeitstag beim Kläger eingearbeitet. Am zweiten Arbeitstag hatte er wegen einer Wohnungsübergabe den gesamten Tag frei. Am dritten Arbeitstag, dem 4. Juni 2014, erschien der Beklagte zunächst nicht; gegen Mittag überreichte er eine außerordentliche Kündigung zum selben Tag.

4

Mit Schreiben vom 4. Juni und 23. Juni 2014 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos zur Zahlung einer Vertragsstrafe iHv. 1.540,00 Euro auf. Mit seiner Klage hat er sein Begehren auf Zahlung der Vertragsstrafe weiterverfolgt. Mit einem Hilfsantrag hat er den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz iHv. 3.095,00 Euro in Anspruch genommen.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gehabt und müsse deshalb nach § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags wegen „Nichteinhaltung der Kündigungsfrist“ eine Vertragsstrafe zahlen. Dass die Regelung in § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers ohne wichtigen Grund erfasse, sei dem Beklagten vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrags zudem im Beisein eines Zeugen erläutert worden. Die Bestimmung in § 6 Nr. 6 des Arbeitsvertrags sei Ausdruck des bereits in § 15 des Arbeitsvertrags geregelten Sachverhalts; sie diene zudem der Transparenz.

6

Der Kläger hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Vertragsstrafe iHv. 1.540,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2014 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Ansicht vertreten, für seine außerordentliche Kündigung vom 4. Juni 2014 habe ein wichtiger Grund vorgelegen. Er sei arglistig über wesentliche Arbeitsbedingungen getäuscht worden. Jedenfalls hielten die Regelungen des Arbeitsvertrags zur Vertragsstrafe, darunter § 15 Nr. 1 Buchst. c, einer Kontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB nicht stand.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Klägers abgeändert und den Beklagten verurteilt, an den Kläger eine Vertragsstrafe iHv. 1.540,00 Euro zuzüglich der beantragten Zinsen zu zahlen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger eine Vertragsstrafe zu zahlen.

10

A. Die Revision ist zulässig. Zwar hat der Beklagte die Fristen für die Einlegung und Begründung der Revision nach § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht gewahrt. Dem Beklagten war jedoch gemäß § 233 Satz 1 ZPO nach Versäumung dieser Fristen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden verhindert war, die Fristen zu wahren. Der Beklagte hat am 14. Januar 2016 und damit noch innerhalb der an diesem Tag endenden Revisionseinlegungsfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch einzulegende Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts beantragt. Ihm wurde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Mai 2016 (- 8 AZA 3/16 -), der ihm am 8. Juni 2016 zugestellt wurde, antragsgemäß Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Der Beklagte hat am 8. Juni 2016 und damit innerhalb der gesetzlichen Frist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO beim Bundesarbeitsgericht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist beantragt und Revision eingelegt sowie am 7. Juli 2016, und damit ebenfalls innerhalb der gesetzlichen Frist, beim Bundesarbeitsgericht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt und die Revision begründet. Damit hat er auch die versäumten Prozesshandlungen innerhalb der nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgeblichen Frist nachgeholt.

11

B. Die Revision des Beklagten ist begründet. Die zulässige Klage ist - entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts - unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe.

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagte sei verpflichtet, an den Kläger die begehrte Vertragsstrafe zu zahlen. Bei den Klauseln des Arbeitsvertrags und damit auch bei der Vertragsstrafenklausel in § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die in § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags getroffene Regelung über die Vertragsstrafe sei - auch unter Berücksichtigung der Regelungen in § 6 Nr. 6 sowie in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags - dahin auszulegen, dass sie eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer erfasse, die wegen Fehlens eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksam sei. Die Regelung in § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags sei auch materiell wirksam, sie halte einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB stand, insbesondere sei sie nicht intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Beklagte habe die Vertragsstrafe auch verwirkt, da es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB für seine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses fehle.

13

II. Mit dieser Begründung durfte der Klage nicht stattgegeben werden. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die außerordentliche Kündigung des Beklagten unwirksam war, weil es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB fehlte. Ebenso kann offen bleiben, ob - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags unter Berücksichtigung der in § 6 Nr. 6 sowie in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags getroffenen Bestimmungen dahin auszulegen ist, dass eine Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wegen „Nichteinhaltung der Kündigungsfrist“ auch im Falle einer außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitnehmer besteht, deren Wirksamkeit am Fehlen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB scheitert, und ob § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags in einer solchen Auslegung einer Kontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB standhält. Ersteres könnte zweifelhaft sein, da die Parteien in § 6 Nr. 4 des Arbeitsvertrags vereinbart haben, dass die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund unberührt bleibt und dass eine fristlose Kündigung im Falle ihrer Unwirksamkeit als fristgerechte Kündigung zum nächst möglichen Termin gilt. Danach könnte einiges dafür sprechen, dass der Tatbestand der „Nichteinhaltung der Kündigungsfrist“ iSv. § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags nur von einer ordentlichen Kündigung, die die Kündigungsfrist nicht wahrt, und nicht von einer wegen Fehlens eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung erfüllt werden kann. Dies kann jedoch dahinstehen.

14

Sollten die Bestimmungen in § 6 Nr. 6 sowie in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags lediglich zur Auslegung von § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags heranzuziehen sein und § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags unter Berücksichtigung dieser Bestimmungen dahin auszulegen sein, dass eine Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wegen „Nichteinhaltung der Kündigungsfrist“ auch im Fall einer mangels wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung besteht, wäre die von den Parteien zur Höhe der Vertragsstrafe getroffene Bestimmung nicht hinreichend transparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sollte es sich hingegen bei den Regelungen in § 6 Nr. 6 sowie in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags um eigenständige Anspruchsgrundlagen für eine Vertragsstrafe ua. im Fall einer wegen Fehlens eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung handeln, würde die in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags zur Höhe der Vertragsstrafe getroffene Regelung eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. In jedem Fall hat eine Unwirksamkeit der entsprechenden Klauseln deren ersatzlosen Fortfall unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen zur Folge.

15

1. Die von den Parteien im Arbeitsvertrag getroffenen Abreden über eine Vertragsstrafe sind an den Maßstäben des AGB-Kontrollrechts zu messen. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 23. Mai 2014 enthält nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

16

2. Die Unwirksamkeit der Bestimmungen des Arbeitsvertrags zur Höhe der Vertragsstrafe folgt nicht bereits aus § 309 Nr. 6 BGB. Zwar sind danach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; allerdings sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB bei der Anwendung auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass § 309 Nr. 6 BGB auf arbeitsvertragliche Vertragsstrafenabreden nicht anwendbar ist und sich eine Unwirksamkeit der Vertragsstrafenvereinbarung nur aus § 307 BGB ergeben kann, wobei hier allerdings zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen ist(vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 11 mwN).

17

3. Sollten die Regelungen in § 6 Nr. 6 sowie in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags lediglich zur Auslegung von § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags heranzuziehen sein und § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags unter Berücksichtigung dieser Regelungen dahin auszulegen sein, dass von der „Nichteinhaltung der Kündigungsfrist“ auch die Fälle erfasst werden, in denen sich eine außerordentliche Kündigung mangels wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB als unwirksam erweist, wäre die von den Parteien zur Höhe der Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist getroffene Abrede nicht hinreichend transparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Unwirksamkeit der entsprechenden Klauseln hätte gemäß § 306 Abs. 1 BGB deren ersatzlosen Fortfall unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen zur Folge.

18

a) Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, verständlich und durchschaubar darzustellen. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen deshalb so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt (vgl. etwa BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 671/15 - Rn. 22 mwN; 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 23; BGH 14. März 2017 - VI ZR 721/15 - Rn. 23; 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15 - Rn. 30 mwN, BGHZ 211, 51; 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 12 mwN, BGHZ 208, 52). Danach verletzt eine Klausel das im Transparenzgebot enthaltene Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet (vgl. etwa BAG 21. April 2016 - 8 AZR 474/14 - Rn. 78 mwN; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33 mwN, BAGE 150, 286; 30. September 2014 - 3 AZR 930/12 - Rn. 20, BAGE 149, 200; 19. Februar 2014 - 5 AZR 700/12 - Rn. 19; 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 23).

19

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender allerdings nicht nur dazu, die einzelnen Klauseln des von ihm vorformulierten Vertrags klar zu formulieren. Diese müssen auch im Kontext mit den übrigen Regelungen des Vertrags verständlich sein. Zusammengehörende Regelungen müssen grundsätzlich im Zusammenhang aufgeführt werden oder der Bezug muss in anderer Weise, etwa durch Bezugnahme auf andere Klauseln, deutlich gemacht werden. Ist das nicht der Fall und hat das zur Folge, dass die Vertragsgestaltung objektiv geeignet ist, den Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Rechtsstellung irrezuführen, ist das Transparenzgebot verletzt. Das gilt insbesondere für widersprüchliche Klauseln (vgl. etwa BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 31 mwN).

20

b) Danach wäre die von den Parteien zur Höhe der Vertragsstrafe wegen „Nichteinhaltung der Kündigungsfrist“ getroffene Abrede nicht hinreichend transparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

Sollten die Regelungen in § 6 Nr. 6 sowie in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags keine eigenständigen Anspruchsgrundlagen für eine Vertragsstrafe im Fall einer wegen Fehlens eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung sein, sondern lediglich zur Auslegung von § 15 Nr. 1 Buchst. c des Arbeitsvertrags heranzuziehen sein, könnte der Vertragspartner des Klägers bei Vertragsschluss nicht erkennen, in welcher Höhe er während der Probezeit eine Vertragsstrafe wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist schuldet. Insoweit sehen § 15 Nr. 2 und Nr. 3 des Arbeitsvertrags zwar vor, dass für die Probezeit als Vertragsstrafe die Höhe des Bruttolohns als vereinbart gilt, der im Zeitraum der Kündigungsfrist erreichbar wäre und dass erst nach der Probezeit als Vertragsstrafe ein durchschnittlicher Bruttolohn als vereinbart gilt. Demgegenüber enthält § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags keine Differenzierung zwischen der Probezeit und der Zeit danach, sondern bestimmt, dass in den dort aufgeführten Fällen stets eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttogehalts vereinbart ist. Diesen Widerspruch zwischen den einzelnen Bestimmungen löst der Arbeitsvertrag selbst nicht auf. Der Arbeitsvertrag selbst gibt keinen Aufschluss darüber, in welchem Verhältnis die in § 1 Nr. 5 zur Höhe der Vertragsstrafe getroffene Regelung zu den in § 15 Nr. 2 und Nr. 3 des Arbeitsvertrags getroffenen Abreden steht, dh. welche der beiden unterschiedlichen Regelungen zur Höhe der Vertragsstrafe - § 1 Nr. 5 oder § 15 Nr. 2 des Arbeitsvertrags - in der Probezeit tatsächlich zur Anwendung kommen soll.

22

c) Die mangelnde Transparenz der zur Höhe der Vertragsstrafe getroffenen Bestimmungen würde nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu ihrer Unwirksamkeit und nach § 306 Abs. 1 BGB zu ihrem ersatzlosen Fortfall unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen führen. Eine ergänzende Vertragsauslegung würde vorliegend ausscheiden.

23

aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung würde voraussetzen, dass die ersatzlose Streichung der im Arbeitsvertrag der Parteien zur Höhe der Vertragsstrafe getroffenen Abreden keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet. Der Wegfall der Klauseln bzw. Klauselteile müsste den Kläger über Gebühr benachteiligen und umgekehrt den Beklagten in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt wäre (zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung vgl. etwa BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn 31 mwN, BAGE 156, 150).

24

bb) Diese Voraussetzungen wären vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger hätte kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Klauseln mit einem transparenten, weil in sich widerspruchsfreien Inhalt. Dies folgt bereits daraus, dass er es als Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Hand gehabt hätte, für eine hinreichende Transparenz nicht nur der einzelnen Klauseln für sich betrachtet, sondern auch ihres Zusammenwirkens im Vertrag zu sorgen. Auf der anderen Seite würde der Beklagte durch einen ersatzlosen Wegfall der Klauseln bzw. Klauselteile über die Höhe der geschuldeten Vertragsstrafe auch nicht in einem Maße begünstigt, das durch seine schutzwürdigen Interessen nicht mehr gerechtfertigt wäre. Der Beklagte würde durch die fehlende Transparenz gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrags in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrags, insbesondere der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben. Daran knüpft das Gesetz mit § 307 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB zu seinem Schutz die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der intransparenten Klauseln bzw. Klauselteile. Die Ersetzung des intransparenten Klauselwerks durch transparente Bestimmungen würde dazu führen, dass das intransparente Klauselwerk für den Beklagten dennoch verbindlich bliebe. Dies unterliefe die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit und kann deshalb von vornherein nicht Ergebnis einer auf einen angemessenen Interessenausgleich bedachten ergänzenden Vertragsauslegung sein (vgl. etwa BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B III 2 b der Gründe, BGHZ 164, 297).

25

4. Sollte es sich bei den Regelungen in § 6 Nr. 6 sowie in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags hingegen um eigenständige Anspruchsgrundlagen für eine Vertragsstrafe - auch - im Fall einer wegen Fehlens eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung handeln, würde die insoweit in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags über die Höhe der Vertragsstrafe getroffene Bestimmung den Beklagten unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligen und wäre deshalb unwirksam. Die in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags vorgesehene Vertragsstrafe würde in einem solchen Fall zu einer Übersicherung des Klägers führen, da sie diesen berechtigen würde, vom Beklagten auch dann eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts zu fordern, wenn dieser - wie hier - das Arbeitsverhältnis während der in § 6 Nr. 1 des Arbeitsvertrags bestimmten Probezeit von sechs Monaten ohne Einhaltung der während dieser Zeit maßgeblichen Kündigungsfrist von 28 Tagen auflöst.

26

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 22 mwN).

27

b) Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus der Höhe der Vertragsstrafe folgen. Würde - wie hier - die Vertragsstrafe verwirkt, wenn sich die außerordentliche Kündigung des Mitarbeiters wegen Fehlens eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB als unwirksam erweist, sind die Kündigungsfristen, die im Fall einer fristgemäßen Kündigung einzuhalten sind, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe. In der Länge der Kündigungsfrist kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Dabei ist die Höhe der Vergütung grundsätzlich ein geeigneter Maßstab, um den Wert der Arbeitsleistung festzustellen. Die Länge der jeweils maßgeblichen Kündigungsfrist und die für diesen Zeitraum zu zahlende Vergütung spiegeln regelmäßig das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers wider. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist deshalb nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann nur angenommen werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt (vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 23 mwN).

28

c) Danach würde der Beklagte durch die in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags über die Höhe der Vertragsstrafe getroffene Bestimmung unangemessen benachteiligt. Nach dieser Klausel würde er eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in jedem Fall schulden, in dem er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beendet und damit auch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der in § 6 Nr. 1 des Arbeitsvertrags bestimmten Probezeit von sechs Monaten, obwohl das Arbeitsverhältnis während dieser Zeit gemäß § 6 Nr. 1 des Arbeitsvertrags ordentlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 28 Tagen gekündigt werden kann. In diesem Fall wäre die Vertragsstrafe von einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt jedoch regelmäßig höher als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Beklagten zu zahlen gewesen wäre. Dafür, dass das Interesse des Klägers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigen könnte, ist nichts ersichtlich. Der Kläger hat keine Umstände dargetan, die ein besonderes Interesse an der Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die über das bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldete Arbeitsentgelt hinausgeht, begründen könnten.

29

d) Der Umstand, dass der Kläger die begehrte Vertragsstrafe nicht nach § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags, sondern nach § 15 Nr. 2 des Arbeitsvertrags errechnet hat, führt zu keiner anderen Bewertung.

30

Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 307 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Unwirksam sind deshalb auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

31

e) Die Unwirksamkeit der in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags zur Höhe der Vertragsstrafe getroffenen Bestimmung würde nach § 306 Abs. 1 BGB zu ihrem ersatzlosen Fortfall unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen führen.

32

aa) Die Abrede über die Höhe der Vertragsstrafe in § 1 Nr. 5 des Arbeitsvertrags könnte nicht ohne Weiteres mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass im Fall einer mangels wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers eine Vertragsstrafe in Höhe des Arbeitsentgelts geschuldet wäre, das für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen ist(vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN).

33

bb) Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung käme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung wären nicht gegeben.

34

Der Kläger hätte kein schutzwürdiges Interesse an einer entsprechenden Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Mai 2014 war bereits bekannt, dass Klauseln, die für den Fall der unwirksamen außerordentlichen Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses eine Vertragsstrafe vorsehen, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind(vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 110, 8).

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    N. Reiners    

        

    Andreas Henniger    

                 

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.10.2016 und gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.02.2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Überstunden und Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war vom 01.01.2014 bis 31.07.2015 bei der Beklagten beschäftigt. Die monatliche Vergütung betrug zuletzt 4.361,00 € brutto.

Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde. Nach dessen § 5 hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 28 Tagen im Jahr.

§ 10 des Arbeitsvertrags lautet:

Ansprüche beider Parteien aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Entscheidend ist der Zugang des Schreibens. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden.

Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder äußert sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Geltendmachung, so ist der Anspruch innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bzw. Ablauf der Zweiwochenfrist bei Gericht anhängig zu machen. Anderenfalls ist der Anspruch verfallen und kann nicht mehr geltend gemacht werden.

Mit Schreiben vom 14.09.2015 (Bl. 55 d.A.) machte der Kläger gegenüber dem Beklagten geltend, es seien 4 Urlaubstage aus 2014 und 28 Urlaubstage aus dem Jahr 2015 mit einem Betrag von insgesamt 6.387,52 € abzugelten.

Ferner forderte er 4.671,88 € brutto als Abgeltung von 182,25 Überstunden.

Der Beklagte wandte mit Schreiben seines Prozessvertreters vom 28.09.2015 (Bl. 57 d.A.), dem Prozessvertreter des Klägers per Fax am selben Tag zugegangen, bezüglich der 4 Urlaubstage aus dem Jahr 2014 ein, diese seien verfallen, der Anspruch auf Urlaubsabgeltung belaufe sich daher maximal auf 5.589,08 € brutto, wobei er sich die Überprüfung der übrigen Parameter vorbehalte. Der Anspruch bezüglich der Überstunden wurde zurückgewiesen. Darüber hinaus wurde die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 6.245,43 € erklärt.

Am 28.10.2015 fand zwischen den Prozessvertretern der Parteien ein Telefonat statt. In dem Telefonat erklärte der Prozessvertreter des Klägers, er sei beauftragt, das arbeitsrechtliche Klageverfahren anhängig zu machen. Der Prozessvertreter des Beklagten unterbreitete den Vergleichsvorschlag, dass der Beklagte bei Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche noch einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € brutto abrechne und vergüte.

Am 25.11.2015 fand ein weiteres Telefonat zwischen den Prozessvertretern statt. Die Prozessvertreter vereinbarten, beim Kläger nachzufragen, ob Vergleichsbereitschaft bezüglich eines Betrags von 5.000,00 € brutto bestünde.

Unter dem 26.11.2015 (Bl. 89 d.A.) teilte der Prozessvertreter des Klägers seinem Mandanten mit, er sei mit Herrn Rechtsanwalt D. so verblieben, dass er dem Kläger das modifizierte Vergleichsangebot der Gegenseite mitteile und vor Klageeinreichung mit ihm Rücksprache halte.

Dem Beklagten wurde seitens des Klägers ein Gegenangebot in Höhe zwischen 7.500,00 € brutto und 8.000,00 € brutto gemacht. Diesen lehnte der Beklagte am 15.01.206 per Fax ab.

Der Kläger erhob am 21.01.2016 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg, mit der er die Abgeltung für nicht genommenen Urlaub aus den Jahren 2014 und 2015, die Bezahlung von Überstunden sowie die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses geltend machte.

Das Arbeitsgericht Nürnberg wies die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für Urlaub aus 2014 und Überstunden mit Teilurteil vom 06.10.2016 ab, die übrigen Ansprüche wies es mit Schlussurteil vom 09.02.2017 ab.

Bezüglich der Urlaubstage aus dem Jahr 2014 wies das Erstgericht die Klage mit der Begründung ab, der Urlaubsanspruch sei bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits verfallen gewesen. Den Anspruch auf Vergütung von Überstunden verneinte es, weil der Kläger diese nicht ausreichend substantiiert dargelegt habe. Die Klageanträge hinsichtlich der Urlaubsabgeltung für 2015 und der Erteilung eines Zeugnisses wies das Erstgericht zurück, weil die Ansprüche nach der vertraglichen Ausschlussfrist verfallen seien.

Das Teilurteil wurde dem Kläger am 29.11.2016, das Schlussurteil am 16.02.2017 zugestellt.

Der Kläger legte gegen das Teilurteil am 12.12.2016 Berufung ein und begründete sie am 13.02.2017. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.

Gegen das Schlussurteil legte der Kläger unter dem Aktenzeichen 7 Sa 560/16 am 06.03.2017 Berufung ein und begründete sie gleichzeitig.

Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe hinsichtlich der Urlaubsansprüche für 2015 einen Betrag in Höhe von 5.589,08 € brutto anerkannt.

Der Beklagte sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen, da der Prozessvertreter des Beklagten ihn, den Kläger, durch sein Handeln davon abgehalten habe, die Klage innerhalb der Ausschlussfrist zu erheben.

Der Kläger trägt vor, bei dem Telefonat am 25.11.2015 habe der Prozessvertreter des Beklagten das Vergleichsangebot auf 5.000,00 € brutto erhöht.

Die Ausschlussfrist sei im Übrigen unwirksam.

Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes abgeschlossen worden seien, verstießen gegen § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB, wenn sie den Anspruch auf Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnähmen.

Die Ausschlussfrist verstoße darüber hinaus gegen § 309 Nr. 7 BGB. Sie umfasse auch die Verschuldenshaftung bei einer Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit sowie die Haftung wegen groben Verschuldens. Folge sei, dass die Ausschlussklausel insgesamt unwirksam sei. § 306 Absatz 2 BGB sei gegenüber § 139 BGB die speziellere Vorschrift.

Die Unwirksamkeit der Ausschlussfrist ergebe sich zusätzlich aus § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB. Die Ausschlussfrist verstoße gegen das Transparenzgebot, weil sie die Ansprüche aus der Verschuldenshaftung im Sinne des § 309 Nr. 7 BGB nicht ausdrücklich ausnehme.

Der Kläger beantragt,

Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.10.2016 sowie das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.02.2017 werden abgeändert und I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.440,86 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils gültigen EU-Basiszinssatz seit 01.08.2015 zu bezahlen.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 805,08 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils gültigen EU-Basiszinssatz seit 01.08.2015 als Resturlaubsanspruch für das Jahr 2014 zu bezahlen.

III.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.635,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit 01.08.2015 zu bezahlen.

IV.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Der Beklagte beantragt,

I.

Die am 12.12.2016 eingelegte Berufung des Klägers gegen das am 06.10.2016 verkündete und am 29.11.2016 zugestellte Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg, Az.: 11 Ca 340/16, wird zurückgewiesen.

II.

Die am 06.03.2017 eingelegte Berufung des Klägers gegen das am 09.02.2017 verkündete und am 16.02.2017 zugestellte Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg, Az.: 11 Ca 340/16, wird verworfen, rein vorsorglich zurückgewiesen.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beklagte wendet ein, die Berufung gegen das Schlussurteil sei unzulässig, weil der Kläger sie unter dem Aktenzeichen 7 Sa 560/16 eingelegt habe. Er macht geltend, die Ansprüche des Klägers seien aufgrund der vertraglichen Ausschlussfrist seit dem 28.12.2015 verfallen. Er habe den Kläger durch sein Verhalten nicht davon abgehalten, seine Ansprüche rechtzeitig gerichtlich geltend zu machen. Der Beklagte trägt vor, das Vergleichsangebot des Klägers über einen Betrag von 7.500,00 € brutto bis 8.000,00 € brutto sei am 13.01.2016 telefonisch erklärt worden.

In der mündlichen Verhandlung am 09.05.2017 sind die Verfahren 7 Sa 560/16 und 7 Sa 85/17 gemäß § 147 ZPO miteinander verbunden worden.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die Berufungen des Klägers gegen das Teilurteil sowie gegen das Schlussurteil sind zulässig. Sie sind statthaft, § 64 Absatz 2 b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.

Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts vom 09.02.2016 ist auch nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger sie unter dem Aktenzeichen des bereits anhängigen Verfahrens 7 Sa 560/16 eingelegt hat. Die Behandlung einer eingehenden Berufungsschrift, insbesondere die Zuweisung eines Aktenzeichens, ist Sache der Gerichtsverwaltung und erfolgt unabhängig von der Bezeichnung durch die Parteien. So war die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil gemäß Ziffer 3.6 des richterlichen Geschäftsverteilungsplans der Kammer 7 zuzuweisen und hat ein entsprechendes Aktenzeichen erhalten.

Die Berufungen des Klägers sind unbegründet.

Das Erstgericht hat die geltend gemachten Ansprüche zu Recht abgewiesen.

Die erhobenen Ansprüche sind entsprechend der in § 10 des Arbeitsvertrags enthaltenen Ausschlussfrist verfallen.

Nach dem Wortlaut der Vereinbarung unterfallen alle geltend gemachten Ansprüche der Ausschlussklausel. Die vertragliche Regelung nimmt keinen etwaigen Anspruch aus.

Die streitgegenständlichen Ansprüche sind nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht.

Nach der vertraglichen Ausschlussfrist hätten alle Ansprüche schriftlich bis 31.10.2015 geltend gemacht werden müssen. Dies ist bezüglich der in der Berufung noch geltend gemachten Ansprüche mit dem außergerichtlichen Schreiben vom 14.09.2015 erfolgt.

Der Kläger hat indes seine Klage nicht innerhalb der Frist des § 10 Absatz 2 des Arbeitsvertrags erhoben. Der Beklagte hat die mit Schreiben vom 14.09.2015 erhobenen Ansprüche am 28.09.2015 zurückgewiesen. Dies ist unstreitig. Der Kläger hätte somit bis 28.12.2015 seine Ansprüche klageweise geltend machen müssen. Die Klage ist indes erst am 21.01.2015 bei Gericht eingegangen.

Damit ist die Ausschlussfrist hinsichtlich aller Ansprüche versäumt worden.

Der Beklagte ist aufgrund der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht gehindert, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruchsgegner dem Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen, wenn der andere ihn durch aktives Handeln von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten oder es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 10.03.2005 ‒ 6 AZR 217/04; juris).

Aufgrund des vorliegenden Erkenntnisstands kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies der Fall ist.

Nach dem Sachvortrag des Klägers erhöhte der Prozessvertreter des Beklagten in dem Telefonat am 25.11.2015 das Vergleichsangebot auf 5.000,00 € brutto. Dementsprechend teilte der Prozessvertreter des Klägers diesem mit Schreiben vom 26.11.2015 mit, der Beklagtenvertreter habe das Angebot in dem Telefonat am 25.11.2015 auf 5.000,00 € brutto erhöht und zwischen den Prozessvertretern sei vereinbart worden, dass das Angebot mit dem Kläger besprochen werden würde und vor Erhebung der Klage eine Rücksprache mit dem Prozessvertreter des Beklagten erfolgen werde.

In diesem Ablauf lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür finden, dass der Kläger vom Beklagten davon abgehalten wurde, Klage zu erheben. Es fehlt insbesondere an einem aktiven Eingreifen des Beklagten oder seines Prozessvertreters, das den Kläger an der Erhebung der Klage hätte hindern können.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt wies vielmehr der Klägervertreter den Beklagtenvertreter telefonisch darauf hin, dass die Klage im Entwurf bereits gefertigt sei. Der Kläger trägt selbst nicht vor, zwischen den Prozessvertretern sei darüber gesprochen worden, die Klage solle bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erhoben werden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Prozessvertreter des Beklagten eine entsprechende Zusage erteilte.

Die Ausschlussfrist war durch die Vergleichsverhandlungen nicht gemäß § 203 BGB gehemmt. Auf Ausschlussfristen findet § 203 BGB keine Anwendung. Durch Verhandlungen wird lediglich der Ablauf der Verjährung gehemmt, d.h., die Zeiten, in denen die Parteien über den strittigen Anspruch verhandeln, werden beim Ablauf der Verjährungsfrist nicht berücksichtigt. Die Verjährung hat zur Folge, dass der Anspruchsgegner durch die entsprechende Einrede die Durchsetzbarkeit des Rechts verhindern kann, ohne dass das Recht als solches erlischt. Dagegen bewirkt der Ablauf einer Ausschlussfrist, dass das Recht selbst erlischt und in keiner Form mehr geltend gemacht werden kann. Der Anwendungsbereich des § 203 BGB ist somit nicht eröffnet.

Der Beklagte hat die Ansprüche auf die Resturlaubstage für 2014 nicht anerkannt. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus den Vermerken, die Frau S. auf der e-mail des Klägers vom 06.07.2015 angebracht hat. Es ist wegen des Vermerks „Herr A. bitte RS wg. Abstimmung!“ bereits zweifelhaft, ob diesen Notizen der vom Kläger reklamierte Rechtsbindungswille zugesprochen werden kann. Soll in einer Angelegenheit mit dem Anspruchsgegner Rücksprache genommen werden, ist im Zweifel davon auszugehen, dass das Bestehen des Anspruchs eben (noch) nicht als sicher angenommen wird. Selbst wenn dies bejaht würde, ist nicht ersichtlich, inwieweit die Erklärung von Frau S. dem Beklagten zuzurechnen ist, insbesondere, ob Frau S. als Vertreterin des Beklagten gehandelt hat, § 164 BGB.

Auch der Urlaubsanspruch für 2015 ist nicht anerkannt worden. Das Schreiben vom 28.09.2015 enthält kein Anerkenntnis. Vielmehr hat der Beklagte sich ausdrücklich vorbehalten, den Anspruch prüfen zu wollen.

Die Ausschlussfrist ist wirksam vereinbart worden.

Die Ausschlussklausel ist nicht gemäß § 3 Satz 1 MiLoG iVm § 134 BGB (insgesamt) unwirksam.

Allerdings sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, nach der zitierten Bestimmung unwirksam. Dem Wortlaut nach beschränkt § 10 des Arbeitsvertrags die Geltendmachung des Mindestlohns. Die Bestimmung unterscheidet nicht zwischen Mindestlohn und sonstigen Ansprüchen.

Soweit die Klausel etwaige Ansprüche auf Mindestlohn erfasst, ist sie unwirksam. Diese Wirkung umfasst indes nicht die gesamte Klausel, sondern lediglich die Anwendung auf Mindestlohnansprüche. Das Ziel des Gesetzgebers war es u.a., die Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen. Ein Instrument der Durchsetzungsfähigkeit ist die Regelung des § 3 MiLoG, der den Anspruch auf Mindestlohn sichern und den Arbeitnehmer vor missbräuchlichen Konstruktionen bewahren soll (vgl. BT-Drucksache 18/1558). Dagegen war es nicht das Anliegen des Gesetzgebers, (arbeitsvertragliche) Ausschlussklauseln generell zu unterbinden. Dies ergibt sich aus der eindeutigen Formulierung des Gesetzes. Der Begriff „insoweit“ schränkt die Rechtsfolge ‒ die Unwirksamkeit einer entsprechenden, den Mindestlohn gefährdenden Regelung ‒ ein und begrenzt sie auf diesen Fall. Dies entspricht dem am Regelungszweck orientierten Übermaßverbot. Eine andere Auslegung wäre im Hinblick auf das rechtsstaatliche Prinzip der Gewaltenteilung bedenklich.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die Anwendung und Auslegung der Gesetze durch die Gerichte mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Absatz 3 GG in Einklang, wenn sie sich in den Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung bewegt. Art. 2 Absatz 1 GG gewährleistet in Verbindung mit Art. 20 Absatz 3 GG dem Einzelnen, dass ihm gegenüber ergehende Entscheidungen diesen Anforderungen genügen. Zu den Aufgaben der Rechtsprechung gehört die Rechtsfortbildung. Von daher ist auch eine analoge Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften sowie die Schließung von Regelungslücken von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Rechtsfortbildung stellt keine unzulässige richterliche Eigenmacht dar, sofern durch sie der erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht beiseite geschoben und durch eine autark getroffene richterliche Abwägung der Interessen ersetzt wird. Richterliche Rechtsfortbildung darf hingegen nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Die Aufgabe der Rechtsprechung beschränkt sich vielmehr darauf, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Auslegungsmethoden zu füllen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. Bundesverfassungsgericht ‒ Urteil vom 11.07.2012 ‒ 1 BvR 3142/07 und 1 BvR 1569/08; juris https: …www.juris.de/jportal/portal/t/l0j/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige& showdoccase=1& js_peid=Trefferliste& documentnumber=3& numberofresults=31& fromdoctodoc=yes& doc.id=KVRE399661201& doc.part=K& doc.price=0.0 - focuspoint).

Nachdem der Gesetzgeber in § 3 MiLoG das Wort „insoweit“ eingefügt hat, ist die Ausschlussfrist nur insoweit unwirksam, wie sie Ansprüche auf Mindestlohn ausschließen würde.

Vorliegend sind Mindestlohnansprüche nicht tangiert.

Der Anspruch auf die Urlaubsabgeltung unterliegt nicht der Regelung des § 3 MiLoG. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung, insbesondere deren Höhe, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 1 MiLoG. Der Mindestlohn ist nach dem Gesetzeswortlaut Arbeitsvergütung, d.h., Vergütung für geleistete Arbeit. Dagegen bestimmt sich das Urlaubsentgelt gemäß § 11 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst. Weder enthält das Mindestlohngesetz Regelungen bezüglich des Urlaubsentgelts/der Urlaubsabgeltung noch verweist das Bundesurlaubsgesetz auf das Mindestlohngesetz (vgl. hierzu Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 13.05.2015 ‒ 10 AZR 495/14; juris).

Die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung liegt weit über dem Mindestlohn. Der Urlaubsabgeltungsanspruch bemisst sich nach dem Verdienst, den der Kläger im Referenzzeitraum auf der Basis dieser Vereinbarung erhalten hat.

Auch hinsichtlich der geltend gemachten Überstunden besteht kein Anspruch nach dem Mindestlohngesetz. Zwar handelt es sich bei der Vergütung für Überstunden um Arbeitslohn, der jedenfalls in Höhe des Mindestlohns geschuldet wird und der deshalb auch nicht eingeschränkt werden kann. Die geltend gemachten Überstunden können indes nicht isoliert von der im Übrigen gezahlten Vergütung betrachtet werden. Vielmehr ist insoweit § 2 Absatz 2 Satz 1 MiLoG zumindest entsprechend anzuwenden, d.h., soweit die verstetigt gezahlte Vergütung für die Zeiträume, in denen die Überstunden geleistet worden sind, den Mindestlohnanspruch bereits erfüllt haben, besteht kein gesonderter Anspruch auf einen Mindestlohn.

Nach den vom Kläger vorgelegten Stundennachweisen hat er im Dezember 2014 die meisten Stunden geleistet, nämlich 211,75. Das Gehalt betrug 4.361,00 € brutto im Monat, dies ergibt für Dezember 2014 einen Stundenlohn von 20,60 € brutto.

§ 10 des vorliegenden Arbeitsvertrags ist nicht gemäß §§ 202 Absatz 1, 134 BGB unwirksam. Zwar verkürzt § 10 Arbeitsvertrag entgegen § 202 Absatz 1 BGB die Verjährung auch für Ansprüche aus Haftung wegen Vorsatzes. Dies führt indes nicht zur Unwirksamkeit des § 10 des Arbeitsvertrags insgesamt. Es ist der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu folgen, wonach eine Ausschlussklausel, wenn das Gesetz die Einbeziehung bestimmter Ansprüche verbietet, nur insoweit unwirksam ist (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 25.05.2005 ‒ 5 AZR 572/04; juris).

Insbesondere sind die Bestimmungen der §§ 134, 139 BGB anzuwenden.

Verstößt eine vertragliche Regelung unmittelbar gegen ein gesetzliches Verbot, ergibt sich ihre Unwirksamkeit aus § 134 BGB. Betrifft der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nur einen Teil der Regelung, ist die Frage, ob der Vertrag bzw. die in Rede stehende vertragliche Regelung insgesamt unwirksam ist, gemäß § 139 BGB zu entscheiden. Insbesondere findet § 306 Absatz 2 BGB keine Anwendung. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion nach § 306 Absatz 2 BGB ist, auch wenn die strittige Regelung eine AGB ist, auf die Fälle beschränkt, in denen die vertragliche Regelung zumindest auch nach den Bestimmungen der §§ 305 ff BGB unwirksam ist. (Nur) insoweit ist § 306 Absatz 2 BGB lex specialis gegenüber § 139 BGB.

Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist hält, wie noch ausgeführt wird, einer AGB-Kontrolle stand.

Es ist davon auszugehen, dass die Parteien die Ausschlussklausel auch ohne die Einbeziehung der Haftung wegen Vorsatzes abgeschlossen hätten.

§ 10 des Arbeitsvertrags ist nicht unter dem Gesichtspunkt der §§ 305 ff BGB zu beanstanden.

Die §§ 305 ff BGB sind grundsätzlich neben § 3 MiLoG anwendbar.

§ 10 des Arbeitsvertrags stellt eine AGB im Sinne des § 305 BGB dar. Es besteht zwischen den Parteien insbesondere kein Streit darüber, dass der Beklagte den Arbeitsvertrag vorformuliert hat.

Die Ausschlussklausel enthält keine Unklarheiten, die zu Lasten des Beklagten gehen würden, § 305 c Absatz 2 BGB. Dies würde voraussetzen, dass Zweifel bei der Auslegung der Bestimmung bestehen. Es kommt bereits eine Auslegung des § 10 des Arbeitsvertrags nicht in Betracht. Die Klausel ist weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig, sondern eindeutig. Sie betrifft alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben können. Eine andere Deutung ist ausgeschlossen.

Die Klausel ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 BGB unwirksam. Die Ausschlussfrist erfüllt nicht die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen. § 309 Nr. 7 BGB betrifft das Entstehen und den Umfang von Schadensersatzansprüchen sowie die Verantwortlichkeit des Schädigers. In einer Ausschlussfrist geht es darum nicht. Eine Ausschlussfrist lässt sowohl das Entstehen des Anspruchs als auch seinen Umfang sowie die Haftung des Schädigers unberührt. Es wird lediglich die Möglichkeit, den entstandenen Anspruch geltend zu machen, zeitlich eingeschränkt (s.a. Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 28.09.2005 ‒ 5 AZR 52/05; juris).

Dies steht zwar im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach stellt auch die generelle Verkürzung der Verjährungsfrist eine gemäß § 309 Nr. 7 BGB unzulässige (mittelbare) Haftungsbeschränkung dar (Bundesgerichtshof ‒ Urteil vom 22.09.2015 ‒ II ZR 340/14; juris).

Das erkennende Gericht folgt indes der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

§ 309 Nr. 7 BGB beinhaltet das Verbot einer inhaltlichen, materiellen Beschränkung der dort genannten Haftungsansprüche. Dieses Verbot ist durch eine Verkürzung der Verjährungsfrist nicht tangiert. Insbesondere wirkt sich eine solche Klausel weder auf die Höhe eines Schadensersatzanspruches aus noch schränkt sie die Verantwortlichkeit des Schädigers ein. Der Ausweitung der Rechtsfolge über den gesetzlichen Anwendungsbereich hinaus stehen rechtliche Bedenken entgegen. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Gesetzgeber bereits in § 202 Absatz 1 BGB zum Ausdruck gebracht hat, welche Ansprüche im Schadensrecht einer zeitlichen Beschränkung jenseits der Verjährung nicht unterworfen werden dürfen.

Darüber hinaus verstößt § 10 des Arbeitsvertrags nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB.

Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen deshalb so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt. Eine Klausel verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 15.11.2016 ‒ 3 AZR 579/15; juris).

Eine Klausel, deren Wortlaut ein gesetzliches Verbot nicht wiedergibt, ist nicht intransparent, sondern jedenfalls insoweit unwirksam. Gesetzliche Verbote gelten ersichtlich für jedermann und sind insbesondere auch Arbeitnehmern zugänglich. Das Wissen oder jedenfalls das Wissenkönnen um das gesetzliche Verbot steht der Kausalität zwischen der vertraglichen Klausel und der Entscheidung, davon abzusehen, einen Anspruch geltend zu machen, entgegen.

Schließlich ist § 10 des Arbeitsvertrags nicht nach § 307 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 BGB unwirksam. Verstößt eine vertragliche Bestimmung (teilweise) gegen ein gesetzliches Verbot, ist von vornherein kein Raum für die Frage, ob die Regelung angemessen im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 BGB ist. § 307 BGB beinhaltet ein Prüfungsermessen. Der Begriff „unangemessene Benachteiligung“ stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der eine Prüfung im Einzelfall erfordert. Liegt ein gesetzliches Verbot vor, kommt eine Prüfung im Einzelfall nicht in Betracht. Die Bestimmung ist vielmehr, ohne dass dies im Einzelfall abgewogen werden könnte, kraft Gesetzes stets unwirksam.

Die Ausschlussfrist in § 10 des Arbeitsvertrags stellt sich somit unter allen rechtlichen Gesichtspunkten als wirksam dar.

Eine Änderung der Urteile des Erstgerichts war daher nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen zugelassen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 25.06.2013, Az.: 2 Ca 620/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld für das Jahr 2012 verlangen kann.

2

Der Kläger war vom 15.02.1982 bis zum 31.12.2012 bei der Beklagten als Kundendiensttechniker beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17.09.2009 wurde folgende Vergütung vereinbart:

3

"3.1. Der Arbeitnehmer wird entsprechend der tarifvertraglichen Regelung in die Gehalts-/Lohngruppe 6 eingruppiert und vergütet. Derzeit sind das € 2.472,52 pro Monat. Der Arbeitnehmer erhält eine übertarifliche Zulage in Höhe von € 1.087,48 pro Monat. Das Bruttogehalt beträgt € 3.560,00. Dieser Betrag wird nachträglich monatlich abgerechnet und auf ein vom Mitarbeiter benanntes Konto angewiesen. (zuletzt erhielt der Kläger € 3.599,--)

4

3.2 Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Urlaubsgeld, welches die Hälfte des Bruttogehaltes gemäß Absatz 1 Satz 4 beträgt. Der Betrag wird zusammen mit dem Aprilgehalt ausgezahlt.

5

3.3. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein 13. Gehalt als Weihnachtsgeld, welches dem Bruttogehalt gemäß des in Absatz 1 Satz 4 genannten Betrages entspricht. Der Betrag wird zusammen mit dem Novembergehalt ausgezahlt."

6

Mit Schreiben vom 03.09.2009 wurde dem Kläger eine variable Prämie in Höhe von € 4.000,00 bei 100% Zielerreichung zugesagt. Des Weiteren wurde die Geltung der Tarifverträge für den Hamburger Groß- und Außenhandel vereinbart.

7

Nachdem die Beklagte dem Kläger am 22.06.2011 ordentlich zum 01.02.2012 sowie des Weiteren am 08.11.2011 außerordentlich gekündigt und der Kläger dagegen Kündigungsschutzklage erhoben hatte, schlossen die Parteien am 06.03.2012 folgenden gerichtlichen Vergleich:

8

"1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund ordentlicher, arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.12.2012. An der fristlosen Kündigung vom 08.11.2011 sowie der darin enthaltenen vorsorglichen ordentlichen Kündigung und den hierauf gestützten Gründen wird nicht festgehalten.

9

2. Bis zum Beendigungszeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet. Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass der Kläger ab 20.10.2011 wieder gesund ist. Die Abrechnung erfolgt auf der Basis eines monatlichen Festgehalts von EUR 4.000,00 brutto zuzüglich EUR 430,00 als Ersatz für den Anspruch auf einen Dienstwagen. Es besteht weiterhin Einigkeit, dass variable Vergütungsbestandteile nicht gezahlt werden.

10

3. Die Beklagte gewährt dem Kläger darüber hinaus das 13. sowie das 13,5. Monatsgehalt für das Jahr 2011. Sie zahlt darüber hinaus an den Kläger EUR 1.785,00 Spesen für den Zeitraum 25.09.2011 bis 07.10.2011. Die Arbeitgeberin erstattet dem Kläger darüber hinaus EUR 230,00 Stornogebühr, die dem Kläger durch den X in C-Stadt durch die kurzfristige Kündigung des Beherbergungsvertrages in Rechnung gestellt worden sind. Darüber hinaus erstattet die Beklagte dem Kläger die ausstehende Lagermiete für den von ihm für die Beklagte angemieteten Lagerraum bis zu der bereits erfolgten Kündigung. Die Beklagte zahlt an den Kläger die Jubiläumszahlung für 30-jährige Betriebszugehörigkeit, die am 15.02.2012 fällig gewesen wäre.

11

4. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass der Kläger bis zum o.a. Beendigungszeitpunkt bezahlt und unter Anrechnung auf bestehende Urlaubsansprüche sowie evtl. Überstundenguthaben von der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt wird.

12

5. Die Beklagte zahlt in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von EUR 100.000,00 an den Kläger. Die Abfindung wird fällig bei Beendigung zum 31.12.2012 im Januar 2013. Sie gilt bereits jetzt als entstanden und ist damit vererblich.

13

6. Der Kläger ist berechtigt, innerhalb einer Ankündigungsfrist von einer Woche das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten vor dem o.a. Zeitpunkt zu beenden. In diesem Fall erhöht sich die unter Ziffer 5 genannte Abfindung um das bis zum 31.12.2012 ersparte Bruttoarbeitsentgelt. Die Abfindung wird in diesem Fall auch fällig zum Zeitpunkt des Ausscheidens.

14

7. Die Beklagte erstellt dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Beendigungszeugnis mit der Leistungs- und Verhaltensbewertung entsprechend der Schulnote "2+". Das Zeugnis trägt als Ausstellungsdatum das Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es wird über den gesamten Zeitraum des Beschäftigungsverhältnisses ausgestellt. Es enthält am Ende folgende Formeln:

15

Das Arbeitsverhältnis endete zum …

16

Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn A. und bedanken uns für die gute Zusammenarbeit. Wir wünschen ihm für die Zukunft sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht alles Gute.

17

Die Beklagte erstellt dem Kläger sofort ein entsprechendes Zwischenzeugnis.

18

8. Mit Erfüllung des vorstehenden Vergleichs sind alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis, seien sie derzeit bekannt oder unbekannt, gleich auf welchem Rechtsgrund sie beruhen, abgegolten, mit Ausnahme evtl. bestehender Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung.

19

9. Durch den vorstehenden Vergleich sind sowohl die Verfahren 2 Ca 1982/11 sowie 2 Ca 1257/11 beendet.

20

10. Beiden Parteien bleibt vorbehalten, vorstehenden Vergleich bis spätestens 20.03.2012 schriftsätzlich eingehend beim Arbeitsgericht Ludwigshafen zu widerrufen. "

21

Der Vergleich ist rechtskräftig geworden. Mit Schreiben vom 27.12.2012 hat der Kläger von der Beklagten sowohl die Urlaubsgeldzahlung als auch die Sonderzahlung für 2012 auf der Basis einer monatlichen Vergütung von € 4.000,00 verlangt. Die Beklagte hat die Zahlung dieser Beträge abgelehnt.

22

Der Kläger hat vorgetragen,
aus Ziffer 2 des Vergleichs, wonach die ordnungsgemäße Abrechnung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungszeitpunkt geschuldet sei, ergebe sich, dass ihm ein Anspruch auf alle im Arbeitsvertrag geregelten Gehaltsbestandteile zustehe Dies umfasse auch das im Arbeitsvertrag vorgesehene Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Festlegung des monatlichen Festgehaltes auf € 4.000,00 sei aufgrund der variablen Vergütungsbestandteile erfolgt, da sich daraus ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt in Höhe von € 3.857,00 ergeben habe. Das Weihnachtsgeld sowie das Urlaubsgeld für 2011 seien nur deshalb ausdrücklich in den Vergleich aufgenommen worden, weil andernfalls zu befürchten gewesen sei, dass eventuell der Anspruch aufgrund der Ausschlussfristen des Tarifvertrages entfallen gewesen wäre.

23

Der Kläger hat beantragt,

24

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 6.000,00 brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2012 als Weihnachts- und Urlaubsgeld 2012 zu bezahlen.

25

Die Beklagte hat beantragt:

26

die Klage abzuweisen.

27

Die Beklagte hat vorgetragen,
der gerichtliche Vergleich begründe keine Ansprüche des Klägers auf zusätzliche Sonderzahlungen für das Jahr 2012. Derartige Ansprüche seien ganz bewusst nicht im Vergleich geregelt worden. Das Arbeitsverhältnis der Parteien habe durch die von € 3.599.00 auf € 4.000,00 erhöhte Monatsvergütung abgewickelt werden sollen, wodurch das Urlaubs- und Weihnachtsgeld mit abgegolten gewesen seien. Dieser Betrag ergebe sich aus der Berechnung des Gehaltes des Klägers in Höhe von € 3.599,00 x 13,5 = € 48.586,50, verteilt auf 12 Monate = € 4.048,88, so dass mit der auf € 4.000,00 erhöhten und aufgerundeten monatlichen Vergütung erkennbar die Sonderzahlungen für 2012 mit abgegolten seien. Alle zusätzlichen Einmalzahlungen seien abschließend in Ziffer 3 des Vergleiches geregelt. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum dem Kläger bei dem von ihm dargelegten Verständnis auch noch auf der Basis des erhöhten Festgehaltes zusätzliche Sonderzahlungen für 2012 zustehen sollten. In einem Telefonat am 19.03.2012 zwischen den ursprünglichen Prozessvertretern der Parteien sei ausdrücklich besprochen und von dem Beklagtenprozessbevollmächtigten auch so bestätigt worden, dass das 13,5.- Monatsgehalt nur für 2011 bezahlt werden solle.

28

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 25.06.2013 - 2 Ca 620/13 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 78 - 87 d. A. Bezug genommen.

29

Gegen das ihm am 24.07.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 07.08.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 24.09.2013 beim Landearbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

30

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, aus der Formulierung im Vergleich, dass "die Parteien Einigkeit darüber gefunden haben, dass bis zum Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet wird" folge, dass die dem Kläger noch zustehenden Leistungen aus dem Arbeitsvertrag bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses zuzuwenden seien. Dazu gehörten auch die streitgegenständlichen Forderungen. Für eine weitergehende Auslegung des Vergleichs bleibe insoweit kein Raum. Dem stehe auch nicht die Abgeltungsklausel im gerichtlichen Vergleich entgegen, denn nach deren eindeutigen Wortlaut umfasse sie gerade nicht die Ansprüche, die zur Erfüllung des Vergleichs noch zu tätigen gewesen seien. Es verzichte der Kläger im Übrigen auf die variablen Vergütungsbestandteile, nicht auf weitere Leistungen.

31

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 24.09.2013 (Bl. 114 - 119 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 120 bis 124 d.A. Bezug genommen.

32

Der Kläger beantragt,

33

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 25.06.2013 unter dem Az.: 2 Ca 6210/13 wird abgeändert.
die Beklagte wird verurteilt an den Kläger den sich aus € 6.000,00 brutto ergebenden Nettobetrag nebst 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2012 zu bezahlen.

34

Die Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die geltend gemachten Zahlungsansprüche seien durch die Abgeltungsklausel in Ziffer 8 des Vergleichs entfallen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Formulierung der Verpflichtung zur "ordnungsgemäßen Abrechnung" gemäß Ziffer 2 des Vergleichs. Das Verständnis des Klägers insoweit widerspreche dem Wortlaut, der Entstehungsgesichte, dem Verhalten der Parteien bei Abschluss des Vergleichs, dem Zweck des Vergleichs und der bei Abschluss des Vergleichs gegebenen Interessenlage. Insbesondere widerspreche das Verständnis des Klägers aber dem Sinn und Zweck der Abgeltungsklausel, wonach durch eine solche Klausel das Arbeitsverhältnis gerade abschließend bereinigt werden solle. Vor diesem Hintergrund habe es einer eindeutigen und unmissverständlichen - nicht vorhandenen - Regelung bedurft, dass das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld für 2012 entgegen der abschließenden Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs vor dessen Ziffer 2 habe erfasst werden sollen.

37

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 28.10.2013 (Bl. 140 bis 146 d.A.) Bezug genommen.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

39

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.11.2013.

Entscheidungsgründe

I.

40

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

41

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

42

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des streitgegenständlichen Betrages verlangen kann.

43

Denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld für das Kalenderjahr 2012 zu. Denn ein derartiger Anspruch, der durch den ursprünglichen Arbeitsvertrag - in anderer als der geltend gemachten Höhe - begründet wurde, ist nämlich zumindest aufgrund der Abgeltungsklausel in Ziffer 8 des Vergleichs vom 06.03.2012 (- 2 Ca 1982/11 und 2 Ca 1257/11 Arbeitsgericht Ludwigshafen) gemäß § 397 Abs. 2 BGB entfallen.

44

Das Arbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beantwortung der Frage, welche Rechtsqualität und welchen Umfang die Abgeltungsklausel hat, durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB bestimmt. Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende durch seine Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von jedem Empfänger zu verstehen war (BAG 03.05.2006 - 10 AZR 310/05 -).

45

Die Ausgleichsklausel in Ziffer 8 des Vergleichs hat den Zweck, das streitige Rechtsverhältnis abschließend zu regeln (vgl. BAG 05.04.1973 AP § 794 ZPO Nr. 22; 10.05.1978 EzA § 794 ZPO Nr. 3; dies gilt nicht für eine Klausel mit dem Wortlaut "Damit ist der Rechtsstreit… erledigt" (LAG Köln 28.10.1994 NZA 1995, 739 LS). Dieser die Gerichtspraxis in den Tatsacheninstanzen (vgl. § 57 Abs. 2 ArbGG) i.d.R. beherrschende Zweck - Schaffung klarer Verhältnisse (vgl. BAG 28.07.2004 EzA § 611 BGB 2002 Aufhebungsvertrag Nr. 4) und Vermeidung möglichen Streits in der Zukunft (BAG 22.10.2008 EzA § 74 HGB Nr. 70) - wird aber nur erreicht, wenn die Klausel grds. weit ausgelegt wird in dem Sinne, dass alle Verpflichtungen, die nicht von dieser Klausel erfasst werden sollen, ausdrücklich und unmissverständlich im Vergleich selbst bezeichnet werden müssen, ohne dass es weiterer Zusätze bedarf wie "bekannt oder unbekannt" oder "gleich aus welchem Rechtsgrund" (BAG 22.10.2008 EzA § 74 HGB Nr. 70). Über die Tragweite des Vergleichs darf es keine Unklarheit geben, sonst kann er seine Friedensfunktion nicht erfüllen. Das gilt auch für Ansprüche, die sich erst aus den Bedingungen des Vergleichs selbst ergeben können (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 3 Rn. 4791 ff.).

46

Eine Klausel des hier maßgeblichen Inhalts (vgl. Diller FA 2000, 270 ff.) ist deshalb als negatives konstitutives Schuldanerkenntnis i.S.d. § 397 Abs. 2 BGB zu qualifizieren (LAG München (24.04.1997 BB 1998, 26) a.A. LAG Düsseldorf 07.12.2000 NZA-RR 2002, 15: deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis). Wird dieses Schuldanerkenntnis in Kenntnis einer möglichen bestehenden Forderung abgegeben, so scheidet eine Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus.

47

Das BAG (31.07.2002 EzA § 74 HGB Nr. 63, 64; 19.11.2003 NZA 2004, 554; 07.09.2004 EzA § 74 HGB Nr. 66 m.Anm. Buchner SAE 2007, 1 ff.; LAG Bln. 26.08.2005 NZA-RR 2006, 67) hat in diesem Zusammenhang für die notwendige Auslegung anhand der §§ 133, 157 BGB (BAG 08.03.2006 EzA § 74 HGB Nr. 67) folgende Grundsätze aufgestellt:

48

Ausgleichsklauseln sind im Interesse klarer Verhältnisse grds. weit auszulegen, um den angestrebten Vergleichsfrieden sicherzustellen.

49

Sieht eine allgemeine Ausgleichsklausel vor, dass mit dem Vergleich alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt sein sollen, so sind von diesem Wortlaut grds. auch Ansprüche aus einem Wettbewerbsverbot erfasst. Eine Auslegung, die zum Fortbestand des Wettbewerbsverbots einerseits und zum Verzicht auf Ansprüche auf Karenzentschädigung andererseits führt, ist widersprüchlich.

50

Die zum Verzicht auf Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung entwickelten Auslegungsregeln sind auf diese Ansprüche nicht anwendbar.

51

Dies schließt nicht aus, dass aus weiteren Umständen z.B. Art und Inhalt der Vorverhandlungen sowie Verhalten nach Vertragsschluss, auf einen anderen Willen der Parteien geschlossen werden kann.

52

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kläger vorliegend durch den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleich auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld für das Kalenderjahr 2012 verzichtet.

53

Die in Ziffer 8 des Vergleichs vereinbarte Abgeltungsklausel ist umfassend mit Ausnahme evtl. bestehender Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung, die ausdrücklich ausgenommen wurden. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus der Verpflichtung gemäß Ziffer 2 Satz 1 des Vergleichs, wonach die Beklagte das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt und damit bis zum 31.12.2012 ordnungsgemäß abzurechnen hat. Denn in diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass dann, wenn sich der Arbeitgeber in einem (z.B. gerichtlichen) Vergleich verpflichtet, das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung "ordnungsgemäß abzurechnen", dadurch mangels anderer Anhaltspunkte ein Vergütungsanspruch nicht selbstständig begründet wird. Vielmehr betrifft die Abrechnung dann nur die nach anderen Rechtsgrundlagen bestehenden Ansprüche (BAG 19.05.2004 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 6; s.a. LAG Hamm 11.02.2008 - 8 Sa 1592/07, EzA-SD 11/2008 S. 6 LS).

54

Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abrechnung wurde vorliegend in Ziffer 2. des Vergleichs dahingehend präzisiert, dass die Abrechnung auf der Basis eines monatlichen Festgehalts von € 4.000,00 erfolgt zuzüglich eines Betrages von € 430,00 als Ersatz für den Anspruch auf einen Dienstwagen. Ob der Betrag von € 4.000,00 festgelegt wurde, um die Sonderzahlung für 2012 zu kompensieren, wie von der Beklagten behauptet, oder um die variablen Vergütungsbestandteile auszugleichen, wie der Kläger behauptet, kann dahinstehen. Denn die Parteien haben vereinbart, dass die ordnungsgemäße Abrechnung nicht für alle arbeitsvertraglichen Ansprüche erfolgt, sondern nur auf der Basis eines monatlichen Festgehalts von € 4.000,00 zuzüglich des finanziellen Ersatzes für das Dienstfahrzeug. Daneben haben die Parteien in Ziffer 3 des Vergleichs weitere Zahlungsansprüche des Klägers, die über das monatliche Festgehalt hinausgehen, festgeschrieben. Darin sind sowohl die Sonderzahlungen für 2011 als auch weitere Zahlungen wie Spesen, Stornogebühren, Lagermiete und die Jubiläumszahlung enthalten. Selbst wenn die Sonderzahlung 2011 nach der Darstellung des Klägers deshalb aufgenommen wurde, um mögliche tarifvertragliche Ausschlussfristen zu umgehen, trifft dies, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, zumindest zum Teil nicht auf die anderen festgelegten Ansprüche zu. Deshalb sind aufgrund der Präzisierung der Regelung in Ziffer 2 und 3 des Vergleichs Anhaltspunkte nur dafür gegeben, davon auszugehen, dass die Parteien vorliegend eine abschließende Regelung treffen wollten. Dies entspricht der weiten Auslegung von Abgeltungsklauseln, deren Befriedungsfunktion nur erreicht werden kann, wenn von der Abgeltungsklausel ausgeschlossene Ansprüche unmissverständlich im Vergleich bezeichnet worden sind. Wenn die Parteien aber - wie vorliegend - eine derart umfangreiche Regelung mit der detaillierten Auflistung für einzelne Ansprüche vorgenommen haben, kann aus der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abrechnung gemäß Ziffer 2 des Vergleichs kein Anspruch auf die Zahlung weiterer Vergütungsbestandteile zusätzlich zu der monatlich festgelegten Zahlung erwachsen.

55

Für dieses Verständnis und für diese Auslegung des Vergleichs spricht auch, das bei der vom Kläger vorgetragenen Auslegung des Vergleichs sich ein höherer Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld ergeben würde als ursprünglich aus dem Arbeitsvertrag. Der Kläger stützt sich als Rechtsgrundlage der geltend gemachten Ansprüche auf den Vergleich und macht deshalb die Ansprüche auf der Basis des in Ziffer 2 des Vergleichs erhöhten Arbeitsentgelts von € 4.000,00 statt € 3.590,00 geltend. Nach seinem Verständnis haben die Parteien über den ursprünglichen Arbeitsvertrag hinaus einen höheren Anspruch im Vergleich geschaffen. Ein solcher müsste nach den zuvor dargestellten Grundsätzen aber unmissverständlich formuliert sein; dies ist, auch insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, nicht der Fall.

56

Auch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptung, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht - aus der Sicht des Klägers durchaus verständlich - lediglich deutlich, dass der Kläger mit der vom Arbeitsgericht vorgenommenen rechtlichen Würdigung des tatsächlichen Vorbringens der Parteien, dem die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist. Entgegen seiner Auffassung kommt der Formulierung "ordnungsgemäß abgerechnet" im hier maßgeblichen Zusammenhang keine anspruchsbegründende Bedeutung zu. Im Übrigen steht dem geltend gemachten Anspruch, wie ausgeführt, die umfassende Ausschlussklausel gemäß Ziffer 8 des Vergleichs entgegen.

57

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

58

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

59

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. Oktober 2016 - 8 Sa 405/16 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 sowie die Zahlung einer Sonderurlaubsprämie.

2

Der Kläger war ab dem 1. Dezember 2013 bei der Beklagten gegen eine monatliche Vergütung von 2.650,00 Euro brutto als Mechaniker beschäftigt. In § 6 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 2. Dezember 2013 ist geregelt, dass der Kläger 30 Werktage Urlaub erhält. Unter der Überschrift „§ 9 Ausschlussklausel“ vereinbarten die Parteien Folgendes:

        

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, sind innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind verfallen. Der Ausschluss gilt nicht, soweit ein Anspruch auf der Haftung wegen Vorsatz beruht.“

3

Der Kläger war seit Dezember 2013 durchgehend arbeitsunfähig krank. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 29. September 2014 zum 31. Oktober 2014. Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht am 13. November 2015 einen Vergleich, dem zufolge das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 29. September 2014 fristgemäß mit Ablauf des 31. Oktober 2014 endete. In diesem Zusammenhang erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf Hinweis des Klägers, es stünden noch Urlaubsansprüche offen, das Arbeitsverhältnis werde ordnungsgemäß abgerechnet. In der von der Beklagten erstellten Schlussabrechnung vom 25. November 2015 war ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen ausgewiesen.

4

Mit seiner am 18. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 23. Dezember 2015 zugestellten Klage hat der Kläger die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 mit 3.669,00 Euro brutto sowie die Zahlung einer Sonderurlaubsprämie iHv. 1.200,00 Euro brutto verlangt. Er hat behauptet, alle anderen Mitarbeiter der Beklagten hätten diese Prämie erhalten. Der Anspruch folge daher aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, aber auch aus betrieblicher Übung. Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die Ausschlussfristenregelung in § 9 des Arbeitsvertrags sei rechtsunwirksam. Im Übrigen sei für die Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Oktober 2014, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs am 13. November 2015 abzustellen. Danach habe er seinen Urlaubsabgeltungsanspruch fristgerecht geltend gemacht. Unabhängig davon habe er den Urlaubsabgeltungsanspruch durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage im Sinne der Ausschlussfristenregelung schriftlich geltend gemacht.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.869,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, etwaige Ansprüche des Klägers seien gemäß § 9 des Arbeitsvertrags verfallen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger zur Abgeltung seines Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2014 einen Betrag iHv. 3.669,00 Euro brutto und eine Sonderurlaubsprämie iHv. 1.200,00 Euro brutto zu zahlen. Die von dem Kläger erhobenen Ansprüche sind verfallen. Dem Kläger steht deshalb auch kein Zinsanspruch zu.

9

A. Der dem Kläger zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehende Urlaubsabgeltungsanspruch ist gemäß § 9 des Arbeitsvertrags erloschen. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden.

10

I. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist auf den Abgeltungsanspruch anzuwenden.

11

1. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung kann als reiner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen. Dies hat der Senat sowohl für tarifvertragliche Ausschlussfristen (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 14 ff., BAGE 139, 1) als auch für Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen (BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 28, BAGE 150, 207) entschieden.

12

2. § 9 des Arbeitsvertrags erfasst „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Zu diesen gehört ua. der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Finden sich keine sachlichen Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 29, BAGE 150, 207; 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133).

13

II. Die Regelung in § 9 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksamer Vertragsbestandteil geworden.

14

1. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

15

2. Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 19, BAGE 154, 93; vgl. auch BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 115, 19). Die Regelung befindet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle, sondern in einem mit „Ausschlussklausel“ überschriebenen eigenen Paragrafen.

16

3. Auch § 307 Abs. 1 BGB steht der Klausel nicht entgegen.

17

a) Die Klausel verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine einzelvertragliche Verfallfrist, die wie § 9 des Arbeitsvertrags eine Geltendmachung innerhalb eines Zeitraums von mindestens drei Monaten verlangt, begegnet in AGB-rechtlicher Hinsicht keinen durchgreifenden Bedenken(vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 5 der Gründe, BAGE 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV der Gründe, BAGE 115, 19).

18

b) Die Klausel ist auch nicht intransparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie ordnet eindeutig den Verfall der Ansprüche an, wenn diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden.

19

c) Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB läge für den streitgegenständlichen Zeitraum selbst bei einer Auslegung von § 9 des Arbeitsvertrags nicht vor, der zufolge die Klausel grundsätzlich auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG erfasste(vgl. zu dieser Auslegung: MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 27; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 43; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; unentschieden: Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 53 f.; Bayreuther NZA 2014, 865, 870; vgl. zu § 9 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 21, BAGE 156, 150).

20

aa) Wegen der Einbeziehung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn verstieße sie dann zwar gegen § 3 Satz 1 MiLoG. Danach sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Die Norm erfasst ua. Regelungen über Ausschlussfristen, soweit diese (auch) zur Vermeidung des Verfalls des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn dessen rechtzeitige Geltendmachung verlangen. Denn Ausschlussfristen betreffen die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Anspruchs (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249). Sie beschränken somit iSv. § 3 Satz 1 MiLoG die Geltendmachung des (Mindestlohn-)Anspruchs in zeitlicher Hinsicht.

21

bb) Vorliegend muss der Senat nicht entscheiden, ob der Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Gesamtunwirksamkeit einer Verfallklausel nach § 306 BGB führt, dessen Rechtsfolgen nicht nur zur Anwendung kommen, wenn sich die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel aus den §§ 305 ff. BGB selbst ergibt, sondern auch dann, wenn sie gegen sonstige Verbote verstößt (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 23, BAGE 156, 150; 19. Juni 2012 - 9 AZR 712/10 - Rn. 21 mwN). Unabhängig davon, ob für die Prüfung der Wirksamkeit einer Formularklausel im Individualprozess allein auf die Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist und nachträgliche Gesetzesänderungen grundsätzlich keine Änderung des Prüfungsmaßstabs mehr bewirken können (vgl. BGH 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13 - Rn. 31, 38, BGHZ 201, 363; 4. Februar 2009 - VIII ZR 66/08 - Rn. 15; Palandt/Grüneberg 76. Aufl. § 307 Rn. 7; Staudinger/Coester [2013] § 307 Rn. 100) oder eine Klausel bei Dauerschuldverhältnissen auch einer AGB-Kontrolle im Lichte des geänderten Rechts zu unterziehen ist (vgl. Palandt/Grüneberg aaO; Sagan RdA 2017, 264, 267), ist der vor Inkrafttreten des MiLoG vereinbarte § 9 des Arbeitsvertrags jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht am Maßstab des § 3 Satz 1 MiLoG zu messen.

22

(1) Die Ausschlussfristenregelung weicht nicht zu Ungunsten des Klägers von der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Mindestlohns aus § 1 MiLoG ab. Denn sein Arbeitsverhältnis war bereits mit Ablauf des 31. Oktober 2014 rechtlich beendet. Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I 2014, 1348) eingeführt und am 16. August 2014 am Tag nach seiner Verkündung (Art. 15 Abs. 1 Tarifautonomiestärkungsgesetz) in Kraft getreten. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht erst seit dem 1. Januar 2015 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt (BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 16, BAGE 157, 356; 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22, BAGE 155, 202). Das MiLoG greift in die Entgeltvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien und anwendbare Tarifverträge nur insoweit ein, als sie den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - aaO). Der den Schutz des Mindestlohnanspruchs bezweckende § 3 Satz 1 MiLoG setzt eine zeitliche Parallelität von arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltansprüchen einerseits und dem Mindestlohnanspruch andererseits voraus. Ein zeitliches Nebeneinander dieser Ansprüche war vor Geltung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 ausgeschlossen.

23

(2) Für den streitgegenständlichen Zeitraum scheidet auch ein Verstoß der Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB aus(vgl. zu einem Verstoß gegen § 9 Satz 3 AEntG BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 28 ff., BAGE 156, 150).

24

(a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden (st. Rspr., zB BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - Rn. 29, BAGE 156, 150; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BAG 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 - aaO mwN).

25

(b) Danach war die Ausschlussfristenregelung in § 9 des Arbeitsvertrags jedenfalls für Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Januar 2015 nicht intransparent. Die Klausel stellte die Rechtslage nicht irreführend dar. Sie konnte dem durchschnittlichen Arbeitnehmer nicht den Eindruck vermitteln, er müsse auch den noch nicht in Kraft gesetzten Mindestlohnanspruch nach § 1 MiLoG innerhalb der dort vorgesehenen Frist schriftlich geltend machen. Es bestand insoweit nicht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte (aus dem MiLoG) abgehalten wird.

26

d) Der in § 9 des Arbeitsvertrags angeordnete Verfall ist auch unabhängig davon wirksam, ob der Anspruch auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs oder auf Abgeltung des übergesetzlichen Mehrurlaubs gerichtet ist. Dem steht weder der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG noch die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene und für den Senat nach Art. 267 AEUV verbindliche Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie, ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9) entgegen (vgl. ausf. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 32 ff. mwN).

27

III. Der Kläger hat die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung und auf eine Sonderurlaubsprämie nicht binnen der dreimonatigen Ausschlussfrist gemäß § 9 des Arbeitsvertrags geltend gemacht.

28

1. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung war mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Oktober 2014 fällig. Der Kläger hätte ihn deshalb spätestens bis zum 31. Januar 2015 schriftlich gegenüber der Beklagten geltend machen müssen. Diese Frist hat der Kläger nicht gewahrt.

29

a) Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung des ihm nicht gewährten Urlaubs entsteht gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt fällig(BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - Rn. 14; 6. August 2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22). Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. Fehlen Sonderregelungen, gilt der Grundsatz sofortiger Fälligkeit der Leistung (BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 758/12 - aaO; 8. April 2014 - 9 AZR 550/12 - Rn. 15). Dies gilt auch in Fällen, in denen der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist (BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 23; 9. August 2011 - 9 AZR 352/10 - Rn. 19 ff.). Ein Auseinanderfallen von Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt kann nur unter besonderen Umständen angenommen werden. Solche liegen beispielsweise vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen. Das ist etwa der Fall, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 37).

30

b) Die für den Lauf der Ausschlussfrist maßgebliche rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien trat durch die Kündigung der Beklagten vom 29. September 2014 mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Oktober 2014 ein. Das vom Kläger eingeleitete Kündigungsschutzverfahren und dessen Beendigung durch gerichtlichen Vergleich haben auf die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs und dessen Fälligkeit keinen Einfluss.

31

aa) Die Kündigung ist eine einseitige rechtsgeschäftliche Willenserklärung. Sie gehört zu den rechtsvernichtenden (negativen) Gestaltungsrechten. Ein Gestaltungsrecht gewährt die Macht zur Gestaltung konkreter Rechtsbeziehungen durch einseitiges Rechtsgeschäft. Durch rechtsvernichtende Gestaltungsrechte wie eine Kündigung wird im Ausübungsfall regelmäßig einseitig und unmittelbar in eine fremde rechtliche Sphäre eingebrochen. Die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses führt die gewollten Rechtswirkungen zu dem gesetzlich vorgesehenen oder individuell bestimmten Zeitpunkt herbei. Ihre Gestaltungswirkung tritt aber bereits unmittelbar mit Zugang der einseitigen Willenserklärung, durch die sie ausgeübt wird, ein, wobei es auf die Rechtslage beim Zugang der einseitigen Willenserklärung ankommt (BAG 21. März 2013 - 6 AZR 618/11 - Rn. 15 mwN).

32

bb) Einigen sich die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die streitgegenständliche Kündigung und auf die Beendigung des Rechtsstreits, liegt darin die Aufgabe einer Rechtsposition - der reklamierten Unwirksamkeit der Kündigung - und - durch die Einwilligung in die Beendigung des Kündigungsrechtsstreits - zugleich eine weiter reichende materiell-rechtliche Auswirkung. Die Abrede führt, sofern die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ausnahmsweise noch nicht abgelaufen ist, zum Eintritt der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG. Dies wiederum ist für den Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einem Verzicht auf weitere Ansprüche, die aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultieren können. Unabhängig von der Frage, ob die Kündigung des Arbeitgebers objektiv rechtswirksam ist oder nicht, bewirkt das Einverständnis mit der Prozesserledigung, dass die Beendigungswirkung der Kündigung aus einem eigenständigen Grund - der gesetzlichen Fiktion des § 7 KSchG - greift(BAG 24. September 2015 - 2 AZR 716/14 - Rn. 33, BAGE 153, 20).

33

cc) Durch die Kündigung vom 29. September 2014 zum 31. Oktober 2014 hat die Beklagte einseitig ihr Gestaltungsrecht ausgeübt und dadurch unmittelbar auf die Rechtsbeziehung zum Kläger eingewirkt. Der Kläger war bereits mit Ablauf der Kündigungsfrist berechtigt, die Abgeltung seiner bis zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Urlaubsansprüche zu verlangen. Unabhängig davon haben sich die Parteien mit dem Prozessvergleich vom 13. November 2015 nicht nur darauf verständigt, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet worden ist, sondern auch die Rechtswirkung des § 7 KSchG herbeigeführt. Die Kündigung gilt damit als von Anfang an rechtswirksam. Durch den Vergleich haben die Parteien bezogen auf die Kündigung selbst keine Änderung gegenüber der durch die Ausübung des Gestaltungsrechts herbeigeführten Situation vorgenommen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs besteht, waren dem Kläger zum Fälligkeitszeitpunkt, dh. der mit Ablauf der Kündigungsfrist eintretenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bekannt.

34

2. Der Kläger hat den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht fristgerecht geltend gemacht.

35

a) Entgegen seiner Rechtsauffassung hat er die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage im Jahr 2014 nicht gewahrt.

36

aa) Mit einer Bestandschutzklage wahrt der Arbeitnehmer, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, eine einstufige Ausschlussfrist bzw. die erste Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist für alle aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die vom Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängigen Ansprüche, insbesondere die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden (vgl. BAG 24. September 2014 - 5 AZR 593/12 - Rn. 27, BAGE 149, 169; 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 14, BAGE 143, 119).

37

bb) Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung knüpft nicht an den Erfolg der Kündigungsschutzklage, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, an, sondern setzt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade das Gegenteil voraus. Will der Arbeitnehmer den Verfall solcher Ansprüche verhindern, reicht die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht aus (BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 24). Die Erhebung einer Bestandsschutzklage vermag eine ausdrückliche schriftliche Geltendmachung nur insoweit zu ersetzen, als sie dieselbe Zielrichtung verfolgt, dh. einen mit dieser vergleichbaren Bedeutungsgehalt aufweist. Zur Geltendmachung im Sinne einer Ausschlussfristenregelung muss der Anspruchsinhaber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht (BAG 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 24, BAGE 152, 221; 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24, BAGE 144, 210). Mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage bringt der Arbeitnehmer deutlich zum Ausdruck, dass er das für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung maßgebliche Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade als nicht gegeben ansieht. Ohne weitere Anhaltspunkte (zB einen echten Hilfsantrag auf Urlaubsabgeltung) kann der Arbeitgeber einer Bestandsschutzklage als solcher nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Arbeitnehmer (auch) auf die Erfüllung solcher Ansprüche besteht, die nicht an den mit seiner Klage bezweckten rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen.

38

b) Dem Kläger wird mit diesem Verständnis keine im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG stehende übersteigerte Obliegenheit auferlegt.

39

aa) Bei der Auslegung und Anwendung von Ausschlussfristen ist das in zivilrechtlichen Streitigkeiten durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz zu beachten. Danach darf den Prozessparteien der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dem Arbeitnehmer dürfen keine übersteigerten Obliegenheiten zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche auferlegt werden. Die Beschreitung des Rechtswegs und die Ausschöpfung prozessualer Möglichkeiten kann vereitelt werden, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht (BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 1682/07 - Rn. 21 f.).

40

bb) Die Obliegenheit zur - außergerichtlichen - schriftlichen Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs während des laufenden Bestandsschutzverfahrens stellt für den Arbeitnehmer weder in tatsächlicher Hinsicht unzumutbare Hürden auf noch eine überobligatorische Kostenbelastung dar. Sie besteht völlig unabhängig vom Bestandsschutzprozess, führt dort nicht zu einer Streitwerterhöhung und trifft Arbeitnehmer, die keine Bestandsschutzklage erhoben haben, gleichermaßen.

41

c) Der Kläger hat den streitgegenständlichen Anspruch auf Urlaubsabgeltung erst nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 13. November 2015 und damit außerhalb der dreimonatigen Frist gemäß § 9 des Arbeitsvertrags schriftlich geltend gemacht.

42

IV. Mit Abschluss des Vergleichs vom 13. November 2015 hat die Beklagte weder auf die Geltung von Ausschlussfristen verzichtet noch haben die Parteien dadurch den bereits verfallenen Urlaubsabgeltungsanspruch wiederbegründet.

43

1. Dabei kann offenbleiben, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 250/02 - zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder ob sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; offengelassen von BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 23, BAGE 153, 365). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

44

2. Der Wortlaut des gerichtlichen Vergleichs selbst bietet keine Anhaltspunkte für einen Verzicht auf die Ausschlussfrist bzw. ein Wiederaufleben des bereits verfallenen Urlaubsabgeltungsanspruchs des Klägers. Eine Urlaubsabgeltung wird im Vergleich nicht erwähnt. Die ausdrückliche Regelung des mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang stehenden Zeugnisanspruchs spricht eher gegen einen Willen der Parteien, eine Regelung über den ebenfalls von der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängenden Anspruch auf Urlaubsabgeltung treffen zu wollen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass auch die Erklärungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht keine Zusage beinhalteten, die Urlaubsabgeltung noch leisten zu wollen. Etwaige Hinweise, die Beklagte werde berechtigte Ansprüche des Klägers regulieren bzw. sie werde das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abrechnen, erlauben nicht die Annahme eines auf Beklagtenseite vorliegenden Rechtsbindungswillens, auf eine Ausschlussfrist zu verzichten und danach bereits verfallene Ansprüche zu erfüllen. Darüber hinausgehende Anhaltspunkte, die einen solchen Rückschluss zulassen, hat der Kläger nicht vorgetragen.

45

3. Der Kläger kann sich zur Anspruchsbegründung auch nicht auf die von der Beklagten unter dem 25. November 2015 erstellte Schlussabrechnung stützen. Er hat keine besonderen Tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass die Beklagte mit der Abrechnung auf alle Einwendungen verzichten wollte (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 41; 12. Dezember 2000 - 9 AZR 508/99 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 96, 344).

46

B. Der vom Kläger reklamierte Anspruch auf eine Sonderurlaubsprämie iHv. 1.200,00 Euro brutto ist ebenfalls gemäß § 9 des Arbeitsvertrags verfallen. Sein Entstehen unterstellt, war der Anspruch spätestens mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Oktober 2014 fällig. Der Kläger hat ihn jedoch erst nach dem 13. November 2015 schriftlich geltend gemacht.

47

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Starke    

        

    Gell    

                 

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. April 2015 - 23 Sa 232/15 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Dezember 2014 - 56 Ca 18628/13 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung sowie der Revision zu tragen. Die Kosten erster Instanz trägt das beklagte Land.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Differenzlohnanspruch des Klägers für den Monat Juni 2013.

2

Der Kläger ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 1. Juli 1991 bei dem beklagten Land beschäftigt und seit Januar 2008 als Angestellter im Außendienst mit Aufgaben im Allgemeinen Ordnungsdienst tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet - zumindest kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme - der Tarifvertrag zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 (Angleichungs-TV Land Berlin) und danach grundsätzlich der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

3

Der Kläger wurde zunächst nach Entgeltgruppe 6 TV-L vergütet. Mit außergerichtlichen Schreiben vom 15. September 2011 und 6. August 2012 machte er seine Eingruppierung in der Entgeltgruppe 8 TV-L gegenüber dem beklagten Land geltend.

4

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 18. Dezember 2013 eingegangenen Klage hat er ua. die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Zahlung von Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L ab 1. November 2010 nebst Zinsen verlangt. Die Klage ist dem beklagten Land am 7. Januar 2014 zugestellt worden. Während des laufenden Rechtsstreits hat sich das beklagte Land bereit erklärt, ihn aufgrund der Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 Teil I der Anlage A zum TV-L entsprechend zu vergüten. Unter Berufung auf die tariflichen Ausschlussfristen hat es für die Vergangenheit bis einschließlich Juni 2013 jedoch lediglich die Differenz zwischen der gezahlten Vergütung und dem nach Entgeltgruppe 8 Stufe 6+ geschuldeten Entgelt nachgezahlt. Die vom Kläger mit der Klage begehrte Vergütung nach Entgeltgruppe 9 Stufe 4+ TV-L hat sie erst ab dem 1. Juli 2013 geleistet. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe Entgelt nach Entgeltgruppe 9 Stufe 4+ TV-L auch für den Monat Juni 2013 zu. Die Ausschlussfrist aus § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L sei durch den rechtzeitigen Klageeingang und die „demnächst“ iSv. § 167 ZPO erfolgte Zustellung der Klageschrift gewahrt.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, ihm 253,50 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2014 zu zahlen.

7

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag mit der Auffassung begründet, § 167 ZPO finde auf die Ausschlussfrist aus § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L keine Anwendung.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Der Differenzentgeltanspruch des Klägers für den Monat Juni 2013 ist nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen.

10

A. Dem Kläger stand für den Monat Juni 2013 ein Differenzentgeltanspruch in Höhe von 253,50 Euro brutto zu. Hierüber sind sich die Parteien einig.

11

B. Dieser Anspruch ist nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L, der für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel anwendbar ist, verfallen.

12

I. Nach § 37 Abs. 1 TV-L ist ein Anspruch innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen; andernfalls ist er verfallen. Die Fälligkeit von Monatsentgeltansprüchen bestimmt sich nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L. Danach erfolgt die Zahlung am letzten Tag des Monats für den laufenden Kalendermonat. Soweit - wie hier - ein Entgeltanspruch für den Monat Juni 2013 in Rede steht, ist dieser danach am 30. Juni 2013 fällig. Der für die schriftliche Geltendmachung vorgesehene Sechs-Monats-Zeitraum endet damit mit Ablauf des 30. Dezember 2013 (§ 187 Abs. 1 iVm. § 188 Abs. 2 BGB).

13

II. Der Kläger hat die tarifliche Ausschlussfrist nicht eingehalten. Er hat den Anspruch nicht bis zum 30. Dezember 2013 schriftlich geltend gemacht.

14

1. Eine anzuwendende oder geltende tarifliche Verfallfrist ist von Amts wegen zu beachten. Der Schuldner muss sich nicht auf ihre Wirkung berufen, da es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung handelt (st. Rspr., vgl. schon BAG 15. März 1960 - 1 AZR 464/57 - zu III der Gründe).

15

2. Ein einmal entstandener Anspruch, der von einer tariflichen Verfallklausel erfasst wird, geht mit dem ungenutzten Verstreichenlassen der Frist unter, ohne dass es einer weiteren rechtsgeschäftlichen Handlung des Schuldners bedarf (st. Rspr., vgl. nur BAG 11. Juli 1990 - 5 AZR 609/89 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 65, 264).

16

3. Maßgebender Zeitpunkt für die Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist gem. § 37 Abs. 1 TV-L ist der Zugang der schriftlichen Geltendmachung beim Arbeitsvertragspartner.

17

a) Die Geltendmachung eines Anspruchs im Sinne der tariflichen Ausschlussklauseln ist keine Willenserklärung iSv. § 130 BGB, die auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge kraft rechtsgeschäftlichen Willens gerichtet ist. Sie ist aber eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, die die durch den Tarifvertrag angeordnete Rechtsfolge herbeiführen will. Auf solche sind die Vorschriften über die Willenserklärung entsprechend ihrer Eigenart anzuwenden (vgl. nur BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 313/99 - zu II 2 b bb der Gründe mwN, BAGE 96, 28; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 109, 100).

18

b) Danach kommt es für die Feststellung des Zeitpunkts der Geltendmachung entsprechend § 130 BGB auf den Zugang beim Schuldner an.

19

4. Der Kläger hat die streitige Entgeltdifferenz für den Monat Juni 2013 nicht bis zum 30. Dezember 2013 geltend gemacht. Eine entsprechende schriftliche Forderung ist dem beklagten Land bis dahin nicht zugegangen. Die erste im tariflichen Sinne ordnungsgemäße Geltendmachung der noch streitigen Forderung ist in der Klageschrift enthalten, mit der der Kläger den vorliegenden Rechtsstreit eingeleitet hat. Diese ist dem beklagten Land jedoch erst am 7. Januar 2014 mit der Zustellung der Klageschrift zugegangen.

20

5. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er die Klageschrift bereits am 18. Dezember 2013 beim Arbeitsgericht eingereicht hat. § 167 ZPO, nach dem die fristwahrende Wirkung einer Zustellung bereits mit Eingang des Antrags bei Gericht eintritt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt, ist auf die außergerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist nicht anzuwenden.

21

a) Die Anwendbarkeit des § 167 ZPO auf eine außergerichtliche schriftliche Geltendmachung ist umstritten.

22

aa) In der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und in der Literatur wurde die Ansicht vertreten, § 167 ZPO komme grundsätzlich nur in den Fällen zur Anwendung, in denen eine Frist lediglich durch Inanspruchnahme der Gerichte gewahrt werden könne. Demgegenüber wurde die Vorschrift in Fällen nicht für anwendbar gehalten, in denen durch die Zustellung die auch durch außergerichtliche Geltendmachung zu wahrenden Fristen eingehalten werden sollten. Nur in Ausnahmefällen - wenn die gesetzliche oder vertragliche Regelung, aus der sich die zu wahrende Frist ergab, einer eingeschränkten Anwendung der Rückwirkungsregelung entgegenstand - sollte anderes gelten (vgl. nur BGH 21. Oktober 1981 - VIII ZR 212/80 - zu II 2 und 3 der Gründe; 11. Oktober 1974 - V ZR 25/73 - zu II 2 der Gründe; aus der Literatur Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 29. Aufl. § 167 Rn. 3; Musielak/Wolst ZPO 5. Aufl. § 167 Rn. 2; MünchKomm-ZPO-Lüke 1. Aufl. § 270 Rn. 21 und 26; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 16. Aufl. § 75 Rn. 8).

23

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Auffassung im Grundsatz geteilt. Es hat insbesondere bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen stets entschieden, dass es dann, wenn der Gläubiger die Möglichkeit hat, die Ausschlussfrist auch in anderer Form - zB durch einfaches Schreiben - einzuhalten, aber dennoch die Form der Klage wählt, zu seinen Lasten geht, wenn die Klageschrift nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist dem Schuldner zugestellt wird (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 31; 25. September 1996 - 10 AZR 678/95 - zu II 3 und 4 der Gründe; 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 a der Gründe; 18. Januar 1974 - 3 AZR 3/73 - zu II 3 der Gründe, BAGE 25, 475; 4. November 1969 - 1 AZR 141/69 - zu 1 der Gründe; ebenso noch 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 27, BAGE 142, 143, für die Frist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG, unter Berufung auf 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 a der Gründe). In diesen Fällen bedürfe der Anspruchsteller nicht der Mitwirkung des Gerichts und deshalb auch nicht des Schutzes davor, dass eine Verzögerung innerhalb des von ihm nicht zu beeinflussenden Gerichtsbetriebs eintrete (vgl. nur BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - aaO; 4. November 1969 - 1 AZR 141/69 - zu 1 der Gründe).

24

bb) Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 17. Juli 2008 (- I ZR 109/05 - Rn. 21 ff. mwN, BGHZ 177, 319; fortgeführt im Hinblick auf die Wahrung der in § 545 BGB bestimmten Frist mit Urteil vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 10/14 - Rn. 28) seine Rechtsprechung zur Anwendung von § 167 ZPO auf eine außergerichtliche fristgebundene Geltendmachung aufgegeben und angenommen, § 167 ZPO sei grundsätzlich auch in den Fällen anwendbar, in denen durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden solle, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könne. Zur Begründung hat er dabei vor allem auf Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes abgestellt. Der Wortlaut des § 167 ZPO biete keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zustellung davon abhänge, ob mit ihr eine nur gerichtlich oder auch eine außergerichtlich geltend zu machende Frist gewahrt werden solle und ob die Zustellung durch Vermittlung des Gerichts oder eines Gerichtsvollziehers(§ 132 BGB) erfolge. Wer mit der Klage „die stärkste Form der Geltendmachung“ von Ansprüchen wähle, müsse sich darauf verlassen können, dass die Einreichung der Klageschrift die Frist wahre. Zugleich hat der Bundesgerichtshof betont, Sinn und Zweck der Regelung könnten bei einzelnen Fristen einer Rückwirkung der Zustellung ausnahmsweise entgegenstehen, so dass von dem Grundsatz der Anwendung des § 167 ZPO auch auf Fristen, die durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könnten, Ausnahmen zuzulassen seien(vgl. BGH 17. Juli 2008 - I ZR 109/05 - Rn. 25, aaO).

25

cc) Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage nach der Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes im Ergebnis uneinheitlich entschieden. Der Achte Senat hat sich mit Urteil vom 22. Mai 2014 (- 8 AZR 662/13 - Rn. 14, BAGE 148, 158) für die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Frist zur schriftlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausdrücklich angeschlossen. Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat dagegen mit Urteil vom 21. Oktober 2014 (- 3 AZR 937/12 - Rn. 16 ff., BAGE 149, 326) entschieden, § 167 ZPO sei auf die Rügefrist nach § 16 BetrAVG nach Sinn und Zweck dieser Fristbestimmung nicht anwendbar.

26

b) Der Vierte Senat schließt sich der Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes für den Fall der Wahrung tariflicher Ausschlussfristen nicht an, sondern hält an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fest.

27

aa) Der Senat hat bereits grundsätzliche Bedenken gegen die Auffassung, § 167 ZPO sei in der Regel auch in den Fällen anzuwenden, in denen durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch eine außergerichtliche Geltendmachung eingehalten werden kann. Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene allgemeine Änderung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei der Anwendung von § 167 ZPO auf materiell-rechtliche Fristen begegnet nach dieser Auffassung grundlegenden Bedenken.

28

(1) Wenn eine Willenserklärung zu ihrer Wirksamkeit des Zugangs beim Empfänger bedarf, ist für den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens der Zugang beim Empfänger selbst maßgebend (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt auch für rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen, wie etwa die Geltendmachung von Ansprüchen zur Wahrung von tariflichen Ausschlussfristen (vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 17, 21, BAGE 148, 158; 26. Februar 2003 - 5 AZR 223/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 105, 181). Soll durch die Erklärung eine Frist gewahrt werden, trägt grundsätzlich der Erklärende und nicht der Erklärungsempfänger das Risiko einer nicht fristgerechten Übermittlung der Erklärung. Bedient sich der Erklärende zur Übermittlung eines Dritten, so fällt ihm auch in diesem Fall das Risiko einer verspäteten Übermittlung zu (so schon BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 b der Gründe). Die Entscheidung des Gesetzgebers für die Empfangstheorie basiert auf einer sachgerechten Verteilung der mit der Übermittlung einer Erklärung zwischen Abwesenden zwangsläufig verbundenen Risiken des Verlusts, der Entstellung und der Verzögerung. Jeder Beteiligte soll das überwiegend von ihm zu beherrschende Risiko tragen. Mit dem Begriff des Zugangs ist dafür ein Zeitpunkt bezeichnet, der eine Zäsur bei der Risikoverteilung markiert. Ab diesem Moment endet das Übermittlungsrisiko des Erklärenden, während die Verantwortung für die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Empfänger bei diesem liegt (so zutreffend Staudinger/Reinhard Singer/Jörg Benedict BGB 2012 § 130 Rn. 8).

29

(2) Dieser Grundsatz galt ursprünglich auch für die Wahrung einer gerichtlichen Klagefrist; Ausnahmen galten nur für die durch das Gericht vorzunehmenden Auslands- und öffentlichen Zustellungen (vgl. dazu det. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 394/11 - Rn. 34, BAGE 143, 50). Die gesetzliche Einführung der Zustellung von Amts wegen im amtsgerichtlichen Verfahren im Jahre 1909 entzog dieser Risikoverteilung die Grundlage, da nunmehr der Kläger mit der Einreichung der Klageschrift die Herrschaft über die Zustellung an den Beklagten verloren hatte. Dementsprechend konnte ihm das Risiko einer verspäteten Zustellung nicht mehr auferlegt werden. Dem trug die Einführung der Regelung von § 167 ZPO(früher: § 270 Abs. 3 aF bzw. § 261b Abs. 3 aF bzw. § 496 Abs. 3 ZPO aF)dadurch Rechnung, dass es für die Fristwahrung ausreichen sollte, wenn die Klage innerhalb der Frist bei dem von Gesetzes wegen mit der Zustellung allein betrauten Gericht einging. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs war ausgeführt, da die Zustellungen mit der Einführung des Amtsbetriebes „der Einwirkung und insbesondere der Beschleunigung seitens der Parteien entzogen [werden], so muss Sorge dafür getragen werden, dass in den Fällen, in welchen die Zustellung zur Wahrung einer Frist oder zur Unterbrechung der Verjährung erforderlich ist, der Zeitraum, den die Ausführung der Zustellung nach der Einreichung oder Anbringung des Antrags oder der Erklärung durch die Partei noch in Anspruch nimmt, dieser nicht zum Nachteile gereiche“ (Verhandlungen des Reichstages 1908 Bd. 246 Aktenstück Nr. 735 S. 4568).

30

Nachdem der Amtsbetrieb mit der Vierten Vereinfachungsverordnung vom 12. Januar 1943 auch für das landgerichtliche Verfahren eingeführt worden war, wurde im Jahre 1950 die bisher nur für die Amtsgerichte getroffene Regelung in § 261b Abs. 3 ZPO auch für das landgerichtliche Verfahren übernommen(vgl. Amtliche Begründung der Vereinheitlichungsnovelle von 1950, Anlage 1a der BT-Drs. 1/530 S. 17, wonach der neu eingefügte § 261b ZPO „eine Folge des Amtsbetriebes“ ist). Diese Regelung hatte den Zweck, den Parteien, die bis dahin die Zustellungen im Prozess selbst besorgten und deshalb deren Zeitpunkt zuverlässig selbst bestimmen konnten, das von ihnen nicht mehr kalkulierbare Risiko einer Verspätung der amtlichen Zustellung abzunehmen, indem bestimmt wurde, dass die Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags bei Gericht zurückwirken sollte (zu dieser Entstehungsgeschichte BGH 8. November 1979 - VII ZR 86/79 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 75, 307).

31

(3) Dass die in § 167 ZPO geregelte Ausnahme von der grundsätzlichen Risikoverteilung zwischen dem Erklärenden und dem Empfänger der Erklärung allein auf dem Grundgedanken der Nicht-Zurechenbarkeit von Verzögerungen bei der gerichtlichen Zustellung beruht, zeigt sich auch in der Rechtsprechung zu dem an sich zeitbezogenen Merkmal „demnächst“. Tatsächlich wird dieses Tatbestandsmerkmal nicht, wie der Wortlaut nahelegt, anhand des real verstrichenen Zeitraums zwischen Einreichung der Klage und ihrer Zustellung überprüft. Soweit der Erklärende nicht zu einer ihm und nicht dem Gericht zuzurechnenden Verzögerung beigetragen hat, wird selbst für Zeiträume von mehr als zwei Jahren angenommen, die Zustellung sei „demnächst“ iSv. § 167 ZPO erfolgt. Das Tatbestandsmerkmal hat seine Bedeutung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dagegen nahezu ausschließlich für den Fall einer zusätzlichen, vom Erklärenden verschuldeten Verzögerung der Zustellung. Denn eine Zustellung ist danach dann „demnächst“ iSv. § 167 ZPO erfolgt, „wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten“(so aus jüngster Zeit beispielhaft BGH 25. September 2015 - V ZR 203/14 -; ebenso 10. Juli 2015 - V ZR 154/14 - Rn. 5; 20. Mai 2015 - IV ZR 127/14 - Rn. 25; 5. November 2014 - III ZR 559/13 -; 15. November 2012 - I ZR 86/11 -; ebenso BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 35, BAGE 147, 227 für eine Kündigungsschutzklage). Sinn und Zweck von § 167 ZPO erfordern, eine Zustellung als „demnächst“ anzusehen, „wenn die Partei … unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan hat“(BGH 3. September 2015 - III ZR 66/14 - Rn. 15 mwN). Hat der Veranlasser die Zustellung nicht vorwerfbar oder nur geringfügig, dh. nicht mehr als 14 Tage oder wenig darüber (vgl. nur BGH 30. März 2012 - V ZR 148/11 - Rn. 7 mwN) verzögert, überwiegen regelmäßig seine Interessen gegenüber den Belangen des Zustellungsadressaten (BGH 12. Januar 2016 - II ZR 280/14 - Rn. 10 mwN). So wird ein Mitverschulden des Erklärenden an einer - bei der gerichtlichen Zustellung verursachten - Verzögerung (zB fehlerhafte Anschriftenangabe, keine Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses) unter dem Tatbestandsmerkmal „demnächst“ geprüft, obwohl sich dies allein auf den verstrichenen Zeitraum und nicht auf dessen Verursachung durch den Erklärenden bezieht. Die dem Gericht oder den objektiven Verhältnissen anzulastenden Verzögerungen, welcher Dauer auch immer, bleiben dagegen im Regelfall ohne Auswirkungen auf die Anwendung des § 167 ZPO und werden bei der Berechnung der dem Anspruchsteller selbst anzulastenden Verzögerung - ggf. tageweise - herausgerechnet, und damit für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals „demnächst“ gerade nicht herangezogen (beispielhaft BGH 10. Juli 2015 - V ZR 154/14 - Rn. 6 und 8 f.; vgl. weiter instruktiv zB die Kasuistik bei Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 167 Rn. 15 und bei MüKoZPO/Häublein 4. Aufl. § 167 Rn. 9 bis 16). Diese Auslegung bestätigt den Charakter der Norm als typisierte Risikoverteilung nach den jeweiligen Sphären, wenn eine gerichtliche Zustellung notwendig ist.

32

(4) Der Wortlaut des § 167 ZPO begrenzt den Anwendungsbereich weiterhin dadurch, dass die zu wahrende Frist gerade „durch die Zustellung“ gewahrt werden soll(so grundsätzlich auch Wieczorek/Schütze/Rohe ZPO 4. Aufl. § 167 Rn. 6). Zustellung ist nach der Legaldefinition in § 166 Abs. 1 ZPO die förmliche Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person im Sinne der Zustellvorschriften der ZPO. Die prozessuale Zustellung als Staatshoheitsakt (so Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 72 Rn. 3) ist grundsätzlich zu trennen vom materiell-rechtlichen Zugang einer Willens- bzw. rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung. Die Zustellung verlangt weder eine Übergabe noch die Möglichkeit zur Kenntnisnahme. Die in der zuzustellenden Urkunde enthaltenen materiell-rechtlichen Erklärungen sind als solche regelmäßig nicht Gegenstand der Zustellung. Geht es um die Geltendmachung einer Ausschlussfrist als rechtsgeschäftsähnliche Handlung (vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 21, BAGE 148, 158), kann der fristwahrende Zugang zwar „anlässlich“ oder „bei Gelegenheit“ der prozessualen Zustellung einer Klageschrift erfolgen, aber grundsätzlich nicht „durch“ die Zustellung. Grund der Fristwahrung ist der materiell-rechtlich innerhalb der Frist erfolgte Zugang der (formgerechten) rechtsgeschäftsähnlichen Handlung und nicht die prozessrechtlich wirksame Zustellung des Dokuments. Dies wird besonders deutlich am Beispiel solcher Erklärungen, deren Inhalt nicht in einem Klageantrag enthalten ist, sondern an anderer Stelle des Schriftsatzes, wie etwa sog. Schriftsatzkündigungen in Kündigungsrechtsstreitigkeiten (vgl. dazu Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 123 Rn. 18). Lediglich dann, wenn eine gerichtliche Geltendmachung zwingend vorgeschrieben ist, wie dies Tarifverträge mit einer sog. zweiten Stufe nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung häufig vorsehen, ist der Grund der Fristwahrung nach dem tarifvertraglichen Normbefehl die Zustellung der Klageschrift selbst. In diesem Fall wird die Frist „durch die Zustellung“ gewahrt. Dass das Vertrauen eines Erklärenden in den Wortlaut des § 167 ZPO auch bei materiell-rechtlichen Erklärungen schützenswert ist, wie der Bundesgerichtshof annimmt, bedeutet hingegen nicht, dass der juristische Kontext des Begriffs der „Zustellung“ außer Acht gelassen und ein allgemein-umgangssprachliches Verständnis unter Einschluss jedweder Form des Zugangs einer Erklärung zur - nahezu alleinigen - argumentativen Grundlage für eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gemacht werden kann.

33

(5) Mit der klageweise Geltendmachung einer Forderung liegt nach Auffassung des Senats im Übrigen keineswegs die „stärkste Form der Geltendmachung“ (so aber BGH 17. Juli 2008 - I ZR 109/05 - Rn. 25, BGHZ 177, 319; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 20, BAGE 148, 158) vor, wobei die Klageerhebung ohnehin keine „Form“ iSv. §§ 126 ff. BGB darstellt (zur Wahrung tariflicher Ausschlussfristen durch Telefax BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 313/99 - BAGE 96, 28 und durch E-Mail BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - BAGE 135, 80). Für die Annahme eines Stufenverhältnisses in qualitativer Hinsicht besteht bei der Wahrung materiell-rechtlicher Ausschlussfristen kein Anlass. Dies gilt insbesondere für Willenserklärungen oder rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen, die zu ihrer gestaltenden Wirkung innerhalb einer bestimmten Frist ausgesprochen werden müssen. So ist die Erklärung einer fristlosen Kündigung gem. § 626 BGB in einem dem Arbeitnehmer anschließend zugestellten Schriftsatz an das Arbeitsgericht keineswegs eine „stärkere Form“ des Ausdrucks des Willens, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden, so dass auch insoweit die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht allein durch die - „fristgerechte“ - Einreichung eines entsprechenden Schriftsatzes gewahrt sein dürfte.

34

(6) Auch § 132 Abs. 1 BGB iVm. §§ 191, 192, 167 ZPO zwingen nicht zu einer hiervon abweichenden Auslegung. Die vom Ersten Senat des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung vom 17. Juli 2008 vertretene Auffassung, bereits die Übergabe eines eine Willenserklärung enthaltenen Schriftstücks an den Gerichtsvollzieher wahre - bei demnächstiger Zustellung - die Frist (arg. § 130 iVm. § 132 Abs. 1 BGB iVm. §§ 191, 192 iVm. § 167 ZPO, BGH 17. Juli 2008 - I ZR 109/05 - Rn. 24, BGHZ 177, 319), ist dort nicht näher begründet worden und wird im Schrifttum nicht allgemein geteilt (zB Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 167 Rn. 3; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1819; Boemke jurisPR-ArbR 40/2014 Anm. 2; Gehlhaar NZA-RR 2011, 169, 172; ausf. Schumann FS Stürner 2013 Bd. I S. 541, 573 ff.; iE auch Däubler/Zwanziger TVG 3. Aufl. 2012 § 4 Rn. 1159; Schaub/Treber ArbR-HdB 16. Aufl. 2015 § 209 Rn. 39; JKOS/Jacobs Tarifvertragsrecht 2. Aufl. 2013 § 7 Rn. 178; ebenso für die Wahrung kündigungsrechtlicher Fristen Mues in Mues/Eisenbeis/Laber Handbuch Kündigungsrecht 2. Aufl. Teil 1 Rn. 201). Schon § 191 ZPO unterscheidet zwischen der zugelassenen und der vorgeschriebenen Parteizustellung. Bei der vorgeschriebenen Parteizustellung, etwa zur Wahrung der Vollziehungsfrist bei einer Unterlassungsverfügung gem. § 929 Abs. 2 ZPO, ist der Kläger gesetzlich gezwungen, die Hilfe eines Gerichtsvollziehers in Anspruch zu nehmen. Dagegen kann § 167 ZPO nicht unbesehen auf Fälle angewendet werden, in denen das Tätigwerden des Erklärenden im eigenen Wirkungskreis nicht auf diese Weise begrenzt ist. Wenn der bloße Zugang einer materiell-rechtlichen Willenserklärung nach § 130 BGB „zur Fristwahrung“ genügt und es einer Zustellung nicht bedarf, kommt nach Auffassung des Senats eine „entsprechende Anwendung“(§ 191 ZPO)jedenfalls nicht als Regelfall in Betracht (Stein/Jonas/Roth aaO; ähnlich Boemke aaO).

35

Dies gilt besonders im Arbeitsrecht. Dort muss der Ablauf von materiell-rechtlichen Fristen von den dadurch Begünstigten zumeist in sicherer Weise selbst festgestellt werden können. Ein Arbeitnehmer, der länger als sechs Monate in einem Betrieb beschäftigt ist, muss nicht damit rechnen, dass ihm nach Ablauf der Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG eine Kündigung zugeht und er sich allein aufgrund der Regelungen über prozessuale Fristen so behandeln lassen muss, als sei sie ihm bereits vor Ablauf der Frist zugegangen, mit der Folge, dass für ihn kein materieller Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz besteht. Gleiches gilt für den Zugang einer außerordentlichen Kündigung im Zeitraum von zwei Wochen nach Kenntnisnahme des Kündigenden gem. § 626 Abs. 2 BGB oder für den Zugang einer nachträglichen Mitteilung der Schwangerschaft gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG, bei der im Übrigen die zweiwöchige Erklärungsfrist ihrerseits gerade mit dem Zugang der Kündigung beginnt. Außerordentlich problematisch erscheint in diesem Zusammenhang auch, dass ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung nach § 4 Satz 1 KSchG innerhalb einer Frist von drei Wochen „nach Zugang der schriftlichen Kündigung“ Klage erheben muss, wenn man nicht zwei verschiedene Zugangszeitpunkte iSv. §§ 130, 132 BGB fingieren will. Der mit der Fristbestimmung verbundene Zweck besteht in diesen Fällen gerade darin, dem Empfänger einer solchen außergerichtlichen Erklärung Rechtssicherheit über den gesetzlich oder tariflich vorgesehenen Eintritt der mit dem Verstreichen der Frist verbundenen Rechtsfolge zu geben. Deshalb ist aus Sicht des Senats die Begründung des Bundesgerichtshofes für seine Rechtsprechungsänderung mit „Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes“ (BGH 17. Juli 2008 - I ZR 109/05 - Rn. 25, BGHZ 177, 319; ihm folgend BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 20, BAGE 148, 158) nicht überzeugend. Gerade die Rechtssicherheit ist vom Bundesarbeitsgericht stets ausdrücklich und zutreffend für die gegenteilige Ansicht herangezogen worden (vgl. nur BAG 17. Juni 1998 - 2 AZR 336/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 89, 149; 19. Juni 1986 - 2 AZR 565/85 - zu B III 2 der Gründe, zur Vorbehaltsannahme einer Änderungskündigung nach § 2 KSchG; 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 4 c der Gründe).

36

bb) Es bedarf im Streitfall jedoch keiner abschließenden Klärung dieser allgemeinen Streitfrage. Denn der Senat stellt im Ergebnis streitentscheidend darauf ab, dass es jedenfalls für die Wahrung einer tariflichen Verfall- oder Ausschlussfrist grundsätzlich erforderlich ist, dass das Geltendmachungsschreiben dem Empfänger zugegangen ist; § 167 ZPO findet in diesen Fällen regelmäßig keine Anwendung. Das ergibt sich - unter ergänzender Heranziehung der bereits dargelegten allgemeinen Gesichtspunkte - entscheidend aus den Besonderheiten des Arbeitsrechts iVm. der Auslegung tariflicher Verfallfristenregelungen.

37

(1) Tarifliche Ausschlussfristen sind seit jeher als dem Arbeitsverhältnis innewohnende Besonderheiten anerkannt. Sie dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 628/14 - Rn. 16 mwN) und sollen zu der im Arbeitsleben besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und Bereinigung offener Streitpunkte führen (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19, als eine der „im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten“ iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Sie haben einen Mahn-, Warn- und Verständigungseffekt (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 34 mwN). Mit ihrer Wirkung schaffen sie Rechtssicherheit und Rechtsfrieden (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 94 mwN, BAGE 135, 80). So soll insbesondere im Fall noch ausstehender nicht erkennbarer Entgeltansprüche der Arbeitgeber in der tariflich bestimmten Frist erfahren, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer noch Forderungen erhebt (BAG 8. Juni 1983 - 5 AZR 632/80 - zu 2 b der Gründe, BAGE 43, 71). Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der tariflichen Verfallfristen nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 18, BAGE 135, 197; 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 26; 14. März 2012 - 10 AZR 172/11 - Rn. 40). Es ist der Zweck einer jeden tariflichen Ausschlussfrist zu erreichen, dass der Schuldner über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Forderung nicht länger als notwendig im Unklaren gelassen wird (BAG 4. November 1969 - 1 AZR 141/69 - zu 1 der Gründe). Umgekehrt soll der Gläubiger angehalten werden, innerhalb kurzer Fristen die Begründetheit seiner Ansprüche zu prüfen (BAG 10. Dezember 2013 - 9 AZR 494/12 - Rn. 14). Die Parteien werden nach Fristablauf davon befreit, Rückstellungen zu bilden und Beweismittel vorzuhalten (BAG 14. Januar 2009 - 5 AZR 154/08 - Rn. 15; 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 30 mwN, BAGE 144, 210; 18. Februar 2016 - 6 AZR 628/14 - aaO). Ist - wie vorliegend - ein öffentlicher Arbeitgeber betroffen, soll er in der Lage sein, notwendige Haushaltsmittel so zu veranschlagen, dass Nachforderungen in engen Grenzen gehalten werden können (BAG 18. November 2004 - 6 AZR 512/03 - zu 4 der Gründe). Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien hat nach diesem Zweck regelmäßig das Interesse des Schuldners an rechtzeitiger Klarheit Vorrang (Weyand Ausschlussfristen im Tarifrecht Kapitel 6 Rn. 99 mwN).

38

(2) Dieser den tariflichen Verfallfristen von den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer grundrechtlich geschützten Tarifautonomie zugewiesene allgemeine Zweck liegt auch der im Streitfall anzuwendenden Regelung in § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L zugrunde(vgl. BeckOK TV-L/Bepler Stand 1. März 2016 § 37 Rn. 2; Burger TVöD/TV-L 3. Aufl. § 37 TV-L Rn. 3; Bredemeier/Neffke/Gerretz TVöD/TV-L 4. Aufl. § 37 TV-L Rn. 2).

39

(3) Der so von den Tarifvertragsparteien bestimmte Sinn und Zweck von Ausschlussfristen würde vereitelt, wenn der Schuldner des Anspruchs auch nach Ablauf der Frist eine - möglicherweise als „demnächst“ erfolgende - gerichtliche Zustellung des Geltendmachungsschreibens zu gewärtigen hätte.

40

(a) Das ergibt sich schon daraus, dass die durch die - nicht erforderliche - Inanspruchnahme des Gerichts eingetretene Verzögerung zeitlich nicht einzugrenzen ist. Der Begriff „demnächst“ in § 167 ZPO kennt in zeitlicher Hinsicht keine absolute Grenze(BAG 13. November 2014 - 6 AZR 869/13 - Rn. 46, BAGE 150, 22; 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 35, BAGE 147, 227, jeweils mwN). Auch eine mehrmonatige Verzögerung ist insoweit folgenlos (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 394/11 - Rn. 31 mwN, BAGE 143, 50), da dieses Merkmal bereits grundsätzlich nicht der Bestimmung einer zeitlichen Begrenzung bei der Beurteilung einer Verzögerung durch das Gericht dient, sondern dem ganz anderen Element des Verschuldens des Erklärenden an einer weiteren, darüber hinausgehenden Verzögerung. Diese Auffassung führte in der Vergangenheit zu der Annahme einer fristwahrenden Zustellung nach teilweise erheblichen Zeiträumen zwischen Klageeingang und Zustellung, zB dreieinhalb Monate (BGH 22. Juni 1993 - VI ZR 190/92 - zu II 2 der Gründe), fast vier Monate (BGH 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 145, 358), fünf Monate (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 741/13 - Rn. 53; BGH 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - Rn. 17, BGHZ 168, 306), fast acht Monate (BGH 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - Rn. 6), neun Monate (BGH 7. April 1983 - III ZR 193/81 - zu II 1 der Gründe), zehn Monate (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 711/10 - Rn. 46; BGH 26. September 1957 - II ZR 267/56 - zu II 1 a der Gründe, BGHZ 25, 250), neunzehn Monate (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 394/11 - BAGE 143, 50) und bis zu mehr als 28 Monate (OLG Frankfurt 18. August 1987 - 3 UF 255/86 -).

41

Dem steht für die Wirkungsweise von außergerichtlichen tariflichen Ausschlussfristen die in der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gesicherte Auffassung entgegen, dass eine tarifliche Ausschlussfrist, die häufig nur zwei Monate beträgt (vgl. zB in der Bauwirtschaft § 14 Abs. 1 BRTV Bau), für eine klare und schnelle Klärung der wechselseitigen Ansprüche sorgen soll. Dieses Ziel ist dann evident nicht mehr gewahrt, wenn ein Schuldner - ohne jede Kenntnis einer Geltendmachung - gewärtigen muss, auch nach Ablauf eines Vielfachen der Ausschlussfrist von der Geltendmachung eines Anspruchs überrascht zu werden. Dies entspricht nicht dem den tariflichen Ausschlussfristen von den Tarifvertragsparteien beigemessenen Sinn und Zweck. Die Annahme der Anwendbarkeit von § 167 ZPO auf die Wahrung tariflicher Verfallfristen durch ein außergerichtliches Schreiben vernachlässigt die Perspektive des Schuldners grundlegend(zur Bewertung der Interessen von Gläubiger und Schuldner in der neuen Rspr. des BGH ausf. Schumann FS Stürner S. 541, insbes. 566 ff.). Dabei sind die Verfallfristen vorwiegend zur Rechtssicherheit in seinem - jeweiligen - Bereich geschaffen worden. Die hierin zum Ausdruck kommende Absicht der Tarifvertragsparteien würde konterkariert, wenn gerade durch die Möglichkeit der in § 167 ZPO für fristenwahrende Zustellungen angelegten Rückwirkung auch bei der tariflichen Verfallfrist eine zusätzliche Rechtsunsicherheit geschaffen werden würde, die nach ihrem Willen für den Schuldner nur für einen ganz bestimmten, von ihnen selbst festgelegten Zeitraum besteht, dann aber endgültig beseitigt sein sollte.

42

Im Übrigen differenzieren die Tarifvertragsparteien gerade bei Ausschlussfristen häufig zwischen der außergerichtlichen Geltendmachung als erster Stufe und der anschließenden gerichtlichen Geltendmachung als zweiter Stufe (vgl. zB im Bereich der Bauwirtschaft § 14 BRTV Bau). Dabei dient die erste Frist der schnellen Information über Inhalt und Umfang des erhobenen Anspruchs. Innerhalb der folgenden Klagefrist ist dann, dh. nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung klarzustellen, dass sich der Gläubiger damit nicht begnügen will (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 34; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe). Diese unterschiedliche Funktion der beiden Fristen lässt eine Anwendung des für die gerichtliche Geltendmachung vorgesehenen § 167 ZPO bereits auf der ersten Stufe der außergerichtlichen Geltendmachung nicht zu.

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(b) Es kommt hinzu, dass die fristwahrende Wirkung gem. § 167 ZPO auch dann noch angenommen wird, wenn es - über eine ggf. mit der Zustellung verbundenen Verzögerung hinaus - aufgrund schuldhaften Verhaltens des Erklärenden zu einer weiteren Verspätung bei der Zustellung kommt (vgl. dazu oben unter B II 5 b bb (3)). Diese müssen sich „in einem hinnehmbaren Rahmen“ halten (so die Formulierung bei BGH 3. Februar 2011 - V ZR 44/11 -; BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 35, BAGE 147, 227). In der konkreten Anwendung führt diese Rechtsprechung dazu, dass verschuldete - weitere - Verzögerung in einem Umfang von 14 Tagen (so bei BGH 10. Februar 2011 - VII ZR 185/07 - Rn. 8 mwN; 16. Januar 2009 - V ZR 74/08 - Rn. 16, BGHZ 179, 230 unter Bezugnahme auf 20. April 2000 - VII ZR 116/99 - und 25. November 1985 - II ZR 236/84 -) als nicht hindernd angesehen wird, von einer „demnächstigen“ Zustellung auszugehen (für die Grenze von einem Monat - weiterer - Verzögerung vgl. BAG 13. November 2014 - 6 AZR 869/13 - Rn. 46, BAGE 150, 22; BGH 27. April 2006 - I ZR 237/03 - Rn. 17 mwN). Schaltet der Anspruchsteller ein Mahnbescheidsverfahren vor, hat er selbst nach von ihm verschuldeter Zurückweisung des Antrags einen weiteren Monat Zeit für die Klageerhebung, um die fristwahrende Wirkung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids - und nicht die anschließende Klageeinreichung - herbeizuführen (§ 691 Abs. 2 ZPO).

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Dies verdeutlicht den Unterschied zu der Einhaltung der tariflichen Verfallfristen. Hier bestehen - wie dargelegt aus gutem Grund - strenge Regelungen zu deren Wahrnehmung, die stets innerhalb der Frist erfolgen muss (BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 c der Gründe: „der Natur der Sache nach starre Regelung einer Ausschlussfrist“). Selbst eine schuldlose Versäumung der Frist, soweit sie nicht durch widersprüchliches Verhalten des Schuldners hervorgerufen wurde (vgl. dazu zB BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 46 mwN), führt zum Verfall des Anspruchs (für § 37 TV-L: BeckOK TV-L/Bepler § 37 Rn. 1), es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben ausdrücklich vorgesehen, dass eine nicht zu vertretende Verzögerung sich nicht auswirken soll (zB im Einheitlichen Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 § 19 Abs. 4). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BAG 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - zu 4 der Gründe, BAGE 112, 351). Umso mehr muss dies für einen vom Anspruchsteller verschuldeten - auch nur kurzfristig - verspäteten Zugang des Schreibens beim Schuldner gelten. Damit lässt sich die Folgenlosigkeit desselben Verhaltens bei der - nicht erforderlichen - Wahl der Zustellung durch ein Gericht nicht vereinbaren.

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cc) Der Senat ist auch nicht gehalten, die Sache dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 iVm. § 11 RsprEinhG oder dem Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 ArbGG vorzulegen.

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(1) Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes kommt nicht in Betracht. Dieser entscheidet nur, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will (§ 2 Abs. 1 RsprEinhG). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Senat bezieht seine Auffassung der Nichtanwendbarkeit von § 167 ZPO streitentscheidend letztlich auf tarifvertragliche Verfallfristen und die auf sie zutreffenden Besonderheiten des Arbeitsrechts. Im Übrigen hat auch der Erste Senat des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 17. Juli 2008 selbst darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit von Ausnahmen einer Rückwirkung gem. § 167 ZPO sieht, die sich aus dem Sinn und Zweck der jeweiligen Fristenregelung begründen können(BGH 17. Juli 2008 - I ZR 109/05 - Rn. 25 mwN, BGHZ 177, 319).

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(2) Es bedarf auch nicht der Einleitung eines Vorlageverfahrens an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts gem. § 45 ArbGG. Dessen Voraussetzungen liegen gleichfalls nicht vor.

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(a) Der Senat setzt die bisherige Rechtsprechung aller Senate des Bundesarbeitsgerichts - mit Ausnahme des Achten Senats für die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG - fort. Auch der Dritte Senat hat in der - nach der Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes ergangenen - Entscheidung vom 21. Oktober 2014 für die von ihm zu beurteilende Rügefrist nach § 16 BetrAVG an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten(- 3 AZR 937/12 - Rn. 37 ff., BAGE 149, 326).

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(b) Soweit der Achte Senat § 167 ZPO bei einer außergerichtlichen Geltendmachung gem. § 15 Abs. 4 AGG für anwendbar erachtet hat(BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 23 ff., BAGE 148, 158), ist eine entscheidungserhebliche Divergenz zum entscheidenden Senat nicht gegeben. Der Achte Senat hat seine Entscheidung zu der in § 15 Abs. 4 AGG geregelten zweimonatigen Geltendmachungsfrist getroffen. Er hat sich der im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stehenden geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedoch ausdrücklich nur für den Fall eines Anspruchs nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG angeschlossen, namentlich aufgrund des besonderen Fristbeginns in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG sowie wegen § 15 Abs. 5 AGG, wonach Ansprüche aus anderen Rechtsvorschriften unberührt bleiben. Deshalb trete zwei Monate nach Ablehnung einer Bewerbung kein umfassendes Ende von Geltendmachungsmöglichkeiten ein und der Arbeitgeber müsse aus diesem Grund Beweismittel ohnehin länger zur Dokumentation aufbewahren (BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 26 ff., aaO; anders zur Reichweite der Ausschlussfrist dagegen noch 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 51, BAGE 142, 143). Dabei hat der Achte Senat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er über die Anwendung von § 167 ZPO in anderen Bereichen des Arbeitsrechts nicht zu entscheiden hatte(BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 24, aaO). Aufgrund dieser Besonderheiten besteht mit der hiesigen Senatsentscheidung über die Einhaltung einer tariflichen Verfallfrist durch ein außergerichtliches Geltendmachungsschreiben keine Divergenz zum Achten Senat.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 91a Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Pust    

        

    Ratayczak    

                 

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.