Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Oktober 2017 – 22 Ca 126/17 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen eines Feststellungsantrags darüber, ob auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg, insbesondere ein Gehaltstarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit einer Vielzahl von Filialen im Bundesgebiet. Der Kläger, der Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist, ist seit dem 01. Mai 1989, zuletzt auf Grundlage eines Anstellungsvertrags vom 01. November 2005 (Anlage K 1, Bl. 5-6 d.A.) in der Filiale X-Straße in Hamburg bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Verkäufer beschäftigt. Der Anstellungsvertrag vom 01. November 2005, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, lautet auszugsweise:

3

„[…]

4

2. Sie erhalten für Ihre Tätigkeit eine Vergütung von EUR 2.037,13 brutto für 163,00 Std./monatlich = 100% der tariflichen Monatsarbeitszeit.

5

Im vorstehenden Betrag sind enthalten:

6

nach Tarifgruppe GB 2b EUR 2.037,13 brutto

7

3. Etwaige die tariflichen Ansprüche übersteigende Mehrbezüge werden bei einer Veränderung der tariflichen Ansprüche verrechnet, es sei denn, dass ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen wird.

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[…]

9

9. Sie erhalten Urlaub nach den jeweils geltenden Bestimmungen des Tarifvertrags und der Betriebsordnung

10

[…]

11

14. Die Bedingungen dieses Anstellungsvertrages behalten ihre Gültigkeit auch dann, wenn eine Änderung der bisherigen Tätigkeit und / oder eine Änderung des Entgelts – bei Teilzeitbeschäftigung auch der Arbeitszeit – eintritt. Im übrigen gelten die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel, die Gesamtbetriebsvereinbarungen der K. AG, sowie die Betriebsordnung der o.g. Betriebsstelle in ihrer jeweils gültigen Fassung.

12

[…]“

13

Die zuvor zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen Anstellungsverträge datieren vom 29. Dezember 2003 und vom 31. März 1989 (Anlagenkonvolut K 8, Bl. 117-119 d.A.). Wegen des genauen Wortlautes der diesbezüglichen Regelungen wird auf das Anlagenkonvolut K 8 Bezug genommen.

14

Bis zum 06. Mai 2013 war die Beklagte Vollmitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbands, dem Landesverband des Hamburger Einzelhandels e.V.. Mit Kündigung vom 06. Mai 2013 (vgl. Anlage B 2, Bl. 98 d.A.) beendete die Beklagte ihre Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband mit sofortiger Wirkung.

15

In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg zum Aktenzeichen 22 Ca 246/14 einigten sich die Parteien durch gerichtlichen Vergleich vom 11. Dezember 2014 (Anlage K 2, Bl. 7-8 d.A.) u.a. auf eine „monatliche nicht anrechenbare übertarifliche Zulage in Höhe von € 116 brutto“ mit dem Ergebnis, dass der Kläger finanziell so gestellt wurde, dass er de facto seit August 2013 wieder das jeweilige Tarifgehalt erhielt. In einem Schreiben des seinerzeit die Beklagte vertretenden Arbeitgeberverbandes vom 04. März 2015 (Anlage K 3, Bl. 9-10 d.A.) heißt es hierzu u.a.:

16

„Damit ging der Wille der Parteien bei Vergleichsabschluss dahin, dass Ihr Mandant das jeweils aktuelle Tarifgehalt erhält.“

17

Zwischenzeitlich vereinbarte die Beklagte mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einen sog. „Zukunftstarifvertrag K.“ (nachstehend: „Zukunftstarifvertrag“; Anlage K 7, Bl. 15-23 d.A.), der mit Wirkung zum 02. Dezember 2016 in Kraft trat. Der Zukunftstarifvertrag sieht unter A. III. u.a. vor:

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1. Aktuelles K.-Tarifentgelt

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Mit Inkrafttreten dieses Tarifvertrags besteht ein Anspruch auf Tarifentgelt gemäß Tarifabschluss für die Tarifjahre 2011 bis 2013. Die zwischen den Tarifvertragsparteien in den Ländern vereinbarten Entgelterhöhungen aus den Tarifabschlüssen 2013 für die Tarifjahre 2013 und 2014 sowie 2015 für die Tarifjahre 2015 und 2016 werden ausgesetzt. Soweit für diese vor Abschluss dieses Tarifvertrags liegenden Zeiträume Ansprüche auf tarifliche Leistungen geltend gemacht werden, eingeklagt oder vereinbart wurden, bleiben diese Ansprüche unberührt, soweit sie bestehen.

20

Im Gegenzug für die Aussetzung der Entgelterhöhungen wurde unter Abschnitt B. des Zukunftstarifvertrags eine Standort- und Beschäftigungssicherung bis zum 31. März 2021 geregelt.

21

Die Beklagte vergütet seit April 2017 auch den Kläger nach dieser tariflichen Regelung und zahlt ihm ein Tarifgehalt auf Basis des Jahres 2013 in Höhe von 2.299,00 € brutto zzgl. einer übertariflichen Zulage von 116,00 € brutto (Anlage K 6, Bl. 14 d.A. mit Begleitschreiben Anlage K 5, Bl. 13 d.A.).

22

Der Kläger macht den vollständigen aktuellen Tariflohn des Entgelttarifvertrags des Einzelhandels in Hamburg geltend.

23

Der Kläger hat vorgetragen, dass in seinem Anstellungsvertrag dynamisch auf die Tarifverträge des Einzelhandels in Hamburg verwiesen werde, so dass auch nach Beendigung der Tarifbindung der Beklagten die Tariflohnerhöhungen ab 2013 durch die Entgelttarifverträge für den Hamburger Einzelhandel an den Kläger weiterzugeben gewesen wären. Jedenfalls im Wege der Auslegung ergebe sich, dass die unter Ziff. 2 des Anstellungsvertrags der Parteien getroffene Vergütungsregelung keine statische Regelung, sondern lediglich eine Wissenserklärung beinhalte. Auch im Hinblick auf die Vergütung werde durch Ziff. 14 des Anstellungsvertrags auf die einschlägigen Entgelttarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Bezug genommen. Der Entgelttarifvertrag des Hamburger Einzelhandels, der so aufgrund arbeitsvertraglicher, dynamischer Verweisung für das Arbeitsverhältnis gelte, werde unter Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips auch nicht ab Dezember 2016 durch den Zukunftstarifvertrag zwischen der ver.di und der Beklagten verdrängt, so dass weiterhin ein Anspruch auf höhere Vergütung bestünde. Denn der Zukunftstarifvertrag sehe unter A. III Ziff. 1 selbst vor, dass die Ansprüche des Klägers unberührt bleiben, soweit diese bestehen.

24

Zudem hätten die Parteien im Verfahren 22 Ca 246/14 eine Anwendung des jeweils gültigen Flächentarifvertrages vereinbart.

25

Der Kläger hat beantragt,

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1. festzustellen, dass sich das Bruttogehalt des Klägers bei der Beklagten auf wenigstens 2.522,00 € beläuft;

27

2. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendbar sind und deshalb die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger neben einem Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 2b nach 5 Berufsjahren des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburgs in der jeweils gültigen Fassung in Höhe von zurzeit 2.522,00 €, entsprechend dem gültigen Manteltarifvertrag ein Urlaubsgeld in Höhe von 50 Prozent des vorgenannten Tarifgehaltes sowie eine weitere tarifliche Sonderzuwendung in Höhe von 62,5 Prozent des Tarifentgeltes zu zahlen.

28

Die Beklagte hat beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Kläger aufgrund des Zukunftstarifvertrages keinen Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen nach dem Entgelttarifvertrag des Einzelhandels in Hamburg mehr habe. Seit dem 02. Dezember 2016 gelte auch für den Kläger der Firmentarifvertrag, und zwar normativ wie durch die individualvertragliche Verweisung des Anstellungsvertrags. Der ebenfalls mit ver.di abgeschlossene Zukunftstarifvertrag gehe dann als speziellere Regelung den Flächentarifverträgen vor.

31

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Anstellungsvertrag der Parteien, aus dem sich auch bzw. jedenfalls im Hinblick auf die Vergütung gerade keine „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ herleiten lasse. Die unter Ziff. 2 des Anstellungsvertrags getroffene Entgeltregelung enthalte gerade keinerlei Hinweis auf eine dynamische Tarifgeltung, sondern lege eine absolute Gehaltssumme fest, was auch durch die Datumsangabe „Tarifgruppe GB 2b“ bestätigt werde. Der Verweis in Ziff. 14 des Anstellungsvertrags beziehe sich gerade nicht auf die fixe Entgeltabrede in Ziff. 2, da danach der Tarifvertrag nur „im Übrigen“ und damit schon dem Wortlaut nach nur für Arbeitsbedingungen gelte, die nicht bereits im Anstellungsvertrag (abschließend) geregelt seien. Hinzu komme, dass der Zusatz „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ sich ausschließlich auf die Betriebsordnung beziehe. Dementsprechend werde auch in der Urlaubsregelung der Ziff. 9 des Anstellungsvertrags ausdrücklich auf die „jeweils geltenden Bestimmungen des Tarifvertrages“ verwiesen.

32

Aus dem Vergleich vom 11. Dezember 2014 ergebe sich nichts anderes. Dass der Kläger das jeweils aktuelle Tarifentgelt erhalten solle, gehe aus dem Vergleich nicht hervor. Zudem sei unter einem „aktuellen Tarifentgelt“ das derzeitige Gehalt zu verstehen, das der Zukunftstarifvertrag vorsehe.

33

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 11. Oktober 2017 – 22 Ca 126/17 – (Bl. 134-142 d.A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

34

Seit dem 02. Dezember 2016 sei der Haustarifvertrag vorrangig anzuwenden, nicht der Entgelttarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel. Der Kläger habe daher auch keinen Anspruch auf ein Bruttotarifgehalt von mindestens 2.522,00 €.

35

Ab diesem Zeitpunkt gelte sowohl normativ wie auch aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme der Zukunftstarifvertrag zwischen der Beklagten und ver.di. Dieser sehe im Hinblick auf die Vergütung ein Aussetzen der Tariflohnerhöhungen aus den Jahren 2013 bis 2016 vor, so dass der Kläger die seitdem ergangenen Tariferhöhungen nicht mehr beanspruchen könne.

36

Die normative Geltung dieses Firmentarifvertrags ergebe sich aus § 3 Abs. 1 TVG.

37

Der Zukunftstarifvertrag finde zudem auch aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, so dass auch keine Verdrängung durch eine einzelvertragliche, günstigere Regelung der Parteien stattfinde. Von vornherein bestehe damit keine Kollision, die über einen Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen sei.

38

Der Auffassung, dass die Verweisungsklausel in Ziff. 14 des Anstellungsvertrags der Parteien den Zukunftstarifvertrag schon dem Wortlaut nach nicht erfasse, könne nicht gefolgt werden. Zwar verweise der Anstellungsvertrag danach nur auf die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels, d.h. die Verbandstarifverträge. Bei der nach §§ 133, 157 BGB gebotenen Erforschung des wirklichen Willens der Vertragsparteien sei aber deren typische Interessenlage zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber wolle – für den Arbeitnehmer erkennbar – durch eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel die fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge in Bezug nehmen. Zu diesen gehöre insbesondere ein vom Arbeitgeber abgeschlossener Firmentarifvertrag. Auch aus dem ausdrücklichen – wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssigen – Hinweis auf die Geltung der Gesamtbetriebsvereinbarungen wie die Betriebsordnung der Beklagten ergebe sich letztlich, dass es der Beklagten gerade auf die Vereinbarung der für das Unternehmen und den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen angekommen sei.

39

Die Tarifkonkurrenz, die sich aus der Verweisung des Anstellungsvertrags auf den Zukunftstarifvertrag einerseits sowie die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels andererseits ergibt, sei nicht über das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen. Vielmehr gelte das Spezialitätsprinzip, wonach auch im vorliegenden Fall der Zukunftstarifvertrag als speziellere Regelung die Verbandstarifverträge verdränge, denn es sei davon auszugehen, dass die Parteien mit ihrer Verweisung dem Tarifvertrag Vorrang einräumen wollten, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten stehe und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten Rechnung trage. Das sei der Zukunftstarifvertrag, der zeitlich nachfolgend als „maßgeschneiderter“ Firmentarifvertrag mit der gleichen Gewerkschaft geschlossen wurde. Firmentarifverträge würden gegenüber Verbandstarifverträgen stets die speziellere Regelung darstellen. Anderenfalls bestünde – so das Arbeitsgericht – von vornherein nie die Möglichkeit, die Geltung der Regelungen eines Verbandstarifvertrags durch den Abschluss eines Firmentarifvertrags anzupassen.

40

Dass keine Aussetzung der Tariflohnerhöhungen ab den Jahren 2013 stattfinde, ergebe sich auch nicht aus dem Zukunftstarifvertrag unter A. III Ziff. 1 letzter Satz, welcher regele, dass bestehende Ansprüche unberührt bleiben. Diese Formulierung beziehe sich ausdrücklich nur auf Ansprüche für die „vor Abschluss dieses Tarifvertrags liegenden Zeiträume“. Alles andere entspräche – so das Arbeitsgericht – schließlich nicht dem Sinn und Zweck des Zukunftstarifvertrags. Ziel der Tarifvertragsparteien sei es gewesen, im Ge-genzug zu einer Standort- und Beschäftigungssicherung bis zum Ablauf des 31. März 2021 das Gehaltsniveau bei der Beklagten ab dem Geltung Zeitpunkt des Zukunftstarifvertrags einheitlich festzuschreiben und ggf. abzusenken. Dabei begegne es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Regelungen des Zukunftstarifvertrags zu einer Gehaltsreduzierung ab dem 02. Dezember 2016 führen. Dem stünden insbesondere keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen, solange nicht gegen das Rückwirkungsverbot versto-ßen werde. Eine Tarifnorm stehe stets unter dem Vorbehalt, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen werden zu können. Bedenken wegen des Rückwirkungsverbots könnten gerade dann nicht bestehen, solange die Än-derungen der Tarifnormen keine Sachverhalte berühren, die in der Vergangenheit liegen. Gerade diese Sachverhalte lasse der Zukunftstarifvertrag unter A. III Ziff. 1 letzter Satz aber ausdrücklich unberührt. Eine zukünftige Erwartung auf ein bestimmtes Gehalt sei nicht geschützt. Hinzu komme, dass im Gegenzug zur Gehaltseinbuße der Erhalt einer Standort- und Beschäftigungssicherung trete.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 138 ff. d.A.) Bezug genommen.

42

Gegen dieses am 26. Oktober 2017 (Bl. 143 d.A.) ihm zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 16. November 2017 (Bl. 145-146 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. Januar 2018 mit an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz (Bl. 155-160 d.A.) begründet hat.

43

Der Kläger hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unzutreffend und trägt vor, das Arbeitsgericht erachte zu Unrecht allein den Zukunftstarifvertrag als auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Vielmehr sei auch der Flächentarifvertrag aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel anwendbar und gehe bei der Gehaltshöhe dem Zukunftstarifvertrag nach dem Günstigkeitsprinzip vor. Eine deutliche Reduzierung der laufenden monatlichen Vergütung des Klägers sei ganz sicher nicht von den Parteien des Zukunftstarifvertrages beabsichtigt gewesen.

44

Aus Ziff. 14 des Anstellungsvertrages der Parteien ergebe sich eine dynamische Verweisung auf die Flächentarifverträge für den Einzelhandel Hamburg. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsvertragsparteien bereits in Ziff. 2 des Anstellungsvertrages eine vom Tarifgehalt losgelöste eigene arbeitsvertragliche Abrede zu Gehaltshöhe treffen wollten.

45

Der Arbeitsvertrag verweise nicht auf einen Firmentarifvertrag. Die Beklagte müsse sich bei möglichen Unklarheiten an den deutlichen Wortlaut gebunden fühlen. Es wäre, so der Kläger, den Parteien im Jahr 2005 unbenommen geblieben, auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge zu verweisen und damit auch einen möglichen Haustarifvertrag zukünftig mit zu berücksichtigen. Dies sei jedoch wohlweislich nicht erfolgt.

46

Die Parteien des Zukunftstarifvertrages hätten auch in Ziff. III. 1 Satz 3 des Zukunftstarifvertrages hinreichend deutlich klargestellt, dass eine gehaltsmäßige Rückstufung von Mitarbeitern, welche aufgrund von gerichtlichen Verfahren oder Vereinbarungen bis zum Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages an den Tariferhöhungen des Flächentarifvertrages profitiert haben, ausgeschlossen sei. Eine andere Auslegung dieser Norm sei nicht vorstellbar. Dem Kläger sei auch auf Nachfrage von der Gewerkschaft ver.di bestätigt worden, dass individualvertragliche Regelungen aus dem Arbeitsvertrag stets nach dem Günstigkeitsprinzip hätten vorgehen sollen.

47

Der Kläger beantragt,

48

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Oktober 2017 – 22 Ca 126/17

49

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendbar sind und deshalb die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger neben einem Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 2b nach 5 Berufsjahren des Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung in Höhe von zurzeit 2.522,00 €, entsprechend dem gültigen Manteltarifvertrag ein Urlaubsgeld in Höhe von 50 Prozent des vorgenannten Tarifgehaltes sowie eine weitere tarifliche Sonderzuwendung in Höhe von 62,5 Prozent des Tarifentgeltes zu zahlen.

50

Die Beklagte beantragt,

51

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

52

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, auf normativer Ebene konkurriere der Zukunftstarifvertrag mit dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag. Diese Tarifkonkurrenz zweier normativ geltender Tarifwerke sei durch Spezialität aufzulösen.

53

Daneben würden beide Tarifwerke auch aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel konkurrieren, da diese Klausel beide Tarifwerke erfasse. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten kommenden Regelung Vorrang hätten einräumen wollen. Dies sei hier der Zukunftstarifvertrag. Ein Gültigkeitsvergleich sei nicht vorzunehmen.

54

Nähme man an, dass die Bezugnahmeklausel den firmenbezogenen Sanierungstarifvertrag nicht erfasse, ergäbe sich eine Vertragslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei.

55

Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 29. Januar 2018 (Bl. 161 ff. d.A.), die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 1. März 2018 (Bl. 212 ff. d.A.) und auf den Schriftsatz des Klägers vom 1. März 2018 (Bl. 246 d.A.) verwiesen. Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG).

Entscheidungsgründe

A.

56

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

57

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sowie begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

58

II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil die Klage zwar zulässig, aber unbegründet ist.

59

1. Der Feststellungsantrag ist als sog. Elementenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

60

Eine Feststellungsklage in der Form einer Elementenfeststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr., s. nur BAG, Urteil vom 06. Juli 2011 – 4 AZR 706/09 – juris m.w.N.).

61

Hier hat der Kläger seinen Feststellungsantrag grundsätzlich in zulässiger Weise darauf beschränkt festzustellen, dass bestimmte Tarifverträge Anwendung finden und die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ein Vergütung nach dem Manteltarifvertrag bzw. dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen.

62

Der Feststellungsantrag betrifft bei richtiger Auslegung ausschließlich die Zeit nach dem Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages am 02. Dezember 2016. Für die Zeit davor hat der Kläger die Differenzvergütung zwischen der ihm gewährten Vergütung und der Vergütung nach dem aktuellen Gehaltstarifvertrag des Hamburger Einzelhandels erhalten. Der Feststellungsantrag ist insbesondere auch geeignet, den Streit der Parteien darüber endgültig zu klären, ob die Beklagte (auch) nach Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrags am 02. Dezember 2016 die Tariferhöhungen aus den Gehaltstarifverträgen des Hamburger Einzelhandels an den Kläger weitergeben muss oder ob sie sich darauf berufen kann, hierzu wegen der auf ihr Unternehmen bezogenen Sonderregelungen des Zukunftstarifvertrages nicht verpflichtet zu sein.

63

2. Die Klage ist aber unbegründet.

64

Die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht in ihrer „jeweils geltenden Fassung“ anwendbar und die Beklagte ist insbesondere nicht verpflichtet, an den Kläger ein Tarifgehalt der Gruppe GB 2b des Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel „in der jeweils gültigen Fassung“ zu zahlen. Der Feststellungsantrag ist unbegründet, weil ab dem 02. Dezember 2016, d.h. dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zukunftstarifvertrages, dieser auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sowohl normativ als auch aufgrund einzelvertraglicher Verweisung Anwendung findet. Die in Ziff. A.III.1. und 2. des Zukunftstarifvertrages festgelegten Entgeltregelungen sind für das Arbeitsverhältnis derzeit maßgebend, nicht jedoch ein (Flächen-) „Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel“. Dementsprechend besteht nur ein Anspruch auf Tarifentgelt gemäß Tarifabschluss für die Tarifjahre 2011 bis 2013 (s. Ziffer A.III.1. Zukunftstarifvertrag), weshalb derzeit der zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und dem Landesverband des Hamburger Einzelhandels e.V. geschlossene Gehaltstarifvertrag in der zur Zeit des Verbandsaustritts der Beklagten im Jahr 2013 geltenden Fassung Anwendung findet.

65

Dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das weitere Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

66

a) Der Zukunftstarifvertrag findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

67

aa) Er findet ab dem 02. Dezember 2016 gem. § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die normative Geltung dieses Firmentarifvertrags ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger als Mitglied der vertragschließenden Gewerkschaft und die Beklagte als Partei des Tarifvertrages jeweils gemäß § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden sind.

68

bb) Der Zukunftstarifvertrag findet zudem auch aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung gemäß Ziff. 14 des Anstellungsvertrages vom 01. November 2005 auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

69

(1) Die Verweisungsklausel in Ziff. 14 des Anstellungsvertrags vom 01. November 2005 umfasst den Zukunftstarifvertrag. Zwar verweist der Anstellungsvertrag danach nur auf die „Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel“, d.h. die Verbandstarifverträge. Die Auslegung der Verweisungsklausel ergibt aber, dass auch für den Betrieb geltende Firmentarifverträge für das Arbeitsverhältnis maßgebend sein sollen.

70

Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG, Urteil vom 14. Dezember 2005 – 10 AZR 296/05 –, Rn. 15, juris). Bei der nach §§ 133, 157 BGB gebotenen Erforschung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ist aber deren typische Interessenlage zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber will – für den Arbeitnehmer erkennbar – durch eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel die fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge in Bezug nehmen. Zu diesen gehört insbesondere ein vom Arbeitgeber abgeschlossener Firmentarifvertrag. Auch aus einem ausdrücklichen – wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssigen – Hinweis auf die Geltung etwaiger Betriebsvereinbarungen ergibt sich, dass es dem Arbeitgeber gerade auf die Vereinbarung der für das Unternehmen und den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen ankam (ebenso: BAG, Urteil vom 23. März 2005 – 4 AZR 203/04 –, Rn. 25, juris). Dazu gehört auch ein vom Arbeitgeber zur vorübergehenden Abänderung von Flächentarifverträgen abgeschlossener Haustarifvertrag (BAG, Urteil vom 23. Januar 2008 – 4 AZR 602/06 –, Rn. 24, juris).

71

Auch vorliegend ergab sich aus dem ausdrücklichen – wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssigen – Hinweis in Ziff. 14 des Anstellungsvertrags vom 01. November 2005 auf die Geltung der Gesamtbetriebsvereinbarungen des Arbeitgebers sowie der Betriebsordnung, dass es der Beklagten (bzw. deren Rechtsvorgängerin) gerade auf die Vereinbarung der für das Unternehmen und den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen ankam.

72

(2) Auch der Kläger wollte sich an die Tarifverträge binden, die von der Beklagten (bzw. deren Rechtsvorgängerin) als Tarifvertragspartei oder Mitglied einer Tarifvertragspartei mit einer bestimmten Gewerkschaft abgeschlossen werden, auch in ihrer noch unbestimmten zukünftigen Fassung. Dafür, dass dies nach dem Willen der Parteien nur dann gelten sollte, wenn es sich dabei um Flächentarifverträge handelt, fehlt es an jedem Anhaltspunkt. Im Übrigen kann auch nicht im Einzelfall ohne weiteres festgestellt werden, ob ein Flächentarifvertrag mit einer branchenüblichen Vergütung in jedem Falle gegenüber einem Haustarifvertrag, der zwar ein geringeres Entgeltniveau enthält, dafür aber im Gegenzug Regelungen zu einer Standort- und Beschäftigungssicherung enthält, überhaupt eine günstigere Regelung darstellt, und deshalb in jedem Falle (nur) die Anwendung eines Flächentarifvertrages vom Arbeitnehmer gewollt war.

73

Der arbeitsvertragliche Verweis auf Gesamtbetriebsvereinbarungen und die Betriebsordnung lässt auch nicht den Umkehrschluss zu, dass es der Arbeitgeberin auf tariflicher Ebene der Beklagten nur auf die Geltung des Flächentarifvertrages angekommen sei. Vielmehr liegt bereits nach dem Wortlaut näher, dass möglichst für das Unternehmen bzw. den Betrieb (und auch die Arbeitnehmer) „maßgeschneiderte“ kollektive Regelungen Vorrang haben sollen.

74

(3) Soweit der Kläger – und auch die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg (Urteil vom 28. Februar 2018 – 6 Sa 79/17 –) – unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 26. August 2015 – 4 AZR 719/13 –) herleiten, die Verweisungsklausel der Parteien im vorliegenden Rechtsstreit umfasse nicht einen Firmentarifvertrag, kann dem nicht gefolgt werden.

75

Soweit dabei auf Grundsätze einer sog. Tarifwechselklausel abgestellt wird, passt dies bereits deshalb nicht, weil es vorliegend mit einer Einbeziehung des Zukunftstarifvertrages weder zu einem Tarifwechsel bzgl. der maßgeblichen Branche (Einzelhandel) kommt, noch es um die Geltung von Tarifverträgen einer anderen Gewerkschaft ginge, sondern es sind vielmehr sowohl Flächentarifverträge für den Hamburger Einzelhandel, als auch der Zukunftstarifvertrag von der Vereinten Dienstleistungsgesellschaft (ver.di) abgeschlossen.

76

Zudem lag etwa der o.a. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. August 2015 eine Bezugnahmeklausel zugrunde, in der sich ein besonderer Hinweis darauf befand, dass es sich bei den in Bezug genommenen Tarifverträgen um solche handeln sollte, die von einer bestimmten Vereinigung abgeschlossen worden sind, womit ein einzelner Arbeitgeber als auch zum Tarifabschluss berechtigter Beteiligter nicht erfasst war. Eine solche Einschränkung enthält die hier in Rede stehende Bezugnahmeklausel gerade nicht, sondern verweist generell nur auf jeweils geltende Tarifverträge einer bestimmten Branche. Ein Hinweis darauf, dass es sich dabei um Tarifverträge handeln sollte, die von Verbänden als Flächentarifvertrag abgeschlossen sind, findet sich nicht (ebenso: lag Hamm, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 3 Sa 607/17 –, Rn. 116, juris).

77

(4) Ergänzend ist auszuführen, dass die Verweisungsklausel in Ziff. 14 des Anstellungsvertrages vom 01. November 2005 auch als allgemeine Geschäftsbedingung wirksam ist.

78

Der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hält die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien stand.

79

Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien verletzt das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht. Die Verweisung auf andere Rechtsnormen ist dem geltenden Recht nicht fremd und deshalb nichts Ungewöhnliches (BAG, Urteil vom 24. September 2008 – 6 AZR 76/07 –, BAGE 128, 73-91, Rn. 30).

80

Eine dynamische Verweisung auf das jeweils gültige Tarifrecht ist nicht unklar. Bezugnahmeklauseln sind im Arbeitsrecht, wie ausgeführt, weit verbreitet. Arbeitsvertragliche Verweisungen auf nicht immer einfach zugängliche Tarifverträge werden im tarifdispositiven Gesetzesrecht als allgemein zulässiges Instrument zur Regelung der Arbeitsbedingungen vorausgesetzt. Die Regelung ist auch nicht deswegen unverständlich, weil sie dynamisch ausgestaltet ist. Auch dynamische Bezugnahmeklauseln entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien. Dies ergibt sich aus der Zukunftsgerichtetheit des Arbeitsverhältnisses. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist ausreichend (BAG, Urteil vom 24. September 2008 – 6 AZR 76/07 –, BAGE 128, 73-91, Rn. 31).

81

Auch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien, die, wie ausgeführt, so zu verstehen ist, dass sie alle für den Kläger einschlägigen Tarifverträge, d.h. einschließlich eines – ggf. materielle Arbeitsbedingungen aus seiner Sicht verschlechternden – Haustarifvertrages als Sanierungstarifvertrages, in ihrer jeweiligen Fassung in den Vertrag einbeziehen sollte, ist bei Anlegung dieser Maßstäbe nicht unklar. Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollen, ist für den Kläger feststellbar.

82

b) Die individualrechtlich im Arbeitsvertrag der Parteien (auch) in Bezug genommenen Regelungen eines Flächenentgelttarifvertrages des Hamburger Einzelhandels in der jeweils geltenden Fassung setzen sich auch nicht nach dem tarifrechtlichen Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG gegenüber dem kraft § 4 Abs. 1 TVG normativ geltenden und ebenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung auf das Arbeitsverhältnis einwirkenden Zukunftstarifvertrag durch.

83

aa) Stellt man darauf ab, dass sowohl der Zukunftstarifvertrag, als auch ein (Flächen-) Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel kraft arbeitsvertraglicher Verweisung gelten, da die Verweisungsklausel in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages beide tariflichen Regelungen umfasst (s.o. A.II.1.b)), gilt der Grundsatz, dass sich bei einer Verweisung auf mehrere Tarifverträge die speziellere Regelung durchsetzt und die allgemeinere Regelung verdrängt (BAG, Urteil vom 23. Januar 2008 – 4 AZR 602/08 –, Rn. 28-30, juris).

84

Die speziellere Regelung ist hier der Zukunftstarifvertrag. Diese Regelung steht dem Betrieb und dem Unternehmen betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten. Soweit der Kläger einwendet, ein auf das Bundesland Hamburg begrenzter Flächentarifvertrag stehe aber räumlich näher als der bundesweite Zukunftstarifvertrag, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da auch der Zukunftstarifvertrag Regelungen nicht unabhängig von einer regionalen Situation (z.B. Berücksichtigung regionaler Lebenshaltungskosten) trifft, sondern durch die Festschreibung der Fortgeltung regionaler Tarifverträge – wenngleich auf dem Tarifniveau von 2013 – die regionale Unterschiede berücksichtigt.

85

Zu berücksichtigen ist, dass Firmentarifverträge gegenüber Verbandstarifverträgen regelmäßig die speziellere Regelung darstellen und, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hinweist, dass der Zukunftstarifvertrag ein auf die Situation der Beklagten „maßgeschneiderter“ Firmentarifvertrag ist, der mit der gleichen Gewerkschaft geschlossen wurde. Würde man der Rechtsauffassung des Klägers folgen, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass – wie hier bei einer generellen Verweisung auf Tarifverträge – von vornherein nie die Möglichkeit bestünde, die Geltung der Regelungen eines Verbandstarifvertrags durch den Abschluss eines Firmentarifvertrags anzupassen.

86

bb) Stellt man darauf ab, dass der Zukunftstarifvertrag gemäß § 4 Abs. 1 TVG normativ gilt und ein (Flächen-)Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel kraft arbeitsvertraglicher Verweisung, ergibt sich nichts anderes.

87

(1) Zwar ist in einer solchen Konstellation das Günstigkeitsprinzip nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es geht insoweit nicht um die Konkurrenz zweier Tarifverträge, sondern um die Konkurrenz einer arbeitsvertraglichen Regelung mit einem (auch) normativ wirkenden Tarifvertrag. Dies ist kein Fall der Tarifkonkurrenz zweier Normenverträge. Vielmehr wird das Verhältnis der arbeitsvertraglichen Regelung zu der normativ wirkenden tariflichen durch § 4 Abs. 3 TVG bestimmt (BAG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 AZR 767/06 –, Rn. 20, juris, unter Aufgabe der diesbezüglich noch anderen früheren Rechtsauffassung, zuletzt im Urteil vom 23. März 2005 - 4 AZR 203/04 - BAGE 114, 186, 191 f.).

88

(2) Allerdings bleibt es auch insoweit dabei, dass die arbeitsvertragliche Regelung des Klägers nicht günstiger ist als der (auch) normativ wirkende Zukunftstarifvertrag, weil auch nach dem Arbeitsvertrag der Zukunftstarifvertrag anzuwenden ist (s.o. A.II.1.b)).

89

(3) Inwieweit darüber hinaus bei einem Sachgruppenvergleich der tariflichen Regelungen zur Gruppe „Entgelt“ auch darauf abzustellen wäre, dass eine Standortsicherung (Ziff. B III. 3 Zukunftstarifvertrag) als Gegenleistung geregelt und damit eine wechselseitige Abhängigkeit hergestellt wäre (vgl. B. III. 3. Zukunftstarifvertrag), die einem reinen Sachgruppenvergleich entgegenstehen würde bzw. im hiesigen Fall Entgelt und Standortsicherung zu einer Gruppe zusammenzufassen seien (so lag Hamburg, Urteil vom 25. Januar 2018 – 7 Sa 100/17 –), kann dahinstehen.

90

c) Wie das Arbeitsgericht im angegriffenen Urteil auch zutreffend ausführt, ergibt sich auch nicht aus dem Zukunftstarifvertrag selbst, dass im Falle des Klägers keine Aussetzung der Tariflohnerhöhungen ab den Jahren 2013 stattfindet. Insbesondere ergibt sich das nicht daraus, dass der Zukunftstarifvertrag unter A. III Ziff. 1 letzter Satz regelt, dass bestehende Ansprüche unberührt bleiben. Denn die Formulierung bezieht sich ausdrücklich nur auf Ansprüche für die „vor Abschluss dieses Tarifvertrags liegenden Zeiträume“.

91

Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Tarifnorm, von dem bei der Auslegung eines Tarifvertrags vorrangig auszugehen ist (BAG, Urteil vom 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14 –, Rn. 53, juris; Urteil vom 9. Dezember 2015 - 10 AZR 488/14 - Rn. 14, juris). Der Gesamtzusammenhang und Sinn und Zwecke der tariflichen Regelung bestätigen dieses Verständnis. Ziel der Tarifvertragsparteien war es, im Gegenzug zu einer Standort- und Beschäftigungssicherung bis zum Ablauf des 31. März 2021 das Gehaltsniveau bei der Beklagten ab dem Geltungszeitpunkt des Zukunftstarifvertrags einheitlich festzuschreiben und ggf. abzusenken.

92

Dabei begegnet es dann auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Rege-lungen des Zukunftstarifvertrags im Fall des Klägers zu einer Gehaltsreduzierung führen. Dem stehen insbesondere keine Vertrauensschutz-gesichtspunkte entgegen, solange nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen wird (vgl. BAG, Urteil vom 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 –, juris). Denn eine Tarifnorm steht stets unter dem Vorbehalt, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen werden zu können (vgl. BAG, Urteil vom 20. März 2002 – 10 AZR 501/01 –, juris; Urteil vom 23. März 2005, a.a.O.). Bedenken wegen des Rückwirkungsverbots können gerade dann nicht bestehen, solange die Änderungen der Tarifnormen keine Sachverhalte berühren, die in der Vergangenheit liegen. Gerade diese Sachverhalte lässt der Zukunftstarifvertrag unter A. III Ziff. 1 letzter Satz aber ausdrücklich unberührt. Eine zukünftige Erwartung des Klägers auf ein bestimmtes Gehalt ist nicht geschützt. Hinzu kommt, dass auch der Kläger im Gegenzug zur Gehaltseinbuße eine Standort- und Beschäftigungssicherung erhält.

93

d) Eine unveränderte Anwendung der Flächentarifvertragsbestimmungen, insbesondere bzgl. dortiger Entgeltregelungen, ergibt sich auch nicht aus dem Vergleich der Parteien vor dem Arbeitsgericht Hamburg vom 11. Dezember 2014 – 22 Ca 246/14 –.

94

(1) Dass der Kläger das jeweils aktuelle Tarifentgelt erhalten solle, geht aus dem Wortlaut des Vergleichs nicht hervor.

95

(2) Auch eine Auslegung des Vergleichs führt nicht zu dem vom Kläger gewünschten Ergebnis.

96

Dabei gelten die Grundsätze der Auslegung von Verträgen, d.h. der Vergleich ist so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BAG, Urteil vom 14. Dezember 2005 – 10 AZR 296/05 –, Rn. 15, juris). Auch unter Berücksichtigung des Schreibens des seinerzeit die Beklagte vertretenden Arbeitgeberverbandes vom 04. März 2015 (Anlage K 3), in dem es u.a. heißt, der Wille der Parteien sei bei Vergleichsabschluss dahin gegangen, dass der Kläger „das jeweils aktuelle Tarifgehalt“ erhalte, kann nicht auf den Willen der beklagten geschlossen werden, durch dem Vergleich dem Kläger auch künftig - auf Dauer - die Anwendung der Entgeltregelungen aus Flächentarifverträgen des Hamburger Einzelhandels zu garantieren.

97

Im Übrigen weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass unter einem „aktuellen Tarifentgelt“ auch das derzeitige Gehalt des Klägers zu verstehen, sich aus dem – bereits normativ geltenden – Zukunftstarifvertrag ergibt.

98

Sonstige Anhaltspunkte, die auf einen anderen Willen der Parteien bei Vergleichsschluss schließen lassen könnten, waren weder im Einzelnen vorgetragen, noch im Übrigen ersichtlich.

B.

99

I. Die Kosten seiner ohne Erfolg eingelegten Berufung hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1, § 525 Satz 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG).

100

II. Die Revision ist nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

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(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

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(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 6. August 2009 - 7 Sa 1674/08 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 7. Oktober 2008 - 10 Ca 130/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der nicht tarifgebundene Kläger ist seit dem 26. August 1980 als Arbeitnehmer bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 3. September 1980, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost geschlossen wurde, heißt es ua.:

        

„Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien als vereinbart.“

3

Bereits im Jahr 1990 entstanden im Zuge der sog. Postreform I aus der Deutschen Bundespost die einzelnen Geschäftsbereiche - sog. öffentliche Unternehmen - Postdienst, Postbank und Fernmeldedienst, die nach wie vor (Teil-)Sondervermögen des Bundes bildeten. Der Kläger verblieb im Geschäftsbereich Deutsche Bundespost - Fernmeldedienst (ab 1992 Deutsche Bundespost - Telekom). Die Geschäftsbereiche wurden bei der sog. Postreform II durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand nach § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich PostUmwG die Deutsche Telekom AG(nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen „Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost“ (nachfolgend TVArb) für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und auch noch nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Im Jahre 2007 gründete die DT AG drei Telekom Service Gesellschaften, darunter die Beklagte. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging infolge Betriebsübergangs mit dem 25. Juni 2007 auf diese über. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers stets die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost und später die der DT AG angewendet. Die Beklagte schloss ebenfalls am 25. Juni 2007 mit der Gewerkschaft ver.di Haustarifverträge ab, darunter den Manteltarifvertrag (MTV DTTS) und den Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DTTS), die von den Tarifverträgen der DT AG ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt Abweichungen enthalten. Mit Schreiben vom 9. Januar 2008 hat der Kläger erfolglos Ansprüche nach den vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträgen geltend gemacht.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger ua. die Feststellung, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 24. Juni 2007 anzuwenden sind. Er ist der Auffassung, ein solcher Feststellungsantrag sei zulässig, da mit ihm die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis geklärt werde. Die Hilfsanträge seien für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrages gestellt. Bei der arbeitsvertraglichen Regelung handele es sich um eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel, die das Tarifwerk der Deutschen Bundespost und später dasjenige der DT AG zur Anwendung bringe. Da die DT AG kraft Gesetzes Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost - Telekom sei, würden die von ihr seit 1995 geschlossenen neuen Tarifverträge ohne weiteres von der Bezugnahmeklausel erfasst. Die mit der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge hätten die mit der DT AG vereinbarten hingegen nicht im Wege einer Tarifsukzession ersetzt.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

I.    

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, anzuwenden sind,

        

II.     

hilfsweise

        

1.    

Es wird festgestellt, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers über den 1. Juli 2007 hinaus weiterhin 34 Stunden gem. den tariflichen Bestimmungen der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, beträgt.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Juli 2007 ein monatliches Entgelt nach Lohngruppe T 6 GrST 4 nach dem Entgelttarifvertrag der Deutschen Telekom AG, Stand Juni 2007, in Höhe von 3.444,00 Euro brutto sowie eine monatliche vermögenswirksame Leistung in Höhe von 6,65 Euro zu zahlen.

        

3.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG der Samstag kein Regelarbeitstag ist.

        

4.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG der Heiligabend (24.12.), Silvester (31.12.) sowie der Samstag vor Ostersonntag und Pfingstsonntag keine regulären Arbeitstage sind.

        

5.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG Samstag und Sonntag zusammenhängende reguläre freie Arbeitstage pro Woche sind.

        

6.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG es keinen so genannten optimierten Dienstantritt gibt.

        

7.    

Es wird festgestellt, dass der Kläger entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG gem. § 26 des Manteltarifvertrages iVm. § 7 des Tarifvertrages über Sonderregelungen besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer bei der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, besitzt.

8

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Der Feststellungsantrag sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Der Antrag sei nicht geeignet, den Streit zwischen den Parteien abschließend zu klären. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch die bei ihr geltenden Haustarifverträge ersetzt worden. Die vertragliche Verweisung sei zwar zunächst als eine sog. kleine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart worden. Ab dem 1. Juli 2001 habe jedoch eine Regelungslücke bestanden, weil die Tarifverträge vom Wortlaut nicht erfasst seien. Aus der zeitdynamischen Bezugnahme des Tarifwerks der Deutschen Bundespost ergebe sich der Parteiwille, auch die Tarifverträge der DT AG und die ihrer Nachfolgeeinheiten in Bezug zu nehmen. Die Vertragspraxis der Parteien zeige auch deren Willen, die jeweils einschlägigen Tarifverträge anzuwenden. Zudem habe mit der Gewerkschaft ver.di stets diejenige Gewerkschaft gehandelt, die - früher noch als Deutsche Postgewerkschaft - den TV Arb und die Nachfolgetarifverträge geschlossen habe. Es handele sich um eine unternehmensübergreifende und konzernbezogene Tarifeinigung mit Ablösungswillen. Diese Tarifsukzession setze sich mit der Aufgliederung in immer kleinere Konzerngesellschaften fort. Es sei Sinn und Zweck der Gleichstellungsabrede, gleiche Arbeitsbedingungen in dem jeweiligen Konzernunternehmen der DT AG sicherzustellen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 1. zu Unrecht abgewiesen. Der Antrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet. Der Kläger kann die Anwendung der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel verlangen.

12

I. Der Feststellungsantrag zu 1. ist zulässig.

13

1. Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Er ist, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, dem 25. Juni 2007, festgestellt wissen will. Das ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers. Der Kläger hat bereits mit seinem Geltendmachungsschreiben die Anwendbarkeit der vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträge mit dem Regelungsbestand, der bei Ablauf des 24. Juni 2007 bestand, angemahnt. Dieses Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

14

2. Der derart klargestellte Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig. Damit fallen die Hilfsanträge nicht zur Entscheidung an.

15

Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Begehren kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang insbesondere der zukünftigen Leistungspflichten, die sich aus der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag vom 3. September 1980 ergeben, geklärt werden. Dass die Beklagte einer gerichtlichen Feststellung nicht Folge leisten will, trägt sie selbst nicht vor. Für ein solches zukünftiges Verhalten fehlt es auch an Anhaltspunkten. Aufgrund der Befriedungsfunktion eines Feststellungsurteils ist der Kläger entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben (BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 15, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12). Entgegen der Auffassung der Beklagten bleibt auch etwa nicht ungeklärt, welche Ausschlussfristen zu beachten sind. Die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge gelten nicht nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis des tarifungebundenen Klägers.

16

II. Der Feststellungsantrag zu 1. ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte, anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte allerdings nicht die von ihr geschlossenen Haustarifverträge, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge verweist.

17

1. Die Parteien stimmen zu Recht darin überein, dass es sich bei der Bezugnahmeregelung in dem 1980 geschlossenen Arbeitsvertrag um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

18

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - Verweisungsklauseln wie diejenige in dem Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 21. August 2002 - 4 AZR 263/01 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 102, 275; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40 ). Diese Auslegungsregel hält der Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind ( st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

19

b) Da die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Jahre 1980 vereinbart worden ist, kommt bei dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach ist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

20

2. Nach dem Arbeitsvertrag sind für das Arbeitsverhältnis die Anwendung der „Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost … in ihrer jeweiligen Fassung“ vereinbart. Diese Abrede enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV Arb und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost erfasst.

21

a) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

22

b) Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Arb einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

23

aa) Im Arbeitsvertrag knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den Bereich der damaligen Deutschen Bundespost im Arbeiterbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dem entsprach auch die arbeitsvertragliche Praxis. Damit wollte die Deutsche Bundespost in ihren Betrieben das für sie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung auch in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nachvollziehen.

24

bb) Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die den TV Arb und seine Zusatztarifverträge ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Arb und der ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und wurden zudem nicht von der Deutschen Bundespost, sondern von einem der drei Nachfolgeunternehmen, der DT AG, geschlossen. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Arb, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; jeweils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Beginn des Jahres 1995 geschlossenen Tarifverträge, die den TV Arb und die Zusatztarifverträge für den Bereich der DT AG - teilweise unter Beibehaltung der Bezeichnung „TV Arb“ - änderten und ergänzten, noch ohne weiteres von der Bezugnahmeregelung erfasst waren, obwohl sie auf Arbeitgeberseite von der DT AG und nicht von der Deutschen Bundespost geschlossen worden waren, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden.

25

3. Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 ergibt sich jedenfalls aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel in Form einer sog. Gleichstellungsabrede. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Arb und der ihn ergänzenden Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

26

a) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

27

aa) Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und die Annahme der fehlenden Regelungsbedürftigkeit sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine diesem einvernehmlichen Regelungsplan angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).

28

bb) Danach ist die Bezugnahme im Arbeitsvertrag lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im Bereich der Deutschen Bundespost auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

29

Die Parteien haben allerdings, wie sie übereinstimmend vorgetragen haben, bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht, dass die Deutsche Bundespost privatisiert und im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf drei rechtlich selbständige Aktiengesellschaften übergeht und infolgedessen der TV Arb durch die Deutsche Bundespost nicht mehr fortgeführt werden könnte, weshalb für diesen Fall eine Regelung im Arbeitsvertrag fehlt. Durch die fast vollständige Ersetzung des tariflichen Regelungswerks für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Bereich der DT AG zum 1. Juli 2001 durch das neue Tarifwerk im Rahmen des NBBS war der bestehende Vertrag spätestens seit dem 1. Juli 2001 lückenhaft geworden.

30

Ob die DT AG als einer der drei Rechtsnachfolger der Deutschen Bundespost aufgrund der Regelung in § 21 Abs. 1 PostPersG in die von dieser geschlossenen Tarifverträge tatsächlich im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist, wie es der Kläger meint, und was im Ergebnis zu einer „Verdreifachung“ des bestehenden Tarifwerks auf drei Rechtsnachfolger geführt hätte, muss der Senat nicht abschließend entscheiden. Denn jedenfalls die Tarifverträge, die im Rahmen des NBBS geschlossen wurden, werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst (unter II 2 b bb).

31

b) Eine nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien die für den Kläger einschlägigen Tarifverträge der DT AG vereinbart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ihre Vertragspraxis nach dem 1. Juli 2001 bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses konkludent die Bezugnahmeklausel dahingehend abgeändert haben, es sollen die Tarifverträge der DT AG zur Anwendung kommen, muss, auch wenn vieles hierfür spricht, daher nicht abschließend entschieden werden (dazu etwa BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73), da sich deren Anwendbarkeit jedenfalls infolge einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

32

aa) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

33

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des Wegfalls der ursprünglichen Tarifvertragspartei Deutsche Bundespost auf Arbeitgeberseite infolge der Postreform II und der damit verbundenen partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG sowie der sich nachfolgend vollziehenden Ablösung der Tarifverträge der Deutschen Bundespost durch das tarifliche Regelungswerk der DT AG dessen arbeitsvertragliche Bezugnahme vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen nach dem TV Arb und den weiteren Tarifverträgen für die Arbeiter, sei es in dem Regelungsbestand zum Jahreswechsel 1995 oder zum 1. Juli 2001, nicht ihren Interessen entsprach.

34

Zwar handelt es sich bei der Ersetzung des TV Arb durch das Tarifwerk der DT AG nicht um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie es etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge der Fall gewesen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286). Das würde nicht berücksichtigen, dass es nicht nur zu einer Ablösung des TV Arb sowie der ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge gekommen ist, sondern auch zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auf die ursprüngliche Tarifvertragspartei „Deutsche Bundespost“, die im weiteren Verlauf drei voneinander differierende Tarifvertragswerke in den Unternehmen DT AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG hervorgebracht hat.

35

Jedenfalls für den Kläger, der seit Beginn seiner Tätigkeit stets als Fernmeldehandwerker in dem Unternehmensbereich tätig gewesen ist, der später den Geschäftsbereich Fernmeldedienst und nachfolgend Telekom bildete und anschließend auf die DT AG übergegangen ist, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien in diesem speziellen Fall einer Gesamtrechtsnachfolge auf drei Nachfolgeunternehmen unter Wegfall der ursprünglichen Tarifvertragspartei von den dann bestehenden Nachfolgeregelungen diejenigen Tarifbestimmungen in Bezug genommen hätten, die dem Tätigkeitsbereich des Klägers entsprechen. Dies sind die Tarifverträge der DT AG. Dem entspricht auch die Vertragspraxis der damaligen Arbeitsvertragsparteien - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 stets dieses Tarifwerk angewendet haben.

36

4. Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Die so begründeten, aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten wurden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Erwerberin(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, NZA 2011, 356; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120), und zwar, weil es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt (oben II 1 a), mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007. Die Bezugnahme erstreckt sich dagegen nicht auf die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

37

a) Die Bezugnahmeklausel erfasst nicht die bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge. Besondere Umstände, die eine erweiternde Auslegung der Bezugnahmeklausel ermöglichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für eine weitere ergänzende Vertragsauslegung fehlt es an der erforderlichen Vertragslücke. Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Charakter der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

38

aa) Die Bezugnahmeklausel erfasst nach ihrem Inhalt nicht die bei der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

39

(1) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel oder zumindest eine Bezugnahme vereinbart worden ist, die die jeweiligen Tarifverträge von einzelnen Konzernunternehmen der DT AG erfasst. Das gilt auch für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestehende Bezugnahmeregelung. Es bestehen selbst unter Berücksichtigung der Vertragspraxis bei der DT AG bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 keine Anhaltspunkte dafür, es sollten über die von der DT AG selbst geschlossenen Tarifregelungen weitere Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien erfasst werden. Anhaltspunkte, die ursprüngliche Bezugnahmeklausel sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Das gilt auch für ihren Inhalt aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung.

40

(2) Auch für die von der Beklagten in Anspruch genommene Auslegung dahingehend, jedenfalls innerhalb einzelner Konzernunternehmen sollten im Falle von Unternehmensabspaltungen oder Neugründungen von Tochterunternehmen mit nachfolgenden (Teil-)Betriebsübergängen die dort jeweils einschlägigen Tarifverträge angewendet werden, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in der folgenden Vertragspraxis einen hinreichenden Anhaltspunkt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, es solle die Tarifentwicklung nicht nur bei der DT AG, sondern auch bei von ihr gegründeten Tochterunternehmen jeweils nachvollzogen werden, selbst wenn die DT AG und die von ihr geschlossenen und arbeitsvertraglich - mit - in Bezug genommenen Tarifverträge weiterhin bestehen und als solche auch weiterentwickelt werden.

41

(3) Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge kann dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht im Wege einer - weiteren - ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden. Weder liegt ein Fall der Tarifsukzession vor, wie die Beklagte meint, noch besteht eine Vertragslücke.

42

Eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie sie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge geschehen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286), ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bestehen die Tarifverträge bei der DT AG nach wie vor fort. Deshalb fehlt es auch an einer Vertragslücke, weil das Bezugnahmeobjekt - anders als der TV Arb und die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge spätestens zum 1. Juli 2001 - nicht weggefallen ist.

43

(4) Ebenso wenig hat ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allein der Umstand, dass die DT AG vor dem Betriebsübergang Spartentarifverträge hätte schließen können, die dann von der Bezugnahmeklausel hätten erfasst sein können, führt nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nun - da dies nicht geschehen ist - entsprechend korrigierend auszulegen wäre. Der DT AG wäre es - eine Einigung mit der vertragsschließenden Gewerkschaft vorausgesetzt - zwar unbenommen gewesen, Spartentarifverträge für ihr Unternehmen abzuschließen. Aber selbst dann würde die Bezugnahmeklausel im Falle eines nachfolgenden Betriebsübergangs nur die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge erfassen, nicht aber nachfolgende Tarifverträge der Beklagten, die diese inhaltlich fortsetzen.

44

bb) Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch einen Wechsel auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge in Konzernunternehmen der DT AG mit erfassen soll, spricht nichts.

45

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 103, 9).

46

(2) Ein derartiges am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientiertes Auslegungsergebnis gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien vertraglich die Anwendung eines beim Arbeitgeber geltenden Haustarifvertrages vereinbaren und diesen in der Klausel namentlich bezeichnen. In Bezug genommen ist dann nur der genannte Tarifvertrag oder das betreffende Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung und - was durch Auslegung der Klausel zu ermitteln ist - die ergänzenden, ändernden und ggf. ersetzenden Tarifverträge.

47

Auch hier haben die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels, etwa weil wie hier ein anderer Arbeitgeber an einen anderen abgeschlossenen Tarifvertrag gebunden ist, ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Bezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer durch einen Betriebsübergang geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers an einen anderen Tarifvertrag erreichen, dass durch eine vertragliche Bezugnahme das im neuen Unternehmen geltende Tarifrecht zur Anwendung kommt, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 165). Solcher Tarifwechselklauseln hat sich die Beklagte im Übrigen auch in den später von ihr geschlossenen Arbeitsverträgen nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers bedient.

48

Das Argument der Beklagten, die vertragliche Bezugnahme sei dann anders zu beurteilen, wenn es sich lediglich um einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs innerhalb derselben Branche handelt, verkennt, dass es sich hier um die Auslegung einer vertraglichen Abrede handelt. Hierfür ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sich die Tarifgebundenheit durch einen Verbandswechsel des Arbeitgebers ändert oder das Arbeitsverhältnis infolge eines Betriebsübergangs auf einen anders tarifgebundenen Arbeitgeber übergeht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob ein solcher Vorgang mit einem Branchenwechsel einhergeht (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27, BAGE 130, 286; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 23, BAGE 128, 165).

49

(3) Die Beklagte kann sich schließlich nicht erfolgreich auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) stützen. Die damalige Entscheidung betraf zwar eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die keine Tarifwechselklausel zum Inhalt hatte, und im Fall des Verbandswechsels des Arbeitgebers korrigierend dahingehend ausgelegt wurde, dass eine Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag vereinbart sei. Grundlage dieses Verständnisses war der Umstand, dass der Vertragspartner der von unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifverträge jeweils dieselbe Gewerkschaft war, der auch die damalige Klägerin angehört hatte. Soweit der Senat in der wiedergegebenen Rechtsprechung angenommen hat, in solchen Fallgestaltungen sei eine korrigierende Auslegung über den eindeutigen Wortlaut der Bezugnahmeklausel hinaus möglich, hat er diese kritisierte Rechtsprechung (s. nur Buchner Anm. EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 7; kritisch auch Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kohte AuA 1997, 171) ausdrücklich aufgegeben (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 73, BAGE 130, 286; im Anschluss an 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 24 f., BAGE 128, 165; relativierend bereits 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296 ).

50

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Umstand, dass die Verweisung im Arbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nicht zu einem Wechsel des auf vertraglicher Grundlage anwendbaren Tarifrechts. Das lässt sich weder aus Wortlaut und Sinn der Vertragsklausel noch aus dem Gedanken einer hierauf aufbauenden „entsprechenden Anwendung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB herleiten, die die Beklagte anführt.

51

(1) Das mit dem Begriff „Gleichstellungsabrede“ gekennzeichnete Auslegungsergebnis einer Bezugnahmeklausel hatte und hat in der Rechtsprechung des Senats nicht den Inhalt, den am Vertrag beteiligten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft oder zumindest tarifrechtlich wie einen an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer zu behandeln. Es ging und geht stets nur um die vertragsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers, ihn also lediglich vertraglich hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages oder Tarifwerks so zu stellen, als wäre er an diesen Tarifvertrag gebunden. Wesentliche Rechtsfolge dieses Auslegungsergebnisses war es, die sich aus dem Wortlaut der Bezugnahme ergebende Dynamik der einzelvertraglich anwendbaren Tarifverträge auf die Zeit zu begrenzen, in der der Arbeitgeber ohnehin im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern durch seine Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war. Eine Gleichstellung, die auch einen für Gewerkschaftsmitglieder normativ, beispielsweise aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, eintretenden Tarifwechsel vertraglich nachvollzieht, kann zwar vereinbart werden; ein derartiger Regelungswille muss aber im Vertragswortlaut erkennbar zum Ausdruck kommen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 31, NZA 2011, 356). Das ist vorliegend nicht der Fall.

52

(2) In seinem Urteil vom 29. August 2007 hat der Senat im Einzelnen begründet, warum im Verhältnis zwischen einer vertraglich vereinbarten Tarifgeltung und einem normativ geltenden Tarifvertrag im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsebenen entgegen der Auffassung der Beklagten eine entsprechende Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Betracht kommt(-  4 AZR 767/06  - Rn. 19 mwN, BAGE 124, 34 zu den hierzu in der Literatur vertretenen Auffassungen). Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

53

Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen. § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB regeln ausschließlich den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, in dessen Folge die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein anderes Verständnis stünde im Übrigen auch im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wonach Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag ohne weiteres auf den Erwerber übergehen (s. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, NZA 2011, 356).

54

(3) Der weitere Einwand der Beklagten, dem Arbeitgeber werde bei einem Vertragsverständnis, das nicht zu einer Einbeziehung des bei ihm geltenden Tarifrechts führe, kein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem er in Ausübung seines Grundrechts des Art. 9 Abs. 3 GG „konstitutive einzelvertragliche Ansprüche jedenfalls ihrer ebenfalls tarifgebundenen Arbeitnehmer ändern … könnte“, weshalb es zu einem Verstoß gegen das Koalitionsgrundrecht komme, geht bereits im Ansatz fehl. Die Beklagte übersieht die unterschiedlichen Regelungsebenen tarifvertraglicher und individualvertraglicher Vereinbarungen.

55

Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, NZA 2011, 920). Ebenso wenig kann ein Tarifvertrag bestehende individualvertraglich vereinbarte Rechte abändern oder verkürzen (s. nur BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399: Anrechnungsklausel). Von daher ist schon im Ansatz eine Verletzung des Koalitionsgrundrechts im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie ausgeschlossen. Das Recht, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die Tarifgebundenen zu vereinbaren - § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG - bleibt der Beklagten unbenommen. Ebenso unbeeinträchtigt davon bleiben allerdings auch die einzelvertraglich vereinbarten günstigeren Regelungen, die im Wege des Sachgruppenvergleichs (st. Rspr., etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176) zu ermitteln sind.

56

dd) Dem vorliegenden Ergebnis steht auch nicht die „Rechtsfolgenbetrachtung“ der Beklagten entgegen, wonach es im Falle von zwei aufeinanderfolgenden Betriebsübergängen zu einer nicht mehr auflösbaren Kollision des nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Rechts kommen soll. Es könne dann nicht mehr geklärt werden, in welchem Verhältnis einzelvertraglich vereinbarte Regelungen und vormalige tariflich geltende Regelungen, die nun transformiert worden seien, zueinander stünden. Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen nicht dergestalt Inhalt der individualvertraglichen Abrede werden, wie dies bei der vertraglichen Bezugnahme von Tarifverträgen der Fall ist; sie behalten vielmehr ihren kollektiv-rechtlichen Charakter bei (ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Deshalb ist ein Günstigkeitsvergleich entgegen ihrer Auffassung ohne weiteres möglich und geboten, wenn es zu einem zweiten Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber kommt (dazu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

57

b) Eine korrigierende Auslegung im Sinne der Beklagten ist schließlich nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten.

58

aa) Die Beklagte verkennt, dass sich der in den Entscheidungen des Senats zur Gleichstellungsabrede gewährte Vertrauensschutz nicht darauf bezieht, ob eine Klausel als Tarifwechselklausel auszulegen ist oder nicht.

59

(1) Der Gleichstellungsgehalt einer solchen Vereinbarung ist nach der früheren Rechtsprechung auf den Zusammenhang zwischen der Dynamik der Bezugnahme und der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die bezeichneten Tarifverträge beschränkt (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 f., BAGE 124, 34; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 27, BAGE 122, 74). Nur insoweit wendet der Senat die frühere Rechtsprechung auf „Altverträge“, also vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge an und gewährt in diesem Rahmen Vertrauensschutz (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

60

(2) Demgegenüber hat der Senat für die Annahme einer Tarifwechselklausel stets besondere und von der Annahme einer Gleichstellungsabrede unabhängige Voraussetzungen für notwendig erachtet (s. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu I 1 b aa und bb aaa der Gründe, BAGE 103, 141).

61

bb) Die Beklagte kann sich schließlich nicht deshalb auf Vertrauensschutz berufen, weil das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (11. August 2004 - 2 Sa 475/03 -) ihre Rechtsauffassung geteilt hat.

62

Die Gewährung von Vertrauensschutz in eine höchstrichterliche Rechtsprechung setzt voraus, dass die betroffene Partei in die Fortgeltung einer bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte. Selbst eine einzelne höchstgerichtliche Entscheidung reicht nicht aus, die Gewährung von Vertrauensschutz zu begründen. Für die vorliegende Fallgestaltung gibt es keine die Vertragsauslegung der Beklagten stützende höchstrichterliche Rechtsprechung, weshalb ein Vertrauensschutz schon deshalb ausscheidet (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 31 f., AuR 2008, 181).

63

III. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revsion nach § 91 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Juni 2017 – Az. 27 Ca 487/16 – unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.083,49 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2016 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung ein Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 3 nach fünf Tätigkeitsjahren des Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel in der jeweils aktuellen Fassung zu zahlen.

Von den Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens haben die Beklagte 94 % und die Klägerin 6 % zu tragen. Die Kosten des landesarbeitsgerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob sich die Vergütung der Klägerin nach dem Entgelttarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung bestimmt oder ob die Beklagte berechtigt ist, im Arbeitsverhältnis der Parteien einen für ihr Unternehmen abgeschlossenen Zukunftstarifvertrag zur Anwendung zu bringen.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit einer Vielzahl von Filialen im Bundesgebiet. Die Klägerin, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist, ist seit dem 15. Oktober 2005 auf Grundlage eines Anstellungsvertrags vom 10. Oktober 2005 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen in der Filiale X-Straße in Hamburg als Kassiererin in Teilzeit (19,29 Wochenstunden) beschäftigt. Der Anstellungsvertrag, für dessen Inhalt im Übrigen auf die Anlage K 1, Bl. 11 f. d.A. Bezug genommen wird, lautet auszugsweise wie folgt:

3

„[...]
2. Sie erhalten für Ihre Tätigkeit eine Vergütung von Euro 1.220,12 brutto für 85,57 Std./monatlich = 100% der tariflichen Monatsarbeitszeit.

4

Im vorstehenden Betrag sind enthalten:

5

nach Tarifgruppe GB 3 EUR 2.324,00 brutto

6

3. Etwaige die tariflichen Ansprüche übersteigende Mehrbezüge werden bei einer Veränderung der tariflichen Ansprüche verrechnet, es sei denn, dass ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen wird.
[...]
9. Sie erhalten Urlaub nach den jeweils geltenden Bestimmungen des Tarifvertrags und der Betriebsordnung
[...]
14. Die Bedingungen dieses Anstellungsvertrages behalten ihre Gültigkeit auch dann, wenn eine Änderung der bisherigen Tätigkeit und / oder eine Änderung des Entgelts – bei Teilzeitbeschäftigung auch der Arbeitszeit – eintritt. Im Übrigen gelten die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels, die Gesamtbetriebsvereinbarung der K. W. AG, sowie die Betriebsordnung der o.g. Betriebsstelle in ihrer jeweils gültigen Fassung.
[...]“

7

Bis zum 6. Mai 2013 war die Beklagte Vollmitglied des Landesverbandes des Hamburger Einzelhandels e.V. als dem tarifschließenden Arbeitgeberverband. Mit Kündigung vom 6. Mai 2013 (siehe Anlage B 1, Bl. 100 d.A.) beendete die Beklagte ihre Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband mit sofortiger Wirkung. Nach ihrem Verbandsaustritt zahlte die Beklagte an die Klägerin nur noch ein „Tarifgehalt“ auf Basis des zum 6. Mai 2013 geltenden Gehaltstarifvertrags des Hamburger Einzelhandels in Höhe von EUR 1.348,93 (vgl. Entgeltabrechnungen für April bis Oktober 2016, Anlagenkonvolut K3, Bl. 33 ff. d.A.). Tariflohnerhöhungen in 2013 bzw. den Folgejahren gab die Beklagte nicht mehr an die Klägerin weiter.

8

In einem vorangegangenen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Az: 27 Ca 75/19), in welchem die Klägerin Vergütungsdifferenzen wegen der zwischenzeitlichen Tariferhöhungen des Gehaltstarifvertrags des Hamburger Einzelhandels geltend gemacht hatte, schlossen die Parteien einen Vergleich über Vergütungsansprüche der Klägerin bis einschließlich März 2016.

9

Mit ihrer am 23. November 2016 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen, der Beklagten am 2. Dezember 2016 zugestellten Klage hat die Klägerin rückwirkend für die Monate April 2016 bis November 2016 die Bruttoentgeltdifferenz zwischen der gewährten Vergütung und der Vergütung geltend gemacht, die ihr bei Anwendung des aktuellen Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel zustünde. Weiterhin hat sie wegen der zwischenzeitlichen Tariflohnerhöhungen höhere Sonderzahlungen für die Monate Juni 2016 und November 2016 verlangt (Forderung insgesamt: € 1.083,49 brutto). Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2017 hat die Klägerin die Zahlungsklage um die Gehaltsdifferenzen für die Monate Dezember 2016 bis Februar 2017 in Höhe von jeweils € 134,51 brutto, insgesamt also um € 403,53 brutto erweitert. Die Parteien haben ausdrücklich unstreitig gestellt, dass die Differenzbeträge rechnerisch zutreffend ermittelt sind.

10

Zwischenzeitlich vereinbarte die Beklagte mit der ver.di den sog. „Zukunftstarifvertrag K. W.“ (nachstehend: „Zukunftstarifvertrag“), der mit Wirkung zum 2. Dezember 2016 in Kraft trat. Der Zukunftstarifvertrag sieht unter A. III. u.a. vor:

11

„[...]
1. Aktuelles K.-Tarifentgelt

12

Mit Inkrafttreten dieses Tarifvertrags besteht ein Anspruch auf Tarifentgelt gemäß Tarifabschluss für die Tarifjahre 2011-2013. Die zwischen den Tarifvertragsparteien in den Ländern vereinbarten Entgelterhöhungen aus den Tarifabschlüssen 2013 für die Tarifjahre 2013 und 2014 sowie 2015 für die Tarifjahre 2015 und 2016 werden ausgesetzt. Soweit für diese vor Abschluss dieses Tarifvertrags liegenden Zeiträume Ansprüche auf tarifliche Leistungen geltend gemacht werden, eingeklagt oder vereinbart wurden, bleiben diese Ansprüche unberührt, soweit sie bestehen.

13

2. Zukünftige Erhöhungen des K.-Tarifentgelts

14

a) Kennzahlenabhängige Steigerungen in den Jahren 2017-2020 unter Beteiligung einer Entgelt-Kommission, Mindesterhöhungen in den Jahren 2018, 2019 und 2020

15

In den Jahren 2017, 2018, 2019 und 2020 erfolgen anstelle der Entgeltsteigerungen der regionalen Flächentarifverträge jeweils kennzahlenabhängige Entgelterhöhungen.

16

In den Jahren 2018, 2019 und 2020 muss mindestens eine Erhöhung von 1,25% jeweils zum 1.3. eines Jahres festgelegt und gezahlt werden.
[...]“

17

Im Gegenzug zur Aussetzung der Entgelterhöhungen ist unter Abschnitt B. des Zukunftstarifvertrags eine Standort- und Beschäftigungssicherung bis zum 31. März 2021 geregelt. Für den Wortlaut des Zukunftstarifvertrages wird auf die Anlage K 4, Bl. 103 ff. d.A. verwiesen.

18

Die Beklagte vergütet seit Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages alle Arbeitnehmer, auch die Klägerin, entsprechend der Regelungen des Zukunftstarifvertrages nach dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel auf dem Stand von Mai 2013.

19

Die Klägerin hat vorgetragen, in ihrem Anstellungsvertrag werde dynamisch auf die Tarifverträge des Einzelhandels in Hamburg verwiesen, sodass auch nach Beendigung der Tarifbindung der Beklagten die Tariflohnerhöhungen für den Hamburger Einzelhandel an die Klägerin weiterzugeben gewesen wären. Jedenfalls im Wege der Auslegung ergebe sich, dass die unter Ziff. 2 des Anstellungsvertrags der Parteien getroffene Vergütungsregelung keine statische Festschreibung des Gehalts beinhalte. Durch Ziff. 14 des Anstellungsvertrags werde auch im Hinblick auf die Vergütung auf die einschlägigen Entgelttarifverträge des Hamburger Einzelhandels in ihrer jeweils gültigen Fassung Bezug genommen.

20

Der Entgelttarifvertrag des Hamburger Einzelhandels, der aufgrund arbeitsvertraglicher, dynamischer Verweisung für das Arbeitsverhältnis gelte, werde unter Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips auch nicht ab Dezember 2016 durch den Zukunftstarifvertrag zwischen der ver.di und der Beklagten verdrängt, sodass weiterhin ein Anspruch auf höhere Vergütung bestehe. Denn der Zukunftstarifvertrag sehe unter A. III. Ziff. 1 selbst vor, dass die Ansprüche der Klägerin unberührt blieben, soweit diese bestünden.

21

Die Klägerin hat beantragt,

22

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.487,02 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und weitere EUR 40,00 netto zu zahlen.

23

2. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendbar sind und deshalb die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung ein Tarifgehalt der Gruppe GB 3 nach 5 Berufsjahren des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburgs in der jeweils gültigen Fassung in Höhe von zur Zeit 2.895,00 brutto zu zahlen.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen aus dem jeweiligen Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels in Hamburg. Für den Zeitraum bis zum 2. Dezember 2016 folge dies daraus, dass nach dem Verbandsaustritt der Beklagten am 6. Mai 2013 der Entgelttarifvertrag nur noch statisch auf dem Stand von Mai 2013 fortgelte, d.h. das Entgeltniveau auf diesem Stand eingefroren sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Anstellungsvertrag der Parteien, aus dem sich jedenfalls im Hinblick auf die Vergütung gerade keine „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ herleiten lasse. Denn die unter Ziff. 2 des Anstellungsvertrags getroffene Entgeltregelung enthalte gerade keinerlei Hinweis auf eine dynamische Tarifgeltung, sondern lege eine absolute Gehaltssumme fest. Der Verweis in Ziff. 14 des Anstellungsvertrags beziehe sich nicht auf die fixe Entgeltabrede in Ziff. 2, da danach der Tarifvertrag nur „im Übrigen“ und damit schon dem Wortlaut nach nur für Arbeitsbedingungen gelte, die nicht bereits im Anstellungsvertrag (abschließend) geregelt seien. Hinzu komme, dass der Zusatz „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ sich ausschließlich auf die Betriebsordnung beziehe. Dementsprechend werde auch in der Urlaubsregelung der Ziff. 9 des Anstellungsvertrags ausdrücklich auf die „jeweils geltenden Bestimmungen des Tarifvertrages“ verwiesen.

27

Ab dem 2. Dezember 2016 gelte im Übrigen auch für die Klägerin der Zukunftstarifvertrag, und zwar sowohl normativ als auch durch die individualvertragliche Verweisung des Anstellungsvertrags. Der Zukunftstarifvertrag gehe als speziellere Regelung den Flächentarifverträgen vor.

28

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 7. Juni 2017 – Az. 27 Ca 487/16 – der Klage insoweit stattgegeben, wie es die Beklagte verurteilt hat, an die Klägerin EUR 1.083,49 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Dezember 2016 zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

29

Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, an die Klägerin für die Zeit bis zum 1. Dezember 2016 ein Tarifgehalt der Tarifgruppe GB 3 des Entgelttarifvertrages des Einzelhandels Hamburg in seiner jeweils gültigen Fassung zu zahlen. Für die Monate April 2016 bis einschließlich November 2016 könne die Klägerin Differenzvergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe von € 1.083,49 brutto verlangen. Der Anspruch folge zwar nicht bereits aus einer normativen Geltung der Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel, da diese nach dem Verbandsaustritt der Beklagten zum 6. Mai 2013 nur statisch fortgelten würden. Bei einer Auslegung von Ziff. 14 des Anstellungsvertrages der Parteien ergebe sich aber eine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge des Einzelhandels, die zur Folge habe, dass auch nach dem Verbandsaustritt der Beklagten die Tariflohnerhöhungen aus 2013 und den Folgejahren an die Klägerin weiterzugeben seien.

30

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf die Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB sei zurückzuweisen. Der Anwendung von § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht stehe die durch § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG geschaffene Rechtslage entgegen, die alle Ersatzansprüche der obsiegenden Partei wegen Zeitversäumnis und entstandener Anwaltskosten ausschließen würde.

31

Weitergehende Vergütungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum ab dem 2. Dezember 2016 bestünden nicht, da ab diesem Zeitpunkt auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Zukunftstarifvertrag sowohl normativ als auch aufgrund einzelvertraglicher Verweisung Anwendung finde. Der Zukunftstarifvertrag sehe im Hinblick auf die Vergütung ein Aussetzen der Tariflohnerhöhungen aus den Jahren 2013 bis 2016 vor, sodass die Klägerin derzeit lediglich ein Tarifgehalt mit dem Stand Mai 2013 in Höhe von € 1.348,93 beanspruchen könne. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergebe sich aus der Formulierung unter A. III. Ziff. 1 letzter Satz des Zukunftstarifvertrages, wonach bestehende Ansprüche unberührt bleiben, nicht, dass sich ihre Vergütungsansprüche weiterhin nach den Tarifverträgen für den Hamburger Einzelhandel richten würden. Denn die Formulierung beziehe sich nur auf Ansprüche für die „vor Abschluss dieses Tarifvertrages liegenden Zeiträume“. Einer Gehaltsreduzierung der Klägerin ab dem 2. Dezember 2016 aufgrund des Zukunftstarifvertrages stünden auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Eine zukünftige Erwartung der Klägerin auf ein bestimmtes Gehalt sei nicht geschützt. Hinzu komme, dass auch die Klägerin im Gegenzug zur Gehaltseinbuße eine Standort- und Beschäftigungssicherung erhalten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des arbeitsgerichtlichen Urteils wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 136 ff. d.A.) Bezug genommen.

32

Gegen das ihr am 30. Juni 2017 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 21. Juli 2017 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung der Klägerin ist nach Fristverlängerung bis zum 2. Oktober 2017 an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

33

Die Beklagte hat gegen das ihr am 3. Juli 2017 zugestellte Urteil am 31. Juli 2017 Berufung eingelegt, die sie mit ihrem am Montag, den 4. September 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

34

Die Klägerin hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unzutreffend, soweit der Feststellungsantrag abgewiesen worden ist. Sie meint, das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass mit Wirkung seit dem 2. Dezember 2016 allein der Zukunftstarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sei. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts gehe der Flächentarifvertrag aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel bei der Gehaltshöhe dem Zukunftstarifvertrag vor, sodass die Klägerin auch nach Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages weiterhin Anspruch auf das jeweils einschlägige Tarifgehalt nach dem jeweils aktuellen Entgelttarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel habe.

35

Die dynamische Verweisungsklausel in Ziff. 14 des Vertrages verweise auch für die Zeit nach Abschluss des Zukunftstarifvertrages nicht auf diesen, sondern weiterhin allein auf die Flächentarifverträge für den Hamburger Einzelhandel. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Parteien den hier zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses gemachten Tarifvertrag genauestens bezeichnet hätten. Ein „Tarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel“ sei eben kein Firmentarifvertrag. Aufgrund der von der Beklagten einseitig vorgenommenen Vorformulierung des Arbeitsvertrages und der insoweit gebotenen engen Inhaltskontrolle müsse sich die Beklagte bei möglichen Unklarheiten an den deutlichen Wortlaut gebunden fühlen. Eine weitergehende Verweisung auf die „jeweils einschlägigen Tarifverträge“, die den Parteien bei Vertragsschluss möglich gewesen wäre, sei wohlweislich nicht erfolgt.

36

Selbst wenn hier eine Anwendbarkeit des Zukunftstarifvertrages bejaht werden würde, würde die Gehaltshöhe aus dem Flächentarifvertrag qua dynamischer Verweisung nach dem Günstigkeitsprinzip vorgehen. Dies habe inzwischen ver.di als Partei des Zukunftstarifvertrages auf Nachfrage bestätigt. Bei dem vorzunehmenden Sachgruppenvergleich wäre jedenfalls die Gehaltshöhe nach dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem Flächentarifvertrag zu bemessen. Denn aus A. III. Ziff. 1 S. 3 des Zukunftstarifvertrages folge, dass eine gehaltsmäßige Rückstufung von Mitarbeitern ausgeschlossen sei. Erhebliche Rückstufungen im Gehalt derjenigen Mitarbeiter, die wie die Klägerin bis Ende 2016 aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten dynamischen Verweisung jeweils an Tariferhöhungen teilgenommen hätten, hätten so von den Vertragsparteien ausgeschlossen werden sollen.

37

Die Klägerin beantragt,

38

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 07.06.2017, Geschäftszeichen 27 Ca 487/16, der Klägerin zugestellt am 30.06.2017, festzustellen,

39

dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung ein Tarifgehalt der Gruppe GB 3 nach fünf Berufsjahren des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburg in der jeweils aktuellen Fassung in Höhe von zur Zeit € 2.895,00 brutto zu zahlen.

40

Die Beklagte beantragt,

41

die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen
und stellt ihrerseits den Antrag,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 07.06.2017, Az. 27 Ca 487/16, abzuändern, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin € 1.083,49 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2016 zu zahlen und die Klage insgesamt abzuweisen.

42

Die Klägerin beantragt,

43

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

44

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es den Feststellungsantrag abgewiesen hat und hält es für unzutreffend, soweit sie zur Zahlung verurteilt worden ist.

45

Die Beklagte meint, die Berufung der Klägerin sei unbegründet. Zutreffend habe das Arbeitsgericht gesehen, dass die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel in Ziff. 14 des Anstellungsvertrages sich auch auf den Zukunftstarifvertrag beziehe. Bezugnahmeklauseln, die auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge einer Branche verwiesen, würden regelmäßig auch zur Sanierung abgeschlossene Haustarifverträge umfassen. Der Zukunftstarifvertrag habe auch Vorrang vor dem Flächenentgelttarifvertrag. Der Zukunftstarifvertrag stelle gegenüber dem Verbandstarifvertrag den für den Betrieb spezielleren, weil räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich näher stehenden Tarifvertrag dar. Denn der Zukunftstarifvertrag ändere die tariflichen Regelungen für einen begrenzten Zeitraum für ein bestimmtes Unternehmen als Beitrag zu einer vereinbarten Standortsicherung ab. Sanierungstarifverträge in Gestalt eines Haustarifvertrages würden typischerweise in einzelnen Regelungsgegenständen ungünstigere Arbeitsbedingungen enthalten.

46

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus, das Arbeitsgericht habe sie zu Unrecht zur Zahlung verurteilt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stehe der Klägerin kein Anspruch auf Teilnahme an den Tariflohnerhöhungen der Gehaltstarifverträge für den Hamburger Einzelhandel in dem Zeitraum zwischen dem Verbandsaustritt der Beklagten und dem Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages zu. Aus den Ziffern 2 und 14 des Arbeitsvertrages ergebe sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keine dynamische Verweisung auf die Gehaltstarifverträge des Hamburger Einzelhandels. Eine Auslegung des Anstellungsvertrages nach §§ 133, 157 BGB führe zu dem Ergebnis, dass der Gehalts- und Lohntarifvertrag auch auf individualrechtlicher Ebene lediglich statisch fortgelte. Wie die Parteien formuliert hätten, wenn sie eine dynamische Verweisung auf den Tarifvertrag hätten vornehmen wollen, zeige die Urlaubsregelung in Ziff. 9 des Arbeitsvertrages. In Ziff. 2 des Arbeitsvertrages werde dagegen lediglich eine Tarifgruppe genannt und kein Bezug zu einem Tarifwerk oder einem jeweils geltenden Tarifwerk hergestellt. Durch die Formulierung unter Ziff. 14 Satz 1 des Vertrages, wonach die Bedingungen des Anstellungsvertrages ihre Gültigkeit auch bei etwaigen Änderungen behielten, ergebe sich für den objektiven Erklärungsempfänger zwingend, dass die Regelungen zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen in den Ziffern 1 bis 13 des Anstellungsvertrages einschließlich der Regelung des Entgelts abschließend gewesen seien. Ziff. 14 S. 2 des Anstellungsvertrages verweise ausdrücklich nur „Im Übrigen“ auf die Geltung der Tarifverträge. Dieser Verweis könne die Entgeltabrede nicht umfassen.

47

Die Klägerin hält die Berufung der Beklagte für unbegründet. Das Arbeitsgericht habe Ziff. 14 des Anstellungsvertrages zutreffend als dynamische Verweisung auf die Flächentarifverträge für den Einzelhandel Hamburg verstanden.

48

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe

49

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet (hierzu unter A), die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet (hierzu unter B).

A.

50

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

51

Die Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sowie begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO).

II.

52

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

53

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von Differenzvergütung in unstreitiger Höhe von EUR 1.083,49 brutto für den Zeitraum 1. April 2016 bis 30. November 2016 nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 3. Dezember 2016 verurteilt. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin für diesen Zeitraum ein Tarifgehalt der Tarifgruppe 3 des Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel in seiner jeweils gültigen Fassung zu zahlen. Die Kammer folgt in Ergebnis und Begründung weitgehend den Ausführungen der Kammer 2 des LAG Hamburg im Urteil vom 6. Dezember 2017 in einem Parallelverfahren zum Az. 2 Sa 58/17. Im Einzelnen:

54

1. Die Beklagte war auch nach ihrem Verbandsaustritt verpflichtet, die Tariflohnerhöhungen der Gehaltstarifverträge für den Hamburger Einzelhandel aus 2013 und den Folgejahren an die Klägerin weiterzugeben. Denn die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel vereinbart. Dies ergibt die Auslegung der Ziffern 2, 3 und 14 des Arbeitsvertrages vom 10. Oktober 2005.

55

a) In Ziff. 2 des Arbeitsvertrages haben die Parteien durch die Angabe der Vergütung der Klägerin (€ 1.220,12 brutto für 85,57 Std./monatlich) und die Nennung der Tarifgruppe GB 3 und des dazugehörigen Gehalts (€ 2.324,00) eine „Wissenserklärung“ im Hinblick auf die aus ihrer Sicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zutreffende Tarifgruppe vorgenommen. Sie haben keine konstitutive Vereinbarung zur Vergütung der Klägerin getroffen. Vielmehr hat die Beklagte als Klauselverwenderin durch die zweimalige Bezugnahme auf tarifliche Regelungen in Ziff. 2 des Vertrages signalisiert, dass sie nach Tarif vergüten wollte. Die Angaben zur Tarifgruppe und zum Tarifgehalt dienten ersichtlich dazu, nachvollziehbar zu machen, wie die im Vertrag genannte Vergütungshöhe der Klägerin ermittelt worden war.

56

Dass eine dynamische Bezugnahme auf die tarifliche Vergütung vereinbart worden ist, zeigen auch die Formulierungen unter Ziff. 3 des Arbeitsvertrages. In dieser Ziffer ist im inhaltlichen Zusammenhang mit Vergütungsansprüchen ausdrücklich zweimalig von den „tariflichen Ansprüchen“ die Rede. Darüber hinaus wird hier eine Regelung zu „außertariflicher Zulagen“ getroffen.

57

Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf solche Bezugnahmen auf tarifliche Ansprüche ebenso wie die Verknüpfung von individueller Arbeitszeit mit tariflicher Monatsarbeitszeit sowie eines bezifferten Euro-Betrages mit einer Tarifgruppe redlicherweise so verstehen, dass der im Arbeitsvertrag – hier in Ziffer 2 – genannte Euro-Betrag nicht statisch festgelegt ist, sondern sich entsprechend der Tariferhöhungen entwickeln soll. Umgekehrt würde ein redlicher Arbeitgeber, wenn er die von ihm gestellten Klauseln nicht so verstanden wissen wollte, die Bezugnahme auf tarifliche Ansprüche unterlassen und deutlich zum Ausdruck bringen, dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will (so Hessisches LAG, Urt. v. 11.12.2015 – 3 Sa 1835/14 – juris, Rn. 38 unter Verweis auf BAG, Urt. v. 13.02.2013 – 5 AZR 2/12 – juris, Rn. 16 ff.).

58

b) Soweit in Ziff. 9 des Arbeitsvertrages vom 10. Oktober 2005 bezogen auf Urlaubsansprüche eine abweichende Formulierung für die Inbezugnahme des Tarifvertrages verwendet wurde, führt dies nicht zu einem anderen Verständnis der Regelungen unter den Ziffern 2 und 3 des Anstellungsvertrages. Die Verwendung unterschiedlicher Formulierungen in Ziffer 9 einerseits und Ziffern 2 und 3 andererseits lässt nicht den Schluss zu, dass eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge hinsichtlich der Vergütung ausgeschlossen sein sollte.

59

c) Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, rechtfertigt sich ein anderes Ergebnis auch nicht im Hinblick auf die Formulierung in Ziff. 14 S. 2 des Arbeitsvertrages. Soweit dort einleitend „Im Übrigen“ auf die Tarifverträge verwiesen wird, handelt es sich bei der Formulierung lediglich um eine Verknüpfung zum vorausgehenden Satz und nicht um eine Einschränkung dahin, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge lediglich insoweit gelten sollen, als der Vertrag keine Regelungen enthält. Dagegen spricht bereits – wie ausgeführt – die Wortwahl in den Ziffern 2 und 3 des Vertrages, die ihrerseits eine dynamische Bezugnahme enthalten. Im Übrigen gilt auch hier, dass ein redlicher Arbeitgeber, wenn er die von ihm gestellte Klausel (in Ziff. 14 S. 2) nicht als konstitutive dynamische Bezugnahme verstanden wissen wollte, die Bezugnahme auf die Tarifverträge unterlassen hätte.

60

2. Aufgrund der dynamischen Bezugnahme auf die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels im Arbeitsvertrag der Parteien ist die Beklagte verpflichtet, die Klägerin für den Zeitraum 1. April 2016 bis 30. November 2016 nach dem für diesen Zeitraum gültigen Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel zu vergüten.

61

a) Dies gilt, obwohl die Beklagte nach dem Ende ihrer Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband nicht mehr nach § 3 Abs. 1 TVG an die zwischen dem Landesverband des Hamburger Einzelhandels und ver.di abgeschlossene Gehaltstarifverträge gebunden war. Der Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband hätte sich nur dann auf die Vergütungsansprüche der Klägerin auswirken können, wenn die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels als Gleichstellungsabrede auszulegen wäre. Eine solche Auslegung kommt jedoch in Betracht.

62

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum geht, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Daraus hat das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reicht, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist (vgl. etwa BAG, Urt. v. 23.02.2011 – 4 AZR 536/09 – juris Rn. 17 f.).

63

Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes lediglich auf solche Bezugnahmeklauseln weiterhin an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (siehe etwa BAG, Urt. v. 11.12.2013 – 4 AZR 473/12 – juris Rn. 16).

64

bb) Hier kommt eine Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede schon deshalb nicht in Betracht, weil der Arbeitsvertrag der Parteien am 10. Oktober 2005 und damit weit nach dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist. Dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2005 (-4 AZR 536/04 – juris), mit dem das Bundesarbeitsgericht seinen Rechtsprechungswechsel zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln angekündigt hat, noch nicht ergangen war, ändert nichts daran, dass die Beklagte sich aus Vertrauensschutzgründen nicht auf die alte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede berufen kann.

65

cc) Die Differenzvergütungsansprüche der Klägerin belaufen sich für den Zeitraum 1. April 2016 bis 30. November 2016 auf € 1.083,49 brutto. Die Höhe der Vergütungsdifferenz haben die Parteien ausdrücklich unstreitig gestellt.

66

dd) Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich ab Rechtshängigkeit, also ab dem 3. Dezember 2016, aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB.

B.

67

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

I.

68

Die Berufung der Klägerin ist gleichfalls statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO).

II.

69

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Der von der Klägerin mit ihrer Berufung zur Entscheidung gestellte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

70

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

71

a) Der Feststellungsantrag ist als sogen. Elementenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

72

Eine Feststellungsklage in der Form einer Elementenfeststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr., s. nur BAG, Urt. v. 06.07.2011 – 4 AZR 706/09 – juris, Rn. 15; BAG, Urt. v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07 – juris, Rn. 11).

73

Hier hat die Klägerin ihren Feststellungsantrag grundsätzlich in zulässiger Weise darauf beschränkt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung ein Tarifgehalt der Gruppe GB 3 nach fünf Berufsjahren des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburg in der jeweils gültigen Fassung in Höhe von zurzeit 2.895,00 € brutto zu zahlen. Allerdings muss der Antrag ausgelegt werden, soweit die Klägerin die Bezeichnungen „Entgelttarifvertrag“, „Gruppe GB 3“ und „nach 5 Berufsjahren“ verwendet hat. Denn es gibt keinen „Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel des Landes Hamburg“. Auch eine Vergütungsgruppe „Gruppe GB 3“ sowie eine Untergruppe „nach 5 Berufsjahren“ existieren nicht.

74

Der Klägerin geht es bei richtigem Verständnis um die Anwendung des jeweils aktuellen, für die Regelung der Entgelte einschlägigen Flächentarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel. Die Klägerin möchte feststellen lassen, dass sie nach der einschlägigen Tarifgruppe des jeweils aktuellen Tarifvertrags zu vergüten ist. Die Flächentarifverträge, abgeschlossen zwischen dem Handelsverband Nord e.V. und ver.di, führen jeweils die Bezeichnung „Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel“. Einschlägig für die Vergütung der Klägerin ist, wie sich aus dem Vorbringen beider Parteien ergibt, die Gehaltsgruppe 3 nach dem 5. Tätigkeitsjahr. Bei richtigem Verständnis geht es der Klägerin damit um die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung ein Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 3 nach fünf Tätigkeitsjahren des Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel in der jeweils aktuellen Fassung zu zahlen.

75

Der Feststellungsantrag betrifft bei richtiger Auslegung ausschließlich die Zeit nach dem Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages am 2. Dezember 2016. Für die Zeit davor hat die Klägerin die Differenzvergütung zwischen der ihr gewährten Vergütung und der Vergütung nach dem aktuellen Gehaltstarifvertrag des Hamburger Einzelhandels - wie unter A. dargestellt - erfolgreich im Wege der Leistungsklage geltend gemacht. Der Feststellungsantrag ist geeignet, den Streit der Parteien darüber endgültig zu klären, ob die Beklagte (auch) nach Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrags am 2. Dezember 2016 die Tariferhöhungen aus den Gehaltstarifverträgen des Hamburger Einzelhandels an die Klägerin weitergeben muss oder ob sie sich darauf berufen kann, hierzu wegen der auf ihr Unternehmen bezogenen Sonderregelungen des Zukunftstarifvertrages nicht verpflichtet zu sein.

76

b) Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht die erstinstanzliche Entscheidung, soweit sie rechtskräftig geworden ist, nicht entgegen.

77

Die Klägerin hat das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit dieses die Zahlungsklage teilweise als unbegründet abgewiesen hat, nicht mit der Berufung angegriffen. Die Abweisung der auf Zahlung der monatlichen Differenzvergütung von jeweils 134,51 brutto für die Monate Dezember 2016 bis Februar 2017 gerichteten Klage ist damit in Rechtskraft erwachsen.

78

Dies berührt die Zulässigkeit der Feststellungklage nicht. Der Zulässigkeit einer späteren Klage steht die Rechtskraft einer Entscheidung im Vorprozess nur dann entgegenstehen, wenn die Streitgegenstände beider Prozesse identisch sind (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., Vorbem. zu § 322 ZPO, Rn 20). Dies ist hier nicht der Fall. Die mit dem Feststellungsantrag zur Entscheidung des Gerichts gestellte Frage, ob die Gehaltstarifverträge des Hamburger Einzelhandels (oder der Zukunftstarifvertrag) im Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sind, stellte sich bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Zahlungsklage für den Zeitraum Dezember 2016 bis Februar 2017 nur als Vorfrage. An die Entscheidung, die das Arbeitsgericht über diese Vorfrage getroffen hat, ist die Kammer nicht gebunden. Die materielle Rechtskraft erstreckt sich nicht auf präjudizielle Rechtsverhältnisse und Sinn- und Ausgleichszusammenhänge (vgl. BGH, Urt. v. 22.09.2016 – V ZR 4/16 – juris Rn 20; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., Vorbem. zu § 322 ZPO, Rn 28, 34).

79

2. Die Feststellungsklage ist begründet.

80

Die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel einschließlich des Gehaltstarifvertrages sind „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ auch nach Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin ein Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 3 nach fünf Tätigkeitsjahren des Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel in der jeweils aktuellen Fassung zu zahlen. Dass nach dem aktuellen Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 11. September 2017 das Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 3 nach dem 5. Tätigkeitsjahr nicht 2.895,00 € brutto, sondern 2.959,00 € brutto beträgt, steht der stattgebenden Entscheidung nicht entgegen. Die Nennung des Gehalts im Antrag hat nur deklaratorische Bedeutung. Im Tenor ist keine Gehaltshöhe genannt worden, um nicht durch eine fehlerhafte Angabe Verwirrung zu stiften.

81

Die in A. III. Ziff. 1. und 2. des Zukunftstarifvertrages festgelegten Entgeltregelungen gelten für die Klägerin nicht. Sie werden im Arbeitsverhältnis der Parteien durch den jeweils aktuellen, kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme geltenden Gehaltstarifvertrag verdrängt.

82

a) Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin ist allein auf die Geltung der Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels gerichtet. Sie kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass im Arbeitsverhältnis der Klägerin für das Unternehmen geltende Firmentarifverträge Anwendung finden sollen. Der Zukunftstarifvertrag ist von der Klausel daher nicht erfasst. Im Einzelnen:

83

aa) Nach Ziff. 14 S. 2 des Arbeitsvertrages vom 10. Oktober 2005 gelten für das Arbeitsverhältnis „die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels, die Gesamtbetriebsvereinbarung der K. W. AG, sowie die Betriebsordnung der o.g. Betriebsstelle in ihrer jeweils gültigen Fassung“.

84

(1) Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Ziff. 14 S. 2 als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen ist, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG, Urt. v. 14.12.2005 – 10 AZR 296/05 – juris, Rn. 15).

85

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält die Bezugnahmeklausel im Anstellungsvertrag der Parteien vom 10. Oktober 2005 bei zutreffender Auslegung keine Verweisung auf eine Geltung von Firmentarifverträgen. Bereits vom Wortlaut her erfasst die arbeitsvertragliche Verweisung in Ziff. 14 S. 2 des Anstellungsvertrages nur die „Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels“ als Branchentarifverträge. Die Beklagte hat die in Bezug genommenen Tarifvertrag durch den elektronisch eigens eingefügten Einschub der Formulierung „des Hamburger Einzelhandels“ in den vorformulierten Anstellungsvertrag spezifisch bezeichnet. Die Bezugnahme ist in keiner Weise inhaltsdynamisch ausgestaltet. Sie nimmt allein „Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels“ zeitdynamisch in Bezug.

86

bb)Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch die Geltung von Firmentarifverträgen mit erfassen soll, liegen keine Anhaltspunkte vor.

87

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine kleine dynamische Verweisung über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (Tarifwechselklausel) ausgelegt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., vgl. BAG, Urt. v. 26.08.2015 – 4 AZR 719/13 – juris, Rn. 18; BAG, Urt. v. 06.07.2011 – 4 AZR 706/09 – juris, Rn. 45; BAG, Urt. v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07 – juris, Rn. 21).

88

(2) Hier sind besondere Umstände, die es erlaubten, die Bezugnahmeklausel in Ziff. 14 S. 2 des Arbeitsvertrages über ihren Wortlaut hinaus als große dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen und auch auf etwaige künftige Firmentarifverträge zu beziehen, nicht erkennbar. Die Bezugnahmeklausel schränkt die Geltung von Tarifverträgen ausdrücklich auf solche des Hamburger Einzelhandels ein.

89

Im Entscheidungsfall sind keine – für die Klägerin aus damaliger Sicht ersichtlichen – Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Arbeitgeber mit der arbeitsvertraglichen Regelung nicht allein die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels, sondern die jeweils einschlägigen Tarifverträge, ggf. also sogar konkurrierende Firmentarifverträge im Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung bringen wollte. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner des Arbeitgebers als des Verwenders der Klausel durfte den elektronisch eigens eingefügten Einschub der Formulierung „des Hamburger Einzelhandels“ dahingehend verstehen, dass es sich um eine abschließende Verweisung für die Geltung von Tarifverträgen handeln sollte. Entgegen der Auffassung der 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg in seiner Entscheidung im Parallelverfahren (Urt. v. 06.12.2017 – 2 Sa 58/17; siehe auch BAG, Urt. v. 23.03.2005 – 4 AZR 203/04 – juris Rn. 25 ) kann einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nicht allgemein ein für den Arbeitnehmer erkennbarer Wille des Arbeitgebers entnommen werden, die fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge in Bezug zu nehmen.

90

Auch der Umstand, dass die Bezugnahmeklausel auf die Geltung der „Gesamtbetriebsvereinbarung der K. W. AG“ verweist, gebietet keine abweichende Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ein – wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssiger – Hinweis auf die Geltung etwaiger Betriebsvereinbarungen im Arbeitsvertrag ist kein geeignetes Indiz dafür, dass es dem Arbeitgeber auf die Vereinbarung der jeweils für den Betrieb einschlägigen Tarifverträge ankam (so aber BAG, Urt. v. 23.03.2005 – 4 AZR 203/04 – juris Rn. 25). Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge ist von einem deklaratorischen Hinweis auf die Geltung von (Gesamt-)Betriebsvereinbarungen strikt zu unterscheiden. Ein solcher deklaratorischer Hinweis ist nicht geeignet, die Auslegung der Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus zu begründen. Vielmehr muss ein Arbeitgeber, der die jeweils fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge durch eine vertragliche Bezugnahmeklausel zur Anwendung bringen will, dies durch eine für den Arbeitnehmer verständliche Formulierung der Bezugnahmeklausel selbst zum Ausdruck bringen.

91

b) Soweit der Zukunftstarifvertrag wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit der Klägerin zur tarifschließenden Gewerkschaft ver.di normativ Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet, gebietet das Günstigkeitsprinzip den Vorrang des in Bezug genommenen, individualrechtlich geltenden Flächentarifvertrages. Das Spezialitätsprinzip kommt in diesem Zusammenhang nicht zur Anwendung.

92

aa) Die individualvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag führt nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung mit der Folge, dass seine Bestimmungen im Wege der Auflösung einer Tarifpluralität nach dem tarifrechtlichen Spezialitätsprinzip verdrängt werden könnten. Es handelt sich vielmehr um eine einzelvertragliche Regelung von Arbeitsbedingungen. Deshalb kann es auch nicht zu einer Konkurrenz kommen, weil nicht zwei Tarifverträge gleichzeitig für das Arbeitsverhältnis des Klägers Geltung beanspruchen (vgl. BAG, Urt. v. 07.07.2010 – 4 AZR 549/08 – juris, Rn. 76; BAG, Urt. v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07 – juris, Rn. 34; unter Aufgabe von unter Aufgabe von BAG, Urt. v. 23.03.2005 – 4 AZR 203/04 – juris). Ist der Arbeitnehmer an einen Tarifvertrag gebunden, gilt im Verhältnis zu den vertraglich in Bezug genommenen Regelungen das tarifrechtliche Günstigkeitsprinzip gemäß § 4 Abs. 3 TVG (vgl. BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 27; BAG, Urt. v. 07.07.2010 – 4 AZR 549/08 – juris, Rn. 76; BAG, Urt. v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07 – juris, Rn. 34).

93

bb) Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 23. März 2005 (BAG, Urt. v. 23.03.2005 – 4 AZR 203/04 – juris) geltend macht, das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG sei vorliegend nicht anwendbar, ist dies ohne Bedeutung. Der Senat hat in der genannten Entscheidung eine Verdrängung des Günstigkeitsprinzips nur für den Fall angenommen, dass beide konkurrierenden Tarifverträge – der Verbandstarifvertrag zum einen und der Firmentarifvertrag zum anderen – auch vertraglich in Bezug genommen sind und von derselben Gewerkschaft geschlossen worden sind (BAG , Urt. v. 23.03.2005 – 4 AZR 203/04 – juris Rn 30), also auf gleicher Ebene miteinander konkurrieren. Vorliegend wird allein auf den Verbandstarifvertrag des Hamburger Einzelhandels arbeitsvertraglich Bezug genommen, sodass diese Voraussetzung nicht gegeben ist.

94

cc) Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung (sog. Günstigkeitsvergleich).

95

(1) Zu vergleichen sind dabei die durch Auslegung zu ermittelnden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen, die in einem inneren Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich, vgl. BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 28). Ein so genannter Gesamtvergleich, d.h. die Gegenüberstellung des vollständigen Arbeitsvertrages auf der einen und des gesamten Tarifvertrages auf der anderen Seite, kommt ebenso wenig in Betracht wie ein punktueller Vergleich von Einzelregelungen, auch wenn auf Grund einer umfassenden arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel der Sache nach zwei Tarifverträge miteinander zu vergleichen sind (BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 28). Die auf Grund einzelvertraglicher Verweisungsklausel auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvorschriften haben auch bei einer umfassenden Inbezugnahme lediglich individualvertraglichen Charakter. Der Durchführung eines Gesamtvergleichs steht bereits der Wortlaut des § 4 Abs. 3 TVG („Regelungen“) entgegen, der nicht auf eine Gesamtregelung oder einen Tarifvertrag abstellt. Abweichende Abmachungen sind danach nur zulässig, „soweit“ sie u.a. eine Änderung der Regelungen zu Gunsten des Arbeitnehmers enthalten. Es kommt deshalb nicht auf die Günstigkeit der Gesamtheit der abweichenden Regelungen, sondern vielmehr nur der einander entsprechenden Teile, d.h. Sachgruppen, an. Im Übrigen wäre ein Gesamtvergleich mangels einheitlicher Vergleichsmaßstäbe praktisch kaum durchführbar (vgl. BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 28).

96

(2) Für die Durchführung eines Günstigkeitsvergleichs sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog ambivalente Regelung), ist keine „Günstigkeit“ i.S.v. § 4 Abs. 3 TVG gegeben (vgl. BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 29).

97

(3) Der Günstigkeitsvergleich ist anhand eines objektiven Beurteilungsmaßstabs vorzunehmen. Maßgebend ist die Einschätzung eines verständigen Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (vgl. BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 30). Auf die subjektive Einschätzung des betroffenen Arbeitnehmers kommt es nicht an. Ist die einzelvertragliche Regelung bei objektiver Betrachtung gleich oder gleichwertig (sog neutrale Regelung), ist sie nicht günstiger i.S.v. § 4 Abs. 3 TVG.

98

(4) Die Günstigkeit einer einzelvertraglichen Regelung gegenüber einer normativ geltenden Tarifnorm muss bereits im Voraus – also unabhängig von den konkreten Bedingungen des jeweiligen Anwendungsfalls – feststehen (BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 31). Der Günstigkeitsvergleich ist erstmals in dem Zeitpunkt durchzuführen, in dem die normativ geltende tarifvertragliche Regelung mit der abweichenden vertraglichen Regelung kollidiert (so BAG, ebd., juris, Rn. 31; vgl. für den Vergleich einzelvertraglicher Regelungen und einer Betriebsvereinbarung BAG, Urt. v. 19.7.2016 – 3 AZR 134/15 – juris, Rn. 45).

99

(5) Ist nach diesen Maßstäben objektiv nicht zweifelsfrei feststellbar, dass die vom normativ geltenden Tarifvertrag abweichende Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist – sei es, weil es sich um eine „ambivalente“, sei es, weil es sich um eine „neutrale“ Regelung handelt –, verbleibt es bei der zwingenden Geltung des Tarifvertrags (BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 32). Das folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der systematischen Stellung von § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG als gesetzlichem Ausnahmetatbestand. Der Gesetzgeber hat eine Abweichung vom Grundsatz der zwingenden Wirkung geltender Tarifnormen (Regel) nur für den Fall vorgesehen, dass die betreffende Regelung „günstiger“ ist als die tarifliche Norm (Ausnahme). Ist die Günstigkeit der abweichenden Regelung nicht sicher feststellbar, greift § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG nicht ein (BAG, Urt. v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13 – juris, Rn. 32).

100

dd) In Anwendung dieser Grundsätze sind die auf Grund der vertraglichen Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels hinsichtlich der Entgeltansprüche günstiger als die normativ geltenden Tarifbedingungen des Zukunftstarifvertrages.

101

(1) Als Vergleichsgruppe sind die zueinander in sachlichem Zusammenhang stehenden Leistungsgrößen Arbeitszeit und Entgelt des Verbandstarifvertrages und des Firmentarifvertrages gegenüber zu stellen. Für den Vergleich ist auf die Zeit des Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages zum 2. Dezember 2016 (G. I. des Zukunftstarifvertrages) abzustellen, da sich zu diesem Zeitpunkt der Firmentarifvertrag und individualvertraglich in Bezug genommene Verbandstarifvertrag erstmals gegenüberstanden.

102

(2) Aus dem Sachgruppenvergleich ergibt sich, dass der individualvertraglich in Bezug genommene Verbandstarifvertrag die Klägerin gehaltsmäßig besser stellt, als der Zukunftstarifvertrag. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Zukunftstarifvertrag vereinbarten zukünftigen kennzahlenabhängigen Entgelterhöhungen in den Jahren 2017-2020 und Mindesterhöhungen in den Jahren 2018-2020 durch die Entgelt-Kommission.

103

(a) Bei der Gegenüberstellung der Gehaltsstufen der beiden Tarifverträge zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zukunftstarifvertrages ergibt sich, dass der Tarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel die für die Klägerin günstigeren gehaltsmäßigen Regelungen enthält.

104

Die dynamische individualvertragliche Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages vom 10. Oktober 2005 auf den Tarifvertrag des Hamburger Einzelhandels gewährleistet eine Teilnahme an den jeweiligen Tariferhöhungen des Verbandstarifvertrages auch für die Zeit nach Verbandsaustritt der Beklagten zum 6. Mai 2013 (dazu im Folgenden unter B. II.). Entsprechend der Gehaltsgruppe der Klägerin (GB 3) betrug der Gehaltssatz für Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung in Vollzeit nach dem 5. Tätigkeitsjahr zur Zeit des Inkrafttretens des Zukunftstarifvertrag gemäß dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 1. Mai 2015 EUR 2.892,- (§ 2 B. Gehaltsgruppe 3 [nach dem 5. Tätigkeitsjahr ab 1. Mai 2016] des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 1. Mai 2015).

105

Dagegen beträgt der Gehaltssatz nach dem Zukunftstarifvertrag entsprechend der Gehaltsgruppe der Klägerin (GB 3) für Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung in Vollzeit nach dem 5. Tätigkeitsjahr zur Zeit des Verbandsaustritts gemäß dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 22. Juni 2011 EUR 2.630,- (§ 2 B. Gehaltsgruppe 3 [nach dem 5. Tätigkeitsjahr ab 1. Juli 2012] des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 22.06.2011). Gemäß A. III. Ziff. 1 S. 1 des Zukunftstarifvertrages erfolgt eine gehaltsmäßige Rückstufung der bei der Beklagten Beschäftigten auf die Tarifentgelte nach den Tarifabschlüssen für die Tarifjahre 2011 bis 2013. Nach S. 2 werden die zwischen den Tarifvertragsparteien in den Ländern vereinbarten Entgelterhöhungen aus den Tarifabschlüssen 2013 für die Tarifjahre 2013 und 2014 sowie 2015 für die Tarifjahre 2015 und 2016 ausgesetzt.

106

(b) Auch bei Berücksichtigung von Entgelterhöhungen ab dem Inkrafttreten des Zukunftstarifvertrages enthält der Tarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel die für die Klägerin günstigeren Gehaltsregelungen.

107

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt beträgt der Gehaltssatz der entsprechenden Gehaltsgruppe EUR 2.959,- (§ 2 B. Gehaltsgruppe 3 [nach dem 5. Tätigkeitsjahr ab 1. Juli 2017] des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 1. Mai 2017). Ab dem 1. Mai 2018 beträgt der Gehaltssatz der entsprechenden Gehaltsgruppe EUR 3.018,- (§ 2 B. Gehaltsgruppe 3 [nach dem 5. Tätigkeitsjahr ab 1. Mai 2018] des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 1. Mai 2017). Ausgehend vom Gehaltssatz des Tarifvertrags für den Hamburger Einzelhandels zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zukunftstarifvertrages i.H.v. EUR 2.892,- beläuft sich die Entgelterhöhung für das Jahr 2018 auf EUR 126,-.

108

Dagegen beträgt das Tarifentgelt des Zukunftstarifvertrages zumindest inklusive der Mindesterhöhung um 1,25% ab dem 1. März 2018 EUR 2.663,- (vgl. A. III. Ziff. 2 a) Abs. 2 des Zukunftstarifvertrages). Ausgehend vom Gehaltssatz des Zukunftstarifvertrages zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens i.H.v. EUR 2.630,- beläuft sich die Entgelterhöhung für das Jahr 2018 auf EUR 33,-.

C.

I.

109

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG.

II.

110

Die Revision ist nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz zur Entscheidungen des LAG Hamburg in dem Parallelverfahren zum Az. 2 Sa 58/17 zuzulassen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. März 2013 - 3 Sa 258/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des TVöD auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, wurde im Jahr 2006 vom städtischen Klinikum M, einem Eigenbetrieb der Stadt, die ihrerseits Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war, als Krankenpfleger eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 12. Mai 2006 heißt es:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen, einschl. des TV zur Überleitung in den TVöD, in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.“

3

Zum 1. Januar 2008 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über. Diese ist nicht Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbands. Die Parteien schlossen am 23. Dezember 2008 einen Änderungsvertrag. Danach wurde der Kläger ab dem 1. Dezember 2008 nach der Entgeltgruppe 9a TVöD vergütet.

4

Seit dem 1. März 2011 wendet die Beklagte auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Beschäftigten - mit Ausnahme der Ärzte - den mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen „Tarifvertrag für die KLINIKUM M gemeinnützige GmbH“ vom 25. Februar 2011 (im Folgenden HTV) an. An den Kläger zahlt sie weiterhin ein Gehalt auf der Grundlage des TVöD mit Stand vom 31. Dezember 2007.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der TVöD finde aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel dynamisch auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung. Er hat beantragt

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 1. Januar 2008 hinaus zeitdynamisch im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der für den Besonderen Teil Krankenhäuser und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage bereits unzulässig. Es werde lediglich eine Vorfrage geklärt. Streitig bliebe hingegen, welcher Tarifvertrag hinsichtlich der verschiedenen Sachgruppen günstiger sei. Die Klage sei zudem unbegründet. Der Kläger sei an den HTV unmittelbar und zwingend gebunden. Überdies nehme die Verweisungsklausel auf den mit derselben Gewerkschaft abgeschlossenen HTV Bezug. Für das Verhältnis von TVöD/VKA und HTV gelte das Ablöseprinzip. Abgesehen davon sei die Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede auszulegen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse.

10

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann ein Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist (sog. Elementenfeststellungsklage). Eine entsprechende Feststellung ist geeignet, eine Vielzahl von Einzelfragen zu klären, die sich an dessen Anwendbarkeit knüpfen (vgl. hierzu ausführlich BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 11 mwN, BAGE 134, 283).

11

2. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Feststellungsinteresses nicht entgegen, dass mit einem Feststellungsurteil nicht abschließend geklärt wird, welcher Tarifvertrag im Rahmen des im Einzelfall vorzunehmenden Sachgruppenvergleichs günstiger wäre und es deshalb nachfolgend zu weiteren Rechtsstreitigkeiten darüber kommen kann, ob sich einzelne Rechte und Pflichten aus den fraglichen Tarifverträgen als günstigere einzelvertragliche Regelung im Arbeitsverhältnis der Parteien durchsetzen oder ob sie durch die Regelung des Haustarifvertrags verdrängt werden(vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 12; 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 23 mwN).

12

II. Die Klage ist auch begründet. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD/VKA einschließlich des Besonderen Teils Krankenhäuser in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

13

1. Nach § 2 des im Jahr 2006 abgeschlossenen und am 23. Dezember 2008 geänderten Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (VKA) einschließlich der besonderen Regelungen für die Krankenhäuser in ihrer jeweils geltenden Fassung erfasst (zu den Maßstäben der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283).

14

2. Entgegen der Auffassung der Revision verweist die Bezugnahmeklausel jedoch nicht auf den Haustarifvertrag der Beklagten.

15

a) Der HTV ist kein den TVöD/VKA „ergänzender, ändernder oder ersetzender“ Tarifvertrag iSv. § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags. Nach dem Wortlaut der Bezugnahmeregelung ist das Arbeitsverhältnis den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes „für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände“ unterstellt worden. Damit sollten nur die von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossenen (Verbands-)Tarifverträge in Bezug genommen werden. Dies können zwar auch firmenbezogene Sanierungstarifverträge sein. Sie müssen dann aber unter Beteiligung des Kommunalen Arbeitgeberverbands geschlossen worden sein. Nicht von der Bezugnahmeklausel erfasst sind hingegen Haustarifverträge eines privaten Arbeitgebers. Diese sind - jedenfalls arbeitgeberseitig - nicht von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossen worden.

16

b) Eine Bezugnahme auf den HTV ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, wonach „außerdem … die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung“ finden sollen.

17

aa) Der Begriff „außerdem“ bedeutet „daneben“, „des Weiteren“, „im Übrigen“, „zusätzlich“ (Duden Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl.). Aus der Wortwahl ergibt sich, dass mit dieser ergänzenden Bezugnahmeregelung Tarifverträge erfasst werden sollten, die „neben“ dem TVöD oder „zusätzlich“ zu diesem zur Anwendung kommen können. Dabei kann es sich allerdings nur um Tarifverträge handeln, deren inhaltliche Regelungsbereiche sich nicht mit denen des TVöD überschneiden. Andernfalls wären sie nicht „neben“ dem, sondern vielmehr „anstelle“ des TVöD anwendbar (vgl. auch BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 30; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 20, BAGE 128, 165).

18

bb) Dieses Verständnis wird durch die Bezugnahme auf die „sonstigen“ einschlägigen Tarifverträge bestätigt. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner des Arbeitgebers als der Verwender der Klausel durfte diese Formulierung als inhaltliche Einschränkung der Verweisung, dh. dahingehend verstehen, dass es sich insoweit nur um solche Tarifverträge handeln sollte, die sich in ihrem inhaltlichen Regelungsbereich von denen der Tarifverträge des TVöD/VKA unterscheiden und diese nicht „verdrängen“. Andernfalls käme der Regelung in § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags - was die Beklagte offenbar annimmt - die Funktion einer Tarifwechselklausel zu. Eine kleine dynamische Verweisung kann jedoch über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (Tarifwechselklausel) ausgelegt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen ergibt (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 45, BAGE 138, 269 mwN). Solche sind dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Entscheidungsfall nicht zu entnehmen.

19

c) Es sind auch keine - für den Kläger aus damaliger Sicht erkennbaren - Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrags andere und ggf. sogar konkurrierende Haustarifverträge einbeziehen wollte. Insbesondere gebietet der Umstand, dass die Parteien des Arbeitsvertrags bei Vertragsschluss normativ an den TVöD/VKA gebunden waren und nunmehr an den Haustarifvertrag der Beklagten gebunden sind, keine abweichende Auslegung der arbeitsvertraglichen Klausel. Die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags aufgrund einer einzelvertraglichen Abrede auf der einen und seine Geltung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf der anderen Seite sind grundlegend voneinander zu trennen. Die Wirkung einer Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 13, BAGE 124, 34).

20

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Bezugnahmeklausel nicht um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung.

21

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum gehe, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, also dann ende, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

22

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat jedoch für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

23

c) Auf diesen vom Senat in ständiger Rechtsprechung gewährten Vertrauensschutz kann sich die Beklagte nicht berufen. Zwar war ihre Rechtsvorgängerin tarifgebunden. Die streitgegenständliche Bezugnahmeklausel ist aber erst im Jahr 2006 und damit nach dem 1. Januar 2002 vereinbart worden. Der Umstand, dass der Senat seine geänderte Rechtsprechung erstmals im Jahr 2007 angewandt hat, gebietet bereits deshalb keinen weitergehenden Anspruch auf Vertrauensschutz, weil der Senat seine Rechtsprechungsänderung schon im Jahr 2005 angekündigt hatte (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 19 ff., BAGE 116, 326).

24

4. Schließlich ist - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - die Frage, ob der TVöD/VKA günstiger ist als der HTV, nicht Voraussetzung für die Begründetheit der Feststellungsklage. Die Klage ist bereits deshalb begründet, weil die im Antrag genannten Tarifverträge - aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - im Grundsatz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sind. Ob und inwieweit sie günstiger sind als die für das Arbeitsverhältnis der Parteien daneben normativ geltenden Tarifverträge, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Diese Frage ist ggf. zu klären, sobald der Kläger konkrete Ansprüche aus dem TVöD geltend macht (vgl. zur Durchführung eines Sachgruppenvergleichs BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 -).

25

III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Rupprecht    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Juli 2017 (22 Ca 373/16) werden jeweils zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 77 % und die Beklagte 23 %.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Zahlung und Feststellung und insoweit darüber, ob auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg, insbesondere ein Entgelttarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung, oder ein Sanierungstarifvertrag Anwendung finden.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit einer Vielzahl von Filialen im Bundesgebiet. Die Klägerin, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist, ist jedenfalls seit dem 1. Dezember 2000 (Arbeitsvertrag vom 3. November 2000, Bl. 83 d.A.), zuletzt auf der Grundlage eines Anstellungsvertrags vom 17. September 2006 (Anlage K 1, Bl. 13 f. d.A.), bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der Filiale M. in Hamburg als Kassiererin beschäftigt. Der Anstellungsvertrag vom 17. September 2006, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, lautet auszugsweise:

3

[…]

4

2. Sie erhalten für Ihre Tätigkeit eine Vergütung von Euro 779,23 brutto für 54,70___ Std./monatlich = 16% der tariflichen Monatsarbeitszeit.

5

Im vorstehenden Betrag sind enthalten:

6

nach Tarifgruppe GB 3/St. 01.04.00 EUR _______ brutto

7

3. Etwaige die tariflichen Ansprüche übersteigende Mehrbezüge werden bei einer Veränderung der tariflichen Ansprüche verrechnet, es sei denn, dass ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen wird.

8

Außertarifliche Zulagen, Prämien, Sonderzahlungen jeder Art sind freie, jederzeit ohne Einhaltung einer Frist widerrufliche Zahlungen der Firma.

9

[…]

10

9. Sie erhalten Urlaub nach den jeweils geltenden Bestimmungen des Tarifvertrags und der Betriebsordnung

11

[…]

12

14. Die Bedingungen dieses Anstellungsvertrages behalten ihre Gültigkeit auch dann, wenn eine Änderung der bisherigen Tätigkeit und / oder eine Änderung des Entgelts – bei Teilzeitbeschäftigung auch der Arbeitszeit – eintritt. Im übrigen gelten die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel, die Gesamtbetriebsvereinbarungen der K. W. AG, sowie die Betriebsordnung der o.g. Betriebsstelle in ihrer jeweils gültigen Fassung.

13

[…]“

14

Der zuvor zwischen den Parteien geschlossene Anstellungsvertrag vom 3. November 2000 (Anl. B 2, Bl. 83 d.A.) enthält insoweit nahezu gleichlautende Formulierungen. Wegen des genauen Wortlautes der diesbezüglichen Regelungen wird auf die Anlage B 2 Bezug genommen.

15

Aufgrund eines Zusatzvertrags beträgt die tatsächliche Arbeitszeit der Klägerin nicht mehr 54,7, sondern 55 Stunden wöchentlich.

16

Bis zum 6. Mai 2013 war die Beklagte Vollmitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbands, dem Landesverband des Hamburger Einzelhandels e.V.. Mit Kündigung vom 6. Mai 2013 (vgl. Anlage B 1, Bl. 82 d.A.) beendete die Beklagte ihre Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband mit sofortiger Wirkung. Nach ihrem Verbandsaustritt zahlte sie an die Klägerin nur noch ein „Tarifgehalt“ auf Basis des zum 6. Mai 2013 geltenden Entgelttarifvertrags des Hamburger Einzelhandels in Höhe von € 887,36 brutto (vgl. Entgeltabrechnungen für April bis Oktober 2016, Anlagenkonvolut K3, Bl. 25 ff. d.A.). Tariflohnerhöhungen in 2013 bzw. den Folgejahren gab die Beklagte nicht mehr an die Klägerin weiter.

17

Mit der am 20. Dezember 2016 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen und der Beklagten am 2. Januar 2017 zugestellten Klage hat die Klägerin rückwirkend Differenzvergütungen (monatlich € 89,48 brutto) für die Monate April 2016 bis November 2016, ein um € 55,26 brutto höheres Urlaubsgeld und eine um € 37,91 brutto höhere Jahressonderzahlung geltend gemacht, die sich unstreitig unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Tariflohnerhöhungen auf Basis des Entgelttarifvertrags des Einzelhandels in Hamburg ergeben würden. Dabei streiten die Parteien darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf entsprechende Tariflohnerhöhungen aus den Tarifabschlüssen für die Jahre 2013 bis 2016 zusteht.

18

Zwischenzeitlich vereinbarte die Beklagte mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einen sog. „Zukunftstarifvertrag K.W.“ (nachstehend: „Zukunftstarifvertrag“; Anlage B 3, Bl. 84 ff d.A.), der mit Wirkung zum 2. Dezember 2016 in Kraft trat. Der Zukunftstarifvertrag sieht unter A. III Ziffer 1. u.a. vor:

19

1. „Aktuelles K.-Tarifentgelt
Mit Inkrafttreten dieses Tarifvertrags besteht ein Anspruch auf Tarifentgelt gemäß Tarifabschluss für die Tarifjahre 2011 bis 2013. Die zwischen den Tarifvertragsparteien in den Ländern vereinbarten Entgelterhöhungen aus den Tarifabschlüssen 2013 für die Tarifjahre 2013 und 2014 sowie 2015 für die Tarifjahre 2015 und 2016 werden ausgesetzt. Soweit für diese vor Abschluss dieses Tarifvertrags liegenden Zeiträume Ansprüche auf tarifliche Leistungen geltend gemacht werden, eingeklagt oder vereinbart wurden, bleiben diese Ansprüche unberührt, soweit sie bestehen.“

20

Die Beklagte vergütet alle Mitarbeiter, auch die Klägerin, nach dieser tariflichen Regelung, die weiterhin das Entgeltniveau auf dem Stand von Mai 2013 vorsieht. Im Gegenzug für die Aussetzung der Entgelterhöhungen wurde unter Abschnitt B. des Zukunftstarifvertrags eine Standort- und Beschäftigungssicherung bis zum 31. März 2021 geregelt.

21

Die Klägerin hat vorgetragen, dass in ihrem Anstellungsvertrag dynamisch auf die Tarifverträge des Einzelhandels in Hamburg verwiesen werde, so dass auch nach Beendigung der Tarifbindung der Beklagten die Tariflohnerhöhungen ab 2013 durch die Entgelttarifverträge für den Hamburger Einzelhandel an sie weiterzugeben gewesen wären. Jedenfalls im Wege der Auslegung ergebe sich, dass die unter Ziffer 2. des Anstellungsvertrags der Parteien getroffene Vergütungsregelung keine statische Regelung, sondern lediglich eine Wissenserklärung beinhalte. Auch im Hinblick auf die Vergütung werde durch Ziffer 14. des Anstellungsvertrags auf die einschlägigen Entgelttarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Bezug genommen. Der Entgelttarifvertrag des Hamburger Einzelhandels, der aufgrund arbeitsvertraglicher, dynamischer Verweisung für das Arbeitsverhältnis gelte, werde unter Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips auch nicht ab Dezember 2016 durch den Zukunftstarifvertrag zwischen der ver.di und der Beklagten verdrängt.

22

Die Klägerin hat beantragt:

23

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 719,53 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

2. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 200,00 netto zu zahlen.

25

3. Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendbar sind und deshalb die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ein entsprechend ihrer Teilzeit anteiliges Tarifgehalt der Gruppe GB 3 nach 5 Berufsjahren des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburgs in der jeweils gültigen Fassung in Höhe von zur Zeit EUR 2.895,00 brutto zu zahlen.

26

Die Beklagte hat beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen nach dem Entgelttarifvertrag des Einzelhandels in Hamburg habe. Für den Zeitraum bis 2. Dezember 2016 folge dies daraus, dass nach dem Verbandsaustritt der Beklagten am 6. Mai 2013 der Entgelttarifvertrag nur noch statisch auf dem Stand von Mai 2013 fortgelte, d.h. das Entgeltniveau auf diesem Stand eingefroren sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Anstellungsvertrag der Parteien, aus dem sich auch bzw. jedenfalls im Hinblick auf die Vergütung gerade keine „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ herleiten lasse. Die unter Ziffer 2. des Anstellungsvertrags getroffene Entgeltregelung enthalte gerade keinerlei Hinweis auf eine dynamische Tarifgeltung, sondern lege eine absolute Gehaltssumme fest, was auch durch die Datumsangabe „Tarifgruppe GB III/St. 01.04.00“ bestätigt werde. Der Verweis in Ziffer 14. des Anstellungsvertrags beziehe sich gerade nicht auf die fixe Entgeltabrede in Ziffer 2., da danach der Tarifvertrag nur „im Übrigen“ und damit schon dem Wortlaut nach nur für Arbeitsbedingungen gelte, die nicht bereits im Anstellungsvertrag (abschließend) geregelt seien. Hinzu komme, dass der Zusatz „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ sich ausschließlich auf die Betriebsordnung beziehe. Dementsprechend werde auch in der Urlaubsregelung der Ziffer 9. des Anstellungsvertrags ausdrücklich auf die „jeweils geltenden Bestimmungen des Tarifvertrages“ verwiesen. Ab dem 2. Dezember 2016 gelte im Übrigen auch für die Klägerin der Zukunftstarifvertrag und zwar normativ sowie individualrechtlich aufgrund der vertraglichen Verweisungsklausel des Anstellungsvertrags. Der Zukunftstarifvertrag gehe dann als speziellere Regelung den Flächentarifverträgen vor. Bei alledem – insbesondere bei dem Prüfungsmaßstab – sei schließlich zu berücksichtigen, dass der letzte Arbeitsvertrag mit der Klägerin zwar aus dem Jahr 2006 stamme, an den hier entscheidenden Stellen aber nur der Altvertrag vom 3. November 2000 wiederhole, so dass von einer sog. „Altklausel“ im Sinne einer Gleichstellungsabrede auszugehen sei.

29

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 19. Juli 2017 (Az. 22 Ca 373/16, Bl. 127 ff d.A.) der Klage hinsichtlich des Zahlungsantrages insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, an die Klägerin € 719,53 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2017 sowie € 200,00 netto zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte verpflichtet sei, an die Klägerin für die Zeit bis zum 1. Dezember 2016 ein Entgelt auf Basis des Tarifgehalts der Tarifgruppe GB III des Entgelttarifvertrags des Einzelhandels Hamburg in seiner jeweils gültigen Fassung zu zahlen. Daraus ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auf die ausgeurteilte Differenzvergütung. Der Anspruch ergebe sich aus der einzelvertraglichen dynamischen Inbezugnahme der Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel, wie die Auslegung von Ziffer 14 des Anstellungsvertrags der Parteien ergebe. Hierfür spreche auch Ziffer 3 des Vertrages, der ausdrücklich tarifliche Ansprüche und außertarifliche Zulagen, Prämien, Sonderzahlungen etc. erwähne. Der durchschnittliche Arbeitnehmer dürfe eine solche Bezugnahme auf tarifliche Ansprüche und die Verknüpfung von individueller Arbeitszeit mit tariflicher Monatsarbeitszeit und eines bezifferten Euro-Betrages mit einer Tarifgruppe redlicherweise so verstehen, dass der in der Ziffer 2 genannte Euro-Betrag nicht statisch festgelegt sei, sondern sich entsprechend der Tariferhöhungen entwickeln solle. Umgekehrt würde ein redlicher Arbeitgeber, wenn er die von ihm gestellten Klauseln nicht so verstanden wissen wollte, die Bezugnahme auf tarifliche Ansprüche unterlassen und deutlich zum Ausdruck bringen, dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will. Wegen des Verzuges der Beklagten könne die Klägerin gemäß § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB eine Pauschale in Höhe von jeweils € 40,00 beanspruchen. Da ab dem 2. Dezember 2016 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Zukunftstarifvertrag sowohl normativ wie auch aufgrund einzelvertraglicher Verweisung Anwendung finde, sei der Feststellungsantrag der Klägerin unbegründet. Die Tarifkonkurrenz, die sich aus der Verweisung des Anstellungsvertrags auf den Zukunftstarifvertrag einerseits sowie die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels andererseits ergebe, sei nicht über das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen. Vielmehr gelte das Spezialitätsprinzip, wonach vorliegend der Zukunftstarifvertrag als speziellere Regelung die Verbandstarifverträge verdränge. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien mit ihrer Verweisung dem Tarifvertrag Vorrang hätten einräumen wollen, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten stehe und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten trage. Dies sei der Zukunftstarifvertrag, der zeitlich nachfolgend als „maßgeschneiderter“ Firmentarifvertrag mit der gleichen Gewerkschaft geschlossen wurde. Im Übrigen ergebe sich auch nicht aus dem Zukunftstarifvertrag, dass keine Aussetzung der Tariflohnerhöhungen ab den Jahren 2013 stattfände und sich Vergütungsansprüche weiterhin nach den Tarifverträgen für den Hamburger Einzelhandel richteten. Insbesondere ergebe sich das nicht daraus, dass der Zukunftstarifvertrag unter A. III Ziff. 1 letzter Satz regele, dass bestehende Ansprüche unberührt blieben. Diese Formulierung beziehe sich ausdrücklich nur auf Ansprüche für die „vor Abschluss dieses Tarifvertrags liegenden Zeiträume“. Ziel der Tarifvertragsparteien sei es gewesen, im Gegenzug zu einer Standort- und Beschäftigungssicherung bis zum Ablauf des 31. März 2021 das Gehaltsniveau bei der Beklagten ab dem Geltung Zeitpunkt des Zukunftstarifvertrags einheitlich festzuschreiben und ggf. abzusenken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

30

Das Urteil ist der Klägerin am 27. Juli 2017, der Beklagten am 26. Juli 2017 zugestellt worden. Hiergegen hat die Klägerin am 24. August 2017, die Beklagte am 25. August 2017 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung der Beklagten mit Schriftsatz vom 25. September 2017 ist am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung der Klägerin mit Schriftsatz vom 27. September 2017 ist ebenfalls am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

31

Die Klägerin trägt vor, das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, soweit der Feststellungsantrag abgewiesen worden ist, und verteidigt es, soweit es seinem Zahlungsantrag stattgegeben hat. Das Arbeitsgericht lege den Arbeitsvertrag unzutreffend und nur die Interessen des Arbeitgebers berücksichtigend aus. Zu beachten sei, dass ein Arbeitnehmer, der individualvertraglich die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages vereinbart habe, im Regelfall ein Interesse daran habe, dass der für ihn persönlich günstigste Tarifvertrag zur Anwendung komme. Zumindest in einem Stadtstaat wie Hamburg komme der Anwendbarkeit eines Flächentarifvertrages für den Arbeitnehmer entscheidende Bedeutung zu, um sich im Gehaltsniveau der Arbeitnehmer anderer verbandsangehöriger Unternehmen zu bewegen. Der bundesweit gültige Zukunftstarifvertrag als Haustarifvertrag sei nicht spezieller als ein Tarifvertrag des Hamburger Einzelhandels. Zutreffend habe das Arbeitsgericht hingegen erkannt, dass sich aus der Gesamtschau von Ziffern 2 und 14 des Arbeitsvertrages eine Dynamik der Vergütungsregelung ergebe. Der Annahme eines Altvertrages stehe entgegen, dass die Parteien im Jahr 2006 einen komplett neuen Vertragstext unterzeichnet hätten und damit insgesamt der Vertragstext noch einmal bestätigt worden sei.

32

Die Klägerin beantragt,

33

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt nach den klägerischen Schlussanträgen erster Instanz zu entscheiden.

34

Die Beklagte beantragt,

35

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

36

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Juli 2017, Az. 27 Ca 373/16, abzuändern, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin € 719,53 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.01.2017 auf € 682,22, auf € 37,31 seit dem 02.02.2017 und € 200,00 netto zu zahlen und die Klage insgesamt abzuweisen.

37

Die Klägerin beantragt,

38

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

39

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es den Feststellungsantrag abgewiesen hat, und hält es für unzutreffend, soweit sie zur Zahlung verurteilt worden ist. Aus den Ziffern 2 und 14 des Arbeitsvertrages ergebe sich keine dynamische Verweisung. Wie die Parteien des Arbeitsvertrages eine dynamische Verweisung hätten formulieren wollen, zeige die Urlaubsregelung in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages. In Ziffer 2 des Arbeitsvertrages werde hingegen lediglich eine Tarifgruppe ohne jeden weiteren Bezug zu einem Tarifwerk oder einem „jeweils geltenden“ Tarifwerk hergestellt. Die Formulierung „Im übrigen“ in Ziffer 14 Satz 2 des Arbeitsvertrages zeige, dass hier nicht die bereits unter Ziffer 2 des Arbeitsvertrages geregelte Vergütung habe umfasst sein sollen. Vielmehr handele es sich bei Ziffer 14 um eine Bezugnahmeklausel als Auffangbestimmung. Schließlich sei die Bezugnahmeklausel in Ziffer 14 als Altregelung auszulegen, weil bei Neuabschluss des Arbeitsvertrages im Jahr 2006 die Klausel unberührt geblieben und damit nicht zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht worden sei. Der Zukunftstarifvertrag habe Vorrang vor dem Flächentarifvertrag. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung einwende, der bundesweit geltende Zukunftstarifvertrag berücksichtige nicht die örtlichen Lebenshaltungskosten, sei darauf hinzuweisen, dass der Zukunftstarifvertrag die jeweils regional geltenden Tarifverträge anerkenne, d.h. für die Klägerin nach wie vor die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels gelten würden und durch den Zukunftstarifvertrag lediglich derzeit bestimmte Tariferhöhungen ausgesetzt seien.

40

Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG).

Entscheidungsgründe

I.

41

Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Berufung der Beklagten haben keinen Erfolg. Sie sind jeweils zulässig, aber unbegründet.

1.

42

Die Berufung der Klägerin und die der Beklagten sind zulässig. Sie sind jeweils statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sowie begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

2.

43

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Im Hinblick auf ihren zulässigen Feststellungsantrag ist die zulässige Klage nämlich unbegründet. Das Landesarbeitsgericht folgt der Entscheidung des Arbeitsgerichts im Ergebnis und in der Begründung. Vor dem Hintergrund des Sachvortrags der Parteien in der Berufungsinstanz ergehen ergänzend folgende Ausführungen:

a)

44

Der Feststellungsantrag ist als sog. Elementenfeststellungsantrag zulässig. Ein Arbeitnehmer hat ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 256 ZPO an der Feststellung, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist (vgl. nur BAG, 12.12.2012, 4 AZR 65/11; zit. nach juris).

b)

45

Der Feststellungsantrag ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass auf ihr Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendbar sind und deshalb die Beklagte verpflichtet ist, an sie ein (entsprechend ihrer Teilzeit anteiliges) Tarifgehalt der Gruppe GB 3 nach 5 Berufsjahren des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburgs in der jeweils gültigen Fassung in Höhe von zur Zeit € 2.895,00 brutto zu zahlen. Die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hamburg sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nämlich nicht in ihrer „jeweils geltenden Fassung“ anwendbar und die Beklagte ist dementsprechend nicht verpflichtet, an die Klägerin das Tarifgehalt der Gruppe GB 3 nach 5 Berufsjahren des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburgs „in der jeweils gültigen Fassung“ zu zahlen. Ab dem 2. Dezember 2016, d.h. dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zukunftstarifvertrages, findet dieser auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sowohl normativ als auch aufgrund einzelvertraglicher Verweisung Anwendung. Dementsprechend sind die in Ziff. A.III.1. und 2. des Zukunftstarifvertrages festgelegten Entgeltregelungen für das Arbeitsverhältnis derzeit maßgebend, nicht jedoch der Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel des Landes Hamburgs „in der jeweils gültigen Fassung“.

aa)

46

Der Zukunftstarifvertrag findet ab dem 2. Dezember 2016 gem. § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die normative Geltung dieses Firmentarifvertrags ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin als Mitglied der vertragschließenden Gewerkschaft und die Beklagte als Partei des Tarifvertrages jeweils gemäß § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden sind.

bb)

47

Der Zukunftstarifvertrag findet ab dem 2. Dezember 2016 auch aufgrund einzelvertraglicher Verweisung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Das ergibt die Auslegung von Ziffer 14 des Arbeitsvertrags.

48

aaa)

49

Bei dem Arbeitsvertrag handelt es sich dem äußeren Erscheinungsbild nach um ein vervielfältigtes Klauselwerk der Beklagten, bei dem prima facie anzunehmen ist, dass es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (BAG, 26.1.2005, 10 AZR 215/04; zit. nach juris). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris).

50

bbb)

51

Hiernach ergibt sich, dass die Bezugnahmeklausel in Ziffer 14 des Arbeitsvertrags der Parteien auch den Zukunftstarifvertrag erfasst.

52

Zwar verweist der Anstellungsvertrag dem Wortlaut nach nur auf die „Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels“, d.h. die Verbandstarifverträge. Unter Berücksichtigung des Verständnisses von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise ergibt sich aber, dass auch für den Betrieb geltende Firmentarifverträge für das Arbeitsverhältnis maßgebend sein sollen.

53

Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Hamburg in dem Parallelfall der Kammer 2 zum Az. 2 Sa 58/17 nach eigener Prüfung und Würdigung des Sachverhalts an. Dort heißt es zur Begründung, die sich die hiesige Kammer zu Eigen macht:

54

„… Der Arbeitgeber will – für den Arbeitnehmer erkennbar – durch eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel die fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge in Bezug nehmen. Zu diesen gehört insbesondere ein vom Arbeitgeber abgeschlossener Firmentarifvertrag. Auch aus einem ausdrücklichen – wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssigen – Hinweis auf die Geltung etwaiger Betriebsvereinbarungen ergibt sich, dass es dem Arbeitgeber gerade auf die Vereinbarung der für das Unternehmen und den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen ankam (ebenso: BAG, Urteil vom 23. März 2005 – 4 AZR 203/04 –, Rn. 25, juris). Dazu gehört auch ein vom Arbeitgeber zur vorübergehenden Abänderung von Flächentarifverträgen abgeschlossener Haustarifvertrag (BAG, Urteil vom 23. Januar 2008 – 4 AZR 602/06 –, Rn. 24, juris).

55

Auch vorliegend ergab sich aus dem ausdrücklichen Hinweis in Ziffer 14 des Anstellungsvertrags vom 14. September 2004 auf die Geltung der Gesamtbetriebsvereinbarungen des Arbeitgebers sowie der Betriebsordnung, dass es der Beklagten (bzw. deren Rechtsvorgängerin) gerade auf die Vereinbarung der für das Unternehmen und den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen ankam.

56

Soweit der Kläger mit der Berufung einwendet, eine solche Auslegung berücksichtige nicht oder nicht hinreichend die Interessen des Arbeitnehmers, der im Regelfall ein Interesse daran habe, dass der für ihn persönlich günstigste Tarifvertrag zur Anwendung komme, wobei zumindest in einem Stadtstaat der Anwendbarkeit eines Flächentarifvertrages für den Arbeitnehmer entscheidende Bedeutung zukomme, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch der Kläger wollte sich an die Tarifverträge binden, die von der Beklagten (bzw. deren Rechtsvorgängerin) als Tarifvertragspartei oder Mitglied einer Tarifvertragspartei mit einer bestimmten Gewerkschaft abgeschlossen werden, auch in ihrer noch unbestimmten zukünftigen Fassung. Dafür, dass dies nach dem Willen der Parteien nur dann gelten sollte, wenn es sich dabei um Flächentarifverträge handelt, fehlt es an jedem Anhaltspunkt. Im Übrigen kann auch nicht im Einzelfall ohne weiteres festgestellt werden, ob ein Flächentarifvertrag mit einer branchenüblichen Vergütung in jedem Falle gegenüber einem Haustarifvertrag, der zwar ein geringeres Entgeltniveau enthält, dafür aber im Gegenzug Regelungen zu einer Standort- und Beschäftigungssicherung enthält, überhaupt eine günstigere Regelung darstellt, und deshalb in jedem Falle (nur) die Anwendung eines Flächentarifvertrages vom Arbeitnehmer gewollt war.

57

Der arbeitsvertragliche Verweis auf Gesamtbetriebsvereinbarungen und die Betriebsordnung lässt auch nicht den Umkehrschluss zu, dass es der Arbeitgeberin auf tariflicher Ebene nur auf die Geltung des Flächentarifvertrages angekommen sei. Vielmehr liegt bereits nach dem Wortlaut näher, dass möglichst für das Unternehmen bzw. den Betrieb (und auch die Arbeitnehmer) „maßgeschneiderte“ kollektive Regelungen Vorrang haben sollen.“

58

ccc)

59

Ergänzend ist auszuführen, dass weder das Transparenzgebot noch die Unklarheitenregelung zu einem anderen Ergebnis führen:

i)

60

Für eine Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB ist angesichts des zuvor dargelegten eindeutigen Auslegungsergebnisses kein Raum. Zudem scheitert die Anwendung dieser Vorschrift auf arbeitsvertragliche Klauseln, die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen, daran, dass die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht abstrakt und unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation beantwortet werden kann. Schon bei einer hinsichtlich der erfassten Tarifverträge unklaren statischen Verweisung kann die Anwendbarkeit oder Unanwendbarkeit eines Tarifvertrages je nach der vom Arbeitnehmer erstrebten Rechtsfolge für ihn günstig oder ungünstig sein, weil die Tarifverträge als von den Tarifvertragsparteien gefundene Kompromisse zumeist nicht nur für die Arbeitnehmer günstige, sondern auch ungünstige Regelungen enthalten. Ist unklar, ob die vertragliche Verweisung auf einen Vergütungstarifvertrag statisch oder dynamisch ist, wird man zwar bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon ausgehen können, dass eine dynamische Bezugnahme für den Arbeitnehmer stets günstiger ist, weil die Vergütungserhöhung durch spätere Tarifverträge die Regel ist und eine Vergütungsabsenkung kaum jemals vorkommen wird. Ob dies auch für die vertragliche Verweisung auf einen Manteltarifvertrag oder auf ein ganzes Tarifwerk angenommen werden kann, erscheint jedoch zweifelhaft. Jedenfalls kann man die Frage der Günstigkeit nicht je nach der Art des streitigen Anspruchs und des Zeitpunkts der Geltendmachung von Fall zu Fall unterschiedlich beantworten und damit von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen hinsichtlich ein und derselben vertraglichen Bezugnahmeregelung kommen (BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris). Würde man dem folgen, so wäre, wenn es um die Anwendung eines Sanierungstarifvertrages mit Bestandsschutzregeln und für Arbeitnehmer nachteiligen Eingriffen in das Entgeltgefüge geht, in einem Kündigungsschutzprozess die Anwendung für den Arbeitnehmer günstiger, so dass die Bezugnahmeklausel anzuwenden wäre. Bei einer auf Vergütung gerichteten Leistungsklage wäre der Sanierungstarifvertrag dagegen ungünstiger und fände deshalb wegen der Unklarheitenregelung keine Anwendung. Bei einer verschlechternden Regelung wäre die Auslegung der Bezugnahmeklausel als statische Verweisung, bei einer verbessernden Bestimmung dagegen deren Auslegung als dynamische Bezugnahme für den Arbeitnehmer günstiger. Einer derart gespaltenen Auslegung der Vertragsklausel steht jedoch entgegen, dass die Reichweite der Bezugnahme und die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages gemäß § 256 ZPO zum Gegenstand einer (Zwischen-)Feststellungsklage gemacht werden und die entsprechende Feststellung dann in Rechtskraft erwachsen könnte (BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris).

ii)

61

Schließlich hält die vertragliche Bezugnahmeklausel auch der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand. Das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) ist nicht verletzt.

62

Zunächst gilt, dass die Verweisung auf andere Rechtsnormen dem geltenden Recht nicht fremd und deshalb nichts Ungewöhnliches ist (BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris). Die Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerkes führt daher für sich genommen nicht zur Intransparenz. Das Bestimmtheitsgebot als hier maßgebliche Ausprägung des Transparenzgebots verlangt lediglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass er wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07, m.w.N.; zit. nach juris).

63

Eine dynamische Verweisung auf das jeweils gültige Tarifrecht ist nicht unklar, sondern wird im tarifdispositiven Gesetzesrecht als allgemein zulässiges Instrument zur Regelung der Arbeitsbedingungen vorausgesetzt (BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris). Auch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien, die - wie ausgeführt - so zu verstehen ist, dass sie alle für die Klägerin einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung – einschließlich eines Firmentarifvertrags – in den Vertrag einbeziehen sollte, ist bei Anlegung dieser Maßstäbe nicht unklar. Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollen, ist für die Klägerin feststellbar (vgl. BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris). Weil die Klausel nicht intransparent ist, kann letztlich dahinstehen, ob eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gesondert geprüft werden müsste oder ob bereits die Unklarheit selbst zur unangemessenen Benachteiligung führen würde. Im ersteren Fall ergäben sich auch hier die oben dargelegten Schwierigkeiten, eine Bezugnahmeklausel, die Tarifverträge insgesamt in den Arbeitsvertrag einbezieht, eindeutig als günstig oder ungünstig für den Arbeitnehmer einzuordnen (BAG, 24.9.2008, 6 AZR 76/07; zit. nach juris). Würde bereits die Unklarheit selbst zur unangemessenen Benachteiligung der Klägerin führen, so wäre die Verweisungsklausel unwirksam mit der Folge, dass der Klägerin auch für den Fall kein Anspruch aus dem aktuellen Entgelttarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel zustünde. Zwar ist die Klägerin tarifgebunden, die Beklagte aber aufgrund des Verbandsaustritts nicht. Normativ gilt der aktuelle Entgelttarifvertrag des Hamburger Einzelhandels somit nicht. Und individual-rechtlich ebenfalls nicht, sofern die Verweisungsklausel in Ziff. 14 des Arbeitsvertrags, welche die Dynamik („jeweils geltende Fassung“) umfasst, aufgrund einer unangemessenen Benachteiligung wegen Intransparenz für unwirksam erachtet würde.

64

ddd)

65

Steht nach den obigen Ausführungen insgesamt fest, dass auch der Zukunftstarifvertrag von der Verweisungsklausel der Ziffer 14 des Arbeitsvertrags umfasst ist bzw. normativ gilt, so setzt sich dieser nach dem Grundsatz der Spezialität gegenüber dem individualrechtlich auch in Bezug genommenen Flächenentgelttarifvertrag des Hamburger Einzelhandels durch. Das Günstigkeitsprinzip gemäß § 4 Abs. 3 TVG führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch hier folgt die hiesige Kammer den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Hamburg in dem Parallelfall der Kammer 2 zum Az. 2 Sa 58/17 nach eigener Prüfung und Würdigung des Sachverhalts:

66

„…

67

a) Stellt man darauf ab, dass sowohl der Zukunftstarifvertrag, als auch ein (Flächen-) Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel kraft arbeitsvertraglicher Verweisung gelten, da die Verweisungsklausel in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages beide tariflichen Regelungen umfasst (s.o. A.II.1.b)), gilt der Grundsatz, dass sich bei einer Verweisung auf mehrere Tarifverträge die speziellere Regelung durchsetzt und die allgemeinere Regelung verdrängt (BAG, Urteil vom 23. Januar 2008 – 4 AZR 602/08 –, Rn. 28-30, juris).

68

Die speziellere Regelung ist hier der Zukunftstarifvertrag. Diese Regelung steht dem Betrieb und dem Unternehmen betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten. Soweit der Kläger einwendet, ein auf das Bundesland Hamburg begrenzter Flächentarifvertrag stehe aber räumlich näher als der bundesweite Zukunftstarifvertrag, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da auch der Zukunftstarifvertrag Regelungen nicht unabhängig von einer regionalen Situation (z.B. Berücksichtigung regionaler Lebenshaltungskosten) trifft, sondern durch die Festschreibung der Fortgeltung regionaler Tarifverträge – wenngleich auf dem Tarifniveau von 2013 – die regionale Unterschiede berücksichtigt.

69

Zu berücksichtigen ist, dass Firmentarifverträge gegenüber Verbandstarifverträgen regelmäßig die speziellere Regelung darstellen und, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hinweist, dass der Zukunftstarifvertrag ein auf die Situation der Beklagten „maßgeschneiderter“ Firmentarifvertrag ist, der mit der gleichen Gewerkschaft geschlossen wurde. Würde man der Rechtsauffassung des Klägers folgen, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass – wie hier bei einer generellen Verweisung auf Tarifverträge – von vornherein nie die Möglichkeit bestünde, die Geltung der Regelungen eines Verbandstarifvertrags durch den Abschluss eines Firmentarifvertrags anzupassen.

70

b) Stellt man darauf ab, dass der Zukunftstarifvertrag gemäß § 4 Abs. 1 TVG normativ gilt und ein (Flächen-)Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel kraft arbeitsvertraglicher Verweisung, ergibt sich nichts anderes.

71

Zwar ist in einer solchen Konstellation das Günstigkeitsprinzip nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es geht insoweit nicht um die Konkurrenz zweier Tarifverträge, sondern um die Konkurrenz einer arbeitsvertraglichen Regelung mit einem (auch) normativ wirkenden Tarifvertrag. Dies ist kein Fall der Tarifkonkurrenz zweier Normenverträge. Vielmehr wird das Verhältnis der arbeitsvertraglichen Regelung zu der normativ wirkenden tariflichen durch § 4 Abs. 3 TVG bestimmt (BAG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 AZR 767/06 –, Rn. 20, juris, unter Aufgabe der diesbezüglich noch anderen früheren Rechtsauffassung, zuletzt im Urteil vom 23. März 2005 - 4 AZR 203/04 - BAGE 114, 186, 191 f.).

72

Allerdings bleibt es auch insoweit dabei, dass die arbeitsvertragliche Regelung des Klägers nicht günstiger ist als der (auch) normativ wirkende Zukunftstarifvertrag, weil auch nach dem Arbeitsvertrag der Zukunftstarifvertrag anzuwenden ist (s.o. A.II.1.b)).“

73

Zu ergänzen ist, dass in Bezug auf den letzten Punkt auch ein Sachgruppenvergleich der tariflichen Regelungen (vgl. BAG, 14.2.2017, 9 AZR 488/16, m.w.N.; zit. nach juris) im Rahmen der Prüfung der Günstigkeit vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen würde. Die Tarifparteien haben die Absenkung der tariflichen Entgelte im Zukunftstarifvertrag – im Vergleich zu den aktuellen Flächentarifverträgen – ausdrücklich als Gegenleistung für die Standortsicherung geregelt und damit eine wechselseitige Abhängigkeit hergestellt (Ziff. B III 3 Zukunftstarifvertrag), die einem reinen Sachgruppenvergleich entgegen stehen würde bzw. im hiesigen Fall Entgelt und Standortsicherung zu einer Gruppe zusammenfasst.

2.

74

Auch die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, da der zulässige Zahlungsantrag der Klägerin begründet ist. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin für die Zeit bis zum 1. Dezember 2016 ein Tarifgehalt der Tarifgruppe 3 des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel in seiner jeweils gültigen Fassung sowie € 200,00 netto Verzugspauschale zu zahlen.

a)

75

Die hiesige Kammer schließt sich in Bezug auf die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin € 719,53 brutto zu zahlen, auch diesbezüglich den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Hamburg in dem Parallelfall der Kammer 2 zum Az. 2 Sa 58/17 nach eigener Prüfung und Würdigung des Sachverhalts an. Dort heißt es zur Begründung, die sich die hiesige Kammer wiederum zu Eigen macht:

76

„…

77

1. Die Auslegung von Ziffern 2, 3 und 14 des Anstellungsvertrags vom 14. September 2004 ergibt, dass eine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel vereinbart wurde und daher auch nach Verbandsaustritt der Beklagten die Tariflohnerhöhungen in 2013 und den Folgejahren an den Kläger weiterzugeben waren.

78

a) In Ziffer 2 des Arbeitsvertrages und in der dort angeführten Tarifgruppe GB III haben die Parteien keine konstitutive Vereinbarung hinsichtlich einer Eingruppierung des Klägers getroffen, sondern lediglich eine „Wissenserklärung“ im Hinblick auf die damals aus ihrer Sicht zutreffende Tarifgruppe vorgenommen.

79

Daran ändert auch die Bezugnahme auf ein bestimmtes Datum („Tarifgruppe GB III/01.09.1990“) in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 14. September 2004 nichts. Die Arbeitsvertragsparteien haben damit unstreitig kein Gehalt auf dem Entgeltniveau zum Stichtag 1. September 1990 festgeschrieben. Vielmehr bezieht sich die Datumsangabe auf ein bestimmtes Vergütungsgruppenverzeichnis, demnach der Kläger in Vergütungsgruppe GB III eingruppiert wurde.

80

b) Die Beklagte signalisiert als Klauselverwenderin durch die zweimaligen Bezugnahmen in Ziffer 2 des Vertrages auf tarifliche Regelungen, dass sie nach Tarif vergüte. Einerseits wird in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages die individuelle Arbeitszeit des Klägers von 163 Stunden monatlich mit der „tariflichen Monatsarbeitszeit“ ins Verhältnis gesetzt und darüber hinaus die „Tarifgruppe GB III“ genannt.

81

Die Berufung der Beklagten berücksichtigt auch nicht hinreichend, dass für die Frage, ob eine dynamische tarifliche Vergütung vereinbart wurde, auch Ziffer 3 des Arbeitsvertrages maßgebend ist. In dieser Ziffer sind ausdrücklich mehrfach „die tariflichen Ansprüche“, außerdem außertarifliche Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen angeführt.

82

Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf eine solche Bezugnahme auf tarifliche Ansprüche und die Verknüpfung von individueller Arbeitszeit mit tariflicher Monatsarbeitszeit und eines bezifferten Euro-Betrages mit einer Tarifgruppe redlicherweise so verstehen, dass der in der Ziffer 2 genannte Euro-Betrag nicht statisch festgelegt, sondern sich entsprechend der Tariferhöhungen entwickeln soll. Umgekehrt würde ein redlicher Arbeitgeber, wenn er die von ihm gestellten Klauseln nicht so verstanden wissen wollte, die Bezugnahme auf tarifliche Ansprüche unterlassen und deutlich zum Ausdruck bringen, dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will (ebenso: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2015 – 3 Sa 1835/14 –, Rn. 38, juris m.w.N.).

83

Dass in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages vom 14. September 2004 bezogen auf Urlaubsansprüche eine andere Formulierung der tariflichen Inbezugnahme verwendet wurde, führt nicht dazu, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmer darf die Bezugnahme auf tarifliche Vergütungsansprüche, die sich aus Ziffern 2, 3 und 14 des Arbeitsvertrages vom 14. September 2004 ergibt, anders verstehen müsste. Aus der Verwendung nur unterschiedlicher Formulierungen der Bezugnahme ergibt sich nicht, dass eine dynamische Bezugnahme hinsichtlich der Vergütung des Klägers ausgeschlossen sein sollte.

84

c) Wie das Arbeitsgericht weiter zutreffend ausführt, rechtfertigt sich ein anderes Ergebnis auch nicht im Hinblick auf Ziffer 14 Satz 2 des Arbeitsvertrages, in dem einleitend „im Übrigen“ auf die Tarifverträge verwiesen wird. Erkennbar handelt es sich bei der Formulierung „im Übrigen“ lediglich um eine Verknüpfung zum vorausgehenden Satz und nicht um eine Einschränkung dahin, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge lediglich insoweit gelten sollen, als der Vertrag keine Regelungen enthält. Dagegen spricht bereits - wie ausgeführt - die Wortwahl in Ziffer 2 und 3 des Vertrages, die ihrerseits bereits eine dynamische Bezugnahme enthalten. Im Übrigen gilt auch hier, dass ein redlicher Arbeitgeber, wenn er die von ihm gestellte Klausel (in Ziffer 14 Satz 2) nicht als konstitutive dynamische Bezugnahme verstanden wissen wollte, die Bezugnahme auf die Tarifverträge unterlassen hätte.

85

d) Auch ist zu berücksichtigen, dass die in Formulararbeitsverträgen gewählte Formulierung „gelten die Tarifverträge XV in ihrer jeweiligen Fassung“ nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine konstitutive dynamische Verweisung auf die genannten Tarifverträge darstellt. Dies gilt jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die vertragliche Klausel in einem „Neuvertrag“ enthalten ist, der nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossen wurde und die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist zahlen will (Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2015 – 3 Sa 1835/14 –, Rn. 38, juris).

86

Tatsächlich hätte es nach alledem an der Beklagten gelegen, bei dem Abschluss des Arbeitsvertrags vom 14. September 2004 eine dynamische Verweisung, sofern diese nicht gewollt war, ausdrücklich und für jedermann unmissverständlich auszuschließen.

87

Insoweit ergibt sich auch kein anderer Prüfungsmaßstab, weil die Parteien schon vor dem 1. Januar 2002 ein ähnlich lautender Arbeitsvertrag (vgl. Anlage B 3.) verband. Bei Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind („Altverträge“), kommt es bei einer Vertragsänderung nach dem 1. Januar 2002 für die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich der Auslegung dieser Klausel um einen Neu- oder Altvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG, Urteil vom 18. November 2009 – 4 AZR 514/08 –, BAGE 132, 261-267, Rn. 23). Vorliegend haben die Arbeitsvertragsparteien jedoch nach dem 1. Januar 2002 nicht nur einzelne Vertragsbedingungen i.S.e. Änderungsvertrages geändert, sondern ihre Rechtsbeziehung mit dem Arbeitsvertrag vom 14. September 2004 auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Regelungen, die insgesamt unter dem 14. September 2004 beidseits unterzeichnet worden sind, auch Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung waren. Es kann nämlich nicht unterstellt werden, dass sich Vertragsparteien vor Unterzeichnung eines neuen vollständig abgefassten Arbeitsvertrages keine Gedanken über den gesamten aufgeführten Inhalt machen. Vielmehr ist umgekehrt ohne Hinzutreten weiterer Umstände davon auszugehen, dass alle Klauseln auch Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung waren.

88

e) Nach alledem ergab sich nicht, dass die Arbeitsvertragsparteien in Ziffer 2 des Vertrags vom 14. September 2004 nur eine eigenständige, feststehende arbeitsvertragliche Vereinbarung zur Lohnhöhe getroffen haben. Vielmehr haben sie dort schlicht die tarifliche Vergütung niedergeschrieben, die dann auch im Fall des Klägers mit Blick auf Ziffer 14 des Anstellungsvertrags und dem Verweis („im Übrigen“) u.a. auf den Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel „in der jeweils gültigen Fassung“ entsprechend den von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Lohnerhöhungen jedenfalls bis zum 1. Dezember 2016 zu erhöhen war.

89

Ergänzend ist auszuführen, dass die Parteien auch vorliegend ihre Rechtsbeziehung mit dem Arbeitsvertrag vom 15. September 2006 auf eine völlig neue Grundlage gestellt haben. Es war ein vollständig neu abgefasster Arbeitsvertrag aufgesetzt und unterzeichnet worden, so dass anzunehmen ist, dass sich die Parteien entsprechende Gedanken über den gesamten aufgeführten Inhalt gemacht hatten und dass alle Klauseln Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung waren.

90

Für die Monate April bis einschließlich November 2016 ergibt sich daraus ein Anspruch der Klägerin auf Differenzvergütung einschließlich höherer Jahressonderzahlung und höherer Zahlungen für Sonntagsöffnungszeiten in Höhe von insgesamt € 719,53 brutto. Die Vergütungsansprüche sind der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitig. Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.

b)

91

Soweit das Arbeitsgericht der Klägerin € 200,00 netto Verzugspauschale zugesprochen hat, hat die Beklagte im Rahmen ihrer Berufung hierzu keine weiteren Ausführungen gemacht, so dass die Berufung – sollte sie nicht bereits unzulässig sein – jedenfalls unbegründet ist. Es wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu diesem Anspruch, der aus § 288 Abs. 5 BGB folgt, verwiesen.

II.

92

Die Kostenentscheidung, die bei Erfolglosigkeit der Berufungen beider Parteien zu quoteln ist, folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

93

Gegen dieses Urteil ist die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zuzulassen, weil ein erforderlicher Zulassungsgrund nicht ersichtlich ist (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ArbGG).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 13. März 2014 - 2 Sa 807/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung einer Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Textileinzelhandels. Sie stellte die Klägerin mit Wirkung zum 24. November 2009 als Verkäuferin in ihrer Filiale K ein. Laut Anstellungsvertrag vom 20. November 2009 umfasst das Aufgabengebiet der Klägerin den Verkauf sowie auch Kassierertätigkeit. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die zwischen dem Landesverband des Hamburger Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

3

Im Manteltarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel (MTV) in der ab dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung heißt es:

        

§ 2   

        

Arbeitsverhältnis

        

Zum Arbeitsverhältnis gehört ein schriftlicher Vertrag, der die Tätigkeit erklärt, sowie Gehalt, Eingruppierung und Kündigungsfrist nennt. Es werden geregelt:

                 

-       

die Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses (Bewerbung u.ä.)

                 

-       

die Probezeit

                 

-       

Aushilfen

        

1.    

Jeder Beschäftigte erhält grundsätzlich einen schriftlichen Anstellungsvertrag mit Angaben zu:

                 

-       

Art und Umfang der Tätigkeit

                 

-       

Höhe der regelmäßigen Bezüge

                 

-       

Eingruppierung (Tätigkeitsgruppe und Berufs- bzw. Tätigkeitsjahre)

                 

-       

vereinbarte Kündigungsfrist

        

…       

                 
        

7.    

Eine Probezeit soll in der Regel drei Monate nicht überschreiten.

        

…“    

        
4

Die Klägerin wurde in die Gehaltsgruppe 2a gemäß Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels Hamburg eingruppiert. Der Tarifvertrag weist als Regelbeispiel für diese Gehaltsgruppe, in die Angestellte mit einfacher Tätigkeit eingruppiert sind, „Verkäufer/innen, auch wenn sie kassieren“ aus. Eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe 3 setzt eine Tätigkeit voraus, die erweiterte Fachkenntnisse in einem entsprechend übertragenen Aufgabenkreis erfordert. Als Regelbeispiel sind „Kassierer/innen“ genannt.

5

Mit einem schriftlichen Vertrag vom 14. Mai 2012 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 31. August 2012 als Kassiererin beschäftigt und tarifgerecht nach Gehaltsgruppe 3 vergütet wird. Damit erhöhte sich das monatliche Bruttoentgelt der Klägerin von 1.757,79 Euro auf 1.811,49 Euro. Mit der beiderseits unterzeichneten „Verlängerung der befristeten Positionsveränderung“ vom 10. September 2012 vereinbarten die Parteien, die Positionsveränderung bis zum 28. Februar 2013 zu verlängern.

6

Im Herbst 2012 führte die Beklagte in ihrer Filiale K ein neues Kassensystem ein. Im Hinblick darauf hatte sie mit dem Gesamtbetriebsrat am 19. Juli 2012 eine „Zusatzvereinbarung zur Betriebsvereinbarung vom 14.09.2011 zur testweisen Einführung eines neuen Kassensystems“ geschlossen. Danach bestand Einigkeit, dass nach Durchführung der erforderlichen Schulungen unverzüglich mit der Installation des neuen Kassensystems begonnen werden und die Installation bis Mitte November 2012 abgeschlossen sein sollte.

7

Am 6. Februar 2013 unterrichtete die Klägerin die Leiterin der Filiale K über ihre Schwangerschaft. Am 7. Februar 2013 schrieb die Beklagte die Stelle einer Kassiererin in der Filiale K intern aus. Die Klägerin bewarb sich nicht. Die Stelle wurde am 1. März 2013 mit einer anderen Mitarbeiterin besetzt.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit als Kassiererin sei dauerhafter Vertragsinhalt geworden, da die Befristung der Tätigkeitsübertragung unwirksam sei. Die Befristungsabrede vom 10. September 2012 verstoße gegen das Schriftformgebot, da sie erst nach der Fortsetzung der Tätigkeit im Verlängerungszeitraum unterzeichnet worden sei. Zudem benachteilige die Befristung sie unangemessen. Es treffe nicht zu, dass die Tätigkeit als Kassiererin in der Zeit ab dem 1. September 2012 ihrer Erprobung am neuen Kassensystem dienen sollte. Eine weitere Erprobung sei nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls hätte die Erprobung nach § 2 Nr. 7 MTV die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten dürfen. Die Befristungsabrede sei mangels Angabe des Befristungszwecks intransparent. Der Beklagten sei es verwehrt, sich auf die Befristung zu berufen. Sie habe aufgrund des Verhaltens der Beklagten darauf vertrauen dürfen, über den 28. Februar 2013 hinaus als Kassiererin beschäftigt zu werden. Außerdem sei sie allein wegen der Schwangerschaft nicht über den 28. Februar 2013 hinaus unbefristet als Kassiererin beschäftigt worden. Die Filialleiterin habe ihr erklärt, der Kassierervertrag könne nicht über den 28. Februar 2013 weitergeführt werden, da wegen der Schwangerschaft ein Einsatz beim Kassenabschluss um 21:00 Uhr nicht möglich sei. Da sie nach Gehaltsgruppe 3 zu vergüten sei, stehe ihr für Mai 2013 die Gehaltsdifferenz in Höhe von 54,50 Euro brutto sowie ein in Abzug gebrachter Nettobetrag in Höhe von 56,95 Euro zu.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die zwischen ihr und der Beklagten vereinbarte Positionsveränderung zur Kassiererin nicht aufgrund Befristung zum 28. Februar 2013 beendet ist, sondern als unbefristete Positionsveränderung zur Kassiererin in der Gehaltsgruppe 3 des Lohn- und Gehaltstarifvertrags des Hamburger Einzelhandels über den 28. Februar 2013 hinaus fortbesteht;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie für Mai 2013 Vergütung in Höhe von 54,50 Euro brutto sowie weitere Vergütung in Höhe von 56,95 Euro netto, jeweils nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Juni 2013 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Befristung der Positionsveränderung sei wirksam. Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen bedürfe nicht der Schriftform. Die Befristung habe der Erprobung der Klägerin am neuen Kassensystem gedient. Dieses unterscheide sich erheblich vom bisherigen Kassensystem. Die Bedienungsmaske, die einzugebenden Codes der Zahlungsarten und weitere Eingabebezeichnungen seien so verändert, dass es auch erfahrenen Kassiererinnen ohne Schulung nicht möglich sei, das neue Kassensystem zu bedienen. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Beendigung ihres Einsatzes als Kassiererin stehe auch nicht mit ihrer Schwangerschaft im Zusammenhang. Außerdem könne ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nicht die Verpflichtung begründen, die Klägerin unbefristet als Kassiererin zu beschäftigen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Auf Grundlage der bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung der Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin an die Klägerin wirksam ist. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

13

I. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig.

14

1. Es handelt sich nicht um einen Befristungskontrollantrag nach § 17 Satz 1 TzBfG, sondern um einen allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

15

Die Klägerin macht geltend, die Tätigkeit als Kassiererin sei dauerhafter Vertragsinhalt geworden, weil die vereinbarte Befristung der Übertragung dieser Tätigkeit unwirksam sei. Auf die Befristung der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit findet die besondere Feststellungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG keine Anwendung. Die Unwirksamkeit der Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen ist mit einer Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen(BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 18; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 19; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 10, BAGE 140, 191; 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 14 mwN, BAGE 132, 59).

16

2. Der Klageantrag zu 1. erfüllt als Feststellungsantrag die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO.

17

a) Der Antrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 20; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 22; 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 19, BAGE 141, 259). So liegt der Fall hier. Die Parteien streiten über den arbeitsvertraglich dauerhaft geschuldeten Inhalt der Tätigkeit der Klägerin und damit über den Umfang ihrer Leistungspflicht.

18

b) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung liegt vor, da sich die Beklagte auf die zum 28. Februar 2013 vereinbarte Befristung der Tätigkeitsübertragung beruft und damit die dauerhafte Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin auf die Klägerin in Abrede stellt.

19

II. Der Senat kann auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden, ob der Feststellungsantrag begründet ist.

20

1. Die vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass die zum 28. Februar 2013 vereinbarte Befristung der Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin der Vertragsinhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält.

21

a) Die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin unterliegt einer Vertragsinhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB.

22

aa) Die Vertragsinhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird nicht durch die für die Befristung von Arbeitsverträgen geltenden Bestimmungen in §§ 14 ff. TzBfG verdrängt. Die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sind auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar (vgl. BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 31; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 29; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 18, BAGE 140, 191; 18. Juni 2008 - 7 AZR 245/07 - Rn. 19).

23

bb) Die Vertragsinhaltskontrolle erstreckt sich - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - nur auf die letzte, am 10. September 2012 vereinbarte befristete Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin. Die Kontrolle der Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung ist nur dann nicht auf die zuletzt getroffene Befristungsabrede beschränkt, wenn die Parteien in einer nachfolgenden Vereinbarung zur Befristung der Arbeitsvertragsbedingung dem Arbeitnehmer - ausdrücklich oder konkludent - das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung überprüfen zu lassen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 32; 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 22, BAGE 132, 59; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 115, 274). Dieses Recht haben die Parteien der Klägerin in der Vereinbarung vom 10. September 2012 nicht vorbehalten.

24

cc) Es kann dahinstehen, ob die Vereinbarung vom 10. September 2012 Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 BGB enthält oder ob sie nur zur einmaligen Verwendung mit der Klägerin bestimmt war. § 307 Abs. 1 BGB findet jedenfalls nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf die Vereinbarung Anwendung.

25

(1) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist § 307 BGB bei Verbraucherverträgen auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann anzuwenden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Arbeitsverträge sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 BGB(vgl. BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 34; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 31; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 17, BAGE 140, 191).

26

(2) Bei der letzten Befristungsabrede vom 10. September 2012 handelt es sich nach ihrem äußeren Erscheinungsbild um eine von der Beklagten vorformulierte Vertragsbestimmung, auf deren Inhalt die Klägerin keinen Einfluss nehmen konnte. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt.

27

dd) Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB ist nicht nach § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

28

(1) Nach § 307 Abs. 3 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Bei anderen Bestimmungen ist die Inhaltskontrolle auf den Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt. Der nur eingeschränkten Kontrolle unterliegen deklaratorische Vertragsklauseln, die in jeder Hinsicht mit einer bestehenden gesetzlichen Regelung übereinstimmen (BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 37; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 34; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B II 1 e aa der Gründe, BAGE 115, 274). Ebenfalls nur eingeschränkt zu kontrollieren sind Abreden über den Umfang der von den Parteien geschuldeten Hauptleistungen, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften unterliegen, sondern von den Vertragsparteien festgelegt werden müssen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 115, 372).

29

(2) Danach ist die Befristungsabrede der uneingeschränkten Inhaltskontrolle zu unterziehen. Die Befristungsabrede ist nicht deshalb nur beschränkt kontrollfähig, weil sie sich auf die Tätigkeit und die damit verbundene Vergütung bezieht. Gegenstand der Inhaltskontrolle ist nicht die vereinbarte Tätigkeit und die damit verbundene (höhere) Vergütung und somit der Umfang der von den Parteien zu erbringenden Hauptleistungen, sondern deren zeitliche Einschränkung durch die Befristung (vgl. BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 38; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 36; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B II 1 e bb der Gründe, BAGE 115, 274).

30

b) Das Landesarbeitsgericht durfte aufgrund der von ihm bislang festgestellten Tatsachen nicht annehmen, die zum 28. Februar 2013 vereinbarte Befristung der Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin an die Klägerin halte der Vertragsinhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

31

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

32

(1) Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Betrifft die Inhaltskontrolle einen Verbrauchervertrag, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen(st. Rspr., vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 40; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 46; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 21, BAGE 140, 191). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

33

(2) Für die bei der Befristung einzelner Vertragsbedingungen vorzunehmende Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB gelten damit andere Maßstäbe als für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Während die Befristung des gesamten Arbeitsvertrags - von den Fällen der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung abgesehen - daraufhin zu überprüfen ist, ob sie durch einen sachlichen Grund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, unterliegt die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB einer Angemessenheitskontrolle, die anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist(BAG 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 22, BAGE 140, 191).

34

(a) Trotz des unterschiedlichen Prüfungsmaßstabs sind jedoch bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle der Befristung einzelner Vertragsbedingungen Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnten, nicht ohne Bedeutung. Sie können sich bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitgebers auswirken(BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 42; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 22, BAGE 140, 191; 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 30, 38, BAGE 132, 59). Liegt der Befristung ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit einem Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnte, überwiegt in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Vereinbarung der Vertragsbedingung das Interesse des Arbeitnehmers an deren unbefristeter Vereinbarung. Dies ergibt sich aus den im Teilzeit- und Befristungsgesetz zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungsmaßstäben. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf Seiten des Arbeitnehmers kann in Ausnahmefällen eine andere Beurteilung in Betracht kommen (BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 42; 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 30, 38, aaO).

35

(b) Nach der Rechtsprechung des Senats können ausnahmsweise zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung durch die Befristung einer Vertragsbedingung Umstände erforderlich sein, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt rechtfertigen würden. Dies hat der Senat für den Fall der Befristung einer erheblichen Aufstockung der Arbeitszeit angenommen, da die dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zugrunde liegende Wertung, dass der unbefristete Vertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme ist, auch für die Vereinbarung des Umfangs der Arbeitszeit gilt. Das sozialpolitisch erwünschte - auch seinem Inhalt nach - unbefristete Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitnehmer ein dauerhaftes Auskommen sichern und zu einer längerfristigen Lebensplanung beitragen. Für diese Planung des Arbeitnehmers ist regelmäßig auch die Höhe des von ihm erzielten Einkommens maßgebend. Diese hängt ua. vom Umfang seiner Arbeitszeit ab. Eine längerfristige Planungssicherheit wird dem Arbeitnehmer daher nicht schon allein durch den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ermöglicht, sondern nur dann, wenn auch der Umfang der Arbeitszeit unbefristet vereinbart wird (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 23, BAGE 140, 191; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B II 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 115, 274). Daher bedarf die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang besonderer berechtigter Belange auf Arbeitgeberseite. Sie liegen nicht vor, wenn nicht auch ein zusätzlicher, über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert abgeschlossener Arbeitsvertrag insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG zulässig hätte befristet werden können(vgl. BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 43; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 24, aaO).

36

(c) Die Grundsätze, die der Senat zur befristeten Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang entwickelt hat, sind auf die befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht uneingeschränkt übertragbar. Das nach der gesetzgeberischen Wertung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sozialpolitisch erwünschte unbefristete Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitnehmer in erster Linie ein bestimmtes dauerhaftes Einkommen sichern, nicht aber einen bestimmten Tätigkeitsinhalt oder eine bestimmte hierarchische Stellung. Deshalb kann die Sicherung eines bestimmten Auskommens des Arbeitnehmers bei einer befristeten Tätigkeitsübertragung allenfalls dann beeinträchtigt sein, wenn diese mit einer ebenso befristeten und erheblichen Anhebung der Vergütung verbunden ist (vgl. BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 44; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 24, BAGE 140, 191).

37

bb) Danach hält die vom Landesarbeitsgericht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgenommene Würdigung, das Interesse der Beklagten an der nur befristeten Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin an die Klägerin sei höher zu bewerten als das Interesse der Klägerin an der dauerhaften Tätigkeitsübertragung, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

38

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der unbefristeten Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin hat. Diese höherwertige Tätigkeit ist mit einer höheren Vergütung als derjenigen für die dauerhaft vertraglich geschuldete Tätigkeit verbunden.

39

(2) Auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann nicht angenommen werden, dass der Befristung ein Sachverhalt zugrunde liegt, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit dem Sachgrund der Erprobung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG rechtfertigen könnte. Dieser Sachgrund könnte durch die Dauer der vereinbarten Vertragslaufzeit in Frage gestellt sein. Dies hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt.

40

(a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG liegt ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn die Befristung zur Erprobung erfolgt. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG nennt zwar keine konkrete zeitliche Vorgabe zur Erprobungsdauer. Allerdings kann der vereinbarten Vertragslaufzeit Bedeutung im Rahmen der Prüfung des Befristungsgrunds zukommen. Die Dauer der Vertragslaufzeit muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie nicht gegen das Vorliegen des Sachgrunds spricht. Aus der vereinbarten Vertragsdauer darf sich nicht ergeben, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist (BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 85/09 - Rn. 16; 29. Juli 2009 - 7 AZR 907/07 - Rn. 29; 26. August 1988 - 7 AZR 101/88 - zu III der Gründe, BAGE 59, 265). Steht die vereinbarte Dauer der Erprobungszeit in keinem angemessenen Verhältnis zu der in Aussicht genommenen Tätigkeit, trägt der Sachgrund der Erprobung nicht. Im Allgemeinen werden nach dem Vorbild des § 1 KSchG und der Kündigungsfristenregelung für Kündigungen während der Probezeit(§ 622 Abs. 3 BGB) sechs Monate als Erprobungszeit ausreichen. Einschlägige Tarifverträge können Anhaltspunkte geben, welche Probezeit angemessen ist (BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 85/09 - Rn. 16; 15. März 1978 - 5 AZR 831/76 - zu I 2 b der Gründe). Längere Befristungen zur Erprobung aufgrund besonderer Einzelfallumstände sind aber - vorbehaltlich entgegenstehender einschlägiger und für das Arbeitsverhältnis geltender Tarifvorschriften - möglich (vgl. BAG 12. September 1996 - 7 AZR 31/96 - zu I 3 der Gründe). An einem sachlichen Grund der Erprobung fehlt es, wenn der Arbeitnehmer bereits ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber mit den von ihm zu erfüllenden Aufgaben beschäftigt war und der Arbeitgeber die Fähigkeiten des Arbeitnehmers hinreichend beurteilen kann (BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 636/03 - zu II 3 a der Gründe).

41

(b) Danach könnte die vereinbarte Vertragslaufzeit gegen die Annahme sprechen, die befristete Beschäftigung der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2012 bis zum 28. Februar 2013 habe ihrer Erprobung am neuen Kassensystem gedient.

42

(aa) Nach § 2 Nr. 7 MTV soll eine Probezeit in der Regel drei Monate nicht überschreiten. Die Vorschrift gilt zwar nur für die Vereinbarung einer Probezeit iSv. § 622 Abs. 3 BGB. Die sich aus § 2 Nr. 7 MTV ergebende Wertung, für eine Erprobung der unter den Anwendungsbereich des MTV fallenden Arbeitnehmer sei regelmäßig nur eine Dauer von drei Monaten erforderlich, kann aber auch zur Beurteilung der Angemessenheit der vorliegend vereinbarten Vertragslaufzeit für die Erprobung der Klägerin am neuen Kassensystem herangezogen werden. Bei einer bereits als Verkäuferin beschäftigten Arbeitnehmerin, die künftig in der Funktion als Kassiererin beschäftigt werden soll, wird im Regelfall jedenfalls keine längere Erprobungszeit für die Tätigkeit in der neuen Funktion erforderlich sein als bei einer neu eingestellten Arbeitnehmerin, die von Anfang an als Kassiererin beschäftigt werden soll. § 2 Nr. 7 MTV schließt zwar eine längere Befristung zur Erprobung als drei Monate nicht aus. Dazu bedarf es aber besonderer Einzelfallumstände.

43

(bb) Die Klägerin war bereits als Verkäuferin mit Kassierertätigkeiten betraut und in der Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 31. August 2012 am alten Kassensystem erprobt worden. Die Klägerin sollte nach dem Vortrag der Beklagten in der Folgezeit am neuen Kassensystem erprobt werden. Die Beklagte hat insoweit behauptet, das neue Kassensystem unterscheide sich erheblich vom bisherigen. Die Bedienungsmaske, die einzugebenden Codes der Zahlungsarten und weitere Eingabebezeichnungen seien so verändert, dass es auch erfahrenen Kassiererinnen ohne Schulung nicht möglich sei, das neue Kassensystem zu bedienen. Entsprechende Feststellungen über den Umfang der Änderungen und die erforderliche Dauer einer Schulung, Einarbeitung und Erprobung sowie über den bei Vertragsschluss vorgesehenen Zeitpunkt der Einführung des Kassensystems hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Deshalb kann nicht beurteilt werden, ob eine mehr als dreimonatige Probezeit den Sachgrund der Erprobung in Frage stellt.

44

cc) Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Befristung der Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin der gebotenen Vertragsinhaltskontrolle standhält. Zur Wirksamkeit der Befristung bedarf es zwar keiner Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden. Die Beklagte hat sich jedoch ausschließlich darauf berufen, dass die Befristung zur Erprobung der Klägerin an dem neuen Kassensystem erfolgt sei. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der nur befristeten Übertragung der Tätigkeit kann der Beklagten jedoch ebenfalls nur für einen zur Erprobung angemessenen Zeitraum zugebilligt werden.

45

(1) Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnten, sind zu der Annahme, dass die Klägerin durch die Befristung nicht iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt wird, nicht erforderlich. Eine erhebliche Anhebung der Vergütung, die ausnahmsweise einen Sachgrund erfordern könnte, liegt bei der Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin an die Klägerin nicht vor. Es handelt sich zwar um eine höherwertige und höher vergütete Tätigkeit als die Tätigkeit einer Verkäuferin. Allerdings beläuft sich die Vergütungsdifferenz lediglich auf derzeit 54,50 Euro brutto monatlich und damit auf etwa 3 % der monatlichen Gesamtvergütung der Klägerin. Die längerfristige, durch die Höhe des Einkommens beeinflusste Lebensplanung der Klägerin wird durch die möglicherweise zu erwartende Rückkehr zu der dauerhaft vertraglich vereinbarten Tätigkeit nach dem Befristungsende nicht in ähnlicher Weise beeinträchtigt wie bei der befristeten Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang.

46

(2) Die Annahme, die Klägerin werde durch die Befristung nicht iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt, setzt jedoch ein rechtlich anerkennenswertes Interesse der Beklagten an der nur befristeten Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin an die Klägerin voraus. Der Zweck, die Eignung eines Arbeitnehmers zur Wahrnehmung einer höherwertigen Position zu erproben, kann ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an einer befristeten Übertragung der höherwertigen Aufgaben begründen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der befristete Vertrag für einen zur Erprobung angemessenen Zeitraum vereinbart wird. Steht die vereinbarte Vertragslaufzeit außer Verhältnis zu dem Erprobungszweck, wird die Klägerin durch die Befristung der Tätigkeitsübertragung unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB.

47

(3) Das Landesarbeitsgericht wird daher - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - zu prüfen haben, ob die vereinbarte Vertragslaufzeit außer Verhältnis zu dem Erprobungszweck steht. Dies ist nicht wegen des Fehlens einer schriftlichen Vereinbarung des Erprobungszwecks entbehrlich. Der Erprobungszweck muss nicht vereinbart sein.

48

(a) Das Bestehen eines anerkennenswerten Interesses des Arbeitgebers an der nur befristeten Tätigkeitsübertragung ist nur objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung. Die Vereinbarung eines Befristungsgrunds ist dazu nicht erforderlich. Ebenso wie für den Sachgrund der Erprobung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG(vgl. dazu BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 636/03 - zu II 2 der Gründe) gelten insoweit auch für das anerkennenswerte Interesse des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer zu erproben, im Rahmen der Vertragsinhaltskontrolle keine Besonderheiten. Der Erprobungszweck kann auch dann erreicht werden, wenn der Arbeitnehmer davon nicht in Kenntnis gesetzt ist.

49

(b) Eine Verpflichtung, den Grund für die Befristung der Tätigkeitsübertragung schriftlich zu vereinbaren, folgt für den Verwender einer Allgemeinen Geschäftsbedingung bei einer kalendermäßigen Befristung auch nicht aus dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 51; 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 23, BAGE 132, 59). Die Befristungsabrede ist auch ohne diese Angabe klar und verständlich.

50

(c) Eine schriftliche Vereinbarung des Erprobungszwecks ist auch nicht nach dem Eingangssatz in § 2 MTV erforderlich. Danach regelt der Arbeitsvertrag ua. eine Probezeit. Diese Vorschrift gebietet nicht die Angabe des Erprobungszwecks bei einer Vereinbarung der befristeten Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Hierbei handelt es sich nicht um eine Probezeit iSv. § 2 MTV.

51

Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Tarifnorm, von dem bei der Auslegung eines Tarifvertrags vorrangig auszugehen ist (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 488/14 - Rn. 14). Die „Probezeit“ ist ein in der Rechtssprache gebräuchlicher Begriff. Darunter ist ein vereinbarter Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses zu verstehen, innerhalb dessen das Arbeitsverhältnis nach § 622 Abs. 3 BGB mit einer verkürzten Frist gekündigt werden kann. Verwenden die Tarifvertragsparteien - wie hier - einen Rechtsbegriff, ist anzunehmen, dass sie ihn in seiner rechtlichen Bedeutung verwenden wollen (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14).

52

Der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung bestätigt dieses Verständnis. Der Begriff „Probezeit“ steht auch an anderer Stelle im Tarifvertrag im Zusammenhang mit der verkürzten Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB. So kann nach § 17 Nr. 3 MTV für eine Probezeit von bis zu drei Monaten(§ 2 Nr. 7 MTV) eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart werden. Wird ein bestimmter Begriff - wie hier - mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (BAG 13. Januar 2016 - 10 AZR 42/15 - Rn. 16).

53

Sinn und Zweck der tariflichen Regelung gebieten keine andere Auslegung. Die Regelung dient - ebenso wie § 2 Abs. 1 NachwG - dem Ziel, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. Dazu genügt bei einer kalendermäßigen Befristung die schriftliche Niederlegung der Befristungsabrede. Der Angabe des Befristungsgrunds bedarf es nicht.

54

2. Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Landesarbeitsgericht. Die Zurückverweisung ist nicht nach § 563 Abs. 3 ZPO entbehrlich. Die Befristung der Tätigkeitsübertragung ist weder aus anderen Gründen unwirksam noch ist die Beklagte nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich auf die Befristung der Tätigkeitsübertragung zu berufen.

55

a) Die Befristung ist nicht aus anderen Gründen unwirksam.

56

aa) Der Wirksamkeit der Befristung steht nicht entgegen, dass sie erst nach Beginn des Verlängerungszeitraums schriftlich niedergelegt wurde.

57

(1) Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Bestimmung nicht für die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen gilt(BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 52).

58

(2) Die Befristung verstößt auch nicht gegen die in § 2 MTV vorgesehene Schriftform. § 2 MTV bestimmt zwar im Eingangssatz, dass zum Arbeitsverhältnis ein schriftlicher Vertrag gehört; nach § 2 Nr. 1 MTV erhält jeder Beschäftigte grundsätzlich einen schriftlichen Anstellungsvertrag, der bestimmte Angaben zu enthalten hat. Die Angabe einer vereinbarten Befristung ist in § 2 MTV nicht erwähnt. Im Übrigen sieht § 2 MTV kein konstitutives Schriftformerfordernis für den Arbeitsvertrag und die darin festgelegten Arbeitsbedingungen vor. Die Einhaltung der Schriftform des § 2 MTV ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags. Dafür spricht schon der Wortlaut der Vorschrift. Die Formulierung im Eingangssatz zu § 2 MTV „zum Arbeitsverhältnis gehört ein schriftlicher Vertrag“ ist zur Begründung eines Formzwangs unüblich. Aus § 2 Nr. 1 MTV, wonach jeder Beschäftigte grundsätzlich einen schriftlichen Anstellungsvertrag erhält, ist vielmehr zu schließen, dass eine Beschäftigung auch auf der Grundlage eines formlos abgeschlossenen Arbeitsvertrags möglich ist und dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf schriftliche Abfassung des Vertrags zusteht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags von einem schriftlichen Vertragsschluss abhängig machen wollten.

59

bb) Die Befristung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

60

(1) Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. Beschäftigte dürfen nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG nicht wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe - hierzu gehört auch das Geschlecht - benachteiligt werden.

61

(2) Die Beklagte hat die Klägerin durch die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin nicht wegen ihrer Schwangerschaft und damit gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung am 10. September 2012 war die Klägerin nicht schwanger. Die von der Klägerin behauptete Benachteiligung bei der Entscheidung, ihren Einsatz als Kassiererin nicht über den 28. Februar 2013 hinaus zu verlängern, führt unabhängig von der Motivation der Beklagten nicht zur Unwirksamkeit der am 10. September 2012 vereinbarten Befristung, da für die Wirksamkeit der Befristung die Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend sind (vgl. BAG 24. September 2014 - 7 AZR 987/12 - Rn. 22).

62

b) Der Beklagten ist es auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Befristung zu berufen. Es kann dahinstehen, ob der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagte auf Änderung des Arbeitsvertrags zwecks dauerhafter Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin zusteht. Selbst wenn die Beklagte wegen eines von ihr geschaffenen Vertrauenstatbestands im Sinne einer Zusage auf unbefristete Fortsetzung dieser Tätigkeit (vgl. hierzu BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 754/10 - Rn. 31; 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 21; 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 18, BAGE 127, 239) verpflichtet sein sollte, der Klägerin die Funktion einer Kassiererin dauerhaft zu übertragen, oder sich diese Pflicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verletzung des Verbots der Benachteiligung wegen des Geschlechts nach § 7 Abs. 1 iVm. §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 2 AGG ergeben sollte, weil die Beklagte der Klägerin die dauerhafte Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin wegen ihrer Schwangerschaft vorenthalten hat, wie die Klägerin behauptet, führte dies weder zur Unwirksamkeit der Befristung im Vertrag vom 10. September 2012 noch begründete eine solche Rechtspflicht einen gegenüber der Beklagten aus § 242 BGB herzuleitenden Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens(vgl. hierzu BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 853/13 - Rn. 42). Dies begründete vielmehr einen Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Ein solcher Anspruch ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Er ist mit einer Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung geltend zu machen (vgl. hierzu BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 81/06 - Rn. 17).

63

III. Der Zurückverweisung unterliegt auch der auf Zahlung gerichtete Hilfsantrag. Über diesen Antrag ist nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu entscheiden. Die Voraussetzung ist bislang nicht erfüllt. Sollte das Landesarbeitsgericht nach erneuter Prüfung dem Feststellungsantrag stattgeben, wird noch über den Hilfsantrag zu entscheiden sein.

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Busch    

        

    Hansen    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2014 - 7 Sa 727/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine vom Kläger geltend gemachte tarifvertragliche Mehrflugstundenvergütung.

2

Der Kläger arbeitet bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen als Flugzeugführer. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Manteltarifvertrag Nr. 3a für das Cockpitpersonal bei Germanwings, abgeschlossen zwischen der Beklagten und der Vereinigung Cockpit e. V., vom 9. November 2011, gültig ab 1. Juli 2011 (künftig MTV), Anwendung. Der MTV hat, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

        

II. Einsatz und Freizeit

        

…       

        

§ 10 Arbeitszeit

        

1)    

Die Arbeitszeit ist die Zeit, in welcher der Mitarbeiter auf Anordnung der GWI [Beklagte] Dienst leistet.

                 

…       

        

2)    

Zur Arbeitszeit zählen:

                 

a)    

die Flugdienstzeit (§ 11)

                 

b)    

die Beförderungszeit (§ 14)

                 

c)    

die Bereitschaftszeit gemäß § 15 dieses Tarifvertrages; …

                 

d)    

die notwendige Zeit für vorgeschriebene, und von der GWI angeordnete fliegerärztliche/tropenmedizinische Untersuchungen und Impfungen

                 

e)    

die Zeit zur Wahrnehmung der Verpflichtungen als Personalvertreter im Rahmen der Erforderlichkeit gem. § 38 Tarifvertrag Personalvertretung, sowie die Zeit zur Teilnahme an Personalversammlungen.

                 

f)    

die notwendige Zeit für Tarifverhandlungen und Tarifkommissionssitzungen.

                 

g)    

sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistungen und Tätigkeiten (z. B. Schulungen, PR).

        

3)    

Für die Arbeitszeit gelten folgende Beschränkungen:

                 

a)    

2000 Stunden im Kalenderjahr

                 

b)    

210 Stunden im Kalendermonat

                 

c)    

70 Stunden in 7 aufeinanderfolgenden Tagen

        

§ 11 Flugdienstzeit

        

1)    

Zur Flugdienstzeit zählen:

                 

a)    

die Flugzeit

                 

b)    

die Zeit für Flugvorbereitungsarbeiten (mindestens 60 Minuten)

                 

c)    

die Zeit für Abschlussarbeiten (mindestens 30 Minuten)

                 

d)    

die Bodenzeit bei Zwischenaufenthalten, soweit nicht Ruhezeit (§ 13)

                 

e)    

Arbeitszeit, die vor Antritt eines Flugdienstes geleistet wird, wenn zwischen Arbeitszeit und Flugdienstzeit keine Ruhezeit nach § 13 gewährt wird

                 

f)    

die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit einschließlich der Zeiten für Vor- und Abschlussarbeiten nach den Buchstaben b) und c).

        

…       

                 
        

§ 12 Flugzeit (Blockzeit)

        

1)    

Als Flugzeit gilt die Gesamtzeit von dem Zeitpunkt an, an dem ein Luftfahrzeug mit eigener oder fremder Kraft zum Start abrollt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es nach dem Flug zum Stillstand kommt. …

                          
        

2)    

Als Flugzeit gilt außerdem die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit.

        

3)    

Die Flugzeiten sind wie folgt beschränkt:

                 

a)    

900 Stunden während eines Kalenderjahres

                 

b)    

300 Stunden in 91 aufeinanderfolgenden Tagen

                 

c)    

100 Stunden im Kalendermonat, ...

        

§ 13 Ruhezeit

        

…       

        

§ 14 Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit)

        

1)    

Die Beförderungszeit ist eine Zeit, die ein Mitarbeiter auf Anordnung der GWI ohne eigene Dienstleistung zum Antritt bzw. nach Beendigung seines Dienstes mitfliegt oder mit anderen Transportmitteln befördert wird.

        

...     

        
        

§ 15 Bereitschaftszeit

        

(Stand-by und Stand-by-Reserve)

        

…       

        

III. Ansprüche des Mitarbeiters

        

§ 19 Vergütung

        

1)    

Die Mitarbeiter erhalten eine monatliche Vergütung, die im Vergütungstarifvertrag für das Cockpitpersonal festgelegt ist. Die Vergütung besteht aus folgenden Bestandteilen:

                 

a)    

Grundgehalt (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

                 

b)    

Flugzulage (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

                 

c)    

Mehrflugstundenvergütung (gemäß des jeweils gültigen GWI MTV)

        

...     

        

4)    

Die monatliche Vergütung wird für den laufenden Monat spätestens bis zum Monatsende auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen. Die variablen Gehaltsbestandteile gemäß Abs. 1 c) werden jeweils bis zum Monatsende des folgenden Monats überwiesen.

        

5)    

Die in jedem Monat erfolgten Dead-Head-Einsätze werden gesondert erfasst und ausgewiesen. Alle über 2,5 Stunden monatlich hinausgehenden Dead-Head-Stunden werden mit dem Dead-Head-Stundensatz 12,00 € für Copiloten und 18,87 € für Kapitäne zusätzlich vergütet. …

        

6)    

Simulatorstunden werden monatlich gesondert erfasst und ausgewiesen. Sie werden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5) zusätzlich vergütet.

        

§ 20 Mehrflugstundenvergütung

        

1)    

Berechnung der Mehrflugstundenvergütung1

        

(a)     

Die Mitarbeiter erhalten pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde eine Mehrflugstundenvergütung gemäß folgender Formel:

                 

individuelle Grundvergütung + Flugzulage

                 

79    

                 

Die Mehrflugstundenvergütung beträgt ab dem 01.07.2007 pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde:

                          

für die 80. bis zur 85. Flugstunde 125 %,

                          

ab der 86. Flugstunde 140 %

                          

dieses Mehrflugstundensatzes.

        

(b)     

Berechnung Flugstunden2

                 

Bei der Berechnung der Flugstunden im Sinne der Ziffer III. werden die anfallenden Blockzeiten gemäß Protokollnotiz V zugrunde gelegt.

        

2)    

Entstehen des Anspruches

                 

Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt.

        

3)    

Anrechnung von Flugzeiten

                 

Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Dabei wird ein Arbeitstag mit 7,5 Stunden veranschlagt. Für Arbeitszeiten von weniger als 3,75 Stunden werden 2,00 Stunden angerechnet.

                 

1Gültig ab dem 01.07.2007

                 

2Gültig spätestens zum 01.01.2012“

3

Die in § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV angesprochene Protokollnotiz (Nr.) V trägt die Überschrift „BLZ 68-Regelung“ und sieht vor, dass bei der Berechnung der bezahlungswirksamen Flugstunden bei bestimmten Flugzeugtypen grundsätzlich nicht die tatsächlich geflogene Blockzeit, sondern die planmäßige Blockzeit eines 68 %-Quantils nach näherer Maßgabe zugrunde zu legen ist.

4

Die Flugzeugführer der Beklagten sind verpflichtet, zwei Mal im Jahr an jeweils zwei Tagen zu je vier Stunden ein Trainings- und Prüfprogramm in einem Flugsimulator zu absolvieren. Es handelt sich dabei um die originalgetreue Nachbildung eines Flugzeugcockpits, in welchem sowohl die Bewegungen als auch die Sichtverhältnisse eines Fluges nachgeahmt werden. In dem Simulatortraining geht es insbesondere darum, irreguläre Flugsituationen zu bewältigen, wie sie beispielsweise aufgrund technischer Defekte am Flugzeug auftreten können. Eine der beiden jährlichen Simulatortrainingseinheiten wird betriebsintern durchgeführt. Wenn ein Flugzeugführer diese Prüfung nicht besteht, finden Nachschulungen statt. Die andere der beiden jährlichen Simulatortrainingseinheiten führt das Luftfahrtbundesamt durch. Falls diese Prüfung vom Flugzeugführer nicht bestanden wird, was selten der Fall ist, kann dies seine sofortige Suspendierung vom Flugbetrieb zur Folge haben.

5

Im Monat Oktober 2012 wurden dem Kläger Flugstunden im Umfang von 78 Stunden und 41 Minuten angerechnet. Die Beklagte zahlte an ihn keine Mehrflugstundenvergütung, da der Schwellenwert des § 20 Abs. 2 MTV von 79 Flugstunden nicht erreicht sei. Ferner absolvierte der Kläger in diesem Monat acht von der Beklagten angeordnete Simulatorstunden, die diese nicht bei der Berechnung einer Mehrflugstundenvergütung berücksichtigte. Wäre eine entsprechende Anrechnung erfolgt, hätte dem Kläger eine Mehrflugstundenvergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 774,83 Euro brutto zugestanden.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung von Mehrflugstundenvergütung für den Monat Oktober 2012. Die in diesem Monat absolvierten acht Simulatorstunden seien bei der Berechnung zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 774,83 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 1. Dezember 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte, die Klagabweisung beantragt hat, meint, eine Auslegung des Tarifvertrags ergebe, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht bestehe. Simulatorstunden seien keine „bezahlungswirksamen Mehrflugstunden“ im Sinne von § 20 MTV.

9

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin eine Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung, da die von ihm absolvierten Simulatorstunden Flugstunden iSv. § 20 Abs. 2 MTV sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat.

11

I. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Mehrflugstundenvergütung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c, § 20 Abs. 1, Abs. 2 MTV zu. Dies ergibt sich aus einer Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen.

12

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 28. August 2013 - 10 AZR 701/12 - Rn. 13 mwN) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat (BAG 8. März 1995 - 10 AZR 27/95 - zu II 2 a der Gründe). Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 488/11 - Rn. 13, BAGE 142, 284).

13

2. In Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei der vom Kläger auf Anordnung der Beklagten im Flugübungsgerät (Simulator) verbrachten Zeit um Flugstunden im Sinne von § 20 Abs. 2 MTV.

14

a) Bereits der Wortlaut des Tarifvertrags, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 12. Februar 2015 - 10 AZR 72/14 - Rn. 20 mwN), spricht für dieses Verständnis, auch wenn in § 12 MTV „Flugzeiten“ und nicht „Flugstunden“ definiert werden.

15

aa) Ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entsteht nach § 20 Abs. 2 MTV, wenn mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat geleistet werden. Gemäß § 12 Abs. 2 MTV gilt als Flugzeit auch die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit. Damit gelten Simulatorstunden als Flugstunden im Sinne des MTV, denn der in § 20 Abs. 2 MTV verwendete Begriff der „Flugstunde“ hat keine andere Bedeutung als der in § 12 Abs. 2 MTV benutzte Ausdruck „Flugzeit“.

16

(1) „Flugzeit“ ist eine allgemeine Bezeichnung des Tatbestandsmerkmals, ohne eine Quantifizierung nach den Einheiten Sekunde, Minute, Stunde oder Tag. Eine „Flugstunde“ ist ein auf einen bestimmten Umfang bezogener Fall der „Flugzeit“, wie § 12 Abs. 3 MTV zeigt, der die Flugzeit nach Stunden in bestimmten größeren Zeitabschnitten (Kalenderjahr, 91 aufeinanderfolgende Tage, Kalendermonat) begrenzt.

17

(2) Die Begriffe werden von den Tarifvertragsparteien zum Teil synonym verwendet. Bei der Berechnung der Flugstunden nach § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV ist auf bestimmte Blockzeiten abzustellen. Aus der Überschrift zu § 12 MTV ist dabei abzulesen, dass „Blockzeit“ nur ein anderer Ausdruck für „Flugzeit“ ist. Die in einem Luftfahrzeug bei einem regulären Flug absolvierten Flugstunden werden in § 12 Abs. 1 MTV als „Flugzeit“ bezeichnet. § 20 Abs. 3 MTV trägt die Überschrift „Anrechnung von Flugzeiten“, wobei im nachfolgenden Text von „Flugstunden“ bzw. nur von „Stunden“ die Rede ist, die angerechnet werden. Die Protokollnotiz Nr. V verwendet sowohl den Begriff der Flugstunde als auch den der Blockzeit, welche wiederum minutengenau abzurechnen ist.

18

(3) Auch im üblichen Sprachgebrauch ist „Stunde“ eine präzisierende Bezeichnung des allgemeinen Begriffs „Zeit“ mit zum Teil synonymer Bedeutung. Aufeinanderfolgende Minuten, Stunden, Tage oder Wochen sind die Abschnitte und Einheiten, die mit dem Begriff „Zeit“ zusammengefasst werden.

19

(4) Die wechselnde Verwendung der Begriffe „Flugzeit“ und „Flugstunde“ im MTV ist entgegen der Auffassung der Revision nicht geeignet, hieraus einen von den Tarifvertragsparteien gewollten Bedeutungsunterschied abzuleiten. Vorliegend verbietet es sich umso mehr bei der Auslegung am Buchstaben zu haften, als der MTV erkennbar begriffliche Ungenauigkeiten aufweist. So folgt beispielsweise auf den Abschnitt III „Ansprüche des Mitarbeiters“ sowohl im Inhaltsverzeichnis als auch im fortlaufenden Text des MTV - ohne dass es einen Abschnitt IV gäbe - unmittelbar der Abschnitt V „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“, an welchen sich ein weiterer Abschnitt V „Schlussbestimmungen“ anschließt. Die Bestimmung zur Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall in § 21 Abs. 1 MTV nimmt Bezug auf Vergütungsregelungen in § 10 MTV, womit aber offenkundig § 19 MTV gemeint ist.

20

bb) Soweit in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV von „bezahlungswirksamen“ Mehrflugstunden die Rede ist, hat dies keinen eigenen tatbestandlichen Regelungsgehalt für das Entstehen des Anspruchs, sondern setzt einen solchen voraus. § 20 Abs. 1 MTV regelt nach seiner Überschrift die Berechnung der Mehrflugstundenvergütung. Dagegen ist das Entstehen des Anspruchs Gegenstand von § 20 Abs. 2 MTV. Danach wird Mehrflugstundenvergütung nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt. Diese übersteigende Flugstundenanzahl ist dann nach Maßgabe der in § 20 Abs. 1 MTV angegebenen Formel „bezahlungswirksam“.

21

b) Die Systematik des MTV spricht für die aufgezeigte Wortlautauslegung und bestärkt diese.

22

aa) Die Stellung des § 12 Abs. 2 MTV in Abschnitt II „Einsatz und Freizeit“ hindert nicht die Anwendung der dort geregelten Fiktion, dass im Flugübungsgerät auf Anordnung verbrachte Zeit als Flugzeit gilt, auf die Regelung in § 20 Abs. 2 MTV in Abschnitt III „Ansprüche des Mitarbeiters“. Begriffsdefinitionen oder angeordnete Fiktionen in einem Abschnitt eines Tarifvertrags sind auch für die anderen Abschnitte maßgeblich, soweit dort nicht ausdrücklich von einer vorangehenden Definition abgewichen wird. Es kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien einen Begriff im gesamten Tarifvertrag einheitlich verwenden (vgl. ErfK/Franzen 16. Aufl. § 1 TVG Rn. 98).

23

bb) Ein ausdrückliches Abweichen von der vorangehenden Definition kann nicht darin gesehen werden, dass in § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV von „Flugstunden im Sinne der Ziffer III“ die Rede ist. Dabei mag es sein, dass die Berechnung der Blockzeiten realer Flüge bestimmter Flugzeugtypen nach der Protokollnotiz Nr. V für die Vergütungsregelung in Abschnitt III des MTV von arbeitszeitrechtlichen Regelungen in Abschnitt II des MTV abweicht. Damit wird aber nicht hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass die Fiktionsregelung in § 12 Abs. 2 MTV nicht für § 20 Abs. 2 MTV gelten soll.

24

cc) Der MTV stellt die Abschnitte II und III nicht zusammenhanglos nebeneinander. Vielmehr stehen alle Abschnitte des MTV in einer Wechselbeziehung. Abschnitt I des MTV beinhaltet nach seiner Überschrift „Allgemeine Verpflichtungen“. Abschnitt II des MTV, der insbesondere die Arbeitspflichten der Mitarbeiter hinsichtlich ihres zeitlichen Umfangs betrifft, enthält eine Reihe von immer feiner untergliederten Begriffsdefinitionen. Für das Verständnis von Abschnitt III des MTV, der die Ansprüche der Mitarbeiter regelt, ist die Heranziehung von Begriffsbestimmungen aus vorhergehenden Abschnitten erforderlich. Beispielsweise ist die Regelung der zusätzlichen Vergütung für Dead-Head-Stunden in Abschnitt III § 19 Abs. 5 MTV nur unter Hinzuziehung der Regelung in Abschnitt II § 14 MTV verständlich und anwendbar. Die Anwendung der Kündigungsfristenregelung in der Probezeit nach Abschnitt V § 34 Abs. 1 MTV bedarf eines Rückgriffs auf die Probezeitregelung in Abschnitt I § 4 MTV. Die Kündigungsfristenregelung nach der Probezeit in Abschnitt V § 34 Abs. 2 MTV ist ohne die Bestimmung der Betriebszugehörigkeit nach Abschnitt I § 3 MTV nicht anwendbar. In gleicher Weise kann § 20 Abs. 2 MTV nicht ohne § 12 Abs. 2 MTV gelesen werden.

25

dd) Dem oben unter I 2 a dargestellten Tarifverständnis steht die Protokollnotiz Nr. V zum MTV nicht entgegen. Diese sieht vor, dass nach ausdifferenzierter Maßgabe grundsätzlich die planmäßige Blockzeit und nicht die tatsächlich geflogene Blockzeit für die Berechnung der Flugstunden maßgeblich ist. Dass die Protokollnotiz Nr. V der Sache nach nur Bedeutung für in bestimmten Flugzeugen absolvierte Flugstunden hat, ist kein Argument dafür, bezüglich des Entstehens des Anspruchs im Sinne von § 20 Abs. 2 MTV nicht auch Flugzeiten (Blockzeiten) nach § 12 Abs. 2 MTV zu berücksichtigen. Einer Berechnungsvorschrift wie der Protokollnotiz Nr. V bedarf es nur für tatsächlich geflogene Flugstunden, da es hier in der Praxis leicht zu Abweichungen zwischen Planung und Durchführung kommen kann. Für die Berechnung der auf Anordnung im Flugsimulator verbrachten Flugzeit ist eine solche Berechnungsvorschrift nicht nötig, da deren Umfang von vornherein feststeht und sich äußere Umstände nicht wie bei einem tatsächlichen Flug hierauf auswirken.

26

c) Wenn eine der Tarifvertragsparteien beabsichtigt haben sollte, Simulatorstunden nicht als Flugstunden bei der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen, da es sich nicht um „produktive“ Stunden handele, hat dies im MTV jedenfalls keinen Niederschlag gefunden. Das wäre angesichts des übrigen Regelungszusammenhangs aber erforderlich. So sieht der MTV in mehrfacher Weise eine Berücksichtigung von Zeiten als Flugstunden vor, obwohl diese nicht „produktiv“ im Sinne eines Fluges mit einem Luftfahrzeug und zahlenden Passagieren sind. Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 MTV werden für die Teilnahme an vom Arbeitgeber angeordneten Schulungen(vgl. § 10 Abs. 2 Buchst. g MTV) pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Nach § 28 MTV werden - neben der Fortzahlung der Vergütung - 2,63 Flugstunden pro Urlaubstag berücksichtigt. Diese Regelung gilt nach § 30 Abs. 3 Buchst. e MTV auch für Mitglieder der Verhandlungskommission hinsichtlich der Teilnahme an Tarifverhandlungen und für Vorbereitungstage. Die Protokollnotiz Nr. V zum MTV legt als „bezahlungswirksame Flugstunden“ grundsätzlich die planmäßigen Blockzeiten zugrunde, auch wenn die tatsächlich geflogene Blockzeit geringer gewesen sein sollte.

27

d) Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, dass es Sinn der Regelung in § 19 Abs. 6 MTV sei, durch die dort geregelte zusätzliche Vergütung der Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass diese nicht als Flugstunden im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung berücksichtigt würden. Dies kann der tarifvertraglichen Regelung nicht entnommen werden.

28

aa) Die zusätzliche Vergütung der Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz nach § 19 Abs. 6 MTV ist unabhängig davon zu zahlen, ob der Arbeitnehmer im jeweiligen Monat Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung hat, ob ein solcher Anspruch deshalb nicht entsteht, weil die Simulatorstunden insoweit nicht mitgezählt werden oder ob auch bei Berücksichtigung der Simulatorstunden der Schwellenwert von mehr als 79 Flugstunden gemäß § 20 Abs. 2 MTV nicht erreicht wird. Es besteht keine Verknüpfung der Regelung des § 19 Abs. 6 MTV mit der Regelung in § 20 iVm. § 12 Abs. 2 MTV.

29

bb) Die Beklagte wendet zu Unrecht ein, es widerspräche dem Sinn der tarifvertraglichen Regelung, wenn eine Simulatorstunde besser bezahlt werde, als eine tatsächliche Flugstunde. Die Tarifvertragsparteien haben vielmehr ausdrücklich eine gegenüber der tatsächlichen Flugstunde bessere Bezahlung der Simulatorstunde vorgesehen, wie die in § 19 Abs. 6 MTV angeordnete „zusätzliche“ Vergütung der Simulatorstunde zeigt. Diese „bessere“ Bezahlung erfolgt insbesondere auch dann, wenn gar keine Mehrflugstunden anfallen und folgt allein aus der Regelung in § 19 Abs. 6 MTV. Im Rahmen der Regelung einer Mehrflugstundenvergütung gemäß § 20 Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 2 MTV werden Simulatorstunden hingegen gleichwertig mit tatsächlichen Flugstunden behandelt, aber nicht besser. Im Übrigen werden sogar Dead-Head-Stunden nach § 19 Abs. 5 MTV ab einem bestimmten Umfang besser vergütet, als tatsächliche Flugstunden, obwohl diese weder „produktiv“ noch mit einer besonderen Verantwortung verbunden sind und - anders als die Simulatorstunden nach § 11 Abs. 1 Buchst. f MTV - nicht zur Flugdienstzeit zählen.

30

cc) § 19 Abs. 6 MTV stellt keine abschließende gesonderte Vergütungsregelung für Simulatorstunden dar. Der Umstand, dass sie mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz „zusätzlich“ zu vergüten sind, lässt zumindest offen, in welchem Umfang sie im Übrigen zu vergüten sind.

31

dd) Ob eine Gleichbehandlung der Simulatorstunden mit tatsächlichen Flugstunden beim Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung sinnvoll ist, wofür die Konfrontation mit einer Häufung schwieriger Flugsituationen im Simulator und die Anspannung angesichts der für die weitere Berufsausübung zu bestehenden Prüfung sprechen könnte, oder ob dies aufgrund der fehlenden Verantwortung für reale Passagiere und die fehlende konkrete Wertschöpfung weniger sinnvoll ist, war vorliegend nicht zu entscheiden. Insoweit steht den Tarifvertragsparteien ein weiter Ermessenspielraum für mögliche Regelungen zu. Da die Simulatorstunden nach § 12 Abs. 2 und Abs. 3 MTV wie reale Flugstunden gezählt werden und damit die Zahl zulässiger „echter“ Flugstunden verringern, ist es jedenfalls kein sachwidriges Auslegungsergebnis, sie auch im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen.

32

e) Bleiben nach der Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Wortsinn und tariflichem Gesamtzusammenhang Zweifel an deren Inhalt und dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien, kann auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags zurückgegriffen werden (st. Rspr., BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 34 mwN). Da sich bereits aus Wortlaut und Systematik des MTV klar ergibt, dass Simulatorstunden Flugstunden im Sinne von § 20 Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 2 MTV sind, ohne dass Sinn und Zweck der Regelung einer solchen Auslegung entgegenstehen, bedarf es vorliegend keines solchen Rückgriffs auf die Tarifgeschichte. Soweit die Formulierung in § 20 Abs. 1 des Vorgängertarifvertrags des MTV, die nicht auf „bezahlungswirksame“, sondern auf „geflogene“ Mehrflugstunden abstellte, als Hinderungsgrund für eine Auslegung in der oben beschriebenen Weise gesehen werden sollte, ist dieses Hindernis im jetzt geltenden MTV jedenfalls entfallen.

33

3. Die Höhe der dem Kläger von den Vorinstanzen zugesprochenen Mehrflugstundenvergütung bei Berücksichtigung der Simulatorstunden als Flugstunden steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Fälligkeit des Mehrflugstundenvergütungsanspruchs für den Monat Oktober 2012 trat nach § 19 Abs. 4 Satz 2 MTV zum Monatsende November 2012 ein. Verzugszinsen können, wie von den Vorinstanzen zugesprochen, ab 1. Dezember 2012 verlangt werden.

34

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.