Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 11. Nov. 2016 - 6 Sa 110/16

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2016:1111.6SA110.16.00
11.11.2016

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.12.2015 - AZ: 8 Ca 4305/15 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II.Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III.Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 1 Inhalt und Form des Tarifvertrags


(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 1 Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung


(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführ

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

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Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam1.(Kurzfristige Preiserhöhungen)eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die inn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 72 Zulässigkeit der Streitverkündung


(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftige

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Tenor 1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.097,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 79,00 € seit dem 01.03.2014, aus 79,00 € seit dem 01.04.2014, aus 79,00 € seit dem 01.05.2014,

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Mai 2013 - 5 Sa 283/12 - aufgehoben.

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.03.2015 - 15 Ca 4054/14 - teilweise abgeändert: Die Klage wird (auch) mit dem Feststellungsantrag (als unzulässig) abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung de

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Januar 2013 - 7 Sa 573/12 - aufgehoben.

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Referenzen

Tenor

1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.097,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 79,00 € seit dem 01.03.2014, aus 79,00 € seit dem 01.04.2014, aus 79,00 € seit dem 01.05.2014, aus 136,00 € seit dem 01.06.2014, aus 136,00 € seit dem 01.07.2014, aus 136,00 € seit dem 01.08.2014, aus 136,00 € seit dem 01.09.2014, aus 136,00 € seit dem 01.10.2014, aus 136,00 € seit dem 01.11.2014, aus 136,00 € seit dem 01.12.2014, aus 136,00 € seit dem 01.01.2015, aus 136,00 € seit dem 01.02.2015, aus 136,00 € seit dem 01.03.2015, aus 136,00 € seit dem 01.04.2015, aus 136,00 € seit dem 01.05.2015, aus 136,00 € seit dem 01.06.2015, aus weiteren 136,00 € seit dem 01.07.2015, aus weiteren 136,00 € seit dem 01.08.2015, aus weiteren 205,00 € seit dem 01.09.2015, aus weiteren 205,00 € seit dem 01.10.2015, aus weiteren 205,00 € seit dem 01.11.2015 und aus weiteren 205,00 € seit dem 01.12.2015 zu zahlen.

2.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Entgeltanspruch der Klägerin anhand der Vergütungsgruppe G II (nach 5 Jahren der Tätigkeit) gemäß den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regelungen der Tarifverträge für die Beschäftigten des F. zu berechnen, abzurechnen und auszuzahlen.

3.Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90 % und die Beklagte zu 10 %.

4.Streitwert: 9.985,00 €.

5.Soweit die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b) und c) ArbGG), wird sie nicht zugelassen.


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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.03.2015 - 15 Ca 4054/14 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird (auch) mit dem Feststellungsantrag (als unzulässig) abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6 zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.


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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Juni 2012 - 6 Sa 333/12 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Dezember 2011 - 11 Ca 2075/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte der Klägerin bereits ab der Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersversorgung schuldet.

2

Die am 23. Januar 1963 geborene Klägerin ist seit dem 16. Januar 1986 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die die berufliche Vertretung der Ärztinnen und Ärzte wahrnimmt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 31. Juli 1986 ist ua. geregelt:

        

„Im übrigen richten sich die Arbeitsbedingungen, wie Urlaub, Weiterzahlung des Gehaltes im Krankheitsfalle usw. nach dem Bundesangestelltentarifvertrag mit Ausnahme des § 46 des BAT, der die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung beinhaltet, da die Ärztekammer Nordrhein eine solche in eigener Regie eingerichtet hat.“

3

Die Beklagte gewährt ihren Angestellten seit 1959 eine betriebliche Altersversorgung nach den von ihr erstmals zum 1. Juli 1959 erstellten Richtlinien der „Alters- und Hinterbliebenenversorgung für die Angestellten der Ärztekammer Nordrhein“ (im Folgenden AHV). Die AHV in der Fassung vom 1. Juli 1959 enthalten ua. die folgende Bestimmung:

        

㤠3

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung wird nur dann gewährt, wenn der Angestellte fünf Jahre in den Diensten der Ärztekammer gestanden hat (Wartezeit) und nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Ärztekammer ausgeschieden oder vor Vollendung des 65. Lebensjahres in den Diensten der Ärztekammer arbeitsunfähig geworden ist.“

4

Die AHV 1959 wurden in der Folgezeit vom Vorstand der Ärztekammer mehrfach geändert. So beschloss der Vorstand der Ärztekammer am 6. Mai 1970 auf Anregung des Personalrats die „Einführung einer Altersrente für weibliche Angestellte bereits ab dem 60. Lebensjahr“. Am 5. Dezember 1973 fasste der Vorstand der Ärztekammer - auf Bitten des Personalrats - den folgenden Beschluss:

        

„Analog zum Rentenversicherungsrecht kann die Alters- und Hinterbliebenenversorgung bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt werden.“

5

Die letzte Änderung der AHV vom 5. November 1991 betraf die Berechnung der Versorgungsbezüge. Die AHV idF vom 5. November 1991 (im Folgenden AHV 1991) lauten auszugsweise:

        

„§ 1   

        

Kreis der Bezugsberechtigten

        

1)    

Alters- und Hinterbliebenenversorgung können nur den Angestellten gewährt werden, die nicht vor Inkrafttreten dieser AHV aus den Diensten der Ärztekammer Nordrhein ausgeschieden sind. …

        

…       

        

§ 2     

        

Festsetzung und Art der Versorgungsbezüge

        

1)    

Die Versorgungsbezüge setzt der Verwaltungsausschuß fest. Bei der Entscheidung über die Gewährung dieser Leistungen soll der Verwaltungsausschuß von den Grundsätzen der nachfolgenden Bestimmungen ausgehen, soweit er nicht im Einzelfall nach seinem Ermessen Abweichungen für zweckmäßig hält. Die Grundsätze der §§ 2 bis 7 dienen dazu, einen Anhalt über die sinngemäße Erfüllung der Aufgaben dieser Versorgung zu geben. Sie können und sollen jedoch nicht einen Maßstab für alle vorkommenden Fälle abgeben. Es ist vielmehr Aufgabe des Verwaltungsausschusses, die Leistungen so festzusetzen, daß den besonderen Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen wird und daß Härten vermieden werden. ...

        

2)    

Versorgungsbezüge werden nur dann gewährt, wenn der/die Angestellte fünf Jahre in den Diensten der Ärztekammer gestanden hat (Wartezeit) und nach Vollendung des 63. Lebensjahres, bei weiblichen Mitarbeitern nach Vollendung des 60. Lebensjahres, aus den Diensten der Ärztekammer ausgeschieden oder vor Vollendung des 63. Lebensjahres, bei weiblichen Mitarbeitern vor Vollendung des 60. Lebensjahres, in den Diensten der Ärztekammer dienstunfähig geworden ist. ...

        

…       

        
        

5)    

In besonderen Fällen können Versorgungsbezüge auch dann gewährt werden, wenn der/die Angestellte noch nicht fünf Jahre in den Diensten der Ärztekammer gestanden hat oder vor Vollendung des 63. Lebensjahres, bei weiblichen Mitarbeitern vor Vollendung des 60. Lebensjahres, aus den Diensten der Ärztekammer entlassen wurde, ohne dienstunfähig geworden zu sein.

        

§ 3     

        

Berechnung der Versorgungsbezüge

        

1)    

Die Altersversorgung berechnet sich aus den versorgungsfähigen Dienstbezügen. …

                 

Die Altersversorgung wird berechnet nach Ablauf der Wartezeit mit 35 v. H. der versorgungsfähigen Dienstbezüge und erhöht sich in den folgenden 20 Dienstjahren mit jedem vollendeten Dienstjahr, frühestens jedoch vom vollendeten 30. Lebensjahr an, um 1 1/2 v. H. und von da an um 1 v. H. bis auf höchstens 75 v. H.. Dabei rechnen die Dienstjahre von dem Ersten des Kalendermonats an, der dem Ablauf der Wartezeit bzw. der Vollendung des 30. Lebensjahres folgt.

        

…       

        
        

§ 6     

        

Zahlung, Anrechenbarkeit, Zusammentreffen und Ausschluß von Versorgungsbezügen und Kinderzulagen

        

…       

        
        

3)    

Versorgungsbezüge und Kinderzulagen werden gekürzt um die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, um die Ruhegelder, Witwen- und Witwergelder, Waisengelder und Kinderzulagen des Staates, der Gemeinden, der Körperschaften des öffentlichen Rechts, oder um sonstige laufende Versorgungsbezüge aus öffentlicher oder privater Hand. Nicht angerechnet werden jedoch Ansprüche aus privaten Versicherungen oder aus freiwilligen Zusatz- oder Weiterversicherungen oder aus sonstigen Einkünften aus Privatvermögen. Falls sich ein (e) Angstellte (r) Beiträge aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder aus den Zusatzversorgungskassen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Körperschaften des öffentlichen Rechts hat erstatten lassen, zu denen die Ärztekammer Nordrhein Arbeitgeberanteile gewährt hat, so hat die Anrechnung unter Einbeziehung dieser Zeiten zu erfolgen, sofern die Zeiten der Beitragserstattung dem/der Angestellten als Dienstzeit nach § 3 Abs. 1 angerechnet werden. Jeder Monat, für den Beiträge erstattet wurden, ist mit einem Steigerungsbetrag von 0,125 zu bewerten und der Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bzw. den Zusatzversorgungskassen hinzuzurechnen.

        

…       

                 
        

§ 10   

        

Schluß- und Übergangsbestimmungen

        

(1)     

Die Angestellten und deren Angehörige sind verpflichtet, dem Verwaltungsausschuß die Angaben zu machen, die nach dieser AHV für die Berechnung von Versorgungsbezügen von Bedeutung sind. Danach sind insbesondere die Bezüge mitzuteilen, die nach §§ 6 Abs. 3 und 5 Abs. 2 bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge angerechnet werden.

        

…       

        
        

§ 11   

        

Inkrafttreten

                 

Diese AHV tritt mit Wirkung vom 1. Juli 1959 in Kraft.

                 

- Geändert durch Beschluß des Vorstandes am 06. Mai 1970, 5. Dezember 1973, 2. Oktober 1974 und 5. Oktober 1977, 7. November 1984, BA 5. November 1991.“

6

Im Oktober 1998 beschloss der Vorstand der Ärztekammer, die Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach den AHV 1991 mit Ablauf des 31. Oktober 1998 für alle nach diesem Datum eintretenden Mitarbeiter zu schließen.

7

Mit Schreiben vom 15. November 2010 teilte die Beklagte den Mitarbeitern, so auch der Klägerin, mit:

        

Voraussetzungen für den Bezug der betrieblichen Altersrente nach der Alters- und Hinterbliebenenversorgung (AHV) vom 01.07.1959

        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

die Anhebung der Altersgrenzen im gesetzlichen Rentenrecht hat bei uns schon zu vielen Rückfragen nach dem Zeitpunkt für den Bezug der betrieblichen Altersrente geführt. Wir nehmen dies zum Anlass, die mit der Anhebung verbundenen Auswirkungen auf das hiesige Alters- und Hinterbliebenensystem 1959 Ihnen auch in Schriftform aufzuzeigen. …

        

…       

        

Unabhängig davon möchten wir Ihnen jedoch zum heutigen Zeitpunkt bereits die wichtige Information geben, wann Sie berechtigt sind, die betriebliche Altersversorgung nach der AHV 1959 zu beziehen.

        

Das ist frühestens dann der Fall, wenn Sie bei bzw. nach Erreichen der dort festgelegten und für Sie relevanten Altersgrenze aus den Diensten unseres Hauses ausgeschieden sind und zudem den Bezug der gesetzlichen Altersrente nachweisen können. ...

        

Der Bezug einer gesetzlichen Altersrente war schon immer eine entscheidende Voraussetzung für den Anspruch auf unsere betriebliche AHV-Altersrente. Bei diesem Regelwerk handelt es sich um eine sogenannte Gesamtversorgung, die nur zusammen mit der gesetzlichen Rentenversicherung das angestrebte Versorgungsniveau finanziert. Somit ist die betriebliche Leistung eine Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeitnehmer.

        

Um diese Ergänzungsfunktion erfüllen zu können, knüpft die AHV 1959 in vielen Details an die Eckdaten der gesetzlichen Rentenversicherung an und trägt so wie diese in den Fällen des Alters, der Invalidität und des Todes als zweiter Baustein der Gesamtversorgung zu einer guten Versorgung bei. Aus dieser Parallelität und Ergänzungsfunktion der betrieblichen Altersversorgung folgt zwangsläufig, dass beide Komponenten nur zusammengenommen die Versorgung bilden.

        

Die ergänzende betriebliche Altersversorgung kann daher nicht früher beginnen, als die Altersleistung der gesetzlichen Rentenversicherung.

        

Im Regelfall bedeutet dies also, dass Personen ab Geburtsjahrgang 1952 aufgrund der Anhebung der gesetzlichen Altersgrenzen die betriebliche Altersrente nach der AHV 1959 in der Regel frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres beziehen können. …“

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe die Altersversorgung nach den AHV 1991 ab Vollendung des 60. Lebensjahres unabhängig davon zu, ob sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen Anspruch auf die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe. Die AHV 1991 setzten den Bezug der Sozialversicherungsrente nicht voraus. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 2 AHV 1991. Diese Bestimmung enthalte eine „feste“ Altersgrenze, bei deren Erreichen ihr im Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten die Altersversorgung ohne Weiteres zu gewähren sei. Bei den AHV 1991 handele es sich nicht um eine klassische Gesamtversorgungszusage. Eine Auslegung der AHV 1991 dahin, dass die Altersversorgung nur in Anspruch genommen werden könne, wenn - zusätzlich zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten - auch eine gesetzliche Altersrente bezogen werde, verstoße gegen das Transparenzgebot iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und müsse deshalb ausscheiden.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie nach ihrem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres die zugesagten Leistungen gemäß den Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung (AHV) vom 1. Juli 1959 in der gültigen Fassung vom 5. November 1991 zu erbringen, auch wenn sie noch keine Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält und ohne dass eine fiktive Rentenleistung angerechnet wird.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zu gewähren, wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.

13

I. Die Klage ist zulässig.

14

1. Die Klägerin begehrt mit der Klage - in der gebotenen Auslegung - die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres auch dann eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zu gewähren, wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nimmt. Darüber hinaus möchte die Klägerin festgestellt wissen, dass die Beklagte in diesem Fall auch nicht berechtigt ist, auf ihre Versorgungsbezüge eine fiktive Sozialversicherungsrente anzurechnen.

15

2. In dieser Auslegung ist die Klage zulässig.

16

a) Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO können nur Rechtsverhältnisse sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder - wie vorliegend - auf bestimmte Verpflichtungen sowie den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 14 mwN, BAGE 146, 200).

17

b) Die Klägerin hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung des Rechtsverhältnisses, da die Beklagte die Verpflichtung, deren Feststellung die Klägerin begehrt, in Abrede stellt.

18

II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zu gewähren, wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Gewährung einer Altersversorgung nach den AHV 1991 erfordere nach § 2 Abs. 2 AHV 1991 lediglich, dass die Angestellte die fünfjährige Wartezeit erfüllt hat und nach Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausscheidet. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts setzt § 2 Abs. 2 AHV 1991 - ebenso wie § 6 BetrAVG - für die Gewährung einer Altersversorgung den Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voraus. Dies ergibt die - auch dem Revisionsgericht obliegende (vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11 - Rn. 17 mwN) - Auslegung der AHV 1991 nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen maßgebenden Grundsätzen.

19

1. Die AHV 1991 finden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Dies folgt daraus, dass die Versorgungszusage der Beklagten dynamisch zu verstehen ist.

20

a) Die Beklagte hat ihren Mitarbeitern - wie von den Parteien übereinstimmend vorgetragen - Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den AHV im Wege einer Gesamtzusage zugesagt. Der Arbeitgeber, der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Wege einer Gesamtzusage verspricht, will diese Leistungen nach einheitlichen Regeln, dh. als System erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Der Arbeitgeber sagt daher mit einer Gesamtzusage im Regelfall nur eine Versorgung nach den jeweils bei ihm geltenden Versorgungsregeln zu. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf die von ihr erfassten Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Soll sich die Versorgung dagegen ausschließlich nach den bei Erteilung der Gesamtzusage geltenden Versorgungsbedingungen richten, muss der Arbeitgeber dies in der Gesamtzusage - anders als hier geschehen - deutlich zum Ausdruck bringen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zum Vorbehalt eines vertraglichen Widerrufs (vgl. etwa BAG 26. April 1988 - 3 AZR 277/87 - BAGE 58, 167) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht länger fest.

21

b) Ob die AHV darüber hinaus auch aufgrund einer im Arbeitsvertrag der Klägerin vom 31. Juli 1986 enthaltenen konstitutiven Verweisung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre die Inbezugnahme der AHV dynamisch, sodass die AHV in ihrer zuletzt gültigen Fassung, mithin die AHV 1991 Anwendung finden würden. Bezugnahmen auf außerhalb des Arbeitsvertrags liegende Versorgungsvorschriften sind nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich dynamisch. Soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, verweisen sie daher auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen (vgl. etwa BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 723/12 - Rn. 29 mwN). Für gegenteilige Anhaltspunkte ist nichts vorgetragen, solche sind auch sonst nicht ersichtlich.

22

2. Die AHV 1991 sind nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen maßgebenden Grundsätzen auszulegen.

23

a) Die AHV 1991 enthalten Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die von der Beklagten vorformulierten AHV 1991 finden auf eine Vielzahl von Arbeitsverträgen Anwendung. Die einzelnen Bestimmungen der AHV sind daher Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB.

24

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist zwar in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser jedoch nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragszweck aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. etwa BAG 23. April 2013 - 3 AZR 475/11 - Rn. 15 mwN, BAGE 145, 43).

25

3. Die Auslegung der AHV 1991 in Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass § 2 Abs. 2 AHV 1991 mit der Anknüpfung an das 60. Lebensjahr - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - keine Altersgrenze festlegt, bei deren Erreichen ihr im Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Erfüllung der Wartezeit ohne Weiteres Versorgungsbezüge zustünden, sondern dass die Bestimmung - ebenso wie § 6 BetrAVG - auch den Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voraussetzt.

26

a) Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich die Frage, ob die Gewährung einer Altersversorgung nach den AHV 1991 lediglich voraussetzt, dass die Angestellte die fünfjährige Wartezeit erfüllt hat und nach Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden ist, nicht allein nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 2 AHV 1991 beantworten. Der Wortlaut von § 2 Abs. 2 AHV 1991 ist nicht eindeutig. Die Formulierung in § 2 Abs. 2 AHV 1991, wonach Versorgungsbezüge „nur“ dann gewährt werden, wenn die in § 2 Abs. 2 AHV 1991 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob die Gewährung einer Altersversorgung ausschließlich die Erfüllung der Wartezeit und ein Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres - für Frauen - bzw. des 63. Lebensjahres - für Männer - voraussetzt oder ob es sich hierbei lediglich um notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen handelt, sodass für einen Anspruch auf die Altersversorgung nach den AHV 1991 noch weitere Erfordernisse erfüllt sein müssten.

27

b) Jedoch folgt aus dem Regelungszusammenhang von § 2 Abs. 2 AHV 1991, dass ein Anspruch auf Zahlung einer Altersversorgung nach den AHV 1991 erst besteht, wenn die Angestellte die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen kann. Die Regelung knüpft für Frauen an die Vollendung des 60. und für Männer an die Vollendung des 63. Lebensjahres an. Diese unterschiedliche Regelung lässt sich nur durch den Bezug auf das mögliche Renteneintrittsalter in der gesetzlichen Rentenversicherung erklären. Mit der Anknüpfung an die Zeit „nach Vollendung des 60. Lebensjahres“ wird daher der Zeitpunkt in Bezug genommen, ab dem die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von Frauen frühestens bezogen werden kann.

28

aa) Die Festlegung einer Altersgrenze für Frauen auf die Zeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres und für Männer auf die Zeit nach Vollendung des 63. Lebensjahres in § 2 Abs. 2 AHV 1991 lässt erkennen, dass die Bestimmung an den Zeitpunkt anknüpfen will, ab dem gesetzliche Altersrente vorzeitig bezogen werden konnte.

29

Seit dem 1. Januar 1957 bestand für Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung die Möglichkeit, Altersruhegeld ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch zu nehmen, wenn sie die Wartezeit erfüllt und in den letzten 20 Jahren überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hatten (§ 25 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) idF des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten [Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz - AnVNG] vom 23. Februar 1957, BGBl. I S. 88). Für männliche Versicherte gab es seit dem 1. Januar 1973 die Möglichkeit, bereits ab der Vollendung des 63. Lebensjahres ein Altersruhegeld zu beziehen, wenn sie 35 anrechnungsfähige Versicherungsjahre zurückgelegt hatten, in denen mindestens eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten enthalten sein musste (§ 25 Abs. 1 AVG idF des Gesetzes zur weiteren Reform der gesetzlichen Rentenversicherungen und über die Fünfzehnte Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung [Rentenreformgesetz - RRG] vom 16. Oktober 1972, BGBl. I S. 1965).

30

Auch zum Zeitpunkt der letzten Änderung der AHV am 5. November 1991 entsprachen die Altersgrenzen in § 2 Abs. 2 AHV 1991 noch dem für die gesetzliche Altersrente maßgeblichen frühesten Rentenzugangsalter und knüpften damit ersichtlich an dieses an. Nach § 25 Abs. 1 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung vom 1. Januar 1987 (im Folgenden AVG 1987) hatten langjährig Versicherte weiterhin unverändert die Möglichkeit, bereits ab der Vollendung des 63. Lebensjahres ein Altersruhegeld zu beziehen. Weiblichen Versicherten wurde auf Antrag ab der Vollendung des 60. Lebensjahres ein Altersruhegeld gewährt, wenn sie in den letzten 20 Jahren überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt und eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt hatten (§ 25 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 2 AVG 1987).

31

bb) Der Umstand, dass zum Zeitpunkt der letzten Änderung der AHV im November 1991 eine Änderung der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen durch das bereits am 18. Dezember 1989 verkündete Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) absehbar war, führt zu keiner anderen Bewertung. Auch nach den zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VI bestand weiterhin sowohl für Frauen als auch für Männer die Möglichkeit, eine gesetzliche Altersrente frühestens mit dem 60. bzw. 63. Lebensjahr in Anspruch zu nehmen. Nach § 39 SGB VI idF vom 1. Januar 1992 (im Folgenden SGB VI 1992) hatten versicherte Frauen Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet und nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Pflichtbeitragszeiten sowie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt hatten. Eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren sah § 41 SGB VI 1992 erst für versicherte Frauen vor, die nach dem 31. Dezember 1940 geboren wurden. Frauen früherer Geburtsjahrgänge konnten dagegen auch nach Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 weiterhin eine Altersrente bereits mit 60 Jahren beanspruchen. Unabhängig davon räumte § 41 Abs. 1 SGB VI 1992 Versicherten, die bis (einschließlich) zum 31. Dezember 1948 geboren worden waren, das Recht ein, die Altersrente für Frauen bereits mit dem 60. Lebensjahr vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus bestimmte § 36 SGB VI 1992 weiterhin, dass Versicherte, die das 63. Lebensjahr beendet und eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hatten, Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte hatten. Eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze 63 auf 65 erfolgte gemäß § 41 Abs. 2 SGB VI 1992 erst für Versicherte ab dem Geburtsjahrgang 1938, wobei nach § 41 Abs. 2 SGB VI 1992 auch eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte möglich war. Damit bestand auch für männliche Versicherte nach dem SGB VI weiterhin die Möglichkeit, eine Sozialversicherungsrente ab der Vollendung des 63. Lebensjahres zu beziehen.

32

cc) Dass die Klägerin nicht zu dem Personenkreis gehört, für den auch nach den zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VI ein Bezug der gesetzlichen Altersrente bereits ab dem 60. Lebensjahr möglich war, ist unerheblich. Die schon seit Juli 1959 bei der Beklagten geltenden AHV erfassen nicht nur die später geborene Klägerin, sondern alle seit dieser Zeit bis zum 31. Oktober 1998 von der Beklagten eingestellten Angestellten. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass die Beklagte noch bis Ende Oktober 1998 und damit noch mehrere Jahre nach Inkrafttreten des SGB VI neu eingestellten Arbeitnehmerinnen eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zugesagt hat, obwohl diese die Voraussetzungen für einen Bezug einer gesetzlichen Altersrente ab dem 60. Lebensjahr nicht erfüllten. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte damit keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, an dem sie sich festhalten lassen müsste. Die Regelung in § 2 Abs. 2 AHV 1991 soll es vielmehr allen von den AHV 1991 begünstigten Angestellten ermöglichen, ihre Altersversorgung von der Beklagten zu beziehen, sobald ihnen nach den - jeweils für sie maßgeblichen - sozialgesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf die gesetzliche Altersrente zusteht. § 2 Abs. 2 AHV 1991 will lediglich sicherstellen, dass alle nach den AHV 1991 Versorgungsberechtigten die dort vorgesehenen und nach deren Berechnungsgrundlagen zu ermittelnden Versorgungsleistungen und die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum gleichen Zeitpunkt in Anspruch nehmen können.

33

c) Aus dem Zweck der nach den AHV 1991 zugesagten Leistungen ergibt sich zudem, dass ein Anspruch auf Gewährung einer Altersversorgung gegen die Beklagte nur besteht, wenn die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch tatsächlich in Anspruch genommen wird. Die Beklagte hat den Versorgungsberechtigten mit den AHV 1991 eine Gesamtversorgung zugesagt. Bei einer Gesamtversorgung ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine Betriebsrente erst beansprucht werden kann, wenn gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird. Anhaltspunkte, dass dies bei den AHV 1991 anders sein sollte, bestehen nicht.

34

aa) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte ihren Angestellten mit den Leistungen nach den AHV 1991 eine Gesamtversorgung zugesagt.

35

(1) Eine Gesamtversorgung zeichnet sich dadurch aus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht eine bestimmte Versorgungsleistung, sondern einen bestimmten Gesamtversorgungsgrad zusagt. Die vom Arbeitgeber gewährte Leistung soll gemeinsam mit der gesetzlichen Rente sowie anderen betrieblichen oder sonstigen Versorgungsleistungen ein bestimmtes Versorgungsniveau sicherstellen, das typischerweise in Abhängigkeit von der Höhe der zuletzt bezogenen Vergütung ermittelt wird. Die Gesamtversorgung soll die Versorgungslücke schließen, die sich zwischen den anderen Ruhestandsbezügen und dem zugesagten Versorgungsniveau ergibt.

36

(2) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin belegen die Bestimmungen in § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 3 AHV 1991, dass auch die in den AHV 1991 geregelten Leistungen einen solchen Zweck verfolgen. Nach § 3 Abs. 1 AHV 1991 berechnet sich die Altersversorgung aus den versorgungsfähigen Dienstbezügen; nach Ablauf der Wartezeit belaufen sich die Versorgungsbezüge auf 35 % der versorgungsfähigen Dienstbezüge. Dieser Prozentsatz erhöht sich in den folgenden 20 Dienstjahren mit jedem vollendeten Dienstjahr - frühestens jedoch vom vollendeten 30. Lebensjahr an - um 1,5 % und von da an um 1 % bis auf höchstens 75 % der versorgungsfähigen Dienstbezüge. Auf die derart ermittelten Versorgungsbezüge sind nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, Ruhegelder oder sonstige laufende Versorgungsbezüge aus öffentlicher oder privater Hand anzurechnen. Dass § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 insoweit lediglich von einer „Kürzung“ der Versorgungsbezüge spricht, ist für die Einordnung der AHV 1991 als Gesamtversorgungszusage unerheblich. Der Charakter einer Versorgungszusage als Gesamtversorgungszusage hängt nicht davon ab, wie das Versorgungsversprechen im Einzelnen ausgestaltet oder formuliert ist.

37

Von einer Gesamtversorgungszusage ist deshalb nicht erst dann auszugehen, wenn die Versorgungszusage bestimmt, dass die betrieblichen Leistungen zusammen mit anderen Versorgungsleistungen ein bestimmtes Gesamtversorgungsniveau nicht überschreiten dürfen. Auch dann, wenn nach der Versorgungszusage andere Versorgungsleistungen „anzurechnen“ oder die betrieblichen Versorgungsleistungen um bestimmte andere Versorgungsleistungen zu „kürzen“ sind, kann es sich um ein Gesamtversorgungsversprechen handeln. Die Versorgungszusage muss nur hinreichend deutlich erkennen lassen, dass den Versorgungsberechtigten eine Versorgung zugesagt ist, die zusammen mit anderen Versorgungsleistungen ein bestimmtes Versorgungsniveau garantiert. Dies ist bei den mit den AHV 1991 zugesagten Versorgungsbezügen der Fall. Bei den Bestimmungen in § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 handelt es sich um diejenigen Grundsätze, die nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AHV 1991 einen maßgeblichen „Anhalt über die sinngemäße Erfüllung der Aufgaben dieser Versorgung“ geben. Dass sich in den AHV 1991 der Begriff der Gesamtversorgung nicht wiederfindet, ist daher unschädlich.

38

bb) Bei einer Gesamtversorgungszusage ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Betriebsrente erst ab dem Zeitpunkt zahlen will, ab dem der Versorgungsberechtigte eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nimmt, die bei der Ermittlung der betrieblichen Versorgungsleistung berücksichtigt bzw. auf die betriebliche Versorgungsleistung angerechnet werden kann (vgl. etwa BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 50, BAGE 141, 259).In einem Gesamtversorgungssystem, in dem nicht eine bestimmte Versorgungsleistung des Arbeitgebers, sondern ein bestimmter Gesamtversorgungsgrad die vom Arbeitgeber geschuldete Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Betriebszugehörigkeit ist, ist die gesetzliche Rentenversicherung die Grundlage der gesamten Versorgung. Sie steht nicht losgelöst neben der vom Arbeitgeber zugesagten Versorgung, sondern ist mit ihr untrennbar verknüpft. Die Gesamtversorgung berücksichtigt aufgrund des von ihr verfolgten Zwecks notwendigerweise das gesetzliche Rentenversicherungsrecht mit. Der Arbeitgeber, der ein solches System zulässigerweise als eines von mehreren denkbaren Versorgungssystemen wählen durfte, knüpft daher in der Regel bei der Zusage einer Gesamtversorgung an die sozialversicherungsrechtliche Rechtslage an (vgl. BAG 22. Mai 2001 - 3 AZR 515/00 - zu B II 2 a der Gründe). Die Versorgungsleistung, die der Arbeitgeber aufgrund einer Gesamtversorgungszusage schuldet, soll die Grundsicherung, die durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährleistet wird, lediglich ergänzen (vgl. BAG 22. Mai 2001 - 3 AZR 515/00 - zu B II 2 c der Gründe); ihr Bezug setzt deshalb regelmäßig voraus, dass eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen wird.

39

cc) Anhaltspunkte dafür, dass für die mit den AHV 1991 zusagte Gesamtversorgung ausnahmsweise anderes gilt, bestehen nicht.

40

(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts kann aus dem Umstand, dass § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 nicht nur die Anrechnung der gesetzlichen Rente, sondern auch die Anrechnung anderer Versorgungsleistungen oder -bezüge vorsieht, und möglicherweise nicht alle Angestellten der Beklagten Anspruch auf die sonstigen, in § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 aufgeführten Versorgungsleistungen haben, nicht geschlossen werden, die Gewährung der Altersversorgungsbezüge nach § 2 Abs. 2 AHV 1991 hänge nicht von dem Bezug einer Sozialversicherungsrente ab. Die von den AHV 1991 begünstigten Angestellten haben aufgrund ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Beklagten regelmäßig im Alter Anspruch auf eine Sozialversicherungsrente. Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist damit eine Leistung, die typischerweise „angerechnet“ werden kann. Mit der Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991, wonach auch andere Versorgungsleistungen und -bezüge anzurechnen sind, hat die Beklagte lediglich sichergestellt, dass auch die dort aufgeführten anderen Versorgungsleistungen - sofern sie vom Versorgungsberechtigten bezogen werden - bei der Ermittlung der Versorgungsbezüge berücksichtigt werden und das in § 3 Abs. 1 AHV 1991 zugesagte Gesamtversorgungsniveau insgesamt nicht überschritten wird. Soweit die Klägerin geltend macht, durch die Formulierung in § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 seien auch - etwaige bei der Beklagten beschäftigte - Beamte in die Versorgung nach den AHV 1991 einbezogen worden, die keine Sozialversicherungsrente erhielten, verkennt sie, dass die Bestimmungen der AHV 1991 nach § 1 Abs. 1 AHV 1991 nur für Angestellte und damit nicht für Beamte gilt.

41

(2) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt auch aus § 2 Abs. 5 AHV 1991 nicht, dass die Versorgungsbezüge nach den AHV 1991 unabhängig davon zu gewähren sind, ob die Angestellten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Zwar können nach § 2 Abs. 5 AHV 1991 in besonderen Fällen Versorgungsbezüge ua. auch dann gewährt werden, wenn der/die Angestellte noch nicht fünf Jahre in den Diensten der Beklagten gestanden hat. Es kann dahinstehen, ob diese Bestimmung - wie die Klägerin meint - dahin zu verstehen ist, dass sie nicht nur von der Erfüllung der Wartezeit nach § 2 Abs. 2 AHV 1991, sondern auch von der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren als Voraussetzung für den Anspruch auf eine Sozialversicherungsrente(vgl. § 50 Abs. 1 SGB VI) suspendiert. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, rechtfertigte dies keine andere Bewertung. Bei § 2 Abs. 5 AHV 1991 handelt es sich - wie der Wortlaut der Regelung zeigt - um eine Bestimmung, die nur in besonderen Fällen und damit lediglich ausnahmsweise ein Abweichen von dem mit den Leistungen nach den AHV 1991 typischerweise verfolgten Zweck erlaubt. An dem prinzipiellen Ziel der AHV 1991, die gesetzliche Rente mit den Versorgungsbezügen nur aufzustocken und damit die Differenz zwischen dem in § 3 Abs. 1 AVH 1991 definierten Gesamtversorgungsniveau und der Sozialversicherungsrente auszugleichen, ändert dies nichts.

42

d) Im Übrigen bestätigen auch § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 6 Abs. 3 Satz 3 AHV 1991, dass Altersversorgungsbezüge nach den AHV 1991 - wie bei einer Gesamtversorgung üblich - nur gewährt werden sollen, wenn und soweit die Angestellten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen.

43

aa) Nach § 10 Abs. 1 AHV 1991 sind die Angestellten verpflichtet, dem Verwaltungsausschuss, der nach § 2 Abs. 1 der AHV 1991 die Versorgungsbezüge festsetzt, die Angaben zu machen, die für die Berechnung der Versorgungsbezüge von Bedeutung sind. Dabei sind ua. die Bezüge mitzuteilen, die nach § 6 Abs. 3 AHV 1991 bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge durch den Verwaltungsausschuss angerechnet werden(§ 10 Abs. 1 Satz 2 AHV 1991). Hierzu gehören insbesondere die vom Angestellten bezogenen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

44

bb) § 6 Abs. 3 Satz 3 AHV 1991 bestimmt für den Fall, dass sich ein Angestellter ua. Beiträge aus den gesetzlichen Rentenversicherungen hat erstatten lassen, zu denen die Beklagte Arbeitgeberanteile gewährt hat, dass die „Anrechnung unter Einbeziehung dieser Zeiten zu erfolgen“ hat, sofern die Zeiten der Beitragserstattung dem Angestellten als Dienstzeit nach § 3 Abs. 1 AHV 1991 angerechnet werden. Die „Anrechnung unter Einbeziehung dieser Zeiten“ erfolgt gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 AHV 1991 dadurch, dass jeder Monat, für den Beiträge erstattet wurden, mit einem Steigerungsbetrag von 0,125 bewertet und der Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen hinzugerechnet wird. Hat der Angestellte sich Beiträge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erstatten lassen, und sind die Zeiten der Beitragserstattung als Dienstzeit bei der Berechnung der Versorgungsbezüge nach § 3 Abs. 1 AHV 1991 zu berücksichtigen, führt dies mithin zu einer fiktiven Erhöhung der - später tatsächlich gezahlten - gesetzlichen Rente. Auch dies lässt erkennen, dass die Gewährung der Versorgungsbezüge nach den AHV 1991 immer auch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente voraussetzt.

45

e) Entgegen der Ansicht der Klägerin konnten die von den AHV 1991 begünstigten Angestellten redlicherweise auch nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ihnen ohne Rücksicht auf eine Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Versorgung iHv. 75 % ihrer letzten Dienstbezüge zusagen würde.

46

Die Beklagte ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft an die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden. Anders als einem privaten Arbeitgeber ist es der Beklagten damit grundsätzlich nicht gestattet, Versorgungsleistungen in beliebiger Höhe zu erbringen (vgl. hierzu auch BAG 3. September 1991 - 3 AZR 369/90 - zu C II 2 c der Gründe, BAGE 68, 248). Die Klägerin als Angestellte des öffentlichen Dienstes musste daher davon ausgehen, dass die Beklagte mit den AHV 1991 nur die bis zum 31. Dezember 2000 im öffentlichen Dienst übliche Gesamtversorgung, deren Gewährung einen Anspruch auf die gesetzliche Rente voraussetzt, erbringen wollte.

47

Aus dem Arbeitsvertrag vom 31. Juli 1986 folgt nichts anderes. Soweit dort bestimmt ist, dass sich im Übrigen die Arbeitsbedingungen nach dem BAT richten mit Ausnahme des § 46 BAT, der die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung regelt, da die Beklagte eine solche „in eigener Regie eingerichtet“ hat, hat die Beklagte nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie mit ihren Leistungen über das damals übliche Versorgungsniveau des öffentlichen Dienstes hinausgehen wollte. Mit der Bestimmung wird vielmehr lediglich klargestellt, dass die Beklagte die Altersversorgung nicht - wie im öffentlichen Dienst sonst üblich - über eine Zusatzversorgungskasse durchführt, sondern eine unmittelbare Versorgungszusage erteilt. Die Ausnahme des § 46 BAT bezieht sich damit ausschließlich auf den Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung und nicht auf die im öffentlichen Dienst übliche Gesamtversorgung.

48

4. Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht mit Erfolg auf die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB stützen, wonach Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen. Soweit sie in diesem Zusammenhang geltend macht, eine Auslegung der AHV 1991 dahin, dass die Altersversorgung nur in Anspruch genommen werden könne, wenn auch eine gesetzliche Altersrente bezogen werde, verstoße gegen das Transparenzgebot iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und müsse deshalb ausscheiden, verkennt sie, dass die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Auslegung einer einzelnen AGB mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 f.). Dies ist - wie vorstehend ausgeführt - hier nicht der Fall.

49

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Xaver Aschenbrenner    

        

    H. Frehse    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.03.2015 - 15 Ca 4054/14 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird (auch) mit dem Feststellungsantrag (als unzulässig) abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6 zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.


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Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. November 2009 - 16 Sa 1228/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage über die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

2

Die Klägerin ist seit dem 20. August 1992 aufgrund eines Formulararbeitsvertrages als stellvertretende Filialleiterin bei der Beklagten beschäftigt. § 3 ihres Arbeitsvertrages vom 7. August 1992 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

㤠3 - Gehalt

        

Der Angestellte erhält monatlich nachträglich ein Gehalt von brutto DM 1743,-- + 200,-- brutto übertarifl. Zulage, da stell. FL unter Vereinbarung der Tarifgruppe K 2 5. Bj. … Im übrigen richtet sich das Anstellungsverhältnis nach den jeweils geltenden Tarifverträgen der infrage kommenden Sparte.

        

...“   

3

Die Beklagte war im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses Mitglied im Einzelhandelsverband Land Brandenburg e. V. Dieser hatte sowohl den Manteltarifvertrag für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg (MTV) als auch den Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg (LTV) geschlossen. Beide Tarifverträge waren in den neunziger Jahren - mit Unterbrechungen - für allgemeinverbindlich erklärt worden. Im Jahre 1997 wurden die Geschäftsanteile der Beklagten von der Z Gruppe übernommen. Sie verlegte ihren Sitz nach K und trat aus dem Arbeitgeberverband für den Einzelhandel aus. Die Klägerin war und ist nicht Mitglied der den Tarifvertrag für den Einzelhandel des Landes Brandenburg schließenden Gewerkschaft. Seit 2000 sind die Einzelhandelstarifverträge in Brandenburg nicht mehr allgemeinverbindlich.

4

Die Beklagte zahlte der Klägerin nach ihrem Austritt aus dem Einzelhandelsverband 1997 weiterhin das Entgelt entsprechend dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifvertrag. In den Jahren 1999 bis 2002 gewährte sie ihr darüber hinaus Sonderzuwendungen und Einmalzahlungen.

5

Die Beklagte zahlte der Klägerin bis Juni 2008 ein Gehalt iHv. 1.697,00 Euro brutto und seit dem 1. Juli 2008 iHv. 1.747,00 Euro brutto. Mit Schreiben vom 3. März und 6. Mai 2008 verlangte die Klägerin unter Berufung auf ihren Arbeitsvertrag von der Beklagten vergeblich die Zahlung einer Vergütung „nach dem geltenden Tarifrecht des Landes Brandenburg“. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. September 2008 beanspruchte die Klägerin Zahlung eines monatlichen Bruttoentgelts nach der Gehaltsgruppe K 2, 7. Berufsjahr nebst übertariflicher Zulage iHv. 102,26 Euro brutto für die stellvertretende Filialleitung für den Zeitraum von Dezember 2007 bis September 2008. Für die Zeit ab dem 1. Oktober 2008 forderte sie die Zahlung eines monatlichen Bruttoentgelts einschließlich der Zulage für die stellvertretende Filialleitung iHv. insgesamt 2.138,57 Euro brutto.

6

Mit ihrer am 17. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Beklagte ua. auf Zahlung rückständiger Vergütung für die Monate Dezember 2007 bis November 2008 zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, ihr stehe auch für den dann folgenden Zeitraum Vergütung nach dem aktuellen Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg idF vom 12. Januar 2006 zu. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel handele es sich nicht um eine sog. Gleichstellungsabrede. Eine solche Auslegung verstoße gegen § 305c Abs. 2 BGB. Dies gelte auch unter dem Gesichtspunkt des durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gewährten Vertrauensschutzes, der jedenfalls zu weitgehend sei. Der Gesetzgeber habe in Art. 229 § 5 EGBGB in der allgemeinen Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Grundsätze zur Überleitung und zum Vertrauensschutz geregelt und eine Jahresfrist zur Umstellung von Dauerschuldverhältnissen für ausreichend erachtet. Im Übrigen habe die Beklagte durch die Leistung der Sonderzahlungen und Einmalzahlungen deutlich gemacht, dass sie sich auch nach ihrem Verbandsaustritt dynamisch an die Bezugnahmeklausel habe halten wollen.

7

Die Klägerin hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, beantragt:

        

1.    

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.406,55 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 280,00 Euro seit dem 16. Januar 2008, seit dem 16. Februar 2008, seit dem 16. März 2008, seit dem 16. April 2008, seit dem 16. Mai 2008, seit dem 16. Juni 2008 und seit dem 16. Juli 2008 sowie aus jeweils 289,31 Euro seit dem 16. August 2008, seit dem 16. September 2008, seit dem 16. Oktober 2008, seit dem 16. November 2008 und seit dem 16. Dezember 2008 zu zahlen.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab dem 1. Dezember 2008 Vergütung nach der Vergütungsgruppe K 2 nach dem 7. Berufsjahr des Tarifvertrages Löhne, Gehälter, Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg zu beanspruchen hat.

8

Die Beklagte hat sich für ihren Klageabweisungsantrag darauf berufen, dass es sich bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel um eine sog. Gleichstellungsabrede handele. Dies habe dazu geführt, dass der bis zu ihrem Austritt aus dem tarifschließenden Einzelhandelsverband im Jahre 1997 maßgebliche Tarifvertrag lediglich statisch weiter auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sei. Dies entspreche dem Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede, die vom Bundesarbeitsgericht für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln gewährt werde. Den sich daraus für die Klägerin ergebenden Vergütungsanspruch habe die Beklagte erfüllt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage im noch streitigen Umfang abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin in der Sache die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit sie in der Revisionsinstanz noch zur Entscheidung angefallen ist, zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht die geltend gemachte Vergütungsdifferenz nicht zu. Die Bezugnahmeklausel in dem Arbeitsvertrag vom 7. August 1992 ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Das ergibt sich aus dem der Beklagten nach der Senatsrechtsprechung zu gewährenden Vertrauensschutz.

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es handele sich bei der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, weshalb nach dem Wegfall der Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Tarifvertrag statisch weiter gelte. Der streitgegenständliche Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg idF vom 12. Januar 2006 finde weder aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 4 TVG noch aufgrund einer Tarifbindung der Parteien Anwendung. Ein Anspruch der Klägerin folge auch nicht aus betrieblicher Übung, weil die Beklagte bis zum Jahr 2001 die Zahlung der Sonderzuwendung nach den aktuellen Tarifverträgen vorgenommen habe.

12

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

13

Die auch hinsichtlich des Antrages zu 2) als Elementenfeststellungsklage zulässige (vgl. dazu BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19 ff. mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9) Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vergütungsdifferenz für die Monate Dezember 2007 bis einschließlich November 2008 noch auf Feststellung eines entsprechenden Anspruchs ab Dezember 2008.

14

1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich weder aus § 5 Abs. 4 TVG, da der Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg nicht für allgemeinverbindlich erklärt ist, noch aus § 4 Abs. 1 TVG, weil es an einer mitgliedschaftlichen Bindung der Parteien an den streitgegenständlichen Tarifvertrag fehlt.

15

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sie auch keinen die Klage begründenden einzelvertraglichen Anspruch. Die Bezugnahmeklausel in § 3 Satz 4 des Arbeitsvertrages der Parteien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats aus Gründen des Vertrauensschutzes als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige zeitdynamische Verweisung auf die in ihr genannten Tarifverträge in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Daraus folgt, dass die tariflichen Änderungen nach dem Austritt der Beklagten aus dem Einzelhandelsverband im Jahre 1997 nicht mehr auf das Arbeitsverhältnis der Parteien einwirken. Die in Bezug genommenen Tarifverträge sind in ihrer zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung statisch weiter auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

16

a) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind. Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln nach den §§ 133, 157 BGB durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden(st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 44 mwN, BAGE 132, 10).

17

b) § 3 Satz 4 des Arbeitsvertrages vom 7. August 1992 ist eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats.

18

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum gehe, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Maßgeblichkeit des in Bezug genommenen Tarifwerks für das Arbeitsverhältnis gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem normativ an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag ersetzt werden solle, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 17 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 48 mwN, BAGE 132, 10). Daraus folge, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder Begleitumstände bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reiche, wie der Arbeitgeber gegenüber einem tarifgebundenen Arbeitnehmer tarifrechtlich aus neu abgeschlossenen Tarifverträgen verpflichtet sei, also dann ende, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei. Ab diesem Zeitpunkt seien die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (vgl. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 18 mwN, aaO; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - aaO; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - aaO).

19

bb) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Verweisungsklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel, die auch dann gilt, wenn der in Bezug genommene Tarifvertrag, an den der Arbeitgeber kraft Verbandsmitgliedschaft gebunden ist, zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses für allgemeinverbindlich erklärt war (BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 570/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 74 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 46), aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 64, BAGE 130, 286; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85). Eine von Arbeitnehmerseite erhobene Verfassungsbeschwerde gegen diese Rechtsprechung ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden (BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 334/09 -).

20

cc) Danach ergibt die Auslegung der streitgegenständlichen Bezugnahmeklausel, dass es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

21

(1) Ausgangspunkt der Auslegung der Bezugnahmeklausel ist der Wortlaut der streitgegenständlichen Vereinbarung. Dieser ist hinsichtlich der Bezeichnung des in Bezug genommenen Regelwerks nicht ganz eindeutig. Bei dem verwendeten Vertragsformular handelt es sich um einen branchenunabhängigen Vordruck für kaufmännische Angestellte, der von den Vertragsparteien mit den entsprechenden Daten auszufüllen ist. Die Klausel bezeichnet kein konkretes Bezugnahmeobjekt, sondern verweist nur auf die jeweils geltenden Tarifverträge der infrage kommenden Sparte.

22

(2) Die erforderliche Auslegung der Vertragsbestimmung zur Frage, welches Regelwerk mit welchem Inhalt Bestandteil des Arbeitsverhältnisses der Parteien werden sollte, führt zu dem Ergebnis, dass sich die Parteien auf die Anwendung der jeweils einschlägigen Tarifverträge und damit der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Tarifverträge für den Einzelhandel im Land Brandenburg geeinigt haben.

23

(a) Der Verweis auf die „infrage kommende Sparte“ legt nahe, dass sich die Klausel zumindest an der für den Arbeitgeber verpflichtenden Regellage orientiert. Die Formulierung „infrage kommen“ bedeutet ua. „geeignet/passend sein“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. S. 545 und S. 582). „Sparte“ steht für „Geschäftszweig“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. S. 1380). Die Regelung stellt mithin auf den jeweiligen Arbeitgeber als Verwender und sein Geschäftsfeld ab und leitet daraus das einschlägige Tarifwerk her. Das bedeutet eine Bezugnahme auf die Tarifverträge, an die der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrages gebunden ist bzw. bei einem tarifungebundenen Arbeitgeber auf die für den Betrieb einschlägigen. Insoweit bietet die von den Arbeitsvertragsparteien nicht weiter modifizierte Bestimmung keine Anhaltspunkte dafür, dass sie einen fachfremden Tarifvertrag anwenden wollten. Davon gehen sie auch selbst nicht aus.

24

(b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Bezifferung des zustehenden Gehalts in § 3 Satz 1 des Arbeitsvertrages. Hierbei handelt es sich nicht um eine abweichende Regelung im Sinne der Einschränkung der Bezugnahmeklausel durch die Worte „Im übrigen“. Dafür fehlt es an Anhaltspunkten. Die Vertragsregelung weist lediglich aus, wie hoch das Tarifgehalt zur Zeit des Vertragsschlusses war. Das folgt aus der konkreten Benennung im Arbeitsvertrag, welche tarifliche Eingruppierung zur Zeit der Vereinbarung dem ausgewiesenen Gehalt zugrunde liegt, nämlich die Tarifgruppe K 2, 5. Berufsjahr (vgl. hierzu BAG 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 99, 120). Dies hat letztlich auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt.

25

(c) Die Klägerin kann sich zur Begründung ihrer Auffassung, es handele sich nicht um eine Gleichstellungsabrede, auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte von 1999 bis 2002 die tariflich vorgesehenen Sonderzuwendungen und Einmalzahlungen gewährt hat.

26

(aa) Dass hieraus ein gesonderter Anspruch auf dynamische Anwendung des gesamten Tarifwerks für den Einzelhandel Berlin-Brandenburg aus betrieblicher Übung erwachsen sein soll, hat das Landesarbeitsgericht verneint. Hiergegen hat sich die Klägerin in der Revision auch nicht gewandt, so dass die Klageabweisung insoweit rechtskräftig geworden ist. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung ist gegenüber einem einzelvertraglichen Anspruch aus einer dynamischen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag ein eigenständiger Streitgegenstand, hinsichtlich dessen eine Revision gesondert zu begründen ist (vgl. insoweit zur gesonderten Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 22 mwN, AP ZPO § 551 Nr. 68).

27

(bb) Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, dass die von der Beklagten geleisteten Zahlungen auf einer Änderung des entsprechenden Tarifvertrages beruhen, die nach dem Austritt der Beklagten aus dem Einzelhandelsverband erfolgt ist. Nur dann käme überhaupt in Betracht, dass die Beklagte einen Tarifvertrag dynamisch anwendet und auch anwenden will, an den sie selbst nicht mehr gebunden ist. Unabhängig davon, ob sich hieraus überhaupt eine vertraglich wirksame Bestätigung eines dynamischen Bindungswillens unabhängig von der ursprünglich als Gleichstellungsabrede vereinbarten Verweisungsklausel ergeben kann, hätte die Klägerin jedenfalls darlegen müssen, dass die von der Beklagten geleisteten Sonderzahlungen bei Annahme einer Gleichstellungsabrede nicht als Vertragserfüllung geschuldet gewesen seien. Aus der Verpflichtung der Beklagten zur weiteren statischen Anwendung des entsprechenden Tarifvertrages könnte sich eine solche Leistungspflicht auch ergeben, etwa aus dem unverändert gebliebenen § 12 B MTV über die Sonderzuwendung.

28

(cc) Aus einer zwischenzeitlichen Zahlung tariflicher Sonderzuwendungen kann die Klägerin ferner nicht schließen, dass die Beklagte sich trotz ihres vorherigen Verbandsaustritts und der Einstellung der Übernahme laufender Tariferhöhungen an die Dynamik der Tarifentwicklung, insbesondere hinsichtlich der Vergütungstarifverträge, vertraglich anbinden wollte. Unabhängig von dem für die Beklagte maßgebenden Motiv der vorübergehenden Gewährung einer Sonderzahlung war für die Klägerin deshalb ein Rückschluss auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Beklagten hinsichtlich einer von der Tarifgebundenheit unabhängigen vertraglichen Bindung an die „Tarifverträge der infrage kommenden Sparte“ nicht möglich.

29

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt in der unbeschränkten Gewährung von Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Verträge kein Wertungswiderspruch zu Art. 229 § 5 EGBGB. Zu dieser Bestimmung fehlt der Bezug. Die Vorschrift befasst sich mit der Anwendung des durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Bürgerlichen Rechts. Das betrifft ua. die Geltung der §§ 305 ff. BGB für Dauerschuldverhältnisse, zu denen nach dem Wegfall der Bereichsausnahme des § 24 AGBG nach der Maßgabe des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB auch Arbeitsverträge zählen. Die Rechtsprechungsänderung stützt sich jedoch nicht unmittelbar auf die Regelungen über die Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB und insbesondere auch nicht auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB. Maßstab der Auslegung der Vertragsklausel sind die §§ 133, 157 BGB(ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 65 mwN, BAGE 130, 286; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 19 mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 52 mwN, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, 53 ff., BAGE 122, 74; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 36 ff. mwN, BAGE 128, 185). Die Aufgabe der bisherigen Auslegungsregel ist nicht unmittelbar auf eine Änderung der materiellen Rechtslage, wie sie etwa durch das Inkrafttreten der Schuldrechtsreform eingetreten ist, zurückzuführen, sondern beruht auf den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung. Deshalb besteht auch keine Vergleichbarkeit mit den Fällen, die das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB regelt, wie die Klägerin meint. In der Folge kann bei der Festlegung eines Stichtages, bis zu dem Vertrauensschutz gewährt werden soll, kein Wertungswiderspruch zu einer gesetzlichen Übergangsregelung bestehen, die einen anderen Sachverhalt regelt (siehe BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - aaO). Eine zeitlich begrenzte Klarstellungsmöglichkeit für den Klauselverwender durch einzelvertragliche Änderungsangebote hat der Senat verworfen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 32 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 27, BAGE 116, 326). Hieran etwas zu ändern, sieht der Senat keinen Anlass.

30

III. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Juli 2008 - 3 Sa 159/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche auf der Grundlage einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel nach einem Betriebsübergang.

2

Die Klägerin, Mitglied der IG-Metall, ist seit dem 18. Juni 1998 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Maschinenbedienerin mit einer Wochenarbeitszeit von zuletzt 30 Stunden tätig. Das monatliche Bruttoentgelt betrug zuletzt 1.437,43 Euro Grundentgelt zuzüglich einer Prämie von 503,10 Euro brutto.

3

Zunächst war die Klägerin bei der in der Metallindustrie tarifgebundenen D GmbH beschäftigt. Im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998 heißt es unter Ziffer 7.2 wie folgt:

        

„Sonstige Regelungen

        

Im übrigen gelten für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen der gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung und alle betrieblichen Regelungen, Richtlinien, Betriebsvereinbarungen der D GmbH in ihrer jeweils gültigen Fassung, sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen.

        

…“   

4

Im Jahre 2003 ging das Arbeitsverhältnis auf die N GmbH über, die ebenfalls tarifgebunden war. Mit Wirkung vom 1. November 2005 schloss die Klägerin mit dieser aus Anlass einer Arbeitszeitreduzierung eine „Vereinbarung zum bestehenden und fortgeltenden Arbeitsvertrag“ (im Folgenden „Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005“). Darin heißt es unter anderem:

        

„Die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung sind Bestandteil dieser Vereinbarung.“

5

Die Beklagte, die mit Wirkung zum 1. Juli 2006 den Betrieb übernommen hat, ist nicht tarifgebunden.

6

Für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vereinbarten die Tarifvertragsparteien unter dem 7. Mai 2007 den „Lohntarifvertrag für die Metallindustrie Hamburg und Umgebung, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein“ sowie - für Betriebe nach Einführung des Entgeltrahmenabkommens(ERA) - den „Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für die Metallindustrie Bezirk Küste“. Beide Tarifverträge sehen in § 2 eine Erhöhung der Tariflöhne bzw. Monatsgrundentgelte mit Wirkung ab 1. Juni 2007 um 4,1 % vor. Vorgesehen ist zudem die Zahlung eines Erhöhungsbetrags für die Monate April und Mai 2007 mit der Abrechnung für den Monat Mai 2007 in Höhe von 400,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung, basierend auf einer 35-Stunden-Woche, der bei Teilzeitbeschäftigung entsprechend der anteiligen Arbeitszeit zu berechnen ist.

7

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. September 2007 für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 16. September 2007 Zahlung des rechnerisch unstreitigen Betrages von 623,96 Euro brutto verlangt. Er setzt sich zusammen aus der prozentualen Entgelterhöhung von 281,11 Euro brutto und der tariflichen Einmalzahlung von anteilig 342,85 Euro brutto bezogen auf eine 30-Stunden-Woche. Die Beklagte hat die Zahlung unter Hinweis auf ihre fehlende Tarifbindung verweigert, woraufhin die Klägerin am 6. Dezember 2007 Klage erhoben hat.

8

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die in ihrem Arbeitsvertrag enthaltene Verweisungsklausel die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein dynamisch in Bezug nehme. Jedenfalls nach Abschluss der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 könne nicht von einer Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung die Rede sein. Mit dem Betriebsübergang seien die Rechte aus der arbeitsvertraglichen Verweisung unverändert dynamisch auf die Beklagte übergegangen.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, 623,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 551,53 Euro ab dem 30. September 2007 sowie auf 42,43 Euro ab 11. Dezember 2007 an die Klägerin zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mangels Tarifbindung schulde sie eine nach dem Betriebsübergang vereinbarte Tariflohnerhöhung nicht. Da das Arbeitsverhältnis vor dem letzten Betriebsübergang durch beiderseitige Tarifgebundenheit bestimmt gewesen sei, gelte der Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur noch statisch weiter. Auch aufgrund der individualvertraglichen Inbezugnahme des Tarifvertrags sei sie nicht zur Zahlung verpflichtet. Wegen der damaligen beiderseitigen Tarifgebundenheit seien die im Vertrag genannten Tarifverträge nicht rechtsbegründend in Bezug genommen worden. Auf die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1998 sei im Übrigen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede anzuwenden. Die Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 enthalte nur eine Wiederholung der alten vertraglichen Klausel und sei kein „Neuvertrag“. Zudem müsse der Vertrauensschutz jedenfalls bis zum Bekanntwerden der beabsichtigten Rechtsprechungsänderung bestehen. Außerdem verstoße es gegen ihr Recht auf negative Koalitionsfreiheit, wenn sie mit Übergang des Arbeitsverhältnisses trotz fehlender Tarifgebundenheit die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein weiterhin dynamisch anwenden müsse.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin aufgrund dynamischer Verweisung in der Änderungsvereinbarung vom 1. November 2005 auch Rechte aus den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen geltend machen kann, die erst nach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die nicht tarifgebundene Beklagte vereinbart wurden.

13

1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht kraft normativer Geltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, da zwar die Klägerin, jedoch nicht die Beklagte tarifgebunden ist.

14

2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Fortgeltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein im Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB.

15

Die beiderseitige Tarifgebundenheit vor dem Übergang des Beschäftigungsbetriebes auf die Beklagte führt zwar dazu, dass trotz der Tarifungebundenheit der Beklagten die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein seit diesem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Arbeitsverhältnis der Parteien fortgelten. Aus dieser Fortgeltung kann die Klägerin jedoch ihre Forderung nicht herleiten. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass der Regelungsgehalt der Tarifvertragsnormen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur statisch in das Arbeitsverhältnis übergeht, also mit dem tariflichen Regelungsbestand, den er zur Zeit des Betriebsübergangs hat(BAG 14. November 2007 - 4 AZR 828/06 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 613a Nr. 334 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 81). Vorliegend fand der Betriebsübergang im Juli 2006 statt. Die Forderung der Klägerin bezieht sich jedoch auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007, die also erst nach dem Betriebsübergang abgeschlossen und deshalb nicht in das Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformiert worden sind.

16

3. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich jedoch aus individualvertraglicher Inbezugnahme. Die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar nicht aufgrund der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998, jedoch aufgrund derjenigen in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 Anwendung.

17

a) Die Auslegung von typischen (Formular-)Vertragsklauseln - wie denen des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998 und der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 - ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich(st. Rspr., zB BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - mwN, BAGE 105, 284, 286).

18

b) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen Vergütungsregelungen folgt allerdings nicht aus der Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998. Diese Klausel ist als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen, weshalb tarifliche Neuregelungen nach Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite wie die vom 7. Mai 2007 von ihr nicht mit umfasst sind.

19

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen(vgl. nur BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt dieses Wegfalls anzuwenden sind. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, NZA 2010, 170).

20

bb) Danach ist der im Jahre 1998 geschlossene Arbeitsvertrag nach der früheren Senatsrechtsprechung zu beurteilen. Die Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 dieses Arbeitsvertrages ist als Gleichstellungsabrede zu behandeln, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist und der damalige Arbeitgeber, ein Rechtsvorgänger der Beklagten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden war.

21

Dabei kann es dahinstehen, welche Bedeutung dem Wort „Sie“ im Satzteil „sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen“ zukommt, ob also, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, damit über den Vertragswortlaut hinaus nicht nur auf den tariflichen Geltungsbereich, sondern auch auf die Tarifgebundenheit der Klägerin Bezug genommen worden ist. Darauf kommt es nach der früheren, für Arbeitsverträge aus dem Jahre 1998 weiterhin maßgeblichen Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede nicht an.

22

c) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen tarifvertraglichen Vergütungsregelungen folgt jedoch aus der Bezugnahmeklausel in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, die als „Neuvertrag“ nicht mehr unter die aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterzuführende Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede fällt. Diese Klausel enthält eine konstitutive Bezugnahme auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung, die nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig und für die die Tarifgebundenheit der Klägerin ohne Bedeutung ist.

23

aa) Die Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung im Änderungsvertrag vom 1. November 2005 unterliegt nicht der widergegebenen, vom Senat nur noch aus Gründen des Vertrauensschutzes angewendeten Auslegungsregel zur Gleichstellungsabrede.

24

(1) Es handelt sich bei der Vereinbarung vom 1. November 2005 um einen „Neuvertrag“ aus der Zeit ab dem 1. Januar 2002, zu dessen Inhaltsbestimmung die allgemeinen Auslegungsregeln uneingeschränkt Anwendung finden. Es kommt danach in erster Linie auf den Wortlaut der übereinstimmenden Erklärung an. Vom Wortlaut abweichende Regelungsziele oder Motive können nur dann bei der Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie im Vertrag selbst oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sind(BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40). Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag wird jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, durch einen Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit nicht berührt (- „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ -, vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 mwN, NZA 2010, 170; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - mwN, BAGE 122, 74). Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers besondere Bedeutung beimessen wollen, muss dies regelmäßig im Vertragstext Niederschlag finden oder auf sonstige Weise Gegenstand der arbeitsvertraglichen Einigung geworden sein.

25

(2) Der Anwendung der widergegebenen allgemeinen Auslegungsregeln auf die vertragliche Abrede vom 1. November 2005 steht nicht entgegen, dass es sich hier um die Änderung eines „Altvertrages“ aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 handelte, in dem sich ebenfalls eine dynamische Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge fand. Bei einer Änderung eines Altvertrags nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgeblich sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist(BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, NZA 2010, 170).

26

Danach ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung, was die Bezugnahmeklausel angeht, als Neuvertragsabschluss einzustufen. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Mit der Bezugnahme auf die „jeweilige Fassung“ der „einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein“ wird in rechtsgeschäftlicher, vertragsändernder Willensbildung durch einen Wortlaut, der sich von der Vorgängerregelung im Altvertrag unterscheidet und ausdrücklich eine Vertragsumstellung weg von der Rechtslage bei der ursprünglichen Arbeitgeberin, der D GmbH, vornimmt, eine eigenständige Neuregelung getroffen und nicht lediglich die ursprünglich getroffene Vereinbarung ohne eigenen Rechtsgestaltungswillen wiederholt.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der danach in einem „Neuvertrag“ im Sinne der Senatsrechtsprechung vereinbarten Bezugnahmeklausel im Falle der - tatsächlich gegebenen - Mitgliedschaft der Klägerin in der tarifschließenden Gewerkschaft um eine lediglich deklaratorische, die Rechtslage beschreibende Wissenserklärung handeln sollte. Es fehlt schon an Tatsachenvortrag dazu, dass der an der Vertragsänderung beteiligten Arbeitgeberin die Tarifgebundenheit der Klägerin bekannt war und dass diese zum Thema des Vertragsschlusses gemacht worden ist.

28

(4) Ebenso wenig kann aus dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Änderungsvertrag oder aus vorgetragenen Begleitumständen beim damaligen Vertragsschluss irgendein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass die vereinbarte dynamische Bezugnahme des Tarifrechts der Metallindustrie Schleswig-Holsteins bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite nur noch als statische Verweisung weiter gelten sollte.

29

Auch für die Annahme der Revision, beide Parteien seien noch im November 2005 vor dem Hintergrund, dass auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ergingen, die die bisherige Auslegung entsprechender Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede bestätigten und die Ankündigung der Rechtsprechungsänderung erst am 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 -) erfolgte, davon ausgegangen, dass die Bezugnahme im Arbeitsvertrag nur der Gleichstellung der organisierten Arbeitnehmer mit den nichtorganisierten Arbeitnehmern diene, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in konkret vorgetragenen Umständen bei Vertragsschluss irgendeinen Anhaltspunkt.

30

bb) Der Senat hält an seiner neueren Rechtsprechung zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf einschlägige Tarifverträge oder Tarifwerke, die zu dem vorgenannten Ergebnis führt, auch in Anbetracht der von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte fest. Dies hat der Senat bereits in verschiedenen Entscheidungen - in Auseinandersetzung mit der zwischenzeitlich geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung - ausführlich begründet(vgl. ua. 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

31

(1) Es verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip und damit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, dass der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes auf alle Bezugnahmeklauseln anwendet, die in der Zeit bis zur Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung vom 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326) vereinbart worden sind.

32

(a) Entgegen der Revision liegt hierin keine nach dem Vertrauensschutzprinzip verbotene echte Rückwirkung(vgl. hierzu etwa BVerfG 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263 f.). Es wird nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen. Die streitgegenständliche Klausel wurde zwar in der Vergangenheit vereinbart, das Arbeitsverhältnis, auf das sich ihre Wirkung bezieht, ist jedoch weder abgeschlossen noch abgewickelt. In die in der Vergangenheit bereits abgewickelten Teile des Arbeitsverhältnisses greift die auf die allgemeinen Grundsätze zurückgeführte Auslegungsregel nicht ein.

33

(b) Die Festlegung eines Stichtages, mit dem die Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt wird, ist ein geeignetes Mittel, um eventuell bestehendem Vertrauen in eine gefestigte Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der gegnerischen Partei Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - zu B III 2 a der Gründe, NJW 2009, 1469). Die Festlegung des Datums des Stichtags ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht willkürlich. Vorrangig von Bedeutung für die Festlegung des Stichtags ist der vom Gesetzgeber mit der Schuldrechtsnovelle deutlich gemachte Wertewandel, wovon auch eine deutlich verstärkte Aufforderung an die Verwender von Formularverträgen ausging, das von ihnen Gewollte auch in der entsprechenden verständlichen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) Form eindeutig zum Ausdruck zu bringen (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 34, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

34

Durch die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Senats vom 19. März 2003(- 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284) und vom 1. Dezember 2004 (- 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40) wird der Stichtag nicht in Frage gestellt. Gegenstand der Entscheidung vom 19. März 2003 war ein sog. Altvertrag aus dem Jahr 1997. Für solche Verträge wendet der Senat die Grundsätze der früheren Rechtsprechung nach wie vor an. In der Entscheidung vom 1. Dezember 2004 kam die Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede gar nicht zur Anwendung, da die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht vorlag. Beiden Entscheidungen kommt aber auch unabhängig davon bei der typisierten Interessenabwägung und bei der Beurteilung der maßgebende Faktoren für die Festlegung des Stichtags (dazu ua. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40)keine Bedeutung zu. Das trifft auch für die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 2005 (- 1 ABR 64/03 - BAGE 114, 162) zu.

35

Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht mehrere von Arbeitgeberseite gegen die neuere Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede erhobene Verfassungsbeschwerden mit dem Ziel einer Ausweitung des Vertrauensschutzes nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorlagen( BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 - ; 21. April 2009 - 1 BvR 769/09 -). Es hat ausgeführt, dass ein Gericht grundsätzlich von einer früheren Rechtsprechung abweichen kann und dass darin kein Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu sehen ist, wenn sich die Rechtsprechungsänderung im Rahmen einer vorhersagbaren Entwicklung hält (BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 -).

36

(2) Entgegen der Auffassung der Revision führt auch die Regelung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu keinem anderen Ergebnis. Der angeführte Wert des Vertrauens in eine gefestigte Rechtsprechung ist keine „im Arbeitsrecht geltende Besonderheit“, sondern ein allgemeiner Umstand, den der Senat in seiner Rechtsprechung bei seiner Abwägung der beteiligten Interessen - unter Einbeziehung der Situation im Arbeitsrecht - bereits berücksichtigt hat(dazu BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 46 ff., BAGE 122, 74).

37

cc) Nach alledem ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, was die Auslegung der dort vereinbarten Bezugnahme angeht, mit dem Landesarbeitsgericht als „Neuvertrag“ einzustufen, der eine von der Tarifgebundenheit der Vertragsparteien unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat und deshalb auch tarifvertragliche Regelungen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages macht, die nach einem Ende der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite getroffen worden sind.

38

d) Der Betriebsübergang von der N GmbH auf die Beklagte am 1. Juli 2006 hat an dieser vertragsrechtlichen Lage nichts geändert. Die Klausel gilt auch im Arbeitsverhältnis der Parteien dynamisch. Die sich aus dieser Vertragsklausel ergebende Pflicht, die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden, gehört zu den Rechten und Pflichten, in die die Beklagte als Erwerberin des Betriebs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist. Dementsprechend ist sie an die Verweisungsklausel aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin mit ihrem Rechtsvorgänger unter Einbeziehung von deren Dynamik gebunden.

39

Der sich von Rechts wegen und unabhängig vom „Gutdünken“ des Veräußerers und Erwerbers(vgl. ua. EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03 [Celtec] - ua. Rn. 38 mwN, Slg. 2005, I-4389 und 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 26, Slg. 2006, I-2397) nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten und umfasst mithin auch solche aus Verweisungsklauseln auf einen Tarifvertrag.

40

§ 613a Abs. 1 BGB regelt die Rechtsfolgen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs für die davon betroffenen Arbeitsverhältnisse. Dabei ist in Satz 1 der Vorschrift allgemein geregelt, dass das Arbeitsverhältnis mit demjenigen Inhalt auf den Erwerber übergeht, den es zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs hat. Dazu gehören nicht nur die aktuell realisierten Rechte und Pflichten, sondern alle, auf die sich eine der Vertragsparteien bei unveränderter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte. Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung ohne inhaltliche Veränderung ein(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - BAGE 124, 123, 127). Hiervon sind auch Rechtspositionen umfasst, die erst in der Zukunft Wirkung entfalten, etwa bereits fest vereinbarte Änderungen der Rechtslage, die zu einem späteren Zeitpunkt eintreten sollen. Soweit arbeitsvertraglich eine Dynamik bei der Anwendung in Bezug genommenen Rechts vereinbart ist, geht auch sie als solche über. Der Erwerber ist an sie gebunden wie der Veräußerer, der sich darüber mit dem Arbeitnehmer geeinigt hat. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt ihn bezüglich der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen so, als habe er sie selbst abgeschlossen(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - ZIP 2010, 748).

41

Dieses Ergebnis ergibt sich ebenfalls aus der Betriebsübergangsrichtlinie, derzeit in der Fassung der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001(ABl. 2001, L 82/16), zu deren Umsetzung in das nationale Recht § 613a BGB dient, der richtlinienkonform auszulegen ist. Die Richtlinie soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (vgl. ua. EuGH 10. Februar 1988 - C-324/86 [Tellerup oder „Daddy’s Dance Hall“] - Rn. 9, Slg. 1988, I-739; 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 25, Slg. 2006, I-2397). Ziel dieser Richtlinie ist es, die am Tag des Übergangs bestehenden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer zu wahren (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397) und damit sicherzustellen, dass der betroffene Arbeitnehmer in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber in gleicher Weise geschützt ist, wie er es nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats in seinen Beziehungen zum Veräußerer war (EuGH 6. November 2003 - C-4/01 [Martin ua.] - Rn. 41, Slg. 2003, I-12859). Daraus folgt, dass eine am Tag des Übergangs bestehende individualvertragliche dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrages, die unabhängig von beiderseitiger Tarifgebundenheit ist, als Solche auf den Betriebserwerber übergeht. Anzunehmen, sie wandle ihren Charakter infolge des Übergangs von „dynamisch“ zu „statisch“, wäre eine Minderung der bestehenden Rechte.

42

e) Entgegen der Auffassung der Revision wurde die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel vom 1. November 2005 weder durch die frühere beiderseitige Tarifgebundenheit verdrängt, noch wird sie durch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm verdrängt. Eine ggf. entstehende Regelkollision ist in beiden Fällen nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

43

aa) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht allein durch kollektivvertragliche Regelungen bestimmt, sondern durch kollektive und individualvertragliche Regelungen. Zu letzteren gehört die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf die „gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung“. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht unter Bezug auf die Senatsrechtsprechung(BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - BAGE 124, 34, 37) ausgeführt, dass die Wirkung einer Bezugnahmeklausel nicht dadurch berührt wird, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nach § 4 Abs. 1 TVG trete eine vertragliche Inbezugnahme hinter einer normativen Geltung zurück, verkennt sie, dass eine normative Geltung und eine vertragliche Inbezugnahme als zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen nebeneinander bestehen bleiben. Eine ggf. entstandene Regelkollision war vor dem Betriebsübergang nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

44

Auch wenn auf diese Weise eine der beiden Regelungen im Arbeitsverhältnis - zeitweise - keine praktische Wirkung entfaltet, so bleibt sie entgegen der Auffassung der Revision, die meint, es könne nur übergehen, was zuvor Wirkung entfaltet habe, jedoch bestehen und ist demgemäß Teil des bei einem Betriebsübergang mit übergehenden Regelungsbestands(vgl. hierzu auch BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110).

45

bb) Daran, dass die Anwendung eines Tarifvertrags auf zwei Rechtsgründen beruht, ändert sich nichts durch die Feststellung, dass einer von ihnen, nämlich die bisherige kollektive Wirkungsweise, nach dem Betriebsübergang mangels Tarifgebundenheit der Beklagten in nun „statischer“ Form in den Bestand des Arbeitsverhältnisses eingegangen ist. Prinzipiell unterliegt auch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG. Insbesondere kann den nunmehr als Inhalt des Arbeitsverhältnisses fortwirkenden früheren Tarifnormen keine größere Wirkungstiefe zukommen als unmittelbar wirkenden Tarifnormen(näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 bis 32, AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110). Deshalb sind auch die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierten Tarifnormen nicht in der Lage, günstigere Abmachungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu verdrängen. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine im Hinblick auf § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergänzende, keine konkurrierende Regelung. Auch nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnormen treten nach § 4 Abs. 3 TVG gegenüber einzelvertraglichen Vereinbarungen, soweit diese für die jeweiligen Arbeitnehmer günstigere Bedingungen enthalten, zurück (näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 ff., aaO).

46

f) Durch die Anordnung des Übergangs einer mit dem Veräußerer des Betriebes arbeitsvertraglich vereinbarten dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag auf die Beklagte als Erwerberin dieses Betriebes wird diese entgegen der Revision nicht in ihrem Grundrecht auf - negative - Koalitionsfreiheit verletzt.

47

aa) Wie der Senat bereits mehrfach begründet hat, berührt die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21 mwN, ZIP 2010, 748). Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (ebenso zum Verhältnis der negativen Koalitionsfreiheit zu einem Sozialplan BVerfG 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - AP GG Art. 2 Nr. 2).

48

bb) Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Einwände der Revision fest.

49

Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Soweit bei der Begründung der Rechte und Pflichten, die bei einem Betriebsübergang auf den Erwerber übergehen, weder die Mitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei, etwa bei einem Firmentarifvertrag, eine Rolle spielen, sondern diese unmittelbar auf der Abgabe einer privatautonomen Willenserklärung gegenüber dem Arbeitsvertragspartner beruhen, kann weder die negative Koalitionsfreiheit des Veräußerers noch diejenige des Erwerbers betroffen sein. Der arbeitsvertragliche Charakter einer dynamischen Verweisung auf ein fremdes Regelwerk wird durch die Herkunft des Bezugsobjekts nicht geändert; das gilt für eine etwaige Einbeziehung des jeweiligen statistischen Lebenshaltungsindexes ebenso wie für die Einbeziehung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung wie die der jeweiligen Fassung eines Tarifvertrages(vgl. im Einzelnen BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23 bis 27 mwN, ZIP 2010, 748).

50

Auch in ihren Folgewirkungen bleibt dieser individualvertragliche Charakter erhalten. Anders als nach der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, die zu einem kollektivrechtlichen Inhaltsschutz mit zwingender Wirkung für ein Jahr führt, können nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangene Vereinbarungen jederzeit einvernehmlich und privatautonom abgeändert werden. Es herrscht grundsätzlich die gleiche Vertragsfreiheit, wie sie im Veräußererbetrieb bestanden hat(vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - BAGE 124, 345, 347). Im Übrigen ist - entgegen den Annahmen der Revision - weder in die Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien noch in die Feststellung der Folgen des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB einzubeziehen, ob aus der Sicht einer Vertragspartei im Einzelfall eine konkrete Möglichkeit der einvernehmlichen Vertragsänderung gesehen wird oder wie die Existenz von dynamisch wirkenden individualvertraglichen Bezugnahmen auf Tarifverträge sich bei Kaufvertragsverhandlungen im Rahmen von Betriebsübergängen auswirkt. Die Überlegung der Revision, eine nur noch statische Fortgeltung von Tarifverträgen sei im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG sachlich gerechtfertigt, da dies in der Regel Gegenstand der Kaufverhandlungen sei und eine dynamische Fortgeltung von Tarifverträgen nicht überschaubar wäre, ist in ihrem rechtlichen Gehalt schwer zu erschließen. Gegenstand von Kaufverhandlungen kann nur die tatsächlich im zu erwerbenden Betrieb bestehende Rechtslage sein, nicht eine vom Käufer oder Verkäufer gewünschte. Die hinter dieser Überlegung stehende Auffassung widerspricht § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie bedeutet nichts anderes, als dass sich der Arbeitsvertragsinhalt entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung allein durch den Betriebsübergang ändern soll.

51

cc) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang aus dem Urteil „Werhof“ des EuGH vom 9. März 2006(- C-499/04 - Slg. 2006, I-2397).

52

Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren(vgl. ua. EuGH 27. November 2008 - C-396/07 [Juuri] - Rn. 28 mwN, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 97). Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erwerber durch andere Kollektivverträge als die zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden binden und demnach verpflichten wollte, die Arbeitsbedingungen später durch die Anwendung eines neuen, nach dem Übergang geschlossenen Kollektivvertrags zu ändern (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397), was im Übrigen gegen das im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu beachtende Recht auf negative Vereinigungsfreiheit verstoßen würde (ebenda, Rn. 32 bis 35). Mit der Werhof-Entscheidung schließt es der EuGH aus, eine vertragliche Verweisung auf Tarifverträge im Falle eines Betriebsüberganges nach Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG zwingend, also unabhängig vom übereinstimmend gebildeten Willen der Arbeitsvertragsparteien, stets so zu verstehen, dass der Erwerber an die betreffenden Tarifverträge auch in den Fassungen gebunden ist, die erst nach dem Betriebsübergang vereinbart wurden. Diese Auffassung teilt der Senat (vgl. näher BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 35 bis 38 mwN, in Auseinandersetzung mit EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - aaO). Die gegenteilige Auffassung der Revision, die im Ergebnis dahin geht, dass zwingend und unabhängig vom privatautonom zwischen den Arbeitsvertragsparteien Vereinbarten jegliche Bezugnahme auf Tarifverträge in Einzelarbeitsverträgen im Fall des Betriebsüberganges „statisch“ wird, lässt sich nicht mit der Werhof-Entscheidung des EuGH begründen.

53

4. Insgesamt führt die individualvertragliche Inbezugnahme in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 zu einer dynamischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein und damit zu den streitgegenständlichen Tarifverträgen vom 7. Mai 2007. Diese enthalten im Verhältnis zu der statischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, vorliegend in der Fassung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum tarifungebundenen Betriebserwerber, eine finanziell günstigere Regelung im Sinne des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG. Der auf dieser Grundlage von der Klägerin geltend gemachte Betrag ist der Höhe nach unstreitig.

54

5. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

55

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Vorderwülbecke    

        

    Bredendiek    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Dezember 2008 - 20 Sa 638/08 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 4. März 2008 - 6 Ca 778/07 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche und in diesem Zusammenhang über die Reichweite einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

2

Der Kläger, Mitglied der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), war seit dem 1. Oktober 1979 zunächst bei der H GmbH in O beschäftigt. Der im Monat September 1979 geschlossene Arbeitsvertrag lautet ua.:

        

„7.     

Alle weiteren das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte richten sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie und der Arbeitsordnung.“

3

Die H GmbH hat ihren Sitz in Hessen. Sie war schon zur Zeit des Arbeitsvertragsschlusses Mitglied des Verbandes der Metall- und ElektroUnternehmen Hessen e. V. (VME Hessen, später -HESSENMETALL-). Der VME Hessen und die IG Metall schließen Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie ab, deren räumlicher Geltungsbereich sich auf das Bundesland Hessen beschränkt. Die H GmbH verwendete die Klausel unter Nr. 7 des Arbeitsvertrages auch in den Vereinbarungen mit Arbeitnehmern, die nicht in Hessen, sondern in anderen Bundesländern beschäftigt waren. Motiv der H GmbH hierfür war die Schaffung einheitlicher Arbeitsbedingungen für die von ihr beschäftigten Arbeitnehmer.

4

Mit Wirkung vom 1. April 2007 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines Betriebsübergangs auf die nicht tarifgebundene Beklagte über. Vor dem Betriebsübergang gab diese mindestens drei Mal in Folge Tariflohnerhöhungen für den Bereich der hessischen Metall- und Elektroindustrie an ihre damaligen Arbeitnehmer weiter. In deren Arbeitsverträgen heißt es, „für das Arbeitsverhältnis gelten in Anlehnung der Tarifvertrag der IGM sowie ergänzend die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen“.

5

Mit Tarifvertrag vom 7. Mai 2007 vereinbarten die IG Metall und der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen e. V. eine Erhöhung der tariflichen Entgelte und die Zahlung eines Pauschalbetrages, die der Kläger erfolglos bei der Beklagten geltend machte.

6

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger die Entgeltdifferenzen in rechnerisch unstreitiger Höhe weiter. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel erfasse als unbedingte zeitdynamische Verweisung auch die dem Betriebsübergang zeitlich nachfolgenden Tarifänderungen. Eine Auslegung als sog. Gleichstellungsabrede scheide aus, weil die Klausel auch in Arbeitsverträgen außerhalb von Hessen verwendet worden sei und damit auch auf „ortsfremde“ Tarifverträge verweise. Selbst wenn eine Gleichstellungsabrede vorliege, bestehe für die Beklagte kein Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zudem ergebe sich der Anspruch aus betrieblicher Übung.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.265,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 400,00 Euro seit dem 1. Juni 2007 und aus 865,55 Euro seit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Verweisungsklausel handele es sich um eine Gleichstellungsabrede, deren Dynamik mit dem Betriebsübergang auf sie geendet habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Klagabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es handele sich bei der Bezugnahmeklausel in Nr. 7 des Arbeitsvertrages nicht um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung. Es bestehe auch kein zeitlich unbegrenzter Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung des Senats. Dies widerspräche der Wertung des Art. 229 § 5 EGBGB. Zudem habe die entscheidende Disposition der Beklagten in der Betriebsübernahme zum 1. April 2007 gelegen und damit mehr als 15 Monate nach der Ankündigung einer Rechtsprechungsänderung zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln durch den Senat am 14. Dezember 2005 stattgefunden. Darüber hinaus habe die H GmbH mit der Bezugnahmeklausel nicht die möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer ersetzen, sondern bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen schaffen wollen. Zwar liege die typische Interessenlage für die Vereinbarung einer Gleichstellungsabrede beim Kläger vor. Dem stehe aber das Motiv der Beklagten entgegen, einheitliche Bedingungen im gesamten Bundesgebiet zu schaffen. Auf die Kenntnis dessen durch den Kläger komme es nicht an. Eine unterschiedliche Auslegung der wortgleichen Verweisungsklausel liefe dem Interesse des Arbeitgebers zuwider.

12

II. Das ist rechtsfehlerhaft. Der Senat kann gleichwohl in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

13

Die zulässige Zahlungsklage ist unbegründet. Bei der Klausel in Nr. 7 des Arbeitsvertrages aus dem Monat September 1979 handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Danach endete die dynamische Inbezugnahme der im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge zum Zeitpunkt des Übergangs des Betriebes auf die nicht tarifgebundene Beklagte, weshalb die nachfolgend geschlossenen Tarifverträge nicht mehr von ihr erfasst werden (unter 1). Ein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung scheidet ebenfalls aus (unter 2).

14

1. In Nr. 7 des Arbeitsvertrages haben die damaligen Vertragsparteien eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats vereinbart. Das ergibt die Auslegung der Bezugnahmeklausel(zu den Maßstäben etwa BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 24, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge ab diesem Datum nur noch statisch anzuwenden sind.

15

a) Die Arbeitsvertragsparteien haben unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Klägers die Anwendung der in der Bezugnahmeklausel genannten Tarifverträge vereinbart. Eine arbeitsvertragliche Verweisung wie die vorliegende hat nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats stets rechtsbegründende Bedeutung(ausf. BAG 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 46 mwN, AP TVG § 3 Nr. 45 = EzA TVG § 3 Nr. 32; 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 38 ff. mwN, BAGE 130, 237).

16

b) Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel, die auf die für den Arbeitgeber einschlägigen Tarifverträge verweist, handelt es sich um eine sogenannte Gleichstellungsabrede.

17

aa) Nach der früheren Senatsrechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Verweisungsklauseln in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen. Mit der Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge sollten die Arbeitnehmer arbeitsvertraglich so gestellt werden, wie sie tarifrechtlich stünden, wenn sie tarifgebunden wären. Ziel der Bezugnahme war danach die einheitliche Anwendung des in Bezug genommenen Tarifrechts unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis nahm an den dynamischen Entwicklungen des in Bezug genommenen Tarifvertrages deshalb auch nur so lange teil, wie der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war (vgl. nur BAG 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 46 mwN, AP TVG § 3 Nr. 45 = EzA TVG § 3 Nr. 32; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 f. mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 12 ff., BAGE 116, 326; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40).

18

Nach dieser Rechtsprechung war Voraussetzung für die Auslegung einer dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag als Gleichstellungsabrede stets, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag bei Vertragsschluss einschlägig war (ausf. BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 22 f., NZA-RR 2010, 361; weiterhin 27. November 2002 - 4 AZR 661/01 - zu II 2 b bb (1) der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 99, 120; 4. September 1996 - 4 AZR 135/95 - zu II a bb der Gründe, BAGE 84, 97). Konsequenz dieser Voraussetzung ist, dass bei einer Verweisung auf einen „fachfremden“ oder „ortsfremden“ Tarifvertrag die Annahme einer Gleichstellungsabrede ohne besondere Anhaltspunkte grundsätzlich ausscheidet (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 23, NZA-RR 2010, 361; 25. Oktober 2000 - 4 AZR 506/99 - zu II 3 b cc der Gründe, BAGE 96, 177).

19

bb) Danach handelt es sich vorliegend um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung. Der Kläger ist in einem Betrieb in Hessen beschäftigt, für den der in Bezug genommene Tarifvertrag sowohl räumlich als auch persönlich und fachlich Geltung beansprucht. An diesen Tarifvertrag war die Betriebsveräußerin, die H GmbH, bei Arbeitsvertragsschluss tarifgebunden. Die Tarifverträge der hessischen Metallindustrie waren daher vor dem Betriebsübergang „einschlägig“.

20

cc) Ein anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass die H GmbH bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen schaffen wollte. Dieses Motiv der vertragsschließenden früheren Arbeitgeberin hindert entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

21

(1) Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind grundsätzlich nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbaren Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm regelmäßig formularmäßig gemachten Angebots durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 30, BAGE 122, 74).

22

Für die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel bedeutet dies, dass ihr Bedeutungsinhalt in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist. Lediglich wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen in einer sich im Wortlaut nicht niederschlagenden Weise beeinflusst haben, besteht Anlass, die Wortauslegung in Frage zu stellen (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 31, BAGE 122, 74).

23

(2) Weder dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel noch den sonstigen Begleitumständen des Vertragsschlusses können Anhaltspunkte entnommen werden, wonach die Bezugnahmeklausel über ihren von der früheren Senatsrechtsprechung typisierend ermittelten Inhalt als Gleichstellungsabrede hinaus auch dazu dienen sollte, unternehmensweit einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Andere Anhaltspunkte dafür, dass das Motiv der H GmbH dem anderen Teil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar war, sind weder den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen.

24

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann es nicht dahinstehen, ob dem Kläger diese Motive bei Vertragsschluss bekannt waren oder nicht. Zwar hat der Senat in seiner früheren Rechtsprechung für den „Gleichstellungszweck“ die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers als ausreichend angesehen (vgl. 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 16, BAGE 116, 326) und nicht die Kenntnis des Arbeitnehmers von diesem Umstand gefordert. Diese vom Senat zudem aufgegebene Rechtsprechung kann aber nicht dazu herangezogen werden, auch andere, dem Vertragspartner nicht erkennbare Motive als Vertragsinhalt anzusehen. Das widerspricht den Grundsätzen zur Auslegung von Willenserklärungen (unter [1]).

25

(3) Ein anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des Senats vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 396/08 - Rn. 22 f., NZA-RR 2010, 361). Der Kläger im dortigen Verfahren war ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt und der Arbeitsvertrag beinhaltete die gleiche Bezugnahmeklausel. Sein Beschäftigungsort befand sich allerdings außerhalb des Bundeslandes Hessen, weshalb die Tarifverträge der hessischen Metallindustrie auch bei beiderseitiger Tarifgebundenheit nicht gegolten hätten.

26

(4) Eine unternehmenseinheitliche Auslegung der Bezugnahmeklausel ist nicht geboten.

27

(a) Voraussetzung für eine Auslegung einer Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede war stets nur, dass der im einzelnen Arbeitsvertrag in Bezug genommene Tarifvertrag für das betreffende Arbeitsverhältnis „einschlägig“ war, also „das Arbeitsverhältnis alle Voraussetzungen erfüllte, die die Geltungsbereichsbestimmung des Tarifvertrages aufstellte“. Die vergleichbaren Arbeitnehmer sind in der Regel die gleichartig beschäftigten Arbeitnehmer des Betriebes, in dem der tarifungebundene Arbeitnehmer beschäftigt ist (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 23, NZA-RR 2010, 361; weiterhin 4. September 1996 - 4 AZR 135/95 - zu II a bb der Gründe, BAGE 84, 97). Die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag für einen Arbeitnehmer, für dessen Arbeitsverhältnis diese Voraussetzungen nicht gelten - etwa wenn der Arbeitsvertrag auf Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer verweist, der Arbeitnehmer aber ein Angestellter ist (zu diesem Beispiel BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - aaO) - führt nicht dazu, dass der Charakter als Gleichstellungsabrede auch in allen Verträgen der gewerblichen Arbeitnehmer ohne weiteres verloren geht.

28

Auch in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2009 ist der Senat davon ausgegangen, dass eine einfache Verweisungsklausel auch dann, wenn ein Arbeitgeber über die Grenzen des Tarifgebiets hinaus einheitliche Arbeitsbedingungen vereinbart hat, nicht zugleich die auflösende Bedingung enthält, die Tarifbedingungen sollen „für alle Arbeitnehmer, auch für die tarifgebietsfremden Arbeitsverhältnisse“, nur so lange dynamisch gelten, wie der Arbeitgeber an seinem Sitz tarifgebunden sei. Damit ging der Senat aber zugleich von einer Gleichstellungsabrede in den Arbeitsverhältnissen innerhalb des Tarifgebiets aus. Nur „hinsichtlich der tarifgebietsfremden Arbeitsverhältnisse“ ist der Arbeitgeber „wie ein tarifungebundener Arbeitgeber anzusehen“ (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 27, NZA-RR 2010, 361).

29

(b) Ein anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und diese nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44, jeweils mwN; BGH 12. Mai 1980 - VII ZR 158/79 - zu I 2 b der Gründe, BGHZ 77, 116). Das schließt eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Verkehrskreisen und ein unterschiedliches Verständnis der Bezugnahmeklausel je nach dem, ob der Tarifvertrag für den betreffenden Betrieb einschlägig ist oder nicht, nicht aus.

30

(5) Schließlich steht der Auslegung als Gleichstellungsabrede nicht die im Arbeitsvertrag unter Nr. 4 enthaltene Versetzungsklausel entgegen. Maßgebend für die Auslegung der Bezugnahmeklausel sind die Bedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Damals handelte es sich um den „einschlägigen“ Tarifvertrag.

31

c) Die bisher zugrunde gelegte Auslegungsregel zur Feststellung einer Gleichstellungsabrede wendet der Senat für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind („Neuverträge”) nicht mehr an. Aus Gründen des Vertrauensschutzes findet sie aber weiterhin auf Bezugnahmeklauseln Anwendung, die wie die vorliegende vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 64 mwN, BAGE 130, 286; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 23. Januar 2008 - 4 AZR 602/06 - Rn. 20 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 38; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

32

aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts besteht in der unbeschränkten Gewährung von Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Verträge kein Wertungswiderspruch zu Art. 229 § 5 EGBGB. Das hat der Senat bereits mehrfach ausführlich begründet (insb. BAG 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 52, AP TVG § 3 Nr. 45 = EzA TVG § 3 Nr. 32; s. weiterhin 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 27, BAGE 116, 326; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 36, BAGE 128, 185; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Eine zeitlich begrenzte Klarstellungsmöglichkeit für den Klauselverwender durch einzelvertragliche Änderungsangebote hat der Senat verworfen (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 27, BAGE 116, 326).

33

bb) Unzutreffend ist die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte genieße keinen Vertrauensschutz, weil sie erst durch den nach dem 1. Januar 2002 geschlossenen Betriebspachtvertrag, der zum Betriebsübergang führte, ihre Disposition getroffen habe.

34

Anknüpfungspunkt für die Auslegung der Klausel ist der Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses. Allein auf diesen bezieht sich auch der Vertrauensschutz hinsichtlich der Auslegung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Senatsrechtsprechung (s. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Der Betriebspachtvertrag änderte an der Auslegung des Arbeitsvertrages nichts. Der Betriebsübergang führt gerade nicht zu einer Dispositionsbefugnis über den Inhalt des Arbeitsvertrages, sondern soll die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nach der gesetzlichen Anordnung unberührt lassen. Das Landesarbeitsgericht ist im Ansatz auch selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund des Betriebsübergangs am 1. April 2007 in die Verpflichtungen aus der Verweisungsklausel eingetreten ist. Der sich von Gesetzes wegen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten. Nach Satz 1 der Vorschrift tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 16, NZA-RR 2010, 361).

35

d) Da die Beklagte infolge des Betriebsübergangs gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten in dem dort beschriebenen Umfang eingetreten ist, endete die Dynamik der durch die Bezugnahmeklausel begründeten vertraglichen Tarifgeltung wegen der fehlenden Tarifgebundenheit der Beklagten mit Ablauf des 31. März 2007. Die am 7. Mai 2007 von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Entgelterhöhungen wurden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst.

36

2. Dem Kläger steht die begehrte Zahlung auch nicht nach den Grundsätzen einer betrieblichen Übung zu. Bei der Beklagten existierte keine betriebliche Übung dahin, die Tarifverträge „der IGM“ in ihrer jeweiligen Fassung den Arbeitsverhältnissen der dort Beschäftigten zugrunde zu legen. Der Kläger konnte deshalb auch nicht durch eine dahin gehende rechtsbegründende betriebliche Übung begünstigt werden.

37

a) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt (BAG 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29; 27. Oktober 2004 - 10 AZR 138/04 - zu II 1 der Gründe, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28).

38

b) Danach ist hier ein Anspruch des Klägers auf Grundlage einer betrieblichen Übung ausgeschlossen. Grundlage der Leistungsgewährung an die anderen Mitarbeiter war eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, nicht eine bestehende betriebliche Übung. Die Beklagte zahlte die Tariflohnerhöhungen an die bereits vor dem Betriebsübergang bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer aufgrund der mit ihnen vereinbarten arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln. Die in der vertraglichen Abrede vereinbarte „Anlehnung“ an den dort genannten Tarifvertrag ist nach ihrem Wortlaut dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes Vergütungssystem verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 der Gründe, BAGE 103, 338).

39

III. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision nach den §§ 91, 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber     

        

        

        

    Kralle-Engeln    

        

    Weßelkock    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. November 2009 - 16 Sa 1228/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage über die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

2

Die Klägerin ist seit dem 20. August 1992 aufgrund eines Formulararbeitsvertrages als stellvertretende Filialleiterin bei der Beklagten beschäftigt. § 3 ihres Arbeitsvertrages vom 7. August 1992 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

㤠3 - Gehalt

        

Der Angestellte erhält monatlich nachträglich ein Gehalt von brutto DM 1743,-- + 200,-- brutto übertarifl. Zulage, da stell. FL unter Vereinbarung der Tarifgruppe K 2 5. Bj. … Im übrigen richtet sich das Anstellungsverhältnis nach den jeweils geltenden Tarifverträgen der infrage kommenden Sparte.

        

...“   

3

Die Beklagte war im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses Mitglied im Einzelhandelsverband Land Brandenburg e. V. Dieser hatte sowohl den Manteltarifvertrag für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg (MTV) als auch den Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg (LTV) geschlossen. Beide Tarifverträge waren in den neunziger Jahren - mit Unterbrechungen - für allgemeinverbindlich erklärt worden. Im Jahre 1997 wurden die Geschäftsanteile der Beklagten von der Z Gruppe übernommen. Sie verlegte ihren Sitz nach K und trat aus dem Arbeitgeberverband für den Einzelhandel aus. Die Klägerin war und ist nicht Mitglied der den Tarifvertrag für den Einzelhandel des Landes Brandenburg schließenden Gewerkschaft. Seit 2000 sind die Einzelhandelstarifverträge in Brandenburg nicht mehr allgemeinverbindlich.

4

Die Beklagte zahlte der Klägerin nach ihrem Austritt aus dem Einzelhandelsverband 1997 weiterhin das Entgelt entsprechend dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifvertrag. In den Jahren 1999 bis 2002 gewährte sie ihr darüber hinaus Sonderzuwendungen und Einmalzahlungen.

5

Die Beklagte zahlte der Klägerin bis Juni 2008 ein Gehalt iHv. 1.697,00 Euro brutto und seit dem 1. Juli 2008 iHv. 1.747,00 Euro brutto. Mit Schreiben vom 3. März und 6. Mai 2008 verlangte die Klägerin unter Berufung auf ihren Arbeitsvertrag von der Beklagten vergeblich die Zahlung einer Vergütung „nach dem geltenden Tarifrecht des Landes Brandenburg“. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. September 2008 beanspruchte die Klägerin Zahlung eines monatlichen Bruttoentgelts nach der Gehaltsgruppe K 2, 7. Berufsjahr nebst übertariflicher Zulage iHv. 102,26 Euro brutto für die stellvertretende Filialleitung für den Zeitraum von Dezember 2007 bis September 2008. Für die Zeit ab dem 1. Oktober 2008 forderte sie die Zahlung eines monatlichen Bruttoentgelts einschließlich der Zulage für die stellvertretende Filialleitung iHv. insgesamt 2.138,57 Euro brutto.

6

Mit ihrer am 17. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Beklagte ua. auf Zahlung rückständiger Vergütung für die Monate Dezember 2007 bis November 2008 zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, ihr stehe auch für den dann folgenden Zeitraum Vergütung nach dem aktuellen Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg idF vom 12. Januar 2006 zu. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel handele es sich nicht um eine sog. Gleichstellungsabrede. Eine solche Auslegung verstoße gegen § 305c Abs. 2 BGB. Dies gelte auch unter dem Gesichtspunkt des durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gewährten Vertrauensschutzes, der jedenfalls zu weitgehend sei. Der Gesetzgeber habe in Art. 229 § 5 EGBGB in der allgemeinen Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Grundsätze zur Überleitung und zum Vertrauensschutz geregelt und eine Jahresfrist zur Umstellung von Dauerschuldverhältnissen für ausreichend erachtet. Im Übrigen habe die Beklagte durch die Leistung der Sonderzahlungen und Einmalzahlungen deutlich gemacht, dass sie sich auch nach ihrem Verbandsaustritt dynamisch an die Bezugnahmeklausel habe halten wollen.

7

Die Klägerin hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, beantragt:

        

1.    

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.406,55 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 280,00 Euro seit dem 16. Januar 2008, seit dem 16. Februar 2008, seit dem 16. März 2008, seit dem 16. April 2008, seit dem 16. Mai 2008, seit dem 16. Juni 2008 und seit dem 16. Juli 2008 sowie aus jeweils 289,31 Euro seit dem 16. August 2008, seit dem 16. September 2008, seit dem 16. Oktober 2008, seit dem 16. November 2008 und seit dem 16. Dezember 2008 zu zahlen.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab dem 1. Dezember 2008 Vergütung nach der Vergütungsgruppe K 2 nach dem 7. Berufsjahr des Tarifvertrages Löhne, Gehälter, Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg zu beanspruchen hat.

8

Die Beklagte hat sich für ihren Klageabweisungsantrag darauf berufen, dass es sich bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel um eine sog. Gleichstellungsabrede handele. Dies habe dazu geführt, dass der bis zu ihrem Austritt aus dem tarifschließenden Einzelhandelsverband im Jahre 1997 maßgebliche Tarifvertrag lediglich statisch weiter auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sei. Dies entspreche dem Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede, die vom Bundesarbeitsgericht für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln gewährt werde. Den sich daraus für die Klägerin ergebenden Vergütungsanspruch habe die Beklagte erfüllt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage im noch streitigen Umfang abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin in der Sache die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit sie in der Revisionsinstanz noch zur Entscheidung angefallen ist, zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht die geltend gemachte Vergütungsdifferenz nicht zu. Die Bezugnahmeklausel in dem Arbeitsvertrag vom 7. August 1992 ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Das ergibt sich aus dem der Beklagten nach der Senatsrechtsprechung zu gewährenden Vertrauensschutz.

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es handele sich bei der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, weshalb nach dem Wegfall der Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Tarifvertrag statisch weiter gelte. Der streitgegenständliche Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg idF vom 12. Januar 2006 finde weder aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 4 TVG noch aufgrund einer Tarifbindung der Parteien Anwendung. Ein Anspruch der Klägerin folge auch nicht aus betrieblicher Übung, weil die Beklagte bis zum Jahr 2001 die Zahlung der Sonderzuwendung nach den aktuellen Tarifverträgen vorgenommen habe.

12

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

13

Die auch hinsichtlich des Antrages zu 2) als Elementenfeststellungsklage zulässige (vgl. dazu BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19 ff. mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9) Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vergütungsdifferenz für die Monate Dezember 2007 bis einschließlich November 2008 noch auf Feststellung eines entsprechenden Anspruchs ab Dezember 2008.

14

1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich weder aus § 5 Abs. 4 TVG, da der Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg nicht für allgemeinverbindlich erklärt ist, noch aus § 4 Abs. 1 TVG, weil es an einer mitgliedschaftlichen Bindung der Parteien an den streitgegenständlichen Tarifvertrag fehlt.

15

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sie auch keinen die Klage begründenden einzelvertraglichen Anspruch. Die Bezugnahmeklausel in § 3 Satz 4 des Arbeitsvertrages der Parteien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats aus Gründen des Vertrauensschutzes als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige zeitdynamische Verweisung auf die in ihr genannten Tarifverträge in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Daraus folgt, dass die tariflichen Änderungen nach dem Austritt der Beklagten aus dem Einzelhandelsverband im Jahre 1997 nicht mehr auf das Arbeitsverhältnis der Parteien einwirken. Die in Bezug genommenen Tarifverträge sind in ihrer zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung statisch weiter auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

16

a) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind. Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln nach den §§ 133, 157 BGB durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden(st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 44 mwN, BAGE 132, 10).

17

b) § 3 Satz 4 des Arbeitsvertrages vom 7. August 1992 ist eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats.

18

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum gehe, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Maßgeblichkeit des in Bezug genommenen Tarifwerks für das Arbeitsverhältnis gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem normativ an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag ersetzt werden solle, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 17 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 48 mwN, BAGE 132, 10). Daraus folge, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder Begleitumstände bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reiche, wie der Arbeitgeber gegenüber einem tarifgebundenen Arbeitnehmer tarifrechtlich aus neu abgeschlossenen Tarifverträgen verpflichtet sei, also dann ende, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei. Ab diesem Zeitpunkt seien die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (vgl. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 18 mwN, aaO; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - aaO; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - aaO).

19

bb) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Verweisungsklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel, die auch dann gilt, wenn der in Bezug genommene Tarifvertrag, an den der Arbeitgeber kraft Verbandsmitgliedschaft gebunden ist, zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses für allgemeinverbindlich erklärt war (BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 570/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 74 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 46), aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 64, BAGE 130, 286; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85). Eine von Arbeitnehmerseite erhobene Verfassungsbeschwerde gegen diese Rechtsprechung ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden (BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 334/09 -).

20

cc) Danach ergibt die Auslegung der streitgegenständlichen Bezugnahmeklausel, dass es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

21

(1) Ausgangspunkt der Auslegung der Bezugnahmeklausel ist der Wortlaut der streitgegenständlichen Vereinbarung. Dieser ist hinsichtlich der Bezeichnung des in Bezug genommenen Regelwerks nicht ganz eindeutig. Bei dem verwendeten Vertragsformular handelt es sich um einen branchenunabhängigen Vordruck für kaufmännische Angestellte, der von den Vertragsparteien mit den entsprechenden Daten auszufüllen ist. Die Klausel bezeichnet kein konkretes Bezugnahmeobjekt, sondern verweist nur auf die jeweils geltenden Tarifverträge der infrage kommenden Sparte.

22

(2) Die erforderliche Auslegung der Vertragsbestimmung zur Frage, welches Regelwerk mit welchem Inhalt Bestandteil des Arbeitsverhältnisses der Parteien werden sollte, führt zu dem Ergebnis, dass sich die Parteien auf die Anwendung der jeweils einschlägigen Tarifverträge und damit der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Tarifverträge für den Einzelhandel im Land Brandenburg geeinigt haben.

23

(a) Der Verweis auf die „infrage kommende Sparte“ legt nahe, dass sich die Klausel zumindest an der für den Arbeitgeber verpflichtenden Regellage orientiert. Die Formulierung „infrage kommen“ bedeutet ua. „geeignet/passend sein“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. S. 545 und S. 582). „Sparte“ steht für „Geschäftszweig“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. S. 1380). Die Regelung stellt mithin auf den jeweiligen Arbeitgeber als Verwender und sein Geschäftsfeld ab und leitet daraus das einschlägige Tarifwerk her. Das bedeutet eine Bezugnahme auf die Tarifverträge, an die der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrages gebunden ist bzw. bei einem tarifungebundenen Arbeitgeber auf die für den Betrieb einschlägigen. Insoweit bietet die von den Arbeitsvertragsparteien nicht weiter modifizierte Bestimmung keine Anhaltspunkte dafür, dass sie einen fachfremden Tarifvertrag anwenden wollten. Davon gehen sie auch selbst nicht aus.

24

(b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Bezifferung des zustehenden Gehalts in § 3 Satz 1 des Arbeitsvertrages. Hierbei handelt es sich nicht um eine abweichende Regelung im Sinne der Einschränkung der Bezugnahmeklausel durch die Worte „Im übrigen“. Dafür fehlt es an Anhaltspunkten. Die Vertragsregelung weist lediglich aus, wie hoch das Tarifgehalt zur Zeit des Vertragsschlusses war. Das folgt aus der konkreten Benennung im Arbeitsvertrag, welche tarifliche Eingruppierung zur Zeit der Vereinbarung dem ausgewiesenen Gehalt zugrunde liegt, nämlich die Tarifgruppe K 2, 5. Berufsjahr (vgl. hierzu BAG 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 99, 120). Dies hat letztlich auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt.

25

(c) Die Klägerin kann sich zur Begründung ihrer Auffassung, es handele sich nicht um eine Gleichstellungsabrede, auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte von 1999 bis 2002 die tariflich vorgesehenen Sonderzuwendungen und Einmalzahlungen gewährt hat.

26

(aa) Dass hieraus ein gesonderter Anspruch auf dynamische Anwendung des gesamten Tarifwerks für den Einzelhandel Berlin-Brandenburg aus betrieblicher Übung erwachsen sein soll, hat das Landesarbeitsgericht verneint. Hiergegen hat sich die Klägerin in der Revision auch nicht gewandt, so dass die Klageabweisung insoweit rechtskräftig geworden ist. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung ist gegenüber einem einzelvertraglichen Anspruch aus einer dynamischen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag ein eigenständiger Streitgegenstand, hinsichtlich dessen eine Revision gesondert zu begründen ist (vgl. insoweit zur gesonderten Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 22 mwN, AP ZPO § 551 Nr. 68).

27

(bb) Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, dass die von der Beklagten geleisteten Zahlungen auf einer Änderung des entsprechenden Tarifvertrages beruhen, die nach dem Austritt der Beklagten aus dem Einzelhandelsverband erfolgt ist. Nur dann käme überhaupt in Betracht, dass die Beklagte einen Tarifvertrag dynamisch anwendet und auch anwenden will, an den sie selbst nicht mehr gebunden ist. Unabhängig davon, ob sich hieraus überhaupt eine vertraglich wirksame Bestätigung eines dynamischen Bindungswillens unabhängig von der ursprünglich als Gleichstellungsabrede vereinbarten Verweisungsklausel ergeben kann, hätte die Klägerin jedenfalls darlegen müssen, dass die von der Beklagten geleisteten Sonderzahlungen bei Annahme einer Gleichstellungsabrede nicht als Vertragserfüllung geschuldet gewesen seien. Aus der Verpflichtung der Beklagten zur weiteren statischen Anwendung des entsprechenden Tarifvertrages könnte sich eine solche Leistungspflicht auch ergeben, etwa aus dem unverändert gebliebenen § 12 B MTV über die Sonderzuwendung.

28

(cc) Aus einer zwischenzeitlichen Zahlung tariflicher Sonderzuwendungen kann die Klägerin ferner nicht schließen, dass die Beklagte sich trotz ihres vorherigen Verbandsaustritts und der Einstellung der Übernahme laufender Tariferhöhungen an die Dynamik der Tarifentwicklung, insbesondere hinsichtlich der Vergütungstarifverträge, vertraglich anbinden wollte. Unabhängig von dem für die Beklagte maßgebenden Motiv der vorübergehenden Gewährung einer Sonderzahlung war für die Klägerin deshalb ein Rückschluss auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Beklagten hinsichtlich einer von der Tarifgebundenheit unabhängigen vertraglichen Bindung an die „Tarifverträge der infrage kommenden Sparte“ nicht möglich.

29

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt in der unbeschränkten Gewährung von Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Verträge kein Wertungswiderspruch zu Art. 229 § 5 EGBGB. Zu dieser Bestimmung fehlt der Bezug. Die Vorschrift befasst sich mit der Anwendung des durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Bürgerlichen Rechts. Das betrifft ua. die Geltung der §§ 305 ff. BGB für Dauerschuldverhältnisse, zu denen nach dem Wegfall der Bereichsausnahme des § 24 AGBG nach der Maßgabe des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB auch Arbeitsverträge zählen. Die Rechtsprechungsänderung stützt sich jedoch nicht unmittelbar auf die Regelungen über die Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB und insbesondere auch nicht auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB. Maßstab der Auslegung der Vertragsklausel sind die §§ 133, 157 BGB(ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 65 mwN, BAGE 130, 286; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 19 mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 52 mwN, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, 53 ff., BAGE 122, 74; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 36 ff. mwN, BAGE 128, 185). Die Aufgabe der bisherigen Auslegungsregel ist nicht unmittelbar auf eine Änderung der materiellen Rechtslage, wie sie etwa durch das Inkrafttreten der Schuldrechtsreform eingetreten ist, zurückzuführen, sondern beruht auf den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung. Deshalb besteht auch keine Vergleichbarkeit mit den Fällen, die das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB regelt, wie die Klägerin meint. In der Folge kann bei der Festlegung eines Stichtages, bis zu dem Vertrauensschutz gewährt werden soll, kein Wertungswiderspruch zu einer gesetzlichen Übergangsregelung bestehen, die einen anderen Sachverhalt regelt (siehe BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - aaO). Eine zeitlich begrenzte Klarstellungsmöglichkeit für den Klauselverwender durch einzelvertragliche Änderungsangebote hat der Senat verworfen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 32 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 27, BAGE 116, 326). Hieran etwas zu ändern, sieht der Senat keinen Anlass.

30

III. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 30. April 2008 - 2 Sa 1069/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Restlohnansprüche der Klägerin für die Zeit von August 2003 bis September 2006.

2

Die Klägerin war in der Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum 30. September 2006 bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Formulararbeitsvertrag vom 1. Juli 1995 zugrunde, in dem es ua. hieß:

        

㤠5 Gehalt

                 

…       

                 

Der/die Arbeitnehmerin wird in die Beschäftigungsgruppe II des z. Zt. geltenden Gehaltstarifvertrages für den bayerischen Einzelhandel eingruppiert.

                 

…       

        

§ 17 Tarifbindung, …

        

I.   

Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, finden die Tarifverträge für den bayerischen Einzelhandel in ihrer jeweils geltenden Fassung … Anwendung. …“

3

Bei Vertragsabschluss waren der vom Landesverband des bayerischen Einzelhandels(LBE) abgeschlossene Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel in Bayern vom 22./23. Juni 1993, der Tarifvertrag über Sonderzahlungen vom 22./23. Juni 1993, der Rahmentarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen vom 22./23. Juni 1993 sowie der Tarifvertrag über die Höhe der vermögenswirksamen Leistungen vom 22./23. Juni 1993 für allgemeinverbindlich erklärt. Der ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärte Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im bayerischen Einzelhandel vom 22./23. Juni 1993 (GTV 1993) war am 30. April 1995 außer Kraft getreten. Hinsichtlich der Vergütung für die Auszubildenden endete er erst am 31. August 1995. Am 27. Juni 1995 schloss der LBE den Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern (GTV 1995) ab, der ab 1. Mai 1995 gültig war. Er wurde am 24. Januar 1996 rückwirkend zum 1. Mai 1995 für allgemeinverbindlich erklärt. Auch nachfolgende Gehaltstarifverträge im bayerischen Einzelhandel wurden für allgemeinverbindlich erklärt. Die letzte Allgemeinverbindlicherklärung des GTV, hier: vom 22. Juni 1998 endete am 31. August 1999.

4

Die Beklagte, die zunächst tarifgebundenes Mitglied des LBE war, erklärte mit Schreiben vom 15. April 2003 gegenüber dem LBE unter Bezugnahme auf § 4a seiner Satzung den dort vorgesehenen Ausschluss aus der Tarifbindung. Nach § 4a der Satzung des LBE wirkt die Erklärung „zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge“.

5

Zum 1. Mai 2003 trat der am 25. Juli 2003 abgeschlossene Gehaltstarifvertrag(GTV 2003) für die Angestellten des Einzelhandels in Bayern in Kraft. Dieser sah für die Beschäftigungsgruppe II im 6. Tätigkeitsjahr ab dem 1. August 2003 ein Tarifgehalt von monatlich 1.950,00 Euro brutto und für die Zeit ab dem 1. August 2004 von monatlich 1.986,00 Euro brutto vor. Gleichzeitig trat nach § 5 Nr. 9 GTV 2003 zum 1. Mai 2002 der frühere Gehaltstarifvertrag vom 30. Juli 2002 (GTV 2002) außer Kraft.

6

In der Zeit von August 2003 bis September 2006 erhielt die Klägerin von der Beklagten ein monatliches Gehalt in Höhe von 1.915,00 Euro brutto.

7

Mit ihrer nach erfolgloser Geltendmachung erhobenen Klage begehrt die Klägerin eine Gehaltsdifferenz für die Zeit von August 2003 bis einschließlich Juli 2004 in Höhe von monatlich 35,00 Euro brutto sowie für die Zeit von August 2004 bis September 2006 in Höhe von monatlich 71,00 Euro brutto.

8

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass der GTV 2003 über § 17 ihres Arbeitsvertrages auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden habe. Die Verweisungsklausel sei nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen, da wegen der bei Abschluss des Arbeitsvertrages bestehenden Allgemeinverbindlicherklärungen der Tarifverträge des bayerischen Einzelhandels für die Beklagte kein Interesse bestanden habe, eine Gleichstellungsabrede zu vereinbaren. Das zukünftige Außerkrafttreten der Allgemeinverbindlicherklärungen sei bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht naheliegend gewesen. Den Parteien könne auch nicht unterstellt werden, dass sie erst für den Fall des Endes der Allgemeinverbindlicherklärungen eine vertragliche Regelung hätten treffen wollen.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.195,00 Euro brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich aus jeweils 35,00 Euro brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 2. September 2003, dem 2. Oktober 2003, dem 2. November 2003, dem 2. Dezember 2003, dem 2. Januar 2004, dem 2. Februar 2004, dem 2. März 2004, dem 2. April 2004, dem 2. Mai 2004, dem 2. Juni 2004, dem 2. Juli 2004 und dem 2. August 2004 sowie aus dem sich aus jeweils 71,00 Euro brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 2. September 2004, dem 2. Oktober 2004, dem 2. November 2004, dem 2. Dezember 2004, dem 2. Januar 2005, dem 2. Februar 2005, dem 2. März 2005, dem 2. April 2005, dem 2. Mai 2005, dem 2. Juni 2005, dem 2. Juli 2005, dem 2. August 2005, dem 2. September 2005, dem 2. Oktober 2005, dem 2. November 2005, dem 2. Dezember 2005, dem 2. Januar 2006, dem 2. Februar 2006, dem 2. März 2006, dem 2. April 2006, dem 2. Mai 2006, dem 2. Juni 2006, dem 2. August 2006, dem 2. September 2006 und dem 2. Oktober 2006 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der GTV 2003 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anzuwenden sei. Bei § 17 des Arbeitsvertrages handele es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung. Da die Allgemeinverbindlichkeit schon wegen des auf jeden einzelnen Tarifvertrag bezogenen Antragsverfahrens keine dauerhafte Gewähr für die normative Geltung aller Tarifverträge des bayerischen Einzelhandels darstelle, habe auch bei Vertragsabschluss ein Bedürfnis für den Abschluss einer Gleichstellungsabrede bestanden.

11

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entgeltdifferenz. Der GTV 2003 fand auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung. Bei der Bezugnahmeklausel in § 17 des Arbeitsvertrages der Klägerin handelte es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung und nicht um eine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige zeitdynamische Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge des bayerischen Einzelhandels in ihrer jeweiligen Fassung. Die Klägerin kann daher aus der Verweisung im Arbeitsvertrag nur solche vertraglichen Ansprüche herleiten, die sich aufgrund unmittelbarer Tarifbindung an die einschlägigen Tarifverträge ergeben würden. Die Beklagte ist jedoch nicht nach § 3 Abs. 1 TVG an den am 25. Juli 2003 angeschlossenen GTV 2003 gebunden, da sie mit Schreiben vom 15. April 2003 bereits mit Wirkung zum 30. April 2003 gegenüber dem LBE wirksam den Ausschluss der Tarifbindung erklärt hat.

13

I. Die Auslegung eines Formulararbeitsvertrages wie des streitgegenständlichen durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden(st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296).

14

II. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei § 17 des Arbeitsvertrages um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats handelte.

15

1. Nach der früheren Senatsrechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Verweisungsklauseln in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen. Mit der Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge sollten die Arbeitnehmer arbeitsvertraglich so gestellt werden, wie sie tarifrechtlich stünden, wenn sie tarifgebunden wären. Ziel der Bezugnahme war danach die einheitliche Anwendung des in Bezug genommenen Tarifrechts unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis nahm an den dynamischen Entwicklungen des in Bezug genommenen Tarifvertrages deshalb auch nur so lange teil, wie der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war(vgl. nur BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 f. mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 12 ff., BAGE 116, 326; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40).

16

2. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem in Kraft treten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 vereinbart wurden; für Verweisungsklauseln, die seit diesem Zeitpunkt vereinbart worden sind, verlangt der Senat für den Wegfall der Dynamik bei Entfallen der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers eine hinreichend klare arbeitsvertragliche Vereinbarung, die über die bloße Verweisungsklausel ohne Zusatz hinausgeht(vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 23. Januar 2008 - 4 AZR 602/06 - Rn. 20 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 38; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68).

17

3. In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Verweisungsklausel in § 17 des Arbeitsvertrages der Klägerin vom 1. Juli 1995 als Gleichstellungsabrede. Die Klausel nimmt die fachlich einschlägigen Tarifverträge in Bezug und die Beklagte war zum damaligen Zeitpunkt aufgrund ihrer Mitgliedschaft im LBE an die im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifverträge normativ gebunden.

18

4. Gegen diese Auslegung spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass die Tarifverträge für den Einzelhandel in Bayern bei Abschluss des Arbeitsvertrages überwiegend allgemeinverbindlich waren. Trotz dieses Umstandes bestand die der früheren Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede zugrundeliegende Interessenlage der gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG tarifgebundenen Beklagten.

19

a) Die Gleichstellungsabsicht der Beklagten ergibt sich schon daraus, dass eine Allgemeinverbindlicherklärung höchstens für die Laufzeit des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages gilt. Nach der vorhersehbaren Beendigung der Laufzeit und damit auch der Wirkung der Allgemeinverbindlicherklärung kommt diese Absicht daher sowohl für den Zeitraum der Nachwirkung als auch für etwa neu abgeschlossene, aber (noch) nicht für allgemeinverbindlich erklärte Änderungstarifverträge wieder zum Tragen(vgl. schon BAG 4. Juni 2008 - 4 AZR 316/07 - Rn. 22). Dass sich zwischen der Antragstellung nach § 5 Abs. 1 TVG und dem Ausspruch der Allgemeinverbindlicherklärung regelmäßig Zeiträume ergeben, in denen der jeweils gültige Tarifvertrag für die Außenseiter - zunächst - noch nicht gemäß § 5 Abs. 4 TVG normativ gilt, zeigt beispielhaft der vorliegende Rechtsstreit. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages am 1. Juli 1995 war der GTV 1992 schon seit dem 30. April 1995 außer Kraft getreten, so dass seine Allgemeinverbindlichkeit nach § 5 Abs. 5 Satz 3 TVG zu diesem Zeitpunkt beendet war und der Tarifvertrag nach § 4 Abs. 5 TVG nur noch nachwirkte. Der den GTV 1992 zum 1. Mai 1995 ablösende GTV vom 27. Juni 1995 war hingegen am 1. Juli 1995 noch nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden. Dies erfolgte erst am 24. Januar 1996 rückwirkend zum 1. Mai 1995 (vgl. Bundesanzeiger Nr. 47 vom 7. März 1996).

20

b) Im Übrigen verkennt die Revision, dass sich die Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 1 TVG immer nur auf einen konkreten Tarifvertrag bezieht. Da das Antragserfordernis für die Allgemeinverbindlicherklärung bei den tarifschließenden Gewerkschaften und Verbänden liegt(§ 5 Abs. 1 TVG), hat der einzelne Arbeitgeber keinen unmittelbaren Einfluss darauf, ob ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt und damit seine Gleichstellungsabsicht bereits durch die Allgemeinverbindlicherklärung gewahrt wird. Das gilt um so mehr in den Fällen, in denen die Verweisungsklausel - wie vorliegend - nicht nur einzelne Tarifverträge, sondern das gesamte Tarifwerk einer Branche in Bezug nimmt. Deshalb besteht für den Arbeitgeber auch in dieser Konstellation regelmäßig ein Interesse am Abschluss einer Gleichstellungsabrede.

21

5. Die Revision kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 305c Abs. 2 BGB berufen, nach dem Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Die Anwendung der Unklarheitenregelung setzt voraus, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel über die Auslegung verbleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar bleiben(BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 41, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54). Ihre Anwendung ist hingegen ausgeschlossen, wenn - wie hier - die aus Vertrauensgesichtspunkten weiter vorzunehmende Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis führt (vgl. nur BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 305c Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 3).

22

III. Die Klägerin kann aus der Verweisung in § 17 ihres Arbeitsvertrages keine vertraglichen Ansprüche auf Gewährung der Tarifvergütung nach dem GTV 2003 ableiten.

23

1. Als Gleichstellungsabrede stand die Verweisung auf den GTV in seiner jeweiligen Fassung unter der auflösenden Bedingung der Tarifgebundenheit der Beklagten.

24

2. Die Beklagte war aufgrund ihrer Erklärung vom 15. April 2003, die im hier interessierenden Zusammenhang zum 30. April 2003 wirkte, an den GTV 2003, auf dessen Normen die Klägerin ihren Anspruch stützt, nicht normativ gebunden. Hiervon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.

25

Nach § 4a der Satzung des LBE können die Mitglieder des LBE den Ausschluss der Tarifbindung erklären. Der Zweck dieser Regelung besteht erkennbar darin, den Mitgliedern des LBE einen Wechsel in eine sog. OT-Mitgliedschaft zu ermöglichen, durch die keine Tarifbindung nach § 3 Abs. 1 TVG mehr vermittelt werden soll(vgl. nur BAG 18. Juli 2006 - 1 ABR 36/05 - Rn. 62 ff., BAGE 119, 103 zu der hier maßgebenden Satzungsregelung des LBE; vgl. auch BAG 4. Juni 2008 - 4 AZR 316/07 - Rn. 50 ff. zu einer entsprechenden Regelung). Die Einhaltung einer Frist für einen derartigen Statuswechsel sieht § 4a Satz 1 der Satzung nicht vor. Dass die Erklärung der Mitglieder nach § 4a Satz 3 der Satzung erst zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge „wirkt“, steht dem nicht entgegen. Denn § 4a Satz 3 der Satzung spiegelt lediglich die in § 3 Abs. 3 TVG enthaltene Regelung wider(BAG 18. Juli 2006 - 1 ABR 36/05 - aaO; 4. Juni 2008 - 4 AZR 316/07 - aaO). In rechtlicher Hinsicht ist die Einhaltung einer Mindestfrist für einen Statuswechsel nicht erforderlich (BAG 20. Mai 2009 - 4 AZR 179/08 - Rn. 30, AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 27 = EzA TVG § 3 Nr. 31). Dass die Satzung des LBE den nach der Rechtsprechung des Senats gebotenen Anforderungen an eine wirksame Trennung von Mitgliedern mit Tarifbindung und solchen ohne Tarifbindung nicht gerecht wird (vgl. dazu nur BAG 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 25 ff., AP TVG § 3 Nr. 38 = EzA GG Art. 9 Nr. 95; 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 26 = EzA TVG § 3 Nr. 30)oder dass der Statuswechsel der Beklagten wegen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zumindest tarifrechtlich unwirksam sein könnte (vgl. hierzu BAG 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 73, aaO), ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

26

IV. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Weßelkock    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Dezember 2008 - 20 Sa 638/08 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 4. März 2008 - 6 Ca 778/07 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche und in diesem Zusammenhang über die Reichweite einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

2

Der Kläger, Mitglied der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), war seit dem 1. Oktober 1979 zunächst bei der H GmbH in O beschäftigt. Der im Monat September 1979 geschlossene Arbeitsvertrag lautet ua.:

        

„7.     

Alle weiteren das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte richten sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie und der Arbeitsordnung.“

3

Die H GmbH hat ihren Sitz in Hessen. Sie war schon zur Zeit des Arbeitsvertragsschlusses Mitglied des Verbandes der Metall- und ElektroUnternehmen Hessen e. V. (VME Hessen, später -HESSENMETALL-). Der VME Hessen und die IG Metall schließen Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie ab, deren räumlicher Geltungsbereich sich auf das Bundesland Hessen beschränkt. Die H GmbH verwendete die Klausel unter Nr. 7 des Arbeitsvertrages auch in den Vereinbarungen mit Arbeitnehmern, die nicht in Hessen, sondern in anderen Bundesländern beschäftigt waren. Motiv der H GmbH hierfür war die Schaffung einheitlicher Arbeitsbedingungen für die von ihr beschäftigten Arbeitnehmer.

4

Mit Wirkung vom 1. April 2007 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines Betriebsübergangs auf die nicht tarifgebundene Beklagte über. Vor dem Betriebsübergang gab diese mindestens drei Mal in Folge Tariflohnerhöhungen für den Bereich der hessischen Metall- und Elektroindustrie an ihre damaligen Arbeitnehmer weiter. In deren Arbeitsverträgen heißt es, „für das Arbeitsverhältnis gelten in Anlehnung der Tarifvertrag der IGM sowie ergänzend die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen“.

5

Mit Tarifvertrag vom 7. Mai 2007 vereinbarten die IG Metall und der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen e. V. eine Erhöhung der tariflichen Entgelte und die Zahlung eines Pauschalbetrages, die der Kläger erfolglos bei der Beklagten geltend machte.

6

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger die Entgeltdifferenzen in rechnerisch unstreitiger Höhe weiter. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel erfasse als unbedingte zeitdynamische Verweisung auch die dem Betriebsübergang zeitlich nachfolgenden Tarifänderungen. Eine Auslegung als sog. Gleichstellungsabrede scheide aus, weil die Klausel auch in Arbeitsverträgen außerhalb von Hessen verwendet worden sei und damit auch auf „ortsfremde“ Tarifverträge verweise. Selbst wenn eine Gleichstellungsabrede vorliege, bestehe für die Beklagte kein Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zudem ergebe sich der Anspruch aus betrieblicher Übung.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.265,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 400,00 Euro seit dem 1. Juni 2007 und aus 865,55 Euro seit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Verweisungsklausel handele es sich um eine Gleichstellungsabrede, deren Dynamik mit dem Betriebsübergang auf sie geendet habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Klagabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es handele sich bei der Bezugnahmeklausel in Nr. 7 des Arbeitsvertrages nicht um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung. Es bestehe auch kein zeitlich unbegrenzter Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung des Senats. Dies widerspräche der Wertung des Art. 229 § 5 EGBGB. Zudem habe die entscheidende Disposition der Beklagten in der Betriebsübernahme zum 1. April 2007 gelegen und damit mehr als 15 Monate nach der Ankündigung einer Rechtsprechungsänderung zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln durch den Senat am 14. Dezember 2005 stattgefunden. Darüber hinaus habe die H GmbH mit der Bezugnahmeklausel nicht die möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer ersetzen, sondern bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen schaffen wollen. Zwar liege die typische Interessenlage für die Vereinbarung einer Gleichstellungsabrede beim Kläger vor. Dem stehe aber das Motiv der Beklagten entgegen, einheitliche Bedingungen im gesamten Bundesgebiet zu schaffen. Auf die Kenntnis dessen durch den Kläger komme es nicht an. Eine unterschiedliche Auslegung der wortgleichen Verweisungsklausel liefe dem Interesse des Arbeitgebers zuwider.

12

II. Das ist rechtsfehlerhaft. Der Senat kann gleichwohl in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

13

Die zulässige Zahlungsklage ist unbegründet. Bei der Klausel in Nr. 7 des Arbeitsvertrages aus dem Monat September 1979 handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Danach endete die dynamische Inbezugnahme der im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge zum Zeitpunkt des Übergangs des Betriebes auf die nicht tarifgebundene Beklagte, weshalb die nachfolgend geschlossenen Tarifverträge nicht mehr von ihr erfasst werden (unter 1). Ein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung scheidet ebenfalls aus (unter 2).

14

1. In Nr. 7 des Arbeitsvertrages haben die damaligen Vertragsparteien eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats vereinbart. Das ergibt die Auslegung der Bezugnahmeklausel(zu den Maßstäben etwa BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 24, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge ab diesem Datum nur noch statisch anzuwenden sind.

15

a) Die Arbeitsvertragsparteien haben unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Klägers die Anwendung der in der Bezugnahmeklausel genannten Tarifverträge vereinbart. Eine arbeitsvertragliche Verweisung wie die vorliegende hat nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats stets rechtsbegründende Bedeutung(ausf. BAG 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 46 mwN, AP TVG § 3 Nr. 45 = EzA TVG § 3 Nr. 32; 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 38 ff. mwN, BAGE 130, 237).

16

b) Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel, die auf die für den Arbeitgeber einschlägigen Tarifverträge verweist, handelt es sich um eine sogenannte Gleichstellungsabrede.

17

aa) Nach der früheren Senatsrechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Verweisungsklauseln in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen. Mit der Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge sollten die Arbeitnehmer arbeitsvertraglich so gestellt werden, wie sie tarifrechtlich stünden, wenn sie tarifgebunden wären. Ziel der Bezugnahme war danach die einheitliche Anwendung des in Bezug genommenen Tarifrechts unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis nahm an den dynamischen Entwicklungen des in Bezug genommenen Tarifvertrages deshalb auch nur so lange teil, wie der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war (vgl. nur BAG 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 46 mwN, AP TVG § 3 Nr. 45 = EzA TVG § 3 Nr. 32; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 f. mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 12 ff., BAGE 116, 326; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40).

18

Nach dieser Rechtsprechung war Voraussetzung für die Auslegung einer dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag als Gleichstellungsabrede stets, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag bei Vertragsschluss einschlägig war (ausf. BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 22 f., NZA-RR 2010, 361; weiterhin 27. November 2002 - 4 AZR 661/01 - zu II 2 b bb (1) der Gründe, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 99, 120; 4. September 1996 - 4 AZR 135/95 - zu II a bb der Gründe, BAGE 84, 97). Konsequenz dieser Voraussetzung ist, dass bei einer Verweisung auf einen „fachfremden“ oder „ortsfremden“ Tarifvertrag die Annahme einer Gleichstellungsabrede ohne besondere Anhaltspunkte grundsätzlich ausscheidet (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 23, NZA-RR 2010, 361; 25. Oktober 2000 - 4 AZR 506/99 - zu II 3 b cc der Gründe, BAGE 96, 177).

19

bb) Danach handelt es sich vorliegend um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung. Der Kläger ist in einem Betrieb in Hessen beschäftigt, für den der in Bezug genommene Tarifvertrag sowohl räumlich als auch persönlich und fachlich Geltung beansprucht. An diesen Tarifvertrag war die Betriebsveräußerin, die H GmbH, bei Arbeitsvertragsschluss tarifgebunden. Die Tarifverträge der hessischen Metallindustrie waren daher vor dem Betriebsübergang „einschlägig“.

20

cc) Ein anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass die H GmbH bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen schaffen wollte. Dieses Motiv der vertragsschließenden früheren Arbeitgeberin hindert entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

21

(1) Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind grundsätzlich nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbaren Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm regelmäßig formularmäßig gemachten Angebots durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 30, BAGE 122, 74).

22

Für die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel bedeutet dies, dass ihr Bedeutungsinhalt in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist. Lediglich wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen in einer sich im Wortlaut nicht niederschlagenden Weise beeinflusst haben, besteht Anlass, die Wortauslegung in Frage zu stellen (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 31, BAGE 122, 74).

23

(2) Weder dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel noch den sonstigen Begleitumständen des Vertragsschlusses können Anhaltspunkte entnommen werden, wonach die Bezugnahmeklausel über ihren von der früheren Senatsrechtsprechung typisierend ermittelten Inhalt als Gleichstellungsabrede hinaus auch dazu dienen sollte, unternehmensweit einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Andere Anhaltspunkte dafür, dass das Motiv der H GmbH dem anderen Teil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar war, sind weder den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen.

24

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann es nicht dahinstehen, ob dem Kläger diese Motive bei Vertragsschluss bekannt waren oder nicht. Zwar hat der Senat in seiner früheren Rechtsprechung für den „Gleichstellungszweck“ die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers als ausreichend angesehen (vgl. 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 16, BAGE 116, 326) und nicht die Kenntnis des Arbeitnehmers von diesem Umstand gefordert. Diese vom Senat zudem aufgegebene Rechtsprechung kann aber nicht dazu herangezogen werden, auch andere, dem Vertragspartner nicht erkennbare Motive als Vertragsinhalt anzusehen. Das widerspricht den Grundsätzen zur Auslegung von Willenserklärungen (unter [1]).

25

(3) Ein anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des Senats vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 396/08 - Rn. 22 f., NZA-RR 2010, 361). Der Kläger im dortigen Verfahren war ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt und der Arbeitsvertrag beinhaltete die gleiche Bezugnahmeklausel. Sein Beschäftigungsort befand sich allerdings außerhalb des Bundeslandes Hessen, weshalb die Tarifverträge der hessischen Metallindustrie auch bei beiderseitiger Tarifgebundenheit nicht gegolten hätten.

26

(4) Eine unternehmenseinheitliche Auslegung der Bezugnahmeklausel ist nicht geboten.

27

(a) Voraussetzung für eine Auslegung einer Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede war stets nur, dass der im einzelnen Arbeitsvertrag in Bezug genommene Tarifvertrag für das betreffende Arbeitsverhältnis „einschlägig“ war, also „das Arbeitsverhältnis alle Voraussetzungen erfüllte, die die Geltungsbereichsbestimmung des Tarifvertrages aufstellte“. Die vergleichbaren Arbeitnehmer sind in der Regel die gleichartig beschäftigten Arbeitnehmer des Betriebes, in dem der tarifungebundene Arbeitnehmer beschäftigt ist (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 23, NZA-RR 2010, 361; weiterhin 4. September 1996 - 4 AZR 135/95 - zu II a bb der Gründe, BAGE 84, 97). Die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag für einen Arbeitnehmer, für dessen Arbeitsverhältnis diese Voraussetzungen nicht gelten - etwa wenn der Arbeitsvertrag auf Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer verweist, der Arbeitnehmer aber ein Angestellter ist (zu diesem Beispiel BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - aaO) - führt nicht dazu, dass der Charakter als Gleichstellungsabrede auch in allen Verträgen der gewerblichen Arbeitnehmer ohne weiteres verloren geht.

28

Auch in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2009 ist der Senat davon ausgegangen, dass eine einfache Verweisungsklausel auch dann, wenn ein Arbeitgeber über die Grenzen des Tarifgebiets hinaus einheitliche Arbeitsbedingungen vereinbart hat, nicht zugleich die auflösende Bedingung enthält, die Tarifbedingungen sollen „für alle Arbeitnehmer, auch für die tarifgebietsfremden Arbeitsverhältnisse“, nur so lange dynamisch gelten, wie der Arbeitgeber an seinem Sitz tarifgebunden sei. Damit ging der Senat aber zugleich von einer Gleichstellungsabrede in den Arbeitsverhältnissen innerhalb des Tarifgebiets aus. Nur „hinsichtlich der tarifgebietsfremden Arbeitsverhältnisse“ ist der Arbeitgeber „wie ein tarifungebundener Arbeitgeber anzusehen“ (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 27, NZA-RR 2010, 361).

29

(b) Ein anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und diese nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44, jeweils mwN; BGH 12. Mai 1980 - VII ZR 158/79 - zu I 2 b der Gründe, BGHZ 77, 116). Das schließt eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Verkehrskreisen und ein unterschiedliches Verständnis der Bezugnahmeklausel je nach dem, ob der Tarifvertrag für den betreffenden Betrieb einschlägig ist oder nicht, nicht aus.

30

(5) Schließlich steht der Auslegung als Gleichstellungsabrede nicht die im Arbeitsvertrag unter Nr. 4 enthaltene Versetzungsklausel entgegen. Maßgebend für die Auslegung der Bezugnahmeklausel sind die Bedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Damals handelte es sich um den „einschlägigen“ Tarifvertrag.

31

c) Die bisher zugrunde gelegte Auslegungsregel zur Feststellung einer Gleichstellungsabrede wendet der Senat für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind („Neuverträge”) nicht mehr an. Aus Gründen des Vertrauensschutzes findet sie aber weiterhin auf Bezugnahmeklauseln Anwendung, die wie die vorliegende vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 64 mwN, BAGE 130, 286; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 23. Januar 2008 - 4 AZR 602/06 - Rn. 20 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 38; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

32

aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts besteht in der unbeschränkten Gewährung von Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Verträge kein Wertungswiderspruch zu Art. 229 § 5 EGBGB. Das hat der Senat bereits mehrfach ausführlich begründet (insb. BAG 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 52, AP TVG § 3 Nr. 45 = EzA TVG § 3 Nr. 32; s. weiterhin 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 27, BAGE 116, 326; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 36, BAGE 128, 185; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Eine zeitlich begrenzte Klarstellungsmöglichkeit für den Klauselverwender durch einzelvertragliche Änderungsangebote hat der Senat verworfen (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 27, BAGE 116, 326).

33

bb) Unzutreffend ist die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte genieße keinen Vertrauensschutz, weil sie erst durch den nach dem 1. Januar 2002 geschlossenen Betriebspachtvertrag, der zum Betriebsübergang führte, ihre Disposition getroffen habe.

34

Anknüpfungspunkt für die Auslegung der Klausel ist der Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses. Allein auf diesen bezieht sich auch der Vertrauensschutz hinsichtlich der Auslegung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Senatsrechtsprechung (s. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Der Betriebspachtvertrag änderte an der Auslegung des Arbeitsvertrages nichts. Der Betriebsübergang führt gerade nicht zu einer Dispositionsbefugnis über den Inhalt des Arbeitsvertrages, sondern soll die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nach der gesetzlichen Anordnung unberührt lassen. Das Landesarbeitsgericht ist im Ansatz auch selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund des Betriebsübergangs am 1. April 2007 in die Verpflichtungen aus der Verweisungsklausel eingetreten ist. Der sich von Gesetzes wegen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten. Nach Satz 1 der Vorschrift tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 16, NZA-RR 2010, 361).

35

d) Da die Beklagte infolge des Betriebsübergangs gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten in dem dort beschriebenen Umfang eingetreten ist, endete die Dynamik der durch die Bezugnahmeklausel begründeten vertraglichen Tarifgeltung wegen der fehlenden Tarifgebundenheit der Beklagten mit Ablauf des 31. März 2007. Die am 7. Mai 2007 von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Entgelterhöhungen wurden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst.

36

2. Dem Kläger steht die begehrte Zahlung auch nicht nach den Grundsätzen einer betrieblichen Übung zu. Bei der Beklagten existierte keine betriebliche Übung dahin, die Tarifverträge „der IGM“ in ihrer jeweiligen Fassung den Arbeitsverhältnissen der dort Beschäftigten zugrunde zu legen. Der Kläger konnte deshalb auch nicht durch eine dahin gehende rechtsbegründende betriebliche Übung begünstigt werden.

37

a) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt (BAG 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29; 27. Oktober 2004 - 10 AZR 138/04 - zu II 1 der Gründe, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28).

38

b) Danach ist hier ein Anspruch des Klägers auf Grundlage einer betrieblichen Übung ausgeschlossen. Grundlage der Leistungsgewährung an die anderen Mitarbeiter war eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, nicht eine bestehende betriebliche Übung. Die Beklagte zahlte die Tariflohnerhöhungen an die bereits vor dem Betriebsübergang bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer aufgrund der mit ihnen vereinbarten arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln. Die in der vertraglichen Abrede vereinbarte „Anlehnung“ an den dort genannten Tarifvertrag ist nach ihrem Wortlaut dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes Vergütungssystem verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 der Gründe, BAGE 103, 338).

39

III. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision nach den §§ 91, 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber     

        

        

        

    Kralle-Engeln    

        

    Weßelkock    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. November 2009 - 17 Sa 724/09 - aufgehoben:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 8. April 2009 - 2 Ca 1808/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der Kläger ist seit dem 1. September 1991 im Klinikbetrieb der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem am 6. November 1991 mit der Stiftung W-Klinik, einem Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV), geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es unter § 2:

        

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.“

3

Die nicht tarifgebundene Beklagte übernahm mit Wirkung zum 5. September 2002 den Klinikbetrieb im Wege des Betriebsübergangs. Am 29. März 2004 schlossen die Beklagte und die Versorgungsgesellschaft W-Klinik mbH einerseits sowie der bei ihnen gebildete Betriebsrat der A W-Klinik einen „Interessenausgleich“, der ua. wie folgt lautet:

        

§ 1 Gegenstand

        

Um die Überlebensfähigkeit der Klinik zu sichern, werden folgende Maßnahmen ergriffen:

        

…       

        

3.    

Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Dauer von zunächst drei Jahren beginnend für das Kalenderjahr 2004.

        

4.    

Verzicht auf 5% des Bruttoentgeltes beginnend ab Abrechnungsmonat April 2004.

        

5.    

Hälftige Beitragszahlung der jeweiligen Zusatzversorgung (ZKW/VBLU) durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer beginnend ab Abrechnungsmonat April 2004.

        

…“    

4

Unter dem Datum des 31. März 2004/5. April 2004 schlossen die Parteien einen „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag“, in dem es ua. heißt:

        

§ 1   

        

Das Bruttoentgelt des Mitarbeiters wird mit Wirkung ab dem 01.04.2004 auf

        

2.389,18 €

        

monatlich

festgesetzt.

        

§ 2     

        

Der Mitarbeiter verzichtet für einen Zeitraum von zunächst drei Jahren auf Weihnachts- und Urlaubsgeld.

        

…       

        

§ 3     

        

Die Zusatzversorgung über die ZKW / VBLU bleibt weiterhin erhalten. Die Beiträge werden mit Wirkung ab dem 01.04.2004 wie folgt abgerechnet:

        

Der Arbeitgeber trägt 50% der Beiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch den Arbeitnehmer getragen und durch den Arbeitgeber im Rahmen der monatlichen Gehaltsabrechnung einbehalten und an den Versicherungsgeber überwiesen.“

5

Seither erhält der Kläger unverändert das vereinbarte Bruttoentgelt. Am 8. Juni 2007/5. Juli 2007 schlossen die Parteien einen weiteren Änderungsvertrag „zum Arbeitsvertrag und zum Änderungsvertrag vom 31.03.2004“, der ua. wie folgt lautet:

        

„§ 2 des Änderungsvertrages vom 31.03.2004 wird mit Wirkung vom 01.01.2007 durch folgende Regelung ersetzt:

        

Der Arbeitnehmer verzichtet beginnend mit dem Jahr 2007 für weitere 3 Jahre bis zum 31.12.2009 auf jedwede Sonderzahlung, insbesondere die Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld aus dem nachwirkenden Tarifvertrag BAT / BMTG.

        

…       

        

Des Weiteren bleibt es bei den bisherigen Arbeitsbedingungen.“

6

Der Kläger will die Anwendbarkeit des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD/VKA) einschließlich des besonderen Teils für die Krankenhäuser (BT-K) festgestellt wissen. Aufgrund der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages aus dem Jahr 1991 sei der TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 1. August 2006 - unter Beachtung der vertraglichen Änderungen aus den Jahren 2004 und 2007 - auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden. Bei der Bezugnahmeregelung handele es sich nicht um einen „Altvertrag“ iSd. früheren Rechtsprechung zur sog. Gleichstellungsabrede. Mit Abschluss der Änderungsverträge in den Jahren 2004 und 2007 sei der Vertrag aus dem Jahr 1991 vielmehr wie ein „Neuvertrag“ auszulegen. Denn es sei gleichzeitig die Bezugnahme auf den BAT erneuert worden.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst BT-K anzuwenden ist mit der Maßgabe, dass

        

1.    

das dem Kläger zustehende Bruttoentgelt 95 % des TVöD-Entgelts beträgt,

        

2.    

die Jahressonderzahlung gem. § 20 TVöD befristet für die Zeit bis zum Jahr 2009 nicht zu zahlen ist,

        

3.    

die Beiträge zur Zusatzversorgung von der Beklagten zu 50 % und von dem Kläger zu 50 % getragen werden.

8

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Es fehle bereits an einem Feststellungsinteresse des Klägers. Bei der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages vom 6. November 1991 handele es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede. Aus den beiden späteren Änderungsverträgen folge nichts anderes. Es fehle an einer ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt blieben“, weshalb die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2008 (- 10 AZR 606/07 -) nicht einschlägig sei. Erforderlich sei eine nach dem 31. Dezember 2001 erfolgte Willenserklärung, um von einem „Neuvertrag“ ausgehen zu können.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben.

11

I. Die Feststellungsklage ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.

12

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

13

a) Gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26), so dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 ZPO)zwischen den Parteien entschieden werden kann. Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 735/07 - Rn. 53, AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 20). Dabei kann sich eine Feststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 12; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165).

14

b) Danach ist der Antrag hinreichend bestimmt. Entgegen der Auffassung der Revision bleibt nicht unklar, in welchem zeitlichen Umfang rechtskräftig über die begehrte Feststellung entschieden werden soll. Der nach seinem Wortlaut und dem bisherigen Vorbringen des Klägers gestellte Feststellungsantrag ist gegenwartsbezogen. Der Kläger will für das mit der Beklagten bestehende Rechtsverhältnis gegenwärtig geklärt wissen, dass der im Antrag genannte Tarifvertrag darauf anzuwenden ist. Die begehrte Feststellung entfaltet dann Wirkungen für die Zukunft. Ein gegenwartsbezogener Feststellungsantrag bezieht sich auch noch im Revisionsverfahren nicht auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, sondern auf die letzte mündliche Verhandlung vor dem Revisionsgericht (ausf. BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 51/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 113, 82).

15

2. Dem Kläger steht weiterhin das für die begehrte Feststellung nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse zu. Das Feststellungsinteresse folgt schon aus den unterschiedlichen Auffassungen der Parteien über die Anwendbarkeit der TVöD-K auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis. Auch ist der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben. Er hat gerade nicht die Klärung eines vergangenen, sondern einen gegenwärtigen Rechtsverhältnisses zum Gegenstand seines Feststellungsantrages gemacht, mit dem er geklärt wissen möchte, welcher Tarifvertrag für sein Arbeitsverhältnis maßgebend ist. Hierfür ist ein Feststellungsantrag die gebotene Klageart (vgl. nur BAG 10. März 1993 - 4 AZR 264/92 - zu I der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 3 = EzA TVG § 4 Brot- und Backwarenindustrie Nr. 1; 15. Juli 1992 - 7 AZR 491/91 - zu A 2 der Gründe, AP BPersVG § 46 Nr. 19).

16

II. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unbegründet.

17

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist der TVöD/VKA einschließlich des besonderen Teils für die Krankenhäuser (BT-K) im beantragten Umfang, der nach der Prozessvereinbarung der Tarifvertragsparteien vom 9. Januar 2003 für den Dienstleistungsbereich der Krankenhäuser als „Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K)“ erstellt wurde, nicht anzuwenden. Die Anwendbarkeit folgt weder aus der Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages vom 6. November 1991 noch aus den Änderungsverträgen der Jahre 2004 und 2007. Entgegen dem Landesarbeitsgericht ist die Bezugnahmeklausel nach wie vor als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen.

18

1. Der Arbeitsvertrag der Parteien sowie die Änderungsverträge sind Formularverträge. Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 132, 261 ).

19

2. Bei der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom 6. November 1991 handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats.

20

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen (zu einer inhaltsgleichen Bezugnahmeklausel BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Diese verweisen dynamisch auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge und der Arbeitgeber ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden gewesen. Jedoch führt der Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt des Eintritts der fehlenden Tarifgebundenheit galt. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

21

b) Das Landesarbeitsgericht ist entgegen dem Einwand der Revision auch zutreffend davon ausgegangen, dass es sich vorliegend nicht um eine statische, sondern eine dynamische Verweisung auf die jeweiligen in der Bezugnahmeklausel genannten Tarifverträge handelt. Dafür spricht bereits der Wortlaut der arbeitsvertraglichen Verweisung. Es fehlt an einer konkreten Benennung des in Bezug genommenen Tarifvertrages nach einem bestimmten Datum oder einer nicht auf einen anderen, etwa einen Nachfolgetarifvertrag übertragbaren Bezeichnung. Vielmehr wird nicht nur auf den „BAT“, sondern ua. auch auf die „ändernden oder ersetzenden“ Tarifverträge verwiesen. Insbesondere durch solche Zusätze wird der Wille deutlich, eine dynamische Verweisung vornehmen zu wollen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36).

22

c) Damit ging das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem zur Zeit des Betriebsübergangs geltenden tariflichen Regelungsbestand auf die Beklagte über.

23

3. Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien ist auch nach Abschluss der Änderungsverträge im Jahr 2004 und im Jahr 2007 nach wie vor als Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen. Die Vertragsänderungen führen nicht dazu, dass der Arbeitsvertrag in Bezug auf die Bezugnahmeklausel nunmehr als „Neuvertrag“ zu bewerten ist.

24

a) Für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 geschlossen worden sind („Neuverträge”), wendet der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht an. Die Auslegung von Verweisungsklauseln in diesen Arbeitsverträgen hat sich in erster Linie an deren Wortlaut zu orientieren (ausf. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74).

25

b) Kommt es in Arbeitsverhältnissen mit einer Bezugnahmeklausel, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden ist („Altvertrag“), nach dem 31. Dezember 2001 zu einer Arbeitsvertragsänderung, hängt die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich dieser Klausel um einen Alt- oder Neuvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien des Änderungsvertrages gemacht worden ist.

26

aa) Bei den zwischen den Parteien vereinbarten Änderungsverträgen handelt es sich um Formularverträge, die nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 24, BAGE 132, 261; 4. Juni 2008 - 4 AZR 308/07 - Rn. 30 mwN).

27

bb) Diese Grundsätze gelten auch für arbeitsvertragliche Verweisungsklauseln im Rahmen von Vertragsänderungen. Bei einer Änderung eines Altvertrages nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. für die Bewertung dieses Regelungsbeispiels BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ( BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, aaO). Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrages erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

28

c) Danach sind die vom Kläger und der Beklagten vereinbarten Arbeitsvertragsänderungen hinsichtlich der Bezugnahmeklausel nicht als „Neuvertrag“ anzusehen.

29

aa) Dies gilt zunächst für den Änderungsvertrag aus dem Jahr 2004. Dessen Regelungen beinhalten keinerlei ausdrücklichen noch sonst sich erschließenden Abänderungs- oder Neufassungsgehalt hinsichtlich der bestehenden vertraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 6. November 1991. Änderungsgegenstand sind allein - entsprechend den Regelungen des Interessenausgleichs - die Absenkung des monatlichen Bruttoentgelts (§ 1), ein zeitlich begrenzter Verzicht auf „Weihnachts- und Urlaubsgeld“ (§ 2)sowie die Änderung der Beitragsanteile von Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Zusatzversorgung (§ 3). Alle anderen Haupt- und Nebenleistungspflichten bleiben unerwähnt. Den vereinbarten Änderungen lassen sich auch keine Anhaltspunkte entnehmen, die Parteien gingen - jedenfalls nunmehr - von einer unbedingten zeitdynamischen Verweisung auf die im Arbeitsvertrag vom 6. November 1991 genannten Tarifverträge aus. Ein anderes folgt weiterhin nicht aus dem Einleitungstext, wonach es sich um einen „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag“ handelt. Hierdurch wird lediglich eine Verknüpfung zum ursprünglichen Arbeitsvertrag hergestellt, ohne allerdings dessen Inhalt insgesamt in die rechtsgeschäftliche Willensbildung einzubeziehen (vgl. auch BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 27, BAGE 132, 261).

30

bb) Gleiches gilt im Ergebnis für die vorliegende Abrede im Änderungsvertrag vom 8. Juni 2007/5. Juli 2007. Ein anderes folgt nicht aus dem Wortlaut „Des Weiteren bleibt es bei den bisherigen Arbeitsbedingungen.“ Das ergibt die Auslegung des Änderungsvertrages im vorliegenden Fall.

31

(1) Dabei kann dahinstehen, ob es sich - wie die Revision meint - bei dem vorstehend genannten Vertragsbestandteil im Änderungsvertrag lediglich um eine deklaratorische Vertragsbestimmung handelt, weil die Parteien nur eine reine Wissenserklärung ohne „Rechtsbindungs- bzw. Erklärungswille“ abgegeben hätten, oder der Vertragsinhalt auch insoweit konstitutive Bedeutung hat (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 38 mwN, BAGE 130, 237), weil es sich um übereinstimmende Willenserklärungen handelt, wovon auch das Landesarbeitsgericht im Ergebnis ausgegangen ist. Selbst wenn man entgegen der Auffassung der Beklagten von einer konstitutiven Regelung ausgeht, führt dies hinsichtlich der Bezugnahmeklausel nicht zur Annahme eines „Neuvertrages“.

32

(2) Bezugspunkt der vertraglichen Regelungen im Änderungsvertrag aus dem Jahr 2007 sind nicht die vertraglichen Abreden aus dem Jahr 1991, sondern die „bisherigen Arbeitsbedingungen“, bei denen es verbleiben soll.

33

Hierzu gehört auch die vertragliche Bezugnahmeregelung, die bisher jedoch als Gleichstellungsabrede vereinbart war. Die Arbeitsbedingungen der Parteien waren im Jahr 2007 so gestaltet, dass auch unter Berücksichtigung des Änderungsvertrages aus dem Jahr 2004 die Bezugnahmeklausel aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 6. November 1991 nach wie vor als sog. Gleichstellungsabrede verstanden wurde (unter 2 und 3 c). Dem entsprachen die nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bestehenden Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis. Die Arbeitsvertragsparteien haben ihr Arbeitsverhältnis dementsprechend durchgeführt. Seit der Anpassung des Bruttoentgelts durch den ersten Änderungsvertrag im Jahr 2004 erhielt der Kläger eine unveränderte Vergütung. Die Veränderungen im tariflichen Entgelt im Bereich der VKA wurden für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht nachvollzogen. Zu den Arbeitsbedingungen im Jahr 2007 gehörte die statische Anwendung der vertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge.

34

Eine Aufnahme der vertraglichen Vereinbarungen in den Änderungsvertrag, wie sie der Zehnte Senat zu beurteilen hatte (vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185; sowie unter 3 b bb) und deren „Neuabschluss“ kann dem Wortlaut der vertragsändernden Abrede aus dem Jahr 2007 nicht entnommen werden. Das unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung auch von derjenigen in der Entscheidung des Senats vom 24. Februar 2010. In dem damals entschiedenen Fall war in dem Änderungsvertrag ausdrücklich auf die „jeweilige Fassung“ der „einschlägigen Tarifverträge“ verwiesen worden (-  4 AZR 691/08 - Rn. 26, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

35

Der Fortbestand der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede ergibt sich auch aus dem Wortlaut einer weiteren Regelung des Änderungsvertrages. Die Parteien haben bei der Verlängerung des Verzichts auf „jedwede Sonderzahlung“ sich ausdrücklich auf „die Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld aus dem nachwirkenden Tarifvertrag BAT / BMTG“ bezogen. Diesen Tarifverträgen kam zwar in Bezug auf die Parteien keine Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG zu. Die Nennung dieser Tarifwerke ist indes nur verständlich, wenn die Parteien davon ausgegangen sind, diese Tarifregelungen seien nach wie vor für das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend, obwohl sie im tariflichen Bereich durch den TVöD/VKA nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts bereits abgelöst worden waren(dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22 ff., BAGE 130, 286). Damit haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass es aus ihrer Sicht gerade nicht zu einer unbedingten zeitdynamischen Anwendung der in Bezug genommenen Tarifwerke und ihrer Nachfolgeregelungen gekommen ist oder in Zukunft kommen soll. Diesen Regelungswillen haben sie durch den Wortlaut des Vertrages vom 8. Juni 2007/5. Juli 2007 bestätigt.

36

III. Der Kläger hat nach den §§ 91, 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Juli 2008 - 3 Sa 159/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche auf der Grundlage einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel nach einem Betriebsübergang.

2

Die Klägerin, Mitglied der IG-Metall, ist seit dem 18. Juni 1998 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Maschinenbedienerin mit einer Wochenarbeitszeit von zuletzt 30 Stunden tätig. Das monatliche Bruttoentgelt betrug zuletzt 1.437,43 Euro Grundentgelt zuzüglich einer Prämie von 503,10 Euro brutto.

3

Zunächst war die Klägerin bei der in der Metallindustrie tarifgebundenen D GmbH beschäftigt. Im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998 heißt es unter Ziffer 7.2 wie folgt:

        

„Sonstige Regelungen

        

Im übrigen gelten für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen der gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung und alle betrieblichen Regelungen, Richtlinien, Betriebsvereinbarungen der D GmbH in ihrer jeweils gültigen Fassung, sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen.

        

…“   

4

Im Jahre 2003 ging das Arbeitsverhältnis auf die N GmbH über, die ebenfalls tarifgebunden war. Mit Wirkung vom 1. November 2005 schloss die Klägerin mit dieser aus Anlass einer Arbeitszeitreduzierung eine „Vereinbarung zum bestehenden und fortgeltenden Arbeitsvertrag“ (im Folgenden „Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005“). Darin heißt es unter anderem:

        

„Die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung sind Bestandteil dieser Vereinbarung.“

5

Die Beklagte, die mit Wirkung zum 1. Juli 2006 den Betrieb übernommen hat, ist nicht tarifgebunden.

6

Für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vereinbarten die Tarifvertragsparteien unter dem 7. Mai 2007 den „Lohntarifvertrag für die Metallindustrie Hamburg und Umgebung, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein“ sowie - für Betriebe nach Einführung des Entgeltrahmenabkommens(ERA) - den „Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für die Metallindustrie Bezirk Küste“. Beide Tarifverträge sehen in § 2 eine Erhöhung der Tariflöhne bzw. Monatsgrundentgelte mit Wirkung ab 1. Juni 2007 um 4,1 % vor. Vorgesehen ist zudem die Zahlung eines Erhöhungsbetrags für die Monate April und Mai 2007 mit der Abrechnung für den Monat Mai 2007 in Höhe von 400,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung, basierend auf einer 35-Stunden-Woche, der bei Teilzeitbeschäftigung entsprechend der anteiligen Arbeitszeit zu berechnen ist.

7

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. September 2007 für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 16. September 2007 Zahlung des rechnerisch unstreitigen Betrages von 623,96 Euro brutto verlangt. Er setzt sich zusammen aus der prozentualen Entgelterhöhung von 281,11 Euro brutto und der tariflichen Einmalzahlung von anteilig 342,85 Euro brutto bezogen auf eine 30-Stunden-Woche. Die Beklagte hat die Zahlung unter Hinweis auf ihre fehlende Tarifbindung verweigert, woraufhin die Klägerin am 6. Dezember 2007 Klage erhoben hat.

8

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die in ihrem Arbeitsvertrag enthaltene Verweisungsklausel die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein dynamisch in Bezug nehme. Jedenfalls nach Abschluss der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 könne nicht von einer Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung die Rede sein. Mit dem Betriebsübergang seien die Rechte aus der arbeitsvertraglichen Verweisung unverändert dynamisch auf die Beklagte übergegangen.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, 623,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 551,53 Euro ab dem 30. September 2007 sowie auf 42,43 Euro ab 11. Dezember 2007 an die Klägerin zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mangels Tarifbindung schulde sie eine nach dem Betriebsübergang vereinbarte Tariflohnerhöhung nicht. Da das Arbeitsverhältnis vor dem letzten Betriebsübergang durch beiderseitige Tarifgebundenheit bestimmt gewesen sei, gelte der Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur noch statisch weiter. Auch aufgrund der individualvertraglichen Inbezugnahme des Tarifvertrags sei sie nicht zur Zahlung verpflichtet. Wegen der damaligen beiderseitigen Tarifgebundenheit seien die im Vertrag genannten Tarifverträge nicht rechtsbegründend in Bezug genommen worden. Auf die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1998 sei im Übrigen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede anzuwenden. Die Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 enthalte nur eine Wiederholung der alten vertraglichen Klausel und sei kein „Neuvertrag“. Zudem müsse der Vertrauensschutz jedenfalls bis zum Bekanntwerden der beabsichtigten Rechtsprechungsänderung bestehen. Außerdem verstoße es gegen ihr Recht auf negative Koalitionsfreiheit, wenn sie mit Übergang des Arbeitsverhältnisses trotz fehlender Tarifgebundenheit die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein weiterhin dynamisch anwenden müsse.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin aufgrund dynamischer Verweisung in der Änderungsvereinbarung vom 1. November 2005 auch Rechte aus den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen geltend machen kann, die erst nach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die nicht tarifgebundene Beklagte vereinbart wurden.

13

1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht kraft normativer Geltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, da zwar die Klägerin, jedoch nicht die Beklagte tarifgebunden ist.

14

2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Fortgeltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein im Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB.

15

Die beiderseitige Tarifgebundenheit vor dem Übergang des Beschäftigungsbetriebes auf die Beklagte führt zwar dazu, dass trotz der Tarifungebundenheit der Beklagten die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein seit diesem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Arbeitsverhältnis der Parteien fortgelten. Aus dieser Fortgeltung kann die Klägerin jedoch ihre Forderung nicht herleiten. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass der Regelungsgehalt der Tarifvertragsnormen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur statisch in das Arbeitsverhältnis übergeht, also mit dem tariflichen Regelungsbestand, den er zur Zeit des Betriebsübergangs hat(BAG 14. November 2007 - 4 AZR 828/06 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 613a Nr. 334 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 81). Vorliegend fand der Betriebsübergang im Juli 2006 statt. Die Forderung der Klägerin bezieht sich jedoch auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007, die also erst nach dem Betriebsübergang abgeschlossen und deshalb nicht in das Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformiert worden sind.

16

3. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich jedoch aus individualvertraglicher Inbezugnahme. Die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar nicht aufgrund der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998, jedoch aufgrund derjenigen in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 Anwendung.

17

a) Die Auslegung von typischen (Formular-)Vertragsklauseln - wie denen des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998 und der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 - ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich(st. Rspr., zB BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - mwN, BAGE 105, 284, 286).

18

b) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen Vergütungsregelungen folgt allerdings nicht aus der Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998. Diese Klausel ist als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen, weshalb tarifliche Neuregelungen nach Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite wie die vom 7. Mai 2007 von ihr nicht mit umfasst sind.

19

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen(vgl. nur BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt dieses Wegfalls anzuwenden sind. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, NZA 2010, 170).

20

bb) Danach ist der im Jahre 1998 geschlossene Arbeitsvertrag nach der früheren Senatsrechtsprechung zu beurteilen. Die Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 dieses Arbeitsvertrages ist als Gleichstellungsabrede zu behandeln, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist und der damalige Arbeitgeber, ein Rechtsvorgänger der Beklagten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden war.

21

Dabei kann es dahinstehen, welche Bedeutung dem Wort „Sie“ im Satzteil „sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen“ zukommt, ob also, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, damit über den Vertragswortlaut hinaus nicht nur auf den tariflichen Geltungsbereich, sondern auch auf die Tarifgebundenheit der Klägerin Bezug genommen worden ist. Darauf kommt es nach der früheren, für Arbeitsverträge aus dem Jahre 1998 weiterhin maßgeblichen Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede nicht an.

22

c) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen tarifvertraglichen Vergütungsregelungen folgt jedoch aus der Bezugnahmeklausel in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, die als „Neuvertrag“ nicht mehr unter die aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterzuführende Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede fällt. Diese Klausel enthält eine konstitutive Bezugnahme auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung, die nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig und für die die Tarifgebundenheit der Klägerin ohne Bedeutung ist.

23

aa) Die Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung im Änderungsvertrag vom 1. November 2005 unterliegt nicht der widergegebenen, vom Senat nur noch aus Gründen des Vertrauensschutzes angewendeten Auslegungsregel zur Gleichstellungsabrede.

24

(1) Es handelt sich bei der Vereinbarung vom 1. November 2005 um einen „Neuvertrag“ aus der Zeit ab dem 1. Januar 2002, zu dessen Inhaltsbestimmung die allgemeinen Auslegungsregeln uneingeschränkt Anwendung finden. Es kommt danach in erster Linie auf den Wortlaut der übereinstimmenden Erklärung an. Vom Wortlaut abweichende Regelungsziele oder Motive können nur dann bei der Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie im Vertrag selbst oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sind(BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40). Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag wird jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, durch einen Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit nicht berührt (- „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ -, vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 mwN, NZA 2010, 170; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - mwN, BAGE 122, 74). Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers besondere Bedeutung beimessen wollen, muss dies regelmäßig im Vertragstext Niederschlag finden oder auf sonstige Weise Gegenstand der arbeitsvertraglichen Einigung geworden sein.

25

(2) Der Anwendung der widergegebenen allgemeinen Auslegungsregeln auf die vertragliche Abrede vom 1. November 2005 steht nicht entgegen, dass es sich hier um die Änderung eines „Altvertrages“ aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 handelte, in dem sich ebenfalls eine dynamische Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge fand. Bei einer Änderung eines Altvertrags nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgeblich sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist(BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, NZA 2010, 170).

26

Danach ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung, was die Bezugnahmeklausel angeht, als Neuvertragsabschluss einzustufen. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Mit der Bezugnahme auf die „jeweilige Fassung“ der „einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein“ wird in rechtsgeschäftlicher, vertragsändernder Willensbildung durch einen Wortlaut, der sich von der Vorgängerregelung im Altvertrag unterscheidet und ausdrücklich eine Vertragsumstellung weg von der Rechtslage bei der ursprünglichen Arbeitgeberin, der D GmbH, vornimmt, eine eigenständige Neuregelung getroffen und nicht lediglich die ursprünglich getroffene Vereinbarung ohne eigenen Rechtsgestaltungswillen wiederholt.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der danach in einem „Neuvertrag“ im Sinne der Senatsrechtsprechung vereinbarten Bezugnahmeklausel im Falle der - tatsächlich gegebenen - Mitgliedschaft der Klägerin in der tarifschließenden Gewerkschaft um eine lediglich deklaratorische, die Rechtslage beschreibende Wissenserklärung handeln sollte. Es fehlt schon an Tatsachenvortrag dazu, dass der an der Vertragsänderung beteiligten Arbeitgeberin die Tarifgebundenheit der Klägerin bekannt war und dass diese zum Thema des Vertragsschlusses gemacht worden ist.

28

(4) Ebenso wenig kann aus dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Änderungsvertrag oder aus vorgetragenen Begleitumständen beim damaligen Vertragsschluss irgendein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass die vereinbarte dynamische Bezugnahme des Tarifrechts der Metallindustrie Schleswig-Holsteins bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite nur noch als statische Verweisung weiter gelten sollte.

29

Auch für die Annahme der Revision, beide Parteien seien noch im November 2005 vor dem Hintergrund, dass auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ergingen, die die bisherige Auslegung entsprechender Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede bestätigten und die Ankündigung der Rechtsprechungsänderung erst am 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 -) erfolgte, davon ausgegangen, dass die Bezugnahme im Arbeitsvertrag nur der Gleichstellung der organisierten Arbeitnehmer mit den nichtorganisierten Arbeitnehmern diene, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in konkret vorgetragenen Umständen bei Vertragsschluss irgendeinen Anhaltspunkt.

30

bb) Der Senat hält an seiner neueren Rechtsprechung zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf einschlägige Tarifverträge oder Tarifwerke, die zu dem vorgenannten Ergebnis führt, auch in Anbetracht der von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte fest. Dies hat der Senat bereits in verschiedenen Entscheidungen - in Auseinandersetzung mit der zwischenzeitlich geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung - ausführlich begründet(vgl. ua. 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

31

(1) Es verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip und damit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, dass der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes auf alle Bezugnahmeklauseln anwendet, die in der Zeit bis zur Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung vom 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326) vereinbart worden sind.

32

(a) Entgegen der Revision liegt hierin keine nach dem Vertrauensschutzprinzip verbotene echte Rückwirkung(vgl. hierzu etwa BVerfG 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263 f.). Es wird nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen. Die streitgegenständliche Klausel wurde zwar in der Vergangenheit vereinbart, das Arbeitsverhältnis, auf das sich ihre Wirkung bezieht, ist jedoch weder abgeschlossen noch abgewickelt. In die in der Vergangenheit bereits abgewickelten Teile des Arbeitsverhältnisses greift die auf die allgemeinen Grundsätze zurückgeführte Auslegungsregel nicht ein.

33

(b) Die Festlegung eines Stichtages, mit dem die Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt wird, ist ein geeignetes Mittel, um eventuell bestehendem Vertrauen in eine gefestigte Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der gegnerischen Partei Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - zu B III 2 a der Gründe, NJW 2009, 1469). Die Festlegung des Datums des Stichtags ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht willkürlich. Vorrangig von Bedeutung für die Festlegung des Stichtags ist der vom Gesetzgeber mit der Schuldrechtsnovelle deutlich gemachte Wertewandel, wovon auch eine deutlich verstärkte Aufforderung an die Verwender von Formularverträgen ausging, das von ihnen Gewollte auch in der entsprechenden verständlichen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) Form eindeutig zum Ausdruck zu bringen (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 34, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

34

Durch die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Senats vom 19. März 2003(- 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284) und vom 1. Dezember 2004 (- 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40) wird der Stichtag nicht in Frage gestellt. Gegenstand der Entscheidung vom 19. März 2003 war ein sog. Altvertrag aus dem Jahr 1997. Für solche Verträge wendet der Senat die Grundsätze der früheren Rechtsprechung nach wie vor an. In der Entscheidung vom 1. Dezember 2004 kam die Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede gar nicht zur Anwendung, da die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht vorlag. Beiden Entscheidungen kommt aber auch unabhängig davon bei der typisierten Interessenabwägung und bei der Beurteilung der maßgebende Faktoren für die Festlegung des Stichtags (dazu ua. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40)keine Bedeutung zu. Das trifft auch für die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 2005 (- 1 ABR 64/03 - BAGE 114, 162) zu.

35

Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht mehrere von Arbeitgeberseite gegen die neuere Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede erhobene Verfassungsbeschwerden mit dem Ziel einer Ausweitung des Vertrauensschutzes nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorlagen( BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 - ; 21. April 2009 - 1 BvR 769/09 -). Es hat ausgeführt, dass ein Gericht grundsätzlich von einer früheren Rechtsprechung abweichen kann und dass darin kein Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu sehen ist, wenn sich die Rechtsprechungsänderung im Rahmen einer vorhersagbaren Entwicklung hält (BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 -).

36

(2) Entgegen der Auffassung der Revision führt auch die Regelung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu keinem anderen Ergebnis. Der angeführte Wert des Vertrauens in eine gefestigte Rechtsprechung ist keine „im Arbeitsrecht geltende Besonderheit“, sondern ein allgemeiner Umstand, den der Senat in seiner Rechtsprechung bei seiner Abwägung der beteiligten Interessen - unter Einbeziehung der Situation im Arbeitsrecht - bereits berücksichtigt hat(dazu BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 46 ff., BAGE 122, 74).

37

cc) Nach alledem ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, was die Auslegung der dort vereinbarten Bezugnahme angeht, mit dem Landesarbeitsgericht als „Neuvertrag“ einzustufen, der eine von der Tarifgebundenheit der Vertragsparteien unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat und deshalb auch tarifvertragliche Regelungen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages macht, die nach einem Ende der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite getroffen worden sind.

38

d) Der Betriebsübergang von der N GmbH auf die Beklagte am 1. Juli 2006 hat an dieser vertragsrechtlichen Lage nichts geändert. Die Klausel gilt auch im Arbeitsverhältnis der Parteien dynamisch. Die sich aus dieser Vertragsklausel ergebende Pflicht, die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden, gehört zu den Rechten und Pflichten, in die die Beklagte als Erwerberin des Betriebs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist. Dementsprechend ist sie an die Verweisungsklausel aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin mit ihrem Rechtsvorgänger unter Einbeziehung von deren Dynamik gebunden.

39

Der sich von Rechts wegen und unabhängig vom „Gutdünken“ des Veräußerers und Erwerbers(vgl. ua. EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03 [Celtec] - ua. Rn. 38 mwN, Slg. 2005, I-4389 und 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 26, Slg. 2006, I-2397) nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten und umfasst mithin auch solche aus Verweisungsklauseln auf einen Tarifvertrag.

40

§ 613a Abs. 1 BGB regelt die Rechtsfolgen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs für die davon betroffenen Arbeitsverhältnisse. Dabei ist in Satz 1 der Vorschrift allgemein geregelt, dass das Arbeitsverhältnis mit demjenigen Inhalt auf den Erwerber übergeht, den es zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs hat. Dazu gehören nicht nur die aktuell realisierten Rechte und Pflichten, sondern alle, auf die sich eine der Vertragsparteien bei unveränderter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte. Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung ohne inhaltliche Veränderung ein(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - BAGE 124, 123, 127). Hiervon sind auch Rechtspositionen umfasst, die erst in der Zukunft Wirkung entfalten, etwa bereits fest vereinbarte Änderungen der Rechtslage, die zu einem späteren Zeitpunkt eintreten sollen. Soweit arbeitsvertraglich eine Dynamik bei der Anwendung in Bezug genommenen Rechts vereinbart ist, geht auch sie als solche über. Der Erwerber ist an sie gebunden wie der Veräußerer, der sich darüber mit dem Arbeitnehmer geeinigt hat. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt ihn bezüglich der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen so, als habe er sie selbst abgeschlossen(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - ZIP 2010, 748).

41

Dieses Ergebnis ergibt sich ebenfalls aus der Betriebsübergangsrichtlinie, derzeit in der Fassung der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001(ABl. 2001, L 82/16), zu deren Umsetzung in das nationale Recht § 613a BGB dient, der richtlinienkonform auszulegen ist. Die Richtlinie soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (vgl. ua. EuGH 10. Februar 1988 - C-324/86 [Tellerup oder „Daddy’s Dance Hall“] - Rn. 9, Slg. 1988, I-739; 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 25, Slg. 2006, I-2397). Ziel dieser Richtlinie ist es, die am Tag des Übergangs bestehenden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer zu wahren (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397) und damit sicherzustellen, dass der betroffene Arbeitnehmer in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber in gleicher Weise geschützt ist, wie er es nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats in seinen Beziehungen zum Veräußerer war (EuGH 6. November 2003 - C-4/01 [Martin ua.] - Rn. 41, Slg. 2003, I-12859). Daraus folgt, dass eine am Tag des Übergangs bestehende individualvertragliche dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrages, die unabhängig von beiderseitiger Tarifgebundenheit ist, als Solche auf den Betriebserwerber übergeht. Anzunehmen, sie wandle ihren Charakter infolge des Übergangs von „dynamisch“ zu „statisch“, wäre eine Minderung der bestehenden Rechte.

42

e) Entgegen der Auffassung der Revision wurde die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel vom 1. November 2005 weder durch die frühere beiderseitige Tarifgebundenheit verdrängt, noch wird sie durch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm verdrängt. Eine ggf. entstehende Regelkollision ist in beiden Fällen nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

43

aa) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht allein durch kollektivvertragliche Regelungen bestimmt, sondern durch kollektive und individualvertragliche Regelungen. Zu letzteren gehört die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf die „gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung“. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht unter Bezug auf die Senatsrechtsprechung(BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - BAGE 124, 34, 37) ausgeführt, dass die Wirkung einer Bezugnahmeklausel nicht dadurch berührt wird, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nach § 4 Abs. 1 TVG trete eine vertragliche Inbezugnahme hinter einer normativen Geltung zurück, verkennt sie, dass eine normative Geltung und eine vertragliche Inbezugnahme als zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen nebeneinander bestehen bleiben. Eine ggf. entstandene Regelkollision war vor dem Betriebsübergang nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

44

Auch wenn auf diese Weise eine der beiden Regelungen im Arbeitsverhältnis - zeitweise - keine praktische Wirkung entfaltet, so bleibt sie entgegen der Auffassung der Revision, die meint, es könne nur übergehen, was zuvor Wirkung entfaltet habe, jedoch bestehen und ist demgemäß Teil des bei einem Betriebsübergang mit übergehenden Regelungsbestands(vgl. hierzu auch BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110).

45

bb) Daran, dass die Anwendung eines Tarifvertrags auf zwei Rechtsgründen beruht, ändert sich nichts durch die Feststellung, dass einer von ihnen, nämlich die bisherige kollektive Wirkungsweise, nach dem Betriebsübergang mangels Tarifgebundenheit der Beklagten in nun „statischer“ Form in den Bestand des Arbeitsverhältnisses eingegangen ist. Prinzipiell unterliegt auch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG. Insbesondere kann den nunmehr als Inhalt des Arbeitsverhältnisses fortwirkenden früheren Tarifnormen keine größere Wirkungstiefe zukommen als unmittelbar wirkenden Tarifnormen(näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 bis 32, AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110). Deshalb sind auch die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierten Tarifnormen nicht in der Lage, günstigere Abmachungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu verdrängen. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine im Hinblick auf § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergänzende, keine konkurrierende Regelung. Auch nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnormen treten nach § 4 Abs. 3 TVG gegenüber einzelvertraglichen Vereinbarungen, soweit diese für die jeweiligen Arbeitnehmer günstigere Bedingungen enthalten, zurück (näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 ff., aaO).

46

f) Durch die Anordnung des Übergangs einer mit dem Veräußerer des Betriebes arbeitsvertraglich vereinbarten dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag auf die Beklagte als Erwerberin dieses Betriebes wird diese entgegen der Revision nicht in ihrem Grundrecht auf - negative - Koalitionsfreiheit verletzt.

47

aa) Wie der Senat bereits mehrfach begründet hat, berührt die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21 mwN, ZIP 2010, 748). Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (ebenso zum Verhältnis der negativen Koalitionsfreiheit zu einem Sozialplan BVerfG 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - AP GG Art. 2 Nr. 2).

48

bb) Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Einwände der Revision fest.

49

Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Soweit bei der Begründung der Rechte und Pflichten, die bei einem Betriebsübergang auf den Erwerber übergehen, weder die Mitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei, etwa bei einem Firmentarifvertrag, eine Rolle spielen, sondern diese unmittelbar auf der Abgabe einer privatautonomen Willenserklärung gegenüber dem Arbeitsvertragspartner beruhen, kann weder die negative Koalitionsfreiheit des Veräußerers noch diejenige des Erwerbers betroffen sein. Der arbeitsvertragliche Charakter einer dynamischen Verweisung auf ein fremdes Regelwerk wird durch die Herkunft des Bezugsobjekts nicht geändert; das gilt für eine etwaige Einbeziehung des jeweiligen statistischen Lebenshaltungsindexes ebenso wie für die Einbeziehung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung wie die der jeweiligen Fassung eines Tarifvertrages(vgl. im Einzelnen BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23 bis 27 mwN, ZIP 2010, 748).

50

Auch in ihren Folgewirkungen bleibt dieser individualvertragliche Charakter erhalten. Anders als nach der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, die zu einem kollektivrechtlichen Inhaltsschutz mit zwingender Wirkung für ein Jahr führt, können nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangene Vereinbarungen jederzeit einvernehmlich und privatautonom abgeändert werden. Es herrscht grundsätzlich die gleiche Vertragsfreiheit, wie sie im Veräußererbetrieb bestanden hat(vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - BAGE 124, 345, 347). Im Übrigen ist - entgegen den Annahmen der Revision - weder in die Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien noch in die Feststellung der Folgen des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB einzubeziehen, ob aus der Sicht einer Vertragspartei im Einzelfall eine konkrete Möglichkeit der einvernehmlichen Vertragsänderung gesehen wird oder wie die Existenz von dynamisch wirkenden individualvertraglichen Bezugnahmen auf Tarifverträge sich bei Kaufvertragsverhandlungen im Rahmen von Betriebsübergängen auswirkt. Die Überlegung der Revision, eine nur noch statische Fortgeltung von Tarifverträgen sei im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG sachlich gerechtfertigt, da dies in der Regel Gegenstand der Kaufverhandlungen sei und eine dynamische Fortgeltung von Tarifverträgen nicht überschaubar wäre, ist in ihrem rechtlichen Gehalt schwer zu erschließen. Gegenstand von Kaufverhandlungen kann nur die tatsächlich im zu erwerbenden Betrieb bestehende Rechtslage sein, nicht eine vom Käufer oder Verkäufer gewünschte. Die hinter dieser Überlegung stehende Auffassung widerspricht § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie bedeutet nichts anderes, als dass sich der Arbeitsvertragsinhalt entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung allein durch den Betriebsübergang ändern soll.

51

cc) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang aus dem Urteil „Werhof“ des EuGH vom 9. März 2006(- C-499/04 - Slg. 2006, I-2397).

52

Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren(vgl. ua. EuGH 27. November 2008 - C-396/07 [Juuri] - Rn. 28 mwN, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 97). Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erwerber durch andere Kollektivverträge als die zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden binden und demnach verpflichten wollte, die Arbeitsbedingungen später durch die Anwendung eines neuen, nach dem Übergang geschlossenen Kollektivvertrags zu ändern (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397), was im Übrigen gegen das im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu beachtende Recht auf negative Vereinigungsfreiheit verstoßen würde (ebenda, Rn. 32 bis 35). Mit der Werhof-Entscheidung schließt es der EuGH aus, eine vertragliche Verweisung auf Tarifverträge im Falle eines Betriebsüberganges nach Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG zwingend, also unabhängig vom übereinstimmend gebildeten Willen der Arbeitsvertragsparteien, stets so zu verstehen, dass der Erwerber an die betreffenden Tarifverträge auch in den Fassungen gebunden ist, die erst nach dem Betriebsübergang vereinbart wurden. Diese Auffassung teilt der Senat (vgl. näher BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 35 bis 38 mwN, in Auseinandersetzung mit EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - aaO). Die gegenteilige Auffassung der Revision, die im Ergebnis dahin geht, dass zwingend und unabhängig vom privatautonom zwischen den Arbeitsvertragsparteien Vereinbarten jegliche Bezugnahme auf Tarifverträge in Einzelarbeitsverträgen im Fall des Betriebsüberganges „statisch“ wird, lässt sich nicht mit der Werhof-Entscheidung des EuGH begründen.

53

4. Insgesamt führt die individualvertragliche Inbezugnahme in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 zu einer dynamischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein und damit zu den streitgegenständlichen Tarifverträgen vom 7. Mai 2007. Diese enthalten im Verhältnis zu der statischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, vorliegend in der Fassung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum tarifungebundenen Betriebserwerber, eine finanziell günstigere Regelung im Sinne des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG. Der auf dieser Grundlage von der Klägerin geltend gemachte Betrag ist der Höhe nach unstreitig.

54

5. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

55

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Vorderwülbecke    

        

    Bredendiek    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Juli 2008 - 3 Sa 159/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche auf der Grundlage einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel nach einem Betriebsübergang.

2

Die Klägerin, Mitglied der IG-Metall, ist seit dem 18. Juni 1998 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Maschinenbedienerin mit einer Wochenarbeitszeit von zuletzt 30 Stunden tätig. Das monatliche Bruttoentgelt betrug zuletzt 1.437,43 Euro Grundentgelt zuzüglich einer Prämie von 503,10 Euro brutto.

3

Zunächst war die Klägerin bei der in der Metallindustrie tarifgebundenen D GmbH beschäftigt. Im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998 heißt es unter Ziffer 7.2 wie folgt:

        

„Sonstige Regelungen

        

Im übrigen gelten für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen der gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung und alle betrieblichen Regelungen, Richtlinien, Betriebsvereinbarungen der D GmbH in ihrer jeweils gültigen Fassung, sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen.

        

…“   

4

Im Jahre 2003 ging das Arbeitsverhältnis auf die N GmbH über, die ebenfalls tarifgebunden war. Mit Wirkung vom 1. November 2005 schloss die Klägerin mit dieser aus Anlass einer Arbeitszeitreduzierung eine „Vereinbarung zum bestehenden und fortgeltenden Arbeitsvertrag“ (im Folgenden „Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005“). Darin heißt es unter anderem:

        

„Die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung sind Bestandteil dieser Vereinbarung.“

5

Die Beklagte, die mit Wirkung zum 1. Juli 2006 den Betrieb übernommen hat, ist nicht tarifgebunden.

6

Für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vereinbarten die Tarifvertragsparteien unter dem 7. Mai 2007 den „Lohntarifvertrag für die Metallindustrie Hamburg und Umgebung, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein“ sowie - für Betriebe nach Einführung des Entgeltrahmenabkommens(ERA) - den „Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für die Metallindustrie Bezirk Küste“. Beide Tarifverträge sehen in § 2 eine Erhöhung der Tariflöhne bzw. Monatsgrundentgelte mit Wirkung ab 1. Juni 2007 um 4,1 % vor. Vorgesehen ist zudem die Zahlung eines Erhöhungsbetrags für die Monate April und Mai 2007 mit der Abrechnung für den Monat Mai 2007 in Höhe von 400,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung, basierend auf einer 35-Stunden-Woche, der bei Teilzeitbeschäftigung entsprechend der anteiligen Arbeitszeit zu berechnen ist.

7

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. September 2007 für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 16. September 2007 Zahlung des rechnerisch unstreitigen Betrages von 623,96 Euro brutto verlangt. Er setzt sich zusammen aus der prozentualen Entgelterhöhung von 281,11 Euro brutto und der tariflichen Einmalzahlung von anteilig 342,85 Euro brutto bezogen auf eine 30-Stunden-Woche. Die Beklagte hat die Zahlung unter Hinweis auf ihre fehlende Tarifbindung verweigert, woraufhin die Klägerin am 6. Dezember 2007 Klage erhoben hat.

8

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die in ihrem Arbeitsvertrag enthaltene Verweisungsklausel die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein dynamisch in Bezug nehme. Jedenfalls nach Abschluss der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 könne nicht von einer Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung die Rede sein. Mit dem Betriebsübergang seien die Rechte aus der arbeitsvertraglichen Verweisung unverändert dynamisch auf die Beklagte übergegangen.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, 623,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 551,53 Euro ab dem 30. September 2007 sowie auf 42,43 Euro ab 11. Dezember 2007 an die Klägerin zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mangels Tarifbindung schulde sie eine nach dem Betriebsübergang vereinbarte Tariflohnerhöhung nicht. Da das Arbeitsverhältnis vor dem letzten Betriebsübergang durch beiderseitige Tarifgebundenheit bestimmt gewesen sei, gelte der Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur noch statisch weiter. Auch aufgrund der individualvertraglichen Inbezugnahme des Tarifvertrags sei sie nicht zur Zahlung verpflichtet. Wegen der damaligen beiderseitigen Tarifgebundenheit seien die im Vertrag genannten Tarifverträge nicht rechtsbegründend in Bezug genommen worden. Auf die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1998 sei im Übrigen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede anzuwenden. Die Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 enthalte nur eine Wiederholung der alten vertraglichen Klausel und sei kein „Neuvertrag“. Zudem müsse der Vertrauensschutz jedenfalls bis zum Bekanntwerden der beabsichtigten Rechtsprechungsänderung bestehen. Außerdem verstoße es gegen ihr Recht auf negative Koalitionsfreiheit, wenn sie mit Übergang des Arbeitsverhältnisses trotz fehlender Tarifgebundenheit die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein weiterhin dynamisch anwenden müsse.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin aufgrund dynamischer Verweisung in der Änderungsvereinbarung vom 1. November 2005 auch Rechte aus den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen geltend machen kann, die erst nach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die nicht tarifgebundene Beklagte vereinbart wurden.

13

1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht kraft normativer Geltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, da zwar die Klägerin, jedoch nicht die Beklagte tarifgebunden ist.

14

2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Fortgeltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein im Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB.

15

Die beiderseitige Tarifgebundenheit vor dem Übergang des Beschäftigungsbetriebes auf die Beklagte führt zwar dazu, dass trotz der Tarifungebundenheit der Beklagten die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein seit diesem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Arbeitsverhältnis der Parteien fortgelten. Aus dieser Fortgeltung kann die Klägerin jedoch ihre Forderung nicht herleiten. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass der Regelungsgehalt der Tarifvertragsnormen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur statisch in das Arbeitsverhältnis übergeht, also mit dem tariflichen Regelungsbestand, den er zur Zeit des Betriebsübergangs hat(BAG 14. November 2007 - 4 AZR 828/06 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 613a Nr. 334 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 81). Vorliegend fand der Betriebsübergang im Juli 2006 statt. Die Forderung der Klägerin bezieht sich jedoch auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007, die also erst nach dem Betriebsübergang abgeschlossen und deshalb nicht in das Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformiert worden sind.

16

3. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich jedoch aus individualvertraglicher Inbezugnahme. Die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar nicht aufgrund der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998, jedoch aufgrund derjenigen in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 Anwendung.

17

a) Die Auslegung von typischen (Formular-)Vertragsklauseln - wie denen des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998 und der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 - ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich(st. Rspr., zB BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - mwN, BAGE 105, 284, 286).

18

b) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen Vergütungsregelungen folgt allerdings nicht aus der Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998. Diese Klausel ist als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen, weshalb tarifliche Neuregelungen nach Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite wie die vom 7. Mai 2007 von ihr nicht mit umfasst sind.

19

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen(vgl. nur BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt dieses Wegfalls anzuwenden sind. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, NZA 2010, 170).

20

bb) Danach ist der im Jahre 1998 geschlossene Arbeitsvertrag nach der früheren Senatsrechtsprechung zu beurteilen. Die Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 dieses Arbeitsvertrages ist als Gleichstellungsabrede zu behandeln, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist und der damalige Arbeitgeber, ein Rechtsvorgänger der Beklagten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden war.

21

Dabei kann es dahinstehen, welche Bedeutung dem Wort „Sie“ im Satzteil „sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen“ zukommt, ob also, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, damit über den Vertragswortlaut hinaus nicht nur auf den tariflichen Geltungsbereich, sondern auch auf die Tarifgebundenheit der Klägerin Bezug genommen worden ist. Darauf kommt es nach der früheren, für Arbeitsverträge aus dem Jahre 1998 weiterhin maßgeblichen Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede nicht an.

22

c) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen tarifvertraglichen Vergütungsregelungen folgt jedoch aus der Bezugnahmeklausel in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, die als „Neuvertrag“ nicht mehr unter die aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterzuführende Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede fällt. Diese Klausel enthält eine konstitutive Bezugnahme auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung, die nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig und für die die Tarifgebundenheit der Klägerin ohne Bedeutung ist.

23

aa) Die Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung im Änderungsvertrag vom 1. November 2005 unterliegt nicht der widergegebenen, vom Senat nur noch aus Gründen des Vertrauensschutzes angewendeten Auslegungsregel zur Gleichstellungsabrede.

24

(1) Es handelt sich bei der Vereinbarung vom 1. November 2005 um einen „Neuvertrag“ aus der Zeit ab dem 1. Januar 2002, zu dessen Inhaltsbestimmung die allgemeinen Auslegungsregeln uneingeschränkt Anwendung finden. Es kommt danach in erster Linie auf den Wortlaut der übereinstimmenden Erklärung an. Vom Wortlaut abweichende Regelungsziele oder Motive können nur dann bei der Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie im Vertrag selbst oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sind(BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40). Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag wird jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, durch einen Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit nicht berührt (- „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ -, vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 mwN, NZA 2010, 170; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - mwN, BAGE 122, 74). Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers besondere Bedeutung beimessen wollen, muss dies regelmäßig im Vertragstext Niederschlag finden oder auf sonstige Weise Gegenstand der arbeitsvertraglichen Einigung geworden sein.

25

(2) Der Anwendung der widergegebenen allgemeinen Auslegungsregeln auf die vertragliche Abrede vom 1. November 2005 steht nicht entgegen, dass es sich hier um die Änderung eines „Altvertrages“ aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 handelte, in dem sich ebenfalls eine dynamische Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge fand. Bei einer Änderung eines Altvertrags nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgeblich sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist(BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, NZA 2010, 170).

26

Danach ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung, was die Bezugnahmeklausel angeht, als Neuvertragsabschluss einzustufen. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Mit der Bezugnahme auf die „jeweilige Fassung“ der „einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein“ wird in rechtsgeschäftlicher, vertragsändernder Willensbildung durch einen Wortlaut, der sich von der Vorgängerregelung im Altvertrag unterscheidet und ausdrücklich eine Vertragsumstellung weg von der Rechtslage bei der ursprünglichen Arbeitgeberin, der D GmbH, vornimmt, eine eigenständige Neuregelung getroffen und nicht lediglich die ursprünglich getroffene Vereinbarung ohne eigenen Rechtsgestaltungswillen wiederholt.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der danach in einem „Neuvertrag“ im Sinne der Senatsrechtsprechung vereinbarten Bezugnahmeklausel im Falle der - tatsächlich gegebenen - Mitgliedschaft der Klägerin in der tarifschließenden Gewerkschaft um eine lediglich deklaratorische, die Rechtslage beschreibende Wissenserklärung handeln sollte. Es fehlt schon an Tatsachenvortrag dazu, dass der an der Vertragsänderung beteiligten Arbeitgeberin die Tarifgebundenheit der Klägerin bekannt war und dass diese zum Thema des Vertragsschlusses gemacht worden ist.

28

(4) Ebenso wenig kann aus dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Änderungsvertrag oder aus vorgetragenen Begleitumständen beim damaligen Vertragsschluss irgendein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass die vereinbarte dynamische Bezugnahme des Tarifrechts der Metallindustrie Schleswig-Holsteins bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite nur noch als statische Verweisung weiter gelten sollte.

29

Auch für die Annahme der Revision, beide Parteien seien noch im November 2005 vor dem Hintergrund, dass auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ergingen, die die bisherige Auslegung entsprechender Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede bestätigten und die Ankündigung der Rechtsprechungsänderung erst am 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 -) erfolgte, davon ausgegangen, dass die Bezugnahme im Arbeitsvertrag nur der Gleichstellung der organisierten Arbeitnehmer mit den nichtorganisierten Arbeitnehmern diene, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in konkret vorgetragenen Umständen bei Vertragsschluss irgendeinen Anhaltspunkt.

30

bb) Der Senat hält an seiner neueren Rechtsprechung zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf einschlägige Tarifverträge oder Tarifwerke, die zu dem vorgenannten Ergebnis führt, auch in Anbetracht der von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte fest. Dies hat der Senat bereits in verschiedenen Entscheidungen - in Auseinandersetzung mit der zwischenzeitlich geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung - ausführlich begründet(vgl. ua. 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

31

(1) Es verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip und damit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, dass der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes auf alle Bezugnahmeklauseln anwendet, die in der Zeit bis zur Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung vom 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326) vereinbart worden sind.

32

(a) Entgegen der Revision liegt hierin keine nach dem Vertrauensschutzprinzip verbotene echte Rückwirkung(vgl. hierzu etwa BVerfG 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263 f.). Es wird nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen. Die streitgegenständliche Klausel wurde zwar in der Vergangenheit vereinbart, das Arbeitsverhältnis, auf das sich ihre Wirkung bezieht, ist jedoch weder abgeschlossen noch abgewickelt. In die in der Vergangenheit bereits abgewickelten Teile des Arbeitsverhältnisses greift die auf die allgemeinen Grundsätze zurückgeführte Auslegungsregel nicht ein.

33

(b) Die Festlegung eines Stichtages, mit dem die Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt wird, ist ein geeignetes Mittel, um eventuell bestehendem Vertrauen in eine gefestigte Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der gegnerischen Partei Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - zu B III 2 a der Gründe, NJW 2009, 1469). Die Festlegung des Datums des Stichtags ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht willkürlich. Vorrangig von Bedeutung für die Festlegung des Stichtags ist der vom Gesetzgeber mit der Schuldrechtsnovelle deutlich gemachte Wertewandel, wovon auch eine deutlich verstärkte Aufforderung an die Verwender von Formularverträgen ausging, das von ihnen Gewollte auch in der entsprechenden verständlichen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) Form eindeutig zum Ausdruck zu bringen (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 34, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

34

Durch die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Senats vom 19. März 2003(- 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284) und vom 1. Dezember 2004 (- 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40) wird der Stichtag nicht in Frage gestellt. Gegenstand der Entscheidung vom 19. März 2003 war ein sog. Altvertrag aus dem Jahr 1997. Für solche Verträge wendet der Senat die Grundsätze der früheren Rechtsprechung nach wie vor an. In der Entscheidung vom 1. Dezember 2004 kam die Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede gar nicht zur Anwendung, da die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht vorlag. Beiden Entscheidungen kommt aber auch unabhängig davon bei der typisierten Interessenabwägung und bei der Beurteilung der maßgebende Faktoren für die Festlegung des Stichtags (dazu ua. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40)keine Bedeutung zu. Das trifft auch für die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 2005 (- 1 ABR 64/03 - BAGE 114, 162) zu.

35

Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht mehrere von Arbeitgeberseite gegen die neuere Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede erhobene Verfassungsbeschwerden mit dem Ziel einer Ausweitung des Vertrauensschutzes nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorlagen( BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 - ; 21. April 2009 - 1 BvR 769/09 -). Es hat ausgeführt, dass ein Gericht grundsätzlich von einer früheren Rechtsprechung abweichen kann und dass darin kein Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu sehen ist, wenn sich die Rechtsprechungsänderung im Rahmen einer vorhersagbaren Entwicklung hält (BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 -).

36

(2) Entgegen der Auffassung der Revision führt auch die Regelung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu keinem anderen Ergebnis. Der angeführte Wert des Vertrauens in eine gefestigte Rechtsprechung ist keine „im Arbeitsrecht geltende Besonderheit“, sondern ein allgemeiner Umstand, den der Senat in seiner Rechtsprechung bei seiner Abwägung der beteiligten Interessen - unter Einbeziehung der Situation im Arbeitsrecht - bereits berücksichtigt hat(dazu BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 46 ff., BAGE 122, 74).

37

cc) Nach alledem ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, was die Auslegung der dort vereinbarten Bezugnahme angeht, mit dem Landesarbeitsgericht als „Neuvertrag“ einzustufen, der eine von der Tarifgebundenheit der Vertragsparteien unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat und deshalb auch tarifvertragliche Regelungen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages macht, die nach einem Ende der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite getroffen worden sind.

38

d) Der Betriebsübergang von der N GmbH auf die Beklagte am 1. Juli 2006 hat an dieser vertragsrechtlichen Lage nichts geändert. Die Klausel gilt auch im Arbeitsverhältnis der Parteien dynamisch. Die sich aus dieser Vertragsklausel ergebende Pflicht, die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden, gehört zu den Rechten und Pflichten, in die die Beklagte als Erwerberin des Betriebs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist. Dementsprechend ist sie an die Verweisungsklausel aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin mit ihrem Rechtsvorgänger unter Einbeziehung von deren Dynamik gebunden.

39

Der sich von Rechts wegen und unabhängig vom „Gutdünken“ des Veräußerers und Erwerbers(vgl. ua. EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03 [Celtec] - ua. Rn. 38 mwN, Slg. 2005, I-4389 und 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 26, Slg. 2006, I-2397) nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten und umfasst mithin auch solche aus Verweisungsklauseln auf einen Tarifvertrag.

40

§ 613a Abs. 1 BGB regelt die Rechtsfolgen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs für die davon betroffenen Arbeitsverhältnisse. Dabei ist in Satz 1 der Vorschrift allgemein geregelt, dass das Arbeitsverhältnis mit demjenigen Inhalt auf den Erwerber übergeht, den es zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs hat. Dazu gehören nicht nur die aktuell realisierten Rechte und Pflichten, sondern alle, auf die sich eine der Vertragsparteien bei unveränderter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte. Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung ohne inhaltliche Veränderung ein(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - BAGE 124, 123, 127). Hiervon sind auch Rechtspositionen umfasst, die erst in der Zukunft Wirkung entfalten, etwa bereits fest vereinbarte Änderungen der Rechtslage, die zu einem späteren Zeitpunkt eintreten sollen. Soweit arbeitsvertraglich eine Dynamik bei der Anwendung in Bezug genommenen Rechts vereinbart ist, geht auch sie als solche über. Der Erwerber ist an sie gebunden wie der Veräußerer, der sich darüber mit dem Arbeitnehmer geeinigt hat. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt ihn bezüglich der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen so, als habe er sie selbst abgeschlossen(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - ZIP 2010, 748).

41

Dieses Ergebnis ergibt sich ebenfalls aus der Betriebsübergangsrichtlinie, derzeit in der Fassung der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001(ABl. 2001, L 82/16), zu deren Umsetzung in das nationale Recht § 613a BGB dient, der richtlinienkonform auszulegen ist. Die Richtlinie soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (vgl. ua. EuGH 10. Februar 1988 - C-324/86 [Tellerup oder „Daddy’s Dance Hall“] - Rn. 9, Slg. 1988, I-739; 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 25, Slg. 2006, I-2397). Ziel dieser Richtlinie ist es, die am Tag des Übergangs bestehenden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer zu wahren (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397) und damit sicherzustellen, dass der betroffene Arbeitnehmer in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber in gleicher Weise geschützt ist, wie er es nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats in seinen Beziehungen zum Veräußerer war (EuGH 6. November 2003 - C-4/01 [Martin ua.] - Rn. 41, Slg. 2003, I-12859). Daraus folgt, dass eine am Tag des Übergangs bestehende individualvertragliche dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrages, die unabhängig von beiderseitiger Tarifgebundenheit ist, als Solche auf den Betriebserwerber übergeht. Anzunehmen, sie wandle ihren Charakter infolge des Übergangs von „dynamisch“ zu „statisch“, wäre eine Minderung der bestehenden Rechte.

42

e) Entgegen der Auffassung der Revision wurde die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel vom 1. November 2005 weder durch die frühere beiderseitige Tarifgebundenheit verdrängt, noch wird sie durch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm verdrängt. Eine ggf. entstehende Regelkollision ist in beiden Fällen nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

43

aa) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht allein durch kollektivvertragliche Regelungen bestimmt, sondern durch kollektive und individualvertragliche Regelungen. Zu letzteren gehört die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf die „gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung“. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht unter Bezug auf die Senatsrechtsprechung(BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - BAGE 124, 34, 37) ausgeführt, dass die Wirkung einer Bezugnahmeklausel nicht dadurch berührt wird, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nach § 4 Abs. 1 TVG trete eine vertragliche Inbezugnahme hinter einer normativen Geltung zurück, verkennt sie, dass eine normative Geltung und eine vertragliche Inbezugnahme als zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen nebeneinander bestehen bleiben. Eine ggf. entstandene Regelkollision war vor dem Betriebsübergang nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

44

Auch wenn auf diese Weise eine der beiden Regelungen im Arbeitsverhältnis - zeitweise - keine praktische Wirkung entfaltet, so bleibt sie entgegen der Auffassung der Revision, die meint, es könne nur übergehen, was zuvor Wirkung entfaltet habe, jedoch bestehen und ist demgemäß Teil des bei einem Betriebsübergang mit übergehenden Regelungsbestands(vgl. hierzu auch BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110).

45

bb) Daran, dass die Anwendung eines Tarifvertrags auf zwei Rechtsgründen beruht, ändert sich nichts durch die Feststellung, dass einer von ihnen, nämlich die bisherige kollektive Wirkungsweise, nach dem Betriebsübergang mangels Tarifgebundenheit der Beklagten in nun „statischer“ Form in den Bestand des Arbeitsverhältnisses eingegangen ist. Prinzipiell unterliegt auch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG. Insbesondere kann den nunmehr als Inhalt des Arbeitsverhältnisses fortwirkenden früheren Tarifnormen keine größere Wirkungstiefe zukommen als unmittelbar wirkenden Tarifnormen(näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 bis 32, AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110). Deshalb sind auch die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierten Tarifnormen nicht in der Lage, günstigere Abmachungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu verdrängen. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine im Hinblick auf § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergänzende, keine konkurrierende Regelung. Auch nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnormen treten nach § 4 Abs. 3 TVG gegenüber einzelvertraglichen Vereinbarungen, soweit diese für die jeweiligen Arbeitnehmer günstigere Bedingungen enthalten, zurück (näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 ff., aaO).

46

f) Durch die Anordnung des Übergangs einer mit dem Veräußerer des Betriebes arbeitsvertraglich vereinbarten dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag auf die Beklagte als Erwerberin dieses Betriebes wird diese entgegen der Revision nicht in ihrem Grundrecht auf - negative - Koalitionsfreiheit verletzt.

47

aa) Wie der Senat bereits mehrfach begründet hat, berührt die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21 mwN, ZIP 2010, 748). Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (ebenso zum Verhältnis der negativen Koalitionsfreiheit zu einem Sozialplan BVerfG 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - AP GG Art. 2 Nr. 2).

48

bb) Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Einwände der Revision fest.

49

Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Soweit bei der Begründung der Rechte und Pflichten, die bei einem Betriebsübergang auf den Erwerber übergehen, weder die Mitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei, etwa bei einem Firmentarifvertrag, eine Rolle spielen, sondern diese unmittelbar auf der Abgabe einer privatautonomen Willenserklärung gegenüber dem Arbeitsvertragspartner beruhen, kann weder die negative Koalitionsfreiheit des Veräußerers noch diejenige des Erwerbers betroffen sein. Der arbeitsvertragliche Charakter einer dynamischen Verweisung auf ein fremdes Regelwerk wird durch die Herkunft des Bezugsobjekts nicht geändert; das gilt für eine etwaige Einbeziehung des jeweiligen statistischen Lebenshaltungsindexes ebenso wie für die Einbeziehung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung wie die der jeweiligen Fassung eines Tarifvertrages(vgl. im Einzelnen BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23 bis 27 mwN, ZIP 2010, 748).

50

Auch in ihren Folgewirkungen bleibt dieser individualvertragliche Charakter erhalten. Anders als nach der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, die zu einem kollektivrechtlichen Inhaltsschutz mit zwingender Wirkung für ein Jahr führt, können nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangene Vereinbarungen jederzeit einvernehmlich und privatautonom abgeändert werden. Es herrscht grundsätzlich die gleiche Vertragsfreiheit, wie sie im Veräußererbetrieb bestanden hat(vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - BAGE 124, 345, 347). Im Übrigen ist - entgegen den Annahmen der Revision - weder in die Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien noch in die Feststellung der Folgen des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB einzubeziehen, ob aus der Sicht einer Vertragspartei im Einzelfall eine konkrete Möglichkeit der einvernehmlichen Vertragsänderung gesehen wird oder wie die Existenz von dynamisch wirkenden individualvertraglichen Bezugnahmen auf Tarifverträge sich bei Kaufvertragsverhandlungen im Rahmen von Betriebsübergängen auswirkt. Die Überlegung der Revision, eine nur noch statische Fortgeltung von Tarifverträgen sei im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG sachlich gerechtfertigt, da dies in der Regel Gegenstand der Kaufverhandlungen sei und eine dynamische Fortgeltung von Tarifverträgen nicht überschaubar wäre, ist in ihrem rechtlichen Gehalt schwer zu erschließen. Gegenstand von Kaufverhandlungen kann nur die tatsächlich im zu erwerbenden Betrieb bestehende Rechtslage sein, nicht eine vom Käufer oder Verkäufer gewünschte. Die hinter dieser Überlegung stehende Auffassung widerspricht § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie bedeutet nichts anderes, als dass sich der Arbeitsvertragsinhalt entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung allein durch den Betriebsübergang ändern soll.

51

cc) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang aus dem Urteil „Werhof“ des EuGH vom 9. März 2006(- C-499/04 - Slg. 2006, I-2397).

52

Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren(vgl. ua. EuGH 27. November 2008 - C-396/07 [Juuri] - Rn. 28 mwN, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 97). Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erwerber durch andere Kollektivverträge als die zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden binden und demnach verpflichten wollte, die Arbeitsbedingungen später durch die Anwendung eines neuen, nach dem Übergang geschlossenen Kollektivvertrags zu ändern (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397), was im Übrigen gegen das im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu beachtende Recht auf negative Vereinigungsfreiheit verstoßen würde (ebenda, Rn. 32 bis 35). Mit der Werhof-Entscheidung schließt es der EuGH aus, eine vertragliche Verweisung auf Tarifverträge im Falle eines Betriebsüberganges nach Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG zwingend, also unabhängig vom übereinstimmend gebildeten Willen der Arbeitsvertragsparteien, stets so zu verstehen, dass der Erwerber an die betreffenden Tarifverträge auch in den Fassungen gebunden ist, die erst nach dem Betriebsübergang vereinbart wurden. Diese Auffassung teilt der Senat (vgl. näher BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 35 bis 38 mwN, in Auseinandersetzung mit EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - aaO). Die gegenteilige Auffassung der Revision, die im Ergebnis dahin geht, dass zwingend und unabhängig vom privatautonom zwischen den Arbeitsvertragsparteien Vereinbarten jegliche Bezugnahme auf Tarifverträge in Einzelarbeitsverträgen im Fall des Betriebsüberganges „statisch“ wird, lässt sich nicht mit der Werhof-Entscheidung des EuGH begründen.

53

4. Insgesamt führt die individualvertragliche Inbezugnahme in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 zu einer dynamischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein und damit zu den streitgegenständlichen Tarifverträgen vom 7. Mai 2007. Diese enthalten im Verhältnis zu der statischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, vorliegend in der Fassung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum tarifungebundenen Betriebserwerber, eine finanziell günstigere Regelung im Sinne des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG. Der auf dieser Grundlage von der Klägerin geltend gemachte Betrag ist der Höhe nach unstreitig.

54

5. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

55

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Vorderwülbecke    

        

    Bredendiek    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Mai 2013 - 5 Sa 283/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über weiteres Entgelt.

2

Der Beklagte betreibt in C (Mecklenburg-Vorpommern) eine Kfz-Werkstatt nebst Gebrauchtteilehandel und Abschleppdienst. Pannenhilfe und das Abschleppen liegen gebliebener Fahrzeuge bietet er - unter „Abschleppdienst S“ - auch von P aus an.

3

Der Kläger war im Kleinbetrieb des Beklagten vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. April 2012 als Fahrer für den Abschleppdienst und Pannenhelfer beschäftigt und in P eingesetzt. Er verdiente 1.000,00 Euro netto monatlich.

4

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Formulararbeitsvertrag vom 24. November 2009, in dem es auszugsweise heißt:

        

㤠2

        

Arbeitsentgelt

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält eine Nettovergütung in Höhe von 1000,00 € monatlich in der bereits 30 Einsätze/Monat (außerhalb der normalen Arbeitszeit) enthalten sind. Not- und Bereitschaftsdienst wird nicht gesondert vergütet.

                 

Außerdem erhält der Arbeitnehmer eine Zulage für zusätzliche Einsätze während der Bereitschaftszeit:

                          

- Pannenhilfe PKW

10€/Brutto/Auftrag

                          

- Abschleppen PKW

10€/Brutto/Stunde

                                            
        

2.    

Die Zulage ist jederzeit frei widerruflich und kann bei Tariflohn- und Ortsklassenänderungen aufgerechnet werden. Auch bei mehrmaliger Zahlung durch den Arbeitgeber erwirbt der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Zahlung der Zulage.

        

3.    

Die Zahlung des Arbeitsentgelts erfolgt bis zum 10. des Folgemonats der Beschäftigung. Evtl. anfallende Zulagen werden am 10. des darauf folgenden Monats auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen. Die Lohnabrechnung wird ebenfalls zum 10. ausgehändigt.

        

…       

        
        

§ 9

        

Besondere Vereinbarungen

        

1.    

Der unterzeichnende Arbeitnehmer erklärt sich unwiderruflich bereit, im Wechsel mit den anderen Kollegen der Werkstatt die Ruf-Bereitschaft und den damit anfallenden Not-Dienst aufrecht zu erhalten.

        

…       

        
        

7.    

Für die Übernahme der Ruf-Bereitschaft wird ein Pauschal-Entgelt bezahlt, dessen Höhe frei vom Arbeitgeber festgesetzt wird. Zur Frage des Rechtsanspruches einer solchen Vergütung wird auf § 2 Abs. 2 dieses Vertrags verwiesen.

        

8.    

Auf Verlangen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers müssen angefallene Überstunden und deren Zuschläge als Freizeit genommen werden (siehe § 3 des Manteltarifvertrages). Eine abweichende Regelung muss schriftlich vereinbart werden.

        

…       

        
        

11.     

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, auf Verlangen des Arbeitgebers einen Doppel-Telefonanschluss zu unterhalten, um während der Ruf-Bereitschaft immer erreichbar zu sein. Über die hierdurch entstehenden Einrichtungskosten ist eine einvernehmliche Kostentragungspflicht zu treffen.

        

…       

        
        

§ 12

        

Erlöschen von Ansprüchen

        

Ansprüche aus diesem Vertrag und aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Wochen nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erhoben sowie innerhalb von weiteren 3 Wochen, also insgesamt 6 Wochen nach dem Ausscheiden, klageweise geltend gemacht werden.

        

…       

        

§ 16

        

Zusatzvereinbarungen

        

Es wird weiterhin vereinbart, dass der Arbeitnehmer jede 2. Woche den Nachtbereitschafts-Notdienst übernimmt. Ist genügend anderes einsatzfähiges Personal vorhanden, verringert sich diese Einsatzzeit entsprechend.“

5

Die Normalarbeitszeit des Klägers betrug 40 Wochenstunden, verteilt auf die Arbeitstage Montag bis Freitag. Dabei fuhr der Kläger in der Regel zwei bis drei Einsätze arbeitstäglich, bei schlechten Witterungsverhältnissen öfter. Ansonsten widmete er sich während der Normalarbeitszeit dem Reinigen des Abschleppfahrzeugs und dem Verkauf im Internet. Der Kläger wurde für Bereitschaften eingeteilt, während derer er auf Anruf Pannenhilfe leisten musste. In welchem Umfang der Kläger dabei Vollarbeit verrichtete, ist streitig geblieben.

6

Der Kläger hat mit der dem Beklagten am 21. August 2012 zugestellten Klage - soweit für die Revision von Belang - geltend gemacht, die vereinbarte Vergütung von 1.000,00 Euro netto monatlich sei zwar für die Normalarbeitszeit nicht zu beanstanden, werde aber durch die umfangreichen, nicht gesondert vergüteten Bereitschaften sittenwidrig niedrig. Deshalb stünde ihm eine übliche Vergütung von 1.992,00 Euro brutto monatlich zu. Zumindest seien Überarbeit und passive Bereitschaft zusätzlich zu vergüten. Er habe im Beschäftigungszeitraum 516 Stunden „Einsatzzeit“ geleistet.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weiteres Arbeitsentgelt iHv. 55.768,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 27.000,00 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. August 2012 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das vereinbarte Entgelt halte sich im Rahmen des Üblichen und sei auch unter Berücksichtigung der Bereitschaften nicht sittenwidrig niedrig. Zumindest fehle es an den subjektiven Anforderungen des Lohnwuchers und des wucherähnlichen Geschäfts.

9

Das Arbeitsgericht hat - soweit für die Revision von Belang - den Beklagten zur Zahlung von 2.000,00 Euro netto nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die vereinbarte Vergütung ist zwar nicht nach § 138 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB nichtig, doch hat der Kläger Anspruch auf gesonderte Vergütung der geleisteten Bereitschaften. In welcher Höhe die Klage insoweit begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Vergütung für während der Normalarbeitszeit geleistete Arbeit unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit.

12

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch der des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts erreicht (st. Rspr. seit BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14 ff., BAGE 130, 338). Dasselbe gilt, wenn bei fehlender Maßgeblichkeit der Tarifentgelte die vereinbarte Vergütung mehr als ein Drittel unter dem Lohnniveau, das sich für die auszuübende Tätigkeit in der Wirtschaftsregion gebildet hat, bleibt (BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 26 f. mwN).

13

In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert in der Regel eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 30 mwN, BAGE 141, 324). Dazu hat der Senat eine Vermutungsregel entwickelt. Ist der objektive Wert einer Arbeitsleistung mindestens doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dieses besonders grobe Missverhältnis den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers iSv. § 138 Abs. 1 BGB. Andernfalls muss der Arbeitnehmer zusätzliche Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt, darlegen und im Streitfall beweisen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 35 ff., BAGE 141, 348).

14

Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt. Er geht vielmehr selbst davon aus, dass in der Wirtschaftsregion Mecklenburg-Vorpommern für die vereinbarte Tätigkeit bei einer Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Monatsentgelt von 1.000,00 Euro netto nicht sittenwidrig niedrig ist.

15

2. Eine sittengemäße Vergütung für die in der Normalarbeitszeit geleistete Arbeit kann nicht dadurch zur sittenwidrigen werden, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Verkennung der Rechtslage Vergütung von Mehrarbeit und Sonderformen der Arbeit vorenthält. Vielmehr sieht die Rechtsordnung in einem solchen Fall einen Anspruch auf - zusätzliche - Vergütung geleisteter Mehr- und Sonderarbeit vor.

16

a) Ob der Wert der Arbeitsleistung in einem auffälligen oder besonders groben Missverhältnis zur versprochenen Vergütung steht, beurteilt sich grundsätzlich nach einer Gesamtbetrachtung der vom Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistung und des vom Arbeitgeber dafür zu zahlenden Entgelts. Maßgebend ist der Vergleich zwischen dem objektiven Wert der Arbeitsleistung und der „faktischen“ Höhe der Vergütung, die sich aus dem Verhältnis von geschuldeter Arbeitszeit und versprochener Vergütung für eine bestimmte Abrechnungsperiode ergibt (BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 792/11 - Rn. 20, BAGE 143, 212).

17

b) Das bedeutet jedoch nicht, dass es dabei nur auf die tatsächlich vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung ankommt. Denn es geht bei § 138 BGB nicht um ein unsittliches Faktum oder Verhalten, sondern um die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Maßgebend ist, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die abverlangte Arbeit nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und der Rechtsordnung schuldet. Sind einzelne Abreden (wie zB eine Klausel zur Pauschalvergütung von Überstunden) bereits aus anderen Gründen rechtsunwirksam mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer insoweit ein gesonderter Entgeltanspruch erwächst (zB Überstundenvergütung nach § 612 Abs. 1 BGB), bleibt dies bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit außer Betracht. Ihr unterliegen nur diejenigen Teile der arbeitsvertraglichen Vergütungsvereinbarung, die - die zu prüfende Sittenwidrigkeit hinweg gedacht - ansonsten rechtswirksam sind.

18

3. Der arbeitsvertraglich vorgesehene teilweise Ausschluss einer - gesonderten - Vergütung von Mehrarbeit und Sonderformen der Arbeit ist unwirksam.

19

a) Nach § 2 Nr. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag soll in dem Monatsentgelt von 1.000,00 Euro netto die Vergütung für „30 Einsätze/Monat (außerhalb der normalen Arbeitszeit)“ enthalten sein. Damit enthält die Vereinbarung eine Pauschalvergütung für Überstunden, die außerhalb der Normalarbeitszeit für Vollarbeit im zeitlichen Umfang der Dauer von 30 Einsätzen im Monat anfallen. § 2 Nr. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag sieht vor, dass „Not- und Bereitschaftsdienst“ nicht gesondert vergütet wird.

20

b) Bei den Klauseln des Arbeitsvertrags handelt es sich, wovon auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 11 mwN, BAGE 139, 44), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

21

Zudem sind sich die Parteien einig, dass der Kläger in einem Vollzeitarbeitsverhältnis stand und eine Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden vereinbart war, auch wenn dies im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich festgehalten wurde. Dies bestätigt die vom Landesarbeitsgericht festgestellte tatsächliche Handhabung der Parteien und entspricht im Übrigen dem Umstand, dass ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung der Dauer der Arbeitszeit im Formulararbeitsvertrag davon ausgehen darf, dass die regelmäßige Dauer der Arbeitszeit - unter Zugrundelegung einer Fünf-Tage-Woche und den in § 3 Satz 1 ArbZG vorgesehenen acht Stunden arbeitstäglich - 40 Wochenstunden nicht übersteigt(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 14).

22

c) Soweit der Arbeitsvertrag eine Pauschalvergütung von Überstunden und „Not- und Bereitschaftsdienst“ vorsieht, sind die Klauseln des § 2 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Arbeitsvertrag mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB.

23

aa) Eine Klausel zur Pauschalvergütung von Überstunden ist nur klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistung in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden soll. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN, BAGE 141, 324). Dasselbe gilt, wenn Sonderformen der Arbeit wie Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft außerhalb der Normalarbeitszeit erbracht werden müssen und mitvergütet sein sollen.

24

bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Klauseln nicht klar und verständlich. Der Arbeitnehmer kann § 2 Nr. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag nicht entnehmen, in welchem zeitlichen Umfang er bei „30 Einsätzen/Monat“ zusätzlich über die Normalarbeitszeit hinaus Vollarbeit leisten muss. § 2 Nr. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag lässt den Arbeitnehmer zwar wissen, dass „Not- und Bereitschaftsdienst“ nur insoweit gesondert vergütet werden soll, als er ab dem 31. Einsatz im Monat die in § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag vorgesehene „Zulage“ erhält. Unklar bleibt aber, in welchem zeitlichen Umfang er in der Abrechnungsperiode „Monat“ außerhalb der Normalarbeitszeit Vollarbeit leisten oder sich dafür bereithalten muss, um in den Genuss der Vergütung nach § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag zu kommen.

25

Zudem sorgt § 9 Arbeitsvertrag für zusätzliche Unklarheit. Denn dort verpflichtet sich der Kläger zu „Ruf-Bereitschaft“ (Nr. 1), für deren Übernahme ein „Pauschal-Entgelt“ vorgesehen ist (Nr. 7), es bleibt aber im Dunkeln, wann im Sinne des Klauselverwenders „Not- und Bereitschaftsdienst“ und wann „Ruf-Bereitschaft“ vorliegen soll. Schließlich sieht § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag vor, „angefallene Überstunden und deren Zuschläge“ müssten auf Verlangen „als Freizeit genommen“ werden, ohne dass an irgendeiner Stelle des Arbeitsvertrags klar und deutlich werden würde, welche Überstunden trotz der Pauschalvergütung in § 2 Arbeitsvertrag gleichwohl in Form von Freizeitausgleich vergütet werden.

26

II. Der Kläger hat Anspruch auf gesonderte Vergütung der geleisteten Bereitschaften und der dabei angefallenen Vollarbeit, und zwar unabhängig davon ob es sich - was sich aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zweifelsfrei nachvollziehen lässt - bei den Bereitschaften im Rechtssinne um Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft gehandelt hat (zu den Unterschieden BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16, 18 mwN; zum Umschlagen von Rufbereitschaft in Bereitschaftsdienst s. BAG 22. Januar 2004 - 6 AZR 543/02 - zu II 2 c der Gründe; ErfK/Wank 15. Aufl. § 2 ArbZG Rn. 30; Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 2 Rn. 21). Dies ergibt sich bereits aus dem Arbeitsvertrag. Die in der dortigen Regelung zur Vergütung von Bereitschaften enthaltenen Widersprüche und Lücken sind vom Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu beheben.

27

1. Für Sonderformen der Arbeit kann eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen und ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit vorgesehen werden (vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 32, BAGE 137, 366; 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16). Diese Möglichkeit greift das Regelungskonzept des Arbeitsvertrags - ohne weitere Differenzierung nach Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - auf. Danach soll Vollarbeit in der Bereitschaft zum Teil mit der Vergütung für die Arbeit in der Normalarbeitszeit abgegolten sein, zum Teil mit der „Zulage“ nach § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag entlohnt werden. In gewissem Widerspruch dazu geht § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag mit der Regelung zum Freizeitausgleich für „angefallene Überstunden und deren Zuschläge“ von einer unbeschränkten Vergütung von Überstunden aus. Schließlich ist für das „Sich-Bereithalten“ außerhalb eines Einsatzes in § 9 Nr. 7 Satz 1 Arbeitsvertrag ein „Pauschal-Entgelt“ vorgesehen.

28

2. Dieses Regelungskonzept ist insoweit misslungen, als die Parteien damit ihr Ziel, für Bereitschaften eine in sich geschlossene gesonderte Vergütungsregelung zu schaffen, nicht vollständig erreicht haben. Der Pauschalvergütung eines Teils der Vollarbeit in der Bereitschaft steht die mangelnde Transparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und die Widersprüchlichkeit zur Regelung des § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag entgegen, während für die „inaktive Bereitschaft“ es der Beklagte versäumt hat, das arbeitsvertraglich vorgesehene „Pauschalentgelt“ festzusetzen.

29

Das Regelungskonzept der Parteien zur gesonderten Vergütung von Bereitschaften ist somit planwidrig unvollständig, wobei unerheblich ist, ob die Lückenhaftigkeit von Anfang an bestanden hat oder infolge nachträglicher Umstände eingetreten ist (vgl. BGH 28. Oktober 2015 - VIII ZR 13/12 - Rn. 69 mwN). Zur Verwirklichung des Regelungsplans der Parteien ist deshalb eine ergänzende Vertragsauslegung geboten. Diese hat sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren. Maßgeblich ist, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien vereinbart hätten (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 39; BGH 28. Oktober 2015 - VIII ZR 13/12 - Rn. 72 - jeweils mwN).

30

3. Nach diesen Grundsätzen muss das Landesarbeitsgericht - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - ermitteln, wie die Parteien die Vergütungsregelung für zu leistende Bereitschaften redlicher Weise vervollständigt hätten, wäre ihnen die Lückenhaftigkeit der getroffenen Regelung bewusst gewesen.

31

III. Der Anspruch des Klägers auf zusätzliche Vergütung der geleisteten Bereitschaften ist nicht nach der Ausschlussfristenregelung des § 12 Arbeitsvertrag verfallen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klausel der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhält, weil die Kürze der Fristen auf beiden Stufen den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66).

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Juni 2010 - 15 Sa 166/10 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. September 2009 - 20 Ca 19044/08 - stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

Der 1968 geborene Kläger war seit dem 16. Oktober 2006 bei der Beklagten als Rechtsanwalt beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 16. Juli/8. August 2006 heißt es ua.:

        

„§ 1 Tätigkeit

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter wird als Rechtsanwalt eingestellt. Sein Arbeitsgebiet umfasst alle damit verbundenen Tätigkeiten.

        

(2)     

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die Tätigkeit gewissenhaft und nach bestem Vermögen zu erfüllen, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich der vereinbarten Tätigkeit zu widmen. Nebenbeschäftigungen, gleich welcher Art, bedürfen der Genehmigung seitens des Arbeitgebers.

        

…       

                 
                 
        

§ 3 Vergütung

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter erhält für die vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt i. H. v. 5.833,33 EURO. Die Vergütung ist jeweils am Letzten eines Monats fällig und wird auf ein von dem Mitarbeiter noch zu benennendes Bankkonto überwiesen.

        

…       

        
        

(3)     

Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.

                 
        

§ 4 Arbeitszeit

                 
        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich.

        

(2)     

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den Bürozeiten, die derzeit von 8.30 Uhr bis 19.00 Uhr sind.“

2

Mit Schreiben vom 3. August 2006 hatte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage Folgendes bestätigt:

        

„Anlässlich unserer gemeinsamen Besprechungen hatten wir uns darauf verständigt, dass die Partner jeweils nach Ablauf eines Geschäftsjahres prüfen werden, ob sie Ihnen neben der vereinbarten festen Vergütung einen Bonus gewähren wollen. Ein solcher Bonus steht allerdings dem Grunde und der Höhe nach im alleinigen freien Ermessen der Partner. Ein Anspruch hierauf besteht daher grundsätzlich nicht.

        

Ferner ist es unser gemeinsames Verständnis, dass die Partner nach etwa einem bis anderthalb Jahren mit Ihnen Gespräche darüber aufnehmen werden, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt Ihnen eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden kann.“

3

Ab März 2007 erhielt der Kläger ein Jahresgehalt iHv. 80.000,00 Euro brutto. Ende März 2008 gewährte ihm die Beklagte für das Jahr 2007 einen Bonus iHv. 8.000,00 Euro brutto. In einem Personalgespräch am 30. September 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Aufnahme als Partner komme nicht in Betracht.

4

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2009. Auf die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht mit rechtskräftig gewordenem Anerkenntnisurteil vom 27. Februar 2009 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Es endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 18. März 2009 mit Ablauf des 30. Juni 2009.

5

Mit einer am 2. März 2009 im Kündigungsschutzprozess eingereichten Klageerweiterung hat der Kläger zuletzt noch Überstundenvergütung für die Zeit vom 16. Oktober 2006 bis zum 30. September 2008 iHv. 39.362,26 Euro brutto geltend gemacht und vorgetragen, in diesem Zeitraum ausweislich einer Stundenliste sowie von ihm geführter Zeitnachweise unter Einschluss der Lektüre von Fachliteratur und des Besuchs eines Notargrundkurses 930,33 Überstunden geleistet zu haben, die mit 42,31 Euro brutto je Stunde zu vergüten seien. Er hat die Auffassung vertreten, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sei jedenfalls nach § 307 BGB unwirksam. Die Beklagte habe bereits mit dem Arbeitsvertrag Überstunden angeordnet, zudem seien die angestellten Anwälte aufgefordert worden, deutlich mehr als 40 Wochenstunden zu arbeiten. Die Partner hätten darauf geachtet, dass kein Leerlauf entstehe und ein kontinuierlicher Fluss von zwei bis zweieinhalb Überstunden pro Arbeitstag nicht abriss. Jedenfalls habe die Beklagte die Leistung von Überstunden geduldet. Eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung scheitere schon daran, dass er bis zum 30. September 2008 fest von einer zeitnahen Aufnahme in die Partnerschaft ausgegangen sei. Die in Aussicht gestellte Partnerschaft sei die Gegenleistung für die erbrachten Überstunden gewesen. Erst nachdem die Beklagte sich einseitig von ihrer Zusage gelöst habe, sei der Anlass, Überstundenvergütung nicht geltend zu machen, entfallen.

6

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Belang - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.362,26 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, bis zu acht Überstunden wöchentlich seien durch § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags wirksam mit der regulären Vergütung abgegolten. Der Kläger habe die Leistung von Überstunden nicht substantiiert dargelegt, Anwesenheitszeit sei nicht mit Arbeitszeit gleichzusetzen. Die Lektüre von Fachzeitschriften gehöre nicht zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der Besuch des Notargrundkurses habe überwiegend im persönlichen Interesse des Klägers gelegen. Im Übrigen habe der Kläger etwaige Überstunden nicht auf Anordnung geleistet, ihm sei auch keine Arbeit zugewiesen worden, die er nur unter Überschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit hätte erledigen können. Überstunden seien von der Beklagten weder gebilligt noch geduldet worden. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche des Klägers verwirkt. Selbst wenn die Aussicht auf eine Aufnahme als Partner für den Kläger Anlass für die angebliche Leistung von Überstunden gewesen sein sollte, berechtige ihn das nicht, diese eigenverantwortlich getätigte Investition in seine berufliche Zukunft der Beklagten „in Rechnung zu stellen“.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Schlussurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers durch Teilurteil der Klage iHv. 30.229,12 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Über die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens hat das Landesarbeitsgericht durch Schlussurteil entschieden, das nicht angefochten worden ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Schlussurteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vergütung von Überstunden.

10

I. Das ergibt sich allerdings nicht bereits aus § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags. Danach ist durch die zu zahlende Bruttovergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten. Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

11

1. Bei § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags handelt es sich nach der von der Revision nicht angegriffenen rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet auch das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 18, BAGE 128, 73), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

12

2. Die in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam.

13

a) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie die streitbefangene die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 45, BAGE 115, 372; BGH 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05 - Rn. 23, BGHZ 165, 12).

14

b) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 50; 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 16, DB 2011, 1639 - jeweils mwN; vgl. auch ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39).

15

3. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Diese Klausel soll etwaig notwendig werdende Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarten 40 Wochenstunden überschreiten. Deren Umfang ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden „etwaig notwendig“ sein sollen. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit(zu einer solchen Auslegungsmöglichkeit BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 ergibt sich eine derartige Beschränkung jedenfalls nicht. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (zum Verständnis der im Arbeitszeitgesetz nicht verwendeten Begriffe Über- und Mehrarbeit siehe ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing § 611 BGB Rn. 134). Zudem haben die Parteien die Klausel übereinstimmend nicht mit einer Beschränkung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit verstanden. Erst im Laufe des Verfahrens ist die Beklagte zu einem solchen Verständnis der Klausel gekommen.

16

Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgte, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags könne dahingehend ausgelegt werden, mit der vereinbarten Vergütung sollten(nur) bis zu acht Überstunden wöchentlich abgegolten sein, bliebe die Klausel intransparent. Sie enthielte vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz (vgl. ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 44; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 157 - jeweils mwN). Lässt sich aber eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu acht Stunden wöchentlich gewollt gewesen, so hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können.

17

II. Mithin enthält der Arbeitsvertrag weder eine positive noch eine negative Regelung zur Vergütung von Überstunden. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kann deshalb, wie das Landesarbeitsgericht insoweit zutreffend erkannt hat, nur § 612 Abs. 1 BGB sein. Dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

18

1. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

19

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger mit dem Studium von Fachliteratur und dem Besuch eines Notargrundkurses Arbeit im Sinne einer Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (zum Begriff der Arbeit siehe BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 21 mwN, DB 2011, 1639), geleistet hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Es fehlt jedenfalls an der weiteren Voraussetzung des § 612 Abs. 1 BGB, dass die Leistung der streitgegenständlichen Überstunden den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.

20

a) Die nach § 612 Abs. 1 BGB erforderliche - objektive - Vergütungserwartung wird zwar in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es jedoch gerade bei Diensten höherer Art nicht (ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 18; HWK/Thüsing § 612 BGB Rn. 23 - jeweils mwN; vgl. auch - zu leitenden Angestellten - BAG 17. November 1966 - 5 AZR 225/66 - BAGE 19, 126 und - zu Chefärzten - BAG 17. März 1982 - 5 AZR 1047/79 - BAGE 38, 194). Die Vergütungserwartung ist deshalb stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 122/99 - zu IV 4 a der Gründe, BAGE 96, 45). Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen einer Vergütungserwartung ist nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der eine Vergütung begehrt.

21

b) Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich das Bestehen einer Vergütungserwartung nicht begründen. Auf einen Tarifvertrag, der eine Vergütungspflicht für Überstunden angestellter Rechtsanwälte vorsieht, beruft sich der Kläger nicht. Er hat auch nicht einmal ansatzweise Tatsachen dafür vorgetragen, angestellte Rechtsanwälte in vergleichbarer Stellung als potentielle Partner der Arbeitgeberin und mit einem vergleichbaren, deutlich herausgehobenen Gehalt würden Überstunden nur gegen zusätzliche Vergütung leisten oder Überstunden stets vergütet erhalten. Ebenso wenig hat der Senat Anhaltspunkte für eine entsprechende Verkehrssitte. Dieses Ergebnis bestätigt die subjektive Einstellung des Klägers, der nach seinem Vortrag für Überstunden keine Vergütung im Sinne einer Geldzahlung erwartete. Er erhoffte sich vielmehr die Aufnahme in die Partnerschaft und dass sich damit die Leistung von Überstunden „bezahlt“ machen werde.

22

2. Eine Vergütungspflicht der Beklagten für die vom Kläger geleisteten Überstunden ergibt sich nicht in entsprechender Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur der fehlgeschlagenen - subjektiven - Vergütungserwartung. Danach wird ein (nachträglicher) Vergütungsanspruch bejaht, wenn die dem durch die Dienstleistungen Begünstigten erkennbare Erwartung des die Dienste Leistenden bestand, durch eine in Zukunft erfolgende Übertragung eines Vermögens oder Vermögensbestandteils würden die in der Vergangenheit geleisteten Dienste abgegolten werden, sofern für die geleisteten Dienste entweder keine oder doch nur eine deutlich unterwertige Bezahlung erfolgte und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der unterwertigen oder fehlenden Zahlung und der Erwartung bestand (BAG 14. Juli 1966 - 5 AZR 2/66 - AP BGB § 612 Nr. 24; 13. Mai 1969 - 5 AZR 457/68 - AP BGB § 612 Nr. 25; vgl. auch ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 21 ff.; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 612 BGB Rn. 16 ff. - jeweils mwN).

23

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Wenn der Kläger in der Hoffnung, seine Aufnahme in die Partnerschaft zu befördern, Überstunden leistete, handelte er gleichsam auf eigenes Risiko. Die Beklagte hat zwar mit der Klausel des § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, der Kläger werde bei Bedarf „kostenlos“ Überstunden leisten. Sie hat dafür aber nicht die Aufnahme in die Partnerschaft als sicher oder auch nur wahrscheinlich hingestellt. In ihrem Schreiben vom 3. August 2006 ist nur von der Aufnahme von Gesprächen der Parteien darüber die Rede, ob und ggf. wann dem Kläger eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden könnte. Dass die Beklagte davon unabhängig zumindest die Aufnahme in die Partnerschaft mit der Leistung von Überstunden verknüpft hätte, etwa indem sie solche vom Kläger unter Hinweis auf die von ihm angestrebte Partnerschaft verlangte oder eine Aufnahme in die Partnerschaft bei der Nichtleistung von Überstunden als gefährdet darstellte, kann dem Sachvortrag des Klägers nicht entnommen werden.

24

III. Der Kläger hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Über die die Klage auf Überstundenvergütung betreffenden erst- und zweitinstanzlichen Kosten hat das Landesarbeitsgericht, ohne den Ausgang des Revisionsverfahrens abzuwarten, in einem rechtskräftigen Schlussurteil vom 18. August 2010 mitentschieden. Daran ist der Senat gebunden (vgl. BGH 9. April 1956 - II ZR 135/55 - BGHZ 20, 253; 9. November 1977 - VIII ZB 36/77 - WM 1977, 1428 und 26. Juni 1986 - V ZB 15/86 - VersR 1986, 1210; noch aA RAG 7. August 1940 - RAG 258/39 - RAGE 23, 289).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 8. Juli 2014 - 11 Sa 31/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe.

2

Die Beklagte war bei der Klägerin seit dem 1. Juni 2013 zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.100,00 Euro als „Mitarbeiterin Einzelhandel“ beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 heißt es ua.:

        

§ 2 Probezeit

        

In den ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

        

…       

        

§ 12 Vertragsstrafe

        

Nimmt der Mitarbeiter die Arbeit nicht oder verspätet auf, löst er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auf, verweigert er vorübergehend die Arbeit oder wird das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst, so hat der Mitarbeiter an das Unternehmen eine Vertragsstrafe zu bezahlen.

        

Als Vertragsstrafe wird für den Fall der verspäteten Arbeitsaufnahme sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung vereinbart, insgesamt jedoch nicht mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt. Im Übrigen beträgt die Vertragsstrafe ein Bruttomonatsentgelt.

        

§ 13 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der 6-monatigen Probezeit finden die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung. Die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB gelten auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer.“

3

Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

4

Die Klägerin hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt, da sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aufgelöst habe; für die fristlose Kündigung habe ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen. Zudem stelle das Verhalten der Beklagten eine vorübergehende Arbeitsverweigerung iSv. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dar. Infolgedessen schulde diese nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe in Höhe des Bruttoentgelts, das bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an sie zu zahlen gewesen wäre. Die in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages zur Höhe der Vertragsstrafe getroffene Vereinbarung beziehe sich sowohl auf die Fälle der Nichtaufnahme und der verspäteten Aufnahme der Arbeit sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung als auch auf den Fall der unberechtigten fristlosen Kündigung. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages erfasse nur den Fall, dass das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst werde. Die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffenen Bestimmungen seien wirksam, sie entsprächen zudem den Klauseln, die in einschlägigen Formularhandbüchern empfohlen würden. Unter Zugrundelegung eines Bruttotagesentgelts iHv. 97,00 Euro errechne sich bei einer 14-tägigen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe iHv. 1.358,00 Euro.

5

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.358,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie werde durch die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffene Vereinbarung unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei intransparent. Zudem bewirke § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, der vorliegend zur Anwendung komme, eine Übersicherung der Klägerin. Die Vertragsstrafe sei auch der Höhe nach zu beanstanden. Innerhalb der Mindestkündigungsfrist von 14 Tagen lägen nur 10 Arbeitstage, sodass sich allenfalls eine Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro errechne.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie nunmehr noch die Zahlung einer Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro begehrt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

9

I. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 12 des Arbeitsvertrages. Die für die Höhe der Vertragsstrafe vorliegend maßgebliche Bestimmung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Dies führt zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

10

1. Die Vertragsstrafenklausel in § 12 des Arbeitsvertrages ist an den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB zu messen. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 enthält nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

11

2. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages folgt nicht bereits aus § 309 Nr. 6 BGB. Zwar sind danach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; allerdings sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB bei der Anwendung auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass § 309 Nr. 6 BGB auf arbeitsvertragliche Vertragsstrafeabreden nicht anwendbar ist und sich eine Unwirksamkeit der Vertragsstrafevereinbarung nur aus § 307 BGB ergeben kann, wobei hier allerdings zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen ist(vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 21; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 35; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 38; 25. September 2008 - 8 AZR 717/07 - Rn. 42; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B II der Gründe, BAGE 110, 8).

12

3. Die Beklagte erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der dritten Variante des in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Vertragsstrafeversprechens, wonach der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Juni 2013 fristlos und damit ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt.

13

Es kann vorliegend offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages, soweit er die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist knüpft, einer Kontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB standhält oder ob die Bestimmung insoweit vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Intransparenz unwirksam ist.

14

Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist zweifelhaft, ob der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe bereits dann schuldet, wenn er eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt oder ob hinzukommen muss, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen hat. Aber auch dann, wenn § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur außerordentliche Kündigungen des Mitarbeiters erfasst werden, die ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB ausgesprochen wurden, könnte die Wirksamkeit der Bestimmung am Transparenzerfordernis des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheitern. Denn auch dann könnte die Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthalten. Zwar führt die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Bestimmung - wie hier - unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten (vgl. etwa BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 18 mwN).

15

4. Dies kann jedoch dahinstehen. Auch wenn sich § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit als hinreichend transparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erweisen sollte, wäre die Beklagte nicht verpflichtet, an die Klägerin eine Vertragsstrafe zu zahlen. Im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Diese Bestimmung benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

16

a) Wird das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist aufgelöst, bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages; danach beträgt sie ein Bruttomonatsentgelt. § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages, wonach sich die Vertragsstrafe auf ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht auf mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt beläuft, findet in diesem Fall keine Anwendung. Dies ergibt die Auslegung von § 12 des Arbeitsvertrages nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsgrundsätzen.

17

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Maßgebend sind insoweit die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners (vgl. etwa BAG 4. August 2015 - 3 AZR 137/13 - Rn. 31; 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 18; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07  - Rn. 23 , BAGE 126, 198 ). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11  - Rn. 17 ; 25. Juni 2013 - 3  AZR 219/11  - Rn. 19 mwN, BAGE 145, 314 ).

18

bb) Die Auslegung ergibt, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages bestimmt, wonach eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts geschuldet ist.

19

Während nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt ist, wenn der Mitarbeiter entweder die Arbeit nicht oder verspätet aufnimmt, er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, er vorübergehend die Arbeit verweigert oder das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst wird, sind in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages ausdrücklich nur zwei der in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Fälle, nämlich die Fälle der verspäteten Arbeitsaufnahme und der vorübergehenden Arbeitsverweigerung genannt. „Im Übrigen“, dh. in allen übrigen Fällen richtet sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Damit werden bereits nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nur die dort genannten Fälle erfasst und nicht auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist; diese fällt vielmehr unter die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages getroffene Auffangregelung.

20

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin folgt aus der in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages enthaltenen Einschränkung, wonach die Vertragsstrafe nicht höher sein darf als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt, nichts anderes. Insbesondere führt die Verwendung des Begriffs der „gesetzlichen Mindestkündigungsfrist“ in diesem Kontext nicht dazu, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist als von der „vorübergehenden Arbeitsverweigerung“ erfasst zu verstehen wäre. Dagegen spricht bereits die aus § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ersichtliche Wertung. Danach sind die vorübergehende Arbeitsverweigerung und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zwei eigenständige, voneinander zu unterscheidende Tatbestände unter mehreren gleichfalls eigenständigen Tatbeständen, an deren Verwirklichung die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe geknüpft ist. Es kommt hinzu, dass eine „vorübergehende Arbeitsverweigerung“ von ihrem Wortsinn her voraussetzt, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter - ob mit oder ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB - ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde. Mit einer solchen Kündigung gibt der Arbeitnehmer zu erkennen, dass er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen und seine Arbeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen will. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin unschwer auch den Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages hätte aufnehmen können, kann § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nicht dahin ausgelegt werden, dass er auch diesen Fall erfasst.

21

b) Die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist deshalb unwirksam. Die in dieser Vertragsbestimmung vorgesehene Vertragsstrafe führt zu einer Übersicherung der Klägerin, da sie diese berechtigt, von der Beklagten auch dann eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts zu fordern, wenn die Beklagte - wie hier - das Arbeitsverhältnis während der in § 2 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten ohne Einhaltung der während dieser Zeit maßgeblichen Kündigungsfrist von zwei Wochen auflöst.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 40 mwN; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 796/11 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 1; 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 27).

23

bb) Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus der Höhe der Vertragsstrafe folgen (vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 45; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 52; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b aa der Gründe, BAGE 110, 8). Wird - wie hier - die Vertragsstrafe verwirkt, wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, sind die Kündigungsfristen, die im Fall einer fristgemäßen Kündigung einzuhalten sind, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe. In der Länge der Kündigungsfrist kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Dabei ist die Höhe der Vergütung grundsätzlich ein geeigneter Maßstab, um den Wert der Arbeitsleistung festzustellen. Die Länge der jeweils maßgeblichen Kündigungsfrist und die für diesen Zeitraum zu zahlende Vergütung spiegeln regelmäßig das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers wider. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist deshalb nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann nur angenommen werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt (vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - aaO; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, aaO).

24

cc) Danach wird die Beklagte durch die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages über die Höhe der Vertragsstrafe getroffene Bestimmung unangemessen benachteiligt. Nach dieser - insoweit nicht teilbaren Klausel - schuldet die Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts in jedem Fall, in dem sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beendet und damit auch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten, obgleich das Arbeitsverhältnis während dieser Zeit gemäß § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages ordentlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden kann. In diesem Fall ist die Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsentgelt höher als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an die Beklagte zu zahlen gewesen wäre. Dafür, dass das Interesse der Klägerin den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt, ist nichts ersichtlich. Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die ein besonderes Interesse an der Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die über das bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldete Arbeitsentgelt hinausgeht, begründen könnten.

25

c) Der Umstand, dass die Klägerin die Vertragsstrafe nicht nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, sondern nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages errechnet hat, führt zu keiner anderen Bewertung.

26

aa) Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Unwirksam sind deshalb auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

27

bb) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Verhalten der Beklagten erfülle zudem den in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Tatbestand der vorübergehenden Arbeitsverweigerung. Wie unter Rn. 20 ausgeführt, setzt eine vorübergehende Arbeitsverweigerung von ihrem Wortsinn her voraus, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis - wie hier - durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde.

28

5. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages führt gemäß § 306 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

29

a) § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages kann nicht ohne Weiteres mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe in Höhe des Arbeitsentgelts geschuldet ist, das für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen ist(vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN).

30

b) Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung sind nicht gegeben.

31

aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies ist dann der Fall, wenn ohne eine Ergänzung des Vertrages keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung zu erzielen ist (vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 36; 25. Mai 2005 -  5 AZR 572/04  - zu IV 8 b der Gründe, BAGE 115, 19 ; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04  - zu B II 1 der Gründe, BAGE 113, 140 ). Der Wegfall der Klausel muss demnach den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt dessen Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist.

32

bb) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an einer entsprechenden Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im April 2013 war bereits bekannt, dass Klauseln, die für den Fall der außerordentlichen Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses eine Vertragsstrafe vorsehen, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind(vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 110, 8). Welchen Inhalt in Formularhandbüchern empfohlene Klauseln haben, ist entgegen der Ansicht der Klägerin bereits deshalb unerheblich.

33

II. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Horst Eimer
ist an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    v. Schuckmann    

                 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Januar 2013 - 7 Sa 573/12 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 4. Juni 2012 - 3 Ca 9945/11 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Witwenrente für die Monate März 2011 bis Mai 2013 iHv. insgesamt 19.534,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 723,49 Euro seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats beginnend mit dem 1. April 2011 und endend mit dem 1. Juni 2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 1. Juni 2013 lebenslang zum Ende eines jeden Monats eine monatliche Witwenrente iHv. 723,49 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.

2

Die am 10. Oktober 1956 geborene Klägerin ist die Witwe des am 29. April 1947 geborenen und am 14. Dezember 2010 verstorbenen G. Die Ehe war am 8. August 2008 geschlossen worden.

3

Der verstorbene Ehemann der Klägerin war bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestand seit dem 1. Dezember 1989. Der Arbeitsvertrag vom 22. August 1989 war noch mit der S GmbH geschlossen worden. In diesem Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

„3.     

Gehaltsfortzahlung

        

...     

        
        

b)    

Sollten Sie, solange Sie sich in unseren Diensten befinden, sterben, werden an Ihren Sie überlebenden Ehepartner oder, falls beide Ehepartner verstorben sind, an Ihre Sie überlebenden, noch nicht volljährigen Kinder die Bezüge gemäß 2.a) für den Sterbemonat und für weitere 2 Monate ausgezahlt.

        

…       

        
        

4.    

Nebenleistungen

        

a)    

Bei der S GmbH existiert ein Pensionsplan, der zur Zeit überarbeitet wird. Wir sichern Ihnen zu, daß Sie durch den neuen Plan nicht schlechter gestellt werden als die Mitarbeiter unserer Muttergesellschaft, der L AG.“

4

Ein neuer Pensionsplan kam bei der S GmbH für vor dem 1. Januar 2002 eingetretene Mitarbeiter nicht zustande.

5

Die Versorgungsordnung der S GmbH vom November 1982 (im Folgenden VO S) enthält ua. die folgenden Regelungen:

        

„I.     

Versorgungszusage

        

1.    

Arbeitnehmer der Firma erhalten eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (Versorgungszusage) vorausgesetzt, daß sie

                 

-       

in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Firma stehen und

                 

-       

das 25. Lebensjahr vollendet haben.

        

…       

        
        

3.    

Keine Versorgungszusage erhalten Arbeitnehmer,

                 

-       

die bei ihrem letzten Diensteintritt in die Firma das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben,

                 

…       

        
        

4.    

Arbeitnehmer, die eine Versorgungszusage erhalten, erwerben damit eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.

                 

Sie werden nachfolgend ‚Mitarbeiter (Anwärter)‘ genannt.

        

II.     

Leistungen

        

1.    

Diese Versorgungszusage umfaßt folgende Leistungen (nachfolgend ‚Firmenrenten‘ genannt):

        

A l t e r s r e n t e ,

        

v o r z e i t i g e  A l t e r s r e n t e ,

        

I n v a l i d e n r e n t e ,

        

W i t w e n r e n t e .

        

2.    

Ein Anspruch auf Firmenrente wird erworben, wenn die Wartezeit (III) abgelaufen ist und die für die jeweilige Leistung erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen (V, VI, VII) erfüllt sind.

        

III.   

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist abgelaufen, wenn der Anwärter eine anrechenbare Dienstzeit (XI 1) von mindestens fünf Jahren zurückgelegt und das 30. Lebensjahr vollendet hat.

        

IV.     

Feste Altersgrenze

                 

Die feste Altersgrenze ist bei Männern und Frauen mit der Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht. …

        

V.    

Anspruchsvoraussetzungen für Altersrente …

        

1.    

Den Anspruch auf Altersrente erwirbt der Mitarbeiter (Anwärter), dessen Arbeitsverhältnis zur Firma m i t  oder n a c h Erreichen der festen Altersgrenze (IV) endet.

        

…       

        
        

VII.   

Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrente

        

1.    

Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt die hinterlassene Ehefrau eines Mitarbeiters (Anwärters) mit dessen Tode.

                 

Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, daß der Mitarbeiter (Anwärter) die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat und daß bereits am 1. Mai vor seinem Tode sowohl die Wartezeit (III) abgelaufen ist, als auch die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat.

        

…       

        
        

X.    

Höhe der Witwenrente

        

1.    

Bemessungsgrundlage für die Witwenrente ist

                 

-       

nach dem Tode eines Mitarbeiters (Anwärters) die ‚erreichbare Altersrente‘ (IX 1) und

                 

-       

nach dem Tode eines Rentenempfängers die Firmenrente, auf die er bei seinem Tode Anspruch gehabt hat.

        

2.    

Die Witwenrente beträgt 60 % der Bemessungsgrundlage nach Ziffer 1.

                 

Ist die hinterlassene Ehefrau mehr als 15 Jahre jünger als der verstorbene Ehemann, so wird die Witwenrente für jedes weitere volle Jahr des Altersunterschiedes um 5 % ihres Betrages gekürzt.

        

…       

        
        

XVI.   

Zahlung der Firmenrenten

        

1. a) 

Die Firmenrente wird jeweils am Ende eines Monats fällig, und zwar erstmals für den Monat, der auf den Erwerb des Anspruchs (V, VI, VII) folgt.

        

   …   

        
        

2. a) 

Der Anspruch auf Firmenrente ruht bis zum Ablauf des Monats, für den noch andere Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis zur Firma gewährt werden, bis zur Höhe dieser Bezüge. …

        

3. a) 

Jede Firmenrente wird lebenslänglich gezahlt, jedoch endet

                 

-       

der Anspruch auf Invalidenrente mit dem Wegfall der Invalidität vor Erreichen der festen Altersgrenze (IV)

                 

-       

der Anspruch auf Witwenrente mit der Wiederverheiratung der Witwe.“

6

Im „Nachtrag zur Versorgungsordnung vom November 1982“ der S GmbH vom 15. September 1986 wurde der Anspruch auf Witwenrente auch auf Witwer ausgedehnt.

7

In der Pensionsordnung der L AG vom Oktober 1989 (im Folgenden PO L AG) ist ua. Folgendes geregelt:

        

㤠1

Berechtigte, Leistungsarten

        

1.    

Mitarbeiter im Sinne dieser Pensionsordnung sind alle Belegschaftsmitglieder der L AG, die keine einzelvertragliche Pensionszusage von der L AG erhalten bzw. erhalten haben. Mitarbeiter im Sinne dieser Pensionsordnung sind nicht …

        

2.    

Gewährt werden Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenpensionen.

        

…       

        
        

§ 4

Voraussetzungen für Hinterbliebenenpension

        

1.    

Hinterbliebenenpension (Witwen-, Witwer- und Waisenpension) wird gewährt, wenn für den verstorbenen Mitarbeiter im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen auch unter Berücksichtigung von Absatz 3 für die Pensionsgewährung erfüllt waren. Die Witwen- (Witwer-) Pension wird mit Ablauf des Monats eingestellt, in dem die Witwe (der Witwer) sich wieder verheiratet.

        

2.    

Witwen- (Witwer-) Pension wird gewährt, wenn die Ehe vor Beginn der Alterspension des Mitarbeiters geschlossen wurde.

                 

Ist der Ehepartner mehr als 15 Jahre jünger als der Mitarbeiter, so wird die Witwen- (Witwer-) Pension für jedes volle Jahr, das diese Altersdifferenz übersteigt, um 5 % ihres Betrages gekürzt. Die Kürzung entfällt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes mindestens 15 Jahre bestanden hat.

        

…       

        
        

§ 10

Höhe der Hinterbliebenenpension

        

1.    

Die Witwen- (Witwer-) Pension beträgt 60 % der Pension, die der Pensionsempfänger erhalten hat oder der Mitarbeiter erhalten hätte, wenn er im Zeitpunkt seines Ablebens Invalide geworden wäre.“

8

Unter dem 14. April 2008 schlossen der verstorbene Ehemann der Klägerin und die Beklagte einen „ Altersteilzeit-Arbeitsvertrag “. Dieser Vertrag enthält ua. die folgenden Vereinbarungen:

        

㤠1

Beginn der Altersteilzeitarbeit

                 

Das zwischen den Parteien bestehende Vollzeitarbeitsverhältnis wird in Abänderung und in Ergänzung des bestehenden Arbeitsvertrages mit Wirkung ab dem 01. Juli 2008 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

        

…       

        
        

§ 3

Arbeitszeit

                 

1.      

Die Arbeitszeit des Vertragspartners beträgt ab Beginn der Altersteilzeit während der Laufdauer dieses Vertrages die Hälfte seiner bisherigen individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Das sind nunmehr 19,5 Stunden/Woche.

                 

2.    

Die Arbeitszeit wird so verteilt, dass sie im ersten Abschnitt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 01. Juli 2008 bis 31. Mai 2010 voll geleistet (Arbeitsphase) und der Vertragspartner anschließend bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt (Freistellungsphase) wird.

                 

…       

        

§ 9

Betriebliche Leistungen

                 

…       

        

4.    

Altersversorgung

                 

Die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung werden nach Maßgabe der jeweiligen Pensionsordnungen auf der Grundlage des Bruttovollzeitarbeitsentgeltes ermittelt, das der Arbeitnehmer ohne Altersteilzeit erzielt hätte (fiktives Arbeitsentgelt). Ein versicherungsmathematischer Abschlag wird nicht vorgenommen.

        

…       

        
        

§ 12

Ende des Beschäftigungsverhältnisses

                 

1. Das Beschäftigungsverhältnis endet ohne Kündigung am 30. April 2012.“

9

Mit Schreiben vom 4. Januar 2011 teilte die L AG der Klägerin unter dem Betreff „Hinterbliebenenzahlung“ Folgendes mit:

        

„…,     

        

wie Sie bereits wissen, bekommen Sie von uns ab dem 15.12.2010 eine Hinterbliebenenzahlung bis zum Beginn der Firmen-Witwenrente ab 01.03.2011.

        

Damit wir diese Hinterbliebenen-Abrechnung durchführen können, benötigen wir noch folgende Informationen bzw. Unterlagen von Ihnen:

        

…       

        

Aus der Altersteilzeit von Hr. G ist noch ein Wertguthaben i.H. von netto … Euro vorhanden. Dieses Wertguthaben ist an den Erbberechtigten nach Vorlage des Erbscheins auszuzahlen.

        

Deshalb bitten wir ebenfalls um Zusendung eines Original-Erbscheins, damit dieses Wertguthaben entsprechend zur Auszahlung gebracht werden kann.

        

…“    

10

Mit Schreiben vom 6. Mai 2011 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und teilte dieser unter dem Betreff „Sterbefall: Herr G/Firmenpension“ mit:

        

„…,     

        

aufgrund Ihres Anrufes mit dem Hinweis auf den Punkt 4a im Anstellungsvertrag vom 22.08.1989 des Herrn G haben wir den Sachverhalt wegen einer möglichen Änderung in den Pensions-Richtlinien der S-L GmbH noch mal überprüft.

        

Die im Anstellungsvertrag angesprochene Überarbeitung des Pensionsplans der S-L GmbH war zwar zum damaligen Zeitpunkt geplant, ist dann aber nie realisiert worden. Es wurde nur für neu eingetretene Mitarbeiter ab dem 01.01.2002 eine neue Pensionsordnung ins Leben gerufen, diese gilt aber nur für neue Mitarbeiter, nicht für den Mitarbeiterbestand bis zum 31.12.2001.

        

Demzufolge galt die Versorgungsordnung vom 01.07.1982 weiterhin für Herrn G und damit waren die Voraussetzungen für eine Firmen-Witwenpension der S-L GmbH leider nicht erfüllt.

        

…“    

11

Ausweislich der von der Beklagten im Verlaufe des Rechtsstreits erstellten fiktiven „Berechnung der Witwenpension für Frau G, geb. 10.10.1956“ vom 24. Oktober 2011 beläuft sich ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nach der VO S auf monatlich 723,49 Euro brutto.

12

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach der VO S verpflichtet, an sie ab dem Monat März 2011 eine Witwenrente iHv. monatlich 723,49 Euro brutto zu zahlen. Die unter VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S aufgeführte Bestimmung, wonach der Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen haben muss, stehe ihrem Anspruch nicht entgegen. Dies folge bereits aus Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989. Diese Bestimmung des Arbeitsvertrags enthalte das Versprechen, dass ihr verstorbener Ehemann im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung genau so behandelt werde, wie die Versorgungsberechtigten der L AG, deren Pensionsvereinbarung eine Spätehenklausel nicht enthalte. Zudem habe die Beklagte ihr das Bestehen eines Anspruchs auf Witwenrente mit Schreiben vom 4. Januar 2011 bestätigt. Dieses Schreiben stelle ein konstitutives Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis, zumindest ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar mit der Folge, dass die Beklagte ihr die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S nicht entgegenhalten könne. Jedenfalls sei die Spätehenklausel wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Sie bewirke eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters, die nicht nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt werden könne. Diese Bestimmung sei auf die Hinterbliebenenversorgung nicht, auch nicht analog anwendbar. Die Voraussetzungen für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG lägen nicht vor.

13

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie rückständige Witwenrente für die Monate März 2011 bis Dezember 2012 iHv. insgesamt 15.916,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 723,49 Euro seit dem jeweiligen Ersten des Folgemonats, beginnend mit dem 1. April 2011 und endend mit dem 1. Januar 2013 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie ab dem 1. Januar 2013 lebenslang zum Ende eines jeden Monats eine monatliche Witwenrente iHv. 723,49 Euro brutto zu zahlen,

        

hilfsweise zu 1. und 2.,

        

festzustellen, dass die Beklagte ihr beginnend mit dem 1. März 2011 eine betriebliche Witwenrente nach der Versorgungsordnung der S GmbH von November 1982 unter Berücksichtigung des Nachtrags vom 15. September 1986 iHv. kalendermonatlich derzeit 723,49 Euro brutto zu zahlen hat.

14

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne eine Witwenrente nicht beanspruchen, da die Ehe entgegen der in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffenen Bestimmung erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres des verstorbenen Ehemannes der Klägerin geschlossen worden sei. Aus dem Arbeitsvertrag vom 22. August 1989 folge nichts Abweichendes. Die Zusage, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht schlechter gestellt werde als die Mitarbeiter der L AG, sei nur für den Fall gemacht worden, dass ein „neuer“ Plan erarbeitet werde. Ein Anspruch auf Anwendung bestimmter Regelungen der PO L AG ergebe sich hieraus nicht. Die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S sei zudem nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Sie bewirke keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Ihre Rechtsvorgängerin habe mit der Spätehenklausel den Zweck verfolgt, nicht noch kurz vor dem Versorgungsfall hohe Rückstellungen bilden zu müssen. Hierdurch habe das Risiko unkalkulierbarer zusätzlicher Versorgungsansprüche ausgeschlossen werden sollen, um die Finanzierbarkeit der bestehenden Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sollte sich die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S als unwirksam erweisen, müssten ggf. Zusagen für künftige Mitarbeiter reduziert werden, da unkalkulierbare, später eingetretene Ereignisse (wie weitere Leistungsberechtigte) die Finanzierung der Betriebsrenten ins Ungleichgewicht führen könnten. Auch die Bestimmung der Altersgrenze auf das 60. Lebensjahr sei nicht zu beanstanden. Die zeitliche Grenze von 60 Jahren knüpfe an die Nähe zum Versorgungsalter an und lege mithin den Zeitraum fest, ab dem neue biometrische Risiken nicht mehr begründet werden sollen. Im Übrigen wirke sich aus, dass nach der unter I Ziff. 3 der VO S getroffenen Bestimmung Arbeitnehmer, die bei ihrem letzten Diensteintritt in die Firma das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatten, von Versorgungsleistungen insgesamt ausgeschlossen seien. Vor diesem Hintergrund sei die Anknüpfung an die Eheschließung vor der Vollendung des 60. Lebensjahres für Ansprüche auf Hinterbliebenenrente erst recht nicht zu beanstanden.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin nunmehr folgende Anträge:

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie rückständige Betriebsrente für die Monate März 2011 bis Mai 2013 iHv. insgesamt 19.534,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 723,49 Euro seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats, beginnend mit dem 1. April 2011 und endend mit dem 1. Juni 2013 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie ab dem 1. Juni 2013 lebenslang zum Ende eines jeden Monats eine monatliche Witwenrente iHv. 723,49 Euro brutto zu zahlen,

        

3.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte ihr beginnend mit dem 1. März 2011 eine betriebliche Witwenrente nach der Versorgungsordnung der S GmbH von November 1982 unter Berücksichtigung des Nachtrags vom 15. September 1986 iHv. monatlich 723,49 Euro brutto zu zahlen hat.

16

Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit den Hauptanträgen zu Unrecht abgewiesen. Die Hauptanträge zu 1. und 2. sind zulässig und begründet. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Klägerin bedarf es deshalb nicht.

18

A. Die Klage ist zulässig.

19

I. Dies gilt auch für den Hauptantrag zu 2. Der Klageantrag zu 2. ist auf die Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen(vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 - 3 AZR 37/14 - Rn. 17; 17. Juni 2014 - 3 AZR 529/12 - Rn. 21 mwN).

20

II. Der Zulässigkeit der Klage mit den Hauptanträgen steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Hauptantrag zu 1. um rückständige Witwenrente für die Zeit von Januar 2013 bis Mai 2013 erweitert hat und dementsprechend mit ihrem Hauptantrag zu 2. künftige Leistungen erst ab dem 1. Juni 2013 verlangt.

21

Zwar sind Klageänderungen in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig. Antragsänderungen können allerdings aus prozessökonomischen Gründen jedenfalls zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt, der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt stützt und berechtigte Interessen des Gegners nicht beeinträchtigt werden(BAG 18. September 2007 - 3 AZR 560/05 - Rn. 14; 25. April 2006 - 3 AZR 184/05 - Rn. 13; 27. Januar 2004 - 1 AZR 105/03 - zu III der Gründe; 26. August 2003 - 3 AZR 431/02 - zu A der Gründe, BAGE 107, 197).

22

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin hat ihren Hauptantrag zu 1. um bis zum Zeitpunkt der Revisionsbegründung fällig gewordene monatliche Beträge und damit lediglich quantitativ erweitert und dementsprechend ihren Hauptantrag zu 2. eingeschränkt, ohne dass sich irgendetwas an dem bisherigen Klagegrund geändert hätte, § 264 Nr. 2 ZPO.

23

B. Die Klage mit den Hauptanträgen zu 1. und 2. ist begründet. Die Beklagte ist nach VII Ziff. 1 der VO S verpflichtet, an die Klägerin ab dem Monat März 2011 eine Witwenrente iHv. unstreitig monatlich 723,49 Euro brutto nebst eingeklagter Zinsen zu zahlen.

24

I. Die S GmbH hatte dem verstorbenen Ehemann der Klägerin eine Versorgung nach der VO S zugesagt, die auch eine Witwenversorgung umfasste. Da dieser bis zu seinem Tode am 14. Dezember 2010 bei der Beklagten beschäftigt war, ist für den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente VII Ziff. 1 der VO S maßgeblich, nach dessen Satz 1 die hinterlassene Ehefrau eines Mitarbeiters (Anwärters) den Anspruch mit dessen Tode erwirbt.

25

II. Die Klägerin erfüllt auch die zusätzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Witwenrente ab dem Monat März 2011 nach VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S. Die Wartezeit nach III der VO S von fünf Jahren war bereits am 1. Dezember 1994 und damit Jahre vor dem maßgeblichen Datum 1. Mai 2010 erfüllt. Zudem hatte zu diesem Zeitpunkt die am 8. August 2008 geschlossene Ehe mindestens ein Jahr bestanden.

26

Dass die Ehe zwischen der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann entgegen der in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffenen Bestimmung erst geschlossen wurde, nachdem dieser sein 60. Lebensjahr vollendet hatte, steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin hatten ihr verstorbener Ehemann und die S GmbH die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Spätehenklausel zwar nicht durch Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 abbedungen; ebenso wenig hatte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 4. Januar 2011 unabhängig von den Bestimmungen der VO S eine Witwenrente zugesagt oder den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente anerkannt; die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S ist jedoch gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da sie eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 AGG bewirkt, die nicht nach § 10 AGG gerechtfertigt ist.

27

1. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, hatten der verstorbene Ehemann der Klägerin und die S GmbH die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Spätehenklausel nicht durch Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 abbedungen.

28

a) Das Landesarbeitsgericht hat diese Bestimmung des Arbeitsvertrags des verstorbenen Ehemannes der Klägerin vom 22. August 1989 dahin ausgelegt, dass die in der PO L AG niedergelegten Versorgungsbedingungen als Mindeststandard nur für den Fall der Überarbeitung der VO S garantiert wurden.

29

b) Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wobei dahinstehen kann, ob es sich bei den im Arbeitsvertrag vom 22. August 1989 getroffenen Vereinbarungen um atypische oder typische Willenserklärungen, mithin um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer unbeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Atypische Willenserklärungen sind nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen müssen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Die Auslegung individueller Willenserklärungen kann der Senat als Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 26 f.; 11. Dezember 2001 - 3 AZR 334/00 - zu I 2 a aa der Gründe).

31

bb) Demgegenüber sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11 - Rn. 17; 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 19 mwN, BAGE 145, 314).

32

cc) Die Auslegung von Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 durch das Landesarbeitsgericht hält auch einer unbeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

33

Der verstorbene Ehemann der Klägerin und die S GmbH haben unter Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 zunächst auf den bei der S GmbH bestehenden Pensionsplan, und damit auf die VO S Bezug genommen. Ferner enthält Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags die Formulierung, dass dieser Plan „zur Zeit überarbeitet“ wird. Hierbei handelt es sich erkennbar nur um einen Hinweis. Daher konnte die in Ziff. 4 Buchst. a Satz 2 des Arbeitsvertrags zudem enthaltene Zusicherung, der verstorbene Ehemann der Klägerin werde durch den neuen Plan nicht schlechter gestellt als die Mitarbeiter der Muttergesellschaft, der L AG, bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, dass diese Zusicherung nur gelten sollte, wenn ein neuer Pensionsplan tatsächlich zustande kommen würde. Vor diesem Hintergrund kann Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags des verstorbenen Ehemannes der Klägerin insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, dass für dessen Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die jeweils günstigeren Regelungen der VO S und der PO L AG Anwendung finden sollen.

34

2. Wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 4. Januar 2011 weder unabhängig von den Bestimmungen der VO S eine Witwenrente zugesagt noch den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente anerkannt. Das Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2011 enthält in Bezug auf die Witwenrente weder ein konstitutives abstraktes Schuldversprechen iSv. § 780 BGB bzw. konstitutives abstraktes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB, noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, aufgrund dessen der Beklagten eine Berufung auf die Spätehenklausel verwehrt wäre.

35

Das Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2011 enthielte nur dann ein selbständiges abstraktes Schuldversprechen iSv. § 780 BGB bzw. ein selbständig verpflichtendes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB, wenn sich ihm im Wege der Auslegung der Wille der Beklagten entnehmen ließe, eine selbständige, von den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen - hier: den Bestimmungen der VO S - losgelöste Verpflichtung zur Zahlung einer Witwenrente an die Klägerin zu übernehmen(vgl. etwa BGH 14. Januar 2008 - II ZR 245/06 - Rn. 15 mwN; 7. Dezember 2004 - XI ZR 361/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 161, 273; 14. Oktober 1998 - XII ZR 66/97 - zu 2 b der Gründe mwN). Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis stellte das Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2011 nur dann dar, wenn seine Auslegung ergäbe, dass die Parteien das Versorgungsverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit entziehen und es endgültig festlegen wollten (vgl. BGH 28. Mai 2014 - XII ZR 6/13 - Rn. 26; 12. März 2009 - IX ZB 157/08 - Rn. 2; 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05 - Rn. 8 mwN; vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 40; 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu II 2 a der Gründe). Sowohl ein selbständiges abstraktes Schuldversprechen iSv. § 780 BGB bzw. ein selbständig verpflichtendes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB als auch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis setzen demnach einen Rechtsbindungswillen voraus. Daran fehlt es, soweit der Schuldner lediglich eine Mitteilung macht. Dann handelt es sich allenfalls um eine rein deklaratorische Wissenserklärung ohne Rechtsbindungswillen und nicht um eine Willenserklärung (vgl. etwa BAG 14. Februar 2012 - 3 AZR 685/09 - Rn. 59; 23. August 2011 - 3 AZR 669/09 - Rn. 15 für die Auskunft nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG; 29. September 2010 - 3 AZR 546/08 - Rn. 19 mwN für den Bescheid nach § 9 Abs. 1 BetrAVG). Das Landesarbeitsgericht ist mit naheliegender Begründung davon ausgegangen, dass es an einem solchen Rechtsbindungswillen hier fehlt. Unter Zugrundelegung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabs (oben B II 1 b aa) ist daher davon auszugehen, dass sich dem Schreiben vom 4. Januar 2011 ein Angebot der Beklagten, an die Klägerin ab dem 1. März 2011 ungeachtet der in der VO S bestimmten Versorgungsbedingungen eine Witwenrente zu zahlen, nicht entnehmen lässt.

36

3. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts bewirkt die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Voraussetzung, dass die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres durch den Versorgungsberechtigten geschlossen sein muss, eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 AGG, die nicht nach § 10 AGG gerechtfertigt und deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist.

37

a) Das AGG ist anwendbar.

38

aa) Das AGG gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentengesetz nicht vorrangige Sonderregelungen enthält(BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22, BAGE 125, 133). Letzteres ist nicht der Fall.

39

bb) Das AGG ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Seine Anwendung setzt voraus, dass unter seinem zeitlichen Geltungsbereich ein Rechtsverhältnis zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner bestand. Dabei ist auf den Beschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG) und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen (BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 31 mwN). Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AGG am 18. August 2006 (vgl. Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 - BGBl. I S. 1897) stand der Ehemann der Klägerin noch im Arbeits- und damit in einem Rechtsverhältnis zur Beklagten.

40

b) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam(vgl. etwa BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 17, BAGE 147, 279; 12. November 2013 - 3 AZR 356/12 - Rn. 20 mwN).

41

c) Die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Anspruchsvoraussetzung, dass die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres durch den Versorgungsberechtigten geschlossen wurde, bewirkt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSd. §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 und § 7 AGG, wobei auch für die Beurteilung, ob eine Diskriminierung vorliegt, auf den Beschäftigten(§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG) und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen ist (vgl. etwa BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 28). Die Regelung knüpft unmittelbar an die Überschreitung des 60. Lebensjahres an und führt dazu, dass Mitarbeiter, die die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres schließen, von der Witwenversorgung vollständig ausgeschlossen sind. Damit erfahren Mitarbeiter, die - wie der verstorbene Ehemann der Klägerin - die Ehe schließen, nachdem sie das 60. Lebensjahr vollendet haben, wegen ihres Alters eine ungünstigere Behandlung.

42

d) Die durch die Spätehenklausel bewirkte Ungleichbehandlung ist nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.

43

aa) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein(vgl. etwa BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 25; 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 20, BAGE 147, 279; 12. November 2013 - 3 AZR 356/12 - Rn. 22 mwN).

44

bb) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG) in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar (vgl. im Einzelnen etwa BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21 ff., BAGE 147, 279; 12. November 2013 - 3 AZR 356/12 - Rn. 23 mwN).

45

cc) Die durch die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 VO S bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters kann nicht nach § 10 Satz 3 Nr. 4 iVm. Satz 2 AGG gerechtfertigt werden.

46

(1) Einschlägig ist hier allein die in § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG aufgeführte Fallgruppe der „Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen“. Es geht weder darum, ob der verstorbene Ehemann der Klägerin überhaupt einen Anspruch auf Leistungen nach der VO S hat und damit nicht um die „Mitgliedschaft“ im Versorgungssystem, noch um die Durchführung versicherungsmathematischer Berechnungen innerhalb des Versorgungssystems. Vielmehr legt die VO S in VII Ziff. 1 Satz 2 besondere Voraussetzungen für den Bezug einer Witwenrente fest.

47

(2) § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG knüpft für die Fallgruppe der „Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen“ bereits von seinem Wortlaut her ausschließlich an die Risiken „Alter“ und „Invalidität“ und nicht an das Risiko des „Todes“ an und erfasst deshalb ausschließlich die Alters- und Invaliditätsversorgung, nicht jedoch die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwenversorgung, um die es vorliegend geht.

48

(3) Dass eine Hinterbliebenenversorgung regelmäßig nur dann versprochen wird, wenn auch eine Altersversorgung zugesagt ist und dass sich die Höhe einer Witwen- und Witwerversorgung regelmäßig an der Höhe der betrieblichen Altersrente oder - sofern versprochen - der Invaliditätsrente orientiert, die Witwen- und Witwerrente demnach regelmäßig in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis zur Alters- und Invaliditätsrente steht, führt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht dazu, dass die Witwen- und Witwerrente als „Annex“ von der in § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG aufgeführten Alters- bzw. Invaliditätsrente miterfasst würde. Dies folgt aus einer unionsrechtskonformen Auslegung der Bestimmung.

49

Mit § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG hat der nationale Gesetzgeber von der Ermächtigung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG Gebrauch gemacht und diese Bestimmung in nationales Recht umgesetzt. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt. Die Auslegung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG hat deshalb unionsrechtskonform iSv. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zu erfolgen.

50

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zu Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG mit Urteilen vom 26. September 2013 (- C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 39 bis 43; - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 44 bis 48) erkannt, diese Bestimmung sei dahin auszulegen, dass sie nur auf eine Altersrente oder Leistungen bei Invalidität eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit anwendbar ist. Sie gilt danach also nur für ein betriebliches System der sozialen Sicherheit, das die Risiken von „Alter“ und „Invalidität“ abdeckt. Eine Auslegung dahin, dass diese Vorschrift für alle Arten von betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit gilt, stellt danach einen Verstoß gegen das Erfordernis dar, die Vorschrift eng auszulegen und würde eine unzulässige Ausdehnung ihres Geltungsbereichs bewirken.

51

(4) Entgegen ihrer Rechtsauffassung kann die Beklagte aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2009 (- 8 CN 1.09 - BVerwGE 134, 99) für eine Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG auf die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S geregelte Spätehenklausel nichts zu ihren Gunsten ableiten. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung die Invaliditätsversorgung als von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG erfasst betrachtet; es hat ausgeführt, die Zulässigkeit der Ungleichbehandlung wegen des Alters sei in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zwar ausdrücklich nur für den Bezug von Alters- und Invaliditätsrente geregelt, nicht hingegen für die Hinterbliebenenrente. Die Hinterbliebenenrente leite sich jedoch zwingend von der Alters- und Invaliditätsrente ab und lehne sich anteilig an. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch vor der gegenteiligen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergangen.

52

dd) Die durch die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 VO S bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters kann auch nicht in erweiternder Auslegung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG oder in analoger Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt werden.

53

(1) Zwar heißt es in § 10 Satz 3 AGG, dass derartige unterschiedliche Behandlungen „insbesondere“ die unter den Nr. 1 bis 6 aufgeführten Fälle einschließen können. Damit zählt § 10 Satz 3 AGG seinem Wortlaut nach nur Beispielsfälle auf und enthält keinen abschließenden Katalog von Anwendungsfällen denkbarer Rechtfertigungen für eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 40, BAGE 129, 181). Dennoch ist die Verwendung von Alterskriterien in den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen im Todesfall, mithin für den Bezug einer Witwen- und Witwerrente, kein denkbarer - über die ausdrücklich genannten Beispielsfälle hinausgehender - Anwendungsfall einer Rechtfertigung iSv. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG. Eine ergänzende Auslegung dieser Bestimmung dahin, dass sie auch die Festsetzung von Altersgrenzen in Betriebsrentensystemen als Voraussetzung für den Bezug einer Hinterbliebenenrente erfasst oder eine analoge Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG auf solche Altersgrenzen scheidet aus. Dies folgt ebenfalls aus einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 10 Satz 3 AGG im Lichte von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG.

54

(2) Nur Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG enthält - wie die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ verdeutlicht - einen nicht abschließenden Katalog von Anwendungsfällen denkbarer Rechtfertigungen für eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie (EuGH 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 36, Slg. 2010, I-11869). Demgegenüber hat der Unionsgesetzgeber eine mögliche Rechtfertigung einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit nicht in den Beispielkatalog von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG aufgenommen, sondern in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG einer eigenständigen Regelung zugeführt. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG, der es den Mitgliedstaaten gestattet, eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters vorzusehen, ist nicht nur eng auszulegen(EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 41; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 46), sondern auch abschließend. Eine Ausnahme von dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ist bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit ausschließlich in den in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ausdrücklich genannten Fällen möglich. Hätte der Unionsgesetzgeber den Geltungsbereich dieser Bestimmung über die dort genannten Fälle hinaus ausdehnen wollen, hätte er dies - wie in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG geschehen - durch eine eindeutige Formulierung, zB unter Verwendung des Adverbs „insbesondere“ getan (EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 39; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 44).

55

ee) Die durch die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bewirkte unmittelbare Ungleichbehandlung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin wegen des Alters ist auch nicht nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters gestattet, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist; nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die durch die Spätehenklausel bewirkte Ungleichbehandlung der Versorgungsberechtigten wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Jedenfalls ist die Altersgrenze von 60 Jahren in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S zur Erreichung der mit ihr verfolgten Ziele nicht angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG.

56

(1) Es kann offenbleiben, ob die durch VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist.

57

(a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat nicht nur erkannt, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung solche aus dem Bereich „Arbeits- und Sozialpolitik“ sind (vgl. EuGH 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforengingen i Danmark] Rn. 19; 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 34; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 50; 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, Slg. 2011, I-8003; 18. Juni 2009 - C-88/08 - [Hütter] Rn. 41, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569; 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 41, Slg. 2010, I-9391; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 68, Slg. 2007, I-8531; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 63, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BVerfG 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 15). Er hat zudem mit Urteil vom 26. September 2013 (- C-476/11 - [HK Danmark]) ausgeführt, dass auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersvorsorge anstrebt, legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG sein können. Gleichzeitig hat er die Legitimität der Ziele für den Fall bejaht, dass diese im Rahmen sozial-, beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischer Belange den Interessen aller Beschäftigten Rechnung tragen, um diesen bei Eintritt in den Ruhestand eine Altersversorgung in angemessener Höhe zu gewährleisten (EuGH 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark]). Da nach alledem legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG allerdings nur solche im Rahmen sozial-, beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischer Belange sind, die den Interessen der Beschäftigten Rechnung tragen, können Ziele, die ausschließlich im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, eine Diskriminierung wegen des Alters nicht nach § 10 Satz 1 AGG rechtfertigen(vgl. etwa BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26, BAGE 147, 89).

58

(b) Ob die mit der unter VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffenen Spätehenklausel bewirkte Diskriminierung wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist, ist zweifelhaft.

59

(aa) Die Beklagte hatte sich bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ausschließlich darauf berufen, ihre Rechtsvorgängerin habe mit der Spätehenklausel das Ziel verfolgt, nicht noch kurz vor dem Versorgungsfall hohe Rückstellungen bilden zu müssen. Es habe das Risiko unkalkulierbarer zusätzlicher Versorgungsansprüche ausgeschlossen werden sollen, um die Finanzierbarkeit bestehender Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Im ungünstigsten Fall müssten Zusagen für künftige Mitarbeiter reduziert werden, da unkalkulierbare, später eingetretene Ereignisse (wie weitere Leistungsberechtigte) die Finanzierung der Betriebsrenten ins Ungleichgewicht führen könnten. In der Revision hat sie zudem ausgeführt, die Rückstellungen für die Altersversorgung beruhten auf versicherungsmathematischen Berechnungen, die sich ihrerseits an die Sterbetafeln anlehnten. Diese Berechnungen hätten mit der Spätehenklausel abgesichert werden sollen; es sei darum gegangen, unkalkulierbare Risiken zu vermeiden. Das Risiko einer höheren Kostenlast verwirkliche sich bei einer Heirat im hohen Lebensalter allein dadurch, dass der Altersunterschied der Eheleute immer größer werde und die Versorgungsleistungen deshalb über einen längeren Zeitraum erbracht werden müssten. Welchen Weg ein Arbeitgeber zur Minimierung des Risikos von Spätehen wähle, ob durch eine Altersabstands- oder durch eine Spätehenklausel, müsse ihm überlassen bleiben.

60

(bb) Soweit die Beklagte mit ihrem Vorbringen zu den Rückstellungen zum Ausdruck bringen will, dass die Spätehenklausel dazu dient, den administrativen Aufwand bei der nach § 249 HGB vorzunehmenden Bildung und Auflösung von Pensionsrückstellungen gering zu halten, stellt sich dieses Ziel - für sich betrachtet - als Ziel im ausschließlichen Eigeninteresse der Versorgungsschuldnerin dar und ist damit kein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG(vgl. EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 36 zu „Haushaltserwägungen“ und „administrativen Erwägungen“ eines Mitgliedstaats).

61

(cc) Soweit die Beklagte geltend macht, die Spätehenklausel bezwecke, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um den Versorgungsaufwand für die Hinterbliebenenversorgung versicherungsmathematisch verlässlich kalkulieren zu können, ist allerdings zweifelhaft, ob die unterschiedliche Behandlung der Versorgungsberechtigten wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist.

62

Zwar entscheidet der Arbeitgeber bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung. Entschließt er sich hierzu, so ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert. Er kann Leistungen der Hinterbliebenenversorgung versprechen; eine Rechtspflicht hierzu trifft ihn nicht. Aus diesem Grund ist er grundsätzlich auch berechtigt, die Hinterbliebenenversorgung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen und damit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von dieser Versorgung auszuschließen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 74 mwN, BAGE 134, 89). Auch liegt eine Begrenzung des Kreises der anspruchsberechtigten Dritten durch zusätzliche anspruchsbegründende oder besondere anspruchsausschließende Merkmale gerade im Bereich der Hinterbliebenenversorgung nahe, weil ein dahingehendes Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken mit sich bringt. Diese betreffen nicht nur den Zeitpunkt des Leistungsfalls, sondern auch die Dauer der Leistungserbringung.

63

Vor diesem Hintergrund bestand im vorliegenden Verfahren arbeitgeberseitig ein berechtigtes Interesse daran, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um den Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren zu können (BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 38; 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 75 mwN, BAGE 134, 89). Dieses Ziel ist zwar ein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 AGG, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet(vgl. etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 36 f.; 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 30 f., BAGE 146, 200). Ob es jedoch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG ist und damit eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters rechtfertigen kann(vgl. dagegen noch etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 36; 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 30, aaO), ist vor dem Hintergrund auch der angeführten neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht ohne Weiteres eindeutig zu beantworten. Gegen die Legitimität des Ziels iSv. § 10 Satz 1 AGG könnte sprechen, dass eine Risikobegrenzung zum Zwecke einer verlässlichen Kalkulation des für die Hinterbliebenenversorgung zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmens zunächst im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegt; dafür könnte indes sprechen, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zukommen lassen, wenn sie auch die Möglichkeit haben, den aus der Versorgungszusage resultierenden Versorgungsaufwand verlässlich zu prognostizieren.

64

(dd) Soweit die Beklagte sich darauf beruft, mit der Spätehenklausel werde auch bezweckt, die für die Witwen-/Witwerversorgung insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel nur einem eingegrenzten Personenkreis zukommen zu lassen, um diesem bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ eine Witwen-/Witwerversorgung in angemessener, weil substantieller Höhe gewähren zu können, spricht vor dem Hintergrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. September 2013 (- C-476/11 - [HK Danmark]) viel dafür, dass die Spätehenklausel durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist.

65

(2) Dies kann vorliegend jedoch offenbleiben, da die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S konkret auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bestimmte Altersgrenze zur Erreichung der mit der Spätehenklausel angestrebten Ziele, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um den erforderlichen Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren zu können sowie die für die Witwen-/Witwerversorgung insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel auf einen bestimmten Personenkreis zu verteilen, um diesem bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ eine Witwen-/Witwerversorgung in angemessener Höhe gewähren zu können, nicht angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG ist.

66

(a) Die in der Spätehenklausel auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bestimmte Altersgrenze ist - in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG - nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlaubt, das mit der Spätehenklausel verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, denen aufgrund der Klausel die Witwen-/Witwerversorgung vorenthalten wird, weil sie bei Eheschließung bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatten (vgl. etwa EuGH 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25) und sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 59).

67

(b) Die in VII Ziff. 1 Satz 2 VO S auf die Vollendung des 60. Lebensjahres festgelegte Altersgrenze ist nicht angemessen und erforderlich, weil sie zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Versorgungsberechtigten führt, die - weil sie bei Eheschließung das 60. Lebensjahr vollendet hatten - von der Witwen-/Witwerversorgung vollständig ausgeschlossen werden. Zudem geht sie zum Teil auch über das hinaus, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist.

68

(aa) Die Zusage der Witwen-/Witwerversorgung nach der VO S ist Teil einer umfassenden Versorgungsregelung. Durch die Zusage sollen die Arbeitnehmer in der Sorge um die finanzielle Lage ihrer Hinterbliebenen entlastet werden. Die Hinterbliebenenversorgung nach dem Betriebsrentengesetz knüpft an das typisierte Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers an (vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 38). Für dieses Versorgungsinteresse ist es jedoch unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde. Es existiert vor allem kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass die Versorgungsberechtigten, die die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres schließen, ein geringeres Interesse an der Versorgung ihrer Witwen und Witwer haben als Versorgungsberechtigte, die die Ehe in einem jüngeren Lebensalter schließen. Sowohl die Versorgungsberechtigten, die die Ehe vor der Vollendung ihres 60. Lebensjahres als auch die Versorgungsberechtigten, die die Ehe erst danach geschlossen haben, haben ein gleichermaßen anerkennenswertes Interesse an der Versorgung ihrer Ehepartner.

69

(bb) Zudem wirkt sich aus, dass die Hinterbliebenenversorgung ihren Ursprung in der dem Arbeitnehmer und der Arbeitnehmerin erteilten Versorgungszusage hat und dass betriebliche Altersversorgung auch Entgelt der berechtigten - männlichen wie weiblichen - Arbeitnehmer ist, das diese als Gegenleistung für die im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit erhalten (vgl. etwa BAG 12. November 2013 - 3 AZR 274/12 - Rn. 27 mwN). Danach ist es regelmäßig nicht angemessen, die unter Geltung einer Versorgungszusage abgeleistete Betriebszugehörigkeit im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung allein deshalb vollständig unberücksichtigt zu lassen, weil der Versorgungsberechtigte bei Eheschließung das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

70

(cc) Die Vollendung des 60. Lebensjahres stellt auch - anders als das Ende des Arbeitsverhältnisses (vgl. hierzu BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 38) oder der Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer selbst (vgl. hierzu BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 32, BAGE 146, 200) - keine „Zäsur“ dar, die es der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausnahmsweise hätte gestatten können, in den Bestimmungen über die Witwen-/Witwerversorgung zur Begrenzung des mit der Versorgungszusage verbundenen Risikos und Aufwands hieran anzuknüpfen und die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers ab diesem Zeitpunkt bei der Abgrenzung ihrer Leistungspflichten unberücksichtigt zu lassen.

71

Dies folgt aus den Wertungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, wonach betriebliche Altersversorgung iSd. Betriebsrentengesetzes nur vorliegt, wenn dem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung vom Arbeitgeber „aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses“ zugesagt werden. Danach muss zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Zusage ein Kausalzusammenhang bestehen (vgl. etwa BAG 20. April 2004 - 3 AZR 297/03 - zu I 2 der Gründe, BAGE 110, 176; 25. Januar 2000 - 3 AZR 769/98 - zu II 2 der Gründe). Im Hinblick darauf übernimmt der Arbeitgeber mit der Zusage von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bestimmte Risiken, die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Invaliditätssicherung einen Teil der Invaliditätsrisiken und die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken ab (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 13, BAGE 145, 314). Vor diesem Hintergrund sind zwar das Ende des Arbeitsverhältnisses und der Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer, zu dem typischerweise auch das Arbeitsverhältnis sein Ende findet, sachgerechte Anknüpfungspunkte für Regelungen über den Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung, nicht aber ein vom Ende des Arbeitsverhältnisses unabhängiges Alter.

72

Die Nähe der Vollendung des 60. Lebensjahres zum Versorgungsfall „Alter“ ändert daran entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nichts. Es besteht für sich genommen kein hinreichender innerer Zusammenhang zwischen dem Abstand zu diesem Versorgungsfall und der Hinterbliebenenversorgung.

73

(dd) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts, die die Beklagte verteidigt, lässt sich die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bestimmte Spätehenklausel auch nicht mit der zusätzlichen Begründung rechtfertigen, die Berufstätigkeit des Arbeitnehmers, der bei Eheschließung das 60. Lebensjahr vollendet hat, werde nicht mehr entscheidend durch die Fürsorge des Ehegatten mitgetragen. Die Beklagte hat kein anerkennenswertes Interesse daran, zur Abgrenzung ihrer Leistungspflichten zwischen den Ehen, die vor der Vollendung des 60. Lebensjahres des Versorgungsberechtigten und den Ehen, die erst danach geschlossen wurden, mit dieser Begründung zu differenzieren. Auch dies macht die in der Spätehenklausel bestimmte Altersgrenze nicht angemessen.

74

Die etwaige „Fürsorge“ des Ehegatten für sich betrachtet steht in keinem rechtlich relevanten Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Versorgungsberechtigten, anlässlich dessen die Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurde, sondern betrifft die private Lebensgestaltung. Soweit nicht der „Fürsorgegedanke“ im Vordergrund stehen sollte, sondern beabsichtigt war, nach der noch möglichen Ehedauer bis zum Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“, mit dem das Arbeitsverhältnis regelmäßig endet, zu differenzieren, besteht zwar ein Bezug zum Arbeitsverhältnis. Die Dauer der Ehe während des Arbeitsverhältnisses ist aber kein angemessener Anknüpfungspunkt für Leistungen der Hinterbliebenenversorgung, weil diese Leistungen Gegenleistung für die Beschäftigungszeit, nicht aber für die Ehedauer sind. Zudem führt ein Abstellen auf eine noch mögliche Ehedauer bis zum Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ zu einer unangemessenen Benachteiligung der Versorgungsberechtigten gegenüber anderen Arbeitnehmern, die bei Eintritt des Nachversorgungsfalls ebenfalls noch nicht für eine bestimmte Zeit während des Arbeitsverhältnisses verheiratet waren.

75

Aus der von der Beklagten angezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 2010 (- 1 BvR 2584/06 - BVerfGK 17, 120) folgt nichts Abweichendes. Zum einen hatte sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss vom 1. März 2010 (- 1 BvR 2584/06 - aaO) mit einer Satzungsbestimmung eines Versorgungswerks einer Ärztekammer zu befassen, das durch eigene Beitragsleistungen der Versicherten finanziert wurde, und bei dem nur die originär eigene Rente des Versicherten (Alters- und Invaliditätsversorgung) Gegenleistung der Beitragsleistung war, während die Hinterbliebenenversorgung - anders als die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Hinterbliebenenversorgung nach der VO S - ausschließlich Versorgungscharakter hatte, weil sie nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung beruhte. Zum anderen sah die vom Bundesverfassungsgericht zu beurteilende Satzungsbestimmung des Versorgungswerks der Ärztekammer - anders als die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S - nicht vor, dass Versorgungsberechtigte, die die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen hatten, von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen waren. Vielmehr bestimmte sie, dass der verwitwete Eheteil aus einer Ehe, die das Versorgungswerksmitglied erst nach Beginn der Altersrente geschlossen hatte, keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung hat. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Satzungsbestimmung mit der Begründung gebilligt, der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung könne davon abhängig gemacht werden, dass der Versicherte und der Hinterbliebene bereits während der Erwerbstätigkeit des Versicherten miteinander verheiratet gewesen seien; es sei nicht zu beanstanden, wenn der Satzungsgeber Hinterbliebenenrente nur denjenigen Hinterbliebenen gewähren wolle, die zumindest zu einem Teil den Berufsweg des Versicherten als Ehegatten begleitet haben.

76

(ee) Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts, die die Beklagte in der Revision ebenfalls verteidigt, lässt sich die Anknüpfung an das 60. Lebensjahr in der Spätehenklausel auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, mit ihr würden zulässigerweise Ansprüche auf eine Witwen-/Witwerversorgung in den Fällen ausgeschlossen, in denen nur eine sog. Versorgungsehe geführt wird. Zwar läge darin eine Begrenzung des Risikos auf Fälle, in denen das Versorgungsrisiko nicht gezielt zulasten des Arbeitgebers geschaffen wird. Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S überhaupt dem Zweck dient, Versorgungsehen von der Hinterbliebenenversorgung auszuschließen und das arbeitgeberseitige Risiko entsprechend zu begrenzen. Die Beklagte hat sich auf diesen Zweck der Klausel zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich berufen. Aber selbst wenn die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist - dem Zweck dienen sollte, sog. Versorgungsehen von der Hinterbliebenenversorgung auszuschließen, ließe sich die durch die Altersgrenze von 60 Jahren bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nicht nach § 10 Satz 2 AGG rechtfertigen. Die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S wäre zur Erreichung des mit ihr angestrebten Ziels nicht geeignet.

77

Von einer Versorgungsehe kann nur dann gesprochen werden, wenn die Heirat allein oder überwiegend zu dem Zweck erfolgte, dem Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen (Definition in Anlehnung an § 46 Abs. 2a SGB VI, § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Zwar kann bei einer Ehe, die zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls „Tod“ - unabhängig vom gleichzeitigen Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Versorgungsschuldner - erst von kurzer Dauer war, die Vermutung gerechtfertigt sein kann, dass die Ehe unter Versorgungsgesichtspunkten geschlossen wurde. So enthalten beispielsweise § 46 Abs. 2a SGB VI und § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG für Ehen, die nicht mindestens ein Jahr vor Eintritt des Versicherungs- bzw. Versorgungsfalls geschlossen wurden, eine gesetzlich widerlegbare Vermutung, dass die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war. Hingegen existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine Eheschließung nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Versorgungsberechtigten ausschließlich oder überwiegend unter Versorgungsgesichtspunkten erfolgte. Vielmehr ist bei Eheschließungen nach Vollendung des 60. Lebensjahres ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich wie der Versorgungszweck.

78

(ff) Die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S lässt sich entgegen den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, bei Eingehung einer versorgungsnahen Ehe sei eher davon auszugehen, dass der Ehegatte über eigene Versorgungsanwartschaften oder Vermögen verfüge und deshalb auf eine Hinterbliebenenversorgung nicht in dem Maße angewiesen sei wie eine junge Familie. Auch unter diesem Gesichtspunkt liegt keine angemessene Risikobegrenzung vor. Es kann dahinstehen, ob die Annahme des Landesarbeitsgerichts überhaupt zutrifft. Nach den Wertungen der VO S kommt es hierauf nicht an. Die VO S knüpft mit der in X zur Höhe der Witwen-/Witwerrente getroffenen Bestimmung ausschließlich an das Ausmaß an, in dem der durch den Tod des Versorgungsberechtigten verursachte Wegfall der erreichbaren bzw. bezogenen Betriebsrente kompensiert werden soll und definiert so den Versorgungsbedarf. Bestimmungen über eine Anrechnung von Einkünften oder Vermögen des hinterbliebenen Ehegatten auf die Witwen-/Witwerrente enthält die VO S nicht. Diese Umstände machen deutlich, dass es nach den Wertungen der VO S für den Anspruch auf Witwen-/Witwerversorgung unerheblich ist, wie die private Lebensgestaltung des Witwers oder der Witwe im Hinblick auf Erwerbseinkommen und Versorgung vor der Eheschließung war.

79

(gg) Aus dem Umstand, dass nach I Ziff. 3 der VO S Arbeitnehmer, „die bei ihrem letzten Diensteintritt in die Firma das 60. Lebensjahr vollendet haben“, keine Versorgungszusage erhalten, mithin von vornherein weder Anspruch auf eine Altersrente noch auf eine Invaliden- oder Witwen-/Witwerrente erwerben können, kann die Beklagte ebenfalls nichts für sich herleiten. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass der Senat mit Urteil vom 12. Februar 2013 (- 3 AZR 100/11 - BAGE 144, 231) sogar einer Bestimmung in einer vom Arbeitgeber geschaffenen Versorgungsordnung Wirksamkeit zuerkannt hat, nach der ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur besteht, wenn der Arbeitnehmer eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücklegen kann. Mit der unter I Ziff. 3 der VO S getroffenen Bestimmung wird zum Ausdruck gebracht, dass für den Fall, dass der Arbeitnehmer bei seinem Eintritt in das Unternehmen das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat, überhaupt kein Versorgungsrisiko übernommen werden soll. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine bereits grundsätzlich erfolgte Risikoübernahme, dh. zugesagte Versorgung - hier die Hinterbliebenenversorgung - von zusätzlichen anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf und damit Personen, die diese Voraussetzungen (nicht) erfüllen, von der Versorgung ihrer Hinterbliebenen ausgeschlossen werden dürfen.

80

(hh) Aus den in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG getroffenen Regelungen, wonach ein Anspruch auf Witwenrente nicht besteht, wenn die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und Abs. 2 BBG bereits erreicht hatte, kann die Beklagte ebenfalls nichts für sich herleiten. Dies folgt bereits daraus, dass diese Bestimmung - soweit sie an das Lebensalter anknüpft - auf die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und Abs. 2 BBG und damit auf den Zeitpunkt abstellt, zu dem regelmäßig das Dienstverhältnis zum Dienstherrn endet. Eine solche Anknüpfung an eine derartige „Zäsur“ enthält die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S hingegen nicht.

81

(ii) Entgegen ihrer Rechtsauffassung spricht auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2009 (- 8 CN 1.09 - BVerwGE 134, 99) nicht für die Beklagte. Die Erwägungen, die das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung angestellt hat, sind auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar und können deshalb die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S nicht rechtfertigen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung eine Bestimmung in der Satzung eines Versorgungswerks als nicht altersdiskriminierend gebilligt, wonach die Witwen-/Witwerrente nicht gewährt wird, wenn die Ehe nach Vollendung des 62. Lebensjahres oder nach Eintritt der Berufsunfähigkeit des Mitglieds geschlossen wurde und nicht mindestens drei Jahre bestanden hat. Allerdings ging es in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren um ein Versorgungswerk einer Rechtsanwaltskammer, das sich - wie eine Versicherung - ausschließlich durch Beiträge seiner Mitglieder finanzierte. Zudem wurde die Hinterbliebenenversorgung ohne erhöhten Beitrag des Mitglieds für seine Hinterbliebenen gewährt, wovon das verheiratete Mitglied des Versorgungswerks profitierte. Der Zweck der Satzungsregelung bestand mithin in der finanziellen Risikobegrenzung der Versichertengemeinschaft als Solidargemeinschaft. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren bilden die nach der VO S Versorgungsberechtigten indes keine Solidar- oder Gefahrengemeinschaft, die die Lasten, die dem Einzelnen und den Hinterbliebenen aus der Verwirklichung der Risiken Alter, Invalidität oder Tod erwachsen, auf den gesamten Stand verteilen.

82

Aus den Urteilen des Senats vom 28. Juli 2005 (- 3 AZR 457/04 - BAGE 115, 317) und vom 19. Dezember 2000 (- 3 AZR 186/00 -) folgt bereits deshalb nichts Abweichendes, weil die dort vom Senat gebilligten Spätehenklauseln nicht am AGG zu messen waren.

83

(jj) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S auch nicht angemessen und erforderlich, weil die Möglichkeit bestanden hätte, anstelle der Spätehenklausel eine Altersabstandsklausel in die Versorgungsordnung aufzunehmen. Zwar begrenzen Altersabstandsklauseln das Risiko des Arbeitgebers, nämlich nach demographischen Kriterien. Je jünger die Ehepartner im Verhältnis zu den Arbeitnehmern sind, denen eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurde, desto länger ist der Zeitraum, während dessen der Arbeitgeber durchschnittlich die Hinterbliebenenversorgung zu gewähren hat. Auch bewirken Altersabstandsklauseln, dass sich die für die Witwen-/Witwerversorgung insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel auf einen kleineren Kreis von Hinterbliebenen verteilen, sodass diese bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ eine höhere Witwen-/Witwerversorgung erhalten. Schließlich ist einem hohen Altersabstand innerhalb einer Ehe immanent, dass der jüngere Ehepartner einen erheblichen Teil seines Lebens ohne den älteren Ehepartner und die an dessen Einkommenssituation gekoppelten Versorgungsmöglichkeiten verbringt. Es kann dahinstehen, ob diese Erwägungen unter Geltung des AGG, und wenn ja, für welche Klauseln überhaupt noch tragen. Die streitbefangene Spätehenklausel stellt gerade keine Altersabstandsklausel dar.

84

4. Da die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffene Spätehenklausel wegen Verstoßes gegen das in § 7 Abs. 1 AGG normierte Verbot der Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist, steht sie dem Anspruch der Klägerin auf Witwenrente nicht entgegen. Die Beklagte ist deshalb verpflichtet, an die Klägerin ab dem 1. März 2011 eine Witwenrente in unstreitiger Höhe von monatlich 723,49 Euro zu zahlen. Dass dadurch der bei Schaffung der VO S für die Hinterbliebenenversorgung bereitgestellte Dotierungsrahmen ggf. in einem Maße überschritten wird, dass die Finanzierung der Betriebsrenten insgesamt ins „Ungleichgewicht“ gerät und die Beklagte deshalb Zusagen für künftige Mitarbeiter reduziert, ändert daran nichts. Die Beklagte kann im Hinblick auf eine Einhaltung des für die Hinterbliebenenversorgung nach der VO S ursprünglich festgelegten Dotierungsrahmens keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Der zeitliche Geltungsbereich des AGG wird deshalb hier nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (zu derartigen Beschränkungen BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Die Anwendung der Bestimmungen des AGG auf die von der Klägerin geltend gemachte Witwenrente nach der VO S bewirkt keine echte, sondern lediglich eine unechte Rückwirkung. Diese ist zulässig.

85

Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung „ins Werk gesetzt“ worden sind (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 558/10 - Rn. 25 mwN). Die belastende Rechtsfolge von § 7 Abs. 2 AGG, die für die Beklagte erst nach Verkündung des AGG eintritt, wurde tatbestandlich von der dem verstorbenen Ehemann der Klägerin erteilten Versorgungszusage und damit von einem bereits „ins Werk gesetzten“, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ausgelöst.

86

Die Grenzen einer zulässigen unechten Rückwirkung einer gesetzgeberischen Entscheidung sind erst überschritten, wenn die unechte Rückwirkung nicht geeignet oder erforderlich ist, um den Gesetzeszweck zu erreichen, oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen. Knüpft der Gesetzgeber für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte an, sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen. Der vom Gesetzgeber zu beachtende Vertrauensschutz geht allerdings nicht so weit, den normunterworfenen Personenkreis vor Enttäuschungen zu bewahren (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 204/12 - Rn. 46, BAGE 147, 373). Die bloße allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde künftig unverändert fortbestehen, genießt keinen verfassungsrechtlichen Schutz, wenn keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten (vgl. BVerfG 7. Juli 2010 - 2 BvL 14/02 ua. - Rn. 57, BVerfGE 127, 1).

87

Danach hat die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen dahin, dass die Wirksamkeit der in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bestimmten Spätehenklausel nicht an den Bestimmungen des AGG scheitert und der ursprünglich für die Hinterbliebenenversorgung festgelegte Dotierungsrahmen nicht infolgedessen überschritten wird. Der Zweck des AGG, in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG und vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 GG Ungleichbehandlungen zu beseitigen, kann vorliegend nur durch die Unwirksamkeit der Klausel erreicht werden. Zudem hält sich die Änderung der Gesetzeslage im Rahmen dessen, was als mögliche Rechtsentwicklung bereits zuvor angelegt war. Besondere Momente der Schutzwürdigkeit bestehen nicht.

88

5. Vor dem Hintergrund der zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union bedarf es vorliegend weder der Einleitung eines Vorlageverfahrens an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 iVm. § 11 RsprEinhG noch der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die Frage, ob die von der Beklagten zur Rechtfertigung der Spätehenklausel angeführten Ziele legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung sind, musste vom Senat nicht entschieden werden.

89

III. Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Rückstände aus § 286 Abs. 1, § 288 BGB. Gemäß XVI Ziff. 1 Buchst. a der VO S wird die Firmenrente jeweils am Ende eines Monats fällig.

90

C. Die Kostentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    H. Trunsch    

        

    Möller    

                 

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2013 - 3 Sa 441/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Vertragsstrafenzahlung.

2

Der Beklagte hatte mit der C GmbH in F, einer Anlagenbauerin und nachmaligen Schuldnerin des Insolvenzverfahrens, zum 1. Januar 2010 ein Arbeitsverhältnis als Verfahrensingenieur begonnen, in dem er zuletzt monatlich brutto 3.800,00 Euro verdiente. In dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag vom 20. Mai 2009 wurde ua. Folgendes vereinbart:

        

2.    

Dauer der Tätigkeit

        

2.1.   

        
        

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.01.2010 bzw. zu jedem früheren Termin und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit.

        

…       

        

11.     

Beendigung des Arbeitsverhältnisses / Fortbildungskosten

        

11.1. 

        
        

Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende gekündigt werden.

        

11.2. 

        
        

Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von 2 Wochen gekündigt werden.

        

11.3. 

        
        

Jede Kündigung muss schriftlich erfolgen. Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Kündigung ist der Zugang bei der anderen Vertragspartei. Eine verspätet zugegangene Kündigung gilt als Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Eine außerordentliche Kündigung gilt vorsorglich auch als ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Zeitpunkt.

        

Durch die Kündigungserklärung wird die Befugnis des Unternehmens begründet, Sie unter Fortzahlung der Bezüge freizustellen. Die widerrufliche Freistellung erfolgt unter Anrechnung des zustehenden Urlaubs.

        

…       

        
        

14.     

Vertragsstrafen

        

…       

        
        

14.5. 

        
        

Beenden Sie den Vertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfrist, so verpflichten Sie sich, als Vertragsstrafe für jeden Tag der vorzeitigen Beendigung einen Betrag in Höhe des durchschnittlichen Tagesverdienstes der letzten drei Monate, höchstens jedoch bis zu einem Brutto-Monatsgrundgehalt, zu zahlen.

        

14.6. 

        
        

Treten Sie nach Abschluss des Vertrages zu dem vereinbarten Termin die Arbeit nicht an, so verpflichten Sie sich, eine Vertragsstrafe des bis zum Ablauf der nächstmöglichen Kündigungsfrist aufgrund dieses Vertrages erzielbaren Gehaltes zu zahlen.“

3

Vor der Insolvenzeröffnung kündigte der Kläger am 27. September 2011 an, dass Erfolg versprechende Kontakte wegen eines Unternehmenskaufs durch Investoren bestünden sowie:

        

„Aus diesem Grunde sind aus Anlass der nunmehr anstehenden Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch keinerlei Kündigungen geplant.“

4

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin wurde am 30. September 2011 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestimmt (AG Chemnitz 30. September 2011 - 1419 IN 1970/11 -). Sodann kündigte der Kläger am 7. Oktober 2011 120 der ca. 300 Arbeitnehmer der insolventen Arbeitgeberin.

5

Der Beklagte kündigte am 11. November 2011 das Arbeitsverhältnis „zum nächstmöglichen Termin“. Er bat weiter, zeitnah einen Aufhebungsvertrag zum 30. November 2011 abzuschließen, da er bereits am 1. Dezember 2011 ein neues Arbeitsverhältnis antreten wolle. Einen solchen Aufhebungsvertrag schlossen die Parteien nicht, jedoch wurde der Austritt des Beklagten zum 30. November 2011 in der im Unternehmen üblichen Art mit Laufzettel nebst Anlage „Übergabe der Projekte“ abgewickelt.

6

Der Beklagte erschien am 1. Dezember 2011 nicht zur Arbeit, was der Kläger per E-Mail beanstandete. Er forderte den Beklagten auf, seiner vertraglichen Arbeitsverpflichtung vereinbarungsgemäß nachzukommen. Dies lehnte der Beklagte mit E-Mail vom 2. Dezember 2011 ab, da er bereits in einem neuen Arbeitsverhältnis stehe, welches er ab 1. Dezember 2011 wahrnehme. Darauf kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung außerordentlich fristlos, zugleich machte er die Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts geltend. Der Beklagte griff diese außerordentliche fristlose Kündigung nicht im Rechtsweg an.

7

Zur Begründung der am 28. Dezember 2011 anhängig gemachten, vorliegenden Klage hat der Kläger ausgeführt, der Beklagte habe die Vertragsstrafe nach Ziff. 14.5. des Arbeitsvertrages verwirkt. Denn er habe den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet. Dabei sei nicht auf die rechtliche Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die vom Beklagten erklärte fristgemäße Kündigung abzustellen. Diese sei nach Insolvenzeröffnung gemäß § 113 Satz 2 InsO zum nächstmöglichen Termin, also zum 29. Februar 2012 wirksam geworden. Es sei aber mit der Rechtsprechung des Senats unter einer „Beendigung“ des Vertrages die Lossagung vom Vertrag zu verstehen, wie sie der Beklagte schon mit seiner Kündigung angekündigt und mit seiner E-Mail vom 2. Dezember 2011 ausdrücklich bestätigt habe. Dies werde durch die Vertragsklausel hinreichend klar ausgedrückt, sodass diese auch nicht unter Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unwirksam anzusehen sei.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.800,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Zur Begründung seines Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte die Auffassung vertreten, er habe das Vertragsverhältnis zum Kläger fristgemäß, also zum 29. Februar 2012 beendet. Er habe nur die Erbringung der Arbeitsleistung eingestellt. Dies sei von der Vertragsstrafenklausel gerade nicht erfasst, die lediglich auf die (rechtliche) Beendigung des Vertrages abstelle. Jedenfalls ergäben sich aufgrund einer Auslegung solche Unklarheiten, dass die Vertragsbestimmung an sich als unwirksam anzusehen sei. Auch differenziere sie nicht danach, ob eine etwaige unfristige Beendigung auf Gründe aus der Sphäre des Arbeitgebers oder auf das Verschulden des Arbeitnehmers zurückzuführen sei.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den von ihm geltend gemachten Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht die geltend gemachte Vertragsstrafe nicht zu.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Durch sein Verhalten habe der Beklagte die Voraussetzungen für die Zahlung der Vertragsstrafe nicht erfüllt, weil er seinen Arbeitsvertrag nicht ohne Einhaltung „der Kündigungsfrist“ beendet habe. Mit der nach § 623 BGB zwingend erforderlichen schriftlichen Kündigung vom 11. November 2011 habe der Beklagte das Arbeitsverhältnis „zum nächstmöglichen Termin“ gekündigt. Damit sei die Kündigung nicht zum 30. November 2011, sondern, worin die Parteien übereinstimmten, zum Ablauf des 29. Februar 2012 erklärt worden, was nicht nur aus dem Wortlaut der Kündigung, sondern auch aus der mit ihr verbundenen Bitte um einen Aufhebungsvertrag hervorgehe.

13

In der vertragswidrigen Einstellung der Arbeitsleistung seitens des Beklagten ab dem 1. Dezember 2011 liege keine „Beendigung“ des Vertrages. Die bloße Nichtleistung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung stelle grundsätzlich keine Kündigung und somit auch keine Vertrags-„Beendigung“ dar.

14

Auch bei anderer Sichtweise verstoße die Klausel jedenfalls gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es stelle eine vermeidbare Unklarheit dar, wenn mit dem Begriff der „Beendigung des Vertrages“ auch bereits die Arbeitseinstellung ohne falsches Berufen auf einen Beendigungstatbestand erfasst worden sein sollte.

15

Zudem benachteilige die Vertragsstrafenklausel den Beklagten unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Auslegung der Klausel ergebe, dass sie auch für den Fall einer berechtigten außerordentlichen Kündigung des Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe durch ihn vorsehe. Insoweit bestehe jedoch kein anerkennenswertes Interesse des Klägers. Nach dem Arbeitsvertrag sei die Vertragsstrafe immer verwirkt, wenn der Arbeitnehmer den Vertrag „ohne Einhaltung der Kündigungsfrist“ beende, also ohne Einhaltung der in Ziff. 11.1. des Arbeitsvertrages vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende. Es heiße nicht „der jeweiligen Kündigungsfrist“. Damit erfasse die Vertragsstrafenklausel auch die Möglichkeit einer arbeitnehmerseitigen, berechtigten außerordentlichen Kündigung. Dies aber sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen.

16

B. Im Ergebnis hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Eine Auslegung der arbeitsvertraglichen Vertragsstrafenklausel ergibt, dass der Beklagte durch sein Verhalten die vereinbarte Vertragsstrafe nicht verwirkt hat.

17

I. Die Auslegung der Vertragsstrafenklausel in Ziff. 14.5. des Formulararbeitsvertrages ergibt, dass der Beklagte durch seine Kündigung vom 11. November 2011 und seine Arbeitseinstellung ab 1. Dezember 2011 die vereinbarte Vertragsstrafe nicht verwirkt hat.

18

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 23, BAGE 126, 198). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55; 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294).

19

2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht die Vertragsstrafenklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nach diesen Grundsätzen ausgelegt und geprüft.

20

a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der Ziff. 14.5. des Arbeitsvertrages vom 20. Mai 2009 um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handele, da die Klausel eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung sei, die die Schuldnerin dem Beklagten bei Abschluss des Arbeitsvertrages gestellt habe. An diese Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO). Ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff ist nicht erfolgt. Der Kläger hat die Tatsache der durch die Schuldnerin erfolgten Vorformulierung der Vertragsstrafenklausel in der Revisionsbegründung nicht in Abrede gestellt.

21

b) Nach der Rechtsprechung des Senats sind zwar Vertragsstrafenabreden in Formularverträgen nach § 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig, in formularmäßigen Arbeitsverträgen folgt aber aus der angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden(vgl. BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1). Dabei ist zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen (BAG 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 23, AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28).

22

c) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts, demzufolge die bloße Nichtleistung der vertraglich geschuldeten Leistung grundsätzlich keine Kündigung und damit keine Vertragsbeendigung darstellt.

23

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BAG 3. April 2007 - 9 AZR 867/06 - Rn. 29, BAGE 122, 64 = AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 22). Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreibt. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 26, AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28).

24

Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist nicht auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr abzustellen (Palandt/Grüneberg 73. Aufl. § 307 BGB Rn. 23).

25

bb) Rechtlich zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass nach diesen Grundsätzen die Vertragsstrafenklausel der Ziff. 14.5. des Arbeitsvertrages nur dann dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügt, wenn das die Vertragsstrafe auslösende Fehlverhalten des Arbeitnehmers präzise beschrieben ist. Dies steht einer sich vom Wortlaut lösenden und den Anwendungsbereich erweiternden Auslegung entgegen. Wenn die Schuldnerin mit der Formel „Beenden Sie den Vertrag …“ eine iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hinreichend bestimmte Vertragsklausel verwendet hat, so gilt dies nur für den Fall, dass die Klausel auf den Sachverhalt der „Vertragsbeendigung“ beschränkt wird. Ein Arbeitsvertrag wird aber weder im Zeitpunkt des Zugangs einer fristgemäßen Eigenkündigung noch durch die Einstellung der Arbeitsleistung rechtlich beendet. Ebenso trat keine Vertragsbeendigung dadurch ein, dass sich der Beklagte schon mit seinem Kündigungsschreiben vom 11. November 2011, jedenfalls aber mit seiner E-Mail vom 2. Dezember 2011, deutlich von seiner Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis auf Dauer losgesagt hat, obwohl ihm bewusst war, dass ein rechtlich wirksamer Beendigungstatbestand noch nicht eingetreten ist.

26

d) Es ist nicht zu entscheiden, was in der Vertragsstrafenklausel Ziff. 14.5. des Arbeitsvertrages unter Einhaltung „der“ Kündigungsfrist zu verstehen ist.

27

Das Berufungsgericht hat die Kündigung des Beklagten vom 11. November 2011 „zum nächstmöglichen Termin“ als fristgemäße Kündigung aufgefasst, die nach dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 29. Februar 2012 beenden sollte und damit „die“ Kündigungsfrist wahrte. Gegen dieses Auslegungsergebnis bestehen wegen des Transparenzgebotes des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB Bedenken. Diese sieht das Berufungsgericht selbst, wenn es auf S. 10, 2. Abs. der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils erkennt, dass ein durchschnittlicher Vertragspartner der Formulierung „der Kündigungsfrist“ entnehmen kann, dass auf eine konkrete Frist abgestellt wird. Zutreffend erkennen die Berufungsrichter weiter, dass es nahe liegt, damit die unter Ziff. 11.1. des Arbeitsvertrages vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende zu verstehen, andernfalls die Formulierung „der jeweiligen Kündigungsfrist“ nahegelegen hätte. Vor dem Hintergrund des Transparenzgebotes ist es nicht unproblematisch, die auf eine konkret vereinbarte vertragliche Kündigungsfrist bezogene Vertragsstrafenklausel auch auf den Sonderfall der Insolvenz und der dann spezialgesetzlich durch § 113 InsO geregelten besonderen Kündigungsfrist anzuwenden. Die Parteien des Arbeitsvertrages haben bestimmt, dass die Vertragsstrafe der Einhaltung der in Ziff. 11.1. vereinbarten arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende dienen soll.

28

e) Der Senat hat diese Frage jedoch nicht zu entscheiden, weil vorliegend die rechtliche Beendigung des Vertrages nicht durch den Beklagten, sondern durch den Kläger bewirkt wurde.

29

aa) Ziff. 14.5. des Arbeitsvertrages sieht, wie die nachfolgende Klausel, eine Vertragsstrafe nur für den Fall der Vertragsbeendigung durch den Arbeitnehmer („Sie“) vor. Die Kündigung des Beklagten vom 11. November 2011 hat jedoch den Arbeitsvertrag nicht, auch nicht zum 29. Februar 2012 als dem „nächstmöglichen Termin“ beendet. Vielmehr war es der Kläger, der das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 außerordentlich fristlos wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung des Beklagten gekündigt hat. Diese Kündigung hat mit Zugang beim Beklagten, der sie in der Folgezeit nicht angegriffen hat, das Arbeitsverhältnis beendet.

30

bb) Für diesen Fall der arbeitgeberseitigen Beendigung des Vertrages ist die Vertragsstrafe nach Ziff. 14.5. des Arbeitsvertrages nicht vereinbart worden. Sie sollte nur im Falle einer unfristigen Kündigung des Arbeitnehmers, also des Beklagten verwirkt sein. Daher kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte, etwa durch eine unberechtigte und beharrliche Verweigerung seiner Arbeitsleistung einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung des Klägers geschaffen hat. Dieser Fall ist von der Vertragsstrafenklausel des Arbeitsvertrages nicht erfasst. Der Kläger ist insoweit auf Schadensersatzansprüche nach § 628 Abs. 2 BGB zu verweisen. Dies deutet er auch selbst im Kündigungsschreiben an, mit dem er „hiermit einen Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB geltend“ macht. Rechtlich unzutreffend ist dagegen seine weitere Annahme im Kündigungsschreiben, er könne sich insoweit auf die „pauschale Vertragsstrafe gem. Ziff. 14.5 des Arbeitsvertrages“ berufen. Solches haben die Parteien des Arbeitsvertrages gerade nicht vereinbart.

31

II. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt schon wegen des insoweit klaren Wortlauts der arbeitsvertraglichen Vertragsstrafenklausel und wegen des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Betracht.

32

C. Der Kläger hat nach § 97 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Mallmann    

                 

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

1.
(Kurzfristige Preiserhöhungen)eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden;
2.
(Leistungsverweigerungsrechte)eine Bestimmung, durch die
a)
das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder
b)
ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird;
3.
(Aufrechnungsverbot)eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen;
4.
(Mahnung, Fristsetzung)eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen;
5.
(Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a)
die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b)
dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;
6.
(Vertragsstrafe)eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird;
7.
(Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a)
(Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
b)
(Grobes Verschulden)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgasts von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge;
8.
(Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung)
a)
(Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen)eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen;
b)
(Mängel)eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen
aa)
(Ausschluss und Verweisung auf Dritte)die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden;
bb)
(Beschränkung auf Nacherfüllung)die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten;
cc)
(Aufwendungen bei Nacherfüllung)die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 und 3 oder § 635 Absatz 2 zu tragen oder zu ersetzen;
dd)
(Vorenthalten der Nacherfüllung)der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht;
ee)
(Ausschlussfrist für Mängelanzeige)der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist;
ff)
(Erleichterung der Verjährung)die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird;
9.
bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat,
a)
eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags,
b)
eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses, es sei denn das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen, oder
c)
eine zu Lasten des anderen Vertragsteils längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer;
dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung zusammengehörig verkaufter Sachen sowie für Versicherungsverträge;
10.
(Wechsel des Vertragspartners)eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird
a)
der Dritte namentlich bezeichnet oder
b)
dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen;
11.
(Haftung des Abschlussvertreters)eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt,
a)
ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder
b)
im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung
auferlegt;
12.
(Beweislast)eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a)
diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b)
den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind;
13.
(Form von Anzeigen und Erklärungen)eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a)
an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b)
an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c)
an besondere Zugangserfordernisse;
14.
(Klageverzicht)eine Bestimmung, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen darf, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht hat;
15.
(Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistung)eine Bestimmung, nach der der Verwender bei einem Werkvertrag
a)
für Teilleistungen Abschlagszahlungen vom anderen Vertragsteil verlangen kann, die wesentlich höher sind als die nach § 632a Absatz 1 und § 650m Absatz 1 zu leistenden Abschlagszahlungen, oder
b)
die Sicherheitsleistung nach § 650m Absatz 2 nicht oder nur in geringerer Höhe leisten muss.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Januar 2008 - 25 Sa 888/07 - aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines Steuerzuschlages, der im Zusammenhang mit Beihilfeleistungen, die neben einer Betriebsrente gewährt werden, gezahlt wird.

2

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Deutschen Postgewerkschaft (hiernach: DPG). Für diese war der Kläger, der am 25. Januar 1938 geboren ist, seit dem 1. August 1961 als Gewerkschaftssekretär tätig. Seit dem 1. November 1997 erhält er gesetzliche Rente, zunächst als Erwerbsunfähigkeitsrente, ab dem 1. Februar 1998 als Altersrente. Nr. 5 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 30. März 1979 lautet:

        

„Auf das Vertragsverhältnis finden die Bestimmungen der Tarifregelung für die Beschäftigten der Deutschen Postgewerkschaft Anwendung. Die Vertragschließenden erkennen durch ihre Unterschriften die Rechtsverbindlichkeit der Tarifregelung in der jeweils geltenden Fassung an.“

3

Bei der Deutschen Postgewerkschaft galt die vom Hauptvorstand erlassene „Tarifregelung für die Beschäftigten der Deutschen Postgewerkschaft“ (im Folgenden: TR DPG). Satz 1 des § 1 „Geltungsbereich“ lautet:

        

„Diese Tarifregelung gilt

        

a)   

räumlich

                 

für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland,

        

b)   

persönlich

                 

für die ständig Beschäftigten der Deutschen Postgewerkschaft.“

4

Nach § 17 „Beihilfen, Unterstützungen“ galten Rechtsstandswahrungen gem. Anhang II. Gleiches galt nach § 26 „Versorgung der Beschäftigten“ hinsichtlich der „Gewerkschaftssekretäre/innen“. Die insoweit maßgeblichen Regelungen lauten auszugsweise:

        

„§ 17 

        

Beihilfen, Unterstützungen

        

Die nachfolgende Regelung gilt für die bis 31.8.1995 eingestellten Beschäftigten.

        

1.   

Auf Antrag können Beihilfen und in besonderen Fällen Unterstützungen gewährt werden.

        

2.   

Die Behandlung der Anträge erfolgt unter Beachtung der im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätze. …

        

6.   

Leistungen aus Beihilfen und Krankenkassen (privat oder gesetzlich) dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht übersteigen. Der so errechnete Beihilfebetrag wird um den jeweils auf der Grundlage der Nettoberechnung in Frage kommenden Steuerzuschlag erhöht.

        

…       

        

§ 26   

        

Versorgung der Beschäftigten

        

Die nachfolgende Regelung gilt für die bis 31.08.1995 eingestellten Beschäftigten.

        

I.       

Gewerkschaftssekretäre/innen

        

…       

        
        

6.   

Die DPG leistet zur Gesamtversorgung der unter diese Versorgungsregelung fallenden Beschäftigten und ihrer Hinterbliebenen einen Zuschuss.

                 

…       

        

7.   

Bei der Berechnung der Gesamtversorgung ist davon auszugehen, dass die Gesamtversorgung nach einer Beschäftigungszeit bei der DPG … von 10 Jahren 35 v.H. der Bruttobezüge beträgt und mit jedem weiter zurückgelegten Beschäftigungsjahr bis zum vollendeten 25. Beschäftigungsjahr 2 v.H., von da ab um 1 v.H. bis zum Höchstsatz von 75 v.H. steigt. Bei kürzerer als 10jähriger Beschäftigungszeit bei der DPG betragen die Versorgungsbezüge 35 v.H.

                 

…       

        

10.

Die Gesamtversorgung besteht aus

                 

a)   

Rentenbezügen aus der gesetzlichen Rentenversicherung,

                 

b)   

Leistungen aus der Unterstützungskasse des DGB,

                 

c)   

…       

                 

d)   

…       

                 

Soweit diese Leistungen die unter Ziffer 7. genannten Prozentsätze nicht erreichen, wird von der DPG der unter Ziffer 6. genannte Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen den anzurechnenden Leistungen aus der Gesamtversorgung und dem zu gewährenden Vomhundertsatz gezahlt.

                 

…“   

5

Hintergrund der Beihilferegelung in § 17 TR DPG war, dass bei der Deutschen Postgewerkschaft viele ehemalige und beurlaubte Beamte arbeiteten, denen im Vergleich zu den Regelungen im öffentlichen Dienst, wo Beihilfeleistungen steuerfrei sind, kein Nachteil entstehen sollte.

6

Der Kläger erhielt aus Anlass seiner Zurruhesetzung von der Abteilung Funktionäre/Personal des Hauptvorstandes der Deutschen Postgewerkschaft ein auf den 14. Juli 1998 datiertes Schreiben, das auszugsweise wie folgt lautet:

        

„…   

        

Lieber H,

        

entsprechend dem vorgelegten Rentenbescheid (Dir zugegangen am 04.04.1998) endete nach § 25 Abs. 2 der Tarifregelung für die Beschäftigten der DPG Dein Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des Monats April 1998. Deine Ansprüche aus § 17 (Beihilfen) und § 26 (Versorgung) a.a.O. bleiben bestehen.

        

Nachdem uns nunmehr auch der Leistungsbescheid der Unterstützungskasse des DGB (UK) vorliegt, haben wir Deine Gesamtversorgung berechnet und verweisen hierzu auf das beigefügte Berechnungsblatt. Maßgeblich für die Versorgung durch die DPG sind die Bestimmungen des § 26 I. der Tarifregelung. Auf die sich danach errechnende Gesamtversorgungszusage ab 01.05.1998 sind die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der UK anzurechnen. Da die Summe beider Leistungen die Gesamtversorgungszusage durch die DPG übersteigt, kommt eine zusätzliche Zahlung durch die DPG derzeit und soweit sich dies absehen läßt, nicht in Betracht.

        

…       

        

Deine Steuerkarte VI für 1998 ist uns inzwischen zugegangen. Wir benötigen diese auch in den folgenden Jahren wegen möglicher Beihilfeansprüche. Die Steuerkarte III ist dagegen jährlich der Unterstützungskasse vorzulegen.

        

…“   

7

Der Kläger erhält - entgegen der Annahme in dem aus Anlass seines Ausscheidens formulierten Schreiben - nicht nur eine gesetzliche Altersrente und eine von der Unterstützungskasse des DGB gezahlte Rente, sondern auch einen von der Beklagten geleisteten Zuschuss, der im Jahre 2006 156,06 Euro monatlich betrug. Zur Errechnung des von ihr zu zahlenden Zuschusses zur Gesamtversorgung verfügt die Beklagte über Angaben zu den Zahlungen der DGB-Unterstützungskasse und zur Höhe der gesetzlichen Rente.

8

Die Beklagte gewährt dem Kläger Beihilfeleistungen im Krankheitsfall entsprechend § 17 TR DPG und einen Steuerzuschlag. Den errechnet sie so, dass sie am Ende des Jahres aus Anlass der Abführung der Steuer die von ihr gewährten Versorgungsleistungen um die Beihilfeleistungen hochrechnet, die sich aus dem so erhöhten Bruttobetrag ergebende erhöhte Steuerpflicht ermittelt und den Bruttobetrag weiter so erhöht, dass dem Kläger die Beihilfeleistungen netto verbleiben. Als eigene Versorgungsleistung legt die Beklagte dabei nur den von ihr gezahlten Anteil an der Gesamtversorgung zugrunde. Unberücksichtigt bleiben der Teil der Gesamtversorgung, der von der DGB-Unterstützungskasse gezahlt wird, und der steuerpflichtige Ertragsanteil der gesetzlichen Rente.

9

Das von der Beklagten angewandte Verfahren führt dazu, dass die Steuerprogression(§ 32a EStG), die durch die Leistungen der DGB-Unterstützungskasse und den steuerpflichtigen Ertragsanteil der gesetzlichen Rente (§ 22 EStG) entsteht, sich bei der Hochrechnung nicht widerspiegelt. Das führt zu Nachforderungen gegenüber dem Kläger bei der Jahressteuererklärung. Ein Verbleib des von der Beklagten ermittelten und ausgezahlten Nettobetrages beim Kläger ist daher nicht gewährleistet.

10

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse als Grundlage der für den Steuerzuschlag notwendigen Nettoberechnung nicht nur die von ihr geleisteten Versorgungsleistungen berücksichtigen, sondern stattdessen den von ihr zugesagten Versorgungsgrad von 75 % der zuletzt bezogenen Bruttobezüge zugrunde legen, soweit dadurch eine Steuerpflicht ausgelöst wird.

11

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - rückständige Zahlungsansprüche für 2004 iHv. 801,80 Euro, 2005 iHv. 212,09 Euro und 2006 iHv. 1.198,48 Euro geltend gemacht und eine Feststellung dahingehend begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, entsprechend seiner Rechtsansicht zu verfahren.

12

Der Kläger hat insoweit zuletzt beantragt

        

1.   

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die durch Beihilfezahlungen erhöhte jährliche Einkommenssteuer des Einkommens des Klägers aufgrund des zugesagten Versorgungsgrades von 75 % der zuletzt bezogenen Bruttobezüge zu ersetzen,

        

2.   

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.212,37 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 801,80 Euro seit dem 1. Januar 2005, auf 212,09 Euro seit dem 1. Januar 2006 und auf 1.198,48 Euro seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

14

Sie hat behauptet, ihre Abrechnungsweise entspreche der Praxis, wie sie bereits früher die DPG angewandt habe.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage - auch hinsichtlich einiger weitergehender Ansprüche - mit Urteil vom 14. Februar 2007 abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 26. März 2007 zugestellt. Mit Schriftsatz derselben Prozessbevollmächtigten vom 24. April 2007, der per Fax am selben Tage und im Original am 25. April 2007 beim Landesarbeitsgericht einging, schrieb die Klägervertreterin Folgendes:

        

„In Sachen

        

C       

        

gegen

        

ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

        

Az.: 48 Ca 17086/06, Arbeitsgericht Berlin

        

legen wir gegen das Urteil vom 14.02.2007

        

Berufung

        

ein.

        

Antragstellung und Begründung erfolgen mit gesondertem Schriftsatz.“

16

Weitere Angaben, insbesondere zur Parteirolle und darüber, wen die unterzeichnende Prozessbevollmächtigte vertrat, enthielt der Schriftsatz nicht. Auf Aktenanforderung vom 26. April 2007 gingen die erstinstanzlichen Akten am 3. Mai 2007 beim Landesarbeitsgericht ein.

17

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - stattgegeben. Entgegen der von den Parteien benutzten Parteibezeichnung hat es dabei als beklagt bezeichnet „Ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Landesbezirk B“, jedoch Mitglieder des Bundesvorstandes der Gewerkschaft ver.di als vertretungsberechtigt angegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision, die die Parteibezeichnung des Landesarbeitsgerichts übernommen hat, erstrebt die Beklagte Klageabweisung insgesamt. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

19

I. Prozessuale Probleme stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.

20

1. Die Revision ist zulässig. Die fehlerhafte Parteibezeichnung in der Revisionsschrift ist unschädlich. Aus der Revisionsschrift ging eindeutig hervor, dass für die Partei, die tatsächlich Beklagte des Verfahrens ist, Revision eingelegt werden sollte.

21

2. Auch die - in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfenden(vgl. BAG 23. März 2004 - 3 AZR 35/03 - zu I 1 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 36 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 38) - Prozessfortführungsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere hat der Kläger innerhalb der Frist zur Einlegung der Berufung, die einen Monat seit Zustellung des arbeitsgerichtlichen Urteils beträgt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG) und damit am 26. April 2007 ablief, in ausreichender Weise Berufung eingelegt. Die notwendigen Angaben lagen dem Berufungsgericht vor.

22

Es entspricht einer ständigen, schon auf das Reichsgericht zurückgehenden Rechtsprechung sowohl des Bundesarbeitsgerichts als auch des Bundesgerichtshofs, dass zum notwendigen Inhalt einer Berufungsschrift die Erklärung gehört, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird. Sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesarbeitsgerichts muss diese Angabe allerdings nicht in der Rechtsmittelschrift selbst enthalten sein; es genügt, wenn sie sich innerhalb der Rechtsmittelfrist aus anderen, dem Gericht vorliegenden Unterlagen eindeutig entnehmen lässt(vgl. BAG 14. Juni 1989 - 2 AZB 5/89 - zu II 2 der Gründe, mit umfassenden Nachweisen). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist die Berufung rechtzeitig eingelegt:

23

Allerdings ist die Berufungsschrift bei Anlegung dieser Grundsätze unvollständig. Sie enthält keinerlei Angaben darüber, wen die Prozessbevollmächtigte des Klägers vertreten hat und für wen sie in dem von ihr angeführten Verfahren Berufung einlegen wollte. Dass der Kläger in der Berufungsschrift als Erster genannt wurde, ändert daran nichts. Daraus wird nicht ersichtlich, ob dies der Parteistellung im erstinstanzlichen oder im zweitinstanzlichen Verfahren entspricht. Auch dass der Kläger zugleich Berufungskläger gewesen ist macht keinen Unterschied, denn gerade dies war(anders als im Fall BGH 19. Mai 1983 - V ZB 14/83 - VersR 1983, 778) aus der Berufungsschrift nicht ersichtlich. Auch gingen die erstinstanzlichen Akten, denen die erforderlichen Angaben hätten entnommen werden können, nicht mehr innerhalb der Berufungsfrist, sondern erst am 3. Mai 2007 beim Landesarbeitsgericht ein.

24

Die notwendigen Angaben ließen sich jedoch aus anderen, dem Landesarbeitsgericht vorliegenden Unterlagen eindeutig entnehmen. Unterlage in diesem Sinne sind nicht nur schriftliche Unterlagen wie die Verfahrensakten, sondern auch elektronisch gespeicherte Daten, wenn sie in vergleichbarer Weise verfügbar sind. Insoweit besteht kein sachlicher Unterschied. Im vorliegenden Fall lagen dem Landesarbeitsgericht in elektronischer Form Unterlagen vor, denen alle notwendigen Angaben zu entnehmen waren. Die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass sowohl die Richter als auch die Geschäftsstellenmitarbeiter des Landesarbeitsgerichts auf ein Geschäftsstellenprogramm für die gesamte Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit Zugriff haben. Über eine Maske können sie, ohne dass es eines nennenswerten technischen Aufwandes bedarf, feststellen, welcher Prozessbevollmächtigte welche Partei erstinstanzlich vertreten hat. Feststellbar sind zudem das Datum der Entscheidung, gegen welche Partei die Entscheidung ergangen ist und der Tenor der Entscheidung. Voraussetzung für diese Feststellungen ist lediglich, dass - wie hier aufgrund der Angaben in der Berufungsschrift - das erkennende Gericht und das Aktenzeichen eines Verfahrens oder die Namen der Parteien bekannt sind.

25

3. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Auch der Feststellungsantrag ist als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO ohne Weiteres zulässig. Er ist auch bestimmt genug(§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die gebotene Auslegung ergibt, dass der Kläger den konkreten Steuernachteil erstattet haben möchte, der ihm durch die Leistung von Beihilfen entsteht, wenn man die Jahressteuerpflicht auf der Grundlage des steuerpflichtigen Teils seiner in die Berechnung der Gesamtversorgung einfließenden Bezüge errechnet.

26

II. Der Rechtsstreit ist an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Aufgrund der bisherigen Feststellungen steht nicht fest, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zusteht. Vielmehr bedarf es weiterer Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht(§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).

27

1. Ein Anspruch kann dem Kläger lediglich aus dem Eingangsabsatz des Austrittsschreibens der Abteilung Funktionäre/Personal des Hauptvorstandes der DPG vom 14. Juli 1998 zustehen. § 17 der Tarifregelungen der DPG unmittelbar gibt keinen Anspruch, da diese Tarifregelungen nach ihrem § 1 Satz 1 lediglich für die Beschäftigten der DPG gelten. Sie enthalten zwar in § 26 auch Bestimmungen über die Versorgung der Beschäftigten. Diese Regelung gibt den ausgeschiedenen Beschäftigten jedoch keinen Beihilfeanspruch.

28

2. Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht dem Kläger den noch streitgegenständlichen Teil seiner Forderung nach einer Auslegung des Austrittsschreibens iVm. § 17 TR DPG zugesprochen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass dem einzelnen Beschäftigten durch die Beihilfezahlungen kein steuerlicher Verlust entstehen, sondern die Beihilfe als Nettoleistung erhalten bleiben sollte. Grund sei gewesen, dass für Beschäftigte, die zuvor im Status eines Beamten gestanden hatten, durch die Beschäftigung bei der DPG keine Änderung der aus Krankenversicherung und Beihilfe bestehenden Absicherung eintreten sollte. Dies sei dem Kläger ua. mit dem Schreiben der DPG vom 14. Juli 1998 bestätigt worden.

29

Für die Aktivbeschäftigten hätten in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten bestanden, weil der Steuerzuschlag auf der Grundlage des von der Beklagten geschuldeten Jahresgehalts errechnet wurde. Lediglich dadurch, dass die Beklagte die Steuerschuld allein auf der Basis der von ihr geleisteten Zahlungen berechnet habe, hätten sich Probleme ergeben. Wegen der Steuerprogression sei der Steueranteil auf die Beihilfe als Teil der Gesamtbezüge höher als der, der sich aus den von der Beklagten unmittelbar geleisteten Zahlungen ergebe. Dadurch fließe dem Kläger die Beihilfe nicht netto zu und es tue sich eine Versorgungslücke auf, die er mit eigenen Mitteln schließen müsse. Das sei mit § 17 Nr. 6 TR DPG nicht vereinbar. Danach sei der Steuerzuschlag auf der Grundlage der Nettoberechnung zu errechnen.

30

Auch steuerrechtliche Argumente kämen der Beklagten nicht zugute. Auf die Praxis der DPG ist das Landesarbeitsgericht nicht eingegangen.

31

3. Damit ist die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich zu beanstanden und der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das ist unabhängig davon, ob die Inbezugnahme von § 17 TR DPG eine individuelle oder eine typische Erklärung darstellt.

32

a) Die revisionsrechtliche Prüfdichte für eine vom Landesarbeitsgericht gefundene Auslegung hängt davon ab, ob eine individuelle Willenserklärung oder eine typische Erklärung vorliegt. Die Auslegung individueller Willenserklärungen kann das Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Die Auslegung typischer Erklärungen unterliegt dagegen einer unbeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle(BAG 11. Dezember 2001 - 3 AZR 334/00 - zu I 2 a aa der Gründe, AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 11 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 80). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es um die Frage geht, ob mit einer Erklärung überhaupt eine rechtsgeschäftliche Bindung eingegangen werden soll (vgl. BGH 6. Dezember 2006 - XII ZR 97/04 - Rn. 26 ff., BGHZ 170, 152; ebenso wohl 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04 - Rn. 26, NJW-RR 2007, 1530).

33

b) Im vorliegenden Fall steht nicht eindeutig fest, ob eine individuelle oder eine typische Erklärung vorliegt. Wurde von der DPG bei den Austrittsschreiben hinsichtlich des Weiterbestehens von Ansprüchen auf Beihilfe und Versorgung in drei oder mehr Fällen(dazu BAG 15. September 2009 - 3 AZR 173/08 - Rn. 30, EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 13) dieselbe Formulierung verwendet, handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Das gilt auch, wenn in den Austrittsschreiben weitere, auf den Einzelfall zugeschnittene Formulierungen enthalten sind (vgl. für den vergleichbaren Fall handschriftlich ergänzter Formulare BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 114, 97).

34

Die Frage kann jedoch für das Revisionsverfahren dahinstehen, da das Landesarbeitsgericht tatsächliches Vorbringen unbeachtet gelassen hat, das auf Umstände hindeutet, die bei der Auslegung sowohl individueller als auch typischer Erklärungen heranzuziehen wären.

35

c) Geht man davon aus, dass eine individuelle Willenserklärung vorliegt, gilt Folgendes:

36

aa) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch(BAG 2. Juli 2009 - 3 AZR 501/07 - Rn. 19 mwN, AP BetrAVG § 1b Nr. 9).

37

Dass auch arbeitsrechtliche Vereinbarungen, wenn sie - wie hier - vom Arbeitgeber gestellt sind, Verbraucherverträge darstellen(BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V 1 der Gründe, BAGE 115, 19), ändert an diesen Auslegungsgrundsätzen nichts. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB steht nicht entgegen. Diese Bestimmung weist zwar die den Vertragsschluss begleitenden Umstände der Wirksamkeitsprüfung zu und steht damit ihrer Berücksichtigung bei der Auslegung entgegen (vgl. BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 22, BAGE 116, 267). Diese Folge der Regelung betrifft aber nur Allgemeine Geschäftsbedingungen, also für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen. Nur dann sind individuelle Umstände für die Bedeutung derartiger Regelungen nicht aussagekräftig (noch offengelassen BAG 19. Januar 2010 - 3 AZR 191/08 - Rn. 15).

38

Hat der Arbeitgeber - wie hier - eine Regelung geschaffen, gilt ergänzend die Unklarheitenregel. Er muss bei Unklarheiten die für ihn ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen. Das ergibt sich nunmehr für Verbraucherverträge aus § 310 Abs. 3 Nr. 2 iVm. § 305c Abs. 2 BGB, galt aber auch bereits vor deren Inkrafttreten aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes(vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 17 ff., AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18).

39

bb) Diesen Auslegungsregeln ist das Landesarbeitsgericht nicht in vollem Umfange gerecht geworden. Vielmehr ergibt sich weiterer Aufklärungsbedarf, weil das Landesarbeitsgericht Behauptungen der Beklagten über wesentliche Tatsachen bei seiner Auslegung außer Acht gelassen und den Sachverhalt nicht in vollem Umfange aufgeklärt hat.

40

(1) Das Landesarbeitsgericht ist ohne Weiteres davon ausgegangen, dass sich die DPG durch das Austrittsschreiben rechtsgeschäftlich binden wollte. Das ist möglich, aber nicht zwingend.

41

Die Formulierung, in der es heißt, die Ansprüche aus § 26 und § 17 TR DPG „bleiben bestehen“ ist zunächst deskriptiv, lediglich beschreibend. Hinsichtlich der Erwähnung von § 26 TR DPG über die Versorgung handelt es sich eindeutig lediglich um eine Darstellung des Rechtszustandes, wie er bereits aus den TR DPG folgte. Stellt man allerdings beim Verweis im Austrittsschreiben auf § 17 TR DPG allein auf die Tarifregelung ab, kommt eine lediglich beschreibende Bedeutung des Austrittsschreibens insoweit nicht in Betracht. § 17 TR DPG galt gerade nicht für Ruheständler. Eine Auslegung der Erklärung im Austrittsschreiben als lediglich beschreibende Formulierung wäre jedoch denkbar, wenn damit lediglich der Hinweis auf eine anderweitig begründete Praxis verbunden gewesen sein sollte.

42

In diesem Zusammenhang kommt der streitigen Behauptung der Beklagten, schon die DPG sei bei der Berechnung des Steuerzuschlages so vorgegangen wie sie, möglicherweise Bedeutung zu. Für die Frage, ob tatsächlich ein Rechtsbindungswille der DPG vorlag, kann entscheidend sein, ob unabhängig von konkreten Zusagen an die ausscheidenden Arbeitnehmer eine aus anderen Gründen rechtsverbindliche Praxis bestand, auf die die DPG beschreibend Bezug nehmen konnte und möglicherweise Bezug genommen hat. Darauf könnte die Behauptung der Beklagten, soweit sie sich bestätigen sollte, hindeuten. Die damit im Zusammenhang stehenden Fragen hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend aufgeklärt.

43

(2) Auch wenn man zu dem Ergebnis kommt, die DPG als Rechtsvorgängerin der Beklagten habe sich durch das Austrittsschreiben binden wollen, kommt es für die Frage, in welcher Weise sie sich hat binden wollen, möglicherweise auf eine bestehende Praxis bei der DPG an. Denkbar erscheint, dass die Anwendung des § 17 TR DPG lediglich entsprechend der tatsächlichen Praxis verpflichtend werden sollte. Auch insoweit kann die streitige Behauptung der Beklagten über die Praxis bei der DPG von Bedeutung sein.

44

(3) Neben der noch aufzuklärenden Praxis bei der DPG kommen allerdings noch weitere Aspekte bei der Auslegung in Betracht. Die Überlegungen des Landesarbeitsgerichts sind insoweit nicht zu beanstanden.

45

Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich die Richtigkeit ihrer Berechnungsmethode nicht bereits aus dem Begriff „Nettoberechnung“. Zwar stellt der Begriff „netto“ regelmäßig lediglich auf die Abzüge von Entgeltzahlungen ab(vgl. nur BAG 24. Juni 2003 - 9 AZR 302/02 - zu A II 2 c aa der Gründe, BAGE 106, 345; 1. Oktober 2002 - 9 AZR 298/01 - zu II 1 a bb der Gründe). Gölte dies auch hier, wäre in der Tat auf die von der Beklagten vorzunehmenden Abzüge abzustellen. Eine derartige Auslegung gilt jedoch nicht ausnahmslos. Nach den Umständen des Falles können Regelungen, die auf einen Nettobetrag Bezug nehmen, auch anders auszulegen sein (BAG 26. August 2009 - 5 AZR 616/08 - Rn. 17, USK 2009-71).

46

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht als Argument für eine andere Auslegung hier darauf abgestellt, dass § 17 Nr. 6 TR DPG dazu dient, die steuerlichen Nachteile der Beihilfezahlung beim Arbeitgeber, im Falle des Klägers also bei der Beklagten als Versorgungsschuldnerin, zu belassen. Die DPG war daran interessiert, ihren Arbeitnehmern, die aus einem Beamtenverhältnis kamen, Vergünstigungen wie in einem Beamtenverhältnis zu gewähren. Damit musste sie die Steuerfreiheit der Beihilfeleistungen sicherstellen. Soweit deshalb § 17 TR DPG den Begriff „Nettoberechnung“ verwendet, bedeutet dies vor dem Hintergrund dieses Zweckes lediglich, dass steuerliche Effekte außerhalb des Rechtsverhältnisses zwischen der Arbeitgeberin, nunmehr Versorgungsschuldnerin, und dem Berechtigten unberücksichtigt zu lassen sind. Dabei geht es um die Auswirkungen weiterer Einnahmen, die die Progression weiter erhöhen. Sie spielen bei der Berechnung keine Rolle.

47

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht für seine Auslegung auch berücksichtigt, dass der so zugrunde gelegte Zweck von § 17 TR DPG im Rahmen eines Versorgungsverhältnisses nur erreicht werden kann, wenn alle bei der Gesamtversorgung zu berücksichtigenden steuerpflichtigen Altersbezüge in die Berechnung des Steuerzuschlages einbezogen werden.

48

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht auch zu Recht angenommen, dass einer Auslegung einkommenssteuerrechtliche Gründe nicht entgegenstehen. Das Einkommenssteuerrecht regelt lediglich die Verpflichtung des Versorgungsschuldners, von den geleisteten Zahlungen zunächst Abzüge zu machen und an die Finanzverwaltung abzuführen(§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, §§ 38 ff. EStG). Diese steuerrechtlichen Verpflichtungen sind den arbeitsrechtlichen Verpflichtungen nachgelagert. Die steuerrechtlichen Verpflichtungen bestimmen nicht, was arbeitsrechtlich gilt. Das Begehren des Klägers richtet sich nicht dahin, dass die Beklagte ihre einkommenssteuerrechtlichen Verpflichtungen als Versorgungsschuldner nicht einhalten soll.

49

d) Sollte es sich bei den fraglichen Erklärungen um typische Erklärungen handeln, gilt Folgendes:

50

aa) In diesem Fall gelten für die Auslegung die für Allgemeine Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätze. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei sind die den Vertragsschluss begleitenden Umstände gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB nicht bei der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern bei der Prüfung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen(BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 22, BAGE 116, 267).

51

Von den den Vertragsschluss begleitenden Umständen sind jedoch die äußeren Umstände, die zum Vertragsschluss geführt haben, zu unterscheiden. Dabei geht es um Umstände, die für einen verständigen und redlichen Vertragspartner Anhaltspunkte für eine bestimmte Auslegung des Vertrages gegeben haben(vgl. BAG 6. September 2006 - 5 AZR 644/05 - Rn. 14). Da Allgemeine Geschäftsbedingungen einheitlich auszulegen sind, kommen insoweit jedoch nur allgemeine Umstände in Betracht, die auf einen verallgemeinerbaren Willen des Verwenders schließen lassen. Umstände, die den konkreten Vertragsabschluss im Einzelfall betreffen, sind nur zu berücksichtigen, wenn es darum geht, zu ermitteln, ob im konkreten Einzelfall die Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden haben (vgl. dazu BAG 15. September 2009 - 3 AZR 173/08 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 13).

52

Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders. Diese Unklarheitenregel folgt nunmehr aus § 305c BGB. Sie galt aber auch bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes(vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 17 ff., AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18).

53

bb) Auch bei Anlegung dieser Grundsätze bedarf es der Aufklärung, inwieweit durch die Verwendung der Formulierung, wie sie im vorliegenden und weiteren Austrittsschreiben gebraucht wurde, bei allgemeiner Betrachtung nur eine beschreibende Aussage zu entnehmen ist oder, falls von einem Rechtsbindungswillen auszugehen ist, dieser lediglich eine bereits geübte Praxis verpflichtend in Bezug nahm. Auch insoweit gibt der streitige Vortrag der Beklagten Anlass zu weiteren Aufklärungen. Entscheidend ist dabei jedoch nicht auf das konkrete Verständnis, das der Kläger haben konnte, abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr, wie die allgemein von der Abteilung Personal/Funktionäre gebrauchte Formulierung generell zu verstehen ist.

54

Im Übrigen gilt hinsichtlich der Interessenlage das bereits oben - II. 3. c) bb) (3) - Gesagte auch hier.

55

e) Soweit das Landesarbeitsgericht die Anwendung der Unklarheitenregel in Betracht zieht, wird es Folgendes zu beachten haben: Eine Unklarheit in diesem Sinne besteht nur, wenn nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt. Sie setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Unklarheitenregel nicht (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 14, BAGE 124, 259).

        

    VRiBAG Dr. Reinecke
ist in den Ruhestand getreten
und deshalb verhindert,
die Unterschrift zu leisten
Zwanziger    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    H. Kappus    

        

    H. Frehse    

                 

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Juni 2012 - 6 Sa 333/12 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Dezember 2011 - 11 Ca 2075/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte der Klägerin bereits ab der Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersversorgung schuldet.

2

Die am 23. Januar 1963 geborene Klägerin ist seit dem 16. Januar 1986 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die die berufliche Vertretung der Ärztinnen und Ärzte wahrnimmt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 31. Juli 1986 ist ua. geregelt:

        

„Im übrigen richten sich die Arbeitsbedingungen, wie Urlaub, Weiterzahlung des Gehaltes im Krankheitsfalle usw. nach dem Bundesangestelltentarifvertrag mit Ausnahme des § 46 des BAT, der die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung beinhaltet, da die Ärztekammer Nordrhein eine solche in eigener Regie eingerichtet hat.“

3

Die Beklagte gewährt ihren Angestellten seit 1959 eine betriebliche Altersversorgung nach den von ihr erstmals zum 1. Juli 1959 erstellten Richtlinien der „Alters- und Hinterbliebenenversorgung für die Angestellten der Ärztekammer Nordrhein“ (im Folgenden AHV). Die AHV in der Fassung vom 1. Juli 1959 enthalten ua. die folgende Bestimmung:

        

㤠3

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung wird nur dann gewährt, wenn der Angestellte fünf Jahre in den Diensten der Ärztekammer gestanden hat (Wartezeit) und nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Ärztekammer ausgeschieden oder vor Vollendung des 65. Lebensjahres in den Diensten der Ärztekammer arbeitsunfähig geworden ist.“

4

Die AHV 1959 wurden in der Folgezeit vom Vorstand der Ärztekammer mehrfach geändert. So beschloss der Vorstand der Ärztekammer am 6. Mai 1970 auf Anregung des Personalrats die „Einführung einer Altersrente für weibliche Angestellte bereits ab dem 60. Lebensjahr“. Am 5. Dezember 1973 fasste der Vorstand der Ärztekammer - auf Bitten des Personalrats - den folgenden Beschluss:

        

„Analog zum Rentenversicherungsrecht kann die Alters- und Hinterbliebenenversorgung bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt werden.“

5

Die letzte Änderung der AHV vom 5. November 1991 betraf die Berechnung der Versorgungsbezüge. Die AHV idF vom 5. November 1991 (im Folgenden AHV 1991) lauten auszugsweise:

        

„§ 1   

        

Kreis der Bezugsberechtigten

        

1)    

Alters- und Hinterbliebenenversorgung können nur den Angestellten gewährt werden, die nicht vor Inkrafttreten dieser AHV aus den Diensten der Ärztekammer Nordrhein ausgeschieden sind. …

        

…       

        

§ 2     

        

Festsetzung und Art der Versorgungsbezüge

        

1)    

Die Versorgungsbezüge setzt der Verwaltungsausschuß fest. Bei der Entscheidung über die Gewährung dieser Leistungen soll der Verwaltungsausschuß von den Grundsätzen der nachfolgenden Bestimmungen ausgehen, soweit er nicht im Einzelfall nach seinem Ermessen Abweichungen für zweckmäßig hält. Die Grundsätze der §§ 2 bis 7 dienen dazu, einen Anhalt über die sinngemäße Erfüllung der Aufgaben dieser Versorgung zu geben. Sie können und sollen jedoch nicht einen Maßstab für alle vorkommenden Fälle abgeben. Es ist vielmehr Aufgabe des Verwaltungsausschusses, die Leistungen so festzusetzen, daß den besonderen Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen wird und daß Härten vermieden werden. ...

        

2)    

Versorgungsbezüge werden nur dann gewährt, wenn der/die Angestellte fünf Jahre in den Diensten der Ärztekammer gestanden hat (Wartezeit) und nach Vollendung des 63. Lebensjahres, bei weiblichen Mitarbeitern nach Vollendung des 60. Lebensjahres, aus den Diensten der Ärztekammer ausgeschieden oder vor Vollendung des 63. Lebensjahres, bei weiblichen Mitarbeitern vor Vollendung des 60. Lebensjahres, in den Diensten der Ärztekammer dienstunfähig geworden ist. ...

        

…       

        
        

5)    

In besonderen Fällen können Versorgungsbezüge auch dann gewährt werden, wenn der/die Angestellte noch nicht fünf Jahre in den Diensten der Ärztekammer gestanden hat oder vor Vollendung des 63. Lebensjahres, bei weiblichen Mitarbeitern vor Vollendung des 60. Lebensjahres, aus den Diensten der Ärztekammer entlassen wurde, ohne dienstunfähig geworden zu sein.

        

§ 3     

        

Berechnung der Versorgungsbezüge

        

1)    

Die Altersversorgung berechnet sich aus den versorgungsfähigen Dienstbezügen. …

                 

Die Altersversorgung wird berechnet nach Ablauf der Wartezeit mit 35 v. H. der versorgungsfähigen Dienstbezüge und erhöht sich in den folgenden 20 Dienstjahren mit jedem vollendeten Dienstjahr, frühestens jedoch vom vollendeten 30. Lebensjahr an, um 1 1/2 v. H. und von da an um 1 v. H. bis auf höchstens 75 v. H.. Dabei rechnen die Dienstjahre von dem Ersten des Kalendermonats an, der dem Ablauf der Wartezeit bzw. der Vollendung des 30. Lebensjahres folgt.

        

…       

        
        

§ 6     

        

Zahlung, Anrechenbarkeit, Zusammentreffen und Ausschluß von Versorgungsbezügen und Kinderzulagen

        

…       

        
        

3)    

Versorgungsbezüge und Kinderzulagen werden gekürzt um die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, um die Ruhegelder, Witwen- und Witwergelder, Waisengelder und Kinderzulagen des Staates, der Gemeinden, der Körperschaften des öffentlichen Rechts, oder um sonstige laufende Versorgungsbezüge aus öffentlicher oder privater Hand. Nicht angerechnet werden jedoch Ansprüche aus privaten Versicherungen oder aus freiwilligen Zusatz- oder Weiterversicherungen oder aus sonstigen Einkünften aus Privatvermögen. Falls sich ein (e) Angstellte (r) Beiträge aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder aus den Zusatzversorgungskassen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Körperschaften des öffentlichen Rechts hat erstatten lassen, zu denen die Ärztekammer Nordrhein Arbeitgeberanteile gewährt hat, so hat die Anrechnung unter Einbeziehung dieser Zeiten zu erfolgen, sofern die Zeiten der Beitragserstattung dem/der Angestellten als Dienstzeit nach § 3 Abs. 1 angerechnet werden. Jeder Monat, für den Beiträge erstattet wurden, ist mit einem Steigerungsbetrag von 0,125 zu bewerten und der Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bzw. den Zusatzversorgungskassen hinzuzurechnen.

        

…       

                 
        

§ 10   

        

Schluß- und Übergangsbestimmungen

        

(1)     

Die Angestellten und deren Angehörige sind verpflichtet, dem Verwaltungsausschuß die Angaben zu machen, die nach dieser AHV für die Berechnung von Versorgungsbezügen von Bedeutung sind. Danach sind insbesondere die Bezüge mitzuteilen, die nach §§ 6 Abs. 3 und 5 Abs. 2 bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge angerechnet werden.

        

…       

        
        

§ 11   

        

Inkrafttreten

                 

Diese AHV tritt mit Wirkung vom 1. Juli 1959 in Kraft.

                 

- Geändert durch Beschluß des Vorstandes am 06. Mai 1970, 5. Dezember 1973, 2. Oktober 1974 und 5. Oktober 1977, 7. November 1984, BA 5. November 1991.“

6

Im Oktober 1998 beschloss der Vorstand der Ärztekammer, die Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach den AHV 1991 mit Ablauf des 31. Oktober 1998 für alle nach diesem Datum eintretenden Mitarbeiter zu schließen.

7

Mit Schreiben vom 15. November 2010 teilte die Beklagte den Mitarbeitern, so auch der Klägerin, mit:

        

Voraussetzungen für den Bezug der betrieblichen Altersrente nach der Alters- und Hinterbliebenenversorgung (AHV) vom 01.07.1959

        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

die Anhebung der Altersgrenzen im gesetzlichen Rentenrecht hat bei uns schon zu vielen Rückfragen nach dem Zeitpunkt für den Bezug der betrieblichen Altersrente geführt. Wir nehmen dies zum Anlass, die mit der Anhebung verbundenen Auswirkungen auf das hiesige Alters- und Hinterbliebenensystem 1959 Ihnen auch in Schriftform aufzuzeigen. …

        

…       

        

Unabhängig davon möchten wir Ihnen jedoch zum heutigen Zeitpunkt bereits die wichtige Information geben, wann Sie berechtigt sind, die betriebliche Altersversorgung nach der AHV 1959 zu beziehen.

        

Das ist frühestens dann der Fall, wenn Sie bei bzw. nach Erreichen der dort festgelegten und für Sie relevanten Altersgrenze aus den Diensten unseres Hauses ausgeschieden sind und zudem den Bezug der gesetzlichen Altersrente nachweisen können. ...

        

Der Bezug einer gesetzlichen Altersrente war schon immer eine entscheidende Voraussetzung für den Anspruch auf unsere betriebliche AHV-Altersrente. Bei diesem Regelwerk handelt es sich um eine sogenannte Gesamtversorgung, die nur zusammen mit der gesetzlichen Rentenversicherung das angestrebte Versorgungsniveau finanziert. Somit ist die betriebliche Leistung eine Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeitnehmer.

        

Um diese Ergänzungsfunktion erfüllen zu können, knüpft die AHV 1959 in vielen Details an die Eckdaten der gesetzlichen Rentenversicherung an und trägt so wie diese in den Fällen des Alters, der Invalidität und des Todes als zweiter Baustein der Gesamtversorgung zu einer guten Versorgung bei. Aus dieser Parallelität und Ergänzungsfunktion der betrieblichen Altersversorgung folgt zwangsläufig, dass beide Komponenten nur zusammengenommen die Versorgung bilden.

        

Die ergänzende betriebliche Altersversorgung kann daher nicht früher beginnen, als die Altersleistung der gesetzlichen Rentenversicherung.

        

Im Regelfall bedeutet dies also, dass Personen ab Geburtsjahrgang 1952 aufgrund der Anhebung der gesetzlichen Altersgrenzen die betriebliche Altersrente nach der AHV 1959 in der Regel frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres beziehen können. …“

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe die Altersversorgung nach den AHV 1991 ab Vollendung des 60. Lebensjahres unabhängig davon zu, ob sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen Anspruch auf die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe. Die AHV 1991 setzten den Bezug der Sozialversicherungsrente nicht voraus. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 2 AHV 1991. Diese Bestimmung enthalte eine „feste“ Altersgrenze, bei deren Erreichen ihr im Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten die Altersversorgung ohne Weiteres zu gewähren sei. Bei den AHV 1991 handele es sich nicht um eine klassische Gesamtversorgungszusage. Eine Auslegung der AHV 1991 dahin, dass die Altersversorgung nur in Anspruch genommen werden könne, wenn - zusätzlich zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten - auch eine gesetzliche Altersrente bezogen werde, verstoße gegen das Transparenzgebot iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und müsse deshalb ausscheiden.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie nach ihrem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres die zugesagten Leistungen gemäß den Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung (AHV) vom 1. Juli 1959 in der gültigen Fassung vom 5. November 1991 zu erbringen, auch wenn sie noch keine Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält und ohne dass eine fiktive Rentenleistung angerechnet wird.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zu gewähren, wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.

13

I. Die Klage ist zulässig.

14

1. Die Klägerin begehrt mit der Klage - in der gebotenen Auslegung - die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres auch dann eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zu gewähren, wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nimmt. Darüber hinaus möchte die Klägerin festgestellt wissen, dass die Beklagte in diesem Fall auch nicht berechtigt ist, auf ihre Versorgungsbezüge eine fiktive Sozialversicherungsrente anzurechnen.

15

2. In dieser Auslegung ist die Klage zulässig.

16

a) Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO können nur Rechtsverhältnisse sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder - wie vorliegend - auf bestimmte Verpflichtungen sowie den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 14 mwN, BAGE 146, 200).

17

b) Die Klägerin hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung des Rechtsverhältnisses, da die Beklagte die Verpflichtung, deren Feststellung die Klägerin begehrt, in Abrede stellt.

18

II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zu gewähren, wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Gewährung einer Altersversorgung nach den AHV 1991 erfordere nach § 2 Abs. 2 AHV 1991 lediglich, dass die Angestellte die fünfjährige Wartezeit erfüllt hat und nach Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausscheidet. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts setzt § 2 Abs. 2 AHV 1991 - ebenso wie § 6 BetrAVG - für die Gewährung einer Altersversorgung den Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voraus. Dies ergibt die - auch dem Revisionsgericht obliegende (vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11 - Rn. 17 mwN) - Auslegung der AHV 1991 nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen maßgebenden Grundsätzen.

19

1. Die AHV 1991 finden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Dies folgt daraus, dass die Versorgungszusage der Beklagten dynamisch zu verstehen ist.

20

a) Die Beklagte hat ihren Mitarbeitern - wie von den Parteien übereinstimmend vorgetragen - Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den AHV im Wege einer Gesamtzusage zugesagt. Der Arbeitgeber, der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Wege einer Gesamtzusage verspricht, will diese Leistungen nach einheitlichen Regeln, dh. als System erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Der Arbeitgeber sagt daher mit einer Gesamtzusage im Regelfall nur eine Versorgung nach den jeweils bei ihm geltenden Versorgungsregeln zu. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf die von ihr erfassten Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Soll sich die Versorgung dagegen ausschließlich nach den bei Erteilung der Gesamtzusage geltenden Versorgungsbedingungen richten, muss der Arbeitgeber dies in der Gesamtzusage - anders als hier geschehen - deutlich zum Ausdruck bringen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zum Vorbehalt eines vertraglichen Widerrufs (vgl. etwa BAG 26. April 1988 - 3 AZR 277/87 - BAGE 58, 167) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht länger fest.

21

b) Ob die AHV darüber hinaus auch aufgrund einer im Arbeitsvertrag der Klägerin vom 31. Juli 1986 enthaltenen konstitutiven Verweisung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre die Inbezugnahme der AHV dynamisch, sodass die AHV in ihrer zuletzt gültigen Fassung, mithin die AHV 1991 Anwendung finden würden. Bezugnahmen auf außerhalb des Arbeitsvertrags liegende Versorgungsvorschriften sind nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich dynamisch. Soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, verweisen sie daher auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen (vgl. etwa BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 723/12 - Rn. 29 mwN). Für gegenteilige Anhaltspunkte ist nichts vorgetragen, solche sind auch sonst nicht ersichtlich.

22

2. Die AHV 1991 sind nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen maßgebenden Grundsätzen auszulegen.

23

a) Die AHV 1991 enthalten Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die von der Beklagten vorformulierten AHV 1991 finden auf eine Vielzahl von Arbeitsverträgen Anwendung. Die einzelnen Bestimmungen der AHV sind daher Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB.

24

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist zwar in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser jedoch nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragszweck aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. etwa BAG 23. April 2013 - 3 AZR 475/11 - Rn. 15 mwN, BAGE 145, 43).

25

3. Die Auslegung der AHV 1991 in Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass § 2 Abs. 2 AHV 1991 mit der Anknüpfung an das 60. Lebensjahr - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - keine Altersgrenze festlegt, bei deren Erreichen ihr im Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach Erfüllung der Wartezeit ohne Weiteres Versorgungsbezüge zustünden, sondern dass die Bestimmung - ebenso wie § 6 BetrAVG - auch den Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voraussetzt.

26

a) Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich die Frage, ob die Gewährung einer Altersversorgung nach den AHV 1991 lediglich voraussetzt, dass die Angestellte die fünfjährige Wartezeit erfüllt hat und nach Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden ist, nicht allein nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 2 AHV 1991 beantworten. Der Wortlaut von § 2 Abs. 2 AHV 1991 ist nicht eindeutig. Die Formulierung in § 2 Abs. 2 AHV 1991, wonach Versorgungsbezüge „nur“ dann gewährt werden, wenn die in § 2 Abs. 2 AHV 1991 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob die Gewährung einer Altersversorgung ausschließlich die Erfüllung der Wartezeit und ein Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten nach Vollendung des 60. Lebensjahres - für Frauen - bzw. des 63. Lebensjahres - für Männer - voraussetzt oder ob es sich hierbei lediglich um notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen handelt, sodass für einen Anspruch auf die Altersversorgung nach den AHV 1991 noch weitere Erfordernisse erfüllt sein müssten.

27

b) Jedoch folgt aus dem Regelungszusammenhang von § 2 Abs. 2 AHV 1991, dass ein Anspruch auf Zahlung einer Altersversorgung nach den AHV 1991 erst besteht, wenn die Angestellte die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen kann. Die Regelung knüpft für Frauen an die Vollendung des 60. und für Männer an die Vollendung des 63. Lebensjahres an. Diese unterschiedliche Regelung lässt sich nur durch den Bezug auf das mögliche Renteneintrittsalter in der gesetzlichen Rentenversicherung erklären. Mit der Anknüpfung an die Zeit „nach Vollendung des 60. Lebensjahres“ wird daher der Zeitpunkt in Bezug genommen, ab dem die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von Frauen frühestens bezogen werden kann.

28

aa) Die Festlegung einer Altersgrenze für Frauen auf die Zeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres und für Männer auf die Zeit nach Vollendung des 63. Lebensjahres in § 2 Abs. 2 AHV 1991 lässt erkennen, dass die Bestimmung an den Zeitpunkt anknüpfen will, ab dem gesetzliche Altersrente vorzeitig bezogen werden konnte.

29

Seit dem 1. Januar 1957 bestand für Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung die Möglichkeit, Altersruhegeld ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch zu nehmen, wenn sie die Wartezeit erfüllt und in den letzten 20 Jahren überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hatten (§ 25 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) idF des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten [Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz - AnVNG] vom 23. Februar 1957, BGBl. I S. 88). Für männliche Versicherte gab es seit dem 1. Januar 1973 die Möglichkeit, bereits ab der Vollendung des 63. Lebensjahres ein Altersruhegeld zu beziehen, wenn sie 35 anrechnungsfähige Versicherungsjahre zurückgelegt hatten, in denen mindestens eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten enthalten sein musste (§ 25 Abs. 1 AVG idF des Gesetzes zur weiteren Reform der gesetzlichen Rentenversicherungen und über die Fünfzehnte Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung [Rentenreformgesetz - RRG] vom 16. Oktober 1972, BGBl. I S. 1965).

30

Auch zum Zeitpunkt der letzten Änderung der AHV am 5. November 1991 entsprachen die Altersgrenzen in § 2 Abs. 2 AHV 1991 noch dem für die gesetzliche Altersrente maßgeblichen frühesten Rentenzugangsalter und knüpften damit ersichtlich an dieses an. Nach § 25 Abs. 1 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung vom 1. Januar 1987 (im Folgenden AVG 1987) hatten langjährig Versicherte weiterhin unverändert die Möglichkeit, bereits ab der Vollendung des 63. Lebensjahres ein Altersruhegeld zu beziehen. Weiblichen Versicherten wurde auf Antrag ab der Vollendung des 60. Lebensjahres ein Altersruhegeld gewährt, wenn sie in den letzten 20 Jahren überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt und eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt hatten (§ 25 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 2 AVG 1987).

31

bb) Der Umstand, dass zum Zeitpunkt der letzten Änderung der AHV im November 1991 eine Änderung der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen durch das bereits am 18. Dezember 1989 verkündete Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) absehbar war, führt zu keiner anderen Bewertung. Auch nach den zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VI bestand weiterhin sowohl für Frauen als auch für Männer die Möglichkeit, eine gesetzliche Altersrente frühestens mit dem 60. bzw. 63. Lebensjahr in Anspruch zu nehmen. Nach § 39 SGB VI idF vom 1. Januar 1992 (im Folgenden SGB VI 1992) hatten versicherte Frauen Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet und nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Pflichtbeitragszeiten sowie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt hatten. Eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren sah § 41 SGB VI 1992 erst für versicherte Frauen vor, die nach dem 31. Dezember 1940 geboren wurden. Frauen früherer Geburtsjahrgänge konnten dagegen auch nach Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 weiterhin eine Altersrente bereits mit 60 Jahren beanspruchen. Unabhängig davon räumte § 41 Abs. 1 SGB VI 1992 Versicherten, die bis (einschließlich) zum 31. Dezember 1948 geboren worden waren, das Recht ein, die Altersrente für Frauen bereits mit dem 60. Lebensjahr vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus bestimmte § 36 SGB VI 1992 weiterhin, dass Versicherte, die das 63. Lebensjahr beendet und eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hatten, Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte hatten. Eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze 63 auf 65 erfolgte gemäß § 41 Abs. 2 SGB VI 1992 erst für Versicherte ab dem Geburtsjahrgang 1938, wobei nach § 41 Abs. 2 SGB VI 1992 auch eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte möglich war. Damit bestand auch für männliche Versicherte nach dem SGB VI weiterhin die Möglichkeit, eine Sozialversicherungsrente ab der Vollendung des 63. Lebensjahres zu beziehen.

32

cc) Dass die Klägerin nicht zu dem Personenkreis gehört, für den auch nach den zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VI ein Bezug der gesetzlichen Altersrente bereits ab dem 60. Lebensjahr möglich war, ist unerheblich. Die schon seit Juli 1959 bei der Beklagten geltenden AHV erfassen nicht nur die später geborene Klägerin, sondern alle seit dieser Zeit bis zum 31. Oktober 1998 von der Beklagten eingestellten Angestellten. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass die Beklagte noch bis Ende Oktober 1998 und damit noch mehrere Jahre nach Inkrafttreten des SGB VI neu eingestellten Arbeitnehmerinnen eine Altersversorgung nach den AHV 1991 zugesagt hat, obwohl diese die Voraussetzungen für einen Bezug einer gesetzlichen Altersrente ab dem 60. Lebensjahr nicht erfüllten. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte damit keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, an dem sie sich festhalten lassen müsste. Die Regelung in § 2 Abs. 2 AHV 1991 soll es vielmehr allen von den AHV 1991 begünstigten Angestellten ermöglichen, ihre Altersversorgung von der Beklagten zu beziehen, sobald ihnen nach den - jeweils für sie maßgeblichen - sozialgesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf die gesetzliche Altersrente zusteht. § 2 Abs. 2 AHV 1991 will lediglich sicherstellen, dass alle nach den AHV 1991 Versorgungsberechtigten die dort vorgesehenen und nach deren Berechnungsgrundlagen zu ermittelnden Versorgungsleistungen und die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum gleichen Zeitpunkt in Anspruch nehmen können.

33

c) Aus dem Zweck der nach den AHV 1991 zugesagten Leistungen ergibt sich zudem, dass ein Anspruch auf Gewährung einer Altersversorgung gegen die Beklagte nur besteht, wenn die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch tatsächlich in Anspruch genommen wird. Die Beklagte hat den Versorgungsberechtigten mit den AHV 1991 eine Gesamtversorgung zugesagt. Bei einer Gesamtversorgung ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine Betriebsrente erst beansprucht werden kann, wenn gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird. Anhaltspunkte, dass dies bei den AHV 1991 anders sein sollte, bestehen nicht.

34

aa) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte ihren Angestellten mit den Leistungen nach den AHV 1991 eine Gesamtversorgung zugesagt.

35

(1) Eine Gesamtversorgung zeichnet sich dadurch aus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht eine bestimmte Versorgungsleistung, sondern einen bestimmten Gesamtversorgungsgrad zusagt. Die vom Arbeitgeber gewährte Leistung soll gemeinsam mit der gesetzlichen Rente sowie anderen betrieblichen oder sonstigen Versorgungsleistungen ein bestimmtes Versorgungsniveau sicherstellen, das typischerweise in Abhängigkeit von der Höhe der zuletzt bezogenen Vergütung ermittelt wird. Die Gesamtversorgung soll die Versorgungslücke schließen, die sich zwischen den anderen Ruhestandsbezügen und dem zugesagten Versorgungsniveau ergibt.

36

(2) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin belegen die Bestimmungen in § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 3 AHV 1991, dass auch die in den AHV 1991 geregelten Leistungen einen solchen Zweck verfolgen. Nach § 3 Abs. 1 AHV 1991 berechnet sich die Altersversorgung aus den versorgungsfähigen Dienstbezügen; nach Ablauf der Wartezeit belaufen sich die Versorgungsbezüge auf 35 % der versorgungsfähigen Dienstbezüge. Dieser Prozentsatz erhöht sich in den folgenden 20 Dienstjahren mit jedem vollendeten Dienstjahr - frühestens jedoch vom vollendeten 30. Lebensjahr an - um 1,5 % und von da an um 1 % bis auf höchstens 75 % der versorgungsfähigen Dienstbezüge. Auf die derart ermittelten Versorgungsbezüge sind nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, Ruhegelder oder sonstige laufende Versorgungsbezüge aus öffentlicher oder privater Hand anzurechnen. Dass § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 insoweit lediglich von einer „Kürzung“ der Versorgungsbezüge spricht, ist für die Einordnung der AHV 1991 als Gesamtversorgungszusage unerheblich. Der Charakter einer Versorgungszusage als Gesamtversorgungszusage hängt nicht davon ab, wie das Versorgungsversprechen im Einzelnen ausgestaltet oder formuliert ist.

37

Von einer Gesamtversorgungszusage ist deshalb nicht erst dann auszugehen, wenn die Versorgungszusage bestimmt, dass die betrieblichen Leistungen zusammen mit anderen Versorgungsleistungen ein bestimmtes Gesamtversorgungsniveau nicht überschreiten dürfen. Auch dann, wenn nach der Versorgungszusage andere Versorgungsleistungen „anzurechnen“ oder die betrieblichen Versorgungsleistungen um bestimmte andere Versorgungsleistungen zu „kürzen“ sind, kann es sich um ein Gesamtversorgungsversprechen handeln. Die Versorgungszusage muss nur hinreichend deutlich erkennen lassen, dass den Versorgungsberechtigten eine Versorgung zugesagt ist, die zusammen mit anderen Versorgungsleistungen ein bestimmtes Versorgungsniveau garantiert. Dies ist bei den mit den AHV 1991 zugesagten Versorgungsbezügen der Fall. Bei den Bestimmungen in § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 handelt es sich um diejenigen Grundsätze, die nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AHV 1991 einen maßgeblichen „Anhalt über die sinngemäße Erfüllung der Aufgaben dieser Versorgung“ geben. Dass sich in den AHV 1991 der Begriff der Gesamtversorgung nicht wiederfindet, ist daher unschädlich.

38

bb) Bei einer Gesamtversorgungszusage ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Betriebsrente erst ab dem Zeitpunkt zahlen will, ab dem der Versorgungsberechtigte eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nimmt, die bei der Ermittlung der betrieblichen Versorgungsleistung berücksichtigt bzw. auf die betriebliche Versorgungsleistung angerechnet werden kann (vgl. etwa BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 50, BAGE 141, 259).In einem Gesamtversorgungssystem, in dem nicht eine bestimmte Versorgungsleistung des Arbeitgebers, sondern ein bestimmter Gesamtversorgungsgrad die vom Arbeitgeber geschuldete Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Betriebszugehörigkeit ist, ist die gesetzliche Rentenversicherung die Grundlage der gesamten Versorgung. Sie steht nicht losgelöst neben der vom Arbeitgeber zugesagten Versorgung, sondern ist mit ihr untrennbar verknüpft. Die Gesamtversorgung berücksichtigt aufgrund des von ihr verfolgten Zwecks notwendigerweise das gesetzliche Rentenversicherungsrecht mit. Der Arbeitgeber, der ein solches System zulässigerweise als eines von mehreren denkbaren Versorgungssystemen wählen durfte, knüpft daher in der Regel bei der Zusage einer Gesamtversorgung an die sozialversicherungsrechtliche Rechtslage an (vgl. BAG 22. Mai 2001 - 3 AZR 515/00 - zu B II 2 a der Gründe). Die Versorgungsleistung, die der Arbeitgeber aufgrund einer Gesamtversorgungszusage schuldet, soll die Grundsicherung, die durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährleistet wird, lediglich ergänzen (vgl. BAG 22. Mai 2001 - 3 AZR 515/00 - zu B II 2 c der Gründe); ihr Bezug setzt deshalb regelmäßig voraus, dass eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen wird.

39

cc) Anhaltspunkte dafür, dass für die mit den AHV 1991 zusagte Gesamtversorgung ausnahmsweise anderes gilt, bestehen nicht.

40

(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts kann aus dem Umstand, dass § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 nicht nur die Anrechnung der gesetzlichen Rente, sondern auch die Anrechnung anderer Versorgungsleistungen oder -bezüge vorsieht, und möglicherweise nicht alle Angestellten der Beklagten Anspruch auf die sonstigen, in § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 aufgeführten Versorgungsleistungen haben, nicht geschlossen werden, die Gewährung der Altersversorgungsbezüge nach § 2 Abs. 2 AHV 1991 hänge nicht von dem Bezug einer Sozialversicherungsrente ab. Die von den AHV 1991 begünstigten Angestellten haben aufgrund ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Beklagten regelmäßig im Alter Anspruch auf eine Sozialversicherungsrente. Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist damit eine Leistung, die typischerweise „angerechnet“ werden kann. Mit der Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991, wonach auch andere Versorgungsleistungen und -bezüge anzurechnen sind, hat die Beklagte lediglich sichergestellt, dass auch die dort aufgeführten anderen Versorgungsleistungen - sofern sie vom Versorgungsberechtigten bezogen werden - bei der Ermittlung der Versorgungsbezüge berücksichtigt werden und das in § 3 Abs. 1 AHV 1991 zugesagte Gesamtversorgungsniveau insgesamt nicht überschritten wird. Soweit die Klägerin geltend macht, durch die Formulierung in § 6 Abs. 3 Satz 1 AHV 1991 seien auch - etwaige bei der Beklagten beschäftigte - Beamte in die Versorgung nach den AHV 1991 einbezogen worden, die keine Sozialversicherungsrente erhielten, verkennt sie, dass die Bestimmungen der AHV 1991 nach § 1 Abs. 1 AHV 1991 nur für Angestellte und damit nicht für Beamte gilt.

41

(2) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt auch aus § 2 Abs. 5 AHV 1991 nicht, dass die Versorgungsbezüge nach den AHV 1991 unabhängig davon zu gewähren sind, ob die Angestellten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Zwar können nach § 2 Abs. 5 AHV 1991 in besonderen Fällen Versorgungsbezüge ua. auch dann gewährt werden, wenn der/die Angestellte noch nicht fünf Jahre in den Diensten der Beklagten gestanden hat. Es kann dahinstehen, ob diese Bestimmung - wie die Klägerin meint - dahin zu verstehen ist, dass sie nicht nur von der Erfüllung der Wartezeit nach § 2 Abs. 2 AHV 1991, sondern auch von der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren als Voraussetzung für den Anspruch auf eine Sozialversicherungsrente(vgl. § 50 Abs. 1 SGB VI) suspendiert. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, rechtfertigte dies keine andere Bewertung. Bei § 2 Abs. 5 AHV 1991 handelt es sich - wie der Wortlaut der Regelung zeigt - um eine Bestimmung, die nur in besonderen Fällen und damit lediglich ausnahmsweise ein Abweichen von dem mit den Leistungen nach den AHV 1991 typischerweise verfolgten Zweck erlaubt. An dem prinzipiellen Ziel der AHV 1991, die gesetzliche Rente mit den Versorgungsbezügen nur aufzustocken und damit die Differenz zwischen dem in § 3 Abs. 1 AVH 1991 definierten Gesamtversorgungsniveau und der Sozialversicherungsrente auszugleichen, ändert dies nichts.

42

d) Im Übrigen bestätigen auch § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 6 Abs. 3 Satz 3 AHV 1991, dass Altersversorgungsbezüge nach den AHV 1991 - wie bei einer Gesamtversorgung üblich - nur gewährt werden sollen, wenn und soweit die Angestellten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen.

43

aa) Nach § 10 Abs. 1 AHV 1991 sind die Angestellten verpflichtet, dem Verwaltungsausschuss, der nach § 2 Abs. 1 der AHV 1991 die Versorgungsbezüge festsetzt, die Angaben zu machen, die für die Berechnung der Versorgungsbezüge von Bedeutung sind. Dabei sind ua. die Bezüge mitzuteilen, die nach § 6 Abs. 3 AHV 1991 bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge durch den Verwaltungsausschuss angerechnet werden(§ 10 Abs. 1 Satz 2 AHV 1991). Hierzu gehören insbesondere die vom Angestellten bezogenen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

44

bb) § 6 Abs. 3 Satz 3 AHV 1991 bestimmt für den Fall, dass sich ein Angestellter ua. Beiträge aus den gesetzlichen Rentenversicherungen hat erstatten lassen, zu denen die Beklagte Arbeitgeberanteile gewährt hat, dass die „Anrechnung unter Einbeziehung dieser Zeiten zu erfolgen“ hat, sofern die Zeiten der Beitragserstattung dem Angestellten als Dienstzeit nach § 3 Abs. 1 AHV 1991 angerechnet werden. Die „Anrechnung unter Einbeziehung dieser Zeiten“ erfolgt gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 AHV 1991 dadurch, dass jeder Monat, für den Beiträge erstattet wurden, mit einem Steigerungsbetrag von 0,125 bewertet und der Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen hinzugerechnet wird. Hat der Angestellte sich Beiträge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erstatten lassen, und sind die Zeiten der Beitragserstattung als Dienstzeit bei der Berechnung der Versorgungsbezüge nach § 3 Abs. 1 AHV 1991 zu berücksichtigen, führt dies mithin zu einer fiktiven Erhöhung der - später tatsächlich gezahlten - gesetzlichen Rente. Auch dies lässt erkennen, dass die Gewährung der Versorgungsbezüge nach den AHV 1991 immer auch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente voraussetzt.

45

e) Entgegen der Ansicht der Klägerin konnten die von den AHV 1991 begünstigten Angestellten redlicherweise auch nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ihnen ohne Rücksicht auf eine Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Versorgung iHv. 75 % ihrer letzten Dienstbezüge zusagen würde.

46

Die Beklagte ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft an die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden. Anders als einem privaten Arbeitgeber ist es der Beklagten damit grundsätzlich nicht gestattet, Versorgungsleistungen in beliebiger Höhe zu erbringen (vgl. hierzu auch BAG 3. September 1991 - 3 AZR 369/90 - zu C II 2 c der Gründe, BAGE 68, 248). Die Klägerin als Angestellte des öffentlichen Dienstes musste daher davon ausgehen, dass die Beklagte mit den AHV 1991 nur die bis zum 31. Dezember 2000 im öffentlichen Dienst übliche Gesamtversorgung, deren Gewährung einen Anspruch auf die gesetzliche Rente voraussetzt, erbringen wollte.

47

Aus dem Arbeitsvertrag vom 31. Juli 1986 folgt nichts anderes. Soweit dort bestimmt ist, dass sich im Übrigen die Arbeitsbedingungen nach dem BAT richten mit Ausnahme des § 46 BAT, der die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung regelt, da die Beklagte eine solche „in eigener Regie eingerichtet“ hat, hat die Beklagte nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie mit ihren Leistungen über das damals übliche Versorgungsniveau des öffentlichen Dienstes hinausgehen wollte. Mit der Bestimmung wird vielmehr lediglich klargestellt, dass die Beklagte die Altersversorgung nicht - wie im öffentlichen Dienst sonst üblich - über eine Zusatzversorgungskasse durchführt, sondern eine unmittelbare Versorgungszusage erteilt. Die Ausnahme des § 46 BAT bezieht sich damit ausschließlich auf den Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung und nicht auf die im öffentlichen Dienst übliche Gesamtversorgung.

48

4. Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht mit Erfolg auf die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB stützen, wonach Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen. Soweit sie in diesem Zusammenhang geltend macht, eine Auslegung der AHV 1991 dahin, dass die Altersversorgung nur in Anspruch genommen werden könne, wenn auch eine gesetzliche Altersrente bezogen werde, verstoße gegen das Transparenzgebot iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und müsse deshalb ausscheiden, verkennt sie, dass die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Auslegung einer einzelnen AGB mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 f.). Dies ist - wie vorstehend ausgeführt - hier nicht der Fall.

49

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Xaver Aschenbrenner    

        

    H. Frehse    

                 

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.03.2015 - 15 Ca 4054/14 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird (auch) mit dem Feststellungsantrag (als unzulässig) abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6 zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Februar 2014 - 13 Sa 968/13 - teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 23. Mai 2013 - 8 Ca 414/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 142,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2012 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 92 vH und die Beklagte 8 vH zu tragen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die weitergehende Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung und der Revision haben die Klägerin zu 88 vH und die Beklagte zu 12 vH zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Entgeltansprüche der Klägerin und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen für den Hessischen Einzelhandel aufgrund vertraglicher Bezugnahme.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit dem Jahr 1999 als Buchhändlerin beschäftigt. In dem mit einer der Rechtsvorgängerinnen, der C GmbH & Co. KG, geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

§ 1 Probezeit und Anstellung

        

Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.09.1999 als Buchhändlerin … Tarifgruppe I eingestellt.

        

…     

        

§ 3 Gehaltszahlung

        

Tarifgehalt

DM 2.700,--

        

etwaige übertarifliche Zulage

DM    

                 

DM    

        

insgesamt

DM 2.700,--

                 

(Zweitausendsiebenhundert)

        

…       

        

Übertarifliche Bezüge sind bei Tariferhöhungen, bei Aufrücken in ein anderes Berufs- oder Tätigkeitsjahr oder bei Einstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe anrechenbar. Sie können im Übrigen unter Einhaltung der in § 11 vereinbarten Frist gekündigt werden.

        

…       

        

§ 4 Arbeitszeit

        

Die Arbeitszeit beträgt in der Woche 37,5 Stunden.

        

…       

        

§ 14 Tarifverträge

        

Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, findet der Mantel- und Gehaltstarifvertrag Hessischer Einzelhandel in der zuletzt gültigen Fassung sowie die Betriebsordnung Anwendung. …“

3

Die Arbeitgeberin war im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses Mitglied im Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. Nach Verschmelzung auf die B GmbH & Co. KG führte diese die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband fort. Sie wechselte im Jahr 2005 in eine Mitgliedschaft ohne Tarifgebundenheit. Zum Ende des Jahres 2006 trat sie aus dem Landesverband aus.

4

In einem Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 11. August 2008 teilte diese der Klägerin ua. mit:

        

„Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass sich Ihr Gehalt auf Grund der Tarifverträge mit Wirkung vom 01.04.2008 erhöht hat.

        

Ihr Gehalt errechnet sich wie folgt:

                 

Tarifgruppe

II/E   

                 

Tarifgehalt

2.290,-- €

        

Als Ausgleich für den Zeitraum April 2007 bis März 2008 erhalten Sie außerdem eine Einmalzahlung von 400,-- €.“

5

Zum 21. Dezember 2010 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin infolge einer Verschmelzung der Rechtsvorgängerin auf die nicht tarifgebundene Beklagte als aufnehmende Rechtsträgerin über. Am 14. Juli 2011 schlossen die Parteien einen „Nachtrag zum Arbeitsvertrag“ (nachfolgend Nachtrag), der auszugsweise wie folgt lautet:

        

1. Vertragsparteien

…     

                 

wird folgender Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 01.09.1999 vereinbart:

        

2. Arbeitszeit

Die wöchentliche Arbeitszeit … beträgt 30,00 Std./Woche.

        

3. Vergütung

Das monatliche Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Std./Woche beträgt EUR 2.372,00.

                 

Daraus errechnet sich bei einer Teilzeitbeschäftigung von 30,00 Std./Woche ein monatliches Bruttoentgelt von EUR 1.898,00.

        

…       

        
        

6. Gültigkeit

Diese Vereinbarung tritt ab 18.07.2011 in Kraft und endet am 15.10.2011.

                 

Alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages gelten unverändert fort.

        

…“    

        
6

Die Klägerin erhielt bis einschließlich des Monats August 2009 ein Entgelt iHv. 2.290,00 Euro brutto, bis einschließlich des Monats März 2011 iHv. 2.325,00 Euro brutto und im Juni 2011 ein Bruttomonatsentgelt iHv. 2.372,00 Euro, welches die Beklagte auch wieder in der Zeit ab dem 1. November 2011 leistete.

7

Nach dem zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossenen Gehaltstarifvertrag (GTV) vom 26. Juni 2009 (GTV 2009) beträgt das monatliche Entgelt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden nach § 3 B. Gehaltsgruppe II nach dem fünften Berufsjahr, der Endstufe der betreffenden Gehaltsgruppe (nachfolgend Gehaltsgruppe II/E GTV) 2.336,00 Euro (ab 1. August 2009) und 2.372,00 Euro (ab 1. August 2010). Weiterhin sieht § 2a GTV 2009 eine im März 2010 zahlbare Einmalzahlung iHv. 150,00 Euro brutto vor, die an Teilzeitbeschäftigte anteilig zu zahlen ist. Der nachfolgende Gehaltstarifvertrag vom 21. Juni 2011 (GTV 2011) regelt für die Gehaltsgruppe II/E ein Entgelt iHv. 2.443,00 Euro.

8

Mit Schreiben vom 1. Februar 2012 hat die Klägerin die Beklagte ua. für die Zeit ab dem 1. August 2009 bis zum 31. März 2011 und vom 1. Juni 2011 bis zum 31. Dezember 2011 Differenzen zwischen den ihr geleisteten Zahlungen und dem tariflich geregelten Entgelt der GTV 2009/2011 sowie auf Grundlage des „Tarifabschluss 2009“ eine Einmalzahlung iHv. 150,00 Euro ohne Erfolg zur Zahlung bis zum 16. Februar 2016 aufgefordert.

9

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiterverfolgt. Sie hat ausgeführt, der Arbeitsvertrag vom 1. September 1999 enthalte eine unbedingte zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen tariflichen Entgeltbestimmungen. Eine Gleichstellungsabrede sei nicht gewollt gewesen. Mit dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag sei die ursprüngliche Bezugnahme erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Parteien gemacht worden, indem auf den ursprünglichen Vertrag Bezug genommen und seine Inhalte bestätigt worden seien.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.069,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2012 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 150,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2012 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, der Arbeitsvertrag enthalte eine sog. statische Bezugnahme auf die bei Vertragsschluss geltenden Tarifverträge, wie das Wort „zuletzt“ in dessen § 14 zeige. Zudem sei das Entgelt individuell vereinbart worden. In § 3 des Arbeitsvertrags sei die Vergütung abschließend geregelt. Selbst wenn man anderer Auffassung sei, liege eine sog. Gleichstellungsabrede vor. Die zeitliche Dynamik hätte dann mit dem Wegfall der Tarifgebundenheit der früheren Arbeitgeberin geendet. Nichts anderes ergebe sich aus den Nachträgen zum Arbeitsvertrag. Eine etwaige Bezugnahmeregelung aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag sei durch Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags nicht zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht worden.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung mit Ausnahme des Monats Oktober 2011. Insoweit hat sie ihre Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nur teilweise begründet. Sie kann für die Monate November 2011 und Dezember 2011 ein weiteres Entgelt iHv. 142,00 Euro brutto verlangen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

14

I. Der Klageantrag zu 1. ist teilweise, und zwar hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2011 und vom 1. Juni 2011 bis zum 16. Juli 2011, und der Antrag zu 2. ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin kann auf Grundlage des Arbeitsvertrags aus dem Jahr 1999 für diese Zeitabschnitte keine weiteren Entgeltzahlungen nach dem GTV 2009 und dem GTV 2011 beanspruchen. Zwar enthalten die §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags eine zeitdynamische Verweisung auf die zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Gehaltstarifverträge. Die Bezugnahmeregelung ist aber als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Das führt aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit der früheren Arbeitgeberin im Jahre 2005 zur nur noch statischen Anwendung der in Bezug genommenen Gehaltstarifverträge in derjenigen Fassung, die zum Zeitpunkt des Eintritts der fehlenden Tarifgebundenheit galt. In der Folge sind auf Grundlage des Arbeitsvertrags der GTV 2009 und der GTV 2011 auf das zwischen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten bis zum 21. Dezember 2010 bestandene Arbeitsverhältnis und nachfolgend auf das nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangene Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden.

15

1. Die Parteien des im Jahr 1999 geschlossenen Arbeitsvertrags haben eine dynamische Bezugnahme der Gehaltstarifverträge für den Hessischen Einzelhandel vereinbart. Die sich aus den §§ 1 und 3 des im Jahre 1999 geschlossenen Arbeitsvertrags ergebende Bezugnahmeregelung ist aber als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der damaligen Arbeitgeberin unabhängige, zeitdynamische Verweisung auf die in Bezug genommenen Tarifverträge in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat.

16

a) Die Entgeltregelungen der zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Gehaltstarifverträge (GTV) sind entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme grundsätzlich zeitdynamisch in Bezug genommen worden. Das ergibt die Auslegung der §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags(zu den Maßstäben: BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 134, 283; 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14 f. mwN).

17

aa) Nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrags in § 1 wurde die Klägerin als „Buchhändlerin … Tarifgruppe I eingestellt“ und in § 3 ist für die „Gehaltszahlung“ ein „Tarifentgelt DM 2.700,--“ vorgesehen. Damit hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen, zumal sie in § 3 des Arbeitsvertrags zwischen einem Tarifgehalt und einer „etwaigen übertariflichen Zulage“ unterscheidet. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrags entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (so bereits BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 17).

18

bb) Bestätigt wird diese Auslegung durch § 3 Satz 4 des Arbeitsvertrags. Die dortige Anrechnungsregelung - „übertarifliche Bezüge sind bei Tariferhöhungen, bei Aufrücken in ein anderes Berufs- oder Tätigkeitsjahr oder bei Einstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe anrechenbar“ - hat nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich (ebenso BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 29). Diesem Verständnis entspricht auch - jedenfalls bis zur Beendigung der Tarifgebundenheit - die Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten.

19

b) Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit durch ihren im Jahr 2005 erfolgten Wechsel in eine sog. OT-Mitgliedschaft. Die Bezugnahmeregelung ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen.

20

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Anwendbarkeit für alle Beschäftigten. Daraus hatte der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit gereicht hat, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., sh. nur BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 14 f. mwN, BAGE 147, 41).

21

bb) Einer Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung steht - anders als dies die Klägerin offenbar meint - nicht entgegen, dass über §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags nur die tariflichen Entgeltbestimmungen in Bezug genommen werden und über dessen § 14 auf weitere tarifliche Regelungen verwiesen wird. Es ist keine notwendige Bedingung für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede, dass im Arbeitsvertrag auf das gesamte Tarifwerk oder sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (sh. zuletzt BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 17 f. mwN, BAGE 147, 41). Entgegen der Auffassung der Revision bestehen auch keine besonderen Anhaltspunkte, dass eine Bezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen über §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags nicht als sog. Gleichstellungsabrede zu verstehen ist.

22

2. In Anwendung dieser Grundsätze scheidet ein Zahlungsanspruch der Klägerin für die Zeit bis einschließlich 17. Juli 2011 aus. Die Entgeltbestimmungen des GTV 2009 und des GTV 2011 einschließlich der dort vorgesehenen Einmalzahlung (Antrag zu 2.) wurden von der vertraglichen Bezugnahmeregelung im ursprünglichen Arbeitsvertrag nicht erfasst.

23

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1999 nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG aufgrund ihrer Verbandsmitgliedschaft an die vom Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft ver.di (vormals Gewerkschaft ÖTV) geschlossenen Gehaltstarifverträge gebunden. Ihre mitgliedschaftlich begründete Tarifgebundenheit endete durch den im Jahr 2005 vollzogenen Wechsel in eine sog. OT-Mitgliedschaft spätestens mit dem Ende des Jahres 2006 durch ihren Verbandsaustritt. Nach diesem Zeitpunkt geschlossene Gehaltstarifverträge - hier der GTV 2009 und der GTV 2011 - werden durch die vorliegende Gleichstellungsabrede nicht mehr erfasst.

24

II. Die Klage ist für den nachfolgenden Zeitraum ab dem 18. Juli 2011 teilweise begründet. Die Klägerin kann auf Grundlage des „Nachtrags zum Arbeitsvertrag“ für die Monate November 2011 und Dezember 2011 eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe II/E GTV 2011 und damit die zwischen den Parteien jedenfalls rechnerisch unstreitige Entgeltdifferenz von monatlich 72,00 Euro verlangen. Für diesen Zeitraum ist nach Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags iVm. §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags ab dem Monat November 2011 der GTV 2011 auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden. Für den Zeitraum vom 18. Juli 2011 bis zum 15. Oktober 2011 haben die Parteien demgegenüber in Nr. 3 des Nachtrags eine vorrangige Entgeltregelung vereinbart.

25

1. Die Anwendbarkeit des GTV 2011 folgt aus Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags. Mit dieser vertraglichen Abrede haben die Parteien die Bezugnahmeregelung in §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags erneut vereinbart. Diese nach dem 31. Dezember 2001 geschlossene vertragliche Abrede vom 14. Juli 2011 ist nicht mehr als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung anzusehen, sondern - zumal sie jetzt von der nicht tarifgebundenen Beklagten vereinbart wurde (zum Erfordernis der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede sh. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 185) - als unbedingte zeitdynamische Bezugnahmeregelung zu beurteilen (ausf. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74).

26

a)  Bei einer Änderung eines von einem Arbeitgeber geschlossenen „Altvertrags“ nach dem 31. Dezember 2001 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die ursprüngliche vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. für die Bewertung BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrags“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, aaO). Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 27).

27

b) Danach ist die von der Klägerin und der Beklagten durch den Nachtrag vom 14. Juli 2011 vereinbarte Arbeitsvertragsänderung hinsichtlich der dynamischen Bezugnahme der Entgeltbestimmungen durch §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags als „Neuvertrag“ zu bewerten.

28

aa) In Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags haben die Vertragsparteien ausdrücklich geregelt, dass „alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages“ vom 1. September 1999, der in Nr. 1 des Nachtrags auch ausdrücklich aufgeführt ist, unverändert fortgelten. Mit dieser Formulierung haben sie die Bestimmungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart. Das ergibt sich auch aus der Systematik des Nachtrags. Nach dessen Nr. 6 Satz 1 soll die Änderung der Arbeitszeit (Nr. 2) und die vereinbarte Vergütung (Nr. 3) ausschließlich in der Zeit vom 18. Juli 2011 bis zum 15. Oktober 2011 „Gültigkeit“ haben. Darüber hinaus haben die Parteien in Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags neben der zeitlich befristeten Änderung der Arbeitszeit und des Entgelts nach Satz 1 - und damit auch außerhalb der zeitlich nur befristet geschlossenen Vereinbarungen - die uneingeschränkte Fortgeltung „aller anderen Bestimmungen“ zum Vertragsinhalt gemacht. Nach dem Ende der Vereinbarungen im Nachtrag zum 15. Oktober 2011 (Nr. 6 Satz 1) bilden dann die gesamten Regelungen des Arbeitsvertrags aus dem Jahr 1999 die maßgebende vertragliche Grundlage für das Arbeitsverhältnis. Damit werden zugleich die §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags einbezogen.

29

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung im Nachtrag nicht lediglich um eine sog. deklaratorische Vertragsbestimmung. Bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich von übereinstimmenden Willenserklärungen auszugehen. Soll deren Inhalt keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen, sondern es sich nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung handeln, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein (BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 mwN, BAGE 146, 29). Nach ihrem Wortlaut liegen der Vereinbarung ohne Weiteres übereinstimmende Willenserklärungen zugrunde. Anhaltspunkte dafür, die Parteien hätten reine Wissenserklärungen ohne Rechtsbindungswillen abgegeben, wie es die Beklagte meint, lassen sich weder dem Vertragswortlaut entnehmen noch sind besondere Umstände erkennbar, die hierauf schließen lassen.

30

2. Zwar kann die Klägerin nach den vorstehenden Maßstäben für den nachfolgenden Zeitraum vom 18. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 kein Entgelt nach dem GTV 2011 beanspruchen, aber für die Monate November 2011 und Dezember 2011 insgesamt 142,00 Euro brutto verlangen.

31

a) Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin für die Zeit vom 18. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 ein weiteres Entgelt verlangt.

32

Zwar gelten nach Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags „alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages“ unverändert fort. Die Parteien haben aber in Nr. 3 Satz 1 des Nachtrags eine selbständige und gegenüber der Regelung in Nr. 6 Satz 2 iVm. § 14 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorrangige „Bestimmung“ zum Entgelt vereinbart. Es ist auch nicht ersichtlich, durch Nr. 3 Satz 1 des Nachtrags solle ein - zumal jeweils aktuelles - tariflich geregeltes Entgelt zum Inhalt der Vergütungsabrede gemacht werden. Diese eigenständige vertragliche Entgeltabrede steht einer Anwendung des GTV 2011 aufgrund einer dynamischen Bezugnahme durch Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags iVm. §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrag entgegen.

33

b) Für den nachfolgenden Zeitraum findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der GTV 2011 Anwendung. Die abweichende Vergütungsregelung in Nr. 3 des Nachtrags hat am 15. Oktober 2011 geendet. Die Klägerin kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Entgeltdifferenz zur Gehaltsgruppe II/E GTV 2011 beanspruchen. Die Klägerin und die frühere Arbeitgeberin, die C GmbH & Co. KG, haben zwar in § 1 des Arbeitsvertrags die „Tarifgruppe I“ eingetragen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die B GmbH & Co. KG, hat aber der Klägerin bereits im Jahr 2008 mitgeteilt, dass sich ihr Entgelt nach der „Tarifgruppe II/E“ bemesse und sie ein Entgelt iHv. 2.290,00 Euro erhalte. Dies ist die nach dem GTV 2008 vorgesehene Vergütung für die Gehaltsgruppe II/E. Ebenso entspricht das von der Beklagten im Nachtrag genannte „Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Std./Woche“ iHv. 2.372,00 Euro der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Vergütung nach der Gehaltsgruppe II/E GTV 2009. Dass die Klägerin keine Tätigkeit ausübt, die in Anwendung des GTV 2008, GTV 2009 oder GTV 2011 nicht den Anforderungen des unverändert gebliebenen Tätigkeitsmerkmals der Gehaltsgruppe II der jeweiligen Gehaltstarifverträge entspricht, hat selbst die Beklagte nicht geltend gemacht.

34

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

35

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Schuldt    

        

    Mayr    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2012 - 4 Sa 12/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge und sich daraus ergebende Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die keinem Arbeitgeberverband angehört, seit Oktober 1995 als kaufmännischer Angestellter gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.663,91 Euro tätig. Im schriftlichen Arbeitsvertrag aus dem Monat Oktober 1995 ist ua. geregelt:

        

„Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie ein am letzten Arbeitstag jeden Monats zahlbares Bruttogehalt nach Tarifgruppe 5/4 in Höhe von DM 5.400.-- …

        

Tarifgehalt

Leistungszulage

Außertarifl. Zulage

Gesamtsumme

        

DM 4848.--

        

552.--

DM 5400.--

        

Die nach 3 Monaten auszuweisende Leistungszulage ist bereits in der AT-Zulage enthalten.

        

Wir sind berechtigt, die Leistungszulage zu kündigen oder bei einer Einstufung in eine andere Tarifgruppe neu festzulegen und die außertarifliche Zulage jederzeit ganz bzw. teilweise zu widerrufen oder bei einer Neufestsetzung Ihrer Bezüge ganz bzw. teilweise aufzurechnen.“

3

In den von den Parteien gleichfalls im Oktober 1995 unterzeichneten „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ wird hinsichtlich des Urlaubs und der Kündigungsfristen während der Probezeit auf den „geltenden Tarifvertrag“ verwiesen. Für die Arbeitszeit sind demgegenüber die „nach den gesetzlichen und jeweils geltenden betrieblichen Bestimmungen“ maßgebend und nach Ablauf der Probezeit sollen die „gesetzlichen Kündigungsfristen“ gelten. Die weiteren vertraglichen Bestimmungen enthalten keine Verweisungen auf andere Regelungen.

4

Bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Kläger hatte die Beklagte mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) einen zum 1. Juli 1995 in Kraft getretenen „Werktarifvertrag (Anerkennungstarifvertrag)“ (nachfolgend: Anerkennungstarifvertrag) geschlossen. In diesem wird auf sieben, im Einzelnen aufgeführte Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (idF vom 1. April 1994) verwiesen. Sodann lautet der Anerkennungstarifvertrag wie folgt:

        

„II.   

        

Abweichend von diesen Bestimmungen gilt folgendes:

        

1.    

Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung

        

1.1.   

Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung von Stand 31.12.94 werden in 1995 wie folgt erhöht:

                 

-       

Bei einem Einkommen bis 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.07.95.

                 

-       

Bei einem Einkommen über 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.10.95.

                 

-       

Die Ausbildungsvergütung beträgt monatlich …

        

1.2.   

Die Lohn-, Gehalts- und Ausbildungstabellen in der Fassung vom 01.11.95, die zwischen IG Metall und dem Verein der Bayer. Metallindustrie am 07.03.95 vereinbart wurden, gelten ab 01.01.96 für die Beschäftigten der Firma Generalelektronik GmbH Magdeburg, Zweigniederlassung Müller und Weigert, Nürnberg.

                 

Beide Parteien vereinbaren eine Laufzeit bis 31.12.96. Sie kann mit einer Frist von einem Monat, erstmals zum 31.12.96 gekündigt werden.

                 

Wenn sich das bereits negativ geplante operative Ergebnis noch um 10 % bis 31.12.95 verschlechtert, verpflichten sich die Parteien über die Löhne und Gehälter für 1996 neu zu verhandeln.

                 

…       

        

2.    

Teil des 13. Monatseinkommens

                 

Für das Jahr 1995 erhalten die Beschäftigten den gleichen Prozentsatz wie 1994.

                 

Ab 1996 gilt die Regelung des Tarifvertrages der Bayer. Metallindustrie.

        

3.    

Die Arbeitszeit aller Beschäftigten wird ab 01.10.96 auf 35 Stunden verkürzt, nach den Regelungen, die für die Bayer. Metallindustrie gelten.

        

III.   

        

Die in diesen Tarifverträgen geltenden Kündigungsfristen und Termine sowie ausgesprochenen Kündigungen gelten auch zwischen den Parteien dieses Anerkennungstarifvertrages.

        

Forderungen, die zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen gestellt werden, gelten auch gegenüber der jeweiligen Partei dieses Tarifvertrages als gestellt.

        

Arbeitskampffreiheit und Friedenspflicht regeln sich so, als wäre die Firma Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen hat.

        

Zwischen den Parteien finden ebenfalls alle Abmachungen, Abkommen, Zusatzabkommen und Änderungsverträge Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen werden.

        

Dies gilt auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen, die anstelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten. Die in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. -abkommen oder -vereinbarungen gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus.“

5

Mit „Zusatztarifvertrag“ vom 14. Januar 1997 wurde - neben Änderungen der Wochenarbeitszeit und des anteiligen 13. Monatseinkommens - auf den Lohn- und Gehaltstarifvertrag der bayerischen Metallindustrie vom 12. Dezember 1996 verwiesen. In einem weiterem „Zusatztarifvertrag“ (vom 1. Oktober 1998) wird die „kommende Lohn-Gehaltserhöhung 1999“ ungekürzt weitergegeben, aber auf die zu leistende Sonderzahlung, die für dasselbe Jahr um die Hälfte gekürzt wurde, angerechnet. Ab 1. Januar 2000 sollten alle tariflichen Bestimmungen wieder uneingeschränkt gelten.

6

Die Beklagte kündigte im September 2001 sämtliche von ihr mit der IG Metall vereinbarten Tarifverträge fristgerecht zum 31. Dezember 2001. Die in der Folgezeit durch die Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie vereinbarten Entgelterhöhungen leistete sie nicht.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - für den Zeitraum ab Februar 2008 die Nachzahlung der Differenz zwischen dem ihm geleisteten Entgelt und dem jeweiligen Tarifentgelt der Tarifgruppe 5, 4. Gruppenjahr nach den Vergütungstabellen der bayerischen Metallindustrie nebst den Leistungszulagen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die tariflichen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie auch für die Zeit nach dem 1. Januar 2002 dynamisch anzuwenden. Der Arbeitsvertrag enthalte eine konstitutive Abrede, die eine dynamische Anwendung der jeweiligen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie zur Folge habe. Der arbeitsvertragliche Verweis auf das jeweilige Tarifgehalt, die Tarifgruppe sowie auf die Leistungszulage, die im Verbandstarifvertrag geregelt sei, belegten den Willen der Parteien, die Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie dynamisch anzuwenden. Selbst wenn sich das arbeitsvertraglich in Bezug genommene jeweils „geltende Tarifrecht“ auf die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge beziehe, die er zudem nicht gekannt habe, gelte dies nur für deren Geltungsdauer, danach seien die jeweiligen Verbandstarifverträge wieder maßgebend. Es liege auch keine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats vor. Die Beklagte sei nicht Verbandsmitglied gewesen und habe die Tarifverträge des Verbands nur teilweise in Bezug genommen. Da der Arbeitsvertrag im Übrigen keinen Hinweis auf den Anerkennungstarifvertrag enthalte, sei die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB anzuwenden. Er sei Mitglied der IG Metall und ihm sei es darauf angekommen, nicht schlechter gestellt zu werden als bei seinem bisherigen Arbeitgeber, für den die Verbandstarifverträge aufgrund Mitgliedschaft gegolten hätten.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.531,78 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.192,40 Euro seit dem 1. Januar 2009 und aus weiteren 1.339,38 Euro seit dem 1. März 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei an die Tarifregelungen der bayerischen Metallindustrie nicht mehr gebunden. Bei der arbeitsvertraglichen Verweisung handele es sich allenfalls um eine sog. Gleichstellungsabrede. Mit Beendigung ihrer eigenen Tarifgebundenheit ab dem 1. Januar 2002 habe gleichzeitig die Dynamik der Bezugnahme geendet. Zudem enthalte der Arbeitsvertrag keinen Verweis auf das Tarifrecht des Verbands. Allenfalls könne der mit ihr vereinbarte Anerkennungstarifvertrag erfasst sein. Die Nennung der Tarifgruppe im Arbeitsvertrag habe nur der Zuweisung in das betriebliche Eingruppierungsschema gedient.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage im noch streitigen Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch des Klägers gibt es keine rechtliche Grundlage. Die nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Tarifentgelterhöhungen in den Flächentarifverträgen der bayerischen Metallindustrie finden im Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

12

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Entgeltdifferenzen auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Dies gilt auch dann, wenn man zu seinen Gunsten und mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgeht, die arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütungsregelungen enthielten im Ergebnis eine dynamische Bezugnahme auf die tariflichen Bestimmungen der bayerischen Metallindustrie. Eine Bezugnahmeregelung in den Vergütungsbestimmungen des im Jahre 1995 geschlossenen Arbeitsvertrags ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige zeitdynamische Verweisung auf genannte Tarifregelungen in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Nach der von der Beklagten erklärten Kündigung sämtlicher Haustarifverträge zum Ablauf des Jahres 2001 galten diese nur noch mit dem zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Regelungsbestand - „statisch“ - fort. Spätere Tariflohnerhöhungen in den Verbandstarifverträgen werden von einer Bezugnahmeregelung nicht mehr erfasst.

13

1. Die Auslegungsregel zu einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Senats ist auch dann anzuwenden, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an Verbandstarifverträge auf einer dynamischen Verweisung in einem Haustarifvertrag beruht. Ihr steht weder die Bezugnahme auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon, noch die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB entgegen.

14

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum geht, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reicht, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

15

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

16

c) Die zu dieser Rechtsfolge führende Auslegungsregel ist auch dann maßgebend, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nicht auf dessen Verbandsmitgliedschaft zurückgeht, sondern auf einen zum Zeitpunkt des Arbeitsvertrags geltenden Anerkennungstarifvertrag (st. Rspr., BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 477/08 - Rn. 19; siehe weiterhin 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 30 ff.).

17

d) Der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung steht - anders als dies der Kläger meint - nicht entgegen, dass nicht auf das ganze Tarifwerk, sondern nur auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon verwiesen wird. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, mit der dynamisch auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk verwiesen wird, dient dem Zweck, die Anwendung der jeweiligen Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen, beinhaltet jedoch nicht eine vertragliche Vereinbarung über eine umfassende Behandlung des Arbeitnehmers als Gewerkschaftsmitglied (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 30, BAGE 130, 43; 9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 28). Die durch die frühere Rechtsprechung des Senats begründete Auslegung einer solchen arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede setzt ebenso wenig wie die Verweisungsklausel im Allgemeinen besondere Anforderungen an das im Arbeitsvertrag genannte Bezugsobjekt voraus, sondern variiert lediglich die Wirkungsweise der vertraglichen Gestaltung. An die besondere Voraussetzung, dass der Arbeitgeber an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag seinerseits auch normativ gebunden ist, knüpft sie die abweichende und besondere Rechtsfolge des Wegfalls der Dynamik bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Keine notwendige Bedingung dagegen ist es, dass im Arbeitsvertrag auf sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (etwa ob eine sog. Tarifwechselklausel vorliegt: BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 29).

18

Dementsprechend ist der Senat stets davon ausgegangen, dass eine sog. Gleichstellungsabrede auch dann vorliegen kann, wenn arbeitsvertraglich nur einzelne Regelungsbereiche in Bezug genommen wurden oder tarifvertragliche Bestimmungen lediglich „im Übrigen“ anzuwenden sind und/oder „soweit nicht abweichende arbeitsvertragliche Regelungen bestehen“ (vgl. bspw. BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 602/06 -; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40; 13. November 2002 - 4 AZR 393/01 - BAGE 103, 364; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - BAGE 103, 141; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120).

19

e) Entgegen der Auffassung des Klägers stehen der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Senats ist unter Anwendung der seit dem 1. Januar 2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung(zB BAG 17. November 1998 - 9 AZR 584/97 -) davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln iSv. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann(BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Senat seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Senat vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), daß eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, aaO; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält der Senat für Altverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (siehe auch BAG 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 28 ff.).

20

2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung der Parteien im Entscheidungsfall als sog. Gleichstellungsabrede zu qualifizieren.

21

a) Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Oktober 1995 über den Anerkennungstarifvertrag normativ an die dort genannten Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (vom 31. Oktober/2. November 1970 idF vom 1. April 1994), gebunden. Dieser Manteltarifvertrag enthält die Zuordnung von Tätigkeiten zu bestimmten Gehaltsgruppen sowie die Bestimmung des einschlägigen Gruppenjahres, die für den Kläger im Arbeitsvertrag mit „Tarifgruppe 5/4“ bezeichnet wurde und auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs bezogen hat.

22

b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, im Arbeitsvertrag sei lediglich eine unmittelbare Bezugnahme auf die Verbandstarifverträge erfolgt, nicht dagegen auf die Haustarifverträge der Beklagten. Dem widerspricht schon das vertraglich vereinbarte „Tarifgehalt“ von 4.848,00 DM, das sich gerade nicht aus der zu diesem Zeitpunkt geltenden Gehaltstabelle des Verbandstarifvertrags ergab. Vielmehr entsprach es in seiner Höhe allein den sich in Anwendung der Ziff. II.1.1. des Anerkennungstarifvertrags ergebenden Bestimmungen.

23

c) Die - zugunsten des Klägers vom Landesarbeitsgericht unterstellte - dynamische Inbezugnahme der Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie über die Verweisung im Anerkennungstarifvertrag endete mit Ablauf der Tarifgebundenheit der Beklagten durch die Kündigung der Haustarifverträge zum Jahresende 2001. Nach diesem Zeitpunkt erfolgte Änderungen in den Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie waren für die Beklagte nicht mehr verbindlich.

24

II. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Entgelts nach den jeweiligen Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht aus der von ihm behaupteten Mitgliedschaft in der IG Metall.

25

Nach Beendigung des Anerkennungstarifvertrags zum Ende des Jahres 2001 wirken seine Rechtsnormen nach § 4 Abs. 5 TVG zwar nach. Eine lediglich nachwirkende Verweisung auf andere Tarifverträge erstreckt sich jedoch nicht auf im Nachwirkungszeitraum vereinbarte Änderungen der in Bezug genommenen Tarifbestimmungen (st. Rspr., BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 8/10 - Rn. 27 mwN; so bereits 17. Mai 2000 - 4 AZR 363/99 - zu I 4 der Gründe, BAGE 94, 367).

26

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil er mit seinem Rechtsmittel unterlegen ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Bredendiek    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.