Finanzgericht München Urteil, 31. März 2017 - 8 K 2426/15

bei uns veröffentlicht am31.03.2017

Gericht

Finanzgericht München

Tatbestand

I.

Strittig ist, ob die sächlichen Kinderfreibeträge für die beiden Kinder des Klägers deren Existenzminimum im Streitjahr 2014 abdecken.

Der Kläger, der im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen erzielte, wurde ohne Abweichung von den Angaben in der eingereichten Steuererklärung mit Bescheid vom 01. Juni 2015 zur Einkommensteuer veranlagt. Für seine beiden im Jahre 2002 und 2005 geborenen Kinder erhielt der Kläger, der nicht mit seiner Ehefrau zusammen, sondern einzeln veranlagt wurde, im Streitjahr jeweils Kindergeld in Höhe von 1.104 EUR. Im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) wurde die tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum erhöht und es wurden die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von 7.008 EUR vom Einkommen abgezogen.

Der Einkommensteuerbescheid erging gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) vorläufig u. a. hinsichtlich der Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG. Nach den Erläuterungen zur Festsetzung im Bescheid erfasst die Vorläufigkeitserklärung sowohl die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind, als auch den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige verfassungsrechtliche Frage durch verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschriften entscheidet.

Gegen den Einkommensteuerbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 18. Juni 2015, beim Finanzamt eingegangen am 23. Juni 2015, Einspruch ein, mit der Begründung, die im Rahmen der Einzelveranlagung berücksichtigten Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von jeweils 3.506 EUR (Kinderfreibetrag 2.184 EUR und Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf 1.320 EUR) seien zu niedrig, um das Existenzminimum des Kindes vollständig von der Einkommensteuer freizustellen. Nach dem neunten Existenzminimumbericht (Drucksache vom 17. November 2012 des Deutschen Bundestages 17/11425, Seite 7) betrage das sächliche Existenzminimum je Kind 4.440 EUR (2.220 EUR je Elternteil) im Jahr 2014. Der im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte Freibetrag je Kind sei daher bei der Einzelveranlagung um jeweils 36 EUR bzw. bei Berücksichtigung beider Elternteile um 72 EUR zu niedrig.

Der Beklagte (das Finanzamt) wies den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung vom 3. September 2015 wird verwiesen.

Mit der dagegen eingereichten Klage macht der Kläger geltend, die Klage sei zulässig, insbesondere fehle ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Auch bei einem vorläufig ergangenen Bescheid aufgrund eines beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Musterverfahrens könne einer Klage nicht allein deshalb das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, da bei einem Streit über eine verfassungsrechtliche Frage abschließend nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden könne. Die Tatsache, dass das Verfahren beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 1/09, BFH/NV 2010, 1803 bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde zu dem Aktenzeichen 2 BvR 288/10 (juris) ausgesetzt sei, stehe seinem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen. An diesem würde es nur fehlen, wenn sich der Streit über die Vereinbarkeit der Steuernorm mit höherrangigem Recht durch das Musterverfahren erledigen ließe (BFH-Beschluss vom 22. März 1996, III B 173/95, BStBl II 1996, 506). In seinem Fall würde sich jedoch die Streitfrage durch die vom Finanzamt genannten Verfahren beim Bundesfinanzhof bzw. Bundesverfassungsgericht nicht erledigen. Anders als in diesem Verfahren fechte er nicht die grundsätzliche Berechnung des sozialrechtlichen Existenzminimums an. Ihm gehe es um die Frage, ob der Gesetzgeber hinter dem im Existenzminimumbericht aufgeführten sächlichen Kinderfreibetrag zurückbleiben dürfe. Ob dies mit der verfassungsrechtlich gebotenen Steuerfreistellung des Existenzminimums vereinbar sei, könne in dem beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren mit dem Az. III R 1/09, a.a.O. nicht entschieden werden. Betroffen seien dort die Streitjahre 2000 bis 2004, in denen es keine Unterdeckung des sächlichen Kinderfreibetrags im Vergleich zu den jeweiligen Existenzminimumberichten gegeben habe. Dies gelte auch für das Streitjahr 2005, welches Gegenstand der Verfassungsbeschwerde mit dem Az. 2 BvR 288/10 sei. Die beim BFH und Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahren seien für die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Streitfrage nicht entscheidungserheblich.

Die Klage sei in der Sache begründet, da nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992, Az. 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91 und 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153) dem Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen zumindest so viel verbleiben müsse, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und – unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) – desjenigen seiner Familie bedürfe (Existenzminimum).

Die Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums hänge von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf ab. Diesen einzuschätzen, sei Aufgabe des Gesetzgebers. Soweit der Gesetzgeber jedoch im Sozialhilferecht den Mindestbedarf bestimmt habe, den der Staat bei einem mittellosen Bürger im Rahmen sozialstaatlicher Fürsorge durch staatliche Leistungen zu decken habe, dürfe das von der Einkommensteuer zu verschonende Existenzminimum diesen Betrag nicht unterschreiten. Demnach sei der im Sozialhilferecht anerkannte Mindestbedarf die Maßgröße für das einkommensteuerliche Existenzminimum. Diese Vorgaben des BVerfG gälten sinngemäß auch für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums (Sachbedarf) eines Kindes (BVerfG-Beschluss vom 29. Mai 1990, Az. 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84 und 1 BvL 4/86).

Das sächliche Existenzminimum für jedes Kind belaufe sich im Streitjahr ausweislich des Berichts über die Höhe des von der Steuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2014 nach dem neunten Existenzminimumbericht in der vom Bundeskabinett am 7. November 2012 beschlossenen Fassung auf 4.440 EUR jährlich. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Bericht unzutreffende Zahlen enthalte, lägen nicht vor. Der vom Gesetzgeber in § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG geregelte Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum i.H.v. 4.368 EUR liege daher für jedes Kind 72 EUR unter dem verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimum.

Die Bundesregierung habe im neunten Existenzminimumbericht angekündigt, die gebotene Erhöhung rechtzeitig gesetzgeberisch auf den Weg zu bringen, habe dies jedoch nicht getan. Mit dem Gesetz zur Anwendung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags vom 16. Juli 2015 (BGBl I 2015, 1202) seien jedoch nur die Vorgaben des Zehnten Existenzminimumberichts für die Jahre 2015 und 2016 umgesetzt worden, jedoch nicht die Vorgaben des neunten Existenzminimumberichts für das Jahr 2014 nachgeholt worden. Bereits in der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2015 sei darauf hingewiesen worden, dass eine rückwirkende Erhöhung des Kinderfreibetrages ab dem 1. Januar 2014 verfassungsrechtlich geboten wäre (u.a. B., Stellungnahme vom 17. Mai 2015, Seite 2; H., Stellungnahme vom 20. Mai 2015, Seite 3; Wieland, Stellungnahme vom 15. Mai 2015, Seite 2; sämtlich abrufbar unter http://www.bundestag.de/bundestag/auschuesse17/a07/anhoerungen/43–sitzungen/374544).

Lediglich Herr S. habe in seiner Stellungnahme vom 13. Mai 2015 zur öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages unter Bezugnahme auf den Beschluss des BFH vom 19. März 2014 III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032 die Ansicht vertreten, es sei offenkundig, dass das sächliche Existenzminimum laut dem neunten Existenzminimumbericht auch Beträge für Bildungs- und Teilhabebedarfe in Höhe von 228 EUR umfasse, die vom Freibetrag für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung zusätzlich abgegolten würden. Bliebe der Betrag von 228 EUR unberücksichtigt, so sei das sächliche Existenzminimum im Jahr 2014 nicht zu niedrig gewesen. Diese Herleitung widerspräche sowohl der Ansicht anderer Fachleute, wie der Herren B. und H., als auch dem zehnten Existenzminimumbericht. Letzterer sei am 28. Januar 2015 von der Bundesregierung beschlossen worden und hätte daher die Auffassung des Bundesfinanzhofs aus dem Beschluss vom 19. März 2014 III B 74/13, a.a.O. bereits aufgreifen können. Der Bericht führe jedoch gerade aus, dass die steuerliche Freistellung eines Kindes durch das sächliche Existenzminimum zuzüglich des Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarfs bewirkt werde. Außerdem sei in der Entscheidung des BFH für das Jahr 2011 von einem bestehenden "Puffer" zwischen dem Existenzminimum und den Freibeträgen des § 32 Abs. 6 EStG ausgegangen worden. Ein solcher Puffer bestünde im Streitjahr 2014 nicht. Die Freibeträge überstiegen das Existenzminimum nicht, sondern unterschritten es. Schließlich sei auch bereits die Ermittlung der Höhe des Existenzminimums anhand von verschiedenen Altersgruppen der Kinder verfassungsrechtlich bedenklich. Dies gelte insbesondere deshalb, da für volljährige Kinder keine Ermittlungen zur Höhe des Existenzminimums angestellt worden seien, sondern vielmehr der Durchschnittssatz für minderjährige Kinder herangezogen werde. Diese Methode sei nach dem Beschluss des Finanzgerichts Hannover vom 16. Februar 2016 Az. 7 V 237/15, auf den verwiesen werde, verfassungswidrig.

Der Kläger beantragt daher,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2014 vom 1. Juni 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2015 die Einkommensteuer um 30 EUR und den Solidaritätszuschlag um 1,65 EUR herabzusetzen, hilfsweise im Falle der Klageabweisung die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, Akten und Unterlagen, den neunten Bericht über die Höhe des von der Steuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2014 vom 7. November 2012, Bundestagsdrucksache 17/11425, und das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 31. März 2017 verwiesen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (Schriftsatz des Klägervertreters vom 15. März 2017, Schreiben des Finanzamts vom 22. Oktober 2015).

Gründe

II.

1. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FinanzgerichtsordnungFGO –).

2. Die Klage ist zulässig.

Dem Kläger fehlt im vorliegenden Streitfall nicht das Rechtsschutzinteresse, weil der Einkommensteuerbescheid vom 1. Juni 2015 gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO hinsichtlich der Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG für vorläufig erklärt worden war. Denn weder beim BFH noch beim BVerfG oder Europäischen Gerichtshof sind derzeit Musterverfahren anhängig, die sämtliche substantiierten Einwendungen materieller-rechtlicher bzw. verfassungsrechtlicher Art des Klägers gegen die Art der Ermittlung des Existenzminimums und dessen Höhe klären könnten (BFH-Urteil III R 39/08, BStBl II 2011, 11). Über die Beschwerde gegen den Beschluss des Finanzgerichts Hannover vom 16. Februar 2016 7 V 237/15, EFG 2016, 656 hat der BFH mit Beschluss vom 21. Juli 2016 V B 37/16, BStBl II 2017, 28 entschieden. Die Verfassungsbeschwerde mit dem Az. 2 BvR 288/10 wurde gemäß §§ 93 a, 93 b Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) mit Beschluss vom 13. Juli 2016 (juris) nicht zur Entscheidung angenommen. Das wegen dieser Verfassungsbeschwerde ausgesetzte und noch anhängige Revisionsverfahren vor dem BFH mit dem Az. III R 1/09, BFH/NV 2010, 1803 betrifft andere Rechtsfragen, wie die Ermittlung des steuerlichen Existenzminimums anhand der Sozialhilfesätze bzw. anhand eines darüber hinausgehenden individuellen Bedarfs der Kinder. Darüber hinaus lagen in den Streitjahren 2000 bis 2004 die Kinderfreibeträge für das sächliche Existenzminimum deutlich über dem im Existenzminimumbericht ermittelten sozialhilferechtlichen Existenzminimum, nicht wie im vorliegenden Streitfall darunter. Weiter ist in dem Revisionsverfahren nicht die Art der Ermittlung des durchschnittlichen monatlichen Regelbedarfs eines Kindes unter 18 Jahren durch die Berücksichtigung dreier Altersgruppen Streitgegenstand. Diese Einwendungen des Klägers können daher nicht vollständig im Rahmen des oben genannten Verfahrens geklärt werden.

3. Die Klage ist hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides unbegründet.

Die im Streitjahr gewährten Freibeträge für das sächliche Existenzminimum in Höhe von 4.368 EUR und den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf in Höhe von 2.640 EUR für beide Elternteile stellen das Existenzminimum der Kinder des Klägers in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Höhe von der Besteuerung frei.

Mit dem Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags vom 16. Juli 2015 (BGBl. I 2015, 1202) wurde zwar entgegen dem im Neunten Existenzminimumbericht ermittelten sozialhilferechtlichen Regelbedarf der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum nicht um 72 EUR erhöht. Dies verstößt jedoch weder gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit gemäß Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG noch gegen das Diskriminierungsverbot von Eltern gegenüber Kinderlosen gemäß Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerfG fordert das Grundgesetz, dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freigestellt wird. Das Sozialhilferecht bietet eine das Existenzminimum quantifizierende Vergleichsebene. Das von der Einkommensteuer zu verschonende Existenzminimum darf den Betrag, den der Staat einem Bedürftigen im Rahmen staatlicher Fürsorge gewährt, nicht unterschreiten. Aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergibt sich als verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab der Grundsatz, dass der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen muss, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird (BVerfG-Beschluss vom 29. Mai 1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60). Der existenznotwendige Bedarf bildet von Verfassung wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet darüber hinaus, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss (BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246). Des Weiteren begründet der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als horizontale Steuergleichheit weitere verfassungsrechtliche Anforderungen (vgl. BVerfG in BVerfGE 82, 60, 89 f.). Er gebietet, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch zu besteuern. Auch Bezieher höherer Einkommen müssen je nach ihrer Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Beziehern gleich hoher Einkommen gleich besteuert werden. Eine verminderte Leistungsfähigkeit durch eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Kind muss dementsprechend auch bei ihnen in diesem Vergleich sachgerecht berücksichtigt werden.

b) Die von Verfassung wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen müssen nach dem tatsächlichen Bedarf – realitätsgerecht bemessen werden (BVerfG in BVerfGE 99, 246). Die Untergrenze ist durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollen, verbrauchsbezogen ermittelt und auch regelmäßig den veränderten Lebensverhältnissen angepasst werden. Mindestens das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt, muss er auch dem Einkommensbezieher von dessen Erwerbsbezügen belassen (BVerfG-Beschluss vom 14. Juni 1994 1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, 93). Aus Art. 6 Abs. 1 GG ergibt sich ferner, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss. Auch wenn, wie es in aller Regel bei Eltern mit noch nicht selbst verdienenden Kindern der Fall ist, nur einzelne Familienmitglieder ein Einkommen erzielen und diese aufgrund gesetzlicher Verpflichtung für den Unterhalt der weiteren Familienmitglieder aufkommen, muss das Existenzminimum für die gesamte Familie steuerfrei bleiben. Denn auch in diesem Fall müsste der Staat, wenn er dem Steuerpflichtigen die Mittel für die Unterstützung der unterhaltsbedürftigen Familienmitglieder entzöge, diese in entsprechender Höhe aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung aus dem Sozialstaatsgebot selbst unterstützen. Überlässt er dagegen in verfassungsmäßiger Weise die Unterstützung dem Bürger, wäre es inkonsequent, diesem die dafür benötigten Mittel im Wege der Besteuerung ganz oder teilweise mit der Folge zu entziehen, dass der Staat die Unterstützung des Bedürftigen selbst übernehmen müsste (BVerfG in BVerfGE 82, 60). Unterhaltsaufwendungen für Kinder sind danach grundsätzlich keine Aufwendungen im privaten Bereich, die nach der Grundregel des §§ 12 Nr. 1 EStG steuerlich als allgemeine Kosten der Lebensführung nicht abzugsfähig sind. Dies folgt aus der grundlegenden Entscheidung der Verfassung in Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG, die die Würde des Menschen als höchsten Rechtswert anerkennt und Ehe und Familie dem besonderen Schutz des Staates unterstellt. Kinder und private Bedürfnisbefriedigung sind danach nicht auf eine Stufe zu stellen (BVerfGE 82, 60). Infolgedessen darf der Staat nicht in gleicher Weise auf die Mittel zugreifen, die für den Lebensunterhalt von Kindern unerlässlich sind, wie auf finanzielle Mittel, die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden. Er muss die Entscheidung der Eltern zu Gunsten von Kindern achten und darf den Eltern im Steuerrecht nicht etwa die Vermeidbarkeit von Kindern in gleicher Weise entgegenhalten wie die Vermeidbarkeit sonstiger Lebensführungskosten. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass durch diese Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern gemindert wird.

c) Das Existenzminimum der Kinder kann nach der Rechtsprechung des BVerfG bei der Besteuerung aus Gründen der Praktikabilität in einem einheitlichen Betrag berücksichtigt werden, der von Verfassung wegen nicht zwingend nach Altersgruppen gestaffelt werden muss. Allerdings muss es so bemessen werden, dass es in möglichst allen Fällen den entsprechenden Bedarf abdeckt. Da das Existenzminimum regional verschieden sein kann, darf sich der Gesetzgeber insoweit nicht an einem unteren Grenzwert oder an einem Durchschnittswert orientieren, der in einer größeren Zahl von Fällen nicht ausreichen würde. Die Höhe des einzustellenden Existenzminimums für Kinder hängt nicht nur von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen, sondern auch von dem nach den gesellschaftlichen Anschauungen anzunehmenden Mindestbedarf ab. Bei der Ermittlung des damit nicht exakt vorgegebenen Betrages des Existenzminimums muss dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum eingeräumt werden (BVerfG in BVerfGE 91, 93). Entscheidende Bedeutung für die Bemessung des steuerlich zu berücksichtigen Existenzminimums kommt dabei der Bemessung der Sozialhilfeleistungen zu, die gerade dieses Existenzminimum gewährleisten sollen, verbrauchsbezogen ermittelt und regelmäßig den veränderten Lebensverhältnissen angepasst werden (BVerfG in BVerfGE 82, 60, 94). Da die Leistungen der Sozialhilfe weder für alle in Betracht kommenden Altersstufen der Kinder noch in allen Bundesländern einheitlich sind, muss für den Vergleich aus den unterschiedlichen Sätzen ein Durchschnittssatz des im Sozialhilferecht anerkannten Bedarfs gebildet werden. Bei der Bildung dieses Durchschnittssatzes ergeben sich Unsicherheiten etwa bei der Frage, welche Altersgruppen bei der Berechnung des Kindesbedarfs berücksichtigt werden. Der durchschnittliche jährliche Sozialhilfebedarf lässt sich daher nur annäherungsweise ermitteln und stellt daher einen Richtwert, nicht aber eine strikte Vorgabe für die Bemessung des Existenzminimums dar (BVerfG in BVerfGE 91, 93). Bei der nachträglichen Kontrolle der vom Gesetzgeber bei der Festlegung des Entlastungsbetrages getroffenen Regelung am Maßstab einer pauschalen Berechnung des durchschnittlichen Sozialhilfebedarfs müssen die Ungenauigkeiten berücksichtigt werden, die mit einer solchen Berechnung verbunden sind. Die gesetzliche Regelung kann danach erst dann verfassungsrechtlich beanstandet werden, wenn die Unterschreitung der zum Vergleich herangezogenen Richtwerte ein Ausmaß erreicht, das selbst unter Berücksichtigung des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers und der in Betracht kommenden Ungenauigkeiten der Berechnung nicht mehr vertretbar erscheint. Wo diese Grenze zu ziehen ist, hängt insbesondere vom Ausmaß der Unsicherheit ab, die der zum Vergleich herangezogenen Berechnung des durchschnittlichen Sozialhilfebedarfs anhaftet. Ein allgemeiner Grenzwert lässt sich danach nicht für alle in Betracht kommenden Vergleichsberechnungen aufstellen (BVerfG in BVerfGE 91, 93). Entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden, wenn die Benachteiligung nur eine kleine Zahl von Personen trifft und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfG-Beschluss vom 9. November 1988 1 BvL 22/84, 1 BvL 71/86, 1 BvL 9/87, BVerfGE 79, 87, 100).

d) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Streitfall waren die für die im Streitjahr 9 und 12 Jahre alten Kinder des Klägers berücksichtigten Kinderfreibeträge für das sächliche Existenzminimum in Höhe von jeweils 2.184 EUR (bzw. 4.368 EUR für beide Elternteile) gemäß § 32 Abs. 6 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nicht verfassungswidrig, auch wenn der neunte Existenzminimumbericht der Bundesregierung einen um 72 EUR höheren Bedarf ausweist.

aa) Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass der durch die Bundesregierung im neunten Existenzminimumbericht ermittelte durchschnittliche monatliche Regelbedarf eines Kindes den Vorgaben des BVerfG entsprach. So wurden dieser der Ermittlung die Regelbedarfsstufen 4, 5, 6 nach § 20 Abs. 5 SGB II und § 28 SGB XII in Verbindung mit dem Regelbedarfsgesetz nach den dort gebildeten 3 Altersstufen für Kinder unter 18 Jahren zugrunde gelegt, geteilt durch die Anzahl der Lebensjahre der Kinder bis unter 18 Jahren. Diese Durchschnittswertermittlung hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 14. Juni 1994 1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, 93 inzident gebilligt, da in diesem Verfahren das zuständige Bundesministerium für Familie und Senioren den durchschnittlichen Sozialhilfebedarf für Kinder unter anderem aus den Regelsätzen allein für die Altersgruppen von Kindern von unter einem Jahr bis zu unter 18 Jahren gebildet hat, diese in der BVerfG-Entscheidung wiedergegeben und nicht verworfen wurden (vgl. dazu auch den BFH-Beschluss vom 19. März 2014 III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032). Diese Durchschnittssatzbildung ist daher zumindest für die Bemessung eines steuerlichen Kinderfreibetrags für Kinder unter 18 Jahren, wie die beiden 9 und 12 Jahre alten Kinder des Klägers, nicht zu beanstanden. Zwar liegt der durchschnittliche Regelsatz lediglich für Kinder unter 6 Jahren deutlich über dem monatlichen Regelbedarf (29 EUR). Für die mittlere Gruppe der Kinder zwischen 6 und 14 Jahren erreicht der Durchschnittswert aber fast den Regelsatz, befindet sich somit mathematisch im Mittel der Berechnung. Eine Abweichung bzw. Ungenauigkeit von 2 EUR monatlich ist bei einer pauschalen Berechnung systembedingt und erreicht kein solches Ausmaß, dass dies zu beanstanden wäre. Allein der Regelbedarf der 14- bis 18-jährigen Kinder übersteigt in erheblicherem Ausmaß (37 EUR) den Durchschnittswert. Diese Abweichung ist jedoch nach Ansicht des Senats hinzunehmen, da sie die logische Folge einer jeden Durchschnittsberechnung (vgl. die Gaußsche Normalverteilungskurve) ist. Es liegen stets einige Werte über und einige Werte unter dem Durchschnitt. Im Fall der Durchschnittsberechnung für den Regelbedarf halten sich die errechneten Bedarfswerte für über dem sozialhilferechtlichen Regelsatz liegenden Werte und die unter dem Bedarf liegenden Werte in etwa die Waage (6 Jahre überdurchschnittliche Werte von 29 EUR monatlich für Kinder bis zu 6 Jahren und 4 Jahre unterdurchschnittliche Werte von 37 EUR monatlich). Berücksichtigt man die durch den Durchschnittswert für die Lebensdauer eines Kindes von 0 bis 18 Jahren berechnete Freistellung des sächlichen Existenzminimums, so erhalten Eltern 2.088 EUR für die ersten 6 Lebensjahre mehr, als ihnen nach dem Sozialhilferegelbedarf zustünden. Für die 8 Jahre zwischen 6 und 14 Jahren liegt der Durchschnittswert mit insgesamt 192 EUR und für die 4 Jahre zwischen 14 und 18 Jahren mit insgesamt 1.776 EUR unter dem Sozialhilferegelbedarf. Saldiert man die in den Anfangsjahren eines Kindes gemessen am Sozialhilferegelsatz durch den Durchschnittssatz zu hoch angesetzte Freistellung des Kinder-Existenzminimums mit den in den folgenden Jahren zu niedrige Freistellung, so ergibt sich für die Eltern gemessen an den Sozialhilferegelsätzen für 2014 ein positiver Saldo ohne Inflationsbereinigung von 120 EUR. Diese Berechnung bezieht sich zwar nur auf das Jahr 2014, sie ist jedoch bei der von der Bundesregierung in den Existenzminimumberichten angewandten mathematischen Methode mit der Berücksichtigung der drei Altersgruppen systembedingt. Es ergibt sich stets ein positiver Saldo bei der Berücksichtigung sämtlicher Lebensjahre eines Kindes von 0 bis 18 Jahren. Die Höhe des positiven Saldos schwankt dabei (z.B. 8. Existenzminimumbericht: 144 EUR, 10. Existenzminimumbericht: 216 EUR). Im Hinblick auf diese positive "Gesamtbilanz" müssen nach Ansicht des Senats Eltern es hinnehmen, dass der der Berechnung des steuerlichen Kinderfreibetrages unter anderem zugrunde gelegte Durchschnittswert für die Lebensjahre ihrer Kinder von 6 bis 14 Jahre minimal und von 14 bis 18 Jahren etwas mehr von den Sozialhilferegelsätzen abweicht. Die durchschnittliche monatliche Regelbedarfsberechnung im neunten Existenzminimumbericht begegnet daher nach Auffassung des Senats im Hinblick auf den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung des Entlastungsbetrages für den Kinderfreibetrag keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

bb) Der sächliche Kinderfreibetrag für 2014 lag zwar um 72 EUR unter dem im neunten Existenzminimumbericht ermittelten Wert für das sächliche Existenzminimum, jedoch ist diese Abweichung von dem dort errechneten steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum nach der Überzeugung des Gerichts verfassungsrechtlich unbedenklich.

In der Aufstellung hat die Bundesregierung neben dem Regelsatz sowie den Kosten für Unterkunft und Heizung auch die Aufwendungen für Bildung und Teilhabe in Höhe von 228 EUR jährlich erfasst. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 100 EUR für Schulbedarf für Kinder von 6 bis 18 Jahren, 3 EUR für Ausflüge von Kindern in Schulen und Kindertagesstätten für die Altersgruppe von 3 bis 18 Jahren sowie monatlich 10 EUR für gesellschaftliche Teilhabe, d.h. für die Teilnahme an Freizeitgestaltungen wie insbesondere die Mitgliedschaft in Vereinen für alle Altersgruppen bis 18 Jahren. Der daraus errechnete Durchschnittswert je Kind von 19 EUR ergibt einen jährlichen durchschnittlichen Bildungs- und Teilhabebetrag von 228 EUR. Diese Ermittlung des sächlichen Existenzminimums entspricht den sozialhilferechtlichen Vorschriften (§ 34 SGB XII). Aufwendungen für Bildung und Teilhabe wurden infolge des Urteils des BVerfG vom 9. Februar 2010 1 BvL 1/09 u.a., BVerfGE 125, 175 mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24. März 2011 (BGBl I 2011, 453) als neuer dritter Abschnitt (§§ 34 und 34 a SGB XII) eingefügt. § 34 umfasst unter anderem den Bedarf für Schülerinnen und Schüler für Schulausflüge, Klassenfahrten, persönliche Schulausstattung und außerschulische Lernförderung. Der Schulbedarf wird zwar überwiegend bereits bei der Ermittlung des Regelbedarfs berücksichtigt, weil die Ausgaben dafür in unterschiedlich regelsatzrelevanten Positionen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfasst werden. Die Anerkennung als zusätzlicher Bedarf trägt aber dem Umstand Rechnung, dass die umfassten Schulbedürfnisse nicht zuverlässig vollständig aus dem Regelbedarf herausgerechnet werden können (Bundestagsdrucksache 17/3404 S. 124; Coseriu in Kreikebohm, Spellbrink, Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl. 2011, SGB XII § 34 Rz. 4).

Im Steuerrecht wird im Streitjahr die Freistellung des Kindes-Existenzminimums nicht nur durch den Freibetrag in Höhe von 2.184 EUR (4.368 EUR für beide Eltern) für das sächliche Existenzminimum, sondern auch durch den Freibetrag in Höhe von 1.320 EUR (2.640 EUR) für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf gewährt. Letzterer wurde durch das 2. Familienförderungsgesetz vom 16. August 2001 (BGBl I 2001, 2074) infolge des BVerfG-Beschlusses vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216 eingeführt. Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Erziehungsbedarf eines Kindes durch die Gewährung von Kinderfreibetrag und Kindergeld nicht ausreichend befriedigt werde. Zwar umfasse der für die Gewährung von Sozialhilfe und damit die Festlegung des allgemeinen steuerlichen Existenzminimums maßgebliche notwendige Lebensunterhalt neben Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Heizung auch persönliche Bedürfnisse, zu denen auch in vertretbarem Umfang Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben gehöre. Für Kinder und Jugendliche beinhalte dies auch einen besonderen, vor allem durch den durch ihre Entwicklung und ihr Heranwachsen bedingten Bedarf. Dazu zählte das BVerfG z.B. die Mitgliedschaft in Vereinen sowie sonstige Formen der Begegnung mit anderen Kindern oder Jugendlichen außerhalb des häuslichen Bereichs, das Erlernen und Erproben moderner Kommunikationstechniken, der Zugang zu Kultur- und Sprachfertigkeit, die verantwortliche Nutzung der Freizeit und die Gestaltung der Ferien. Das BVerfG sah daher diesen Bedarf durch die allgemeinen Kosten als noch nicht hinreichend berücksichtigt und die Entlastung der Eltern durch einen weiteren bzw. einen höheren einheitlichen Entlastungsbetrag als erforderlich an. Im Bereich der Einkommensteuer wird daher das Existenzminimum der Kinder seit der Einführung des Freibetrags für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung zusammen mit dem Freibetrag für das sächliche Existenzminimum von der Besteuerung freigestellt. Der Bildungs- und Teilhabebedarf nach § 34 SBG XII ist deshalb im Einkommensteuerrecht nicht im Rahmen des sächlichen Freibetrages, sondern im Freibetrag für die Betreuung und Erziehung oder Ausbildung berücksichtigt. Bei der Beurteilung, ob im Streitjahr 2014 das Existenzminimum eines Kindes hinreichend von der Besteuerung freigestellt worden ist, ist somit nicht allein auf den Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum, sondern auch auf den Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung abzustellen. Da im EStG im Jahr 2014 insgesamt Kinderfreibeträge in Höhe von 7.008 EUR je Kind normiert sind, ist die unterbliebene Anhebung der Kinderfreibeträge um 72 EUR für das sächliche Existenzminimum nicht verfassungswidrig. Der geringere Betrag von 72 EUR ist nach Ansicht des erkennenden Senats vom Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung abgedeckt. (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 19. März 2014, III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032; Selder in jurisPR-SteuerR 37/2015 Anm. 1).

cc) Die unterlassene Anhebung des Kinderfreibetrags für das sächliche Existenzminimum verstößt nicht gegen den sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsatz der Folgerichtigkeit, weil der Deutsche Bundestag mit Beschluss vom 2. Juni 1995 (Bundestagsdrucksache 13/1558 vom 31. Mai 1995 und Plenarprotokoll 13/42 vom 2. Juni 1995) die Bundesregierung alle zwei Jahre zur Vorlage eines Berichts über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern verpflichtet hat und der Gesetzgeber den Vorgaben des Berichts mit Ausnahme des Einkommensteuerveranlagungsjahres 2014 stets gefolgt ist.

Ein derartiger gleichheitswidriger Fehler unterläuft dem Gesetzgeber dann, wenn er ein gesetzliches Leitprinzip fortgelten lässt und dennoch eine diesem verbindlichen Prinzip widersprechende Vorschrift in Geltung setzt bzw. bestehen lässt. Das Gebot der Folgerichtigkeit fordert, dass die gesetzliche Ausgangsentscheidung bei ihrer gesetzlichen Verdeutlichung und Ausführung befolgt wird. Folgerichtigkeit gewährleistet Gleichheit in der gesetzten Ordnung, verlangt Konsequenz, Stetigkeit, Widerspruchsfreiheit für den Rechtssatz, der in das jeweilige Teilrechtsgebiet und in die Gesamtrechtsordnung eingefügt werden muss. "Folgerichtigkeit fordert den aus der Rechtsordnung entwickelten einsichtigen Grund auf Gleich- oder Ungleichbehandlung, findet ihr Maß in der Regel in dem Normengeflecht, folgt der Sinngebung und Wertung des jeweiligen Rechtsbereichs" (Kirchhof in Maunz-Dürig, Kommentar zum Grundgesetz Art. 3 Rz. 404, 405). Das Folgerichtigkeitsgebot fordert, dass die Leitgedanken des Rechts in allen Rechtsbereichen beachtet werden müssen. Widersprüchlichkeiten zwischen einzelnen Rechtsgebieten sind zu vermeiden, es sei denn, es gibt dafür einen sachlichen Grund.

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze besteht zwar für den Gesetzgeber im Einkommensteuerrecht eine Bindungswirkung an den nach Sozialrecht ermittelten existenznotwenigen Bedarf für Kinder (vgl. BVerfGE 82, 60). Dieser Bedarf muss von der Besteuerung freigestellt werden. Wie diese Freistellung erfolgt, ist jedoch dem Steuergesetzgeber überlassen. Ob er dies mit einem Kinderfreibetrag oder einem weiteren Freibetrag für Betreuung- und Erziehung oder Ausbildung oder etwa mit Kindergeld macht, ist diesem überlassen. Lediglich in der Höhe müssen die Beträge im Sinne der Folgerichtigkeit kongruent sein. Für das Jahr 2014 hat der Gesetzgeber mit dem sächlichen Kinderfreibetrag und dem Freibetrag für Betreuung-, Erziehung oder Ausbildung den nach dem Sozialrecht ermittelten existenznotwendigen Bedarf für Kinder von der Besteuerung freigestellt. Damit hat er dem Grundsatz der Folgerichtigkeit Rechnung getragen.

Der Deutsche Bundestag hat zwar mit Beschluss vom 2. Juni 1995 die Bundesregierung verpflichtet alle zwei Jahre einen Existenzminimumbericht vorzulegen, dieser ist jedoch lediglich eine Information über die aktuellen Ausgangswerte im Bereich der Sozialhilfe und Vorlage für eine Entscheidung des Parlaments über die Anhebung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums. Der Bundestag muss dieser Vorlage der Exekutive nicht stets folgen. Der Existenzminimumbericht ist kein Rechtssatz oder gesetzliches Leitprinzip, dem bei der Gesetzgebung zu folgen ist. Dessen ungeachtet bestand für den Gesetzgeber ein sachlicher Grund von dem Vorschlag der Bundesregierung abzuweichen, den Bedarf für Bildung und Teilhabe nicht im Rahmen des sächlichen Kinderfreibetrages zu erfassen, weil dieser anders als im Sozialhilferecht im Steuerrecht im Rahmen des Freibetrags für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung von der Steuer freigestellt ist.

4. Die Klage ist auch unbegründet, soweit sie sich gegen den Solidaritätszuschlagsbescheid wendet. Der Einkommensteuerbescheid ist gemäß § 3 Abs. 2 Solidaritätszuschlaggesetz Grundlagenbescheid für den Solidaritätszuschlagsbescheid (BFH-Urteil vom 09. November 1994 I R 67/94, BStBl II 1995, 305). Da die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid unbegründet ist, ändert sich die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag nicht. Folglich ist der Solidaritätszuschlag auch nicht herabzusetzen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

6. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.

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Finanzgericht München Urteil, 31. März 2017 - 8 K 2426/15 zitiert 23 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32 Kinder, Freibeträge für Kinder


(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

Abgabenordnung - AO 1977 | § 165 Vorläufige Steuerfestsetzung, Aussetzung der Steuerfestsetzung


(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn1.ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteue

Einkommensteuergesetz - EStG | § 12


Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden 1. die für

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28 Ermittlung der Regelbedarfe


(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt. (2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 34 Bedarfe für Bildung und Teilhabe


(1) Bedarfe für Bildung nach den Absätzen 2 bis 6 von Schülerinnen und Schülern, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, sowie Bedarfe von Kindern und Jugendlichen für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft na

Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz - SBG 2016 | § 34 Versammlungen der Vertrauenspersonen der Großverbände


(1) Bei Brigaden oder diesen vergleichbaren militärischen Dienststellen werden Versammlungen der Vertrauenspersonen gebildet. Ihnen gehören jeweils bis zu drei entscheidungsbefugte Mitglieder an, die von der Versammlung der Vertrauenspersonen des Ver

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(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 4. Dezember 2008  3 K 28/06 aufgehoben.

Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Ehefrau wurden in den Jahren 2000 bis 2004 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in allen Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, im Jahr 2000 zusätzlich solche aus Kapitalvermögen. Die Ehefrau erzielte keine Einkünfte. Die Eheleute haben vier volljährige Kinder. In den Streitjahren bezogen sie teils für drei, teils für zwei Kinder Kindergeld.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer gegen die Eheleute für das Jahr 2000 mit Bescheid vom 28. Januar 2002 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 120.792 DM auf 28.308 DM, für das Jahr 2001 mit Bescheid vom 12. Februar 2003 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 116.745 DM auf 24.886 DM, für das Jahr 2002 mit Bescheid vom 28. April 2004 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 48.530 € auf 14.586 €, für das Jahr 2003 mit Bescheid vom 8. November 2004 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 50.658 € auf 13.416 € und für das Jahr 2004 mit Bescheid vom 17. August 2005 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 55.971 € auf 12.448 € fest. Die Einkommensteuerbescheide sind hinsichtlich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen vorläufig (§ 165 Abs. 1 der Abgabenordnung). Die vom Kläger geltend gemachten Abzugsbeträge für Vorsorgeaufwendungen lagen jeweils über den abziehbaren Höchstbeträgen, wobei das FA in allen Streitjahren die gesetzlichen Höchstbeträge berücksichtigt hatte. Daneben kamen in allen Streitjahren Ausbildungsfreibeträge für auswärtig untergebrachte volljährige Kinder zum Abzug, und zwar für das Jahr 2000 in Höhe von 6.825 DM, für das Jahr 2001 in Höhe von 12.140 DM, für die Jahre 2002 und 2003 in Höhe von 2.772 € und für das Jahr 2004 in Höhe von 1.848 €. Für die Jahre 2000 und 2001 berücksichtigte das FA keine Freibeträge nach § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG), im Jahr 2002 dagegen für drei Kinder, im Jahr 2003 für zwei Kinder und im Jahr 2004 für ein Kind. In den Jahren 2002 bis 2004 wurde die tarifliche Einkommensteuer entsprechend um das Kindergeld erhöht (§ 31 EStG).

3

Die gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2004 allein vom Kläger eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 27. Dezember 2005). Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen von beiden Ehegatten gemeinsam erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 485 veröffentlichten Urteil vom 4. Dezember 2008  3 K 28/06 ab.

4

Mit der Revision rügt der Kläger eine verfassungswidrige Besteuerung, insbesondere eine nicht ausreichende Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums der Familie. Die §§ 31, 32, 32a EStG verstießen gegen das grundgesetzliche Postulat des Schutzes der Familie und des Existenzminimums.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die angegriffenen Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2004 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuerfestsetzungen auf die Beträge herabgesetzt werden, die sich bei Berücksichtigung des jeweils verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums ergeben,
hilfsweise, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

6

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 hat der Senat das Revisionsverfahren des Klägers bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 288/10 gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. November 2009 X R 34/07 (BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414) ausgesetzt. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 13. Juli 2016  2 BvR 288/10, nicht veröffentlicht).

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

Zwar begegnen die Höhe der Grundfreibeträge (dazu 1.), die Regelung des Familienleistungsausgleichs (dazu 2.) einschließlich der Kinder- und Betreuungsfreibeträge (dazu 3. und 4.) in den Streitjahren 2000 bis 2004 keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln; das FG hat auch zu Recht den Abzug des vom Kläger geltend gemachten Schulgeldes (dazu 5.) und eine vollständige Anerkennung der geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen (dazu 6.) abgelehnt. Nach der jüngst geänderten Rechtsprechung des VI. Senats des BFH kommt aber ein Abzug von zusätzlich zu berücksichtigendem Aufwand als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Betracht (dazu 7.); die hierfür erforderlichen Feststellungen hat das FG noch zu treffen (dazu 8.).

10

1. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die in den Streitjahren 2000 bis 2004 für den Kläger und seine Ehefrau gemäß § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 EStG berücksichtigten Grundfreibeträge in Höhe von zusammen 26.998 DM (2000), 28.186 DM (2001), 14.470 € (2002, 2003) und 15.328 € (2004) keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen, da sie dem verfassungsrechtlichen Gebot genügen, existenzsichernden Aufwand von der Einkommensteuer zu verschonen.

11

a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG muss dem Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und --unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)-- desjenigen seiner Familie bedarf (Existenzminimum; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153; BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 115).

12

aa) Die Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums hängt von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf ab. Diesen einzuschätzen ist Aufgabe des Gesetzgebers. Soweit der Gesetzgeber jedoch sozialrechtlich den Mindestbedarf bestimmt hat, den der Staat bei einem mittellosen Bürger im Rahmen sozialstaatlicher Fürsorge durch Staatsleistungen zu decken hat, darf das von der Einkommensteuer zu verschonende Existenzminimum diesen Betrag jedenfalls nicht unterschreiten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153; BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 116, m.w.N.).

13

bb) Das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums fordert nach gefestigter Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, 259 f., m.w.N.), dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freigestellt wird. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist der sich aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz, dass der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen muss, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird. Der existenznotwendige Bedarf bildet von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet darüber hinaus, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss (z.B. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 117, m.w.N.).

14

cc) Die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen müssen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- bemessen werden. Dessen Untergrenze ist durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollen, verbrauchsbezogen ermittelt und auch regelmäßig den veränderten Lebensverhältnissen angepasst werden. Mindestens das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt, muss er dem Einkommensbezieher von dessen Erwerbsbezügen belassen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 118, m.w.N.).

15

dd) Die Maßgröße für das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum ist demnach der im Sozialhilferecht jeweils anerkannte Mindestbedarf. Zur Ermittlung eines Anpassungsbedarfs bei der Festlegung des steuerfreien Existenzminimums legt die Bundesregierung gemäß dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 2. Juni 1995 alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern vor (z.B. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 119, m.w.N.).

16

b) Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der im Streitfall berücksichtigten Grundfreibeträge für die Jahre 2000 und 2001 entnimmt der Senat dem "Dritten Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 2001" vom 4. Januar 2000 (Dritter Existenzminimumbericht; BTDrucks 14/1926). Zwar wäre für das Jahr 2000 der "Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 1999" (BTDrucks 13/9561) heranzuziehen. Berücksichtigt aber der Grundfreibetrag des Streitjahres 2000 das für das Jahr 2001 steuerlich zu verschonende Existenzminimum in ausreichender Höhe, ist angesichts steigender Lebenshaltungskosten auch das Existenzminimum für das Streitjahr 2000 gewahrt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der im Dritten Existenzminimumbericht in Orientierung am Sozialhilfebedarf ermittelten Beträge --welche die Grundlage für die Bemessung des jeweils steuerfrei zu stellenden Existenzminimums bilden-- hat der Kläger nicht geltend gemacht; sie sind auch sonst nicht ersichtlich (dazu aa bis ee und II.1.d).

17

aa) Der Dritte Existenzminimumbericht berechnet unter Ziff. 4.1 für das Jahr 2001 ein durchschnittliches Regelsatzniveau für Ehepaare in Höhe von 11.988 DM (999 DM/Monat). Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Bundesregierung bei der Berechnung des sächlichen Existenzminimums von Ehegatten davon ausgeht, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen erspart werden und deshalb zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (vgl. BVerfG-Urteil vom 9. Februar 2010  1 BvL 1, 3-4/09, BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.b, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 125, m.w.N.). Aus einem Vergleich mit den Beträgen des "Berichts über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2003" vom 4. Dezember 2001 (Vierter Existenzminimumbericht; BTDrucks 14/7765 --neu--) wird zudem ersichtlich, dass das Regelsatzniveau für das Jahr 2001 auf der Grundlage realitätsbezogener Annahmen ermittelt worden ist. Denn hiernach belief sich der durchschnittliche Regelsatz für das Jahr 2001 für Ehepaare auf 6.132 €/Jahr (511 €/Monat; vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1); dies entspricht ca. 11.993 DM/Jahr. Die im Dritten Existenzminimumbericht für das Jahr 2001 prognostizierten Regelsätze lagen damit nur geringfügig unterhalb des im Vierten Existenzminimumbericht für 2001 ermittelten durchschnittlichen Regelsatzniveaus.

18

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, sind für Ehepaare 1.848 DM/Jahr angesetzt (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.2). Das BVerfG hat unter Bezugnahme auf den Vierten Existenzminimumbericht die dort in Ansatz gebrachte einmalige Beihilfe für Alleinstehende und das dergestalt ermittelte Ergebnis --das mit der im Dritten Existenzminimumbericht angewandten Ermittlungsmethode für einmalige Leistungen für Ehepaare und Kinder übereinstimmt-- als nicht evident fehlerhaft bewertet (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.a, und Senatsbeschluss vom 5. August 2011 III B 158/10, BFH/NV 2011, 1870, Rz 10, m.w.N.).

19

cc) Für Kosten der Unterkunft hat die Bundesregierung eine im Existenzminimum zu berücksichtigende Jahreskaltmiete für 2001 in Höhe von 6.528 DM berechnet (9,07 DM/qm/Monat Miete bei einer Wohnfläche bis maximal 60 qm; vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.3).

20

Im Gegensatz zum Sozialrecht, in dem die tatsächlichen Kosten für eine angemessene Unterkunft erstattet werden, können die Kosten für die Unterkunft im Steuerrecht nur pauschal berücksichtigt werden. Grund dafür ist die unterschiedliche Zielsetzung der nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbesteuerung auf der einen und des am Bedürfnisprinzip orientierten Sozialrechts auf der anderen Seite (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 126). Die vergröbernde, die Abwicklung von Massenverfahren erleichternde Typisierung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413, unter C.I.3.b, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 127 f., m.w.N.). Der Senat ist --in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des X. Senats des BFH-- der Auffassung, dass die Berücksichtigung von Aufwand für eine Wohnung mit bis zu 60 qm Wohnfläche und einfacher Ausstattung für die Bemessung des steuerlichen Existenzminimums bei Ehegatten angemessen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 131 f., m.w.N.). Die maßgebliche Quadratmetermiete ist aus der Wohngeldstatistik 1998 abgeleitet und wurde für den Zeitraum 1999 bis 2001 mit einer durchschnittlichen Mietsteigerung von 2 % fortgeschrieben. Aus der Wohngeldstatistik 2001 wird ersichtlich, dass die im Dritten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachte Quadratmetermiete auch auf einer realitätsgerechten Annahme beruht. Denn die durchschnittliche monatliche Bruttokaltmiete für Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 40 qm und 60 qm lag hiernach bei 5,01 €/qm (vgl. "Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2005" --Fünfter Existenzminimumbericht--; BTDrucks 15/2462, unter Ziff. 4.2); dies entspricht einer durchschnittlichen Monatsmiete von ca. 9,80 DM/qm und liegt damit nur geringfügig über der im Dritten Existenzminimumbericht prognostizierten Quadratmetermiete.

21

dd) Der für Ehepaare in Ansatz gebrachte Aufwand für Heizkosten beträgt nach dem Dritten Existenzminimumbericht ca. 1.416 DM/Jahr (118 DM/Monat) und berechnet sich auf Basis der in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1993 ausgewiesenen Kosten für Heizung und Warmwasseraufbereitung (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.4). Die EVS liefert eine realitätsnahe Ermittlungsgrundlage und bildet in statistisch zuverlässiger Weise das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung ab (BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.3.b bb). Der in der EVS 1993 ausgewiesene Gesamtbetrag für Heizung und Warmwasser wurde pauschal um 25 % gemindert, weil die Kosten für die Warmwasseraufbereitung bereits in den Leistungen enthalten seien, die mit den Regelsätzen abgegolten würden (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.4).

22

Für den Senat sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Bemessung der jährlichen Heizkosten der Höhe nach verfassungsrechtlich zu beanstanden sein könnte. Auch das Bundessozialgericht (BSG) und das Schrifttum gehen davon aus, dass die Kosten der Warmwasserbereitung vom Regelsatz umfasst werden (vgl. z.B. BSG-Urteil vom 27. Februar 2008 B 14/11AS 15/07 R, BSGE 100, 94, m.w.N.; Hofmann, in: Lehr- und Praxiskommentar Bundessozialhilfegesetz, 6. Aufl., § 12 Rz 56 ff.; Mergler/Zink, Bundessozialhilfegesetz, § 12 Rz 13 f., 14.3). Ein Vergleich mit den in der "Gesamtausgabe der Energiedaten – Datensammlung" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) dargestellten Energiedaten zeigt zudem, dass die im Dritten Existenzminimumbericht angesetzten Heizkosten ausreichend sind. Denn hiernach beliefen sich die Ausgaben privater Haushalte im Jahr 2001 für Wärme pro qm Wohnfläche auf 9,85 € (Quelle: www.bmwi.de); bei einer Wohnfläche von 60 qm somit auf rund 1.156 DM/Jahr. Die im Dritten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachten Heizkosten liegen auch über den vom X. Senat aus dem Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes und dem bundesweiten Heizkostenspiegel abgeleiteten durchschnittlichen Heizkosten für das Jahr 2005 (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 135, m.w.N.).

23

ee) Die Bundesregierung hat somit im Dritten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes Existenzminimum für Ehepaare in Höhe von 21.780 DM ermittelt (Regelsatz: 11.988 DM; einmalige Leistungen: 1.848 DM; Miete: 6.528 DM; Heizungskosten: 1.416 DM). Der einkommensteuerliche Grundfreibetrag im Fall der Zusammenveranlagung betrug im Streitjahr 2000  26.998 DM und im Streitjahr 2001  28.186 DM, und überstieg somit das von der Bundesregierung ermittelte steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum um 5.218 DM (2000) und 6.406 DM (2001).

24

c) Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der im Streitfall berücksichtigten Grundfreibeträge für die Jahre 2002 bis 2004 entnimmt der Senat dem Vierten Existenzminimumbericht für das Jahr 2003. Zwar wäre für das Jahr 2002 der Dritte Existenzminimumbericht für das Jahr 2001 heranzuziehen. Die Grundfreibeträge der Streitjahre 2002 und 2003 stimmen der Höhe nach aber überein (14.470 €); berücksichtigen diese somit das für das Jahr 2003 steuerlich zu verschonende Existenzminimum in ausreichender Höhe, ist auch das Existenzminimum für das Streitjahr 2002 gewahrt. Da der Existenzminimumbericht nur alle zwei Jahre vorzulegen ist, berücksichtigt der Vierte Existenzminimumbericht zudem prognostiziert --auch wenn er dies nicht ausdrücklich benennt-- die Freibeträge für das Jahr 2004 (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. November 2012 X B 48/11, BFH/NV 2013, 532, Rz 15, betreffend Fünfter Existenzminimumbericht). Der Kläger hat auch gegen die Höhe der im Vierten Existenzminimumbericht ermittelten Beträge keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend gemacht; solche sind auch sonst nicht ersichtlich (dazu aa bis ee und II.1.d).

25

aa) Die Bundesregierung hat für das Jahr 2003 einen durchschnittlichen Regelsatz für Ehepaare in Höhe von 6.420 €/Jahr (535 €/Monat) ermittelt (Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1). Ein Vergleich dieses Regelsatzniveaus mit den für das Jahr 2005 gemäß § 20 Abs. 2 und Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch i.d.F. vom 24. Dezember 2003 (SGB II a.F.) geltenden Regelleistungen für Ehepaare zeigt, dass die im Vierten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachten Regelleistungen auf einer realitätsbezogenen Annahme beruhen. Zwar belief sich der Regelsatz für Ehepaare hiernach für das Jahr 2005 auf gerundet 7.464 €/Jahr. Dieser deckte aber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den einmaligen Bedarf bereits mit ab (BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.1.c). Die Regelsätze für Alleinstehende und erwachsene Partner einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II a.F. waren nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums der Höhe nach auch nicht evident unzureichend (BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.).

26

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, werden für Ehepaare 1.008 €/Jahr in Ansatz gebracht (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.2). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b bb.

27

cc) Für die im Existenzminimum zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft hat die Bundesregierung eine Jahreskaltmiete in Höhe von 3.516 € berechnet (4,88 €/qm/Monat Miete bei einer Wohnfläche bis 60 qm; vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.3). Dieser aus der Wohngeldstatistik 1999 abgeleitete und fortgeschriebene Wert liegt nur geringfügig unterhalb der in der Wohngeldstatistik 2004 für eine Wohnung ab 60 qm Wohnfläche ausgewiesenen Quadratmetermiete, die hiernach gerundet 3.809 €/Jahr betrug (5,29 €/qm/Monat Miete; vgl. "Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2008" --Sechster Existenzminimumbericht--, BTDrucks 16/3265, unter Ziff. 4.2). Auch insoweit verweist der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b cc.

28

dd) Nach dem Vierten Existenzminimumbericht beträgt der für Ehepaare zu berücksichtigende Aufwand für Heizkosten 696 €/Jahr (58 €/Monat), wobei sich die Heizkosten auf Basis der EVS 1998 berechnen (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.4). Zwar wurde auch bei den in der EVS 1998 ausgewiesenen Aufwendungen für Heizung und Warmwasser eine Pauschale von 25 % in Abzug gebracht. Für den Senat sind aber auch hier keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Bemessung der jährlichen Heizkosten der Höhe nach verfassungsrechtlich zu beanstanden sein könnte. Denn die von der Bundesregierung im Vierten Existenzminimumbericht zugrunde gelegten Heizkosten liegen wiederum deutlich über den vom BMWi in der "Gesamtausgabe der Energiedaten - Datensammlung" ausgewiesenen Ausgaben privater Haushalte für Wärme pro qm Wohnfläche. Diese beliefen sich im Jahr 2003 auf 9,19 €/qm (Quelle: www.bmwi.de), bei einer Wohnfläche von 60 qm somit auf ca. 551 €/Jahr. Auch die im Vierten Existenzminimumbericht für das Jahr 2003 ermittelten Heizkosten liegen wiederum über den vom X. Senat für das Jahr 2005 abgeleiteten durchschnittlichen Heizkosten, wie schon unter II.1.b dd ausgeführt.

29

ee) Die Bundesregierung hat somit im Vierten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes Existenzminimum für Ehepaare in Höhe von 11.640 € ermittelt (Regelsatz: 6.420 €; einmalige Leistungen: 1.008 €; Kosten der Unterkunft: 3.516 €; Heizkosten: 696 €). Die einkommensteuerlichen Grundfreibeträge im Fall der Zusammenveranlagung betrugen für die Streitjahre 2002 und 2003 jeweils 14.470 € und für das Streitjahr 2004  15.328 €, und überstiegen somit die steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminima um 2.830 € (2002, 2003) und 3.688 € (2004).

30

d) Angesichts der vorstehenden Gründe genügen die Grundfreibeträge für zusammenveranlagte Steuerpflichtige in den Streitjahren 2000 bis 2004 der Höhe nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Denn sie liegen in sämtlichen Streitjahren über dem von der Bundesregierung jeweils ermittelten steuerlich zu verschonenden Existenzminimum (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags 2005 BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 110 ff.; BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 532, Rz 15, m.w.N.).

31

aa) Die Berechnungen des Klägers beruhen dagegen schon im Ansatz auf einer unzutreffenden rechtlichen Annahme, wenn er das von ihm für seine Familie ermittelte Existenzminimum vorweg von der Summe seiner Einkünfte abzieht. Denn der Gesetzgeber hat den Grundfreibetrag, der die Freistellung des Existenzminimums bezweckt, nicht als sachliche Steuerbefreiung sondern als Teil der Tarifvorschriften ausgestaltet (vgl. Senatsurteil vom 9. August 2001 III R 50/00, BFHE 196, 185, BStBl II 2001, 778, unter II.1.). Zwar bildet der existenznotwendige Bedarf von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Anders als der Kläger meint, bedeutet dies aber nicht, dass jeder Steuerpflichtige vorweg in Höhe eines nach dem Existenzminimum bemessenen Freibetrags verschont werden muss. Denn in welcher Weise der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Verschonung des Existenzminimums Rechnung trägt, ist ihm überlassen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, unter C.I.2., und Senatsurteil in BFHE 196, 185, BStBl II 2001, 778, unter II.2.b).

32

bb) Auch soweit der Kläger bei der Ermittlung des sächlichen Existenzminimums eine Pauschale für Krankenversicherungskosten in Ansatz bringt, beruhen seine Berechnungen auf einer unzutreffenden rechtlichen Annahme. Zwar können auch Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die Kranken- und Pflegeversorgung, insbesondere entsprechende Versicherungsbeiträge, Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein (vgl. BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, unter D.II.1., und BFH-Urteil vom 16. Februar 2011 X R 10/10, BFH/NV 2011, 977, Rz 24). Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers werden die Beiträge zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall in den Streitjahren aber über den Sonderausgabenabzug in § 10 EStG berücksichtigt; das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.III.1.).

33

cc) Der Kläger hat schließlich auch keinen (verfassungsrechtlichen) Anspruch auf eine gemeinsame Besteuerung mit seiner Ehefrau und seinen Kindern als Gesamtfamilie; denn die Verfassung gebietet nicht die Einführung eines dahingehenden Familienrealsplittings (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VI R 114/96, BFHE 183, 549, BStBl II 1997, 697, unter 4., und Senatsbeschluss vom 28. Februar 2012 III B 115/10, BFH/NV 2012, 942, Rz 5 ff., m.w.N.).

34

2. Auch § 31 EStG in den für die jeweiligen Streitjahre geltenden Fassungen verstößt --entgegen der Auffassung des Klägers-- weder gegen das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums (Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies hat das BVerfG für § 31 EStG in der für die Streitjahre 2000 bis 2003 maßgeblichen Fassung und der BFH für § 31 EStG in der für das Streitjahr 2004 maßgeblichen Fassung bereits entschieden. Gründe, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen, hat der Kläger nicht vorgebracht; solche sind auch nicht ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die BVerfG-Beschlüsse vom 6. Mai 2004  2 BvR 1375/03 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2004, 692), zu § 31 Satz 4 EStG, und vom 13. Oktober 2009  2 BvL 3/05 (BVerfGE 124, 282), zu § 31 Satz 5 EStG i.V.m. § 32 Abs. 6 EStG, sowie die BFH-Urteile vom 13. September 2012 V R 59/10 (BFHE 239, 59, BStBl II 2013, 228, Rz 18 ff., m.w.N.), und vom 20. Dezember 2012 III R 29/12 (BFH/NV 2013, 723, Rz 16 ff., m.w.N.), jeweils zu § 31 Satz 4 EStG.

35

3. Dem FG ist auch darin zu folgen, dass die in den Streitjahren 2000 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 EStG vorgesehenen Freibeträge für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) in Höhe von 6.912 DM (2000, 2001) und 3.648 € (2002, 2003, 2004) keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen, da auch sie dem verfassungsrechtlichen Gebot genügen, existenzsichernden Aufwand von der Einkommensteuer zu verschonen.

36

a) Im Hinblick auf das Kinderexistenzminimum gesteht das BVerfG dem Gesetzgeber einerseits zu, die steuerliche Entlastung für alle Altersstufen und im ganzen Bundesgebiet einheitlich festzulegen, erkennt andererseits aber, dass die Leistungen der Sozialhilfe weder für alle in Betracht kommenden Altersstufen der Kinder noch in allen Bundesländern einheitlich sind. Daraus folgert es, dass für den Vergleich aus den unterschiedlichen Sätzen ein Durchschnittssatz des im Sozialhilferecht anerkannten Bedarfs gebildet werden muss (vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 2014 III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032, Rz 20, m.w.N.).

37

b) Der für zusammenveranlagte Steuerpflichtige in den Streitjahren 2000 und 2001 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG jeweils zu gewährende Kinderfreibetrag betrug für jedes zu berücksichtigende Kind 6.912 DM. Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der Kinderfreibeträge für die Jahre 2000 und 2001 entnimmt der Senat wiederum dem Dritten Existenzminimumbericht für das Jahr 2001 und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit (sinngemäß) auf die Ausführungen unter II.1.b Bezug. Anders als der Kläger meint, bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der im Dritten Existenzminimumbericht ermittelten Beträge zur Bemessung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Kindern (dazu aa bis ee und II.3.d).

38

aa) Für das Jahr 2001 hat die Bundesregierung einen durchschnittlichen Regelsatz für ein Kind in Höhe von 4.308 DM/Jahr (359 DM/Monat) berechnet (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.1, 4.1). Das entspricht ca. 64,72 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes. Dieser Anteil wurde als gewichteter Durchschnitt der nach Alter gestaffelten Regelsätze für minderjährige Kinder errechnet (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1). Das ist methodisch nicht zu beanstanden (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1032, Rz 23, m.w.N.). Ein Vergleich mit den Werten des Vierten Existenzminimumberichts zeigt, dass der im Dritten Existenzminimumbericht geschätzte Betrag auch auf einer realitätsgerechten Annahme beruht. Denn hiernach belief sich der durchschnittliche Regelsatz für 2001 für ein Kind auf ca. 2.206 €/Jahr (64,72 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes); dies entspricht gerundet 4.314 DM/Jahr (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1, 5.1.1).

39

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, sind für Kinder 20 % des Regelsatzes berücksichtigt, mithin 864 DM/Jahr (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.2, 4.2). Im Übrigen nimmt der Senat auf die Ausführungen unter II.1.b bb Bezug.

40

cc) Bei den Kosten der Unterkunft hat die Bundesregierung für ein Kind eine Wohnfläche von 12 qm ermittelt und eine Jahreskaltmiete in Höhe von 1.308 DM berechnet (9,07 DM/qm/Monat; vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.3).

41

Die Kriterien für die Ermittlung des sozialrechtlichen Mindestbedarfs hat das BVerfG dahingehend präzisiert, dass der Wohnbedarf des Kindes nicht nach der Pro-Kopf-Methode, sondern nach dem Mehrbedarf zu ermitteln ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174, unter C.I.5.a, und Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1032, Rz 20). Die Berücksichtigung einer Wohnfläche von 12 qm für ein Kind ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; die Bundesregierung hat den statistisch ermittelten individuellen Wohnflächenbedarf von Kindern aus einer Sondererhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 1988 abgeleitet (vgl. auch Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 1870, Rz 15). Aus einem Vergleich mit den Werten der Wohngeldstatistik 2001 folgt zudem, dass die in Ansatz gebrachte Quadratmetermiete auf einer realitätsgerechten Annahme beruht; insoweit wird auf die Ausführungen unter II.1.b cc verwiesen.

42

dd) Im Dritten Existenzminimumbericht sind für Kinder Heizkosten in Höhe von 288 DM/Jahr berücksichtigt. Die zugrunde gelegten Heizkosten wurden entsprechend dem Verhältnis der Heizkosten eines kinderlosen Ehepaares zur Kaltmiete ermittelt, da die EVS 1993 keine Heizkosten für Familien mit minderjährigen Kindern erfasst. Diese Ermittlungsmethode begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der hiernach berechnete Anteil beträgt demnach ca. 22 % (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.4). Auch insoweit verweist der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b dd.

43

ee) Die Bundesregierung hat somit im Dritten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes sächliches Existenzminimum für ein Kind in Höhe von 6.768 DM ermittelt (Regelsatz: 4.308 DM; einmalige Leistungen: 864 DM; Miete: 1.308 DM; Heizungskosten: 288 DM). Der einkommensteuerliche Kinderfreibetrag betrug für die Streitjahre 2000 und 2001 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG jeweils 6.912 DM, und überstieg somit das steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum um jeweils 144 DM.

44

c) Der für zusammenveranlagte Steuerpflichtige in den Streitjahren 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG jeweils zu gewährende Kinderfreibetrag betrug für jedes zu berücksichtigende Kind 3.648 €. Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der Kinderfreibeträge für die Jahre 2002 bis 2004 entnimmt der Senat wiederum dem Vierten Existenzminimumbericht für das Jahr 2003 (dazu oben unter II.1.c). Auch hier bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der im Vierten Existenzminimumbericht ermittelten Beträge zur Bemessung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Kindern (dazu aa bis ee und II.3.d).

45

aa) Die Bundesregierung hat für das Jahr 2003 --in Übereinstimmung mit der im Dritten Existenzminimumbericht angewandten Berechnungsmethode-- einen durchschnittlichen Regelsatz für ein Kind in Höhe von 2.316 €/Jahr (193 €/Monat) ermittelt (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.1, 4.1). Ein Vergleich mit den für das Jahr 2005 gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II a.F. geltenden Regelleistungen von 207 €/Monat für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres und 276 €/Monat für Kinder ab dem 15. Lebensjahr zeigt, dass die im Vierten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachten Beträge auf realitätsbezogenen Annahmen beruhen. Zwar würde sich ein nach Lebensjahren gewichteter Durchschnittsregelsatz für Kinder hiernach für das Jahr 2005 auf 2.668 €/Jahr belaufen; dieser deckte aber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zudem den einmaligen Bedarf mit ab (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.1.c). Das BVerfG hat den Regelsatz von 207 €/Monat für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres auch nicht als evident unzureichend zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums erkannt (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.). Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung des Regelsatzniveaus für Kinder ab dem 15. Lebensjahr (276 €/Monat) sind nicht erkennbar.

46

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, sind für Kinder wiederum 20 % des Regelsatzes in Ansatz gebracht, mithin 468 €/Jahr (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.2, 4.2). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b bb Bezug.

47

cc) Bei den Kosten der Unterkunft für ein Kind ist im Vierten Existenzminimumbericht eine Jahreskaltmiete in Höhe von 708 € für 12 qm Wohnfläche berücksichtigt (4,88 €/qm/Monat; vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.3). Aus einem Vergleich mit den Werten der Wohngeldstatistik 2004 wird ersichtlich, dass dieser Betrag auch auf einer realitätsbezogenen Annahme beruht (dazu oben unter II.1.c cc und II.3.b cc).

48

dd) Im Vierten Existenzminimumbericht sind für Kinder Heizkosten in Höhe von 144 €/Jahr angesetzt. Die zugrunde gelegten Heizkosten wurden wiederum entsprechend dem Verhältnis der Heizkosten eines kinderlosen Ehepaares zur Kaltmiete berechnet, da auch die EVS 1998 Heizkosten nicht kindbezogen erfasst. Der Anteil beträgt hiernach ca. 20 % (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.4). Im Übrigen verweist der Senat auf die Ausführungen unter II.1.c dd und II.3.b dd.

49

ee) Die Bundesregierung hat somit im Vierten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes sächliches Existenzminimum für ein Kind in Höhe von 3.636 € ermittelt (Regelsatz: 2.316 €; einmalige Leistungen: 468 €; Kosten der Unterkunft: 708 €; Heizkosten: 144 €). Der einkommensteuerliche Kinderfreibetrag betrug für die Streitjahre 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG jeweils 3.648 €. Er überstieg damit die steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminima um jeweils 12 €.

50

d) Angesichts der vorstehenden Gründe genügen auch die Kinderfreibeträge in den Streitjahren 2000 bis 2004 der Höhe nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen, da sie in allen Streitjahren über den von der Bundesregierung jeweils ermittelten steuerlich zu verschonenden Existenzminima liegen.

51

aa) Anders als der Kläger meint, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, das durch den Kinderfreibetrag steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum für volljährige, außerhalb des Familienwohnsitzes studierende Kinder in Anlehnung an die in den Streitjahren jeweils gültigen Höchstsätze nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) zu bestimmen. Denn auch das BVerfG differenziert hinsichtlich der Höhe des Kinderfreibetrags nicht danach, ob das Kind das 18. Lebensjahr überschritten hat, sondern legt insoweit den nach dem Bedarf für Kinder unter 18 Jahren ermittelten Kinderfreibetrag zugrunde (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 1870, Rz 16, m.w.N.). Die umfangreichen Berechnungen des Klägers lassen insoweit zudem unberücksichtigt, dass der Sonderbedarf der sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kinder, durch den Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 EStG) (mit-)abgedeckt wird. Hiernach können Eltern für die Jahre 2000 und 2001 maximal 4.200 DM und für die Jahre 2002 bis 2004 maximal 924 € je Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Die Beschränkung des Abzugs der Höhe nach ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG-Beschluss vom 12. Januar 2006  2 BvR 660/05, BFH/NV 2006, Beilage 3, 362, unter II.; BFH-Urteile vom 17. Dezember 2009 VI R 63/08, BFHE 227, 487, BStBl II 2010, 341, Rz 18, und vom 25. November 2010 III R 111/07, BFHE 231, 567, BStBl II 2011, 281, Rz 9 ff.).

52

bb) Auch die vom Kläger vorgebrachte besondere Lebenssituation seiner Familie aufgrund einer Holzschutzmittelvergiftung ist nicht über den Kinderfreibetrag auszugleichen. Eine individuelle Bemessung des Entlastungsbetrages nach den Umständen des Einzelfalles scheidet schon deshalb aus, weil dadurch das Besteuerungsverfahren unverhältnismäßig erschwert würde (vgl. BVerfG-Beschluss vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 26/84, 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.III.3.d). Es ist zudem das Ziel des § 33 EStG --worauf auch das FG zutreffend hinweist-- zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. März 2012 VI R 47/10, BFHE 237, 85, BStBl II 2012, 570, Rz 9).

53

4. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass der für die Streitjahre 2000 und 2001 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG vorgesehene Betreuungsfreibetrag dem Grunde nach und der für die Streitjahre 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG vorgesehene Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes (BEA-Freibetrag) in Höhe von 2.160 € den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt.

54

a) Gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 Alternative 2 EStG in der für die Streitjahre 2000 und 2001 geltenden Fassung, wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein Betreuungsfreibetrag vom Einkommen abgezogen. Da die Kinder des Klägers in den Streitjahren bereits das 16. Lebensjahr vollendet hatten, kam ein Abzug des Betreuungsfreibetrags bereits dem Grunde nach nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH steht die Altersgrenze von 16 Jahren mit dem GG im Einklang (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2004 VIII R 18/04, BFHE 207, 256, BStBl II 2008, 366, unter II.). Dem schließt sich der Senat an.

55

b) Der Senat zweifelt auch nicht daran, dass der für die Streitjahre 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 Alternative 2 i.V.m. Satz 2 EStG bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten zu gewährende BEA-Freibetrag in Höhe von 2.160 € den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Der VI. Senat des BFH hat für das Jahr 2004 insoweit bereits entschieden, dass die bei den Eltern entstehende Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit durch ein Kind in Ausbildung in genügender Höhe berücksichtigt ist, da sich der Gesetzgeber bei der Quantifizierung des einheitlichen BEA-Freibetrags an der Höhe des bisherigen höchstmöglichen Ausbildungsfreibetrags orientiert hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 487, BStBl II 2010, 341, Rz 16, m.w.N.). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen zudem auf die Gründe des Senatsurteils in BFHE 231, 567, BStBl II 2011, 281 Bezug genommen.

56

5. Das FG hat auch zu Recht den Abzug des vom Kläger geltend gemachten Schulgeldes abgelehnt, da dieses nicht für den Besuch einer Schule i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG entrichtet worden ist.

57

6. Soweit sich das Begehren des Klägers auf die vollständige Anerkennung der geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen bezieht, sind jedenfalls auch die verfassungsrechtlichen Fragen zur begrenzten Abzugsfähigkeit der Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG durch den BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125 geklärt. Danach hat der Gesetzgeber für eine Neuregelung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 zu sorgen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben § 10 Abs. 3 EStG sowie sämtliche Nachfolgeregelungen weiter anwendbar (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvR 1220/04, 410/05, BVerfGE 120, 169, unter B.II.; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282, Rz 113).

58

7. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 (BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684, Rz 15 ff.) ist § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG so zu verstehen, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den jeweiligen im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils in BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684, Rz 15 ff. Bezug. Die bislang vom FA berücksichtigte zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist demnach für die Streitjahre 2000 bis 2004 entsprechend dem Urteil des VI. Senats in BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684 stufenweise zu ermitteln.

59

8. Das FG konnte die Grundsätze dieser geänderten Rechtsprechung in seinem angefochtenen Urteil noch nicht berücksichtigen; die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif, da das FG die erforderlichen Feststellungen für die Beurteilung der zumutbaren Belastung für die Streitjahre 2000 bis 2004 nicht getroffen hat. Die Sache war daher zurückzuverweisen. Das FG wird die hierfür erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat --ohne Bindungswirkung-- darauf hin, dass insbesondere mit Blick auf das Streitjahr 2001 bereits dem Grunde nach kein Abzug eines außergewöhnlichen Aufwands vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorgenommen worden sein dürfte, so dass der vom Kläger geltend gemachte Aufwand auch dem Grunde nach zu überprüfen sein dürfte.

60

9. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Höhe des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Steuerfreistellung des Existenzminimums genügt.

2

Die Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) sind Eheleute, die im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie leben mit ihrer minderjährigen Tochter in Berlin. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigte der Beschwerdegegner und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) die genannten Freibeträge in gesetzlicher Höhe. Über den Einspruch, mit dem die Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Grundlagen geltend gemacht wird, hat das FA noch nicht entschieden. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) blieben beim FA wie beim Finanzgericht (FG) erfolglos.

3

Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde machen die Antragsteller geltend, das FG habe unreflektiert die Zahlen des Siebten Existenzminimumberichts vom 21. November 2008 (BTDrucks 16/11065) übernommen, ohne den Mindestbedarf unter unmittelbarem Rückgriff auf die sozialrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln. Auszugehen sei von den Leistungen zur Grundsicherung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und nicht von den Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Danach sei gemäß § 20 SGB II von einem monatlichen Regelbedarf in Höhe von 364 € auszugehen, zzgl. Kosten für die Unterkunft in Höhe von mindestens 378 €. Hieraus ergebe sich ein jährlicher sozialhilferechtlicher Anspruch in Höhe von 8.904 €. Wenn Einzel- und Mehrbedarfe in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit einem Aufschlag von 25 % auf die Regelleistung berücksichtigt würden, folge daraus ein jährlicher Mindestbedarf in Höhe von 11.130 €, der deutlich über dem steuerlichen Grundfreibetrag liege. Ferner sei im Hinblick auf ihre minderjährige Tochter zu beanstanden, dass der im Existenzminimumbericht angesetzte Bedarf für Kinder außerhalb jeglicher Realität liege. Mit dem Freibetrag in Höhe von 7.008 € (einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung) könne eine Minderung der Steuerzahllast bis maximal 2.943,36 € erreicht werden oder es werde im Jahr ein Kindergeld von 2.208 € gewährt. Es könne niemand ernsthaft behaupten, dass ein Kind mit Beträgen dieser Größenordnung seinen existenznotwendigen Lebensunterhalt decken könne.

4

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des FG die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids vom 10. Dezember 2012 in Höhe von 1.756,15 € auszusetzen.

5

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den Antrag auf AdV zu Recht abgelehnt.

7

1. a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind u.a. dann zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Dies gilt auch für ernstliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm. An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Fall der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (BFH-Beschluss vom 26. August 2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826, m.w.N.).

8

b) Beruhen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift, dann setzt die Gewährung der AdV nach langjähriger Rechtsprechung des BFH wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes voraus (BFH-Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung von AdV sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Diese Rechtsprechung ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes vereinbar (BVerfG-Beschlüsse vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 283, und vom 3. April 1992  2 BvR 283/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 726).

9

2. Die Voraussetzungen für eine AdV lagen danach im Streitfall nicht vor. Es kann dahinstehen, ob ein (besonderes) berechtigtes Interesse der Antragsteller an der Gewährung von AdV besteht. Denn der Senat hat im Hinblick auf den im Streitjahr geltenden Grund- und Kinderfreibetrag keine ernstlichen Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit.

10

a) Grundfreibetrag
Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (Beschlüsse vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413; vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, m.w.N.) ist dem Steuerpflichtigen das Existenzminimum zu belassen. Die Höhe dieses Existenzminimums, welches unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) für eine Familie zu betrachten ist, orientiert sich dabei am Mindestbedarf, wie ihn das Sozialrecht in Form der Sozialhilfeleistungen konkretisiert (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der Höhe des steuerlichen Grundfreibetrags ist dieser dem Mindestbedarf gegenüberzustellen.

11

aa) Für zusammenveranlagte Steuerpflichtige betrug der Grundfreibetrag gemäß § 32a Abs. 1 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 16.008 €.

12

bb) Was die Höhe des für 2011 anzusetzenden Mindestbedarfs angeht, entnimmt der Senat die maßgeblichen Daten dem Siebten und ergänzend auch dem Achten Existenzminimumbericht der Bundesregierung (BTDrucks 16/11065 und 17/5550). Zwar wird der nur alle zwei Jahre vorzulegende Bericht (Beschluss des Deutschen Bundestags vom 31. Mai 1995, BTDrucks 13/1558) für ein bestimmtes Jahr und für das Folgejahr --in prognostischer Art und Weise-- aufgestellt, so dass eigentlich ausschließlich der für das Jahr 2010 erstellte Siebte Existenzminimumbericht heranzuziehen wäre. Jedoch berücksichtigt der Achte Bericht die in Folge der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (sog. "Hartz IV"-Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010  1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175) erfolgte Neuermittlung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2011. Bei der gesetzlichen Festlegung des "neuen" Regelbedarfs (§ 20 SGB II; Anlage zu § 28 SGB XII) wurden die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet (Urteile des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 12. Juli 2012 B 14 AS 153/11 R, BSGE 111, 211; B 14 AS 189/11 R, juris; vom 28. März 2013 B 4 AS 12/12 R, Sozialrecht --SozR-- 4-4200 § 20 Nr. 18). Mit dem --auch von den Antragstellern wiederholt zitierten-- Vorlagebeschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin, in dem die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des "neuen" Regelbedarfs geäußert wird (Beschluss des SG Berlin vom 25. April 2012 S 55 AS 9238/12, juris), hat sich das BSG in den Gründen seiner Entscheidung(en) auseinandergesetzt. Das BSG hat die Argumentation des SG Berlin nicht geteilt. Verfassungsbeschwerden, die gegen die Entscheidungen des 14. Senats des BSG eingelegt wurden, hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschlüsse vom 20. November 2012  1 BvR 2203/12; vom 27. Dezember 2012  1 BvR 2471/12; vgl. Behrend in jurisPK-SGB II, § 20 Rz 109.9). Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG an und legt seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Achten Existenzminimumbericht die "neuen" Regelbedarfssätze zugrunde.

13

(1) Nach den Existenzminimumberichten setzt sich der Sozialhilfebedarf aus drei Positionen zusammen (Regelsatz, Kosten der Unterkunft, Heizkosten). Zu unterscheiden sind drei Personengruppen (Alleinstehende, Ehepaare, Kinder). Da die Antragsteller verheiratet sind, können entgegen ihren Berechnungen in der Beschwerdeschrift nicht die Daten für Alleinstehende herangezogen und einfach verdoppelt werden. Denn bei Ehepaaren ist im Hinblick auf den Regelbedarf --die Existenzminimumberichte sprechen nicht vom Regelbedarf, sondern vom Regelsatz-- eine Haushaltsersparnis zu berücksichtigen, die sich auf dessen Höhe auswirkt (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414; BSG-Urteil in SozR 4-4200 § 20 Nr. 18, Rz 25 der Gründe). Auch was die Unterkunfts- und Heizungskosten angeht, sind ausschließlich die für Ehepaare geltenden Daten (angemessene Wohnungsgröße u.ä.) anzusetzen.

14

(2) Beim Regelsatz ist bei Ehepaaren von einem Betrag in Höhe von 656 €/Monat, also jährlich von 7.872 € auszugehen (Achter Existenzminimumbericht unter Ziffer 4.1.1; 2 x 328 € gemäß § 20 Abs. 4 SGB II und Regelbedarfsstufe 2 gemäß Anlage A zu § 28 SGB XII, jeweils in der im Streitjahr geltenden Fassung). Das sog. sozio-kulturelle Existenzminimum wurde bei der Berechnung des "neuen" Regelsatzes bereits erfasst (vgl. Behrend in jurisPK-SGB II, § 20 Rz 43 f.).

15

(3) Bei den Kosten der Unterkunft geht der Senat auf der Grundlage der im Siebten und Achten Bericht angegebenen Daten von einem Jahresbetrag in Höhe von 4.272 € aus (die Multiplikation der durchschnittlichen monatlichen Bruttokaltmiete pro qm in Höhe von 5,93 € mit der angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm ergibt einen Monatsbetrag von 356 €). Der X. Senat des BFH hat bei den Wohnkosten die im Fünften Existenzminimumbericht (BTDrucks 15/2462) niedergelegte Bedarfsermittlung für das Jahr 2005 ausführlich überprüft und ausdrücklich gebilligt (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Er kann der Beschwerdebegründung keine Argumente entnehmen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Auf die dort aufgeworfene Frage, ob für einen Alleinstehenden eine Wohnungsgröße von 30 qm, so die Existenzminimumberichte, oder von 50 qm angemessen ist, so die Beschwerdebegründung, kommt es für den Streitfall nicht an, da die Antragsteller zusammen leben. Für Ehepaare hat der BFH in Übereinstimmung mit dem Bericht eine Wohnungsgröße von 60 qm als angemessen erachtet (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Die von den Antragstellern herangezogene --allerdings erst am 3. April 2012 erlassene (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin 2012, 99)-- Wohnaufwendungenverordnung (WAV) Berlin weist in ihrer Anlage 1 für einen Zweipersonenhaushalt ebenfalls eine 60 qm-Wohnung als angemessen aus (vgl. auch Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rz 69). Auch gegen die Herleitung der Durchschnittsmieten aus der Wohngeldstatistik hat der BFH keine Einwendungen erhoben (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Soweit die Antragsteller auch diesbezüglich auf die WAV Berlin verweisen, ist zum einen anzumerken, dass das BVerfG eine Regionalisierung des Grundfreibetrags im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft nicht gefordert hat. Vielmehr hat es darauf abgestellt, dass angesichts des erheblichen Preisgefälles Preisunterschiede durch das Wohngeld ausgeglichen werden können (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Zum anderen weist die WAV Berlin für Zwei-Personen-Haushalte nur geringfügig höhere Bruttokaltmieten aus als der Existenzminimumbericht. Soweit in der Literatur teilweise die Notwendigkeit gesehen wird, die Ballungsraumproblematik bei den Kosten der Unterbringung im Rahmen der Bemessung des Grundfreibetrags zu berücksichtigen (z.B. Dziadkowski, Finanz-Rundschau 2008, 124), können die Antragsteller hieraus keinen Vorteil für sich ableiten. Denn das Mietniveau in Berlin bleibt deutlich hinter vergleichbaren Großstädten wie München oder Hamburg zurück (vgl. www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/download: Dokument "Ausstellung Berliner Mietspiegel 2011").

16

(4) Die dem Existenzminimumbericht zugrunde liegende Berechnung der Heizkosten auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Für das Jahr 2011 ist danach für Ehepaare von einem Jahresbetrag von 835 € auszugehen (vgl. Achter Existenzminimumbericht, Ziffer 4.1.3). Dass dieser Betrag ausreichend ist, bestätigt der Blick in andere öffentlich verfügbare Quellen, wie z.B. den durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten bundesweiten Heizkostenspiegel. Danach kostete das Beheizen einer 70-qm-Wohnung im Abrechnungsjahr 2011 mit Heizöl durchschnittlich 890 €, mit Erdgas 715 € und mit Fernwärme 785 € (Quelle: www.heizspiegel.de).

17

cc) Damit beträgt der Mindestbedarf von Ehepaaren 12.979 €. Zwischen dieser Summe und dem steuerlichen Freibetrag in Höhe von 16.008 € besteht eine Differenz von 3.029 €. Der Senat vermag bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu erkennen, durch welche zusätzlichen Bedarfspositionen dieser "Puffer" aufgezehrt werden könnte. Für den von den Antragstellern befürworteten pauschalen 25 %-igen Zuschlag auf den Regelsatz zur Abgeltung von einmaligen Hilfen und Mehrbedarfen --dies entspricht einem Betrag von 1.968 €-- ist kein Raum. Der Rechtsprechung des BVerfG lässt sich nicht entnehmen, dass dieser Bedarf überhaupt und auf diese Weise berücksichtigt werden müsste. Die maßgeblichen Entscheidungen des BVerfG sind zur Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ergangen. Das Verfassungsgericht hat die folgenden im BSHG vorgesehenen Leistungen als Maßgröße für das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum herangezogen: Regelsatz; Leistungen für Unterkunft und die Heizung; einmalige Hilfen, die einen zusätzlichen Grundbedarf berücksichtigen, der durch die laufenden Leistungen nicht gedeckt ist; Mehrbedarf für Erwerbstätige (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Danach sind Mehrbedarfe, die das BSHG beispielsweise für Schwangere, Alleinerziehende oder Behinderte anerkannte (§ 23 BSHG i.d.F. vom 20. Januar 1987; vgl. jetzt auch § 21 SGB II und § 30 SGB XII), nicht Teil des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs, der allgemein durch Hilfen zum notwendigen Lebensunterhalt an jeden Bedürftigen befriedigt wird. Die im Zuge der sog. Hartz-Reformen erfolgten Änderungen im Sozialrecht haben dazu geführt, dass einmalige Beihilfen zum Lebensunterhalt, von wenigen Ausnahmen (§ 24 Abs. 3 SGB II, § 31 Abs. 1 SGB XII) abgesehen, nicht mehr gewährt werden (Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 20 SGB II Rz 12 und 26). Dem Wegfall der vom BSHG noch zahlreich vorgesehenen einmaligen Beihilfen (z.B. zur Anschaffung von Kleidung oder Gebrauchsgütern längerer Nutzungsdauer) wurde durch eine Erhöhung der Regelleistung und neu eingeführte Sonderbedarfstatbestände (vgl. z.B. § 24 Abs. 3 SGB II) Rechnung getragen (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, m.w.N.). Das SGB II und das SGB XII sehen im Unterschied zu § 23 Abs. 4 Nr. 1 BSHG (in der zum 1. Januar 1987 geltenden Fassung) auch keinen Mehrbedarf für Erwerbstätige mehr vor. Es erscheint daher naheliegend, dass dieser Bedarf bei der Ermittlung des Mindestbedarfs auch nicht mehr zu berücksichtigen ist (a.A. wohl Sartorius, Das Existenzminimum im Recht, 2000, S. 188 f.).

18

Aus den genannten Gründen kann es jedenfalls nicht angehen, pauschal 25 % des --erhöhten-- Regelbedarfs als Teil des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs anzuerkennen, um Mehrbedarfslagen und einmaligen Leistungsgewährungen Rechnung zu tragen. Im Übrigen würde der oben erwähnte "Puffer" ausreichen, um selbst einen --auf diese Weise ermittelten-- zusätzlichen Bedarf auch noch abzudecken.

19

b) Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG
Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass im Streitjahr das Kinderexistenzminimum steuerlich verschont wurde.

20

aa) Was die Steuerfreiheit des Existenzminimums der Kinder des Steuerpflichtigen angeht, gesteht das BVerfG (Beschluss vom 14. Juni 1994  1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909, unter C.II.1.c, m.w.N.) dem Gesetzgeber einerseits zu, die steuerliche Entlastung in Höhe des Existenzminimums der Kinder für alle Altersstufen und im ganzen Bundesgebiet einheitlich festzulegen, erkennt andererseits aber, dass die Leistungen der Sozialhilfe weder für alle in Betracht kommenden Altersstufen der Kinder noch in allen Bundesländern einheitlich sind. Daraus folgert es, dass für den Vergleich aus den unterschiedlichen Sätzen ein Durchschnittssatz des im Sozialhilferecht anerkannten Bedarfs gebildet werden muss. Die Kriterien für die Ermittlung des sozialrechtlichen Mindestbedarfs hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93 (BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174) dahingehend weiter präzisiert, dass der Wohnbedarf des Kindes nicht nach der Pro-Kopf-Methode, sondern nach dem Mehrbedarf zu ermitteln ist.

21

bb) Auf der Basis dieser Grundsätze vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die für 2011 geltenden Freibeträge verfassungsrechtlich zu beanstanden sein könnten. Die vergleichende Betrachtung mit dem Mindestbedarf zeigt, dass ausgehend von den Daten der Existenzminimumberichte die Freibeträge ausreichend bemessen waren.

22

(1) Im Veranlagungszeitraum 2011 waren gemäß § 32 Abs. 6 EStG Freibeträge für das sächliche Existenzminimum in Höhe von 4.368 € und für den Betreuungs- oder Erziehungs- und Ausbildungsbedarf eines Kindes in Höhe von 2.640 € zu gewähren. Nach dem Siebten beziehungsweise Achten Existenzminimumbericht betrug das sächliche Existenzminimum eines Kindes für das Jahr 2010  3.864 € und für das Jahr 2012  4.272 €.

23

(2) Bei der Ermittlung des Mindestbedarfs geht der Achte Existenzminimumbericht unter Ziffer 5.1.1 zunächst von dem seit 1. Januar 2011 geltenden "neuen" Regelbedarf aus. Altersabhängige Unterschiede werden durch die Berechnung eines nach Lebensjahren gewichteten durchschnittlichen Regelbedarfs berücksichtigt, wobei nur minderjährige Kinder einbezogen wurden. Regionale Unterschiede bleiben unbeachtet. Das alles ist methodisch nicht zu beanstanden, was sich inzident aus der Rechtsprechung des BVerfG ergibt. Im Verfahren 1 BvR 1022/88 hat es die vergleichbaren Berechnungen des Bundesministers für Familie und Senioren wiedergegeben und nicht verworfen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909). Auch der Existenzminimumbericht für das Jahr 1999 vom 17. Dezember 1997 (BTDrucks 13/9561, Ziffer 4.1), der Grundlage für die eigenen Berechnungen des BVerfG im Verfahren 2 BvL 42/93 war (Beschluss in BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174), beruht auf derselben Vorgehensweise.

24

Hilfe zum Lebensbedarf umfasst auch die mit Wirkung ab 2011 neugeregelten Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder (§ 28 SGB II und § 34 SGB XII; vgl. hierzu Luik in jurisPK-SGB XII, § 34 Rz 10 ff. und 25). Der Achte Existenzminimumbericht (Tz. 5.1.2) setzt hierfür --unter Ausgrenzung von Sonderbedarfslagen (z.B. Nachhilfeunterricht, mehrtägige Klassenfahrten)-- pro Kind und Monat 19 € an (100 € jährlich für Schulbedarf, 3 € monatlich für Ausflüge sowie 10 € monatlich insbesondere für Vereinsmitgliedschaften, vgl. § 28 Abs. 3 und 7 SGB II, § 34 Abs. 3 und 7 SGB XII). Der Betrag wurde als nach Lebensjahren gewichteter Durchschnitt berechnet. Der Bericht qualifiziert diese Leistungen als Teil des sächlichen Existenzminimums, der dem entsprechenden steuerlichen Freibetrag in Höhe von 4.368 € gegenübergestellt wird. Dies erscheint dem Senat zweifelhaft, weil offenkundig auch ein Bedarf befriedigt wird, der steuerlich durch den Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zusätzlich abgegolten wird. Angesichts der im Bericht vollzogenen sachlich nachvollziehbaren Abgrenzung zwischen Sonder- und Regelbedarfslagen, der schlüssigen Berechnungen und des ohnehin bestehenden "Puffers" zwischen Existenzminimum und den Freibeträgen des § 32 Abs. 6 EStG sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine verfassungsrechtliche Beanstandung. Solche ergeben sich insbesondere auch nicht aus der Beschwerdebegründung.

25

Bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft wird für ein Kind eine Wohnfläche von 12 qm zugrunde gelegt (Achter Existenzminimumbericht, Ziffer 5.1.3). Die Methode stellt damit auf den für Kinder notwendigen Mehrbedarf an Wohnraum ab und nicht auf eine Aufteilung der Wohnkosten nach Köpfen (so aber die Beschwerdebegründung). Das BVerfG hat die Ermittlung nach der Mehrbedarfsmethode ausdrücklich verlangt (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174). Der Achte Existenzminimumbericht legt sodann die bei kinderlosen Ehepaaren berücksichtigte monatliche Bruttokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche auch für Kinder zugrunde. Beim Mietenniveau werden somit Alleinerziehende mit einem Kind einem Zwei-Personen-Haushalt gleichgestellt. Bereits im Existenzminimumbericht für 1999 (BTDrucks 13/9561, Ziffer 5.3), der den Berechnungen des BVerfG im soeben zitierten Beschluss vom 10. November 1998 zugrunde lag, wurde der Wohnbedarf auf diese Weise ermittelt.

26

Da in der EVS die Heizkosten nicht kindbezogen erfasst sind, werden im Achten Existenzminimumbericht die Heizkosten für Kinder als Relation zu deren Bruttokaltmiete entsprechend dem Verhältnis der Heizkosten eines kinderlosen Paares zu dessen Bruttokaltmiete in Ansatz gebracht.

27

Da es bei der Ermittlung des kindbezogenen Mindestbedarfs angesichts der großen regionalen und altersbedingten Bandbreiten letztendlich nur darum geht, einen Richtwert auf statistisch nachvollziehbare Weise zu erhalten, sind für den Senat keine Gründe dafür ersichtlich, warum die im Existenzminimumbericht verarbeiteten Daten und die dort angewandten Berechnungsmethoden diesem Zweck nicht genügen sollten.

28

(3) Aus den umfangreichen Darlegungen und Berechnungen der Antragsteller ergibt sich jedenfalls nichts Gegenteiliges. Sie beruhen schon im Ansatz auf unzutreffenden rechtlichen Annahmen. Es kommt nach der Rechtsprechung des BVerfG gerade nicht darauf an, welchen konkreten Sozialhilfeanspruch die Antragsteller als Ehepaar mit einem Kind unter 14 Jahren an ihrem Wohnort Berlin --bei unterstellter Bedürftigkeit-- hätten. Dass der kindbezogene Sozialhilfeanspruch im Einzelfall höher ist --im Streitfall nach den Angaben der Antragsteller 5.220 €-- als der steuerliche Freibetrag, führt damit nicht per se zu dessen Verfassungswidrigkeit.

29

Auch die übrigen Berechnungen der Antragsteller sind rechtlich unerheblich. Es kommt entgegen ihrer Meinung nicht darauf an, ob mit dem gesamten jährlichen Kindergeldzahlbetrag oder dem sich aus der Anwendung der Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG ergebenden durchschnittlichen oder maximalen Steuerersparnisbetrag der existentielle Lebensunterhalt eines Kindes gedeckt werden kann. Es kommt stets nur darauf an, dass derjenige Teil des selbst erzielten Einkommens, der zur Bestreitung des existenznotwendigen Bedarfs der Familie eingesetzt werden muss, unbesteuert bleibt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tatbestand

1

A. Im März 2007 ging beim Beklagten, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) die Einkommensteuererklärung des Klägers, Revisionsklägers und Revisionsbeklagten (Kläger) für das Streitjahr 2005 ein, mit der er Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Arbeit erklärte. Im Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 5. April 2007 berücksichtigte das FA die Altersvorsorgeaufwendungen des Klägers (Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung) sowie die übrigen Vorsorgeaufwendungen entsprechend den Regelungen in § 10 Abs. 3, 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes in der Fassung für das Streitjahr 2005 (EStG) in beschränktem Umfang als Sonderausgaben.

2

Auf Antrag des Klägers erging am 26. April 2007 ein geänderter Bescheid, weil die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu hoch angesetzt worden waren. Die Festsetzung der Einkommensteuer war --wie im ursprünglichen Bescheid-- gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) vorläufig hinsichtlich

- der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen

(§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG),

- der Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG)

2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 3076, BGBl I 2004,

69, BStBl I 2004, 120) geänderten Vorschriften und

- der Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw.

Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung

nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der

Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz

--AbgG--).

Die Festsetzung des Solidaritätszuschlags war gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes (SolzG) 1995.

3

Im Bescheid wird erläutert, die Vorläufigkeitserklärung erfasse nur die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar seien. Die Vorläufigkeitserklärung erfolge aus verfahrensrechtlichen Gründen und sei nicht dahin zu verstehen, dass die Regelungen als verfassungswidrig oder als gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßend angesehen würden. Änderungen dieser Regelungen würden von Amts wegen berücksichtigt; ein Einspruch sei insoweit nicht erforderlich.

4

Mit seinem Einspruch gegen den geänderten Bescheid vom 26. April 2007 bat der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. Mai 2006 X R 9/05 (BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858), ihm die von den Vorläufigkeitsvermerken umfassten Verfahren und Rechtsfragen mitzuteilen, damit die Reichweite der Vorläufigkeitsvermerke im vorliegenden Fall klar feststehe.

5

Ferner führte er unter anderem aus, ein Vorläufigkeitsvermerk biete nicht den gleichen Rechtsschutz wie ein Einspruch. Solange ein Einspruchsverfahren laufe, sei der Steuerbescheid offen und der Steuerpflichtige könne sich auf alle in dieser Zeit erlassenen Urteile berufen, während ein Vorläufigkeitsvermerk den Bescheid nur hinsichtlich der ihm zugrunde liegenden anhängigen Verfahren offen halte. Zudem würden von dem Vorläufigkeitsvermerk nur Verfahren umfasst, bei denen es um die Vereinbarkeit einer Norm mit höherrangigem Recht gehe und wenn ein Verstoß gegen höherrangiges Recht angenommen werde. Gelange das Gericht aber durch einfachgesetzliche Auslegung zu einer verfassungskonformen Entscheidung, könne sich der Steuerpflichtige, dessen Steuer nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig festgesetzt sei, hierauf nicht berufen.

6

Beim BFH sei das Verfahren X R 9/07 anhängig, das die --auch im Streitfall erhebliche-- Frage betreffe, ob die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf zukünftige Renteneinkünfte in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten oder nur beschränkt als Sonderausgaben abziehbar seien. Es sei zweckmäßig, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieser Rechtsfrage ruhen zu lassen.

7

Ergänzend werde der Einspruch auf die den Vorläufigkeitsvermerken im angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Musterverfahren gestützt, bei denen er, der Kläger, davon ausgehe, dass sie durch einfachgesetzliche verfassungskonforme Auslegung der jeweils betroffenen Norm zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden würden. Das Einspruchsverfahren habe bis zur Entscheidung auch dieser Musterverfahren zu ruhen.

8

Das FA erließ am 12. Juli 2007 gemäß § 367 Abs. 2a AO eine Teileinspruchsentscheidung mit folgendem Tenor:

"Der Einspruch wird, soweit hierdurch über ihn entschieden, als unbegründet zurückgewiesen.

Über folgenden Teil des Einspruchs wird nicht entschieden:

- Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als

vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne

des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG; beim BFH anhängiges

Verfahren X R 9/07

Der Bescheid ist weiterhin vorläufig gem. § 165 Abs. 1 AO, soweit dies im Erläuterungstext des angefochtenen Bescheides ausgeführt ist."

9

Zur Begründung führte das FA aus: Wegen der vom Kläger beanstandeten Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zur Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten sei beim BFH das Verfahren X R 9/07 anhängig. Insoweit ruhe das Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 AO.

10

Soweit der Kläger die ungeklärte Reichweite der Vorläufigkeitsvermerke rüge, sei der Einspruch entscheidungsreif. Es sei sachdienlich, über diesen Teil gemäß § 367 Abs. 2a Satz 1 AO vorab zu entscheiden. Der Einspruch sei insoweit unbegründet. Die Vorläufigkeitsvermerke seien nicht zu beanstanden, da sowohl Grund als auch Umfang der Vorläufigkeit in den Erläuterungen zum Bescheid angegeben seien.

11

Der rechtliche und zeitliche Umfang eines Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO sei seit dem BFH-Urteil in BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858 geklärt. Danach reiche der Hinweis auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO aus. Der Einwand des Klägers, die Vorläufigkeitsvermerke seien nicht ausreichend begründet, weil sie "nicht in eine sachliche und rechtliche Verbindung zu genau bezeichneten Verfahren i.S.d. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO" gebracht würden, gehe ins Leere. Denn die Vorläufigkeit beschränke sich nach dem BFH-Urteil in BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858 nur dann auf zum Zeitpunkt der Festsetzung anhängige Verfahren, wenn die Steuer "im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. andere gerichtliche Verfahren" vorläufig festgesetzt worden sei. Der angefochtene Bescheid enthalte eine solche Einschränkung der Vorläufigkeit nicht. Die Reichweite einer Vorläufigkeit sei dem dafür im Bescheid angeführten Grund zu entnehmen oder aus sonstigen Umständen im Wege der Auslegung zu ermitteln.

12

Soweit die Steuerfestsetzung auf dem nicht entschiedenen Teil beruhe, ruhe das Verfahren weiterhin gemäß § 363 Abs. 2 AO. Nur insoweit trete durch diese Entscheidung keine Bestandskraft ein (§ 367 Abs. 2a Satz 2 AO).

13

Mit der Klage beantragte der Kläger, die Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides sowie der Teileinspruchsentscheidung festzustellen, hilfsweise deren Aufhebung. Das Finanzgericht (FG) hob durch Urteil vom 12. Dezember 2007  7 K 249/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1082) die Teileinspruchsentscheidung auf. Sie sei rechtswidrig, weil das FA keine Ermessenserwägungen angestellt bzw. nicht dargelegt habe, weshalb das Einspruchsvorbringen entscheidungsreif sei und weshalb es im Streitfall sachdienlich sei, das Verfahren nicht ruhen zu lassen. Die Vorläufigkeitsvermerke seien unwirksam, denn sie ließen den Umfang und den Grund der Vorläufigkeit nicht hinreichend genau erkennen. Da die Unwirksamkeit der Vorläufigkeitsvermerke nicht zur Nichtigkeit des Steuerbescheides führe, habe das FA den Kläger insoweit unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

14

Gegen das Urteil haben sowohl der Kläger als auch das FA Revision eingelegt.

15

Während des Revisionsverfahrens wurde der angefochtene Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag --aus hier nicht streitigen Gründen-- mehrfach geändert. Die Bescheide vom 10. Juli 2008 und vom 19. Januar 2009 waren nur noch vorläufig hinsichtlich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) und der Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 AbgG. In dem nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid vom 23. September 2010 wurden die Vorläufigkeitsvermerke hinsichtlich des HBeglG 2004 und der Verfassungsmäßigkeit des SolzG 1995 wieder aufgenommen.

16

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Revision im Wesentlichen vor:

17

Die Vorläufigkeitsvermerke seien unbestimmt und damit unwirksam. Die Unwirksamkeit führe zur Nichtigkeit der Festsetzung. Zumindest aber seien die Vorläufigkeitsvermerke und damit auch der Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag rechtswidrig.

18

Entgegen § 165 Abs. 1 Satz 3 AO seien Grund und Umfang der Vorläufigkeit nicht angegeben. Die vorläufig festgesetzte Steuer müsse beziffert werden, weil sich nach Beendigung der Vorläufigkeit ein Einspruchsverfahren anschließen könne, in dem andere Begründungen nachgeschoben werden dürften. Unklar sei auch, ob sich der jeweilige Vorläufigkeitsvermerk nur auf die zum Zeitpunkt der vorläufigen Festsetzung anhängigen Verfahren beziehe (so BFH-Urteil in BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858, und Urteil des Sächsischen FG vom 19. August 2009  2 K 1038/09, juris) oder auch auf später anhängig werdende Verfahren, wie die Finanzverwaltung behaupte.

19

Nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO sei vorläufig festzusetzen, wenn die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder einem obersten Bundesgericht sei. Es sei daher anzugeben, welche anhängigen Verfahren (unter Angabe des Gerichts und des Aktenzeichens) und welche genauen Rechtsfragen von dem Vorläufigkeitsvermerk umfasst seien. Ohne diese Angaben könne der Steuerpflichtige nicht entscheiden, ob ein Einspruch gegen den Steuerbescheid erforderlich sei oder nicht. Fehlten diese Angaben im Vorläufigkeitsvermerk, habe die Finanzbehörde die Reichweite des Vorläufigkeitsvermerks im Einspruchsverfahren zu erläutern (BFH-Urteil in BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858). Dieser Begründungspflicht sei das FA bisher nicht nachgekommen.

20

Eine vorläufige Festsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO erfasse nur die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, nicht aber die einfachgesetzliche verfassungskonforme Auslegung. Die Vertreter der Finanzverwaltung hätten in der mündlichen Verhandlung vor dem BFH zwar erklärt, die Vorläufigkeit beziehe sich auch auf die verfassungskonforme Auslegung. Aus den bisherigen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) ergebe sich jedoch die gegenteilige Auffassung. Bei Erhalt des angefochtenen Bescheides sei daher die Reichweite der Vorläufigkeitsvermerke auch insoweit nicht klar und eindeutig gewesen.

21

Da der Steuerpflichtige das Recht habe, nach Beseitigung der Ungewissheit eine Endgültigkeitserklärung zu beantragen, müsse klar sein, wann die Ungewissheit beseitigt sei. Die Vertreter der Finanzverwaltung hätten in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Ungewissheit sei mit der Entscheidung über die im Vorläufigkeitsvermerk bezeichnete Frage beseitigt; nach Rz 9 zu § 165 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) dürfe die Vorläufigkeit aber jederzeit durch eine Endgültigkeitserklärung beendet werden. Zudem lasse die Finanzverwaltung bei Änderungsbescheiden die Vorläufigkeitsvermerke bereits dann entfallen, wenn kein Verfahren mehr anhängig sei, unabhängig davon, ob die Rechtsfrage bereits geklärt sei.

22

Nach dem aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) folgenden Recht freier Prozess- und Verfahrensführung könne der Steuerpflichtige selbst entscheiden, ob er das Verfahren zum Stillstand bringe oder selbst eine gerichtliche Entscheidung herbeiführe. Durch die vorläufige Festsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO werde dieses Recht des Steuerpflichtigen aber eingeschränkt, da er nach Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung bei vorläufiger Festsetzung insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Einspruch habe. Zwar hätten die Vertreter der Finanzverwaltung erklärt, der Steuerpflichtige könne Einspruch einlegen, wenn der Vorläufigkeitsvermerk in einem Änderungsbescheid entfalle, der Bescheid nach einer höchstrichterlichen Entscheidung zugunsten des Steuerpflichtigen geändert oder für endgültig erklärt werde. In einem solchen Einspruchsverfahren könnte aber die Rechtsfrage, deretwegen vorläufig festgesetzt worden sei, nicht geklärt werden; denn nach § 351 AO dürften unanfechtbare Verwaltungsakte nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reiche. Selbst wenn das Entfallen eines Vorläufigkeitsvermerks als Änderung angesehen würde, könne allenfalls geklärt werden, ob der Vorläufigkeitsvermerk zu Recht entfallen sei. Bei einer Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen könne der Änderungsbescheid nicht angegriffen werden, weil der Steuerpflichtige, der eine weitere Herabsetzung begehre, durch den Änderungsbescheid nicht beschwert sei. Da die Endgültigkeitserklärung anders als die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO) keiner Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe, könne der Steuerpflichtige mit einem Einspruch gegen die Endgültigkeitserklärung ebenfalls nicht Rechtsfragen klären lassen, hinsichtlich derer die Steuerfestsetzung für endgültig erklärt worden sei.

23

Auch werde das Recht des Steuerpflichtigen auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Steuerbescheides eingeschränkt; denn die Vollziehung der Steuerfestsetzung könne nur ausgesetzt werden, wenn ein zulässiger Einspruch vorliege. Da zu einer Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung des Steuerbescheides führende ernstliche Zweifel in der Regel erst vorlägen, wenn der BFH die Sache dem BVerfG zur Entscheidung vorlege, müsse dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gegeben werden, trotz vorläufiger Festsetzung Einspruch einzulegen und das Verfahren zum Ruhen zu bringen. Nur durch die generelle Zulässigkeit eines Einspruchs bei vorläufiger Festsetzung und die Einräumung der Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO werde das Recht auf individuellen, effektiven Rechtsschutz gewahrt. Art. 19 Abs. 4 GG verbiete jede Einschränkung des Rechts auf AdV durch Vorläufigkeitsvermerke bei verfassungsrechtlichen Musterprozessen.

24

Die Teileinspruchsentscheidung sei ebenfalls nichtig, zumindest aber rechtswidrig, weil nicht angegeben sei, welcher Steuerbetrag nicht bestandskräftig werden solle. Da eine Steuerfestsetzung stets betragsmäßig in Bestandskraft erwachse, reiche ein Hinweis auf offene Besteuerungsgrundlagen nicht aus. Besteuerungsgrundlagen könnten nicht bestandskräftig werden. Eine Bezifferung der nicht bestandskräftig werdenden Steuerfestsetzung sei auch deshalb erforderlich, weil der Steuerpflichtige insoweit die Besteuerungsgrundlagen im Einspruchsverfahren austauschen könne. Die Auffassung der Finanzverwaltung, nach Ergehen einer Teileinspruchsentscheidung bestehe ein solches Recht nicht, schränke den Rechtsschutz ein.

25

Nichtig oder jedenfalls rechtswidrig sei die Teileinspruchsentscheidung zudem, weil sie inhaltlich nicht hinreichend bestimmt sei. Nach Rz 6.3 zu § 367 AEAO sei "genau zu bestimmen (z.B. durch Benennung der anhängigen Verfahren vor dem BFH, BVerfG oder EuGH mit Az. und Streitfrage), hinsichtlich welcher Teile des Verwaltungsaktes Bestandskraft nicht eintreten" solle. Im Streitfall sei für den nicht bestandskräftig werdenden Teil des Einspruchs das beim BFH anhängige Verfahren X R 9/07 genannt worden. Unklar sei, ob das Einspruchsverfahren trotz der Entscheidung des BFH im Verfahren X R 9/07 weiterhin ruhe, weil gegen diese Entscheidung Verfassungsbeschwerde erhoben worden sei (Az. 2 BvR 290/10).

26

Das FA habe die Teileinspruchsentscheidung auch deshalb nicht erlassen dürfen, weil gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO gesetzliche Zwangsruhe eingetreten sei. Denn er, der Kläger, habe sich darauf berufen, dass die den Vorläufigkeitsvermerken zugrunde liegenden Verfahren durch verfassungskonforme einfachgesetzliche Auslegung der jeweils betroffenen Norm zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden würden. Fragen der einfachgesetzlichen Auslegung einer Rechtsnorm würden aber von einem auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO gestützten Vorläufigkeitsvermerk nicht umfasst. Da die zu klärende Frage den gesamten Bescheid betreffe, könne dieser nicht in zwei Teile geteilt werden mit der Folge, dass eine abschließende Entscheidung nur hinsichtlich eines Teiles nicht möglich sei (vgl. auch Beschluss des FG Düsseldorf vom 23. Juni 2009  11 V 1839/08 A [F], EFG 2009, 1817).

27

Die Teileinspruchsentscheidung sei außerdem ermessensfehlerhaft. Soweit das FA hinsichtlich der Sachdienlichkeit Ermessen ausgeübt habe, sei dieses nicht auf den konkreten Einzelfall bezogen und deshalb fehlerhaft.

28

Schließlich gebe es für die Teileinspruchsentscheidung keine Rechtsgrundlage, weil das Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007) nicht verfassungsgemäß zustande gekommen sei. § 78 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags (GO BT) schreibe drei Beratungen für Gesetzentwürfe vor. Bei der ersten Beratung des JStG 2007 am 28. September 2006 sei aber § 367 Abs. 2a AO in dem Gesetzentwurf noch nicht enthalten gewesen (vgl. BTDrucks 16/2712). Die zweite Beratung des Gesetzentwurfs habe entgegen § 81 Abs. 1 GO BT früher als am zweiten Tag nach Verteilung der Beschlussempfehlung und des Ausschussberichts begonnen bzw. eine dritte Beratung sei nicht durchgeführt worden, da vor der Schlussabstimmung noch nicht einmal gefragt worden sei, ob sich jemand zur Sache äußern möchte. Ein evidenter Mangel im Gesetzgebungsverfahren führe nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Nichtigkeit des Gesetzes.

29

Wegen des weiteren Vortrags des Klägers nimmt der Senat auf die im Revisionsverfahren eingereichten Schriftsätze einschließlich des Schriftsatzes vom 6. Oktober 2010 Bezug.

30

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Nichtigkeit des Bescheides für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 5. April 2007, der geänderten Bescheide für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 26. April 2007, 18. Februar 2008, 17. März 2008, 10. Juli 2008, 19. Januar 2009 und 23. September 2010 sowie der Teileinspruchsentscheidung vom 12. Juli 2007 festzustellen,

hilfsweise,

das FG-Urteil, den Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 5. April 2007, den geänderten Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 26. April 2007 in der Fassung der Teileinspruchsentscheidung vom 12. Juli 2007 sowie die geänderten Bescheide für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 18. Februar 2008, 17. März 2008, 10. Juli 2008, 19. Januar 2009 und 23. September 2010 aufzuheben,

weiter hilfsweise,

das FG-Urteil, den Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 5. April 2007, den geänderten Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 26. April 2007 in der Fassung der Teileinspruchsentscheidung vom 12. Juli 2007 sowie die geänderten Bescheide für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 18. Februar 2008, 17. März 2008, 10. Juli 2008, 19. Januar 2009 und 23. September 2010 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

31

Das FA beantragt mit seiner Revision, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

32

Das BMF und das Niedersächsische Finanzministerium sind dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Sie haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

33

B. I. Auf die Revisionen des Klägers und des FA ist das FG-Urteil schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil diesem ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt. Das FG hat über den Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 26. April 2007 und die Teileinspruchsentscheidung vom 12. Juli 2007 entschieden. Während des Revisionsverfahrens hat das FA aber mehrere geänderte Bescheide erlassen, die gemäß § 121, § 68 FGO nacheinander Gegenstand des Verfahrens geworden sind (BFH-Urteil vom 15. April 2010 IV R 5/08, BFHE 229, 524, BFH/NV 2010, 1926, m.w.N.).

34

Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG gemäß § 127 FGO bedarf es nicht, weil sich die Streitpunkte nicht geändert haben. Die Einkommensteuer und der Solidaritätszuschlag im Bescheid vom 23. September 2010 sind (wieder) in demselben Umfang vorläufig festgesetzt wie im angefochtenen Bescheid vom 26. April 2007, so dass die Streitpunkte hinsichtlich der Vorläufigkeitsvermerke gleich geblieben sind. Auch über die Rechtmäßigkeit der Teileinspruchsentscheidung ist im Revisionsverfahren weiterhin zu entscheiden. Denn die Teileinspruchsentscheidung enthält eine selbständige Beschwer und wird insoweit durch die Änderungsbescheide, die den Bescheid vom 26. April 2007 ersetzt haben, nicht berührt. Da die tatsächlichen, mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind, bilden sie nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (z.B. BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 64/05, BFHE 217, 497, BStBl II 2007, 639, m.w.N.). Der Senat entscheidet daher aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst.

35

II. Die Revision des FA führt zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO); die Revision des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg (§ 126 Abs. 2 FGO).

36

1. Die Vorläufigkeitsvermerke sind i.S. des § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt.

37

a) Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO kann die Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für ihre Entstehung eingetreten sind. Diese Regelung ist nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO auch anzuwenden, wenn die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens beim EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht ist. Welche Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit einer vorläufigen Festsetzung zu stellen sind, ergibt sich aus § 165 Abs. 1 Satz 3 AO. Danach sind Umfang und Grund der Vorläufigkeit anzugeben.

38

b) Aus den Vorläufigkeitsvermerken ergibt sich der Umfang der Vorläufigkeit hinreichend deutlich.

39

Zwar bezieht sich nach § 165 Abs. 1 AO die Vorläufigkeit auf die Festsetzung der Steuer. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muss die Auswirkung der Vorläufigkeit auf die Steuerfestsetzung jedoch nicht betragsmäßig angegeben werden. Es reicht der Hinweis auf eine Besteuerungsgrundlage aus, wenn dadurch jedenfalls mittelbar der Rahmen abgesteckt ist, innerhalb dessen die Steuerfestsetzung änderbar sein soll (BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791, m.w.N.).

40

Diesem Erfordernis wird der Änderungsbescheid vom 23. September 2010 gerecht. Es wird hinreichend bestimmt umschrieben, inwieweit die Steuerfestsetzung vorläufig ist, nämlich insoweit, als die Vorsorgeaufwendungen des Klägers nicht in vollem Umfang als Sonderausgaben abgezogen, Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben nicht in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 AbgG berücksichtigt sowie durch das HBeglG 2004 geänderte Vorschriften angewendet worden sind und ein Solidaritätszuschlag festgesetzt worden ist.

41

Hierdurch ist auch der Änderungsrahmen eines Einspruchsverfahrens bestimmt, das sich gegebenenfalls anschließt, wenn ein Vorläufigkeitsvermerk in einem Änderungsbescheid nicht mehr enthalten ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1999 IX R 23/98, BFHE 190, 44, BStBl II 2000, 282) oder wenn das FA die Festsetzung von sich aus oder auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt (§ 165 Abs. 2 Sätze 2 und 4 AO). Im Übrigen wird eine im Hinblick auf eine (oder mehrere) Besteuerungsgrundlage(n) vorläufige Steuerfestsetzung nur für solche Einwendungen offen gehalten, die sich auf die betreffende(n) Besteuerungsgrundlage(n) beziehen; in einem nachfolgenden Einspruchs- oder Klageverfahren können Einwendungen hinsichtlich anderer Besteuerungsgrundlagen wegen der materiellen Bestandskraft der ursprünglichen Steuerfestsetzung nicht mehr berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 6. März 1992 III R 47/91, BFHE 167, 290, BStBl II 1992, 588). Nur bei einer Änderung der vorläufigen Festsetzung sind im Rahmen des Änderungsbetrags auch solche Fehler zu berücksichtigen, die nicht mit dem Grund der Vorläufigkeit zusammenhängen (§ 177 Abs. 4 AO).

42

Es ist auch nicht unklar, ob die Vorläufigkeitsvermerke nur bereits anhängige oder auch künftig anhängig werdende Verfahren betreffen. Die Vorläufigkeitsvermerke waren --anders als die Vorläufigkeitsvermerke, über die der BFH im Urteil in BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858 zu entscheiden hatte-- nicht beschränkt auf die zum Zeitpunkt der vorläufigen Festsetzung anhängigen Verfahren. Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht aus § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO. Danach ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Vorläufigkeit, dass die Vereinbarkeit eines Gesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand (mindestens) eines Verfahrens bei dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht ist. Hat sich das Verfahren, das Anlass für die vorläufige Festsetzung war, in welcher Weise auch immer erledigt, bleibt der Tatbestand des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO gleichwohl erfüllt, wenn inzwischen ein anderes einschlägiges Verfahren anhängig geworden ist. Selbst wenn insoweit Zweifel hätten bestehen können, wären diese durch die Ausführungen des FA in der Teileinspruchsentscheidung beseitigt und ein etwaiger Begründungsmangel nach § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO geheilt worden (vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278).

43

Ebenso wenig ist unklar, wie lang der künftige Zeitraum, in dem neue Gerichtsverfahren zu berücksichtigen sind, zu bemessen ist und wann die Ungewissheit i.S. des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO endet. Sind die Verfahren, die der vorläufigen Festsetzung zugrunde liegen, auf welche Weise auch immer beendet, ist die Rechtsgrundlage für ein Aufrechterhalten des Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, d.h. die Ungewissheit im Sinne dieser Vorschrift entfallen, selbst wenn die betreffende Rechtsfrage noch nicht entschieden ist (vgl. Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSP--, § 165 AO Rz 19e).

44

Ob und wann das FA eine nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufige Festsetzung für endgültig erklärt, steht in seinem Ermessen. Dazu verpflichtet ist es nur, wenn der Steuerpflichtige dies nach Beendigung der Ungewissheit beantragt (§ 165 Abs. 2 Satz 4 AO). In der Regel bleibt die Festsetzung daher, wenn der Steuerpflichtige einen solchen Antrag nicht stellt, formal weiterhin vorläufig. Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist (vor Ablauf von zwei Jahren nach Beseitigung der Ungewissheit und Kenntnis der Finanzbehörde hiervon, § 171 Abs. 8 Satz 2 AO) ein weiteres einschlägiges Verfahren anhängig, hat die angeordnete Vorläufigkeit wieder eine Rechtsgrundlage; die Festsetzung bleibt weiterhin vorläufig (vgl. auch Buciek in Beermann/Gosch, AO § 165 Rz 116). Dass bei Erlass des vorläufigen Steuerbescheides der konkrete Zeitpunkt nicht bekannt ist, zu dem die Ungewissheit entfällt, liegt in der Natur der Sache und kann die Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit eines Vorläufigkeitsvermerks nicht begründen.

45

c) Der Grund der Vorläufigkeit ist aus den Vorläufigkeitsvermerken ebenfalls ersichtlich. Aus der Bezugnahme auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO und der Angabe der Besteuerungsgrundlage --wie der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG)-- ergibt sich, dass das FA von der Möglichkeit einer vorläufigen Steuerfestsetzung Gebrauch gemacht hat, weil bei dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht ein Verfahren anhängig ist, in dem darum gestritten wird, ob § 10 Abs. 3, 4, 4a EStG mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

46

Einer weiteren Begründung der Anordnung der Vorläufigkeit bedarf es nicht. Es ist nicht erforderlich, dass die dem Vorläufigkeitsvermerk zugrunde liegenden Verfahren im Einzelnen bezeichnet werden (BFH-Urteil in BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791). Auch nach dem BFH-Urteil in BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858 reicht die Angabe der Rechtsgrundlage aus. Aus der Formulierung in diesem Urteil, dem Steuerpflichtigen könne es "zugemutet werden, ... ggf. zur Klärung der Reichweite des Vorläufigkeitsvermerks Einspruch einzulegen", kann nicht hergeleitet werden, dass das FA dem Steuerpflichtigen die dem Vorläufigkeitsvermerk zugrunde liegenden Verfahren im Einspruchsverfahren mitteilen muss und dass der Vorläufigkeitsvermerk rechtswidrig oder sogar nichtig ist, wenn das FA einem solchen Verlangen nicht nachkommt. Da sich die Vorläufigkeit nicht auf die zum Zeitpunkt der vorläufigen Festsetzung anhängigen Verfahren beschränkt, wäre eine Angabe dieser Verfahren im Bescheid auch nicht zweckmäßig. Die Verfahren, die Grund für die vorläufige Festsetzung sind, können der vierteljährlich erscheinenden Beilage zum Bundessteuerblatt Teil II, den Fachzeitschriften und auch den elektronischen Medien entnommen werden.

47

2. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO schränkt den Rechtsschutz des Steuerpflichtigen nicht in verfassungswidriger Weise ein.

48

a) Der Kläger meint, es werde kein ausreichender Rechtsschutz gewährt, wenn das dem Vorläufigkeitsvermerk zugrunde liegende Verfahren aufgrund verfassungskonformer Auslegung zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden werde. Entgegen der Auffassung des Klägers kann eine nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufige Festsetzung aber auch dann geändert werden, wenn das Gericht in dem Musterverfahren über die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht aufgrund verfassungskonformer Auslegung zu einem für den Steuerpflichtigen günstigen Ergebnis kommt. Denn die verfassungskonforme Auslegung ist insoweit keine einfachgesetzliche Auslegung eines Steuergesetzes, sondern das Ergebnis der Prüfung, ob das betreffende Steuergesetz mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

49

b) Ebenso wenig wird der Steuerpflichtige dadurch in seinem Recht nach Art. 19 Abs. 4 GG auf effektiven Rechtsschutz beschränkt, dass sich der Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO nicht auf alle denkbaren Fragen der Anwendung und Auslegung des einfachen Rechts erstreckt. Denn der Steuerpflichtige kann mit dem Einspruch gegen die Steuerfestsetzung Fragen der Auslegung einfachen Rechts geltend machen und ggf. das Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO zum Ruhen bringen, so wie es im Streitfall wegen der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG geschehen ist. Dem Steuerpflichtigen kann es zugemutet werden, für eine sachgerechte Verfolgung seiner Rechte ggf. fachkundigen Rat einzuholen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 199, BStBl II 2006, 858).

50

c) Auch ist es dem Steuerpflichtigen durch eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO nicht generell mangels Rechtsschutzbedürfnisses verwehrt, Einspruch und ggf. Klage zu erheben und vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen. Nach der Rechtsprechung kann trotz vorläufiger Festsetzung wegen anhängiger Musterverfahren ein Rechtsschutzbedürfnis für das Einspruchs- und Klageverfahren anzunehmen sein, wenn --anders als im Streitfall-- besondere Gründe materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art substantiiert geltend gemacht werden (BFH-Beschlüsse vom 22. März 1996 III B 173/95, BFHE 180, 217, BStBl II 1996, 506; vom 30. November 2007 III B 26/07, BFH/NV 2008, 374; BFH-Urteil vom 16. Februar 2005 VI R 37/01, BFH/NV 2005, 1323). In einem solchen Einspruchs- und sich ggf. anschließenden Klageverfahren hat der Steuerpflichtige jederzeit die Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz zu beantragen und --sofern die Voraussetzungen des § 361 AO bzw. des § 69 FGO vorliegen-- zu erhalten.

51

d) Der Steuerpflichtige erleidet auch keine unzumutbaren Rechtsnachteile, wenn die materiell-rechtliche Frage in dem Musterverfahren nicht in seinem Sinne oder --z.B. wegen Unzulässigkeit des Rechtsmittels, wegen Abhilfe oder wegen Rücknahme-- überhaupt nicht geklärt wird. Denn er kann nach Erledigung des Musterverfahrens gemäß § 165 Abs. 2 Satz 4 AO beantragen, dass die Steuerfestsetzung für endgültig erklärt wird, und gegen die dann auch insoweit endgültige Festsetzung Einspruch einlegen und ggf. anschließend Klage erheben zur weiteren verfassungsrechtlichen Klärung (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 180, 217, BStBl II 1996, 506, m.w.N.; Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 165 AO Rz 54; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 165 Rz 56; Heuermann in HHSp, § 165 AO Rz 39, 40, 46), ohne dass dem § 351 Abs. 1 AO entgegensteht (vgl. z.B. Klein/Rüsken, a.a.O., § 351 Rz 5; Heuermann in HHSp, § 165 AO Rz 46). Erklärt die Finanzbehörde die vorläufige Festsetzung für endgültig oder entfällt ein Vorläufigkeitsvermerk in einem Änderungsbescheid, sind ebenfalls Einspruch und ggf. Klage möglich.

52

3. Die Entscheidung des FA, eine Teileinspruchsentscheidung zu erlassen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

53

a) Nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde auf den Einspruch des Steuerpflichtigen die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen und eine abschließende Einspruchsentscheidung zu erlassen. Sie kann aber nach § 367 Abs. 2a AO vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. In dieser Entscheidung hat sie zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll (§ 367 Abs. 2a Satz 2 AO).

54

b) Der Erlass der Teileinspruchsentscheidung war entgegen der Auffassung des FG sachdienlich.

55

aa) Das FA entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen ("kann"), ob es eine Teileinspruchsentscheidung erlässt (sog. Entschließungsermessen). Diese Ermessensentscheidung ist verbunden mit einem unbestimmten Rechtsbegriff, weil der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung sachdienlich sein muss. Entgegen der Auffassung des BMF führt die Verknüpfung aber --anders als bei einem Erlass nach § 227 AO wegen sachlicher Unbilligkeit (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603)-- nicht dazu, dass auch der Rechtsbegriff in den Bereich der Ermessensbetätigung fällt mit der Folge, dass der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung auch in Bezug auf die Sachdienlichkeit der Maßnahme gemäß § 102 FGO nur daraufhin überprüft werden könnte, ob das FA die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Die Sachdienlichkeit der Teileinspruchsentscheidung ist vielmehr in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar (so auch Beschluss des FG Düsseldorf in EFG 2009, 1817, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 21. Mai 2010 IV B 88/09, BFH/NV 2010, 1613; Urteil des Niedersächsischen FG vom 16. Februar 2010  12 K 119/08, Steuer-Eildienst 2010, 454; Bartone in Beermann/ Gosch, AO § 367 Rz 52; Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 367 Rz 19; a.A. Birkenfeld in HHSp, § 367 AO Rz 509, das FA habe einen Beurteilungsspielraum).

56

bb) Nach den Gesetzesmaterialien soll § 367 Abs. 2a AO --der auf Vorschlag des Bundesrates eingefügt wurde (BTDrucks 16/3368, S. 6)-- den Finanzbehörden ermöglichen, in einer förmlichen Einspruchsentscheidung zunächst nur über Teile des Einspruchs zu befinden. Dies sei insbesondere dann sinnvoll, wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif sei und hinsichtlich des anderen Teils, z.B. nach der Entscheidung in einem beim BFH anhängigen Verfahren, eine einvernehmliche Lösung des Rechtsstreits erwartet werden könne. Auf diese Weise könne der Steuerpflichtige hinsichtlich des entscheidungsreifen Teils seines Einspruchs schnelleren gerichtlichen Rechtsschutz erlangen. Es liege sowohl im Interesse des Steuerpflichtigen als auch im Interesse der Finanzverwaltung, wenn über den entscheidungsreifen Teil zeitnah entschieden werde (BTDrucks 16/3368, S. 25).

57

Aus der Gesetzesbegründung kann nicht --wie das FG annimmt-- hergeleitet werden, der Zweck der Teileinspruchsentscheidung sei allein auf schnelleren Rechtsschutz im Interesse des Steuerpflichtigen gerichtet und deshalb eine Teileinspruchsentscheidung bei einem nur die vorläufige Festsetzung betreffenden Einspruch nicht sachdienlich. Abgesehen davon, dass eine solche Einschränkung im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck kommt, wird in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass die Teileinspruchsentscheidung auch dem Interesse der Finanzverwaltung an einer zeitnahen Entscheidung über den entscheidungsreifen Teil eines Einspruchs dient.

58

Aus dem Zusammenspiel der Vorschrift mit der --ebenfalls durch das JStG 2007 eingefügten-- Regelung in § 367 Abs. 2b AO ergibt sich zudem, dass die Teileinspruchsentscheidung als Instrument zur Bewältigung von Masseneinsprüchen im Hinblick auf Musterverfahren geschaffen wurde (so auch Bartone, a.a.O., AO § 367 Rz 50; Birkenfeld in HHSp, § 367 AO Rz 486, 490). Betreffen die Einsprüche (auch) Rechtsfragen, die Gegenstand eines Verfahrens beim EuGH, BVerfG oder BFH sind, sollen die Finanzbehörden über die Sach- und Rechtsfragen vorab entscheiden können, die von den anhängigen höchstrichterlichen Verfahren nicht betroffen sind. Ist aufgrund der Entscheidung in den betreffenden Verfahren den Einsprüchen nicht abzuhelfen, kann die Finanzverwaltung die Einsprüche gemäß § 367 Abs. 2b AO durch Allgemeinverfügung zurückweisen. Diese Lösung ist insbesondere dann zweckmäßig, wenn aufgrund einer Teileinspruchsentscheidung nur noch der von der Allgemeinverfügung betroffene Teil unentschieden ist, weil andernfalls trotz der Allgemeinverfügung das Einspruchsverfahren fortzuführen und eine Einspruchsentscheidung zu erlassen ist (vgl. Rz 7.2 zu § 367 AEAO).

59

Es entspricht daher dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck und ist deshalb sachdienlich, eine Teileinspruchsentscheidung zu erlassen, wenn Teile des Einspruchs entscheidungsreif sind und der Einspruch ersichtlich nur zu dem Zweck eingelegt wird, die Steuerfestsetzung nicht bestandskräftig werden zu lassen. Auch Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es nicht, Einspruchsverfahren möglichst lange offen zu halten, damit der Steuerpflichtige an künftigen Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu derzeit nicht streitigen Rechtsfragen teilhaben kann (z.B. BFH-Urteile vom 6. Oktober 1995 III R 52/90, BFHE 178, 559, BStBl II 1996, 20; vom 26. September 2006 X R 39/05, BFHE 215, 1, BStBl II 2007, 222, unter 6.; BFH-Beschluss vom 6. Juli 1999 IV B 14/99, BFH/NV 1999, 1587).

60

cc) Nach diesen Grundsätzen war es im Streitfall sachdienlich, über den Einspruch zu entscheiden mit Ausnahme des Teils, der die in dem anhängigen Musterverfahren zu entscheidende Frage über die Abziehbarkeit der Rentenversicherungsbeiträge als Werbungskosten betraf.

61

Der Kläger hat mit seinem Einspruch materiell-rechtlich nur eingewendet, die Vorläufigkeitsvermerke seien nichtig bzw. rechtswidrig, und unter Hinweis auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren X R 9/07 zur Nichtabziehbarkeit der Rentenversicherungsbeiträge als Werbungskosten das Ruhen des Verfahrens beantragt. Hinsichtlich der gerügten Nichtigkeit/Rechtswidrigkeit der Vorläufigkeitsvermerke war der Einspruch entscheidungsreif.

62

Entgegen der Auffassung des Klägers war nicht insgesamt gesetzliche Verfahrensruhe gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO eingetreten. Das Einspruchsverfahren ruht nur dann kraft Gesetzes, wenn wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage ein Verfahren bei dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht anhängig ist und der Einspruch hierauf gestützt wird. Der Einspruchsführer muss in der Begründung seines Einspruchs die Rechtsfragen darlegen und sich auf dazu anhängige konkrete Verfahren berufen (BFH-Urteile vom 27. April 2006 IV R 18/04, BFH/NV 2006, 2017, und in BFHE 215, 1, BStBl II 2007, 222). Der Kläger hat sich aber ausdrücklich nur auf das BFH-Verfahren X R 9/07 bezogen.

63

Sein Vortrag, die dem Vorläufigkeitsvermerk zugrunde liegenden --nicht bezeichneten-- Musterverfahren könnten auch durch verfassungskonforme einfachgesetzliche, vom Vorläufigkeitsvermerk nicht umfasste Auslegung entschieden werden, reicht nicht aus, um gesetzliche Verfahrensruhe eintreten zu lassen. Abgesehen davon ist eine nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufige Festsetzung auch dann zu ändern, wenn das dem Vorläufigkeitsvermerk zugrunde liegende Verfahren durch verfassungskonforme Auslegung zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden wird (vgl. oben unter B.II.2.a). Insoweit kommt eine gesetzliche Zwangsruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 AO nicht in Betracht.

64

c) Das FA hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des § 367 Abs. 2a AO ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten (§ 5 AO). Es hat seine Ermessensentscheidung auch ausreichend begründet.

65

Das FA hat in der Einspruchsentscheidung dargelegt, warum der Erlass der Teileinspruchsentscheidung sachdienlich ist. Diese Ausführungen genügen, um zu erläutern, warum es von seinem Entschließungsermessen Gebrauch gemacht hat. Ist der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung sachdienlich, entspricht es im Regelfall billigem Ermessen, eine Teileinspruchsentscheidung zu erlassen; das Entschließungsermessen ist daher in einer Weise vorgeprägt, dass keine weitere Begründung erforderlich ist (vgl. zur Betätigung des Ermessens im Falle der Haftungsinanspruchnahme BFH-Urteil vom 12. Februar 2009 VI R 40/07, BFHE 224, 306, BStBl II 2009, 478, m.w.N.).

66

d) Die Teileinspruchsentscheidung ist auch nicht nichtig oder rechtswidrig, weil das FA nur die Besteuerungsgrundlage genannt hat, die nicht bestandskräftig werden soll, nicht aber den Steuerbetrag. Denn ebenso wenig wie bei der vorläufigen Festsetzung muss bei der Teileinspruchsentscheidung die nicht bestandskräftig werdende Steuer beziffert werden. Auch im Hinblick auf eine mögliche Saldierung --wie sie der BFH bei der vorläufigen Festsetzung anerkennt (z.B. BFH-Entscheidungen vom 2. März 2000 VI R 48/97, BFHE 191, 223, BStBl II 2000, 332; vom 6. März 2003 IX B 197/02, BFH/NV 2003, 742; vom 14. Oktober 2002 VIII R 70/98, BFH/NV 2003, 742)-- ist eine Bezifferung nicht erforderlich. Der genaue Steuerbetrag, der möglicherweise saldiert werden könnte, kann ohnehin erst ermittelt werden, wenn feststeht, wie die Rechtsfrage, deretwegen das Verfahren ruht, zu entscheiden ist.

67

e) Ebenso wenig ist die Teileinspruchsentscheidung nichtig oder rechtswidrig, weil --wie der Kläger vorträgt-- unklar sei, ob der Einspruch bis zur Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren X R 9/07 oder bis zur endgültigen Klärung durch das BVerfG ruhe, bei dem das Verfahren inzwischen anhängig sei.

68

Nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruht das Einspruchsverfahren, soweit der Einspruchsführer seinen Einspruch auf ein Verfahren stützt, das wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder einer Rechtsfrage bei dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht anhängig ist. Ruht das Verfahren wie im Streitfall wegen einer durch den BFH zu klärenden Rechtsfrage, endet die Verfahrensruhe mit der Entscheidung des anhängigen Verfahrens, auf das sich der Einspruchsführer berufen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. November 2003 II B 68/02, BFH/NV 2004, 462; vom 24. Oktober 2006 X B 39/04, BFH/NV 2007, 258; BFH-Urteil in BFHE 215, 1, BStBl II 2007, 222, unter II.3.b). Das FA kann über den noch offenen Teil des Einspruchs ohne vorherige Mitteilung entscheiden, z.B. auch durch Allgemeinverfügung; eine Mitteilung nach § 363 Abs. 2 Satz 4 AO ist nur erforderlich, wenn das FA das Einspruchsverfahren trotz andauernder Zwangsruhe fortsetzen will (BFH-Urteil in BFHE 215, 1, BStBl II 2007, 222). Wird gegen die Entscheidung, deretwegen das Einspruchsverfahren ruhte, Verfassungsbeschwerde erhoben, setzt sich die Zwangsruhe nicht "automatisch" fort. Der Einspruchsführer muss vielmehr, bevor über den noch ruhenden Teil des Einspruchs entschieden wird, seinen Einspruch auf die Verfassungsbeschwerde erstrecken (Urteile des FG Baden-Württemberg vom 27. Mai 2008  4 K 340/06, EFG 2008, 1352, und des FG Hamburg vom 31. Juli 2009  1 K 4/09, EFG 2010, 109).

69

Der Kläger hat sich auf das Verfahren X R 9/07 berufen; insoweit ruht das Verfahren kraft Gesetzes. Das FA hat deshalb insoweit über den Einspruch nicht entschieden. Es hat im Tenor unter Hinweis auf das BFH-Verfahren X R 9/07 genau umschrieben, über welchen Teil des Einspruchs nicht entschieden wird, nämlich soweit er die Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG betrifft. Damit steht zweifelsfrei fest, dass nur unentschieden bleibt, ob die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG als Sonderausgaben der Höhe nach beschränkt oder als Werbungskosten in voller Höhe abziehbar sind. In den Gründen der Teileinspruchsentscheidung wird ausgeführt, dass das Verfahren hinsichtlich der Steuerfestsetzung des nicht entschiedenen Teils weiterhin gemäß § 363 Abs. 2 AO ruht und insoweit keine Bestandskraft eintritt.

70

Mit dem Urteil des BFH vom 18. November 2009 X R 9/07 (BFH/NV 2010, 412) endete die gesetzliche Verfahrensruhe, sodass das FA über diesen Teil des Einspruchs ebenfalls entscheiden könnte, sofern der Kläger sich nicht auf die beim BVerfG gegen dieses Urteil anhängige Verfassungsbeschwerde 2 BvR 290/10 beruft.

71

4. Anders als der Kläger ist der Senat der Auffassung, dass das JStG 2007 und damit auch der durch das JStG 2007 eingeführte § 367 Abs. 2a AO verfassungsmäßig zustandegekommen ist. Eine Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG kommt daher nicht in Betracht.

72

a) Die Rüge des Klägers, § 367 Abs. 2a AO sei nicht Gegenstand der ersten Lesung gewesen, ergibt keinen Verfassungsverstoß.

73

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 16/2712, 16/3036), der § 367 Abs. 2a AO noch nicht enthielt, in seiner Sitzung am 28. September 2006 dem Finanzausschuss zur federführenden Beratung sowie weiteren Ausschüssen zur Mitberatung überwiesen. In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 8. November 2006 und in dem Bericht des Finanzausschusses vom 9. November 2006 war der vom Bundesrat zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokratieabbau vorgeschlagene § 367 Abs. 2a AO eingefügt (BTDrucks 16/3325, S. 54, 55; BTDrucks 16/3368, S. 6, 25). Die zweite Beratung des Entwurfs des JStG 2007 fand am 9. November 2006 statt. Laut Plenarprotokoll 16/63 (S. 6224, 6232) wurde der Gesetzentwurf, für den eine Aussprache von einer halben Stunde vorgesehen war, in zweiter Beratung angenommen, an die sich nach Aufruf der dritten Beratung die Schlussabstimmung anschloss.

74

Nach § 78 Abs. 1 GO BT werden Gesetzentwürfe zwar in drei Beratungen behandelt. Entgegen der Auffassung des Klägers muss eine vom Gesetzentwurf in erster Beratung abweichende Beschlussempfehlung aber nicht Gegenstand einer erneuten ersten Beratung sein. Nach dem Plenarprotokoll (16/54, S. 5274) fand in der ersten Beratung in Übereinstimmung mit § 79 GO BT keine allgemeine Aussprache statt, sondern der Gesetzentwurf wurde gemäß § 80 Abs. 1 GO BT an die entsprechenden Ausschüsse überwiesen. Nach Verteilung der Beschlussempfehlung und des Ausschussberichts begann wie in § 81 GO BT vorgesehen die Aussprache, für die eine halbe Stunde vorgesehen war. Da in zweiter Beratung keine Änderungen beschlossen wurden, folgten gemäß § 84 Satz 1 Buchst. a GO BT unmittelbar im Anschluss die dritte Beratung und die Schlussabstimmung (§ 86 Sätze 1 und 2 GO BT). Es gibt auch kein verfassungsrechtliches Prinzip, das drei Beratungen erfordert (vgl. BVerfG-Urteil vom 6. März 1952  2 BvE 1/51, BVerfGE 1, 144).

75

b) Auch die Rüge des Klägers, die zweite Beratung des JStG 2007 habe entgegen § 81 Abs. 1 Satz 2 GO BT bereits vor dem zweiten Tag nach Verteilung der Beschlussempfehlung und des Ausschussberichts stattgefunden, begründet keine formelle Verfassungswidrigkeit des JStG 2007.

76

Zwar fand die zweite Beratung des JStG 2007 schon am 9. November 2006 statt, obwohl der Finanzausschuss den Gesetzentwurf erst am 8. November 2006 abschließend beraten hatte und die mitberatenden Ausschüsse sich ebenfalls erst am 8. November 2006 mit der Vorlage befasst hatten, sodass die Frist für den Beginn der zweiten Beratung --am zweiten Tag nach Verteilung der Beschlussempfehlung und des Ausschussberichts-- nicht eingehalten war. Aus dem Plenarprotokoll ergibt sich auch nicht, dass die Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 GO BT für eine Fristverkürzung vorgelegen haben. Dieser Verstoß gegen die GO BT führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des JStG 2007.

77

Bei der GO BT handelt es sich um eine autonome Satzung, deren Bestimmungen nur die Mitglieder des Bundestages binden. Ungeachtet ihrer großen Bedeutung für das materielle Verfassungsrecht und das Verfassungsleben folgt aus dieser Rechtsnatur der GO BT, dass sie der geschriebenen Verfassung und den Gesetzen im Range nachsteht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 1, 144). Es ist daher fraglich, ob Verstöße gegen Bestimmungen der GO BT überhaupt zur Unwirksamkeit eines Gesetzes führen können (offen gelassen im BVerfG-Beschluss vom 8. Dezember 2009  2 BvR 758/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2010, 308, betr. Verletzung des § 78 Abs. 5 GO BT, den Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zuzuleiten). Zur formellen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes können jedenfalls nur schwerwiegende, die grundgesetzlichen Verfahrensvorschriften (Art. 76 bis 78 GG) berührende Verstöße führen (vgl. Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 10. Aufl., Art. 40 Rz 9; Rubel in Umbach/Clemens, Grundgesetz, Art. 77 Rz 16). Hierzu gehört die Verletzung der Frist nach § 81 Abs. 1 GO BT nicht.

78

Ein wesentlicher Teil der Parlamentsarbeit wird traditionell außerhalb des Plenums geleistet. Die GO BT trägt dem faktischen Zwang zur Arbeitsteilung im parlamentarischen Bereich zunächst dadurch Rechnung, dass sie die Einrichtung von Ausschüssen (§§ 54 ff. GO BT) vorsieht. In ihnen vollzieht sich ein wesentlicher Teil des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses des Bundestages. Die Arbeit der Fraktionen (§§ 10 ff. GO BT) erreicht grundsätzlich alle Abgeordneten des Parlaments. Die Schlussabstimmung nach Beratung im Plenum bildet einen zwar rechtlich notwendigen, zuweilen in seiner politischen Bedeutung jedoch geminderten letzten Teilakt der parlamentarischen Willensbildung, während die Entscheidung in Wirklichkeit bereits in den Ausschüssen und Fraktionen gefallen ist (BVerfG-Beschluss vom 10. Mai 1977  2 BvR 705/75, BVerfGE 44, 308). Vor diesem Hintergrund ist die Nichteinhaltung der in § 81 Abs. 1 GO BT vorgegebenen Frist (kein Beginn der zweiten Beratung vor dem zweiten Tag nach Verteilung der Beschlussempfehlung und des Ausschussberichts) kein schwerwiegender, zur formellen Verfassungswidrigkeit führender Verstoß, zumal die Abgeordneten zu Beginn der zweiten Beratung der vorgeschlagenen Aussprache von einer halben Stunde laut Plenarprotokoll (16/63, S. 6224) nicht widersprochen und damit zum Ausdruck gebracht haben, dass die Vorbereitungszeit ausreichte. Lediglich ein Abgeordneter mahnte an, künftig die Fristen einzuhalten. Da der Ablauf des Verfahrens bis zum Gesetzesbeschluss in Art. 77 Abs. 1 Satz 1 GG nicht geregelt ist und die Fristbestimmung in § 81 Abs. 1 GO BT weder Verfassungsgewohnheitsrecht ist noch zu den unabdingbaren Grundsätzen der demokratischen rechtsstaatlichen Ordnung gehört (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 14. Oktober 1970  1 BvR 307/68, BVerfGE 29, 221), kann die Nichteinhaltung der Frist nicht zur formellen Verfassungswidrigkeit des JStG 2007 führen.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16. Februar 2016  7 V 237/15 insoweit aufgehoben, als er die Vollziehung des Bescheides über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2014 vom 16. September 2015 über die Berücksichtigung eines um 72 € je Kind (zusammen 144 €) erhöhten Kinderfreibetrages hinaus aufgehoben hat.

Der über die Berücksichtigung eines um 144 € erhöhten Kinderfreibetrages hinausgehende Antrag auf Aufhebung der Vollziehung wird abgelehnt.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Das Verfahren betrifft die Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibeträge für das Jahr 2014.

2

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) ist verwitwet und alleinerziehende Mutter. Ihre beiden Töchter wurden in den Jahren 1993 und 1998 geboren und befanden sich im Streitjahr (2014) in Ausbildung. Die Familienkasse zahlte für die Töchter Kindergeld in Höhe von jeweils 2.208 €.

3

Im Einkommensteuerbescheid 2014 zog der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) für die Töchter Freibeträge in der gemäß § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Streitjahr 2014 geltenden Höhe von jeweils 7.008 € ab (4.368 € für das sächliche Existenzminimum und 2.640 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf). Zusätzlich zog das FA für die 1993 geborene Tochter gemäß § 33a Abs. 2 EStG einen Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs wegen auswärtiger Unterbringung in Höhe von 924 € ab. Der Abzug der steuerlichen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG war für die Antragstellerin günstiger als das Kindergeld. Im Gegenzug erhöhte das FA nach §§ 31, 2 Abs. 6 Satz 3 EStG die sich unter Abzug dieser Freibeträge ermittelte Einkommensteuer um das Kindergeld.

4

Mit ihrem Einspruch hiergegen machte die Antragstellerin unter Hinweis auf den Neunten Existenzminimumbericht (Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2014 in der vom Bundeskabinett am 7. November 2012 beschlossenen Fassung, BTDrucks 17/11425) geltend, die Kinderfreibeträge 2014 seien aus mehreren Gründen verfassungswidrig zu niedrig. Das Einspruchsverfahren ist noch anhängig.

5

Die Antragstellerin beantragte, insoweit die Vollziehung des Bescheides für 2014 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag auszusetzen. Das FA lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ab.

6

Der beim Finanzgericht (FG) gestellte --und nach Zahlung der Einkommensteuer auf Aufhebung der Vollziehung gerichtete-- Antrag hatte zum Teil Erfolg. Das FG ging in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 656 veröffentlichten Beschluss davon aus, dass die den Kinderfreibetrag regelnde Vorschrift in § 32 Abs. 6 EStG im Streitjahr 2014 aus mehreren Gründen verfassungswidrig sei.

7

So sei die im Neunten Existenzminimumbericht (BTDrucks 17/11425) von der Bundesregierung beschlossene Anhebung des Kinderfreibetrages 2014 auf 4.440 € erst für 2015 erfolgt. Der in § 32 Abs. 6 EStG vorgesehene Freibetrag von 4.368 € sei um 72 € zu niedrig und insoweit verfassungswidrig.

8

Darüber hinaus bestünden an der Höhe des Kinderfreibetrages für 2014 verfassungsrechtliche Zweifel, soweit diese für das sächliche Existenzminimum auf dem errechneten Durchschnittssatz basiere und unter dem im Existenzminimumbericht selbst festgesetzten sozialhilferechtlichen Existenzminimum liege.

9

Die folgerichtige Ermittlung des gewichteten durchschnittlichen monatlichen Regelbedarfs eines Kindes ergäbe einen Regelsatz von 3.540 €, der um 444 € über dem im Neunten Existenzminimumbericht angesetzten durchschnittlichen Regelsatz (3.096 €) liege. Der Freibetrag für die jüngere Tochter sei deshalb um weitere 444 € zu erhöhen.

10

Zudem habe der Gesetzgeber zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums für einen als Kind i.S. des § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Erwachsenen keine Ermittlungen zur Höhe des Existenzminimums angestellt, sondern wende den sich für eine Vergleichsgruppe mit anders geartetem Bedarf --minderjährige Kinder-- ergebenden Durchschnittsbetrag an. Das sei nicht vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt. Folgerichtig sei ein dem Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 EStG (im Streitjahr 8.354 €) entsprechender Freibetrag zu berücksichtigen. Da dieser um 1.346 € über dem für die ältere Tochter berücksichtigten Freibetrag von 7.008 € liege, sei der Kinderfreibetrag für die ältere Tochter um 1.346 € zu erhöhen.

11

Diese verfassungsrechtlichen Zweifel müssten auch im AdV-Verfahren berücksichtigt werden.

12

Hiergegen wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Beschwerde.

13

Das FA beantragt,
den AdV-Beschluss des FG vom 16. Februar 2016  7 V 237/15 insoweit aufzuheben, als das FG dem Antrag auf AdV über die Berücksichtigung eines um 72 € je Kind erhöhten Kinderfreibetrages hinaus entsprochen hat.

14

Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

16

1. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des FG über die AdV nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist statthaft, da sie vom FG zugelassen wurde (§ 128 Abs. 3 Satz 1 FGO).

17

2. Sie ist auch begründet. Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang wird der darüber hinausgehende Antrag auf AdV abgelehnt.

18

a) Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt --wie vorliegend-- im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aussetzung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Januar 2015 XI B 112/14, BFH/NV 2015, 537, Rz 15).

19

aa) Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 und 3 FGO können auch verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm sein (BFH-Beschlüsse vom 22. Dezember 2003 IX B 177/02, BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367, Rz 10; vom 6. November 2001 II B 85/01, BFH/NV 2002, 508, Rz 11; vom 5. März 2001 IX B 90/00, BFHE 195, 205, BStBl II 2001, 405, Rz 13).

20

bb) Wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes kommt in Fällen, in denen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen, eine Aufhebung der Vollziehung nur in Betracht, wenn ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorliegt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558, Rz 11; vom 27. August 2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18, Rz 13; vom 6. November 2001 II B 85/01, BFH/NV 2002, 508, 2. Leitsatz; vom 30. Januar 2001 VII B 291/00, BFH/NV 2001, 1031, 3. Leitsatz und Rz 11; vom 19. August 1994 X B 318, 319/93, BFH/NV 1995, 143, Rz 15; vom 17. März 1994 VI B 154/93, BFHE 173, 554, BStBl II 1994, 567, Rz 16; vom 9. November 1992 X B 137/92, BFH/NV 1994, 324, 4. Orientierungssatz sowie Rz 18; vom 21. Mai 1992 X B 106/91, BFH/NV 1992, 721, Rz 15; vom 20. Mai 1992 III B 100/91, BFHE 168, 174, BStBl II 1992, 729, Rz 25; vom 14. April 1992 VIII B 114/91, BFH/NV 1993, 165, Rz 30; vom 1. April 1992 III B 137/91, BFH/NV 1992, 598, Rz 14; vom 20. Juli 1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104, Rz 13; vom 2. August 1988 III B 12/88, BFHE 154, 123, Rz 15; vom 6. November 1987 III B 101/86, BFHE 151, 428, BStBl II 1988, 134, Rz 32; offengelassen in BFH-Beschlüssen vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826, Rz 18; vom 23. August 2007 VI B 42/07, BFHE 218, 558, BStBl II 2007, 799, Rz 18; vom 2. August 2007 IX B 92/07, BFH/NV 2007, 2270, Rz 21; vom 31. Januar 2007 VIII B 219/06, BFH/NV 2007, 914, Rz 12; vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, Rz 16; in BFHE 195, 205, BStBl II 2001, 405, Rz 22).

21

Das Erfordernis eines besonderen berechtigten Interesses des Antragstellers ist zwar im Schrifttum umstritten (z.B. Seer, in Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2001, 3, 17 f.; ders., in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 69 Tz. 97; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 69 FGO Rz 190; Schallmoser, Deutsches Steuerrecht 2010, 297; Drüen, in Finanz-Rundschau 1999, 289; a.A. aber Klaus J. Wagner, Über effektiven vorläufigen Rechtsschutz im finanzgerichtlichen Verfahren, Festschrift für Kruse, 735, 751 ff.; Gosch in Beermann/Gosch, § 69 FGO Rz 129 ff., 180, 180.1, m.w.N.), vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aber ausdrücklich gebilligt (BVerfG-Beschlüsse vom 3. April 1992  2 BvR 283/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1992, 726, 2. Orientierungssatz; vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, Information StW 1989, 335, 2. Orientierungssatz).

22

Der Senat hält an der ständigen Rechtsprechung des BFH fest. Die Ausführungen des FG, die sich weder mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG noch mit der des BFH auseinandersetzen und sich darauf beschränken, auf seine eigenen Beschlüsse vom 22. September 2015  7 V 89/14 (EFG 2016, 63) und vom 6. Januar 2011  7 V 66/10 (EFG 2011, 827) zu verweisen, bieten keinen Anlass für eine Änderung der Rechtsprechung.

23

b) Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist somit erforderlich, um eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten zu vermeiden, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. August 2002  1 BvR 1790/00, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3691, Rz 13; vom 16. Mai 1995  1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1, 14, Rz 28; vom 25. Oktober 1988  2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 1. Leitsatz).

24

aa) Diese Voraussetzung hat der BFH in verschiedenen Fallgruppen als erfüllt angesehen, und zwar, wenn

25

- das zuständige Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer streitentscheidenden Vorschrift überzeugt ist und diese deshalb gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt hat (BFH-Beschlüsse vom 23. April 2012 III B 183/11, BFH/NV 2012, 1173, Rz 15; vom 26. Januar 2010 VI B 115/09, BFH/NV 2010, 935, Rz 20; in BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367, Rz 21),

26

- ein beim BFH anhängiges Verfahren, das für die Beantwortung von Rechtsfragen vorgreiflich ist, im Hinblick auf mehrere beim BVerfG anhängige Verfahren der konkreten Normenkontrolle ruht (BFH-Beschluss vom 21. Mai 2010 IV B 88/09, BFH/NV 2010, 1613, Rz 17),

27

- wenn dem Steuerpflichtigen durch den sofortigen Vollzug irreparable Nachteile drohen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1994, 324, Rz 18; in BFH/NV 1995, 143, Rz 15),

28

- wenn das zu versteuernde Einkommen abzüglich der darauf zu entrichtenden Einkommensteuer unter dem sozialhilferechtlich garantierten Existenzminimum liegt (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 1991 III B 555/90, BFHE 164, 570, BStBl II 1991, 876, 1. Leitsatz; vom 29. Oktober 1991 III B 83/91, BFH/NV 1992, 246, Rz 13),

29

- wenn das BVerfG eine ähnliche Vorschrift für nichtig erklärt hatte (BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2000 IX B 128/99, BFHE 194, 157, BStBl II 2001, 411, Rz 14),

30

- wenn der BFH die vom Kläger als verfassungswidrig angesehene Vorschrift bereits dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hatte (BFH-Beschlüsse in BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, Rz 9; in BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367, Rz 21; vom 30. November 2004 IX B 120/04, BFHE 208, 213, BStBl II 2005, 287, Rz 8; in BFH/NV 2007, 914, Rz 8).

31

bb) Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen kommt vorliegend eine über den Antrag des FA hinausgehende Aufhebung der Vollziehung nicht in Betracht. Es liegt ersichtlich keine der unter II.2.b aa genannten Fallgruppen vor. Die Verfassungswidrigkeit des § 32 Abs. 6 EStG in seiner im Streitjahr geltenden Fassung einmal unterstellt, würde es sich im konkreten Einzelfall auch allenfalls um eine den Randbereich der Grundrechte berührende Verletzung handeln. Denn die Belastung durch einen um 1.862 € zu niedrigen Kinderfreibetrag fällt bei einer Steuerpflichtigen, deren Einkommensverhältnisse dergestalt sind, dass für sie die Inanspruchnahme des Freibetrages günstiger ist als das Kindergeld, nicht so schwerwiegend ins Gewicht, dass durch die Aufrechterhaltung des Vollzuges bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens irreparable Nachteile drohen. In einem Fall eher geringfügiger Belastung, die ohne Weiteres in einem Hauptsacheverfahren beseitigt werden kann, sind die Voraussetzungen für die Aufhebung der Vollziehung wegen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift nicht erfüllt (vgl. die ausdrücklich zum Kinderfreibetrag ergangenen BFH-Beschlüsse in BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104, 2. Leitsatz sowie Rz 13; in BFHE 154, 123, Rz 14, 16).

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 4. Dezember 2008  3 K 28/06 aufgehoben.

Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Ehefrau wurden in den Jahren 2000 bis 2004 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in allen Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, im Jahr 2000 zusätzlich solche aus Kapitalvermögen. Die Ehefrau erzielte keine Einkünfte. Die Eheleute haben vier volljährige Kinder. In den Streitjahren bezogen sie teils für drei, teils für zwei Kinder Kindergeld.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer gegen die Eheleute für das Jahr 2000 mit Bescheid vom 28. Januar 2002 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 120.792 DM auf 28.308 DM, für das Jahr 2001 mit Bescheid vom 12. Februar 2003 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 116.745 DM auf 24.886 DM, für das Jahr 2002 mit Bescheid vom 28. April 2004 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 48.530 € auf 14.586 €, für das Jahr 2003 mit Bescheid vom 8. November 2004 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 50.658 € auf 13.416 € und für das Jahr 2004 mit Bescheid vom 17. August 2005 bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 55.971 € auf 12.448 € fest. Die Einkommensteuerbescheide sind hinsichtlich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen vorläufig (§ 165 Abs. 1 der Abgabenordnung). Die vom Kläger geltend gemachten Abzugsbeträge für Vorsorgeaufwendungen lagen jeweils über den abziehbaren Höchstbeträgen, wobei das FA in allen Streitjahren die gesetzlichen Höchstbeträge berücksichtigt hatte. Daneben kamen in allen Streitjahren Ausbildungsfreibeträge für auswärtig untergebrachte volljährige Kinder zum Abzug, und zwar für das Jahr 2000 in Höhe von 6.825 DM, für das Jahr 2001 in Höhe von 12.140 DM, für die Jahre 2002 und 2003 in Höhe von 2.772 € und für das Jahr 2004 in Höhe von 1.848 €. Für die Jahre 2000 und 2001 berücksichtigte das FA keine Freibeträge nach § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG), im Jahr 2002 dagegen für drei Kinder, im Jahr 2003 für zwei Kinder und im Jahr 2004 für ein Kind. In den Jahren 2002 bis 2004 wurde die tarifliche Einkommensteuer entsprechend um das Kindergeld erhöht (§ 31 EStG).

3

Die gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2004 allein vom Kläger eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 27. Dezember 2005). Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen von beiden Ehegatten gemeinsam erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 485 veröffentlichten Urteil vom 4. Dezember 2008  3 K 28/06 ab.

4

Mit der Revision rügt der Kläger eine verfassungswidrige Besteuerung, insbesondere eine nicht ausreichende Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums der Familie. Die §§ 31, 32, 32a EStG verstießen gegen das grundgesetzliche Postulat des Schutzes der Familie und des Existenzminimums.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die angegriffenen Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2004 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuerfestsetzungen auf die Beträge herabgesetzt werden, die sich bei Berücksichtigung des jeweils verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums ergeben,
hilfsweise, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

6

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 hat der Senat das Revisionsverfahren des Klägers bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 288/10 gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. November 2009 X R 34/07 (BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414) ausgesetzt. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 13. Juli 2016  2 BvR 288/10, nicht veröffentlicht).

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

Zwar begegnen die Höhe der Grundfreibeträge (dazu 1.), die Regelung des Familienleistungsausgleichs (dazu 2.) einschließlich der Kinder- und Betreuungsfreibeträge (dazu 3. und 4.) in den Streitjahren 2000 bis 2004 keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln; das FG hat auch zu Recht den Abzug des vom Kläger geltend gemachten Schulgeldes (dazu 5.) und eine vollständige Anerkennung der geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen (dazu 6.) abgelehnt. Nach der jüngst geänderten Rechtsprechung des VI. Senats des BFH kommt aber ein Abzug von zusätzlich zu berücksichtigendem Aufwand als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Betracht (dazu 7.); die hierfür erforderlichen Feststellungen hat das FG noch zu treffen (dazu 8.).

10

1. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die in den Streitjahren 2000 bis 2004 für den Kläger und seine Ehefrau gemäß § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 EStG berücksichtigten Grundfreibeträge in Höhe von zusammen 26.998 DM (2000), 28.186 DM (2001), 14.470 € (2002, 2003) und 15.328 € (2004) keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen, da sie dem verfassungsrechtlichen Gebot genügen, existenzsichernden Aufwand von der Einkommensteuer zu verschonen.

11

a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG muss dem Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und --unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)-- desjenigen seiner Familie bedarf (Existenzminimum; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153; BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 115).

12

aa) Die Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums hängt von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf ab. Diesen einzuschätzen ist Aufgabe des Gesetzgebers. Soweit der Gesetzgeber jedoch sozialrechtlich den Mindestbedarf bestimmt hat, den der Staat bei einem mittellosen Bürger im Rahmen sozialstaatlicher Fürsorge durch Staatsleistungen zu decken hat, darf das von der Einkommensteuer zu verschonende Existenzminimum diesen Betrag jedenfalls nicht unterschreiten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153; BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 116, m.w.N.).

13

bb) Das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums fordert nach gefestigter Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, 259 f., m.w.N.), dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freigestellt wird. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist der sich aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz, dass der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen muss, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird. Der existenznotwendige Bedarf bildet von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet darüber hinaus, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss (z.B. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 117, m.w.N.).

14

cc) Die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen müssen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- bemessen werden. Dessen Untergrenze ist durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollen, verbrauchsbezogen ermittelt und auch regelmäßig den veränderten Lebensverhältnissen angepasst werden. Mindestens das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt, muss er dem Einkommensbezieher von dessen Erwerbsbezügen belassen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 118, m.w.N.).

15

dd) Die Maßgröße für das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum ist demnach der im Sozialhilferecht jeweils anerkannte Mindestbedarf. Zur Ermittlung eines Anpassungsbedarfs bei der Festlegung des steuerfreien Existenzminimums legt die Bundesregierung gemäß dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 2. Juni 1995 alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern vor (z.B. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 119, m.w.N.).

16

b) Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der im Streitfall berücksichtigten Grundfreibeträge für die Jahre 2000 und 2001 entnimmt der Senat dem "Dritten Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 2001" vom 4. Januar 2000 (Dritter Existenzminimumbericht; BTDrucks 14/1926). Zwar wäre für das Jahr 2000 der "Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 1999" (BTDrucks 13/9561) heranzuziehen. Berücksichtigt aber der Grundfreibetrag des Streitjahres 2000 das für das Jahr 2001 steuerlich zu verschonende Existenzminimum in ausreichender Höhe, ist angesichts steigender Lebenshaltungskosten auch das Existenzminimum für das Streitjahr 2000 gewahrt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der im Dritten Existenzminimumbericht in Orientierung am Sozialhilfebedarf ermittelten Beträge --welche die Grundlage für die Bemessung des jeweils steuerfrei zu stellenden Existenzminimums bilden-- hat der Kläger nicht geltend gemacht; sie sind auch sonst nicht ersichtlich (dazu aa bis ee und II.1.d).

17

aa) Der Dritte Existenzminimumbericht berechnet unter Ziff. 4.1 für das Jahr 2001 ein durchschnittliches Regelsatzniveau für Ehepaare in Höhe von 11.988 DM (999 DM/Monat). Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Bundesregierung bei der Berechnung des sächlichen Existenzminimums von Ehegatten davon ausgeht, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen erspart werden und deshalb zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (vgl. BVerfG-Urteil vom 9. Februar 2010  1 BvL 1, 3-4/09, BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.b, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 125, m.w.N.). Aus einem Vergleich mit den Beträgen des "Berichts über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2003" vom 4. Dezember 2001 (Vierter Existenzminimumbericht; BTDrucks 14/7765 --neu--) wird zudem ersichtlich, dass das Regelsatzniveau für das Jahr 2001 auf der Grundlage realitätsbezogener Annahmen ermittelt worden ist. Denn hiernach belief sich der durchschnittliche Regelsatz für das Jahr 2001 für Ehepaare auf 6.132 €/Jahr (511 €/Monat; vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1); dies entspricht ca. 11.993 DM/Jahr. Die im Dritten Existenzminimumbericht für das Jahr 2001 prognostizierten Regelsätze lagen damit nur geringfügig unterhalb des im Vierten Existenzminimumbericht für 2001 ermittelten durchschnittlichen Regelsatzniveaus.

18

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, sind für Ehepaare 1.848 DM/Jahr angesetzt (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.2). Das BVerfG hat unter Bezugnahme auf den Vierten Existenzminimumbericht die dort in Ansatz gebrachte einmalige Beihilfe für Alleinstehende und das dergestalt ermittelte Ergebnis --das mit der im Dritten Existenzminimumbericht angewandten Ermittlungsmethode für einmalige Leistungen für Ehepaare und Kinder übereinstimmt-- als nicht evident fehlerhaft bewertet (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.a, und Senatsbeschluss vom 5. August 2011 III B 158/10, BFH/NV 2011, 1870, Rz 10, m.w.N.).

19

cc) Für Kosten der Unterkunft hat die Bundesregierung eine im Existenzminimum zu berücksichtigende Jahreskaltmiete für 2001 in Höhe von 6.528 DM berechnet (9,07 DM/qm/Monat Miete bei einer Wohnfläche bis maximal 60 qm; vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.3).

20

Im Gegensatz zum Sozialrecht, in dem die tatsächlichen Kosten für eine angemessene Unterkunft erstattet werden, können die Kosten für die Unterkunft im Steuerrecht nur pauschal berücksichtigt werden. Grund dafür ist die unterschiedliche Zielsetzung der nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbesteuerung auf der einen und des am Bedürfnisprinzip orientierten Sozialrechts auf der anderen Seite (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 126). Die vergröbernde, die Abwicklung von Massenverfahren erleichternde Typisierung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413, unter C.I.3.b, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 127 f., m.w.N.). Der Senat ist --in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des X. Senats des BFH-- der Auffassung, dass die Berücksichtigung von Aufwand für eine Wohnung mit bis zu 60 qm Wohnfläche und einfacher Ausstattung für die Bemessung des steuerlichen Existenzminimums bei Ehegatten angemessen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 131 f., m.w.N.). Die maßgebliche Quadratmetermiete ist aus der Wohngeldstatistik 1998 abgeleitet und wurde für den Zeitraum 1999 bis 2001 mit einer durchschnittlichen Mietsteigerung von 2 % fortgeschrieben. Aus der Wohngeldstatistik 2001 wird ersichtlich, dass die im Dritten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachte Quadratmetermiete auch auf einer realitätsgerechten Annahme beruht. Denn die durchschnittliche monatliche Bruttokaltmiete für Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 40 qm und 60 qm lag hiernach bei 5,01 €/qm (vgl. "Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2005" --Fünfter Existenzminimumbericht--; BTDrucks 15/2462, unter Ziff. 4.2); dies entspricht einer durchschnittlichen Monatsmiete von ca. 9,80 DM/qm und liegt damit nur geringfügig über der im Dritten Existenzminimumbericht prognostizierten Quadratmetermiete.

21

dd) Der für Ehepaare in Ansatz gebrachte Aufwand für Heizkosten beträgt nach dem Dritten Existenzminimumbericht ca. 1.416 DM/Jahr (118 DM/Monat) und berechnet sich auf Basis der in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1993 ausgewiesenen Kosten für Heizung und Warmwasseraufbereitung (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.4). Die EVS liefert eine realitätsnahe Ermittlungsgrundlage und bildet in statistisch zuverlässiger Weise das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung ab (BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.3.b bb). Der in der EVS 1993 ausgewiesene Gesamtbetrag für Heizung und Warmwasser wurde pauschal um 25 % gemindert, weil die Kosten für die Warmwasseraufbereitung bereits in den Leistungen enthalten seien, die mit den Regelsätzen abgegolten würden (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.4).

22

Für den Senat sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Bemessung der jährlichen Heizkosten der Höhe nach verfassungsrechtlich zu beanstanden sein könnte. Auch das Bundessozialgericht (BSG) und das Schrifttum gehen davon aus, dass die Kosten der Warmwasserbereitung vom Regelsatz umfasst werden (vgl. z.B. BSG-Urteil vom 27. Februar 2008 B 14/11AS 15/07 R, BSGE 100, 94, m.w.N.; Hofmann, in: Lehr- und Praxiskommentar Bundessozialhilfegesetz, 6. Aufl., § 12 Rz 56 ff.; Mergler/Zink, Bundessozialhilfegesetz, § 12 Rz 13 f., 14.3). Ein Vergleich mit den in der "Gesamtausgabe der Energiedaten – Datensammlung" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) dargestellten Energiedaten zeigt zudem, dass die im Dritten Existenzminimumbericht angesetzten Heizkosten ausreichend sind. Denn hiernach beliefen sich die Ausgaben privater Haushalte im Jahr 2001 für Wärme pro qm Wohnfläche auf 9,85 € (Quelle: www.bmwi.de); bei einer Wohnfläche von 60 qm somit auf rund 1.156 DM/Jahr. Die im Dritten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachten Heizkosten liegen auch über den vom X. Senat aus dem Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes und dem bundesweiten Heizkostenspiegel abgeleiteten durchschnittlichen Heizkosten für das Jahr 2005 (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 135, m.w.N.).

23

ee) Die Bundesregierung hat somit im Dritten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes Existenzminimum für Ehepaare in Höhe von 21.780 DM ermittelt (Regelsatz: 11.988 DM; einmalige Leistungen: 1.848 DM; Miete: 6.528 DM; Heizungskosten: 1.416 DM). Der einkommensteuerliche Grundfreibetrag im Fall der Zusammenveranlagung betrug im Streitjahr 2000  26.998 DM und im Streitjahr 2001  28.186 DM, und überstieg somit das von der Bundesregierung ermittelte steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum um 5.218 DM (2000) und 6.406 DM (2001).

24

c) Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der im Streitfall berücksichtigten Grundfreibeträge für die Jahre 2002 bis 2004 entnimmt der Senat dem Vierten Existenzminimumbericht für das Jahr 2003. Zwar wäre für das Jahr 2002 der Dritte Existenzminimumbericht für das Jahr 2001 heranzuziehen. Die Grundfreibeträge der Streitjahre 2002 und 2003 stimmen der Höhe nach aber überein (14.470 €); berücksichtigen diese somit das für das Jahr 2003 steuerlich zu verschonende Existenzminimum in ausreichender Höhe, ist auch das Existenzminimum für das Streitjahr 2002 gewahrt. Da der Existenzminimumbericht nur alle zwei Jahre vorzulegen ist, berücksichtigt der Vierte Existenzminimumbericht zudem prognostiziert --auch wenn er dies nicht ausdrücklich benennt-- die Freibeträge für das Jahr 2004 (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. November 2012 X B 48/11, BFH/NV 2013, 532, Rz 15, betreffend Fünfter Existenzminimumbericht). Der Kläger hat auch gegen die Höhe der im Vierten Existenzminimumbericht ermittelten Beträge keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend gemacht; solche sind auch sonst nicht ersichtlich (dazu aa bis ee und II.1.d).

25

aa) Die Bundesregierung hat für das Jahr 2003 einen durchschnittlichen Regelsatz für Ehepaare in Höhe von 6.420 €/Jahr (535 €/Monat) ermittelt (Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1). Ein Vergleich dieses Regelsatzniveaus mit den für das Jahr 2005 gemäß § 20 Abs. 2 und Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch i.d.F. vom 24. Dezember 2003 (SGB II a.F.) geltenden Regelleistungen für Ehepaare zeigt, dass die im Vierten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachten Regelleistungen auf einer realitätsbezogenen Annahme beruhen. Zwar belief sich der Regelsatz für Ehepaare hiernach für das Jahr 2005 auf gerundet 7.464 €/Jahr. Dieser deckte aber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den einmaligen Bedarf bereits mit ab (BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.1.c). Die Regelsätze für Alleinstehende und erwachsene Partner einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II a.F. waren nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums der Höhe nach auch nicht evident unzureichend (BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.).

26

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, werden für Ehepaare 1.008 €/Jahr in Ansatz gebracht (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.2). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b bb.

27

cc) Für die im Existenzminimum zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft hat die Bundesregierung eine Jahreskaltmiete in Höhe von 3.516 € berechnet (4,88 €/qm/Monat Miete bei einer Wohnfläche bis 60 qm; vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.3). Dieser aus der Wohngeldstatistik 1999 abgeleitete und fortgeschriebene Wert liegt nur geringfügig unterhalb der in der Wohngeldstatistik 2004 für eine Wohnung ab 60 qm Wohnfläche ausgewiesenen Quadratmetermiete, die hiernach gerundet 3.809 €/Jahr betrug (5,29 €/qm/Monat Miete; vgl. "Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2008" --Sechster Existenzminimumbericht--, BTDrucks 16/3265, unter Ziff. 4.2). Auch insoweit verweist der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b cc.

28

dd) Nach dem Vierten Existenzminimumbericht beträgt der für Ehepaare zu berücksichtigende Aufwand für Heizkosten 696 €/Jahr (58 €/Monat), wobei sich die Heizkosten auf Basis der EVS 1998 berechnen (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.4). Zwar wurde auch bei den in der EVS 1998 ausgewiesenen Aufwendungen für Heizung und Warmwasser eine Pauschale von 25 % in Abzug gebracht. Für den Senat sind aber auch hier keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Bemessung der jährlichen Heizkosten der Höhe nach verfassungsrechtlich zu beanstanden sein könnte. Denn die von der Bundesregierung im Vierten Existenzminimumbericht zugrunde gelegten Heizkosten liegen wiederum deutlich über den vom BMWi in der "Gesamtausgabe der Energiedaten - Datensammlung" ausgewiesenen Ausgaben privater Haushalte für Wärme pro qm Wohnfläche. Diese beliefen sich im Jahr 2003 auf 9,19 €/qm (Quelle: www.bmwi.de), bei einer Wohnfläche von 60 qm somit auf ca. 551 €/Jahr. Auch die im Vierten Existenzminimumbericht für das Jahr 2003 ermittelten Heizkosten liegen wiederum über den vom X. Senat für das Jahr 2005 abgeleiteten durchschnittlichen Heizkosten, wie schon unter II.1.b dd ausgeführt.

29

ee) Die Bundesregierung hat somit im Vierten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes Existenzminimum für Ehepaare in Höhe von 11.640 € ermittelt (Regelsatz: 6.420 €; einmalige Leistungen: 1.008 €; Kosten der Unterkunft: 3.516 €; Heizkosten: 696 €). Die einkommensteuerlichen Grundfreibeträge im Fall der Zusammenveranlagung betrugen für die Streitjahre 2002 und 2003 jeweils 14.470 € und für das Streitjahr 2004  15.328 €, und überstiegen somit die steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminima um 2.830 € (2002, 2003) und 3.688 € (2004).

30

d) Angesichts der vorstehenden Gründe genügen die Grundfreibeträge für zusammenveranlagte Steuerpflichtige in den Streitjahren 2000 bis 2004 der Höhe nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Denn sie liegen in sämtlichen Streitjahren über dem von der Bundesregierung jeweils ermittelten steuerlich zu verschonenden Existenzminimum (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags 2005 BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, Rz 110 ff.; BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 532, Rz 15, m.w.N.).

31

aa) Die Berechnungen des Klägers beruhen dagegen schon im Ansatz auf einer unzutreffenden rechtlichen Annahme, wenn er das von ihm für seine Familie ermittelte Existenzminimum vorweg von der Summe seiner Einkünfte abzieht. Denn der Gesetzgeber hat den Grundfreibetrag, der die Freistellung des Existenzminimums bezweckt, nicht als sachliche Steuerbefreiung sondern als Teil der Tarifvorschriften ausgestaltet (vgl. Senatsurteil vom 9. August 2001 III R 50/00, BFHE 196, 185, BStBl II 2001, 778, unter II.1.). Zwar bildet der existenznotwendige Bedarf von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Anders als der Kläger meint, bedeutet dies aber nicht, dass jeder Steuerpflichtige vorweg in Höhe eines nach dem Existenzminimum bemessenen Freibetrags verschont werden muss. Denn in welcher Weise der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Verschonung des Existenzminimums Rechnung trägt, ist ihm überlassen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, unter C.I.2., und Senatsurteil in BFHE 196, 185, BStBl II 2001, 778, unter II.2.b).

32

bb) Auch soweit der Kläger bei der Ermittlung des sächlichen Existenzminimums eine Pauschale für Krankenversicherungskosten in Ansatz bringt, beruhen seine Berechnungen auf einer unzutreffenden rechtlichen Annahme. Zwar können auch Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die Kranken- und Pflegeversorgung, insbesondere entsprechende Versicherungsbeiträge, Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein (vgl. BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, unter D.II.1., und BFH-Urteil vom 16. Februar 2011 X R 10/10, BFH/NV 2011, 977, Rz 24). Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers werden die Beiträge zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall in den Streitjahren aber über den Sonderausgabenabzug in § 10 EStG berücksichtigt; das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.III.1.).

33

cc) Der Kläger hat schließlich auch keinen (verfassungsrechtlichen) Anspruch auf eine gemeinsame Besteuerung mit seiner Ehefrau und seinen Kindern als Gesamtfamilie; denn die Verfassung gebietet nicht die Einführung eines dahingehenden Familienrealsplittings (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VI R 114/96, BFHE 183, 549, BStBl II 1997, 697, unter 4., und Senatsbeschluss vom 28. Februar 2012 III B 115/10, BFH/NV 2012, 942, Rz 5 ff., m.w.N.).

34

2. Auch § 31 EStG in den für die jeweiligen Streitjahre geltenden Fassungen verstößt --entgegen der Auffassung des Klägers-- weder gegen das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums (Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies hat das BVerfG für § 31 EStG in der für die Streitjahre 2000 bis 2003 maßgeblichen Fassung und der BFH für § 31 EStG in der für das Streitjahr 2004 maßgeblichen Fassung bereits entschieden. Gründe, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen, hat der Kläger nicht vorgebracht; solche sind auch nicht ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die BVerfG-Beschlüsse vom 6. Mai 2004  2 BvR 1375/03 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2004, 692), zu § 31 Satz 4 EStG, und vom 13. Oktober 2009  2 BvL 3/05 (BVerfGE 124, 282), zu § 31 Satz 5 EStG i.V.m. § 32 Abs. 6 EStG, sowie die BFH-Urteile vom 13. September 2012 V R 59/10 (BFHE 239, 59, BStBl II 2013, 228, Rz 18 ff., m.w.N.), und vom 20. Dezember 2012 III R 29/12 (BFH/NV 2013, 723, Rz 16 ff., m.w.N.), jeweils zu § 31 Satz 4 EStG.

35

3. Dem FG ist auch darin zu folgen, dass die in den Streitjahren 2000 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 EStG vorgesehenen Freibeträge für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) in Höhe von 6.912 DM (2000, 2001) und 3.648 € (2002, 2003, 2004) keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen, da auch sie dem verfassungsrechtlichen Gebot genügen, existenzsichernden Aufwand von der Einkommensteuer zu verschonen.

36

a) Im Hinblick auf das Kinderexistenzminimum gesteht das BVerfG dem Gesetzgeber einerseits zu, die steuerliche Entlastung für alle Altersstufen und im ganzen Bundesgebiet einheitlich festzulegen, erkennt andererseits aber, dass die Leistungen der Sozialhilfe weder für alle in Betracht kommenden Altersstufen der Kinder noch in allen Bundesländern einheitlich sind. Daraus folgert es, dass für den Vergleich aus den unterschiedlichen Sätzen ein Durchschnittssatz des im Sozialhilferecht anerkannten Bedarfs gebildet werden muss (vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 2014 III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032, Rz 20, m.w.N.).

37

b) Der für zusammenveranlagte Steuerpflichtige in den Streitjahren 2000 und 2001 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG jeweils zu gewährende Kinderfreibetrag betrug für jedes zu berücksichtigende Kind 6.912 DM. Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der Kinderfreibeträge für die Jahre 2000 und 2001 entnimmt der Senat wiederum dem Dritten Existenzminimumbericht für das Jahr 2001 und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit (sinngemäß) auf die Ausführungen unter II.1.b Bezug. Anders als der Kläger meint, bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der im Dritten Existenzminimumbericht ermittelten Beträge zur Bemessung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Kindern (dazu aa bis ee und II.3.d).

38

aa) Für das Jahr 2001 hat die Bundesregierung einen durchschnittlichen Regelsatz für ein Kind in Höhe von 4.308 DM/Jahr (359 DM/Monat) berechnet (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.1, 4.1). Das entspricht ca. 64,72 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes. Dieser Anteil wurde als gewichteter Durchschnitt der nach Alter gestaffelten Regelsätze für minderjährige Kinder errechnet (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1). Das ist methodisch nicht zu beanstanden (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1032, Rz 23, m.w.N.). Ein Vergleich mit den Werten des Vierten Existenzminimumberichts zeigt, dass der im Dritten Existenzminimumbericht geschätzte Betrag auch auf einer realitätsgerechten Annahme beruht. Denn hiernach belief sich der durchschnittliche Regelsatz für 2001 für ein Kind auf ca. 2.206 €/Jahr (64,72 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes); dies entspricht gerundet 4.314 DM/Jahr (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 4.1, 5.1.1).

39

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, sind für Kinder 20 % des Regelsatzes berücksichtigt, mithin 864 DM/Jahr (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.2, 4.2). Im Übrigen nimmt der Senat auf die Ausführungen unter II.1.b bb Bezug.

40

cc) Bei den Kosten der Unterkunft hat die Bundesregierung für ein Kind eine Wohnfläche von 12 qm ermittelt und eine Jahreskaltmiete in Höhe von 1.308 DM berechnet (9,07 DM/qm/Monat; vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.3).

41

Die Kriterien für die Ermittlung des sozialrechtlichen Mindestbedarfs hat das BVerfG dahingehend präzisiert, dass der Wohnbedarf des Kindes nicht nach der Pro-Kopf-Methode, sondern nach dem Mehrbedarf zu ermitteln ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174, unter C.I.5.a, und Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1032, Rz 20). Die Berücksichtigung einer Wohnfläche von 12 qm für ein Kind ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; die Bundesregierung hat den statistisch ermittelten individuellen Wohnflächenbedarf von Kindern aus einer Sondererhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 1988 abgeleitet (vgl. auch Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 1870, Rz 15). Aus einem Vergleich mit den Werten der Wohngeldstatistik 2001 folgt zudem, dass die in Ansatz gebrachte Quadratmetermiete auf einer realitätsgerechten Annahme beruht; insoweit wird auf die Ausführungen unter II.1.b cc verwiesen.

42

dd) Im Dritten Existenzminimumbericht sind für Kinder Heizkosten in Höhe von 288 DM/Jahr berücksichtigt. Die zugrunde gelegten Heizkosten wurden entsprechend dem Verhältnis der Heizkosten eines kinderlosen Ehepaares zur Kaltmiete ermittelt, da die EVS 1993 keine Heizkosten für Familien mit minderjährigen Kindern erfasst. Diese Ermittlungsmethode begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der hiernach berechnete Anteil beträgt demnach ca. 22 % (vgl. Dritter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.4). Auch insoweit verweist der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b dd.

43

ee) Die Bundesregierung hat somit im Dritten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes sächliches Existenzminimum für ein Kind in Höhe von 6.768 DM ermittelt (Regelsatz: 4.308 DM; einmalige Leistungen: 864 DM; Miete: 1.308 DM; Heizungskosten: 288 DM). Der einkommensteuerliche Kinderfreibetrag betrug für die Streitjahre 2000 und 2001 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG jeweils 6.912 DM, und überstieg somit das steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum um jeweils 144 DM.

44

c) Der für zusammenveranlagte Steuerpflichtige in den Streitjahren 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG jeweils zu gewährende Kinderfreibetrag betrug für jedes zu berücksichtigende Kind 3.648 €. Die maßgeblichen Daten für die Überprüfung der Höhe der Kinderfreibeträge für die Jahre 2002 bis 2004 entnimmt der Senat wiederum dem Vierten Existenzminimumbericht für das Jahr 2003 (dazu oben unter II.1.c). Auch hier bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der im Vierten Existenzminimumbericht ermittelten Beträge zur Bemessung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Kindern (dazu aa bis ee und II.3.d).

45

aa) Die Bundesregierung hat für das Jahr 2003 --in Übereinstimmung mit der im Dritten Existenzminimumbericht angewandten Berechnungsmethode-- einen durchschnittlichen Regelsatz für ein Kind in Höhe von 2.316 €/Jahr (193 €/Monat) ermittelt (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.1, 4.1). Ein Vergleich mit den für das Jahr 2005 gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II a.F. geltenden Regelleistungen von 207 €/Monat für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres und 276 €/Monat für Kinder ab dem 15. Lebensjahr zeigt, dass die im Vierten Existenzminimumbericht in Ansatz gebrachten Beträge auf realitätsbezogenen Annahmen beruhen. Zwar würde sich ein nach Lebensjahren gewichteter Durchschnittsregelsatz für Kinder hiernach für das Jahr 2005 auf 2.668 €/Jahr belaufen; dieser deckte aber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zudem den einmaligen Bedarf mit ab (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.1.c). Das BVerfG hat den Regelsatz von 207 €/Monat für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres auch nicht als evident unzureichend zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums erkannt (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, unter C.II.2.). Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung des Regelsatzniveaus für Kinder ab dem 15. Lebensjahr (276 €/Monat) sind nicht erkennbar.

46

bb) An einmaligen Leistungen, die nicht regelmäßig monatlich in gleicher Höhe anfallen, sind für Kinder wiederum 20 % des Regelsatzes in Ansatz gebracht, mithin 468 €/Jahr (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.2, 4.2). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat im Übrigen auf die Ausführungen unter II.1.b bb Bezug.

47

cc) Bei den Kosten der Unterkunft für ein Kind ist im Vierten Existenzminimumbericht eine Jahreskaltmiete in Höhe von 708 € für 12 qm Wohnfläche berücksichtigt (4,88 €/qm/Monat; vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.3). Aus einem Vergleich mit den Werten der Wohngeldstatistik 2004 wird ersichtlich, dass dieser Betrag auch auf einer realitätsbezogenen Annahme beruht (dazu oben unter II.1.c cc und II.3.b cc).

48

dd) Im Vierten Existenzminimumbericht sind für Kinder Heizkosten in Höhe von 144 €/Jahr angesetzt. Die zugrunde gelegten Heizkosten wurden wiederum entsprechend dem Verhältnis der Heizkosten eines kinderlosen Ehepaares zur Kaltmiete berechnet, da auch die EVS 1998 Heizkosten nicht kindbezogen erfasst. Der Anteil beträgt hiernach ca. 20 % (vgl. Vierter Existenzminimumbericht, unter Ziff. 5.1.4). Im Übrigen verweist der Senat auf die Ausführungen unter II.1.c dd und II.3.b dd.

49

ee) Die Bundesregierung hat somit im Vierten Existenzminimumbericht ein mindestens steuerfrei zu stellendes sächliches Existenzminimum für ein Kind in Höhe von 3.636 € ermittelt (Regelsatz: 2.316 €; einmalige Leistungen: 468 €; Kosten der Unterkunft: 708 €; Heizkosten: 144 €). Der einkommensteuerliche Kinderfreibetrag betrug für die Streitjahre 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG jeweils 3.648 €. Er überstieg damit die steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminima um jeweils 12 €.

50

d) Angesichts der vorstehenden Gründe genügen auch die Kinderfreibeträge in den Streitjahren 2000 bis 2004 der Höhe nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen, da sie in allen Streitjahren über den von der Bundesregierung jeweils ermittelten steuerlich zu verschonenden Existenzminima liegen.

51

aa) Anders als der Kläger meint, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, das durch den Kinderfreibetrag steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum für volljährige, außerhalb des Familienwohnsitzes studierende Kinder in Anlehnung an die in den Streitjahren jeweils gültigen Höchstsätze nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) zu bestimmen. Denn auch das BVerfG differenziert hinsichtlich der Höhe des Kinderfreibetrags nicht danach, ob das Kind das 18. Lebensjahr überschritten hat, sondern legt insoweit den nach dem Bedarf für Kinder unter 18 Jahren ermittelten Kinderfreibetrag zugrunde (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 1870, Rz 16, m.w.N.). Die umfangreichen Berechnungen des Klägers lassen insoweit zudem unberücksichtigt, dass der Sonderbedarf der sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kinder, durch den Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 EStG) (mit-)abgedeckt wird. Hiernach können Eltern für die Jahre 2000 und 2001 maximal 4.200 DM und für die Jahre 2002 bis 2004 maximal 924 € je Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Die Beschränkung des Abzugs der Höhe nach ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG-Beschluss vom 12. Januar 2006  2 BvR 660/05, BFH/NV 2006, Beilage 3, 362, unter II.; BFH-Urteile vom 17. Dezember 2009 VI R 63/08, BFHE 227, 487, BStBl II 2010, 341, Rz 18, und vom 25. November 2010 III R 111/07, BFHE 231, 567, BStBl II 2011, 281, Rz 9 ff.).

52

bb) Auch die vom Kläger vorgebrachte besondere Lebenssituation seiner Familie aufgrund einer Holzschutzmittelvergiftung ist nicht über den Kinderfreibetrag auszugleichen. Eine individuelle Bemessung des Entlastungsbetrages nach den Umständen des Einzelfalles scheidet schon deshalb aus, weil dadurch das Besteuerungsverfahren unverhältnismäßig erschwert würde (vgl. BVerfG-Beschluss vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 26/84, 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.III.3.d). Es ist zudem das Ziel des § 33 EStG --worauf auch das FG zutreffend hinweist-- zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. März 2012 VI R 47/10, BFHE 237, 85, BStBl II 2012, 570, Rz 9).

53

4. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass der für die Streitjahre 2000 und 2001 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG vorgesehene Betreuungsfreibetrag dem Grunde nach und der für die Streitjahre 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG vorgesehene Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes (BEA-Freibetrag) in Höhe von 2.160 € den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt.

54

a) Gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 Alternative 2 EStG in der für die Streitjahre 2000 und 2001 geltenden Fassung, wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein Betreuungsfreibetrag vom Einkommen abgezogen. Da die Kinder des Klägers in den Streitjahren bereits das 16. Lebensjahr vollendet hatten, kam ein Abzug des Betreuungsfreibetrags bereits dem Grunde nach nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH steht die Altersgrenze von 16 Jahren mit dem GG im Einklang (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2004 VIII R 18/04, BFHE 207, 256, BStBl II 2008, 366, unter II.). Dem schließt sich der Senat an.

55

b) Der Senat zweifelt auch nicht daran, dass der für die Streitjahre 2002 bis 2004 gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 Alternative 2 i.V.m. Satz 2 EStG bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten zu gewährende BEA-Freibetrag in Höhe von 2.160 € den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Der VI. Senat des BFH hat für das Jahr 2004 insoweit bereits entschieden, dass die bei den Eltern entstehende Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit durch ein Kind in Ausbildung in genügender Höhe berücksichtigt ist, da sich der Gesetzgeber bei der Quantifizierung des einheitlichen BEA-Freibetrags an der Höhe des bisherigen höchstmöglichen Ausbildungsfreibetrags orientiert hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 487, BStBl II 2010, 341, Rz 16, m.w.N.). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen zudem auf die Gründe des Senatsurteils in BFHE 231, 567, BStBl II 2011, 281 Bezug genommen.

56

5. Das FG hat auch zu Recht den Abzug des vom Kläger geltend gemachten Schulgeldes abgelehnt, da dieses nicht für den Besuch einer Schule i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG entrichtet worden ist.

57

6. Soweit sich das Begehren des Klägers auf die vollständige Anerkennung der geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen bezieht, sind jedenfalls auch die verfassungsrechtlichen Fragen zur begrenzten Abzugsfähigkeit der Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG durch den BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125 geklärt. Danach hat der Gesetzgeber für eine Neuregelung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 zu sorgen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben § 10 Abs. 3 EStG sowie sämtliche Nachfolgeregelungen weiter anwendbar (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvR 1220/04, 410/05, BVerfGE 120, 169, unter B.II.; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282, Rz 113).

58

7. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 (BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684, Rz 15 ff.) ist § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG so zu verstehen, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den jeweiligen im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils in BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684, Rz 15 ff. Bezug. Die bislang vom FA berücksichtigte zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist demnach für die Streitjahre 2000 bis 2004 entsprechend dem Urteil des VI. Senats in BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684 stufenweise zu ermitteln.

59

8. Das FG konnte die Grundsätze dieser geänderten Rechtsprechung in seinem angefochtenen Urteil noch nicht berücksichtigen; die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif, da das FG die erforderlichen Feststellungen für die Beurteilung der zumutbaren Belastung für die Streitjahre 2000 bis 2004 nicht getroffen hat. Die Sache war daher zurückzuverweisen. Das FG wird die hierfür erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat --ohne Bindungswirkung-- darauf hin, dass insbesondere mit Blick auf das Streitjahr 2001 bereits dem Grunde nach kein Abzug eines außergewöhnlichen Aufwands vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorgenommen worden sein dürfte, so dass der vom Kläger geltend gemachte Aufwand auch dem Grunde nach zu überprüfen sein dürfte.

60

9. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1.
die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.2Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen;
2.
freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen;
3.
die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot der Nummer 1 oder des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 7 oder Absatz 7 gilt; das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen;
4.
in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen;
5.
(weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Höhe des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Steuerfreistellung des Existenzminimums genügt.

2

Die Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) sind Eheleute, die im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie leben mit ihrer minderjährigen Tochter in Berlin. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigte der Beschwerdegegner und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) die genannten Freibeträge in gesetzlicher Höhe. Über den Einspruch, mit dem die Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Grundlagen geltend gemacht wird, hat das FA noch nicht entschieden. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) blieben beim FA wie beim Finanzgericht (FG) erfolglos.

3

Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde machen die Antragsteller geltend, das FG habe unreflektiert die Zahlen des Siebten Existenzminimumberichts vom 21. November 2008 (BTDrucks 16/11065) übernommen, ohne den Mindestbedarf unter unmittelbarem Rückgriff auf die sozialrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln. Auszugehen sei von den Leistungen zur Grundsicherung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und nicht von den Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Danach sei gemäß § 20 SGB II von einem monatlichen Regelbedarf in Höhe von 364 € auszugehen, zzgl. Kosten für die Unterkunft in Höhe von mindestens 378 €. Hieraus ergebe sich ein jährlicher sozialhilferechtlicher Anspruch in Höhe von 8.904 €. Wenn Einzel- und Mehrbedarfe in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit einem Aufschlag von 25 % auf die Regelleistung berücksichtigt würden, folge daraus ein jährlicher Mindestbedarf in Höhe von 11.130 €, der deutlich über dem steuerlichen Grundfreibetrag liege. Ferner sei im Hinblick auf ihre minderjährige Tochter zu beanstanden, dass der im Existenzminimumbericht angesetzte Bedarf für Kinder außerhalb jeglicher Realität liege. Mit dem Freibetrag in Höhe von 7.008 € (einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung) könne eine Minderung der Steuerzahllast bis maximal 2.943,36 € erreicht werden oder es werde im Jahr ein Kindergeld von 2.208 € gewährt. Es könne niemand ernsthaft behaupten, dass ein Kind mit Beträgen dieser Größenordnung seinen existenznotwendigen Lebensunterhalt decken könne.

4

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des FG die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids vom 10. Dezember 2012 in Höhe von 1.756,15 € auszusetzen.

5

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den Antrag auf AdV zu Recht abgelehnt.

7

1. a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind u.a. dann zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Dies gilt auch für ernstliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm. An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Fall der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (BFH-Beschluss vom 26. August 2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826, m.w.N.).

8

b) Beruhen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift, dann setzt die Gewährung der AdV nach langjähriger Rechtsprechung des BFH wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes voraus (BFH-Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung von AdV sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Diese Rechtsprechung ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes vereinbar (BVerfG-Beschlüsse vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 283, und vom 3. April 1992  2 BvR 283/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 726).

9

2. Die Voraussetzungen für eine AdV lagen danach im Streitfall nicht vor. Es kann dahinstehen, ob ein (besonderes) berechtigtes Interesse der Antragsteller an der Gewährung von AdV besteht. Denn der Senat hat im Hinblick auf den im Streitjahr geltenden Grund- und Kinderfreibetrag keine ernstlichen Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit.

10

a) Grundfreibetrag
Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (Beschlüsse vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413; vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, m.w.N.) ist dem Steuerpflichtigen das Existenzminimum zu belassen. Die Höhe dieses Existenzminimums, welches unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) für eine Familie zu betrachten ist, orientiert sich dabei am Mindestbedarf, wie ihn das Sozialrecht in Form der Sozialhilfeleistungen konkretisiert (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der Höhe des steuerlichen Grundfreibetrags ist dieser dem Mindestbedarf gegenüberzustellen.

11

aa) Für zusammenveranlagte Steuerpflichtige betrug der Grundfreibetrag gemäß § 32a Abs. 1 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 16.008 €.

12

bb) Was die Höhe des für 2011 anzusetzenden Mindestbedarfs angeht, entnimmt der Senat die maßgeblichen Daten dem Siebten und ergänzend auch dem Achten Existenzminimumbericht der Bundesregierung (BTDrucks 16/11065 und 17/5550). Zwar wird der nur alle zwei Jahre vorzulegende Bericht (Beschluss des Deutschen Bundestags vom 31. Mai 1995, BTDrucks 13/1558) für ein bestimmtes Jahr und für das Folgejahr --in prognostischer Art und Weise-- aufgestellt, so dass eigentlich ausschließlich der für das Jahr 2010 erstellte Siebte Existenzminimumbericht heranzuziehen wäre. Jedoch berücksichtigt der Achte Bericht die in Folge der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (sog. "Hartz IV"-Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010  1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175) erfolgte Neuermittlung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2011. Bei der gesetzlichen Festlegung des "neuen" Regelbedarfs (§ 20 SGB II; Anlage zu § 28 SGB XII) wurden die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet (Urteile des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 12. Juli 2012 B 14 AS 153/11 R, BSGE 111, 211; B 14 AS 189/11 R, juris; vom 28. März 2013 B 4 AS 12/12 R, Sozialrecht --SozR-- 4-4200 § 20 Nr. 18). Mit dem --auch von den Antragstellern wiederholt zitierten-- Vorlagebeschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin, in dem die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des "neuen" Regelbedarfs geäußert wird (Beschluss des SG Berlin vom 25. April 2012 S 55 AS 9238/12, juris), hat sich das BSG in den Gründen seiner Entscheidung(en) auseinandergesetzt. Das BSG hat die Argumentation des SG Berlin nicht geteilt. Verfassungsbeschwerden, die gegen die Entscheidungen des 14. Senats des BSG eingelegt wurden, hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschlüsse vom 20. November 2012  1 BvR 2203/12; vom 27. Dezember 2012  1 BvR 2471/12; vgl. Behrend in jurisPK-SGB II, § 20 Rz 109.9). Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG an und legt seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Achten Existenzminimumbericht die "neuen" Regelbedarfssätze zugrunde.

13

(1) Nach den Existenzminimumberichten setzt sich der Sozialhilfebedarf aus drei Positionen zusammen (Regelsatz, Kosten der Unterkunft, Heizkosten). Zu unterscheiden sind drei Personengruppen (Alleinstehende, Ehepaare, Kinder). Da die Antragsteller verheiratet sind, können entgegen ihren Berechnungen in der Beschwerdeschrift nicht die Daten für Alleinstehende herangezogen und einfach verdoppelt werden. Denn bei Ehepaaren ist im Hinblick auf den Regelbedarf --die Existenzminimumberichte sprechen nicht vom Regelbedarf, sondern vom Regelsatz-- eine Haushaltsersparnis zu berücksichtigen, die sich auf dessen Höhe auswirkt (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414; BSG-Urteil in SozR 4-4200 § 20 Nr. 18, Rz 25 der Gründe). Auch was die Unterkunfts- und Heizungskosten angeht, sind ausschließlich die für Ehepaare geltenden Daten (angemessene Wohnungsgröße u.ä.) anzusetzen.

14

(2) Beim Regelsatz ist bei Ehepaaren von einem Betrag in Höhe von 656 €/Monat, also jährlich von 7.872 € auszugehen (Achter Existenzminimumbericht unter Ziffer 4.1.1; 2 x 328 € gemäß § 20 Abs. 4 SGB II und Regelbedarfsstufe 2 gemäß Anlage A zu § 28 SGB XII, jeweils in der im Streitjahr geltenden Fassung). Das sog. sozio-kulturelle Existenzminimum wurde bei der Berechnung des "neuen" Regelsatzes bereits erfasst (vgl. Behrend in jurisPK-SGB II, § 20 Rz 43 f.).

15

(3) Bei den Kosten der Unterkunft geht der Senat auf der Grundlage der im Siebten und Achten Bericht angegebenen Daten von einem Jahresbetrag in Höhe von 4.272 € aus (die Multiplikation der durchschnittlichen monatlichen Bruttokaltmiete pro qm in Höhe von 5,93 € mit der angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm ergibt einen Monatsbetrag von 356 €). Der X. Senat des BFH hat bei den Wohnkosten die im Fünften Existenzminimumbericht (BTDrucks 15/2462) niedergelegte Bedarfsermittlung für das Jahr 2005 ausführlich überprüft und ausdrücklich gebilligt (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Er kann der Beschwerdebegründung keine Argumente entnehmen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Auf die dort aufgeworfene Frage, ob für einen Alleinstehenden eine Wohnungsgröße von 30 qm, so die Existenzminimumberichte, oder von 50 qm angemessen ist, so die Beschwerdebegründung, kommt es für den Streitfall nicht an, da die Antragsteller zusammen leben. Für Ehepaare hat der BFH in Übereinstimmung mit dem Bericht eine Wohnungsgröße von 60 qm als angemessen erachtet (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Die von den Antragstellern herangezogene --allerdings erst am 3. April 2012 erlassene (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin 2012, 99)-- Wohnaufwendungenverordnung (WAV) Berlin weist in ihrer Anlage 1 für einen Zweipersonenhaushalt ebenfalls eine 60 qm-Wohnung als angemessen aus (vgl. auch Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rz 69). Auch gegen die Herleitung der Durchschnittsmieten aus der Wohngeldstatistik hat der BFH keine Einwendungen erhoben (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Soweit die Antragsteller auch diesbezüglich auf die WAV Berlin verweisen, ist zum einen anzumerken, dass das BVerfG eine Regionalisierung des Grundfreibetrags im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft nicht gefordert hat. Vielmehr hat es darauf abgestellt, dass angesichts des erheblichen Preisgefälles Preisunterschiede durch das Wohngeld ausgeglichen werden können (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Zum anderen weist die WAV Berlin für Zwei-Personen-Haushalte nur geringfügig höhere Bruttokaltmieten aus als der Existenzminimumbericht. Soweit in der Literatur teilweise die Notwendigkeit gesehen wird, die Ballungsraumproblematik bei den Kosten der Unterbringung im Rahmen der Bemessung des Grundfreibetrags zu berücksichtigen (z.B. Dziadkowski, Finanz-Rundschau 2008, 124), können die Antragsteller hieraus keinen Vorteil für sich ableiten. Denn das Mietniveau in Berlin bleibt deutlich hinter vergleichbaren Großstädten wie München oder Hamburg zurück (vgl. www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/download: Dokument "Ausstellung Berliner Mietspiegel 2011").

16

(4) Die dem Existenzminimumbericht zugrunde liegende Berechnung der Heizkosten auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Für das Jahr 2011 ist danach für Ehepaare von einem Jahresbetrag von 835 € auszugehen (vgl. Achter Existenzminimumbericht, Ziffer 4.1.3). Dass dieser Betrag ausreichend ist, bestätigt der Blick in andere öffentlich verfügbare Quellen, wie z.B. den durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten bundesweiten Heizkostenspiegel. Danach kostete das Beheizen einer 70-qm-Wohnung im Abrechnungsjahr 2011 mit Heizöl durchschnittlich 890 €, mit Erdgas 715 € und mit Fernwärme 785 € (Quelle: www.heizspiegel.de).

17

cc) Damit beträgt der Mindestbedarf von Ehepaaren 12.979 €. Zwischen dieser Summe und dem steuerlichen Freibetrag in Höhe von 16.008 € besteht eine Differenz von 3.029 €. Der Senat vermag bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu erkennen, durch welche zusätzlichen Bedarfspositionen dieser "Puffer" aufgezehrt werden könnte. Für den von den Antragstellern befürworteten pauschalen 25 %-igen Zuschlag auf den Regelsatz zur Abgeltung von einmaligen Hilfen und Mehrbedarfen --dies entspricht einem Betrag von 1.968 €-- ist kein Raum. Der Rechtsprechung des BVerfG lässt sich nicht entnehmen, dass dieser Bedarf überhaupt und auf diese Weise berücksichtigt werden müsste. Die maßgeblichen Entscheidungen des BVerfG sind zur Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ergangen. Das Verfassungsgericht hat die folgenden im BSHG vorgesehenen Leistungen als Maßgröße für das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum herangezogen: Regelsatz; Leistungen für Unterkunft und die Heizung; einmalige Hilfen, die einen zusätzlichen Grundbedarf berücksichtigen, der durch die laufenden Leistungen nicht gedeckt ist; Mehrbedarf für Erwerbstätige (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Danach sind Mehrbedarfe, die das BSHG beispielsweise für Schwangere, Alleinerziehende oder Behinderte anerkannte (§ 23 BSHG i.d.F. vom 20. Januar 1987; vgl. jetzt auch § 21 SGB II und § 30 SGB XII), nicht Teil des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs, der allgemein durch Hilfen zum notwendigen Lebensunterhalt an jeden Bedürftigen befriedigt wird. Die im Zuge der sog. Hartz-Reformen erfolgten Änderungen im Sozialrecht haben dazu geführt, dass einmalige Beihilfen zum Lebensunterhalt, von wenigen Ausnahmen (§ 24 Abs. 3 SGB II, § 31 Abs. 1 SGB XII) abgesehen, nicht mehr gewährt werden (Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 20 SGB II Rz 12 und 26). Dem Wegfall der vom BSHG noch zahlreich vorgesehenen einmaligen Beihilfen (z.B. zur Anschaffung von Kleidung oder Gebrauchsgütern längerer Nutzungsdauer) wurde durch eine Erhöhung der Regelleistung und neu eingeführte Sonderbedarfstatbestände (vgl. z.B. § 24 Abs. 3 SGB II) Rechnung getragen (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, m.w.N.). Das SGB II und das SGB XII sehen im Unterschied zu § 23 Abs. 4 Nr. 1 BSHG (in der zum 1. Januar 1987 geltenden Fassung) auch keinen Mehrbedarf für Erwerbstätige mehr vor. Es erscheint daher naheliegend, dass dieser Bedarf bei der Ermittlung des Mindestbedarfs auch nicht mehr zu berücksichtigen ist (a.A. wohl Sartorius, Das Existenzminimum im Recht, 2000, S. 188 f.).

18

Aus den genannten Gründen kann es jedenfalls nicht angehen, pauschal 25 % des --erhöhten-- Regelbedarfs als Teil des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs anzuerkennen, um Mehrbedarfslagen und einmaligen Leistungsgewährungen Rechnung zu tragen. Im Übrigen würde der oben erwähnte "Puffer" ausreichen, um selbst einen --auf diese Weise ermittelten-- zusätzlichen Bedarf auch noch abzudecken.

19

b) Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG
Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass im Streitjahr das Kinderexistenzminimum steuerlich verschont wurde.

20

aa) Was die Steuerfreiheit des Existenzminimums der Kinder des Steuerpflichtigen angeht, gesteht das BVerfG (Beschluss vom 14. Juni 1994  1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909, unter C.II.1.c, m.w.N.) dem Gesetzgeber einerseits zu, die steuerliche Entlastung in Höhe des Existenzminimums der Kinder für alle Altersstufen und im ganzen Bundesgebiet einheitlich festzulegen, erkennt andererseits aber, dass die Leistungen der Sozialhilfe weder für alle in Betracht kommenden Altersstufen der Kinder noch in allen Bundesländern einheitlich sind. Daraus folgert es, dass für den Vergleich aus den unterschiedlichen Sätzen ein Durchschnittssatz des im Sozialhilferecht anerkannten Bedarfs gebildet werden muss. Die Kriterien für die Ermittlung des sozialrechtlichen Mindestbedarfs hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93 (BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174) dahingehend weiter präzisiert, dass der Wohnbedarf des Kindes nicht nach der Pro-Kopf-Methode, sondern nach dem Mehrbedarf zu ermitteln ist.

21

bb) Auf der Basis dieser Grundsätze vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die für 2011 geltenden Freibeträge verfassungsrechtlich zu beanstanden sein könnten. Die vergleichende Betrachtung mit dem Mindestbedarf zeigt, dass ausgehend von den Daten der Existenzminimumberichte die Freibeträge ausreichend bemessen waren.

22

(1) Im Veranlagungszeitraum 2011 waren gemäß § 32 Abs. 6 EStG Freibeträge für das sächliche Existenzminimum in Höhe von 4.368 € und für den Betreuungs- oder Erziehungs- und Ausbildungsbedarf eines Kindes in Höhe von 2.640 € zu gewähren. Nach dem Siebten beziehungsweise Achten Existenzminimumbericht betrug das sächliche Existenzminimum eines Kindes für das Jahr 2010  3.864 € und für das Jahr 2012  4.272 €.

23

(2) Bei der Ermittlung des Mindestbedarfs geht der Achte Existenzminimumbericht unter Ziffer 5.1.1 zunächst von dem seit 1. Januar 2011 geltenden "neuen" Regelbedarf aus. Altersabhängige Unterschiede werden durch die Berechnung eines nach Lebensjahren gewichteten durchschnittlichen Regelbedarfs berücksichtigt, wobei nur minderjährige Kinder einbezogen wurden. Regionale Unterschiede bleiben unbeachtet. Das alles ist methodisch nicht zu beanstanden, was sich inzident aus der Rechtsprechung des BVerfG ergibt. Im Verfahren 1 BvR 1022/88 hat es die vergleichbaren Berechnungen des Bundesministers für Familie und Senioren wiedergegeben und nicht verworfen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909). Auch der Existenzminimumbericht für das Jahr 1999 vom 17. Dezember 1997 (BTDrucks 13/9561, Ziffer 4.1), der Grundlage für die eigenen Berechnungen des BVerfG im Verfahren 2 BvL 42/93 war (Beschluss in BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174), beruht auf derselben Vorgehensweise.

24

Hilfe zum Lebensbedarf umfasst auch die mit Wirkung ab 2011 neugeregelten Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder (§ 28 SGB II und § 34 SGB XII; vgl. hierzu Luik in jurisPK-SGB XII, § 34 Rz 10 ff. und 25). Der Achte Existenzminimumbericht (Tz. 5.1.2) setzt hierfür --unter Ausgrenzung von Sonderbedarfslagen (z.B. Nachhilfeunterricht, mehrtägige Klassenfahrten)-- pro Kind und Monat 19 € an (100 € jährlich für Schulbedarf, 3 € monatlich für Ausflüge sowie 10 € monatlich insbesondere für Vereinsmitgliedschaften, vgl. § 28 Abs. 3 und 7 SGB II, § 34 Abs. 3 und 7 SGB XII). Der Betrag wurde als nach Lebensjahren gewichteter Durchschnitt berechnet. Der Bericht qualifiziert diese Leistungen als Teil des sächlichen Existenzminimums, der dem entsprechenden steuerlichen Freibetrag in Höhe von 4.368 € gegenübergestellt wird. Dies erscheint dem Senat zweifelhaft, weil offenkundig auch ein Bedarf befriedigt wird, der steuerlich durch den Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zusätzlich abgegolten wird. Angesichts der im Bericht vollzogenen sachlich nachvollziehbaren Abgrenzung zwischen Sonder- und Regelbedarfslagen, der schlüssigen Berechnungen und des ohnehin bestehenden "Puffers" zwischen Existenzminimum und den Freibeträgen des § 32 Abs. 6 EStG sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine verfassungsrechtliche Beanstandung. Solche ergeben sich insbesondere auch nicht aus der Beschwerdebegründung.

25

Bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft wird für ein Kind eine Wohnfläche von 12 qm zugrunde gelegt (Achter Existenzminimumbericht, Ziffer 5.1.3). Die Methode stellt damit auf den für Kinder notwendigen Mehrbedarf an Wohnraum ab und nicht auf eine Aufteilung der Wohnkosten nach Köpfen (so aber die Beschwerdebegründung). Das BVerfG hat die Ermittlung nach der Mehrbedarfsmethode ausdrücklich verlangt (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174). Der Achte Existenzminimumbericht legt sodann die bei kinderlosen Ehepaaren berücksichtigte monatliche Bruttokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche auch für Kinder zugrunde. Beim Mietenniveau werden somit Alleinerziehende mit einem Kind einem Zwei-Personen-Haushalt gleichgestellt. Bereits im Existenzminimumbericht für 1999 (BTDrucks 13/9561, Ziffer 5.3), der den Berechnungen des BVerfG im soeben zitierten Beschluss vom 10. November 1998 zugrunde lag, wurde der Wohnbedarf auf diese Weise ermittelt.

26

Da in der EVS die Heizkosten nicht kindbezogen erfasst sind, werden im Achten Existenzminimumbericht die Heizkosten für Kinder als Relation zu deren Bruttokaltmiete entsprechend dem Verhältnis der Heizkosten eines kinderlosen Paares zu dessen Bruttokaltmiete in Ansatz gebracht.

27

Da es bei der Ermittlung des kindbezogenen Mindestbedarfs angesichts der großen regionalen und altersbedingten Bandbreiten letztendlich nur darum geht, einen Richtwert auf statistisch nachvollziehbare Weise zu erhalten, sind für den Senat keine Gründe dafür ersichtlich, warum die im Existenzminimumbericht verarbeiteten Daten und die dort angewandten Berechnungsmethoden diesem Zweck nicht genügen sollten.

28

(3) Aus den umfangreichen Darlegungen und Berechnungen der Antragsteller ergibt sich jedenfalls nichts Gegenteiliges. Sie beruhen schon im Ansatz auf unzutreffenden rechtlichen Annahmen. Es kommt nach der Rechtsprechung des BVerfG gerade nicht darauf an, welchen konkreten Sozialhilfeanspruch die Antragsteller als Ehepaar mit einem Kind unter 14 Jahren an ihrem Wohnort Berlin --bei unterstellter Bedürftigkeit-- hätten. Dass der kindbezogene Sozialhilfeanspruch im Einzelfall höher ist --im Streitfall nach den Angaben der Antragsteller 5.220 €-- als der steuerliche Freibetrag, führt damit nicht per se zu dessen Verfassungswidrigkeit.

29

Auch die übrigen Berechnungen der Antragsteller sind rechtlich unerheblich. Es kommt entgegen ihrer Meinung nicht darauf an, ob mit dem gesamten jährlichen Kindergeldzahlbetrag oder dem sich aus der Anwendung der Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG ergebenden durchschnittlichen oder maximalen Steuerersparnisbetrag der existentielle Lebensunterhalt eines Kindes gedeckt werden kann. Es kommt stets nur darauf an, dass derjenige Teil des selbst erzielten Einkommens, der zur Bestreitung des existenznotwendigen Bedarfs der Familie eingesetzt werden muss, unbesteuert bleibt.

(1) Bedarfe für Bildung nach den Absätzen 2 bis 6 von Schülerinnen und Schülern, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, sowie Bedarfe von Kindern und Jugendlichen für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach Absatz 7 werden neben den maßgebenden Regelbedarfsstufen gesondert berücksichtigt. Leistungen hierfür werden nach den Maßgaben des § 34a gesondert erbracht.

(2) Bedarfe werden bei Schülerinnen und Schülern in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Bedarfe für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf werden bei Schülerinnen und Schülern für den Monat, in dem der erste Schultag eines Schuljahres liegt, in Höhe von 100 Euro und für den Monat, in dem das zweite Schulhalbjahr eines Schuljahres beginnt, in Höhe von 50 Euro anerkannt. Abweichend von Satz 1 ist Schülerinnen und Schülern für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf ein Bedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 100 Euro für das erste Schulhalbjahr, wenn die erstmalige Aufnahme innerhalb des Schuljahres nach dem Monat erfolgt, in dem das erste Schulhalbjahr beginnt, aber vor Beginn des Monats, in dem das zweite Schulhalbjahr beginnt,
2.
in Höhe des Betrags für das erste und das zweite Schulhalbjahr, wenn die erstmalige Aufnahme innerhalb des Schuljahres in oder nach dem Monat erfolgt, in dem das zweite Schulhalbjahr beginnt,
3.
in Höhe von 50 Euro, wenn der Schulbesuch nach dem Monat, in dem das Schuljahr begonnen hat, unterbrochen wird und die Wiederaufnahme nach dem Monat erfolgt, in dem das zweite Schulhalbjahr beginnt.

(3a) Der nach Absatz 3 anzuerkennende Teilbetrag für ein erstes Schulhalbjahr eines Schuljahres wird kalenderjährlich mit dem in der maßgeblichen Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 Nummer 1 bestimmten Prozentsatz fortgeschrieben; der fortgeschriebene Wert ist bis unter 0,50 Euro auf den nächsten vollen Euro abzurunden und ab 0,50 Euro auf den nächsten vollen Euro aufzurunden (Anlage). Der Teilbetrag für das zweite Schulhalbjahr eines Schuljahres nach Absatz 3 beträgt 50 Prozent des sich nach Satz 1 für das jeweilige Kalenderjahr ergebenden Teilbetrags (Anlage). Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, ist der Teilbetrag nach Satz 1 durch Bundesgesetz um den Betrag zu erhöhen, der sich aus der prozentualen Erhöhung der Regelbedarfsstufe 1 nach § 28 für das jeweilige Kalenderjahr durch Bundesgesetz ergibt, das Ergebnis ist entsprechend Satz 1 zweiter Teilsatz zu runden und die Anlage zu ergänzen. Aus dem sich nach Satz 3 ergebenden Teilbetrag für das erste Schulhalbjahr ist der Teilbetrag für das zweite Schulhalbjahr des jeweiligen Kalenderjahres entsprechend Satz 2 durch Bundesgesetz zu bestimmen und die Anlage um den sich ergebenden Betrag zu ergänzen.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Für Schülerinnen und Schüler wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Bei Brigaden oder diesen vergleichbaren militärischen Dienststellen werden Versammlungen der Vertrauenspersonen gebildet. Ihnen gehören jeweils bis zu drei entscheidungsbefugte Mitglieder an, die von der Versammlung der Vertrauenspersonen des Verbands gewählt sind. Zu diesen Versammlungen treten jeweils bis zu drei Vertrauenspersonen der selbständigen Einheiten oder vergleichbarer militärischer Dienststellen des unterstellten Bereichs hinzu.

(2) Bei Divisionen oder diesen vergleichbaren militärischen Dienststellen werden Versammlungen der Vertrauenspersonen gebildet. Ihnen gehören jeweils bis zu drei entscheidungsbefugte Mitglieder an, die von den Versammlungen der unterstellten Großverbände nach Absatz 1 gewählt sind. Zu diesen Versammlungen treten jeweils bis zu drei Vertrauenspersonen der unterstellten selbständigen Einheiten und Verbände oder vergleichbarer militärischer Dienststellen hinzu.

(3) § 33 Absatz 4 bis 7, die §§ 35 und 36 Absatz 1 bis 5 finden entsprechend Anwendung mit der Maßgabe, dass die Versammlungen nach den Absätzen 1 und 2 abweichend von § 36 Absatz 1 Satz 1 anlassbezogen zusammentreten.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Höhe des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Steuerfreistellung des Existenzminimums genügt.

2

Die Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) sind Eheleute, die im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie leben mit ihrer minderjährigen Tochter in Berlin. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigte der Beschwerdegegner und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) die genannten Freibeträge in gesetzlicher Höhe. Über den Einspruch, mit dem die Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Grundlagen geltend gemacht wird, hat das FA noch nicht entschieden. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) blieben beim FA wie beim Finanzgericht (FG) erfolglos.

3

Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde machen die Antragsteller geltend, das FG habe unreflektiert die Zahlen des Siebten Existenzminimumberichts vom 21. November 2008 (BTDrucks 16/11065) übernommen, ohne den Mindestbedarf unter unmittelbarem Rückgriff auf die sozialrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln. Auszugehen sei von den Leistungen zur Grundsicherung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und nicht von den Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Danach sei gemäß § 20 SGB II von einem monatlichen Regelbedarf in Höhe von 364 € auszugehen, zzgl. Kosten für die Unterkunft in Höhe von mindestens 378 €. Hieraus ergebe sich ein jährlicher sozialhilferechtlicher Anspruch in Höhe von 8.904 €. Wenn Einzel- und Mehrbedarfe in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit einem Aufschlag von 25 % auf die Regelleistung berücksichtigt würden, folge daraus ein jährlicher Mindestbedarf in Höhe von 11.130 €, der deutlich über dem steuerlichen Grundfreibetrag liege. Ferner sei im Hinblick auf ihre minderjährige Tochter zu beanstanden, dass der im Existenzminimumbericht angesetzte Bedarf für Kinder außerhalb jeglicher Realität liege. Mit dem Freibetrag in Höhe von 7.008 € (einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung) könne eine Minderung der Steuerzahllast bis maximal 2.943,36 € erreicht werden oder es werde im Jahr ein Kindergeld von 2.208 € gewährt. Es könne niemand ernsthaft behaupten, dass ein Kind mit Beträgen dieser Größenordnung seinen existenznotwendigen Lebensunterhalt decken könne.

4

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des FG die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids vom 10. Dezember 2012 in Höhe von 1.756,15 € auszusetzen.

5

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den Antrag auf AdV zu Recht abgelehnt.

7

1. a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind u.a. dann zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Dies gilt auch für ernstliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm. An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Fall der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (BFH-Beschluss vom 26. August 2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826, m.w.N.).

8

b) Beruhen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift, dann setzt die Gewährung der AdV nach langjähriger Rechtsprechung des BFH wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes voraus (BFH-Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung von AdV sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Diese Rechtsprechung ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes vereinbar (BVerfG-Beschlüsse vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 283, und vom 3. April 1992  2 BvR 283/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 726).

9

2. Die Voraussetzungen für eine AdV lagen danach im Streitfall nicht vor. Es kann dahinstehen, ob ein (besonderes) berechtigtes Interesse der Antragsteller an der Gewährung von AdV besteht. Denn der Senat hat im Hinblick auf den im Streitjahr geltenden Grund- und Kinderfreibetrag keine ernstlichen Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit.

10

a) Grundfreibetrag
Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (Beschlüsse vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413; vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, m.w.N.) ist dem Steuerpflichtigen das Existenzminimum zu belassen. Die Höhe dieses Existenzminimums, welches unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) für eine Familie zu betrachten ist, orientiert sich dabei am Mindestbedarf, wie ihn das Sozialrecht in Form der Sozialhilfeleistungen konkretisiert (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der Höhe des steuerlichen Grundfreibetrags ist dieser dem Mindestbedarf gegenüberzustellen.

11

aa) Für zusammenveranlagte Steuerpflichtige betrug der Grundfreibetrag gemäß § 32a Abs. 1 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 16.008 €.

12

bb) Was die Höhe des für 2011 anzusetzenden Mindestbedarfs angeht, entnimmt der Senat die maßgeblichen Daten dem Siebten und ergänzend auch dem Achten Existenzminimumbericht der Bundesregierung (BTDrucks 16/11065 und 17/5550). Zwar wird der nur alle zwei Jahre vorzulegende Bericht (Beschluss des Deutschen Bundestags vom 31. Mai 1995, BTDrucks 13/1558) für ein bestimmtes Jahr und für das Folgejahr --in prognostischer Art und Weise-- aufgestellt, so dass eigentlich ausschließlich der für das Jahr 2010 erstellte Siebte Existenzminimumbericht heranzuziehen wäre. Jedoch berücksichtigt der Achte Bericht die in Folge der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (sog. "Hartz IV"-Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010  1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175) erfolgte Neuermittlung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2011. Bei der gesetzlichen Festlegung des "neuen" Regelbedarfs (§ 20 SGB II; Anlage zu § 28 SGB XII) wurden die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet (Urteile des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 12. Juli 2012 B 14 AS 153/11 R, BSGE 111, 211; B 14 AS 189/11 R, juris; vom 28. März 2013 B 4 AS 12/12 R, Sozialrecht --SozR-- 4-4200 § 20 Nr. 18). Mit dem --auch von den Antragstellern wiederholt zitierten-- Vorlagebeschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin, in dem die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des "neuen" Regelbedarfs geäußert wird (Beschluss des SG Berlin vom 25. April 2012 S 55 AS 9238/12, juris), hat sich das BSG in den Gründen seiner Entscheidung(en) auseinandergesetzt. Das BSG hat die Argumentation des SG Berlin nicht geteilt. Verfassungsbeschwerden, die gegen die Entscheidungen des 14. Senats des BSG eingelegt wurden, hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschlüsse vom 20. November 2012  1 BvR 2203/12; vom 27. Dezember 2012  1 BvR 2471/12; vgl. Behrend in jurisPK-SGB II, § 20 Rz 109.9). Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG an und legt seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Achten Existenzminimumbericht die "neuen" Regelbedarfssätze zugrunde.

13

(1) Nach den Existenzminimumberichten setzt sich der Sozialhilfebedarf aus drei Positionen zusammen (Regelsatz, Kosten der Unterkunft, Heizkosten). Zu unterscheiden sind drei Personengruppen (Alleinstehende, Ehepaare, Kinder). Da die Antragsteller verheiratet sind, können entgegen ihren Berechnungen in der Beschwerdeschrift nicht die Daten für Alleinstehende herangezogen und einfach verdoppelt werden. Denn bei Ehepaaren ist im Hinblick auf den Regelbedarf --die Existenzminimumberichte sprechen nicht vom Regelbedarf, sondern vom Regelsatz-- eine Haushaltsersparnis zu berücksichtigen, die sich auf dessen Höhe auswirkt (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414; BSG-Urteil in SozR 4-4200 § 20 Nr. 18, Rz 25 der Gründe). Auch was die Unterkunfts- und Heizungskosten angeht, sind ausschließlich die für Ehepaare geltenden Daten (angemessene Wohnungsgröße u.ä.) anzusetzen.

14

(2) Beim Regelsatz ist bei Ehepaaren von einem Betrag in Höhe von 656 €/Monat, also jährlich von 7.872 € auszugehen (Achter Existenzminimumbericht unter Ziffer 4.1.1; 2 x 328 € gemäß § 20 Abs. 4 SGB II und Regelbedarfsstufe 2 gemäß Anlage A zu § 28 SGB XII, jeweils in der im Streitjahr geltenden Fassung). Das sog. sozio-kulturelle Existenzminimum wurde bei der Berechnung des "neuen" Regelsatzes bereits erfasst (vgl. Behrend in jurisPK-SGB II, § 20 Rz 43 f.).

15

(3) Bei den Kosten der Unterkunft geht der Senat auf der Grundlage der im Siebten und Achten Bericht angegebenen Daten von einem Jahresbetrag in Höhe von 4.272 € aus (die Multiplikation der durchschnittlichen monatlichen Bruttokaltmiete pro qm in Höhe von 5,93 € mit der angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm ergibt einen Monatsbetrag von 356 €). Der X. Senat des BFH hat bei den Wohnkosten die im Fünften Existenzminimumbericht (BTDrucks 15/2462) niedergelegte Bedarfsermittlung für das Jahr 2005 ausführlich überprüft und ausdrücklich gebilligt (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Er kann der Beschwerdebegründung keine Argumente entnehmen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Auf die dort aufgeworfene Frage, ob für einen Alleinstehenden eine Wohnungsgröße von 30 qm, so die Existenzminimumberichte, oder von 50 qm angemessen ist, so die Beschwerdebegründung, kommt es für den Streitfall nicht an, da die Antragsteller zusammen leben. Für Ehepaare hat der BFH in Übereinstimmung mit dem Bericht eine Wohnungsgröße von 60 qm als angemessen erachtet (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Die von den Antragstellern herangezogene --allerdings erst am 3. April 2012 erlassene (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin 2012, 99)-- Wohnaufwendungenverordnung (WAV) Berlin weist in ihrer Anlage 1 für einen Zweipersonenhaushalt ebenfalls eine 60 qm-Wohnung als angemessen aus (vgl. auch Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rz 69). Auch gegen die Herleitung der Durchschnittsmieten aus der Wohngeldstatistik hat der BFH keine Einwendungen erhoben (BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Soweit die Antragsteller auch diesbezüglich auf die WAV Berlin verweisen, ist zum einen anzumerken, dass das BVerfG eine Regionalisierung des Grundfreibetrags im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft nicht gefordert hat. Vielmehr hat es darauf abgestellt, dass angesichts des erheblichen Preisgefälles Preisunterschiede durch das Wohngeld ausgeglichen werden können (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Zum anderen weist die WAV Berlin für Zwei-Personen-Haushalte nur geringfügig höhere Bruttokaltmieten aus als der Existenzminimumbericht. Soweit in der Literatur teilweise die Notwendigkeit gesehen wird, die Ballungsraumproblematik bei den Kosten der Unterbringung im Rahmen der Bemessung des Grundfreibetrags zu berücksichtigen (z.B. Dziadkowski, Finanz-Rundschau 2008, 124), können die Antragsteller hieraus keinen Vorteil für sich ableiten. Denn das Mietniveau in Berlin bleibt deutlich hinter vergleichbaren Großstädten wie München oder Hamburg zurück (vgl. www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/download: Dokument "Ausstellung Berliner Mietspiegel 2011").

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(4) Die dem Existenzminimumbericht zugrunde liegende Berechnung der Heizkosten auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Für das Jahr 2011 ist danach für Ehepaare von einem Jahresbetrag von 835 € auszugehen (vgl. Achter Existenzminimumbericht, Ziffer 4.1.3). Dass dieser Betrag ausreichend ist, bestätigt der Blick in andere öffentlich verfügbare Quellen, wie z.B. den durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten bundesweiten Heizkostenspiegel. Danach kostete das Beheizen einer 70-qm-Wohnung im Abrechnungsjahr 2011 mit Heizöl durchschnittlich 890 €, mit Erdgas 715 € und mit Fernwärme 785 € (Quelle: www.heizspiegel.de).

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cc) Damit beträgt der Mindestbedarf von Ehepaaren 12.979 €. Zwischen dieser Summe und dem steuerlichen Freibetrag in Höhe von 16.008 € besteht eine Differenz von 3.029 €. Der Senat vermag bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu erkennen, durch welche zusätzlichen Bedarfspositionen dieser "Puffer" aufgezehrt werden könnte. Für den von den Antragstellern befürworteten pauschalen 25 %-igen Zuschlag auf den Regelsatz zur Abgeltung von einmaligen Hilfen und Mehrbedarfen --dies entspricht einem Betrag von 1.968 €-- ist kein Raum. Der Rechtsprechung des BVerfG lässt sich nicht entnehmen, dass dieser Bedarf überhaupt und auf diese Weise berücksichtigt werden müsste. Die maßgeblichen Entscheidungen des BVerfG sind zur Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ergangen. Das Verfassungsgericht hat die folgenden im BSHG vorgesehenen Leistungen als Maßgröße für das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum herangezogen: Regelsatz; Leistungen für Unterkunft und die Heizung; einmalige Hilfen, die einen zusätzlichen Grundbedarf berücksichtigen, der durch die laufenden Leistungen nicht gedeckt ist; Mehrbedarf für Erwerbstätige (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413). Danach sind Mehrbedarfe, die das BSHG beispielsweise für Schwangere, Alleinerziehende oder Behinderte anerkannte (§ 23 BSHG i.d.F. vom 20. Januar 1987; vgl. jetzt auch § 21 SGB II und § 30 SGB XII), nicht Teil des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs, der allgemein durch Hilfen zum notwendigen Lebensunterhalt an jeden Bedürftigen befriedigt wird. Die im Zuge der sog. Hartz-Reformen erfolgten Änderungen im Sozialrecht haben dazu geführt, dass einmalige Beihilfen zum Lebensunterhalt, von wenigen Ausnahmen (§ 24 Abs. 3 SGB II, § 31 Abs. 1 SGB XII) abgesehen, nicht mehr gewährt werden (Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 20 SGB II Rz 12 und 26). Dem Wegfall der vom BSHG noch zahlreich vorgesehenen einmaligen Beihilfen (z.B. zur Anschaffung von Kleidung oder Gebrauchsgütern längerer Nutzungsdauer) wurde durch eine Erhöhung der Regelleistung und neu eingeführte Sonderbedarfstatbestände (vgl. z.B. § 24 Abs. 3 SGB II) Rechnung getragen (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 125, 175, m.w.N.). Das SGB II und das SGB XII sehen im Unterschied zu § 23 Abs. 4 Nr. 1 BSHG (in der zum 1. Januar 1987 geltenden Fassung) auch keinen Mehrbedarf für Erwerbstätige mehr vor. Es erscheint daher naheliegend, dass dieser Bedarf bei der Ermittlung des Mindestbedarfs auch nicht mehr zu berücksichtigen ist (a.A. wohl Sartorius, Das Existenzminimum im Recht, 2000, S. 188 f.).

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Aus den genannten Gründen kann es jedenfalls nicht angehen, pauschal 25 % des --erhöhten-- Regelbedarfs als Teil des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs anzuerkennen, um Mehrbedarfslagen und einmaligen Leistungsgewährungen Rechnung zu tragen. Im Übrigen würde der oben erwähnte "Puffer" ausreichen, um selbst einen --auf diese Weise ermittelten-- zusätzlichen Bedarf auch noch abzudecken.

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b) Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG
Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass im Streitjahr das Kinderexistenzminimum steuerlich verschont wurde.

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aa) Was die Steuerfreiheit des Existenzminimums der Kinder des Steuerpflichtigen angeht, gesteht das BVerfG (Beschluss vom 14. Juni 1994  1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909, unter C.II.1.c, m.w.N.) dem Gesetzgeber einerseits zu, die steuerliche Entlastung in Höhe des Existenzminimums der Kinder für alle Altersstufen und im ganzen Bundesgebiet einheitlich festzulegen, erkennt andererseits aber, dass die Leistungen der Sozialhilfe weder für alle in Betracht kommenden Altersstufen der Kinder noch in allen Bundesländern einheitlich sind. Daraus folgert es, dass für den Vergleich aus den unterschiedlichen Sätzen ein Durchschnittssatz des im Sozialhilferecht anerkannten Bedarfs gebildet werden muss. Die Kriterien für die Ermittlung des sozialrechtlichen Mindestbedarfs hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93 (BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174) dahingehend weiter präzisiert, dass der Wohnbedarf des Kindes nicht nach der Pro-Kopf-Methode, sondern nach dem Mehrbedarf zu ermitteln ist.

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bb) Auf der Basis dieser Grundsätze vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die für 2011 geltenden Freibeträge verfassungsrechtlich zu beanstanden sein könnten. Die vergleichende Betrachtung mit dem Mindestbedarf zeigt, dass ausgehend von den Daten der Existenzminimumberichte die Freibeträge ausreichend bemessen waren.

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(1) Im Veranlagungszeitraum 2011 waren gemäß § 32 Abs. 6 EStG Freibeträge für das sächliche Existenzminimum in Höhe von 4.368 € und für den Betreuungs- oder Erziehungs- und Ausbildungsbedarf eines Kindes in Höhe von 2.640 € zu gewähren. Nach dem Siebten beziehungsweise Achten Existenzminimumbericht betrug das sächliche Existenzminimum eines Kindes für das Jahr 2010  3.864 € und für das Jahr 2012  4.272 €.

23

(2) Bei der Ermittlung des Mindestbedarfs geht der Achte Existenzminimumbericht unter Ziffer 5.1.1 zunächst von dem seit 1. Januar 2011 geltenden "neuen" Regelbedarf aus. Altersabhängige Unterschiede werden durch die Berechnung eines nach Lebensjahren gewichteten durchschnittlichen Regelbedarfs berücksichtigt, wobei nur minderjährige Kinder einbezogen wurden. Regionale Unterschiede bleiben unbeachtet. Das alles ist methodisch nicht zu beanstanden, was sich inzident aus der Rechtsprechung des BVerfG ergibt. Im Verfahren 1 BvR 1022/88 hat es die vergleichbaren Berechnungen des Bundesministers für Familie und Senioren wiedergegeben und nicht verworfen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909). Auch der Existenzminimumbericht für das Jahr 1999 vom 17. Dezember 1997 (BTDrucks 13/9561, Ziffer 4.1), der Grundlage für die eigenen Berechnungen des BVerfG im Verfahren 2 BvL 42/93 war (Beschluss in BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174), beruht auf derselben Vorgehensweise.

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Hilfe zum Lebensbedarf umfasst auch die mit Wirkung ab 2011 neugeregelten Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder (§ 28 SGB II und § 34 SGB XII; vgl. hierzu Luik in jurisPK-SGB XII, § 34 Rz 10 ff. und 25). Der Achte Existenzminimumbericht (Tz. 5.1.2) setzt hierfür --unter Ausgrenzung von Sonderbedarfslagen (z.B. Nachhilfeunterricht, mehrtägige Klassenfahrten)-- pro Kind und Monat 19 € an (100 € jährlich für Schulbedarf, 3 € monatlich für Ausflüge sowie 10 € monatlich insbesondere für Vereinsmitgliedschaften, vgl. § 28 Abs. 3 und 7 SGB II, § 34 Abs. 3 und 7 SGB XII). Der Betrag wurde als nach Lebensjahren gewichteter Durchschnitt berechnet. Der Bericht qualifiziert diese Leistungen als Teil des sächlichen Existenzminimums, der dem entsprechenden steuerlichen Freibetrag in Höhe von 4.368 € gegenübergestellt wird. Dies erscheint dem Senat zweifelhaft, weil offenkundig auch ein Bedarf befriedigt wird, der steuerlich durch den Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zusätzlich abgegolten wird. Angesichts der im Bericht vollzogenen sachlich nachvollziehbaren Abgrenzung zwischen Sonder- und Regelbedarfslagen, der schlüssigen Berechnungen und des ohnehin bestehenden "Puffers" zwischen Existenzminimum und den Freibeträgen des § 32 Abs. 6 EStG sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine verfassungsrechtliche Beanstandung. Solche ergeben sich insbesondere auch nicht aus der Beschwerdebegründung.

25

Bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft wird für ein Kind eine Wohnfläche von 12 qm zugrunde gelegt (Achter Existenzminimumbericht, Ziffer 5.1.3). Die Methode stellt damit auf den für Kinder notwendigen Mehrbedarf an Wohnraum ab und nicht auf eine Aufteilung der Wohnkosten nach Köpfen (so aber die Beschwerdebegründung). Das BVerfG hat die Ermittlung nach der Mehrbedarfsmethode ausdrücklich verlangt (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174). Der Achte Existenzminimumbericht legt sodann die bei kinderlosen Ehepaaren berücksichtigte monatliche Bruttokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche auch für Kinder zugrunde. Beim Mietenniveau werden somit Alleinerziehende mit einem Kind einem Zwei-Personen-Haushalt gleichgestellt. Bereits im Existenzminimumbericht für 1999 (BTDrucks 13/9561, Ziffer 5.3), der den Berechnungen des BVerfG im soeben zitierten Beschluss vom 10. November 1998 zugrunde lag, wurde der Wohnbedarf auf diese Weise ermittelt.

26

Da in der EVS die Heizkosten nicht kindbezogen erfasst sind, werden im Achten Existenzminimumbericht die Heizkosten für Kinder als Relation zu deren Bruttokaltmiete entsprechend dem Verhältnis der Heizkosten eines kinderlosen Paares zu dessen Bruttokaltmiete in Ansatz gebracht.

27

Da es bei der Ermittlung des kindbezogenen Mindestbedarfs angesichts der großen regionalen und altersbedingten Bandbreiten letztendlich nur darum geht, einen Richtwert auf statistisch nachvollziehbare Weise zu erhalten, sind für den Senat keine Gründe dafür ersichtlich, warum die im Existenzminimumbericht verarbeiteten Daten und die dort angewandten Berechnungsmethoden diesem Zweck nicht genügen sollten.

28

(3) Aus den umfangreichen Darlegungen und Berechnungen der Antragsteller ergibt sich jedenfalls nichts Gegenteiliges. Sie beruhen schon im Ansatz auf unzutreffenden rechtlichen Annahmen. Es kommt nach der Rechtsprechung des BVerfG gerade nicht darauf an, welchen konkreten Sozialhilfeanspruch die Antragsteller als Ehepaar mit einem Kind unter 14 Jahren an ihrem Wohnort Berlin --bei unterstellter Bedürftigkeit-- hätten. Dass der kindbezogene Sozialhilfeanspruch im Einzelfall höher ist --im Streitfall nach den Angaben der Antragsteller 5.220 €-- als der steuerliche Freibetrag, führt damit nicht per se zu dessen Verfassungswidrigkeit.

29

Auch die übrigen Berechnungen der Antragsteller sind rechtlich unerheblich. Es kommt entgegen ihrer Meinung nicht darauf an, ob mit dem gesamten jährlichen Kindergeldzahlbetrag oder dem sich aus der Anwendung der Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG ergebenden durchschnittlichen oder maximalen Steuerersparnisbetrag der existentielle Lebensunterhalt eines Kindes gedeckt werden kann. Es kommt stets nur darauf an, dass derjenige Teil des selbst erzielten Einkommens, der zur Bestreitung des existenznotwendigen Bedarfs der Familie eingesetzt werden muss, unbesteuert bleibt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.