Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 14. Dez. 2018 - 10 Sa 193/18

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2018:1214.10SA193.18.00
bei uns veröffentlicht am14.12.2018

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 15.02.2018 - 5 Ca 2859/17 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen


(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 88 Freiwillige Betriebsvereinbarungen


Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden 1. zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen;1a. Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes;2. die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirk

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46c Elektronisches Dokument; Verordnungsermächtigung


(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der folgenden

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Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2016 - 8 Sa 500/16 - aufgehoben.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 25. Mai 2016 - 6 Ca 541/16 - abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.435,42 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.485,32 Euro seit dem 1. Februar 2016 sowie aus 16.950,10 Euro seit dem 15. April 2016 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Februar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TVöD/VKA zu vergüten.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA), hilfsweise des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und sich daraus ergebende Entgeltansprüche.

2

Der im Jahr 1966 geborene Kläger ist seit dem 1. September 1991 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger als Masseur beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 30. September 1991 (im Folgenden Arbeitsvertrag 1991) heißt es ua.:

        

§ 2Vergütung

        

Der Arbeitnehmer erhält

        

eine monatliche Vergütung von DM 3.151,02 brutto

        
        

…       

        
        

§ 7 Arbeitsordnung

        
        

Die als Anlage beigefügte Arbeitsordnung ist Bestandteil des Arbeitsvertrages. Darüber hinaus gelten alle betrieblichen Regelungen, sofern in diesem Arbeitsvertrag keine andere Vereinbarung getroffen ist, sowie die Bestimmungen des allgemeinen Arbeitsrechts.

        
        

§ 8Ausschluß- und Einspruchsfristen

        
        

Alle Ansprüche, die sich aus diesem Vertrag ergeben, erlöschen 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern sie nicht vorher schriftlich geltend gemacht worden sind.“

        
3

Am 16. Dezember 1992 schlossen die Arbeitsvertragsparteien eine Zusatzvereinbarung (im Folgenden Zusatzvereinbarung 1992), die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„… wird mit Wirkung zum 01.01.1993 in gegenseitigen Einvernehmen folgende Vereinbarung getroffen:

        

1.    

Die wöchentliche Arbeitszeit in der 4,5-Tage-Woche beträgt 30 Stunden und setzt sich wie folgt zusammen:

                 

…       

        

2.    

Die Vergütung für die vereinbarte Tätigkeit beträgt monatlich in der Gruppe BAT Vc / 3 = DM 2.527,80 brutto.

        

…“    

        
4

Am 17. Februar 1993 schloss der Rechtsvorgänger der Beklagten mit dem bei ihm für den Betrieb gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der arbeitsrechtlichen Verhältnisse für die Angestellten, Arbeiter/-innen und Auszubildenden der Einzelfirma S (im Folgenden Betriebsvereinbarung 1993). Diese lautet auszugsweise:

        

§ 1 Geltungsbereich

        

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Angestellten, Arbeiter/-innen und Auszubildenden des S, mit Ausnahme der geringfügig Beschäftigten.

                 
        

§ 2 Lohn- und Vergütungsrichtlinien

        

1. Für die Angestellten nach § 1 dieser Betriebsvereinbarung geltenanalog die für die Angestellten des Bundes und der Länder vereinbarten Bestimmungen des Lohn- und Vergütungstarifvertrages - BAT - vom 11. Januar 1961.

        

…       

        

4. Änderungen beziehungsweise Ergänzungen der Bestimmungen der Absätze 1 … treten zu dem Zeitpunkt in Kraft, in denen die Änderungen beziehungsweise Ergänzungen für Angestellte … des Bundes und der Länder wirksam werden.

        

5. Absatz 4 gilt sinngemäß für die in den Absätzen 1 … genannten Bestimmungen, die außer Kraft treten.

                 
        

§ 3 Sonderregelungen

        

1. Anwendung des Rahmentarifvertrages BAT (und die diesen ändernden Vorschriften) mit Ausnahme folgender Paragraphen:

        

§ 3, § 6, § 15a, § 16, § 17, § 25, § 35, § 36, § 37, § 39, § 40, § 41, § 42, § 43, § 44, § 46, § 49, § 55, § 56, § 62, § 63, § 64, § 65, § 69 und § 74.

        

…       

        

§ 4 Inkrafttreten und Laufzeit

        

1. Diese Betriebsvereinbarung ist unbefristet und tritt am 01.01.1993 rückwirkend in Kraft.

        

2. Die Betriebsvereinbarung kann mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende, frühestens zum 31.12.1993 gekündigt werden.

                 
        

§ 5 Schlußbestimmungen

        

Die Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung werden automatisch Bestandteil von Arbeitsverträgen, die vor dem Abschlußdatum dieser Vereinbarung geschlossen worden sind.

        

Die betroffenen Arbeitnehmer/innen erhalten einen entsprechenden Nachtrag zum Arbeitsvertrag.“

5

Im März 1993 erhielt der Kläger ein Schreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten, das er unterzeichnete (im Folgenden Nachtrag 1993 AV). Dort heißt es ua.:

        

Betr.: Betriebsvereinbarung vom Februar 1993          

        

Nachtrag zum Arbeitsvertrag            

                 
        

Die Bestimmungen der o.g. Betriebsvereinbarung wurden mit deren Inkrafttreten automatisch Bestandteil Ihres Arbeitsvertrages.

        

Alle in der Betriebsvereinbarung getroffenen Bestimmungen setzen die entsprechenden Regelungen des Arbeitsvertrages außer Kraft. Alle Vertragsbestimmungen, die durch diese Betriebsvereinbarung nicht geregelt sind, werden durch diesen Nachtrag nicht berührt und behalten ihre Gültigkeit.

        

Die Betriebsvereinbarung hängt zur Zeit noch am Schwarzen Brett aus und kann später in der Personalabteilung eingesehen werden.

        

Zum Zeichen der Kenntnisnahme und Ihres Einverständnisses bitten wir Sie, die beigefügte Kopie unterschrieben an uns zurückzugeben.“

6

Am 22. März 1995 schlossen der Rechtsvorgänger der Beklagten und der Kläger eine weitere Zusatzvereinbarung (im Folgenden Zusatzvereinbarung 1995), in der es ua. heißt:

        

„1. Wöchentliche Arbeitszeit von 23 Stunden in der 5-Tage-Woche: …

        

…       

        

2. Die Vergütung für die vereinbarte Tätigkeit beträgt monatlich in der Gruppe BAT Vc 2.150,27 DM brutto.

        

3. Der Urlaub beträgt in der 5-Tage-Woche 26 Urlaubstage im Kalenderjahr.

        

4. Die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 16.12.1992 wird mit in Kraft treten dieser Zusatzvereinbarung unwirksam.

        

5. Alle anderen Vertragsbestandteile bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt und behalten ihre Gültigkeit.“

7

Die Betriebsvereinbarung 1993 wurde mit Schreiben vom 27. September 2001 zum 31. Dezember 2001 gekündigt.

8

Am 23. März 2006 vereinbarten die Parteien erneut eine Änderung zum Arbeitsvertrag. Dort heißt es ua.:

        

„1. Ab dem 01.06.2006 beträgt der Stellenanteil 0,78 VK, das entspricht einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden in der 5 Tage/Woche.

        

2. Das Gehalt wird entsprechend der 0,78 Stelle auf 1.933,90 € erhöht.

        

3. Die Zusatzvereinbarung vom 22.03.1995 wird mit dieser Änderung unwirksam.

        

4. Alle übrigen Bestandteile des bestehenden Arbeitsvertrages bleiben unverändert gültig.“

9

Von 2005 bis 2010 enthielten die Entgeltabrechnungen des Klägers einen Hinweis auf „Vb Stufe 09“. Seit Juni 2006 erhält der Kläger monatlich 1.933,90 Euro brutto, weitere Gehaltserhöhungen gab es nicht. Zudem gewährte die Beklagte Nachtzuschläge iHv. 1,28 Euro, Samstagszuschläge von 0,64 Euro, Sonntagszuschläge von 3,71 Euro und Feiertagszuschläge von 5,19 Euro je Stunde.

10

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2015 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Vergütung nach dem TVöD für den Zeitraum ab Mai 2015 geltend und bezifferte den monatlichen Mehrbetrag zunächst mit 479,55 Euro. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 wies die Beklagte die Ansprüche zurück.

11

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst Entgeltansprüche iHv. 5.903,76 Euro brutto sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TV-L und hilfsweise Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA begehrt. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat er nach teilweiser Klagerücknahme und weiteren Klageerweiterungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2015 auf der Grundlage der Differenz zwischen dem monatlich gezahlten und dem tariflichen Entgelt in monatlich unterschiedlicher, aber rechnerisch unstreitiger Höhe die Zahlung von insgesamt 22.435,42 Euro brutto sowie - unter Austausch von Haupt- und Hilfsantrag in der Revision - die Feststellung der Vergütungsverpflichtung der Beklagten nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA, hilfsweise der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TV-L geltend gemacht.

12

Der Kläger hat - zuletzt - die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA, hilfsweise der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TV-L. Die Zusatzvereinbarungen 1992 und 1995 zu seinem Arbeitsvertrag enthielten mit ihrer dynamischen Bezugnahme eine Verweisung auf die Vergütungsordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) und nach deren Ablösung auf die des TVöD/VKA, dessen Tabelle die Beklagte auch zuletzt ihren Abrechnungen zugrunde gelegt habe, hilfsweise auf die des TV-L. Die dynamische Anwendung der Tarifwerke des öffentlichen Dienstes sei weder durch die Betriebsvereinbarung 1993 noch durch den Nachtrag 1993 AV beendet worden. Die freiwillige Betriebsvereinbarung 1993 sei unwirksam, da es im Pflegebereich tarifvertragliche Arbeitsbedingungen sowie mittlerweile die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche gebe. Zudem habe sie zum 31. Dezember 2001 aufgrund der Kündigung ohne Nachwirkung geendet. Der Nachtrag 1993 AV habe keine konstitutive vertragliche Wirkung. Ausschlussfristen fänden keine Anwendung.

13

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.435,42 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.485,32 Euro seit dem 1. Februar 2016 sowie aus 16.950,10 Euro seit dem 15. April 2016 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Februar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TVöD/VKA zu vergüten, hilfsweise

                 

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Februar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TV-L Tarifgebiet West zu vergüten.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat - zuletzt - die Auffassung vertreten, weder der Arbeitsvertrag 1991 noch die Zusatzvereinbarungen 1992 und 1995 enthielten eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Diese Zusatzvereinbarungen seien aufgehoben und spätestens durch die Änderung des Arbeitsvertrags von März 2006 ersetzt worden, nach der der Kläger für seine Tätigkeit ein festes Bruttomonatsgehalt erhalten sollte. Die Erhöhungen in der Vergangenheit seien aufgrund der von der Beklagten eingegangenen Verpflichtungen nach der Betriebsvereinbarung 1993 und nicht freiwillig erfolgt. Im Übrigen habe die Betriebsvereinbarung 1993 mögliche einzelvertragliche Regelungen dauerhaft verdrängt und zulässigerweise die - vertraglich vereinbarte - Vergütung abgeändert, womit der Kläger auch durch Unterzeichnung des Nachtrags 1993 AV sein Einverständnis erklärt habe. Ferner seien etwaige Ansprüche des Klägers verfallen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage - auch hinsichtlich der erstinstanzlich zurückgenommenen Feststellungsanträge - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren unter Austausch von - bisherigem - Haupt- und Hilfsfeststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Die Vorinstanzen haben die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung und die geltend gemachte Zahlung einschließlich der Zinsen.

17

A. Die Klage ist hinsichtlich des zuletzt gestellten Haupt- und Hilfsfeststellungsantrags als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig.

18

I. Die Feststellungsanträge betreffen vorrangig die Vergütungsverpflichtung der Beklagten nach den jeweiligen Entgelttabellen des TVöD/VKA bzw. TV-L und nicht die - im Anwendungsfall nicht umstrittene - Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu einem bestimmten Tätigkeitsmerkmal der jeweiligen Vergütungsordnung. Auch die Anwendung eines Teils eines Tarifvertrags, wie hier der Vergütungsordnung, kann Gegenstand eines Feststellungsantrags sein (vgl. zB zur Anwendung einer Arbeitszeitregelung eines Tarifvertrags BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176).

19

II. Die Umstellung von Haupt- und Hilfsantrag in der Revisionsinstanz steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen.

20

1. Zwar ist eine Antragsänderung in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Antragsänderungen können aber aus prozessökonomischen Gründen zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt und der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt und auf den unstreitigen Parteivortrag stützt. Dies trifft bei einem Wechsel von Haupt- und Hilfsantrag regelmäßig zu ( BAG 19. September 2006 - 1 ABR 58/05  - Rn. 11 ; 11. Februar 1992 -  1 ABR 49/91  - zu B I der Gründe, BAGE 69, 302 ). Mit ihm ist jedenfalls dann keine Erweiterung des bisherigen Prüfprogramms verbunden, wenn über den bisherigen Hilfsantrag in der Vorinstanz bereits entschieden worden ist ( BAG 17. November 2010 - 4 AZR 118/09 - Rn. 12 mwN).

21

2. Etwas anderes gilt im Streitfall auch nicht deshalb, weil das Arbeitsgericht dem Kläger die Feststellungsansprüche unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO aberkannt hatte.

22

a) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht dem Kläger einen Anspruch abspricht, den dieser nicht erhoben hat ( BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13  - Rn. 21 , BAGE 151, 235).

23

b) Der Kläger hat die Feststellungsanträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht wirksam zurückgenommen. Dadurch entfiel deren Rechtshängigkeit rückwirkend (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die gleichwohl erfolgte Abweisung der Anträge durch das Arbeitsgericht stellt daher einen Verstoß gegen § 308 ZPO dar.

24

c) Die Erweiterung der Klage um die Feststellungsanträge in der Berufungsinstanz war zulässig. Zwar hat das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung übersehen, dass es sich bei den Feststellungsanträgen um eine Klageerweiterung handelt und entsprechend deren Zulässigkeit nicht geprüft. Über die Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufungsinstanz ist jedoch auch im Revisionsverfahren nach dem Maßstab des § 533 ZPO zu entscheiden(BAG 14. Juni 2017 - 10 AZR 308/15 - Rn. 38; 12. Juli 2016 - 9 AZR 51/15 - Rn. 44).

25

aa) Nach § 533 ZPO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

26

bb) Die Einwilligung der Beklagten iSv. § 533 Nr. 1 ZPO zur Klageerweiterung liegt gem. § 525 Satz 1, § 267 ZPO vor, da sie sich rügelos auf die Klageerweiterung eingelassen hat.

27

cc) Die Klageerweiterung wird iSv. § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte. Für den Erfolg des Leistungsantrags waren dieselben Tatsachen maßgebend wie für den Erfolg der Feststellungsanträge.

28

B. Die - zuletzt nur noch auf arbeitsvertragliche Ansprüche gestützte - Klage ist hinsichtlich des als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrags begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TVöD/VKA zu vergüten. Der Hilfsantrag fällt deshalb nicht mehr zur Entscheidung an.

29

I. Im Ausgangspunkt hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung 1992, nach der „die Vergütung … monatlich in der Gruppe BAT Vc / 3 = DM 2.527,80 brutto“ beträgt, sei als eine zeitdynamische Bezugnahme auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT zu verstehen.

30

1. Die Zusatzvereinbarung 1992 ist - ebenso wie der Arbeitsvertrag 1991 - ein Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind (zu den Maßstäben sh. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 28/10 - Rn. 29 mwN). Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr. des BAG, zB BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 21; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 105, 284).

31

2. Bei Anwendung dieser Auslegungsregeln ergibt sich aus der vertraglichen Vereinbarung eine dynamische Verweisung auf die entsprechenden Bestimmungen des BAT.

32

a) Die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags ist regelmäßig dynamisch zu verstehen. Ein zusätzliches Indiz hierfür kann sein, wenn im Arbeitsvertrag der Entgeltbetrag aufgeführt wird, der dem Tarifgehalt bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Wesentlichen entspricht. Nur wenn es eindeutige Hinweise für eine statische Bezugnahme gibt, kann von dieser Auslegungsregel abgewichen werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 25; 25. Februar 2015 - 5 AZR 481/13 - Rn. 15, jeweils mwN).

33

b) Danach haben die Parteien in Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung 1992 die Vergütung zeitdynamisch, orientiert an den Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des BAT vereinbart. Dazu gehört auch die Tarifautomatik, §§ 22, 23 BAT.

34

aa) Die Arbeitsvertragsparteien haben in der Zusatzvereinbarung 1992 die Vergütungsgruppe ausdrücklich bezeichnet und überdies - ohne dass dies entscheidend wäre - eine konkrete Summe genannt, die nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers dem Tabellenentgelt der angegebenen Vergütungsgruppe des BAT entsprach.

35

bb) Die Bezugnahmeklausel enthält nicht nur einen Verweis auf die ausdrücklich genannte VergGr. Vc BAT, sondern zugleich auf die gesamte Vergütungsordnung einschließlich der Tarifautomatik. Anhaltspunkte dafür, die Arbeitsvertragsparteien hätten dauerhaft eine Vergütung nach der VergGr. Vc BAT unabhängig von der konkreten Tätigkeit und gar ohne die tariflich vorgesehene Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs vereinbaren wollen, sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte den Kläger ausweislich der Entgeltbescheinigungen zumindest in den Jahren 2005 bis 2010, dh. auch noch lange nach Kündigung der Betriebsvereinbarung sogar nach der von ihm durch Bewährungsaufstieg erfüllten VergGr. Vb BAT vergütet.

36

II. Die dynamische Bezugnahme auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT aus der Zusatzvereinbarung 1992 ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts in der Folgezeit weder durch die Betriebsvereinbarung 1993 noch durch individuelle Vereinbarungen zwischen den Parteien abgelöst oder verdrängt worden.

37

1. Aus einer normativen Wirkung der Betriebsvereinbarung 1993 ergibt sich für den Streitzeitraum keine Änderung der vertraglichen Bezugnahmeregelung.

38

a) Die Betriebsvereinbarung 1993 war zum 31. Dezember 2001 gekündigt worden. Ihre unmittelbare und zwingende Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) endete zu diesem Zeitpunkt. Auf die Frage ihrer Wirksamkeit kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.

39

b) Die beendete Betriebsvereinbarung entfaltete im Arbeitsverhältnis der Parteien auch keine Nachwirkung, die eine solche Änderung hätte bewirken können.

40

aa) Betriebsvereinbarungen wirken nach ihrem Ablauf nach, soweit sie Angelegenheiten der erzwingbaren Mitbestimmung betreffen (§ 77 Abs. 6 BetrVG). Freiwillige Betriebsvereinbarungen wirken nicht nach. Bei einer Betriebsvereinbarung mit teilweise mitbestimmten Regelungen sind die einzelnen Regelungskomplexe getrennt zu behandeln. Eine Nachwirkung erfolgt dann nur hinsichtlich der Angelegenheiten, die der zwingenden Mitbestimmung unterliegen (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 39/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 147, 19). Sinn der Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG ist - zumindest auch - die kontinuierliche Wahrung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte. Sind solche nicht betroffen, bedarf es der Nachwirkung nicht (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 16, BAGE 127, 297).

41

bb) Soweit hier überhaupt eine zwingende Wirkung der Betriebsvereinbarung auf die vertragliche Abrede bzgl. der Anwendung der Vergütungsordnung des BAT in Betracht kommt, wäre sie als die Höhe des vertraglichen Entgelts unmittelbar bestimmende Regelung nicht einem Tatbestand des Katalogs von § 87 Abs. 1 BetrVG, insbesondere der Nr. 10, zuzuordnen(bspw. BAG 21. Februar 2017 - 1 ABR 12/15 - Rn. 23; 5. Mai 2015 - 1 AZR 435/13 - Rn. 15, jeweils mwN).

42

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die vertragliche Verweisung auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT auch nicht durch eine auf vertraglicher Ebene wirkende Einbeziehung der Betriebsvereinbarung 1993 abgelöst oder abgeändert worden.

43

a) Das Landesarbeitsgericht ist zum einen davon ausgegangen, die Betriebsvereinbarung 1993 habe den Arbeitsvertrag der Parteien dahin geändert, dass die bis dahin geltende dynamische Verweisung auf die Vergütungsordnung des BAT durch die in der Betriebsvereinbarung 1993 enthaltene eigenständige betriebliche Vergütungsordnung abgelöst worden sei. Zum anderen hat es angenommen, mit dem Nachtrag 1993 AV hätten die Parteien sich rechtsgeschäftlich ausdrücklich auf die Anwendung der Betriebsvereinbarung 1993 auf ihr Arbeitsverhältnis geeinigt.

44

aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag dahingehend ausgelegt, dass die Parteien mit der Regelung in Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung 1992 konkludent vereinbart hätten, die dynamische Anwendung des BAT solle grundsätzlich einer Änderung durch Betriebsvereinbarung unterliegen (UA S. 10 f., unter b aa). Es hat sich hierfür auf „Grundsätze nach BAG“ (BAG 5. März 20131 AZR 417/12 - Rn. 60) gestützt. Danach mache der Arbeitgeber mit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollten. Der Abschluss von „betriebsvereinbarungsfesten Abreden“ schränke den Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien für zukünftige Anpassungen von Arbeitsbedingungen mit kollektivem Bezug ein. Deshalb sei für einen „verständigen und redlichen Arbeitnehmer“ nicht zweifelhaft, dass die vom Arbeitgeber vertraglich gestellten Arbeitsbedingungen einer Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich seien. Etwas anderes gelte lediglich dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich Bedingungen vereinbarten, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollten. Dies sei hier nicht geschehen. Die „Angleichung und Synchronisierung“ der betrieblichen mit einer tariflich vereinbarten, für den Betrieb aber nicht einschlägigen Vergütungsordnung besitze geradezu exemplarisch kollektiven Charakter.

45

bb) In der Sache hat das Berufungsgericht sich dann weiter auf eine rechtsgeschäftlich ausdrücklich vereinbarte Anwendung der Betriebsvereinbarung 1993 berufen, nachdem der Kläger mit der Unterzeichnung des Nachtrags 1993 AV sein Einverständnis hiermit erklärt habe. Dabei stützt sich das Landesarbeitsgericht in erster Linie auf den Wortlaut des Schreibens, wonach alle in der Betriebsvereinbarung 1993 getroffenen Bestimmungen die entsprechenden Regelungen des Arbeitsvertrags „außer Kraft“ setzten (UA S. 12, unter b cc). Auch sei die Vereinbarung nicht unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB, weshalb für die dort bestimmte Auslegungsregel kein Raum sei.

46

b) Beide Annahmen des Landesarbeitsgerichts sind rechtsfehlerhaft.

47

aa) Dies gilt zunächst für die Annahme, der Arbeitsvertrag der Parteien sei allein durch die gewählte Form eines Formulararbeitsvertrags „betriebsvereinbarungsoffen“, weshalb die vertragliche Verweisung auf die Vergütungsordnung des BAT durch die Betriebsvereinbarung 1993 abgelöst worden sei.

48

(1) Der Senat hat bereits grundsätzlich erhebliche Bedenken, in den Erklärungen und dem Verhalten der Parteien zwei sich auch hinsichtlich der vom Landesarbeitsgericht angenommenen konkludent vereinbarten „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ deckende Willenserklärungen zu erkennen.

49

(a) Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm regelmäßig formularmäßig gemachten Angebots durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich. Die Regelung eines Vertrags über eine entgeltliche Leistung beschränkt sich im Allgemeinen auf die Bestimmung von Leistung und Gegenleistung. Die Motive, aus denen jeder der Partner den Vertrag schließt, sind für die Rechtsfolgen des Vertrags grundsätzlich unbeachtlich, weil sie nicht Teil der vertraglichen Vereinbarung selbst sind (BAG 25. Oktober 2017 - 4 AZR 375/16 - Rn. 35; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 30 mwN, BAGE 122, 74).

50

(b) In Anwendung dieser Grundsätze hat der erkennende Senat die frühere Rechtsprechung zur Auslegung von Verweisungsklauseln als sog. „Gleichstellungsabrede“ verworfen. Nach dieser - aufgegebenen - Rechtsprechung bedingte die „soziotypische Situation“ eines Arbeitnehmers bei Vertragsschluss mit einem tarifgebundenen Arbeitgeber das „Wissen“ darum, dass eine im Vertrag enthaltene dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag notwendig - konkludent - die auflösende Bedingung beinhaltete, diese Dynamik solle im Fall des Wegfalls der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers enden. Dieses „Wissen“ sei dann auch Inhalt der mit der Unterschrift von ihm selbst abgegebenen Willenserklärung. Diese Rechtsprechung hat der Senat mit der Begründung aufgegeben, dass der Bedeutungsinhalt von arbeitsvertraglichen Erklärungen in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist, und es bei dessen Eindeutigkeit im Grundsatz keiner weiteren Heranziehung von Auslegungsfaktoren bedarf (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 31, BAGE 122, 74; sh. auch Thüsing/Lambrich RdA 2002, 193, 198 f.; Annuß ZfA 2005, 405, 423; Bayreuther DB 2007, 166). Insbesondere kann aus der „soziotypischen Situation“ allein kein den Erklärungsinhalt bedingender Vorbehalt geschlossen werden, wenn er sich nicht auch im Wortlaut niedergeschlagen hat. Nur bei Vorliegen konkreter Tatsachen, die im Einzelfall Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der getroffenen Vereinbarung begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen in einer sich im Wortlaut nicht niederschlagenden Weise beeinflusst haben, könnte ein Anlass bestehen, die Wortlautauslegung in Frage zu stellen. Die möglichen Motive der Erklärung des Antragenden können - gerade bei vom Arbeitgeber gestellten Formularverträgen - nur dann zur Auslegung der Annahmeerklärung herangezogen werden, wenn sie zweifelsfrei und unmissverständlich für den Arbeitnehmer erkennbar sind und als Bestandteil seiner eigenen zustimmenden Erklärung angesehen werden müssen. Gerade im Licht der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) ist für die Auslegung nicht der jeweilige - unterstellte - Wille der am Rechtsgeschäft beteiligten Vertragspartner, sondern in erster Linie der Vertragswortlaut entscheidend (Preis Der Arbeitsvertrag 5. Aufl. I C Rn. 30a mwN).

51

(c) Für die Annahme, ein („redlicher und verständiger“) Arbeitnehmer müsse auch ohne irgendeinen Hinweis in einem ihm vorgelegten Arbeitsvertragsentwurf davon ausgehen, das Vertragsangebot des Arbeitgebers stünde in jeder Hinsicht unter dem Vorbehalt einer Abänderbarkeit - insbesondere auch einer Verschlechterungsmöglichkeit - durch eine Betriebsvereinbarung, weil er nicht damit rechnen könne, dass ihm andere Arbeitsbedingungen zugestanden würden, als sie im Betrieb „gelten“, gibt es keine Anhaltspunkte. Ein Arbeitnehmer, der einen vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag als Antrag iSv. § 145 BGB vorgelegt bekommt, kann zwar ggf. noch erkennen, dass es sich um einen Formularvertrag handelt. Dabei ist für ihn aber schon nicht mehr erkennbar, ob das vom Arbeitgeber verwandte Vertragsexemplar nur für ihn entworfen ist oder ob es den betriebsüblichen Vertragsformulierungen entspricht, die der Arbeitgeber in der Gegenwart oder Vergangenheit für andere und ggf. wieviele Arbeitsverhältnisse mit welchem Anteil an der gesamten Belegschaft oder eines Teils davon verwandt hat. Allein hieraus auf eine Vereinheitlichungsabsicht des Arbeitgebers schließen zu müssen, ist nicht einmal naheliegend, erst recht weder zwingend noch durch die Gesamtumstände geboten, zumal schon völlig unklar ist, ob und warum ein Arbeitgeber überhaupt eine eventuelle Vereinheitlichungsabsicht hat und diese allein durch die Verwendung von von ihm vorformulierten Arbeitsbedingungen zum - erkennbaren - Ausdruck bringen wollte, obwohl ihm als Verwender jede andere Möglichkeit offen gestanden hätte. Die Annahme, der Arbeitnehmer müsse davon ausgehen, ein ihm gegenüber nicht mitgeteilter, aber konkreter und im Ergebnis außerordentlich bedeutungsvoller „Vertragsinhalt“ sei Gegenstand seiner eigenen Willensbildung und durch die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags auch Inhalt der von ihm selbst abgegebenen Willenserklärung, ist eine bloße Fiktion. Eine solche hätte überdies die paradoxe Folge, dass allein durch die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, deren gesetzliche Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB dem schwächeren Vertragspartner gerade zusätzlichen Schutz gewähren soll, die ausdrücklich vereinbarten einzelnen Vertragsbedingungen konkludent zur Disposition der Betriebsparteien gestellt würden. Dass ein Arbeitnehmer dies - ggf. sogar hinsichtlich der Höhe der ihm versprochenen Vergütung und des Inhalts der von ihm zugesicherten Arbeitspflicht - allein durch die Entgegennahme und Unterzeichnung des vorformulierten Arbeitsvertrags und ohne jede Erwähnung bei den Vertragsverhandlungen oder schriftliche Aufnahme in den Arbeitsvertrag erklären will, erscheint dem erkennenden Senat nicht nachvollziehbar.

52

(d) Angesichts der mit dem Schutz der Betroffenen begründeten hohen Anforderungen an eine Individualabrede iSv. § 305b BGB(vgl. dazu nur HWK/Roloff 8. Aufl. § 305b BGB Rn. 1: „Dies ist dann der Fall, wenn sie zu den AGB in unmittelbarem oder direktem Widerspruch stehen“, mwN) fällt praktisch jeder Arbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingung unter die Kontrolle der §§ 305 ff. BGB und erfüllt damit die Voraussetzungen der „soziotypischen Situation“ der Annahme einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“. Soweit nur Arbeitsbedingungen „mit kollektivem Bezug“ von der Veränderbarkeit durch Betriebsvereinbarungen erfasst sein sollen, ist diese Bedingung per definitionem auf der Vertragsseite bereits durch die Annahme der Bedeutung und Wirkungsweise Allgemeiner Geschäftsbedingungen erfüllt und ausdrückliche Voraussetzung für die Anknüpfung an eine Vereinheitlichungsabsicht des Arbeitgebers. Auf der anderen Seite müssen die die Vertragslage unmittelbar ändernden Betriebsvereinbarungen ohnehin kollektiven Charakter haben. Da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts außerhalb von § 77 Abs. 3 BetrVG Arbeitsbedingungen aller Art, auch solche, die die Hauptleistungspflicht unmittelbar bestimmen, durch Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG festgelegt werden können(BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 14 ff., BAGE 120, 308; Fitting 29. Aufl. § 77 Rn. 45 ff.; krit. Richardi BetrVG 16. Aufl. § 77 Rn. 74; Preis in Wlotzke/Preis/Kreft BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 18), kann die grundsätzliche Annahme einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ in diesem Rahmen zu dem Ergebnis führen, dass sämtliche im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbarten Abreden der Parteien durch die Betriebsparteien abgeändert werden könnten. Das wiederum würde bedeuten, dass aus kollektiven Mindestarbeitsbedingungen im Ergebnis Höchstarbeitsbedingungen würden, die, soweit sie Hauptleistungspflichten betreffen, noch nicht einmal der Inhaltskontrolle ieS unterworfen wären (arg. § 307 Abs. 3 BGB; Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG).

53

(e) Auch mit Blick auf das Recht der AGB-Kontrolle unterliegt diese Sichtweise nach Auffassung des Senats erheblichen Bedenken.

54

(aa) Die „konkludente“ Vereinbarung einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ - ihr Vorliegen unterstellt - wäre ihrerseits selbst eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. §§ 305 ff. BGB. Der Arbeitgeber legte danach dem Arbeitnehmer nicht nur die ausdrücklichen Arbeitsbedingungen in vorformulierter Form zur Unterzeichnung vor, sondern zusätzlich regelmäßig den in dieser Form enthaltenen, allerdings ungeschriebenen Vorbehalt einer Verschlechterung der ausdrücklich formulierten Arbeitsbedingungen durch eine Betriebsvereinbarung. Damit wäre auch die bei einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ angenommene konkludente Vertragsklausel vom Arbeitgeber gestellt. Mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitnehmer würde sie zunächst - als ungeschriebene Klausel - Bestandteil jedes in der Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten Arbeitsvertrags. Sie unterläge damit der gesetzlich vorgesehenen Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, wie es auch für eine mündlich vereinbarte Allgemeine Geschäftsbedingung allgemein angenommen worden ist (zB BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 12 ff., BAGE 141, 324; 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 20 ff., BAGE 127, 319; Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305 BGB Rn. 20; vgl. für weitere Privatrechtsbereiche Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 12. Aufl. § 305 BGB Rn. 36, mit zahlr. Nachw. aus der Rspr. des BGH).

55

(bb) Ob diese ungeschriebene und unerwähnt gebliebene Vertragsklausel einer Überprüfung nach Maßgabe des § 305c Abs. 2 BGB (Unklarheitenregel) und des § 305c Abs. 1 BGB (Verbot überraschender Klauseln) standhielte, kann vorliegend offenbleiben. Jedenfalls würden sich im Hinblick auf die Anwendung der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ganz erhebliche Bedenken ergeben. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders klar und deutlich erkennen kann, welche Rechte und Pflichten er hat. Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn eine Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume für den Verwender enthält (BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 23; 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250; BGH 3. März 2004 - VIII ZR 151/03 - zu II 2 a bb der Gründe). Voraussetzungen und Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, „was auf ihn zukommt“ (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30; vgl. allg. dazu Schaub ArbR-HdB/Linck 17. Aufl. § 35 Rn. 54 mit zahlr. weiteren Nachw. aus der Rspr.). Dies dürfte bei einem ungeschriebenen und lediglich aus den äußeren Umständen gefolgerten Verzicht auf das Günstigkeitsprinzip als tragendem Rechtsgrundsatz kaum gegeben sein. Der Vorbehalt einer ablösenden „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ kann vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber als Verwender der AGB einen solchen hinreichend klar und verständlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Annahme, ein verständiger Arbeitnehmer müsse auch ohne einen entsprechenden ausdrücklichen Vorbehalt des Arbeitgebers von einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ ausgehen, dürfte dem nicht genügen (für den Fall der Ablösbarkeit einer Sonderzahlung BAG 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 15).

56

(2) Einer abschließenden Entscheidung über diese Fragen bedarf es im Streitfall nicht. Ginge man - entgegen den oa. Bedenken - davon aus, es liege grundsätzlich eine konkludente Einigung der Parteien über eine „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ ihrer Arbeitsbedingungen vor, erfasste diese jedenfalls nicht die ausdrückliche Vereinbarung der Parteien über die Anwendbarkeit der Vergütungsordnung des BAT auf ihr Arbeitsverhältnis.

57

(a) Von einer konkludent vereinbarten „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ individualvertraglich geregelter Arbeitsbedingungen ist schon dann nicht auszugehen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60, aE).

58

(aa) Dies ist bei einer im Wortlaut zum Ausdruck kommenden einzelvertraglich vereinbarten dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag stets der Fall. Die dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag hat immer einen „kollektiven Bezug“. Sollte sich tatsächlich allein aus der Formenwahl des Arbeitgebers das erkennbare Ziel einer Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen ergeben, wäre jedenfalls die Bezugnahme auf einen ausdrücklich genannten Tarifvertrag in der Regel so zu verstehen, dass dessen Regelungen im Rahmen ihrer vertraglichen Inbezugnahme die vom Arbeitgeber - unter der oa. Annahme - angestrebte und erreichbare kollektive Vereinheitlichung realisieren und gewährleisten. Von einer nur konkludenten Vereinbarung über einen bestimmten dynamischen Vertragsinhalt könnte deshalb bereits dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn es für denselben Regelungsbereich eine sich aus dem Text des Vertrags ergebende dynamische Verweisung gibt, die ein gegenüber der Betriebsvereinbarung höherrangiges Regelungssystem in Bezug nimmt. Zwar bliebe auch einer solchen individualvertraglichen Bezugnahme die Betriebsvereinbarung im Rang übergeordnet, jedoch ausschließlich in ihrer normativen Wirkung bei gleichzeitiger Anwendung des Günstigkeitsprinzips (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Für eine - ohnehin unter problematischen Prämissen angenommene - konkludent vereinbarte vertragliche „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ mit der Folge einer ansonsten nicht bestehenden Verschlechterungsmöglichkeit hinsichtlich konkret vereinbarter Vertragsbedingungen fehlt es an jedem Anhaltspunkt, wenn die Vertragsparteien den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses ausdrücklich (und gerade nicht nur konkludent) den tariflichen Vereinbarungen konkreter Tarifvertragsparteien anvertrauen. Hier ergibt sich die Nachrangigkeit einer solchen - konkludent getroffenen - Betriebsvereinbarungsoffenheitsabrede sowohl aus dem Vorrang der Vereinbarungsform als auch aus dem Vorrang der in Bezug genommenen dynamischen Rechtsquelle des Tarifvertrags gegenüber der Betriebsvereinbarung. Mit dem Zweck einer solchen dynamischen Bezugnahme auf Vergütungsregelungen des öffentlichen Dienstes, nach dem bei der Vergütung eine Gleichstellung mit den in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmern erreicht werden soll, wäre eine Anwendung der allein für den Bereich der Beklagten maßgeblichen betrieblichen Regelungen nicht vereinbar (so auch BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 48).

59

(bb) Eine der konkludenten Vereinbarung einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ widersprechende und sie damit ausschließende ausdrückliche Vertragsregelung kann auch darin bestehen, dass dem Wortlaut des Vertrags nach betriebliche Regelungen zwar grundsätzlich Anwendung finden sollen, aber nur nachrangig, also „im Übrigen“ oder nur „soweit keine anderen Vereinbarungen getroffen worden sind“. In diesem Fall haben die Arbeitsvertragsparteien ihren Willen im Wortlaut des Vertrags zum Ausdruck gebracht, dass sie den arbeitsvertraglichen Regelungen den Vorrang einräumen wollten, sofern die Betriebsvereinbarung hinsichtlich günstigerer Arbeitsbedingungen nicht ohnehin normativ gilt; insoweit gölten die günstigeren Regelungen unmittelbar und zwingend und unterlägen in ihrer Wirkungsweise nicht der Regelungsbefugnis der Arbeitsvertragsparteien (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG).

60

(b) Nach diesen Maßstäben haben die Parteien im Streitfall eine - konkludente - Betriebsvereinbarungsoffenheit vertraglich ausgeschlossen.

61

(aa) Die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag in der Fassung der Zusatzvereinbarung 1992 auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT Bezug genommen, sie als vertragliche Grundlage vereinbart (vgl. oben unter B I 2) und damit eine vertragliche Einbeziehung - der ggf. normativ geltenden Betriebsvereinbarung - ausgeschlossen.

62

(bb) Dagegen spricht nicht die in § 7 des Arbeitsvertrags 1991 getroffene Bestimmung, nach der alle betrieblichen Regelungen gelten sollten. Diese Einbeziehung sollte nach dem ausdrücklichen Willen der Arbeitsvertragsparteien nur insoweit greifen, als in dem Arbeitsvertrag keine andere Vereinbarung getroffen worden ist. Das ist aber durch die Verweisung auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT geschehen. Damit haben die Parteien auch hier über die „Rangfolge“ von evtl. mehreren - dynamisch - in Bezug genommenen Rechtsquellen für ihr Arbeitsverhältnis eine ausdrückliche Vereinbarung zugunsten der Individualabrede getroffen.

63

bb) Auch die weitere Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Unterzeichnung des von dem Rechtsvorgänger der Beklagten verfassten Nachtrags 1993 AV stelle eine ausdrückliche Abänderung des Arbeitsvertrags dahingehend dar, dass nunmehr die eigenständige Vergütungsordnung der Betriebsvereinbarung 1993 an die Stelle der bisher vereinbarten Vergütungsordnung des BAT treten solle, ist unzutreffend. Bei dem Nachtrag 1993 AV handelt es sich nicht um ein Vertragsangebot des Arbeitgebers, sondern lediglich um eine Information über die seiner Auffassung nach durch die Betriebsvereinbarung 1993 eingetretene Änderung der objektiven Rechtslage.

64

(1) Als von dem Rechtsvorgänger der Beklagten vorformulierte und damit typische Erklärung unterliegt die Auslegung des Schreibens der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr. des BAG, zB BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 21; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 105, 284).

65

(2) Diesem Maßstab hält das Berufungsurteil nicht stand. Bei dem Nachtrag 1993 AV handelt es sich ungeachtet der Unterschrift des Klägers nicht um eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag, sondern um eine bloße Mitteilung des Rechtsvorgängers der Beklagten in Folge und Umsetzung der Betriebsvereinbarung 1993 (vgl. § 5 Abs. 2 Betriebsvereinbarung 1993). Die Annahme einer konstitutiven individualvertraglichen Vereinbarung der Parteien wäre nur dann gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Nachtrag 1993 AV um einen Antrag des Rechtsvorgängers der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB handelte, der zur Entfaltung der beabsichtigten Rechtsfolgen der Annahme durch den Kläger bedurft hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Rechtsvorgänger der Beklagten hat den Kläger vielmehr mit dem Nachtrag 1993 AV in Umsetzung der Betriebsvereinbarung 1993 lediglich von seiner Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass diese Betriebsvereinbarung kraft Gesetzes normative Wirkung entfalte und deshalb auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam sei.

66

(a) Das ergibt sich bereits aus der Eingangsformulierung. Danach wurden „die Bestimmungen der o.g. Betriebsvereinbarung … mit deren Inkrafttreten automatisch Bestandteil Ihres Arbeitsvertrages“. Diese Formulierung beinhaltet zunächst den - von dem Rechtsvorgänger der Beklagten angenommenen - Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bestimmungen der Betriebsvereinbarung 1993, nämlich „deren Inkrafttreten“. Dies sollte nach § 4 Abs. 1 Betriebsvereinbarung 1993 rückwirkend zum 1. Januar 1993 geschehen. Von der rechtlichen Notwendigkeit einer Zustimmung des Klägers ist im Nachtrag 1993 AV insoweit keine Rede.

67

(b) Ferner wird der bloße Informationscharakter des Nachtrags 1993 AV aus der weiteren Formulierung im ersten Absatz deutlich. Dort wird darauf hingewiesen, dass die Betriebsvereinbarung „automatisch“, dh. gerade ohne eine entsprechende Willenserklärung der Parteien, Bestandteil des Arbeitsvertrags „geworden sei“.

68

(c) Dem entspricht auch der Betreff, der das Schreiben als „Nachtrag“ zum Arbeitsvertrag und gerade nicht als „Zusatzvereinbarung“ (so die Vertragsänderungen aus den Jahren 1992 und 1995) oder als „Änderung zum Arbeitsvertrag“ (so das Schreiben vom 23. März 2006) bezeichnet. Den daher anzunehmenden bloßen Verweis auf die bestehende Rechtslage darf und kann ein Arbeitnehmer dahin verstehen, es bleibe insoweit im Übrigen bei der gesetzlichen Regelung, insbesondere dem Günstigkeitsprinzip als Kollisionsregelung zwischen der normativen Wirkung einer Betriebsvereinbarung und der individuellen Vertragsabrede, das sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 77 Abs. 4 BetrVG, unbestritten aber aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzprinzip ergibt(BAG 16. September 1986 - GS 1/82 - zu C II 3 der Gründe, BAGE 53, 42; 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C II 1 der Gründe, BAGE 63, 211; Fitting 29. Aufl. § 77 Rn. 196; Richardi BetrVG 16. Aufl. § 77 Rn. 165, jeweils mwN).

69

(d) Im Übrigen hat die Arbeitgeberin mit dem Nachtrag 1993 AV lediglich die bereits in der Betriebsvereinbarung 1993 selbst vorgesehene Vorgehensweise umgesetzt. Dort ist nach dem erneuten Hinweis in § 5, wonach die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung „automatisch Bestandteil von Arbeitsverträgen“ werden, aufgenommen, dass der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmer/-innen einen „entsprechenden Nachtrag“ übersendet.

70

(e) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann diese Information über die nach Ansicht der Arbeitgeberin bereits durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung 1993 herbeigeführte Rechtslage auch nicht deshalb als Vertragsangebot gewertet werden, weil der Kläger sie unterzeichnet hat. Das „Einverständnis“ bezieht sich allenfalls auf die mitgeteilte Rechtsauffassung des Arbeitgebers, ohne dass darin eine eigene Willenserklärung zur Abänderung des Arbeitsvertrags liegt.

71

(3) Soweit im zweiten Absatz des Nachtrags 1993 AV ausgeführt wird, dass „alle in der Betriebsvereinbarung getroffenen Bestimmungen ... die entsprechenden Regelungen des Arbeitsvertrages außer Kraft“ setzen, wird daraus jedenfalls nicht hinreichend deutlich, dass damit - abweichend vom ersten Absatz des Schreibens - ein Vorrang der Betriebsvereinbarung unter Verzicht auf das gesetzlich vorgesehene Günstigkeitsprinzip ausdrücklich individualvertraglich vereinbart werden sollte. Ein solcher Verzicht in einer vorformulierten Vertragsbestimmung muss klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert sein. Das wäre hier selbst dann nicht der Fall, wenn es eine derartige Absicht des Arbeitgebers gegeben hätte. Der erste Absatz des Schreibens sowie der Betreff suggerieren, dass es lediglich eine Mitteilung über die gesetzlich angeordnete normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung enthält. Diese beschränkt sich jedoch auf die Verdrängung schlechterer einzelvertraglicher Arbeitsbedingungen; bessere bleiben bestehen. Hätte der Rechtsvorgänger der Beklagten dem Schreiben eine weiter gehende Bedeutung beimessen wollen, hätte er dies eindeutig formulieren müssen.

72

(4) Dafür, dass die Arbeitsvertragsparteien das Schreiben von März 1993 nicht als Vertragsänderung angesehen haben, spricht auch, dass sie jeweils mit dem Abschluss einer neuen Zusatz- oder Änderungsvereinbarung die vorherige Zusatzvereinbarung außer Kraft gesetzt haben. Die Zusatzvereinbarung 1995 nimmt dabei in Ziff. 4 die Zusatzvereinbarung 1992 und gerade nicht das Schreiben von März 1993 in Bezug.

73

cc) Auf eine mögliche Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung 1993 kommt es danach auch hier nicht mehr an.

74

c) Die vertragliche dynamische Verweisung auf die Vergütungs- und Eingruppierungsbestimmungen des BAT ist auch nicht durch eine andere Vereinbarung der Parteien abgeändert oder abgelöst worden.

75

aa) Selbst wenn die Zusatzvereinbarung 1995 die Zusatzvereinbarung 1992 „außer Kraft gesetzt“ haben sollte, enthält sie jedenfalls in Ziff. 2 ihrerseits eine entsprechende dynamische Bezugnahme und ändert damit an der grundlegenden Vertragssituation der Parteien im Hinblick auf die vorliegenden Streitgegenstände nichts.

76

bb) Die dynamische Bezugnahmeklausel ist schließlich nicht durch die Änderung des Arbeitsvertrags vom 23. März 2006 entfallen. Die Vereinbarung war ersichtlich durch eine Änderung der Arbeitszeit veranlasst. Das Arbeitsentgelt des Klägers wurde deshalb „entsprechend der 0,78 Stelle“ erhöht. Bereits dem Wortlaut nach liegt darin nur eine - relative - Anpassung des Arbeitsentgelts ohne eine grundlegende Änderung der bisherigen Entgeltvereinbarungen. Dieses Verständnis wird durch Ziff. 4 der Arbeitsvertragsänderung bestätigt, wonach alle übrigen Bestandteile des bestehenden Arbeitsvertrags - und damit insbesondere die Inbezugnahme der Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des öffentlichen Dienstes - unverändert gültig bleiben. Für dieses Auslegungsergebnis und gegen die Vereinbarung eines künftig festen Arbeitsentgelts unabhängig von den über Jahre in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelungen spricht zudem der Umstand, dass auch in den weiteren Entgeltabrechnungen bis 2010 ein Hinweis auf „Vb Stufe 09“ enthalten war, was der Vergütungsgruppe und -stufe bei der Eingruppierung nach der Vergütungsordnung des BAT entsprach. Der Nennung des nunmehr zu zahlenden Arbeitsentgelts kommt daher - wie auch schon in der Zusatzvereinbarung 1992 - lediglich eine klarstellende Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund ist auch Ziff. 3 der Vereinbarung, nach der die Zusatzvereinbarung 1995 mit dieser Vereinbarung unwirksam wird, beschränkt auf die Arbeitszeit zu verstehen.

77

cc) Allein der Umstand, dass die Beklagte anschließend das Arbeitsentgelt des Klägers nicht mehr erhöht hat, rechtfertigt nicht die Annahme, die Parteien hätten - entgegen den bisherigen Regelungen und der praktischen Vertragsdurchführung - eine lediglich statische Entgeltvereinbarung treffen wollen. Die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die Arbeitsvertragsparteien kann Anhaltspunkte für den tatsächlichen Willen der Vertragsparteien enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein. Der bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachte objektive Gehalt der wechselseitigen Willenserklärungen kann aber durch die spätere tatsächliche Handhabung nicht mehr beeinflusst werden (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 991/13 - Rn. 33 mwN). Es handelte sich vielmehr um die schlichte Nichterfüllung der arbeitgeberseitig vertraglich geschuldeten Leistung.

78

III. Die so verstandene arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des BAT ist zwar zeitdynamisch, aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet. Sie ist deshalb mit der Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L lückenhaft geworden. Die mit der Ersetzung des BAT entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dies führt zur Anwendbarkeit der Entgeltordnung des TVöD/VKA auf das Arbeitsverhältnis der Parteien.

79

1. Die im Arbeitsvertrag enthaltene zeitdynamisch ausgestaltete Verweisung auf die Vergütungsordnung des BAT ist infolge der Ablösung dieses tariflichen Regelungswerks zu einer statischen geworden, weil das Bezugnahmeobjekt von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird. Ein damit verbundenes „Einfrieren“ der Vergütung auf diesem Stand entsprach jedoch nicht dem Willen der Parteien. Der Vertrag ist nachträglich lückenhaft geworden, weil die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf der Dynamik der tarifvertraglichen Vergütungsregelungen aufbaute (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 25 ff., BAGE 134, 283; 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 16).

80

2. Diese nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (st. Rspr., BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 20, BAGE 141, 150; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31 mwN, BAGE 134, 283).

81

3. In Anwendung dieser Grundsätze ist für das Arbeitsverhältnis der Parteien seit dem 1. Oktober 2005 die Entgeltordnung des TVöD/VKA maßgebend.

82

a) Die ergänzende Vertragsauslegung bedeutet vorliegend in einem ersten Schritt, dass die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerks das nachfolgende Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart hätten, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der bestehenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach. Die Parteien haben mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das Tarifwerk des BAT die Regelungen der Arbeitsbedingungen für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut.

83

b) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Kommunen ist in einem weiteren Schritt zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers maßgebend sein soll. Dabei ist zu ermitteln, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. Dies ist im Streitfall der TVöD in der im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung, weil die Beklagte aufgrund ihrer Aufgaben am ehesten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist (vgl. BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 481/13  - Rn. 18  ff., BAGE 151, 56). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Unternehmensgruppe, der die Beklagte angehört, bundesweit tätig ist. Mehrere Unternehmen eigener Rechtspersönlichkeit einer Unternehmensgruppe bilden keine dem Bund als oberster territorialer Körperschaft des öffentlichen Rechts vergleichbare Einheit. Entscheidend ist vielmehr, welche Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts die Aufgaben wahrnehmen würde, also die Zuordnung der Aufgaben innerhalb der Gebietskörperschaften des öffentlichen Dienstes und nicht, dass die Beklagte Schwesterunternehmen in anderen Kommunen oder Ländern hat, die sich derselben Aufgabe widmen. Vorliegend sind das die Kommunen als Körperschaften des öffentlichen Rechts für Selbstverwaltungsangelegenheiten.

84

IV. Unter Zugrundelegung der so verstandenen Bezugnahmeklausel hat der Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA.

85

1. Gem. § 17 Abs. 1 TVÜ-VKA aF galten dabei die §§ 22, 23 BAT einschließlich der Vergütungsordnung bis zum Inkrafttreten entsprechender Regelungen des TVöD/VKA fort. Für die Überleitung in die neue Entgeltordnung von bereits vor dem 1. Oktober 2005 beschäftigten Arbeitnehmern wurden die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT) den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet (§ 17 Abs. 7 TVÜ-VKA iVm. Anlage 1).

86

2. Danach ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA zu vergüten. Der Kläger war zunächst in der VergGr. Vc BAT und sodann aufgrund Bewährungsaufstiegs in der VergGr. Vb BAT eingruppiert. Dies führt nach § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA idF des ÄndTV Nr. 10 iVm. Anlage 1 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2016 zu einer Überleitung in die Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Die Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe hat die Beklagte ebenfalls zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt.

87

C. Die Klage ist auch hinsichtlich des Zahlungsantrags begründet.

88

I. Die sich aus der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA ergebenden Einzelbeträge sowie die Gesamtsumme für den Streitzeitraum ist zwischen den Parteien nicht streitig. Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD.

89

II. Die Zahlungsansprüche des Klägers sind auch nicht - teilweise - verfallen. Eine einzelvertragliche oder tarifliche Ausschlussfrist kommt für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zur Anwendung.

90

1. Die einzelvertraglich in § 8 Arbeitsvertrag 1991 vereinbarte Ausschlussfrist erfasst die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die Vereinbarung überhaupt wirksam ist, wofür angesichts der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einzelvertraglichen Ausschlussfristen (zB BAG 1. März 2006 - 5 AZR 511/05 - Rn. 14, BAGE 117, 165) wenig spricht. Die Ausschlussfristenregelung verlangt keine Geltendmachung von Ansprüchen während des laufenden Arbeitsverhältnisses, sondern nur für den Fall von dessen Beendigung.

91

2. Die tariflichen Ausschlussfristen des § 37 TVöD und des § 70 BAT kommen nicht zur Anwendung.

92

a) § 37 TVöD ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbar. Die Parteien haben lediglich die Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des BAT und des diesen ersetzenden TVöD in Bezug genommen. Dazu gehört im Streitfall nicht die tarifliche Regelung der Ausschlussfristen. Insoweit hatten die Arbeitsvertragsparteien im Übrigen ausdrücklich eine eigenständige vertragliche Regelung vorgesehen.

93

b) § 70 BAT findet nicht aufgrund einer ursprünglich normativ wirkenden Betriebsvereinbarung 1993 im Wege der Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Dabei kann auch hier dahinstehen, ob die Betriebsvereinbarung überhaupt wirksam war. Die in ihr als Verweisung ggf. enthaltene Ausschlussfristenregelung des § 70 BAT wäre von der Nachwirkungsanordnung des § 77 Abs. 6 BetrVG nicht erfasst. Als in einer allenfalls teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung enthaltene Regelung ist die Ausschlussfristenbestimmung keinem der Tatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG zuzuordnen und auch nicht zwingend mit einer entsprechenden Regelung verbunden, sondern unterfällt dem Bereich der freiwilligen Mitbestimmung gem. § 88 BetrVG(BAG 5. Mai 2015 - 1 AZR 435/13 - Rn. 20). Sie wirkt damit nicht nach (vgl. oben B II 1 b).

94

D. Die Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck     

        

        

        

    Steding     

        

    H. Klotz    

                 

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.02.2017, Az.: 5 Ca 2144/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber zur Zahlung restlicher Vergütung für An- und Abfahrtzeiten verpflichtet ist.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten als Servicetechniker auf der Grundlage seines schriftlichen Anstellungsvertrages mit der XY Vertriebs GmbH vom 30.09.1994, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 128 - 131 d. A. Bezug genommen wird, im Außendienst beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelung:

3

"Vertragsbeginn und Arbeitsgebiet

4

Das Arbeitsverhältnis beginnt am: 01.10.1994.

5

Die Beschäftigung erfolgt als:

6

Kundendiensttechniker mit erweitertem Aufgabengebiet.

7

Hierzu gehören die nachfolgenden Tätigkeiten:

8
- Installation und Kundendienst von Kopier- und Telefaxgeräten
9
- Bei Bedarf: Pflege und Wartungsarbeiten, Fuhrpark, Werkstatt und Büroräume.
10
- Auslieferung Papier.
11

Gehalt und sonstige Vergütungen:

12

13

Arbeitszeit:

14

Die Arbeitszeit beträgt 39,5 Stunden pro Woche Montag bis Donnerstag von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Freitag von 8.00 - 15.30 Uhr.

15

Bei außergewöhnlichem Arbeitsanfall können nach Rücksprache mit der Geschäftsleitung und des Mitarbeiters Überstunden an Samstagen verrichtet werden. Die Vergütung erfolgt in Freizeit oder Überstundengeld.

16

…"

17

Der Kläger fährt den ersten Kunden des Tages grundsätzlich von seiner Wohnanschrift aus an und kehrt nach dem letzten Kundentermin des Tages dorthin zurück. Seine Aufträge erhält er in der Regel am Vortag, nachmittags bis 16.30/17.00 Uhr, zentral über die Abteilung Dispatch aus der Hauptverwaltung C-Stadt für den nächsten Tag. Auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung über Ein- und Durchführung von flexibler Arbeitszeit für Servicetechniker vom 27.06.2001, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Blatt 133 bis 136 der Akte Bezug genommen wird, lässt die Beklagte bei der Feststellung der Ist-Arbeitszeit je Arbeitstag zweimal 20 Minuten unberücksichtigt. Dabei handelt es sich um die Anfahrtszeiten des Klägers zum ersten und die Abfahrtszeiten vom letzten Kundentermin.

18

Die Betriebsvereinbarung enthält insbesondere folgende Regelung:

19

"§ 2 Gegenstand der Betriebsvereinbarung

20

Die Betriebsvereinbarung regelt die Ein- und Durchführung von flexibler Arbeitszeit für die Servicetechniker der XY.

21

Durch die Möglichkeit der flexiblen Arbeitszeitgestaltung für die Servicetechniker innerhalb des in § 4 definierten Zeitraums und dem damit verbundenen flexibleren Einsatz der Servicetechniker kann N. Kundenbelange und Kundenwünsche im Bedarfsfall zeitnäher und besser erfüllen. Dies wiederum führt zu einer Steigerung der Kundenzufriedenheit.

22

23

§ 4 Flexible Arbeitszeit

24

Im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit ist zu unterscheiden zwischen der Kernarbeitszeit und der Gleitzeit. Kernarbeitszeit ist die Zeit, während der eine Anwesenheitspflicht besteht. Gleitzeit ist die Zeit, innerhalb der der Mitarbeiter seinen Arbeitsbeginn sowie sein Arbeitsende in vorheriger Abstimmung mit dem Dispatch festlegen kann. Der Mitarbeiter muss dabei mindestens zwei Tage vorher mit dem Dispatch die Lage seiner Gleitzeit abstimmen.

25

Die Arbeitszeit ist dabei folgende:

26

Montag - Donnerstag 07:00 Uhr - 18.00 Uhr, Kernzeit 09:00 Uhr - 16:00 Uhr

27

Freitag:           07:00 Uhr - 17:00 Uhr, Kernzeit 09:00 Uhr - 14:00 Uhr

28

Stehen dienstliche Belange/Kundenwünsche der Inanspruchnahme der Gleitzeit durch einen Mitarbeiter entgegen, so ist von der Gewährung der vom Mitarbeiter gewünschten Gleitzeit abzusehen.

29

§ 5 Pausenregelung

30

Die tägliche Pausenzeit beträgt insgesamt 45 Minuten. Die Lage der Pause ist dabei - soweit dies möglich ist - den Belangen des Kunden und damit den Kundenbesuchszeiten anzupassen. Die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sind einzuhalten.

31

§ 6 Höchstarbeitszeit

32

Die tägliche Höchstarbeitszeit ist auch für gleitzeitberechtigte Mitarbeiter auf 10 Stunden begrenzt (§ 3 ArbZG). Falls die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes hinsichtlich Höchstarbeitszeit und Einhaltung der Pausen anzuwenden sind, hat der Vorgesetzte hierauf zu achten.

33

§ 7 Überstundenausgleich

34

Überstunden sind durch Inanspruchnahme von Freizeit innerhalb desselben Monats auszugleichen.

35

Der Freizeitausgleich ist mit dem Dispatch abzustimmen. Stehen dienstliche Belange der Gewährung des Freizeitausgleichs innerhalt desselben Monats entgegen, so kann der Freizeitausgleich auf den nächsten Kalendermonat übertragen werden. Im Zeitraum von 12 Monaten sollten die Überstunden in Form von Freizeit ausgeglichen werden. In 2002 erstmals zum 31.12.2002. Vom zum 31.12. bestehenden Stundenüberhang können in das jeweilige Folgejahr bis zu 10 Std. übertragen werden und bis maximal 10 Stunden zur Auszahlung gelangen. Sollte aus dringenden betrieblichen Gründen der Überhang größer als 20 Stunden sein, so ist dieser mit dem Januargehalt auszuzahlen.

36

§ 8 An- und Abfahrtzeiten

37

Anfahrtszeiten zum ersten und Abfahrtzeiten vom letzten Kunden zählen nicht zur Arbeitszeit, wenn sie 20 Minuten nicht überschreiten. Sobald die An- oder Abreise länger als 20 Minuten dauert, zählt die 20 Minuten übersteigende Reisezeit zur Arbeitszeit. Insoweit sind den Kundendiensttechniker jeweils 20 Minuten Fahrtzeit für An- und Abreise zumutbar.

38

§ 9 Vergütung

39

Die Vergütung erfolgt unabhängig von der Anzahl der geleisteten Stunden jeweils in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Darüber hinaus erhält er die Vergütung gem. § 7. Davon unberührt bleibt die Vergütung für Zeiten der Rufbereitschaft (= Zeiten der Erreichbarkeit und Telefonsupport)."

40

Mit der am 03.06.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger die Begleichung von täglich 40 Minuten für die Zeit von August 2012 bis Juli 2015.

41

Der Kläger hat vorgetragen,

42

bei den Fahrzeiten handele es sich um Arbeitszeit, die auch entsprechend zu vergüten sei. Eine gesonderte Regelung durch die betreffende Betriebsvereinbarung habe nicht erfolgen dürfen. Regelungsinhalt der Betriebsvereinbarung sei es letztlich, dass die Fahrzeiten nicht zu vergüten seien, womit eine Vergütungsregelung getroffen worden sei.

43

Der Kläger hat beantragt,

44

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.925,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2016 zu zahlen.

45

Die Beklagte beantragt,

46

die Klage abzuweisen.

47

Die Beklagte hat vorgetragen,

48

hinsichtlich der Ansprüche aus dem Jahr 2012 sei Verjährung eingetreten. Die vorliegende Konfliktkonstellation bestimme sich nach Maßgabe des § 8 der Betriebsvereinbarung. Dort werde aber lediglich die Frage der Arbeitszeit geregelt, nicht jedoch der Vergütung.

49

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 16.02.2017 - 5 Ca 2144/16 - abgewiesen. hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 159 - 165 d. A. Bezug genommen.

50

Gegen das ihm am 31.03.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 26.04.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 29.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 01.06.2017 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 30.06.2017 einschließlich verlängert worden war.

51

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor § 8 der Betriebsvereinbarung vom 27.06.2001 sei unwirksam. Dies folge aus Art. 2 RL 88/2003/EG. Damit sei unvereinbar, dass Fahrzeiten zumindest teilweise nicht als Arbeitszeit zu qualifizieren seien. Gleiches folge aus BAG 26.10.2016 5 AZR 226/16. Danach seien die innerhalb der tariflichen Arbeitszeit erbrachten Fahrleistungen vergütungspflichtig. Damit stehe i. S. d. § 611 BGB fest, dass die Fahrzeiten zu vergüten seien. Eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrzeiten von einer betriebsauswärtigen Arbeitsstelle könnten nur durch Arbeits- oder Tarifvertrag, nicht aber durch eine Betriebsvereinbarung getroffen werden. Schließlich sei die Betriebsvereinbarung auch infolge der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Denn § 8 BV enthalte zumindest mittelbar eine Vergütungsregelung.

52

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 29.06.2017 (Bl. 199 - 203 d. A.) Bezug genommen.

53

Der Kläger beantragt,

54

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.02.2017, Az.. 5 Ca 2144/16, aufzugeben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.925,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2016 zu zahlen.

55

Die Beklagte beantragt,

56

die Berufung zurückzuweisen.

57

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, entgegen der Auffassung des Klägers könne auch eine Betriebsvereinbarung Regelungen zu Vergütung von Fahrzeiten der Außendienstmitarbeiter treffen. § 77 BetrVG stehe dem nicht entgegen. Dies folge aus BAG 10.10.2006 1 ABR 59/05; BAG 12.12.2012 5 AZR 355/12 stehe dem nicht entgegen. Der EuGH (10.09.2015 C 266/14) habe zwar angenommen, dass es sich bei den Fahrten wie hier streitgegenständlich grundsätzlich um Arbeitszeit handele, daraus folge aber ausdrücklich nicht, dass sich daraus ohne Weiteres eine Vergütungspflicht ergebe. Auch folge daraus nicht, dass gesonderte Vergütungsregelungen insoweit allein durch Arbeits- oder Tarifvertrag getroffen werden konnten. BAG 26.10.2016 5 AZR 226/16 sei schon deshalb nicht einschlägig, weil dort über Fahrten vom Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle zu entscheiden gewesen sei, nicht aber über Fahrten vom Wohnort zum Kunden.

58

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 17.08.2017 (Bl. 224 - 234 d. A. Bezug genommen.

59

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

60

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.09.2017.

Entscheidungsgründe

I.

61

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

62

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

63

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die vorliegend streitgegenständliche Klage des Klägers voll umfänglich unbegründet und deshalb abzuweisen ist. Das Rechtsmittel der Berufung erweist sich deshalb in der Sache als erfolglos.

64

Denn die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

65

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 5.925,54 €.

66

Er hat keinen Anspruch auf Vergütung von täglich 2 x 20 Minuten für die Zeit von August 2012 bis Juli 2015. Denn bei den geltend gemachten Fahrzeiten handelt es sich nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeit.

67

Eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung, wonach die Fahrzeit als Arbeitszeit zu vergüten ist, ist im Arbeitsvertrag des Klägers nicht getroffen worden. Auch eine dahin gehende tarifvertragliche Regelung besteht vorliegend nicht, unabhängig von der ohnehin fehlenden Tarifbindung des Klägers.

68

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 611 Abs. 1 BGB. Danach wird durch den Arbeitsvertrag derjenige, der Dienst zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

69

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

70

" Auch tarifvertraglich ist entsprechendes nicht geregelt, unabhängig von der fehlenden Tarifbindung des Klägers.

71

Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung von jeweils 20 Minuten An- bzw. Abfahrt zum Kunden ergibt sich auch nicht aus § 611 Abs. 1 BGB. Danach wird durch den Arbeitsvertrag derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

72

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es sich bei den Fahrten des Klägers von seinem Wohnort zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück um Arbeitszeit handelt. Arbeitszeit ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (hier 10.09.2015, C-266/14, zitiert nach juris) die Zeitspanne, während derer ein Arbeitnehmer gemäß der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder seine Aufgaben wahrnimmt (EuGH a.a.O., Randziffer 25). Fahrten von Arbeitnehmern, zu den von ihrem Arbeitgeber bestimmten Kunden sind das notwendige Mittel, damit diese Arbeitnehmer bei den Kunden z.B. technische Leistungen erbringen können. Diese Fahrten nicht zu berücksichtigen, liefe darauf hinaus, dass ein Arbeitgeber geltend machen könne, dass nur die für die Tätigkeit beim Kunden selbst, hier der Installation und Wartung, aufgewandte Zeit unter den Begriff Arbeitszeit fallen würde (EuGH a.a.O., Randziffer 32). Dies trifft im vorliegenden Fall auch auf den Kläger zu. Auch dieser ist Servicetechniker im Außendienst. Er erhält von der Beklagten am Vortag seine Aufträge, auch er tritt seine Fahrt zum ersten Kunden von seinem Wohnort an bzw. strebt diesen mit Abfahrt bei dem letzten Kunden wiederum an. Seine Fahrten zu den Kunden und von den Kunden nach Hause sind damit notwendige Mittel, damit die Tätigkeiten, d.h. die technischen Leistungen bei den Kunden erbracht werden können. In dieser Zeit ist der Kläger nicht frei, über seine Zeit zu verfügen und seinen eigenen Interessen nachzugehen. Während dieser Fahrt untersteht er den Anweisungen seines Arbeitgebers, der letztlich Einfluss auf die zu erledigenden Tätigkeiten durch Mitteilung der Kundenbesuche hat. Er ist damit verpflichtet, sich an einem vom Arbeitgeber
bestimmten Ort aufzuhalten und ihm zur Verfügung zu stehen. Nach alldem handelt es sich bei den Fahrten von dem Wohnort des Klägers zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zum Wohnort zurück grundsätzlich um Arbeitszeit.

73

Diese Auslegung erhält jedoch eine Begrenzung durch die Betriebsvereinbarung vom 27.06.2001. Nach dem dortigen § 8 (An- und Abfahrtzeiten) zählen Anfahrzeiten zum ersten und Abfahrzeiten vom letzten Kunden nicht zur Arbeitszeit, wenn sie 20 Minuten nicht überschreiten. Soweit die An- und Abreise länger als 20 Minuten dauert, zählt die 20 Minuten übersteigende Reisezeit zur Arbeitszeit.

74

Diese Regelung gilt nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend im Arbeitsverhältnis der Parteien. Eine entsprechende Kürzung der An- und Abfahrzeiten um 20 Minuten durfte seitens der Beklagten daher vorgenommen werden.

75

Dem steht nicht § 77 Abs. 3 BetrVG entgegen. Danach können Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicher Weise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

76

Arbeitsbedingungen sind dann durch Tarifvertrag geregelt, wenn über sie ein Tarifvertrag abgeschlossen worden ist und der Betrieb in den räumlichen, betrieblichen und fachlichen persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fällt. Dabei hängt die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Artikel 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der kollektiven Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen weder abweichende, noch auch nur ergänzende Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung schließen können. Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist danach unwirksam (BAG 10.10.2006, 1 ABR 59/05, Randziffer 21, zitiert nach juris). Eine tarifliche Regelung über die Behandlung der Fahrzeit als Arbeitszeit fehlt im vorliegend einschlägigen Tarifvertrag. Damit wurde keine Bestimmung über tariflich geregelte Arbeitsbedingungen getroffen.

77

Anders als der Kläger ist vorliegend auch nicht davon auszugehen, dass hier eine Regelung über die tariflich festgelegte Höhe der Vergütung getroffen worden ist. Eine Vergütungsregelung liegt vor, wenn eine Bestimmung über den Umfang der Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung getroffen wird. Dies kann mittelbar auch dadurch geschehen, dass die vom Arbeitnehmer tatsächlich erbrachte Arbeitszeit anders als mit dem Faktor 1 bewertet wird. Dagegen handelt es sich nicht um eine Regelung der Arbeitsvergütung, wenn festgelegt wird, welche Leistung des Arbeitnehmers als Arbeitsleistung und damit als Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht anzusehen sind. Eine solche Regelung betrifft den Inhalt der vom Arbeitnehmer zur erbringenden Arbeitsleistung. Sie lässt die Höhe der Vergütung unberührt (BAG 10.10.2006 am angegebenen Ort, Randziffer 27).

78

§ 8 der vorliegenden Betriebsvereinbarung bestimmt ausschließlich, unter welchen Voraussetzungen die Fahrzeit des Außendienstmitarbeiters als Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht gilt und die dafür aufgewendete Zeit als Arbeitszeit anzusehen ist. Sie regelt nicht, wie die Beklagte die Arbeitsleistung des Außendienstmitarbeiters zu vergüten hat. Es wird gerade keine Regelung getroffen, die eine Bestimmung über den Umfang der Gegenleistung für die vom Kläger erbrachten Arbeitsleistungen enthält. Es wird gerade nur festgelegt, welche Leistungen des Arbeitnehmers als Arbeitsleistung und damit als Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht anzusehen sind.

79

Hieran ändert auch nichts § 9 der Betriebsvereinbarung. Dieser enthält zwar eine Vergütungsregelung, jedoch nicht bezüglich der Höhe der Vergütung der jeweiligen Arbeitszeit, sondern bestimmt lediglich, dass eine Vergütung unabhängig von der Anzahl der geleisteten Stunden jeweils in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes erfolgt. Dies ist nachvollziehbar im Hinblick auf die grundsätzliche Regelung der flexiblen Arbeitszeit im Rahmen der Betriebsvereinbarung. Eine Vergütungsregelung hinsichtlich der Fahrzeiten ist hierin nicht enthalten. Selbst wenn dies der Fall sein sollte und § 9 im Hinblick auf § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam sein sollte, so stünde dies der Wirksamkeit der Regelung im § 8 der Betriebsvereinbarung nicht entgegen (Fitting/Kaiser/Heither, Betriebsverfassungsgesetz, § 77 Randziffer 103)."

80

Diesen zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (S. 5 - 8 der angefochtenen Entscheidung = Bl. 162 - 165 d.A.) folgt die Kammer voll inhaltlich und stellt dies hiermit gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest.

81

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeitsvertragsparteien vorliegend einen Formulararbeitsvertrag abgeschlossen haben, der so gestaltet ist, dass er einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegt. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Eine solche konkludente Vereinbarung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in AGB enthalten und einen kollektiven Bezug hat. Diese Grundsätze (BAG 05.03.2017 EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 35; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, DLW/Dörner, Handbuch des Arbeitsrechts, 14. Aufl. 2017 Kap. 1 Rdnr. 707 ff.) hat das BAG zwar zur Regelung der §§ 305 ff. BGB nach Maßgabe des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes entwickelt. Für - wie vorliegend - zuvor abgeschlossene Formulararbeitsverträge folgt die Anwendung dessen jedoch aus Art. 229 § 5 EGBGB. Das BAG hat insoweit ausgeführt:

82

"Ungeachtet dessen haben die Parteien ihre arbeitsvertraglichen Beziehungen hinsichtlich einer Altersgrenzenregelung in den von der Beklagten vorgegebenen AGB betriebsvereinbarungsoffen gestaltet. (…)

83

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sei einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist nicht nur bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich, sondern auch bei einzelvertraglichen Abreden. Eine solche konkludente Vereinbarung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in AGB enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Mit der Verwendung von AGB macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen stünde dem entgegen. Die Änderung und Umgestaltung von betriebseinheitlich gewährten Leistungen wäre nur durch den Ausspruch von Änderungskündigungen möglich. Der Abschluss von betriebsvereinbarungsfesten Abreden würde zudem den Gestaltungsraum der Betriebsparteien für zukünftige Anpassungen von Arbeitsbedingungen mit kollektivem Bezug einschränken. Da AGB ebenso wie Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände gerichtet sind, kann aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen. Dem steht die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB nicht entgegen. Diese Auslegungsregel kommt allerdings erst dann zur Anwendung, wenn der Klauselinhalt nicht bereits durch Auslegung zweifelsfrei festgestellt werden kann. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (…)"

84

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen generell dahingehend gestalten, dass sie einer späteren betrieblichen Regelung den Vorrang einräumen. Dieser Vorbehalt kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Er ist sowohl bei einzelvertraglichen Abreden als auch bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Ein solcher Vorbehalt kann anzunehmen sein, wenn für die Arbeitnehmer erkennbar ist, dass die Leistung einer kollektiven, möglicherweise auch verschlechternden Veränderung zugänglich sein soll. Hiervon ist auszugehen, wenn die vertragliche Einheitsregelung in Abstimmung mit der jeweils zuständigen Arbeitnehmervertretung zustande gekommen ist oder wenn Änderungen in der Vergangenheit unter Beteiligung des Betriebsrats vorgenommen worden sind. Dies legt bei dem Erklärungsempfänger die Folgerung nahe, dass die vom Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen in Abstimmung mit dem Betriebsrat umgestaltet werden können (BAG 17.02.2015 - 1 AZR 599/13, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 65; krit. Straube/Rasche DB 2016, 51 ff.).

85

Auch in Anwendung dieser Grundsätze ist entgegen der Auffassung des Klägers die streitgegenständliche Regelung der Betriebsvereinbarung nicht zu beanstanden.

86

Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsvefahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

87

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt ein Verstoß gegen Art. 2 der RL 88 2003-EG nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH, wie dargelegt, nicht vor. Die Betriebsvereinbarung ist auch nicht gem. § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Insoweit hat die Beklagte zutreffend auf BAG 10.10.2006 1 ABR 59/05 und 12.12.2012 5 AZR 355/12 hingewiesen. BAG 26.10.2016 5 AZR 226/16 ist schon deshalb nicht einschlägig, weil dort über die Fahrten vom Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle zu entscheiden war. Fahrten zum Wohnort zum Kunden waren genauso wenig Gegenstand der Entscheidung wie die Wirksamkeit einer in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Betriebsvereinbarung, um die es vorliegend aber gerade geht. Der EuGH hat, wovon das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, in der Entscheidung vom 10.09.2015 (C-266/14) keineswegs eine hier einschlägige Vergütungspflicht angenommen. Vielmehr beschränkt sich danach der Regelungsgehalt der Richtlinie darauf, bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, so dass sie grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer findet.

88

Im Übrigen enthält das Berufungsvorbringen des Klägers keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass der Kläger mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, der die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist. Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

89

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

91

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden

1.
zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen;
1a.
Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes;
2.
die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
3.
Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung;
4.
Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb;
5.
Maßnahmen zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.02.2017, Az.: 5 Ca 2144/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber zur Zahlung restlicher Vergütung für An- und Abfahrtzeiten verpflichtet ist.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten als Servicetechniker auf der Grundlage seines schriftlichen Anstellungsvertrages mit der XY Vertriebs GmbH vom 30.09.1994, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 128 - 131 d. A. Bezug genommen wird, im Außendienst beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelung:

3

"Vertragsbeginn und Arbeitsgebiet

4

Das Arbeitsverhältnis beginnt am: 01.10.1994.

5

Die Beschäftigung erfolgt als:

6

Kundendiensttechniker mit erweitertem Aufgabengebiet.

7

Hierzu gehören die nachfolgenden Tätigkeiten:

8
- Installation und Kundendienst von Kopier- und Telefaxgeräten
9
- Bei Bedarf: Pflege und Wartungsarbeiten, Fuhrpark, Werkstatt und Büroräume.
10
- Auslieferung Papier.
11

Gehalt und sonstige Vergütungen:

12

13

Arbeitszeit:

14

Die Arbeitszeit beträgt 39,5 Stunden pro Woche Montag bis Donnerstag von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Freitag von 8.00 - 15.30 Uhr.

15

Bei außergewöhnlichem Arbeitsanfall können nach Rücksprache mit der Geschäftsleitung und des Mitarbeiters Überstunden an Samstagen verrichtet werden. Die Vergütung erfolgt in Freizeit oder Überstundengeld.

16

…"

17

Der Kläger fährt den ersten Kunden des Tages grundsätzlich von seiner Wohnanschrift aus an und kehrt nach dem letzten Kundentermin des Tages dorthin zurück. Seine Aufträge erhält er in der Regel am Vortag, nachmittags bis 16.30/17.00 Uhr, zentral über die Abteilung Dispatch aus der Hauptverwaltung C-Stadt für den nächsten Tag. Auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung über Ein- und Durchführung von flexibler Arbeitszeit für Servicetechniker vom 27.06.2001, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Blatt 133 bis 136 der Akte Bezug genommen wird, lässt die Beklagte bei der Feststellung der Ist-Arbeitszeit je Arbeitstag zweimal 20 Minuten unberücksichtigt. Dabei handelt es sich um die Anfahrtszeiten des Klägers zum ersten und die Abfahrtszeiten vom letzten Kundentermin.

18

Die Betriebsvereinbarung enthält insbesondere folgende Regelung:

19

"§ 2 Gegenstand der Betriebsvereinbarung

20

Die Betriebsvereinbarung regelt die Ein- und Durchführung von flexibler Arbeitszeit für die Servicetechniker der XY.

21

Durch die Möglichkeit der flexiblen Arbeitszeitgestaltung für die Servicetechniker innerhalb des in § 4 definierten Zeitraums und dem damit verbundenen flexibleren Einsatz der Servicetechniker kann N. Kundenbelange und Kundenwünsche im Bedarfsfall zeitnäher und besser erfüllen. Dies wiederum führt zu einer Steigerung der Kundenzufriedenheit.

22

23

§ 4 Flexible Arbeitszeit

24

Im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit ist zu unterscheiden zwischen der Kernarbeitszeit und der Gleitzeit. Kernarbeitszeit ist die Zeit, während der eine Anwesenheitspflicht besteht. Gleitzeit ist die Zeit, innerhalb der der Mitarbeiter seinen Arbeitsbeginn sowie sein Arbeitsende in vorheriger Abstimmung mit dem Dispatch festlegen kann. Der Mitarbeiter muss dabei mindestens zwei Tage vorher mit dem Dispatch die Lage seiner Gleitzeit abstimmen.

25

Die Arbeitszeit ist dabei folgende:

26

Montag - Donnerstag 07:00 Uhr - 18.00 Uhr, Kernzeit 09:00 Uhr - 16:00 Uhr

27

Freitag:           07:00 Uhr - 17:00 Uhr, Kernzeit 09:00 Uhr - 14:00 Uhr

28

Stehen dienstliche Belange/Kundenwünsche der Inanspruchnahme der Gleitzeit durch einen Mitarbeiter entgegen, so ist von der Gewährung der vom Mitarbeiter gewünschten Gleitzeit abzusehen.

29

§ 5 Pausenregelung

30

Die tägliche Pausenzeit beträgt insgesamt 45 Minuten. Die Lage der Pause ist dabei - soweit dies möglich ist - den Belangen des Kunden und damit den Kundenbesuchszeiten anzupassen. Die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sind einzuhalten.

31

§ 6 Höchstarbeitszeit

32

Die tägliche Höchstarbeitszeit ist auch für gleitzeitberechtigte Mitarbeiter auf 10 Stunden begrenzt (§ 3 ArbZG). Falls die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes hinsichtlich Höchstarbeitszeit und Einhaltung der Pausen anzuwenden sind, hat der Vorgesetzte hierauf zu achten.

33

§ 7 Überstundenausgleich

34

Überstunden sind durch Inanspruchnahme von Freizeit innerhalb desselben Monats auszugleichen.

35

Der Freizeitausgleich ist mit dem Dispatch abzustimmen. Stehen dienstliche Belange der Gewährung des Freizeitausgleichs innerhalt desselben Monats entgegen, so kann der Freizeitausgleich auf den nächsten Kalendermonat übertragen werden. Im Zeitraum von 12 Monaten sollten die Überstunden in Form von Freizeit ausgeglichen werden. In 2002 erstmals zum 31.12.2002. Vom zum 31.12. bestehenden Stundenüberhang können in das jeweilige Folgejahr bis zu 10 Std. übertragen werden und bis maximal 10 Stunden zur Auszahlung gelangen. Sollte aus dringenden betrieblichen Gründen der Überhang größer als 20 Stunden sein, so ist dieser mit dem Januargehalt auszuzahlen.

36

§ 8 An- und Abfahrtzeiten

37

Anfahrtszeiten zum ersten und Abfahrtzeiten vom letzten Kunden zählen nicht zur Arbeitszeit, wenn sie 20 Minuten nicht überschreiten. Sobald die An- oder Abreise länger als 20 Minuten dauert, zählt die 20 Minuten übersteigende Reisezeit zur Arbeitszeit. Insoweit sind den Kundendiensttechniker jeweils 20 Minuten Fahrtzeit für An- und Abreise zumutbar.

38

§ 9 Vergütung

39

Die Vergütung erfolgt unabhängig von der Anzahl der geleisteten Stunden jeweils in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Darüber hinaus erhält er die Vergütung gem. § 7. Davon unberührt bleibt die Vergütung für Zeiten der Rufbereitschaft (= Zeiten der Erreichbarkeit und Telefonsupport)."

40

Mit der am 03.06.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger die Begleichung von täglich 40 Minuten für die Zeit von August 2012 bis Juli 2015.

41

Der Kläger hat vorgetragen,

42

bei den Fahrzeiten handele es sich um Arbeitszeit, die auch entsprechend zu vergüten sei. Eine gesonderte Regelung durch die betreffende Betriebsvereinbarung habe nicht erfolgen dürfen. Regelungsinhalt der Betriebsvereinbarung sei es letztlich, dass die Fahrzeiten nicht zu vergüten seien, womit eine Vergütungsregelung getroffen worden sei.

43

Der Kläger hat beantragt,

44

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.925,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2016 zu zahlen.

45

Die Beklagte beantragt,

46

die Klage abzuweisen.

47

Die Beklagte hat vorgetragen,

48

hinsichtlich der Ansprüche aus dem Jahr 2012 sei Verjährung eingetreten. Die vorliegende Konfliktkonstellation bestimme sich nach Maßgabe des § 8 der Betriebsvereinbarung. Dort werde aber lediglich die Frage der Arbeitszeit geregelt, nicht jedoch der Vergütung.

49

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 16.02.2017 - 5 Ca 2144/16 - abgewiesen. hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 159 - 165 d. A. Bezug genommen.

50

Gegen das ihm am 31.03.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 26.04.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 29.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 01.06.2017 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 30.06.2017 einschließlich verlängert worden war.

51

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor § 8 der Betriebsvereinbarung vom 27.06.2001 sei unwirksam. Dies folge aus Art. 2 RL 88/2003/EG. Damit sei unvereinbar, dass Fahrzeiten zumindest teilweise nicht als Arbeitszeit zu qualifizieren seien. Gleiches folge aus BAG 26.10.2016 5 AZR 226/16. Danach seien die innerhalb der tariflichen Arbeitszeit erbrachten Fahrleistungen vergütungspflichtig. Damit stehe i. S. d. § 611 BGB fest, dass die Fahrzeiten zu vergüten seien. Eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrzeiten von einer betriebsauswärtigen Arbeitsstelle könnten nur durch Arbeits- oder Tarifvertrag, nicht aber durch eine Betriebsvereinbarung getroffen werden. Schließlich sei die Betriebsvereinbarung auch infolge der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Denn § 8 BV enthalte zumindest mittelbar eine Vergütungsregelung.

52

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 29.06.2017 (Bl. 199 - 203 d. A.) Bezug genommen.

53

Der Kläger beantragt,

54

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.02.2017, Az.. 5 Ca 2144/16, aufzugeben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.925,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2016 zu zahlen.

55

Die Beklagte beantragt,

56

die Berufung zurückzuweisen.

57

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, entgegen der Auffassung des Klägers könne auch eine Betriebsvereinbarung Regelungen zu Vergütung von Fahrzeiten der Außendienstmitarbeiter treffen. § 77 BetrVG stehe dem nicht entgegen. Dies folge aus BAG 10.10.2006 1 ABR 59/05; BAG 12.12.2012 5 AZR 355/12 stehe dem nicht entgegen. Der EuGH (10.09.2015 C 266/14) habe zwar angenommen, dass es sich bei den Fahrten wie hier streitgegenständlich grundsätzlich um Arbeitszeit handele, daraus folge aber ausdrücklich nicht, dass sich daraus ohne Weiteres eine Vergütungspflicht ergebe. Auch folge daraus nicht, dass gesonderte Vergütungsregelungen insoweit allein durch Arbeits- oder Tarifvertrag getroffen werden konnten. BAG 26.10.2016 5 AZR 226/16 sei schon deshalb nicht einschlägig, weil dort über Fahrten vom Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle zu entscheiden gewesen sei, nicht aber über Fahrten vom Wohnort zum Kunden.

58

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 17.08.2017 (Bl. 224 - 234 d. A. Bezug genommen.

59

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

60

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.09.2017.

Entscheidungsgründe

I.

61

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

62

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

63

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die vorliegend streitgegenständliche Klage des Klägers voll umfänglich unbegründet und deshalb abzuweisen ist. Das Rechtsmittel der Berufung erweist sich deshalb in der Sache als erfolglos.

64

Denn die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

65

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 5.925,54 €.

66

Er hat keinen Anspruch auf Vergütung von täglich 2 x 20 Minuten für die Zeit von August 2012 bis Juli 2015. Denn bei den geltend gemachten Fahrzeiten handelt es sich nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeit.

67

Eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung, wonach die Fahrzeit als Arbeitszeit zu vergüten ist, ist im Arbeitsvertrag des Klägers nicht getroffen worden. Auch eine dahin gehende tarifvertragliche Regelung besteht vorliegend nicht, unabhängig von der ohnehin fehlenden Tarifbindung des Klägers.

68

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 611 Abs. 1 BGB. Danach wird durch den Arbeitsvertrag derjenige, der Dienst zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

69

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

70

" Auch tarifvertraglich ist entsprechendes nicht geregelt, unabhängig von der fehlenden Tarifbindung des Klägers.

71

Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung von jeweils 20 Minuten An- bzw. Abfahrt zum Kunden ergibt sich auch nicht aus § 611 Abs. 1 BGB. Danach wird durch den Arbeitsvertrag derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

72

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es sich bei den Fahrten des Klägers von seinem Wohnort zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück um Arbeitszeit handelt. Arbeitszeit ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (hier 10.09.2015, C-266/14, zitiert nach juris) die Zeitspanne, während derer ein Arbeitnehmer gemäß der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder seine Aufgaben wahrnimmt (EuGH a.a.O., Randziffer 25). Fahrten von Arbeitnehmern, zu den von ihrem Arbeitgeber bestimmten Kunden sind das notwendige Mittel, damit diese Arbeitnehmer bei den Kunden z.B. technische Leistungen erbringen können. Diese Fahrten nicht zu berücksichtigen, liefe darauf hinaus, dass ein Arbeitgeber geltend machen könne, dass nur die für die Tätigkeit beim Kunden selbst, hier der Installation und Wartung, aufgewandte Zeit unter den Begriff Arbeitszeit fallen würde (EuGH a.a.O., Randziffer 32). Dies trifft im vorliegenden Fall auch auf den Kläger zu. Auch dieser ist Servicetechniker im Außendienst. Er erhält von der Beklagten am Vortag seine Aufträge, auch er tritt seine Fahrt zum ersten Kunden von seinem Wohnort an bzw. strebt diesen mit Abfahrt bei dem letzten Kunden wiederum an. Seine Fahrten zu den Kunden und von den Kunden nach Hause sind damit notwendige Mittel, damit die Tätigkeiten, d.h. die technischen Leistungen bei den Kunden erbracht werden können. In dieser Zeit ist der Kläger nicht frei, über seine Zeit zu verfügen und seinen eigenen Interessen nachzugehen. Während dieser Fahrt untersteht er den Anweisungen seines Arbeitgebers, der letztlich Einfluss auf die zu erledigenden Tätigkeiten durch Mitteilung der Kundenbesuche hat. Er ist damit verpflichtet, sich an einem vom Arbeitgeber
bestimmten Ort aufzuhalten und ihm zur Verfügung zu stehen. Nach alldem handelt es sich bei den Fahrten von dem Wohnort des Klägers zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zum Wohnort zurück grundsätzlich um Arbeitszeit.

73

Diese Auslegung erhält jedoch eine Begrenzung durch die Betriebsvereinbarung vom 27.06.2001. Nach dem dortigen § 8 (An- und Abfahrtzeiten) zählen Anfahrzeiten zum ersten und Abfahrzeiten vom letzten Kunden nicht zur Arbeitszeit, wenn sie 20 Minuten nicht überschreiten. Soweit die An- und Abreise länger als 20 Minuten dauert, zählt die 20 Minuten übersteigende Reisezeit zur Arbeitszeit.

74

Diese Regelung gilt nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend im Arbeitsverhältnis der Parteien. Eine entsprechende Kürzung der An- und Abfahrzeiten um 20 Minuten durfte seitens der Beklagten daher vorgenommen werden.

75

Dem steht nicht § 77 Abs. 3 BetrVG entgegen. Danach können Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicher Weise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

76

Arbeitsbedingungen sind dann durch Tarifvertrag geregelt, wenn über sie ein Tarifvertrag abgeschlossen worden ist und der Betrieb in den räumlichen, betrieblichen und fachlichen persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fällt. Dabei hängt die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Artikel 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der kollektiven Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen weder abweichende, noch auch nur ergänzende Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung schließen können. Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist danach unwirksam (BAG 10.10.2006, 1 ABR 59/05, Randziffer 21, zitiert nach juris). Eine tarifliche Regelung über die Behandlung der Fahrzeit als Arbeitszeit fehlt im vorliegend einschlägigen Tarifvertrag. Damit wurde keine Bestimmung über tariflich geregelte Arbeitsbedingungen getroffen.

77

Anders als der Kläger ist vorliegend auch nicht davon auszugehen, dass hier eine Regelung über die tariflich festgelegte Höhe der Vergütung getroffen worden ist. Eine Vergütungsregelung liegt vor, wenn eine Bestimmung über den Umfang der Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung getroffen wird. Dies kann mittelbar auch dadurch geschehen, dass die vom Arbeitnehmer tatsächlich erbrachte Arbeitszeit anders als mit dem Faktor 1 bewertet wird. Dagegen handelt es sich nicht um eine Regelung der Arbeitsvergütung, wenn festgelegt wird, welche Leistung des Arbeitnehmers als Arbeitsleistung und damit als Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht anzusehen sind. Eine solche Regelung betrifft den Inhalt der vom Arbeitnehmer zur erbringenden Arbeitsleistung. Sie lässt die Höhe der Vergütung unberührt (BAG 10.10.2006 am angegebenen Ort, Randziffer 27).

78

§ 8 der vorliegenden Betriebsvereinbarung bestimmt ausschließlich, unter welchen Voraussetzungen die Fahrzeit des Außendienstmitarbeiters als Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht gilt und die dafür aufgewendete Zeit als Arbeitszeit anzusehen ist. Sie regelt nicht, wie die Beklagte die Arbeitsleistung des Außendienstmitarbeiters zu vergüten hat. Es wird gerade keine Regelung getroffen, die eine Bestimmung über den Umfang der Gegenleistung für die vom Kläger erbrachten Arbeitsleistungen enthält. Es wird gerade nur festgelegt, welche Leistungen des Arbeitnehmers als Arbeitsleistung und damit als Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht anzusehen sind.

79

Hieran ändert auch nichts § 9 der Betriebsvereinbarung. Dieser enthält zwar eine Vergütungsregelung, jedoch nicht bezüglich der Höhe der Vergütung der jeweiligen Arbeitszeit, sondern bestimmt lediglich, dass eine Vergütung unabhängig von der Anzahl der geleisteten Stunden jeweils in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes erfolgt. Dies ist nachvollziehbar im Hinblick auf die grundsätzliche Regelung der flexiblen Arbeitszeit im Rahmen der Betriebsvereinbarung. Eine Vergütungsregelung hinsichtlich der Fahrzeiten ist hierin nicht enthalten. Selbst wenn dies der Fall sein sollte und § 9 im Hinblick auf § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam sein sollte, so stünde dies der Wirksamkeit der Regelung im § 8 der Betriebsvereinbarung nicht entgegen (Fitting/Kaiser/Heither, Betriebsverfassungsgesetz, § 77 Randziffer 103)."

80

Diesen zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (S. 5 - 8 der angefochtenen Entscheidung = Bl. 162 - 165 d.A.) folgt die Kammer voll inhaltlich und stellt dies hiermit gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest.

81

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeitsvertragsparteien vorliegend einen Formulararbeitsvertrag abgeschlossen haben, der so gestaltet ist, dass er einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegt. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Eine solche konkludente Vereinbarung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in AGB enthalten und einen kollektiven Bezug hat. Diese Grundsätze (BAG 05.03.2017 EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 35; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, DLW/Dörner, Handbuch des Arbeitsrechts, 14. Aufl. 2017 Kap. 1 Rdnr. 707 ff.) hat das BAG zwar zur Regelung der §§ 305 ff. BGB nach Maßgabe des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes entwickelt. Für - wie vorliegend - zuvor abgeschlossene Formulararbeitsverträge folgt die Anwendung dessen jedoch aus Art. 229 § 5 EGBGB. Das BAG hat insoweit ausgeführt:

82

"Ungeachtet dessen haben die Parteien ihre arbeitsvertraglichen Beziehungen hinsichtlich einer Altersgrenzenregelung in den von der Beklagten vorgegebenen AGB betriebsvereinbarungsoffen gestaltet. (…)

83

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sei einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist nicht nur bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich, sondern auch bei einzelvertraglichen Abreden. Eine solche konkludente Vereinbarung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in AGB enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Mit der Verwendung von AGB macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen stünde dem entgegen. Die Änderung und Umgestaltung von betriebseinheitlich gewährten Leistungen wäre nur durch den Ausspruch von Änderungskündigungen möglich. Der Abschluss von betriebsvereinbarungsfesten Abreden würde zudem den Gestaltungsraum der Betriebsparteien für zukünftige Anpassungen von Arbeitsbedingungen mit kollektivem Bezug einschränken. Da AGB ebenso wie Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände gerichtet sind, kann aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen. Dem steht die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB nicht entgegen. Diese Auslegungsregel kommt allerdings erst dann zur Anwendung, wenn der Klauselinhalt nicht bereits durch Auslegung zweifelsfrei festgestellt werden kann. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (…)"

84

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen generell dahingehend gestalten, dass sie einer späteren betrieblichen Regelung den Vorrang einräumen. Dieser Vorbehalt kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Er ist sowohl bei einzelvertraglichen Abreden als auch bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Ein solcher Vorbehalt kann anzunehmen sein, wenn für die Arbeitnehmer erkennbar ist, dass die Leistung einer kollektiven, möglicherweise auch verschlechternden Veränderung zugänglich sein soll. Hiervon ist auszugehen, wenn die vertragliche Einheitsregelung in Abstimmung mit der jeweils zuständigen Arbeitnehmervertretung zustande gekommen ist oder wenn Änderungen in der Vergangenheit unter Beteiligung des Betriebsrats vorgenommen worden sind. Dies legt bei dem Erklärungsempfänger die Folgerung nahe, dass die vom Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen in Abstimmung mit dem Betriebsrat umgestaltet werden können (BAG 17.02.2015 - 1 AZR 599/13, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 65; krit. Straube/Rasche DB 2016, 51 ff.).

85

Auch in Anwendung dieser Grundsätze ist entgegen der Auffassung des Klägers die streitgegenständliche Regelung der Betriebsvereinbarung nicht zu beanstanden.

86

Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsvefahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

87

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt ein Verstoß gegen Art. 2 der RL 88 2003-EG nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH, wie dargelegt, nicht vor. Die Betriebsvereinbarung ist auch nicht gem. § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Insoweit hat die Beklagte zutreffend auf BAG 10.10.2006 1 ABR 59/05 und 12.12.2012 5 AZR 355/12 hingewiesen. BAG 26.10.2016 5 AZR 226/16 ist schon deshalb nicht einschlägig, weil dort über die Fahrten vom Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle zu entscheiden war. Fahrten zum Wohnort zum Kunden waren genauso wenig Gegenstand der Entscheidung wie die Wirksamkeit einer in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Betriebsvereinbarung, um die es vorliegend aber gerade geht. Der EuGH hat, wovon das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, in der Entscheidung vom 10.09.2015 (C-266/14) keineswegs eine hier einschlägige Vergütungspflicht angenommen. Vielmehr beschränkt sich danach der Regelungsgehalt der Richtlinie darauf, bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, so dass sie grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer findet.

88

Im Übrigen enthält das Berufungsvorbringen des Klägers keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass der Kläger mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, der die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist. Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

89

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

91

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Januar 2016 - 19 Sa 1851/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs durch Sonderzahlungen und die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes auf arbeitsvertraglich vereinbarte Entgeltbestandteile.

2

Die Klägerin ist seit 1992, zuletzt als Mitarbeiterin in der Cafeteria, bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in Vollzeit beschäftigt.

3

Der schriftliche Arbeitsvertrag regelt - inhaltsgleich mit weiteren Arbeitsverträgen der Arbeitnehmer der Beklagten - ua.:

        

        

㤠3 Lohn; Gehalt

        

a)    

Der Arbeitnehmer … erhält auf der Basis eines Stundensatzes von 13,50 DM einen Monatslohn … von 2.347,92 DM. Der Lohn … wird jeweils am 10. des Monats für den Vormonat … gezahlt. …

        

b)    

… Die über die regelmäßige monatliche betriebsübliche Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit wird mit dem vereinbarten Stundensatz zuzüglich des nachstehenden Zuschlages berechnet. …

                 

Überstundenzuschlag: 25 %

                 

…       

        

c)    

Für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen wird ein Zuschlag in nachstehender Höhe des vereinbarten Stundenlohns gezahlt. …

                 

Sonntagszuschlag: 30 %

                 

Feiertagszuschlag: 100 %

        

d)    

Für die Arbeit in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr (Nachtarbeit) erhält der Arbeitnehmer … einen Zuschlag in nachstehender Höhe des vereinbarten Stundenlohns.

                 

Nachtzuschlag: 10 %

        

…       

        
                 

§ 4 Urlaubsgeld, Zuwendung

                 

Hat das Arbeitsverhältnis seit Beginn des laufenden Kalenderjahres bestanden, erhält der Arbeitnehmer … zur Lohnzahlung Mai ein zusätzliches Urlaubsgeld des im Fälligkeitsmonat vereinbarten Entgelts entsprechend § 3 des Arbeitsvertrages und mit der Gehaltszahlung im Monat November ein Weihnachtsgeld des zu diesem Zeitpunkt vereinbarten Lohns als Sonderzuwendung in nachstehender Höhe.

                 

Urlaubsgeld: 50 %

                 

Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld): 50 %

                 

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr oder hat der Arbeitnehmer … nicht während des gesamten Jahres Bezüge von der Einrichtung erhalten, vermindert sich das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die Sonderzuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem kein Arbeitsverhältnis bestanden oder für den keine Bezüge beansprucht wurden. Eventuell zuviel gezahltes Urlaubsgeld und / oder Sonderzuwendung sind zurückzuzahlen.“

4

Die Beklagte schloss mit dem Betriebsrat am 8./10. Dezember 2014 eine „Betriebsvereinbarung Inkrafttreten Mindestlohngesetz“ (im Folgenden BV Mindestlohn), die ua. bestimmt:

        

„Fälligkeit Sonderzahlungen Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld

                 

Arbeitsvertraglich vereinbarte Jahressonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) sind in Höhe von 1/12 für jeden Kalendermonat zur betriebsüblichen Fälligkeit der Monatsvergütung zur Zahlung fällig.

        

Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen

                 

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2017 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. …“

5

Mitte Dezember 2014 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern Änderungsverträge an, die eine Erhöhung des Monatsentgelts um 2 % ab 1. Januar 2015 und eine anteilige Zahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgelds in jedem Monat vorsahen. Die Klägerin lehnte dies, anders als die weit überwiegende Mehrheit der Belegschaft, ab. Ende Januar 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die arbeitsvertragliche Regelung zur Rückzahlung zu viel gezahlten Urlaubs- und Weihnachtsgelds entfalle ersatzlos rückwirkend zum Jahresbeginn.

6

Ab Januar 2015 zahlte die Beklagte der Klägerin neben dem Bruttogehalt iHv. 1.391,36 Euro monatlich weitere jeweils 57,97 Euro brutto, die sie mit „Urlaubsgeld 1/12“ und „Sonderzuwendung 1/12“ abrechnet, insgesamt 1.507,30 Euro brutto. Nacht-, Überstunden-, Sonn- und Feiertagszuschlägen legt die Beklagte den vertraglichen Bruttostundenlohn iHv. 8,00 Euro zugrunde. Im Februar, April und Juni 2015 angefallene Überstunden vergütete die Beklagte ebenfalls auf der Basis von 8,00 Euro brutto/Stunde.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin Zahlungs- und Feststellungsklage erhoben. Sie fordert weitere Vergütung für den Zeitraum von Januar bis November 2015.

8

Die Klägerin meint, die Beklagte zahle den gesetzlichen Mindestlohn nicht in voller Höhe. Bei durchschnittlich 173,33 Stunden im Monat müsse das Bruttomonatsgehalt 1.473,33 Euro betragen. Die Jahressonderzahlungen seien nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar. Deren arbeitsvertraglich vereinbarte Fälligkeit könne nicht verändert werden. Die BV Mindestlohn sei unwirksam. Alle Entgeltbestandteile seien auf der Grundlage des Mindestlohns von 8,50 Euro/Stunde zu berechnen, Überstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten.

9

Die Klägerin hat - soweit für die Revision relevant - sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 927,21 Euro brutto zuzüglich Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte von 1/12 Urlaubsgeld iHv. 57,97 Euro brutto und 1/12 Sonderzuwendung iHv. 57,97 Euro brutto durch Entgeltabrechnung für den jeweiligen Kalendermonat seit Januar 2015 unwirksam ist,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Urlaubsgeld iHv. 736,67 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 695,64 Euro zuzüglich Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Weihnachtsgeld iHv. 736,67 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 695,64 Euro brutto zuzüglich Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn sei erfüllt, die Zwölftelung der Jahressonderzahlungen zulässig. Zuschläge und Sonderzahlungen würden durch die gesetzliche Mindestlohnregelung nicht berührt und seien weiterhin nach dem arbeitsvertraglich Vereinbarten geschuldet.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin im Wesentlichen zurückgewiesen und ihr (rechtskräftig) nur Nachtarbeitszuschläge iHv. 0,80 Euro brutto zugesprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Der Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn ist erfüllt. Das Mindestlohngesetz hat die arbeitsvertraglich vereinbarten Entgeltbestandteile - wie Sonderzahlungen und Zuschläge für Sonderformen der Arbeit oder Arbeit zu besonderen Zeiten - nicht erhöht. Verzugszinsen kann die Klägerin nicht beanspruchen.

13

I. Die Klage ist in den Zahlungsanträgen zulässig. Dagegen ist der Feststellungsantrag unzulässig.

14

1. Die Zahlungsanträge sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie sind auf konkrete Vergütungsdifferenzen über eine Zeit von elf Monaten gerichtet. Die Klage ist für den streitbefangenen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen (vgl. BAG 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 12).

15

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zutreffend als unzulässig abgewiesen.

16

a) Die von der Klägerin begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Abrechnung des Urlaubs- und Weihnachtsgelds betrifft kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO(zu den Anforderungen vgl. BAG 24. Februar 2016 - 7 ABR 23/14 - Rn. 12 mwN). Zwar sind die Gerichte gehalten, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 12 mwN). Doch scheitert jede Auslegung - etwa dahingehend, die Fälligkeit der Jahressonderzahlungen solle geklärt werden - am Wortlaut des Antrags.

17

b) Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Hinweispflicht rügt, genügt die Revisionsbegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. dazu BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 e aa der Gründe, BAGE 109,145). Die Klägerin hat nicht dargelegt, welchen anderen Antrag sie auf welchen Hinweis des Landesarbeitsgerichts gestellt hätte, und auch in der Revisionsinstanz unverändert an dem vom Berufungsgericht als unzulässig beanstandeten Feststellungsantrag festgehalten.

18

II. Die Klage ist unbegründet.

19

1. Sie ist bereits unschlüssig, weil die Klägerin ihre Forderung nicht nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern anhand eines monatlichen Stundendurchschnitts begründet hat. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn entsteht mit jeder geleisteten Arbeitsstunde (§ 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 MiLoG). Dies erfordert die schlüssige Darlegung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Die Behauptung einer aus dem Durchschnitt eines Zeitraums ermittelten Stundenzahl ersetzt diesen Vortrag nicht. Insbesondere wenn in dieser Stundenzahl Zeiten ohne Arbeitsleistung, aber fortbestehendem Vergütungsanspruch (zB Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen oder Urlaub) enthalten sind, für die das Mindestlohngesetz mangels tatsächlicher Arbeitsleistung keine Ansprüche begründet. Insofern ist Sachvortrag nach den jeweils einschlägigen Normen zu leisten. Der Senat braucht aber nicht auf eine entsprechende Ergänzung des Vortrags der Klägerin hinzuwirken, weil die Zahlungsanträge in jedem Fall unbegründet sind.

20

2. Der Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG ist durch Erfüllung erloschen.

21

a) Die Beklagte hat den Mindestlohnanspruch der Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit jedenfalls durch allmonatliche Zahlung des Bruttogehalts und eines Zwölftels der Jahressonderzahlungen erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).

22

b) Der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt(hM Riechert/Nimmerjahn MiLoG § 1 Rn. 2; Bayreuther in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 4; BT-Drs. 18/1558 S. 34). Das Mindestlohngesetz greift in die Entgeltvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien und anwendbarer Entgelttarifverträge nur insoweit ein, als sie den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten. § 3 MiLoG führt bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns zu einem Differenzanspruch.

23

aa) Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn haben alle Arbeitnehmer, auch wenn ihre durch Arbeits- oder Tarifvertrag geregelte Vergütung über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt (HK-MiLoG/Düwell § 1 Rn. 18). Das Mindestlohngesetz schafft in seinem Geltungsbereich eine eigenständige Anspruchsgrundlage für alle Arbeitnehmer (ErfK/Franzen 16. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 2; aA Waltermann AuR 2015, 166, 170; HK-MiLoG/Schubert § 20 Rn. 10).

24

bb) Erreicht die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Vergütung den gesetzlichen Mindestlohn nicht, begründet dies von Gesetzes wegen einen Anspruch auf Differenzvergütung, wenn der Arbeitnehmer in der Abrechnungsperiode für die geleisteten Arbeitsstunden im Ergebnis nicht mindestens den in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG vorgesehenen Bruttolohn erhält(Riechert/Nimmerjahn MiLoG § 1 Rn. 31; Lembke NZA 2016, 1, 4; vgl. zu einem tariflichen Mindestlohn BAG 8. Oktober 2008 - 5 AZR 8/08 - Rn. 28, BAGE 128, 119).

25

Dabei scheiden längere Berechnungszeiträume als ein Kalendermonat für die Frage, ob ein Anspruch auf Differenzvergütung entstanden ist, aus (Kocher AuR 2015, 173, 175; Bayreuther in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 78; aA Waltermann AuR 2015, 166, 171: „zweimonatlich“; wohl auch ErfK/Franzen 16. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 8). Denn mit dem Mindestlohngesetz soll den in Vollzeit tätigen Arbeitnehmern ein Monatseinkommen „oberhalb der Pfändungsfreigrenze“ gesichert werden (BT-Drs. 18/1558 S. 28). Um regelmäßigen Zahlungspflichten nachkommen zu können, regelt § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MiLoG konsequenterweise die Fälligkeit des Mindestlohns spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.

26

cc) Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit 8,50 Euro ergibt. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitgeber den Mindestlohn stets rechtzeitig leistet, auch verspätete Zahlungen können Erfüllungswirkung haben. Dies belegt § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG, wonach der Arbeitgeber ordnungswidrig handelt, wenn er den Mindestlohn nicht oder „nicht rechtzeitig zahlt“. Im Übrigen wäre der Anspruch auf den Mindestlohn nicht klagbar, würde man nachträglichen Zahlungen die Erfüllungswirkung absprechen. Leistet der Arbeitgeber den Mindestlohn nach Fälligkeit (§ 2 Abs. 1 MiLoG), kann der Arbeitnehmer Verzugszinsen sowie den Ersatz eines sonstigen Verzugsschadens verlangen, §§ 288, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

27

dd) Erfüllung iSv. § 362 Abs. 1 BGB tritt beim Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn - wie in jedem Schuldverhältnis - ein, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird. Diese Leistung liegt in der Zahlung des Bruttoarbeitsentgelts, denn der gesetzliche Mindestlohn ist das als Gegenleistung für die Arbeit (mindestens) zu erbringende Entgelt.

28

(1) Der Gesetzesbegriff des Mindestlohns bedarf der Auslegung. Maßgebend ist dafür der in der Norm zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Regelung hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (st. Rspr., vgl. nur BVerfG 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2 BvR 2155/11 - Rn. 66, BVerfGE 133, 168).

29

Ausgehend von dem in § 1 Abs. 1 MiLoG verwendeten Begriff des Mindestlohns und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG bestimmten Höhe in Form eines Bruttobetrags, handelt es sich um eine Bruttoentgeltschuld des Arbeitgebers. Dabei ist es unerheblich, dass der Gesetzgeber - im Unterschied zu anderen arbeitsrechtlichen Regelungen - nicht den Begriff „Entgelt“ (vgl. zB § 10 Abs. 1 Satz 5 AÜG „Arbeitsentgelt“, § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG „Mindestentgeltsätze“), sondern „Lohn“ verwendet. Diese nicht mehr zeitgemäße, auf die Vergütung gewerblicher Arbeitnehmer abstellende Terminologie erklärt sich mit dem Sprachgebrauch in der politischen Diskussion vor Verabschiedung des Gesetzes (vgl. Bayreuther in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 7). Eine Beschränkung des Geltungsbereichs auf Arbeiter, die noch im Stundenlohn vergütet werden, war und ist nicht gewollt. Es sollten umfassend alle Arbeitnehmer vor den Folgen einer unangemessen niedrigen Vergütung geschützt werden. Dieser in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zweck zielt darauf ab, jedem Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Monatseinkommen zu gewährleisten (BT-Drs. 18/1558 S. 28). Diesem Ziel entsprechend fordern §§ 1 und 2 MiLoG mit dem Begriff der „Zahlung“ und der Nennung eines Eurobetrags in „brutto“ eine Entgeltleistung in Form von Geld(Riechert/Nimmerjahn MiLoG § 1 Rn. 81 ff.; Bayreuther in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 127; Sittard RdA 2015, 99, 105).

30

Der Mindestlohn beträgt nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG 8,50 Euro brutto „je Zeitstunde“. Das Gesetz macht den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig (vgl. Lembke NZA 2015, 70, 76). Die Normierung eines angemessenen Verhältnisses von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt bezweckt die Existenzsicherung durch Arbeitseinkommen als Ausdruck der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG), die letztlich auch die sozialen Sicherungssysteme entlasten soll (BT-Drs. 18/1558 S. 28; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 66 Rn. 2; Sittard NZA 2015, 78, 79 f.; Greiner/Strippelmann BB 2015, 949, 950; Jares DB 2015, 307, 309; Heuschmid/Hlava NJW 2015, 1719, 1722).

31

(2) Bei einer Geldschuld wird die geschuldete Leistung mangels anderer Vereinbarung nur dann bewirkt, wenn der Gläubiger den Geldbetrag, den er beanspruchen kann, endgültig zur freien Verfügung übereignet oder überwiesen erhält. Darf er den Betrag nicht behalten, tritt der Leistungserfolg nicht ein (vgl. BGH 23. Januar 1996 - XI ZR 75/95 - zu 1 der Gründe; Jauernig/Stürner BGB 16. Aufl. § 362 Rn. 1; Staudinger/Olzen (2016) § 362 BGB Rn. 27). Daher erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen nur, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben.

32

(3) Gilt somit ein umfassender Entgeltbegriff, sind alle im Synallagma stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet, den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen. Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers (vgl. Bayreuther NZA 2014, 865, 869; Lembke NZA 2015, 70, 76) fehlt folglich nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 ArbZG, der einen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt vorsieht, vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68) beruhen. Letzteres folgt aus der Gleichrangigkeit der Normen des Bundesrechts. Ist eine Zuordnung der Zahlung erforderlich, finden die Regelungen des § 366 BGB Anwendung(vgl. Thüsing/Greiner MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 13; aA wohl Bayreuther in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 82 ff.).

33

c) Danach sind die Mindestlohnansprüche der Klägerin in den Kalendermonaten Januar bis November 2015 erfüllt. Denn neben dem monatlichen Bruttogehalt kommt auch den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen Erfüllungswirkung zu. Sie sind eine im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis stehende Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit. Denn nach § 4 Arbeitsvertrag mindern sie sich um jeweils ein Zwölftel für Kalendermonate ohne Entgeltanspruch. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen die Jahressonderzahlungen nicht. Eine Rückforderung ist der Beklagten aufgrund ihrer vorprozessualen Erklärung vom Januar 2015 verwehrt.

34

3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erhöhte Jahressonderzahlungen. Diese sind nicht auf der Grundlage des aktuellen Mindestlohns zu berechnen. Nach § 4 Arbeitsvertrag betragen Urlaubs- und Weihnachtsgeld jeweils 50 % des „vereinbarten Entgelts“ bzw. des „vereinbarten Lohns“. Das Landesarbeitsgericht ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, die Berechnung richte sich nach der in § 3 Arbeitsvertrag bestimmten Vergütung. Der Wortlaut der Vereinbarung lässt keinen anderen Schluss zu. Das Mindestlohngesetz hat daran nichts geändert. Der gesetzliche Mindestlohn tritt neben den arbeits- bzw. tarifvertraglichen Vergütungsanspruch, lässt aber die Vergütungsvereinbarung unberührt (vgl. Rn. 22). Eine bestimmte Höhe von Sonderzahlungen sieht das Mindestlohngesetz nicht vor.

35

4. Die Klägerin kann keine höheren als die arbeitsvertraglich vereinbarten Zuschläge für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit verlangen. Diese sind nicht auf der Grundlage der in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG bestimmten 8,50 Euro, sondern des vertraglich vereinbarten Bruttostundenentgelts zu berechnen.

36

Die Zuschlagspflicht für Überstunden und Arbeit an besonderen Tagen folgt allein aus § 3 Buchst. b und c Arbeitsvertrag und knüpft an den „vereinbarten Stundenlohn“ an. Das ist der in § 3 Buchst. a Arbeitsvertrag festgehaltene Betrag. Der Wortlaut der Vereinbarung lässt nur diesen Schluss zu. Auf die Ausführungen in Rn. 34 wird verwiesen. Daran hat das Mindestlohngesetz nichts geändert.

37

5. Die Klägerin hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf weitere Überstundenvergütungen.

38

In den Monaten mit Überstundenleistung hat die Beklagte den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn durch Zahlung des Bruttomonatsgehalts, der in Zwölfteln geleisteten Jahressonderzahlungen und der jeweiligen Überstundenvergütung iHv. 8,00 Euro brutto/Stunde erfüllt.

39

Im Februar 2015 leistete die Klägerin eine Überstunde, für die die Beklagte neben der Vergütung weitere 8,00 Euro brutto, mithin 1.515,30 Euro brutto geleistet hat. Im April 2015 erbrachte die Klägerin vier Überstunden, für die sie neben der Vergütung weitere 32,00 Euro brutto, mithin 1.539,30 Euro brutto erhalten hat. Im Juni 2015 leistete die Klägerin 4,5 Überstunden, für die die Beklagte neben der Vergütung weitere 36,00 Euro brutto, mithin 1.543,30 Euro brutto geleistet hat. Die Klägerin hat in keinem der Fälle vorgetragen, sie habe über die damit jedenfalls in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns abgegoltenen 178,27 bzw. 181,09 bzw. 181,56 Arbeitsstunden im Monat weitere Arbeit erbracht.

40

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen wegen verspäteter Jahressonderzahlungen besteht nicht. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, Ansprüche auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen nicht rechtzeitiger Leistung der Jahressonderzahlungen bestünden nicht. Die Regelung der Fälligkeit der BV Mindestlohn mit jeweils 1/12 für jeden Kalendermonat verdrängt die arbeitsvertragliche Fälligkeitsvereinbarung.

41

a) Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die formelle Wirksamkeit der BV Mindestlohn greifen nicht durch.

42

aa) Die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe das Bestreiten eines wirksamen Betriebsratsbeschlusses übergangen, ist unzulässig. Der pauschale Hinweis auf ein Bestreiten genügt den Anforderungen an eine Gehörsrüge nicht. Darüber hinaus brauchen die Gerichte nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu behandeln (vgl. BVerfG 14. März 2013 - 1 BvR 1457/12 - Rn. 10). Die Klägerin hat keine besonderen Umstände deutlich gemacht, wonach das Landesarbeitsgericht ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen haben soll. Tatsächlich setzt sich das Landesarbeitsgericht mit dem streitigen Thema auseinander, hält das Bestreiten der Klägerin aber nicht mehr für erheblich.

43

bb) Die Rüge, der angebotene Zeugenbeweis sei nicht erhoben worden, ist ebenfalls unzulässig, denn ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Allein die Rüge, ein Beweis sei nicht erhoben worden, ist unzureichend, wenn die Klägerin - wie hier - nicht vorgetragen hat, wo und bei welcher Gelegenheit sie ein den Anforderungen des § 373 ZPO entsprechendes Beweisangebot gemacht habe(vgl. BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 380/99 - zu II 2 b cc (3) der Gründe, BAGE 96, 123).

44

cc) Die Würdigung der Beschlussfassung des Betriebsrats durch das Landesarbeitsgericht verletzt nicht § 286 ZPO. Danach haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht. Die Würdigung muss vollständig, widerspruchsfrei und umfassend sein. Mögliche Zweifel müssen überwunden, brauchen aber nicht völlig ausgeschlossen zu werden (vgl. BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 35 mwN). Revisionsrechtlich ist diese Würdigung allein daraufhin zu überprüfen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht Denk- und Erfahrungsgrundsätze verletzt wurden.Gemessen daran hat das Landesarbeitsgericht § 286 ZPO nicht verletzt. Es hat, basierend auf dem Beklagtenvortrag zur Beschlussfassung des Betriebsrats, seine Überzeugungsbildung ausreichend dargelegt. Das Berufungsgericht durfte das weitere, lediglich pauschale Bestreiten der Klägerin für unerheblich halten.

45

dd) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen Verstoß gegen § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG verneint. Nach dieser Bestimmung hat der Vorsitzende die Mitglieder des Betriebsrats zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Für ein verhindertes Betriebsratsmitglied hat er nach § 29 Abs. 2 Satz 6 BetrVG das Ersatzmitglied zu laden. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist wesentlich für die Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten Beschlusses. Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann allerdings durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in einer Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn dieser beschlussfähig iSd. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass an dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen (vgl. BAG 4. November 2015 - 7 ABR 61/13 - Rn. 32 mwN; 15. April 2014 - 1 ABR 2/13 (B) - Rn. 30, BAGE 148, 26).

46

b) Die BV Mindestlohn ist auch materiell wirksam.

47

aa) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG greift nicht, denn es handelt sich um eine Angelegenheit, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt(BAG GS 3. Dezember 1991 -  GS 2/90  - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134 ; BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09  - Rn. 30 , BAGE 138 ,68).

48

Es liegt ein Fall der erzwingbaren Mitbestimmung vor. Die BV Mindestlohn beinhaltet eine Fälligkeitsbestimmung. Fälligkeit bezeichnet bei (Arbeits-)Vergütung den Zeitpunkt, wann diese zu entrichten ist (vgl. § 614 BGB). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG erfasst die Regelung des Zeitpunkts, zu dem die Arbeitsvergütung zu zahlen ist(vgl. BAG 22. Juli 2014 - 1 ABR 96/12 - Rn. 12, BAGE 148, 341). Eine die Beklagte bindende tarifliche Regelung besteht nicht.

49

bb) Die arbeitsvertragliche Fälligkeitsregelung wird durch die der BV Mindestlohn verdrängt, denn sie ist betriebsvereinbarungsoffen.

50

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei den arbeitsvertraglichen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die hiergegen erhobene Gehörsrüge der Klägerin genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Klägerin hat nicht konkret vortragen, welcher Vortrag übergangen sein soll (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - Rn. 36, BAGE 109, 145).

51

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BAG 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 12; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 14).

52

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist nicht nur bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich, sondern auch bei einzelvertraglichen Abreden (vgl. BAG 17. Februar 2015 - 1 AZR 599/13 - Rn. 27). Eine konkludente Vereinbarung darf angenommen werden, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Mit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen stünde dem entgegen. Da Allgemeine Geschäftsbedingungen ebenso wie Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände gerichtet sind, kann aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen (vgl. BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60).

53

Danach ist die arbeitsvertragliche Fälligkeitsregelung der Jahressonderzahlungen betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Es handelt sich um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen mit kollektivem Bezug. Der Auszahlungszeitpunkt der Jahressonderzahlungen soll betriebseinheitlich geregelt werden. Dass der Vereinbarung der Fälligkeitsregelung in § 4 Arbeitsvertrag eine betriebsvereinbarungsfeste Individualvereinbarung zugrunde liegt, ist nicht ersichtlich.

54

c) Der Beklagten ist es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht verwehrt, sich auf die Fälligkeitsregelung der BV Mindestlohn zu berufen. Ein widersprüchliches Verhalten der Beklagten liegt nicht vor. Entgegen der Revision ist § 242 BGB nicht deshalb anzuwenden, weil die Beklagte die Wirkung der BV Mindestlohn unter die Bedingung gestellt habe, dass mit sämtlichen Arbeitnehmern Änderungsverträge zustande kommen. Die BV Mindestlohn selbst enthält keine solche Bedingung. Eine außerhalb der kollektiven Vereinbarung einseitig von der Beklagten formulierte Bedingung hätte überdies keinen rechtlichen Einfluss auf den Inhalt einer zwischen den Betriebspartnern geschlossenen Betriebsvereinbarung. Gleiches gilt für die Schreiben der Beklagten vom Dezember 2014 und Januar 2015.

55

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Mattausch    

                 

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der folgenden Absätze als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.

(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.

(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.

(4) Sichere Übermittlungswege sind

1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt,
2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
Das Nähere zu den Übermittlungswegen gemäß Satz 1 Nummer 3 bis 5 regelt die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 2.

(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen.

(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.