Finanzgericht Hamburg Urteil, 22. Nov. 2017 - 6 K 70/17

bei uns veröffentlicht am22.11.2017

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin zu Recht widerrufen hat.

2

Die Klägerin ist ... und wurde am ... 2004 als Steuerberaterin bestellt. Seit 2006 ist sie als selbständige Steuerberaterin in einer Einzelkanzlei tätig.

3

Durch Urteil vom ... 2016 (Az. ...) erteilte das Landgericht Hamburg der Klägerin wegen Verletzung ihrer allgemeinen Berufspflichten einen Verweis.

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Unter Beifügung eines Ausdrucks aus dem Schuldnerverzeichnis wies der Vorstand der Beklagten die Klägerin mit Schreiben vom 01.11.2016 darauf hin, dass sie u. a. am 26.09.2016 wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden sei, forderte die Klägerin auf, bis zum 30.12.2016 ein Vermögensverzeichnis einzureichen und durch die Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass sie sich nicht in Vermögensverfall befinde, und kündigte eine Entscheidung über den Widerruf der Klägerin als Steuerberaterin nach Fristablauf an.

5

Mit E-Mail-Schreiben vom 27.01.2017 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie zahlungsfähig sei und über Vermögen verfüge, u. a. über einen hälftigen Anteil an einem Reihenhaus, den sie XX gegen Zahlung von 30.000,00 € übertragen habe, einen hälftigen Anteil an einem Einfamilienhaus und offene Forderungen gegenüber Mandanten in Höhe von ca. 32.000,00 €. Die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis könne sie nicht sämtlich nachvollziehen; jedenfalls hingen sie nicht mit mangelnder Liquidität, sondern damit zusammen, dass sie, die Klägerin, umgezogen sei und Post zu spät erhalten habe.

6

Auf Antrag der A vom 04.01.2017 auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin setzte das AG Hamburg durch Beschluss vom 13.02.2017 eine vorläufige Insolvenzverwalterin ein und ordnete Sicherungsmaßnahmen an, die es durch Beschluss vom 03.03.2017 nach einer Befriedigung der Forderungen der A und Rücknahme des Insolvenzantrages vom 28.02.2017 wieder aufhob (Az. ...).

7

Die Steuerberaterversorgung B Körperschaft des öffentlichen Rechts teilte der Beklagten mit Schreiben vom 09.02.2017 mit, dass für die Klägerin bis zum 31.12.2016 Beitragsrückstände in Höhe von 8.214,63 € aufgelaufen seien, und regte an zu prüfen, ob die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin wegen Vermögensverfalls zu widerrufen sei.

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Nach einer Mitteilung des Finanzamtes (FA)-1 vom 22.02.2017 schuldete die Klägerin zu diesem Zeitpunkt Lohn- und Umsatzsteuer samt Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 38.225,42 €.

9

Laut Rückstandsaufstellung des FA-2 vom 23.02.2017 schuldete die Klägerin zudem Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 9.666,07 €.

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Am 08.03.2017 gab es für die Klägerin insgesamt zehn Eintragungen im Schuldnerverzeichnis, zuletzt vom 07.11.2016.

11

Mit Bescheid vom 29.03.2017, der Klägerin zugestellt am 31.03.2017, widerrief die Beklagte die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatergesetzes (StBerG). Zur Begründung führte sie aus, dass aufgrund der Eintragung der Klägerin in das Schuldnerverzeichnis in zehn Fällen ihr Vermögensverfall zu vermuten sei. Dieselbe Vermutung werde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin durch das AG Hamburg ausgelöst. Darüber hinaus verwies die Beklagte auf die beim FA-1 und beim FA-2 bestehenden Steuerschulden sowie auf die Beitragsrückstände bei der Steuerberatung B. Die Klägerin habe demgegenüber nicht dargelegt, dass ein Vermögensverfall nicht bestehe, und auch kein Vermögensverzeichnis vorgelegt. Die Gefährdung von Mandanteninteressen sei sogar positiv feststellbar, weil gegen die Klägerin bei ihr, der Beklagten, in jüngster Zeit zwölf Mandantenbeschwerden wegen nicht gewissenhafter Berufsausübung durch die Klägerin eingegangen seien.

12

Hiergegen hat die Klägerin am 25.04.2017 Klage erhoben.

13

Bei dem vor dem AG Hamburg zum Az. ... geführten Verfahren habe es sich entgegen der Darstellung der Beklagten nicht um ein Insolvenz-, sondern lediglich um ein Insolvenzeröffnungsverfahren gehandelt, das nach Vollausgleich der Forderungen der A, die den Insolvenzantrag gestellt habe, durch Antragsrücknahme der A vom 28.02.2017 beendet worden sei. Zu einer Eintragung nach § 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) wegen Abweisung des Eröffnungsantrages mangels Masse sei es folglich nicht gekommen. Die gesetzliche Vermutung ihres, der Klägerin, Vermögensverfalls sei somit entkräftet.

14

Die weitergehenden Ausführungen der Beklagten zur Begründung des Widerrufsbescheides seien nicht einlassungsfähig und belegten weder den Eintritt eines Vermögensverfalls noch eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen hierdurch. Dies gelte für die Bezugnahme sowohl auf die Eintragung im Schuldnerverzeichnis als auch auf den Kontostand beim FA-1 vom 21.02.2017 bzw. die Rückstandsaufstellung des FA-2 vom 23.02.2017. Mit beiden Finanzämtern fänden Verhandlungen über zum Teil lediglich geschätzte Steuern statt. Sie, die Klägerin, bereite die fehlenden Steuererklärungen gerade vor und es stünden Zahlungsvereinbarungen im Raum, die erwarten ließen, dass es nicht zu Vollstreckungsmaßnahmen kommen werde.

15

Ähnlich verhalte es sich mit der Steuerberaterversorgung B. Da deren Schreiben an die Beklagte vom 09.02.2017 dem Widerrufsbescheid nicht beigefügt worden sei, sei unklar, ob eine und ggf. welche Forderung tituliert sei oder sich im Stand des Vollstreckungshilfeersuchens befinde.

16

Insgesamt habe die Beklagte ihrer Darlegungs- und Beweispflicht durch diesen unsubstantiierten Vortrag nicht Genüge getan, sodass sie, die Klägerin, hierauf auch nichts entgegnen könne.

17

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 29.03.2017 über den Widerruf der Bestellung als Steuerberaterin aufzuheben.

18

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

19

Die Beklagte trägt vor, dass sie die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin zu Recht wegen Vermögensverfalls widerrufen habe. Nach dem Ausdruck aus dem Schuldnerverzeichnis vom 10.08.2017 (...) sei die Klägerin wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft in elf Fällen in das Schuldnerverzeichnis eingetragen, sodass der Tatbestand des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG nach wie vor erfüllt sei.

20

Hinzu kämen die Beitragsrückstände bei der Steuerberaterversorgung B von mehr als 8.000 €, deretwegen bereits Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen worden seien.

21

Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie sich entweder nicht in Vermögensverfall befinde oder dass durch diesen Vermögensverfall ausnahmsweise die Interessen ihrer Mandanten nicht gefährdet seien. Ebenso wenig habe die Klägerin etwas zur Tilgung der Steuerschulden vorgetragen. Auch das Bestehen von Steuerschulden sei ein gewichtiges Indiz für den Eintritt eines Vermögensverfalls.

22

Die Gefährdung der Mandanteninteressen sei sogar bereits in gravierender Form eingetreten. So seien gegen die Klägerin diverse Mandantenbeschwerden eingegangen und sie sei durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2016 (...) wegen mehrerer Berufspflichtverletzungen verurteilt worden.

23

Wegen weiterer berufsrechtlicher Verfehlungen habe die Generalstaatsanwaltschaft in ... berufsgerichtliche Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet (Geschäftsnr. ... und ...; ...). Darüber hinaus habe sie, die Beklagte, mit Schreiben vom 26.07.2017 (...) bei der Generalstaatsanwaltschaft die Einleitung eines weiteren berufsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wegen einer weiteren Pflichtverletzung der Klägerin beantragen müssen.

24

Schließlich habe die Auszubildende der Klägerin den Ausbildungsvertrag mit Schreiben vom 09.11.2017 fristlos gekündigt, nachdem die Klägerin die Ausbildungsvergütung wiederholt verspätet und für September und Oktober 2017 überhaupt nicht mehr bezahlt habe.

25

Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 12.09.2017 der Einzelrichterin übertragen.

26

Auf die Rückstandsaufstellungen des FA-2 vom 13.11.2017 (...) und des FA-1 vom 16.11.2017 (...) wird Bezug genommen. Am 22.11.2017 befanden sich für die Klägerin insgesamt elf Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft; das älteste Anordnungsdatum ist der 20.03.2017, das jüngste der 14.08.2017 (...).

27

Auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2017 wird ebenfalls Bezug genommen (...).

28

Das Urteil ist am 22.11.2017 um 13.30 Uhr verkündet worden. In derselben Minute ist eine E-Mail der Klägerin auf der Geschäftsstelle eingegangen mit einem als Datei angehängten Vermögensverzeichnis.

29

Dem Gericht haben zwei Bände Sachakten der Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

30

Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Einzelrichterin.

31

Die zulässige Klage ist zulässig, aber unbegründet.

32

I. Die Klage ist zulässig. Ein außergerichtliches Vorverfahren (§ 44 Abs. 1 FGO) war nicht erforderlich, weil ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegen einen Bescheid über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater nicht gegeben ist (§ 348 Nr. 4 Abgabenordnung -AO- i. V. m. § 164a Abs. 1 Satz 1 StBerG).

33

II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

34

Der Bescheid über den Widerruf der Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

35

Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung zu widerrufen, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Im finanzgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren gegen den Widerrufsbescheid ist zum einen zu prüfen, ob dieser nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ergangen ist. Zum anderen muss das Gericht aber auch eine im Zeitpunkt seiner Entscheidung bestehende veränderte Sachlage berücksichtigen, wenn sich aus dieser eine Rechtspflicht zur sofortigen Wiederbestellung ergibt. Denn die Aufrechterhaltung einer Widerrufsverfügung durch die beklagte Behörde würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sie den Widerruf noch in einem Zeitpunkt verteidigte, in dem sie einem Antrag auf Wiederbestellung stattgeben müsste (BFH-Urteil vom 22.08.1995 VII R 63/94, BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909).

36

1. Die Klägerin ist in Vermögensverfall geraten.

37

a) aa) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Steuerberater in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (BFH-Urteile vom 18.03.2014 VII R 14/13, BFH/NV 2014, 1598; vom 06.06.2000 VII R 68/99, HFR 2000, 741). Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG wird ein Vermögensverfall vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet oder der Steuerberater in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO; § 882b der Zivilprozessordnung -ZPO-) eingetragen ist.

38

bb) Eine Widerlegung der an die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis anknüpfenden gesetzlichen Vermutung setzt voraus, dass der Berufsträger durch die genaue Angabe von Tatsachen substantiiert darlegt und beweist, dass trotz der Eintragung im Schuldnerverzeichnis kein Vermögensverfall gegeben ist. Insoweit muss zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich die Vermögensverhältnisse des Steuerberaters nachhaltig gebessert haben und er in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Der Steuerberater hat hierfür seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie alle gegen ihn erhobenen Forderungen umfassend, belegmäßig und nachvollziehbar offenzulegen und anzugeben, ob und welche Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen worden sind, die erwarten lassen, dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden können. Soweit die fehlende Berechtigung bestehender Eintragungen im Schuldnerverzeichnis geltend gemacht wird, müssen der Nachweis getilgter Forderungen erbracht und eine Löschungsbestätigung vorgelegt werden (BFH-Beschluss vom 22.08.2017 VII B 23/17, juris; BFH-Urteile vom 18.03.2014 VII R 14/13, BFH/NV 2014, 1598; vom 04.12.2007 VII R 64/06, BFHE 220, 558, BStBl II 2008, 401).

39

b) aa) Die Klägerin war bei Bekanntgabe des Widerrufsbescheides mit zehn Eintragungen im Schuldnerverzeichnis eingetragen und am Tag der mündlichen Verhandlung mit elf Eintragungen, sodass der Vermögensverfall zu beiden Zeitpunkten gesetzlich vermutet wird.

40

bb) Diese gesetzliche Vermutung hat die Klägerin nicht widerlegt. Trotz der entsprechenden Aufforderung durch die Beklagte hat sie weder bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides noch bis zu mündlichen Verhandlung ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie alle gegen sie erhobenen Forderungen umfassend, belegmäßig und nachvollziehbar offengelegt. Auch hat sie nicht dargelegt, ob und welche Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen worden wären, die erwarten ließen, dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden könnten.

41

Bzgl. der Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis hat die Klägerin für die Eintragung vom 20.03.2015 zum Az. ... in der mündlichen Verhandlung ein E-Mail-Schreiben der C Beratung vom 17.11.2017 vorgelegt - deren Befugnis zur Auskunfterteilung für die Gläubigerin für das Gericht nicht überprüfbar ist -, in der der Forderungsausgleich bestätigt wird, und für die Eintragungen vom 26.09.2016 und vom 07.11.2016 zum Az. ... eine Bestätigung des Gerichtsvollziehers vom 22.11.2017, dass der Vorgang durch Zahlung erledigt sei. In Bezug auf die verbleibenden acht Eintragungen hat die Klägerin zwar behauptet, dass die Vorgänge ebenfalls erledigt seien, hat diesen Vortrag jedoch nicht substantiiert und ist Nachweise schuldig geblieben, sodass die gesetzliche Vermutung nicht entkräftet worden ist.

42

cc) Unabhängig davon, dass die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls nicht entkräftet ist, lässt sich dessen Eintritt daran erkennen, dass die Klägerin neben den Beitragsrückständen bei der Steuerberatung B, die sich am 31.12.2016 auf 8.214,63 € beliefen und deren Rückführung die Klägerin nicht dargelegt hat, Steuerschulden hat, die sich im Februar 2017 auf insgesamt 47.891,49 € beliefen und sich bis zum laufenden Monat auf 78.224,63 € erhöht haben. Der bei Erlass des Widerrufsbescheides vorliegende Vermögensverfall bestand daher bis zur mündlichen Verhandlung fort.

43

2. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Interessen der Auftraggeber der Klägerin durch den Vermögensverfall ausnahmsweise nicht gefährdet wären.

44

a) aa) Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind, und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung; aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass der betroffene Steuerberater die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand trägt. Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (BFH-Beschlüsse vom 05.06.2015 VII B 181/14, BFH/NV 2015, 1440; vom 18.11.2008 VII B 119/08, BFH/NV 2009, 614).

45

bb) Eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen ist anzunehmen, wenn der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält, denn in diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerberater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit auch Mandanteninteressen unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszugehen ist (BFH-Beschlüsse vom 10.02.2009 VII B 169/08, BFH/NV 2009, 972; vom 04.12.2007 VII R 64/06, BFHE 220, 558, BStBl II 2008, 401). Deshalb ist bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu Ungunsten des Steuerberaters zu berücksichtigen, dass er in der Vergangenheit die den Mandanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer oder die vom Entgelt seiner Mitarbeiter einbehaltene Lohnsteuer nicht fristgerecht abgeführt hat. Eine derartige Pflichtverletzung reicht bereits für sich genommen aus, den Entlastungsbeweis als nicht erbracht anzusehen (BFH-Beschluss vom 04.12.2007 VII R 64/06, BFHE 220, 558, BStBl II 2008, 401).

46

b) aa) Die Klägerin hat bis zur mündlichen Verhandlung keinerlei Umstände vorgetragen, die darauf schließen ließen, dass trotz des vorliegenden Vermögensverfalls der in einer Einzelkanzlei tätigen Klägerin Mandanteninteressen nicht gefährdet wären.

47

bb) Unabhängig davon ist der Entlastungsbeweis bereits deshalb als nicht erbracht anzusehen und von einer Gefährdung der Auftraggeberinteressen auszugehen, weil die Klägerin auch in sonstigen geschäftlichen und eigenen Angelegenheiten die notwendige Zuverlässigkeit vermissen lässt und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält.

48

Das betrifft nicht nur die bei der Steuerberaterversorgung B und dem FA-2 aufgelaufenen Rückstände, sondern in besonderem Maße die rückständige Lohn- und Umsatzsteuer. Aus der Rückstandsmitteilung des FA-1 vom 16.11.2017 ergibt sich, dass die Klägerin Lohn- und Umsatzsteuer für ihre eigene Kanzlei pflichtwidrig nicht abgeführt hat, und das über einen Zeitraum von über zwei Jahren, wobei sich die Rückstände in jüngster Zeit noch einmal deutlich erhöht haben auf derzeit 66.713,35 € und hierin alle laufenden Umsatzsteuer-Vorauszahlungen seit Beginn des Jahres enthalten sind. Der Vortrag der Klägerin, die Festsetzungen beruhten z. T. auf Schätzungen, bei Abgabe der bereits vorbereiteten Steuererklärungen für 2015 würden sich Guthaben ergeben und es fänden Verhandlungen über Zahlungsvereinbarungen statt, ist unsubstantiiert und nicht belegt. Dass die Rückstände teilweise auf Schätzungsbescheiden basieren, beinhaltet zudem weitere Pflichtverletzungen der Klägerin durch Nichtabgabe der Steuererklärungen, -voranmeldungen und -anmeldungen.

49

III. 1. In der Entscheidung des Gerichts ohne Gewährung des von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragten Schriftsatznachlasses (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 283 ZPO) liegt keine Verletzung des Anspruches der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG-, § 96 Abs. 2 FGO). Die mündliche Verhandlung war daher weder zur Gewährung des Schriftsatznachlasses wiederzueröffnen (§ 93 Abs. 3 Satz 2 FGO) noch wegen des zeitgleich mit der Urteilsverkündung eingegangenen Schriftsatzes der Klägerin vom 22.11.2017 nebst anliegendem Vermögensverzeichnis.

50

a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst in erster Linie das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und - gegebenenfalls - Beweisergebnissen zu äußern, sowie in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten (BFH-Beschluss vom 10.12.2012 VI B 135/12, BFH/NV 2013, 569), und das Gebot, für die Prozessbeteiligten überraschende Entscheidungen zu unterlassen (BFH-Beschluss vom 11.05.2017 IX B 23/17, BFH/NV 2017, 1059).

51

b) Danach war die Gewährung der beantragten Schriftsatzfrist für die Äußerung zu den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung nicht geboten, weil sämtliche dort erörterten tatsächlichen und rechtlichen Aspekte rechtzeitig vorher durch die Beklagte bzw. das Gericht in den Prozess eingeführt worden waren. Das Urteil wird auch nicht auf neue und für die Klägerin überraschende Gesichtspunkte gestützt.

52

Soweit die Klägerin den Schriftsatznachlass im Hinblick auf den Auszug aus dem Schuldnerregister vom Tag der mündlichen Verhandlung beantragt hat, ist darauf hinzuweisen, dass die Eintragungsanordnung eines Gerichtsvollziehers dem Schuldner gemäß § 882c Abs. 2 Satz 2 ZPO zugestellt wird und dem Schuldner gemäß § 882f Satz 1 Nr. 6 ZPO zudem die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis gestattet ist. Die Klägerin als Schuldnerin muss somit Kenntnis von den aktuellen Eintragungen gehabt haben bzw. hätte sich diese Kenntnis jederzeit selbst beschaffen können und für einen sachgerechten Vortrag zur Entkräftung der auf die Eintragungen gründenden gesetzlichen Vermutung des Vermögensverfalls auch beschaffen müssen.

53

c) Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund des genau gleichzeitig mit der Urteilsverkündung im Sitzungssaal um 13.30 Uhr per E-Mail auf der Geschäftsstelle des Gerichts eingegangenen Schriftsatzes vom 22.11.2017 nebst beigefügtem Vermögensverzeichnis ist nicht mehr möglich gewesen, weil das Urteil mit der Verkündung wirksam geworden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27.06.2012 XI B 129/11, BFH/NV 2012, 1978). Im Übrigen wäre das Vermögensverzeichnis für sich genommen aus den dargelegten Gründen ohnehin nicht geeignet, die Vermutung des Vermögensverfalls zu entkräften, und hätte daher keine Veranlassung für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten.

54

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

55

3. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

(1) Die Bestellung ist zurückzunehmen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte die Bestellung durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren.

(2) Die Bestellung ist zu widerrufen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte

1.
eine gewerbliche Tätigkeit oder eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübt, die mit seinem Beruf nicht vereinbar ist (§ 57 Abs. 4);
2.
infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat;
3.
nicht die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung gegen die Haftpflichtgefahren aus seiner Berufstätigkeit unterhält;
4.
in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten eröffnet oder der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
5.
seine berufliche Niederlassung in das Ausland verlegt, ohne daß ein Zustellungsbevollmächtigter mit Wohnsitz im Inland benannt worden ist. Name und Anschrift sowie jede Änderung der Person oder der Anschrift des Zustellungsbevollmächtigten sind der zuständigen Steuerberaterkammer unverzüglich mitzuteilen. Der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte bleibt Mitglied der Steuerberaterkammer, der er bisher angehört hat;
6.
eine berufliche Niederlassung nicht unterhält oder
7.
aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben.

(3) In Verfahren wegen des Widerrufs der Bestellung nach Absatz 2 Nr. 7 ist § 40 Abs. 4 entsprechend anzuwenden. Wird das Gutachten ohne zureichenden Grund nicht innerhalb der von der zuständigen Steuerberaterkammer gesetzten Frist vorgelegt, so wird vermutet, dass der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte aus einem Grund des Absatzes 2 Nr. 7, der durch das Gutachten geklärt werden soll, nicht nur vorübergehend unfähig ist, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben.

(4) Die Bestellung als Steuerberater und als Steuerbevollmächtigter wird durch die Steuerberaterkammer zurückgenommen oder widerrufen. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach der beruflichen Niederlassung, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 6 nach der beabsichtigten beruflichen Niederlassung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2. § 40 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend. Bei beruflicher Niederlassung im Ausland richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der letzten beruflichen Niederlassung im Geltungsbereich dieses Gesetzes; ist eine solche nicht vorhanden, so ist die Steuerberaterkammer zuständig, in deren Bezirk der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte bestellt wurde. Vor der Rücknahme oder dem Widerruf ist der Betroffene zu hören.

(5) (weggefallen)

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

Der Einspruch ist nicht statthaft

1.
gegen Einspruchsentscheidungen (§ 367),
2.
bei Nichtentscheidung über einen Einspruch,
3.
gegen Verwaltungsakte der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, außer wenn ein Gesetz das Einspruchsverfahren vorschreibt,
4.
gegen Entscheidungen in Angelegenheiten des Zweiten und Sechsten Abschnitts des Zweiten Teils des Steuerberatungsgesetzes,
5.
(weggefallen)
6.
in den Fällen des § 172 Abs. 3.

(1) Die Durchführung des Verwaltungsverfahrens in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils dieses Gesetzes geregelt werden, richtet sich nach der Abgabenordnung. Das Verfahren kann über eine einheitliche Stelle abgewickelt werden. Dafür gelten die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(2) Die Vollziehung der Rücknahme oder des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein (§ 20), der Anordnung der Schließung einer Beratungsstelle (§ 28 Abs. 3), der Rücknahme oder des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter (§ 46) oder der Anerkennung als Berufsausübungsgesellschaft (§ 53) ist bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit gehemmt; § 361 Abs. 4 Sätze 2 und 3 der Abgabenordnung und § 69 Abs. 5 Sätze 2 bis 4 der Finanzgerichtsordnung bleiben unberührt. In den Fällen des Satzes 1 kann daneben die Ausübung der Hilfeleistung in Steuersachen mit sofortiger Wirkung untersagt werden, wenn es das öffentliche Interesse erfordert.

(3) In finanzgerichtlichen Verfahren in Angelegenheiten der §§ 37, 37a und 39a wird die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde durch die zuständige Steuerberaterkammer vertreten. Die der für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörde in Verfahren nach Satz 1 auferlegten Kosten werden von der zuständigen Steuerberaterkammer unmittelbar an den Kostengläubiger gezahlt. Die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde wird insoweit von ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kostengläubiger befreit. Die zuständige Steuerberaterkammer kann für eigene Aufwendungen in Verfahren nach Satz 1 und für die Zahlung nach Satz 2 keinen Ersatz von der für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörde verlangen.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Die Bestellung ist zurückzunehmen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte die Bestellung durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren.

(2) Die Bestellung ist zu widerrufen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte

1.
eine gewerbliche Tätigkeit oder eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübt, die mit seinem Beruf nicht vereinbar ist (§ 57 Abs. 4);
2.
infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat;
3.
nicht die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung gegen die Haftpflichtgefahren aus seiner Berufstätigkeit unterhält;
4.
in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten eröffnet oder der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
5.
seine berufliche Niederlassung in das Ausland verlegt, ohne daß ein Zustellungsbevollmächtigter mit Wohnsitz im Inland benannt worden ist. Name und Anschrift sowie jede Änderung der Person oder der Anschrift des Zustellungsbevollmächtigten sind der zuständigen Steuerberaterkammer unverzüglich mitzuteilen. Der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte bleibt Mitglied der Steuerberaterkammer, der er bisher angehört hat;
6.
eine berufliche Niederlassung nicht unterhält oder
7.
aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben.

(3) In Verfahren wegen des Widerrufs der Bestellung nach Absatz 2 Nr. 7 ist § 40 Abs. 4 entsprechend anzuwenden. Wird das Gutachten ohne zureichenden Grund nicht innerhalb der von der zuständigen Steuerberaterkammer gesetzten Frist vorgelegt, so wird vermutet, dass der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte aus einem Grund des Absatzes 2 Nr. 7, der durch das Gutachten geklärt werden soll, nicht nur vorübergehend unfähig ist, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben.

(4) Die Bestellung als Steuerberater und als Steuerbevollmächtigter wird durch die Steuerberaterkammer zurückgenommen oder widerrufen. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach der beruflichen Niederlassung, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 6 nach der beabsichtigten beruflichen Niederlassung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2. § 40 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend. Bei beruflicher Niederlassung im Ausland richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der letzten beruflichen Niederlassung im Geltungsbereich dieses Gesetzes; ist eine solche nicht vorhanden, so ist die Steuerberaterkammer zuständig, in deren Bezirk der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte bestellt wurde. Vor der Rücknahme oder dem Widerruf ist der Betroffene zu hören.

(5) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) wurde 1997 durch das Sächsische Staatsministerium der Finanzen als Steuerberaterin bestellt.

2

Mit Schreiben der Obergerichtsvollzieherin vom 21. November 2011 und 16. Dezember 2011 erlangte die Beklagte und Revisionsklägerin (Steuerberaterkammer) Kenntnis von 14 gegen die Klägerin erteilten Zwangsvollstreckungsaufträgen für Forderungen in Höhe von insgesamt 16.651,82 € sowie einem Räumungsauftrag in Bezug auf die Kanzleiräume der Klägerin. Weiterhin teilte das Finanzamt A mit Schreiben vom 3. Januar 2012 mit, dass sich die Klägerin mit Steuerschulden in Höhe von 13.269,99 € und Säumniszuschlägen in Höhe von 801,50 € im Rückstand befinde und dass zur Begleichung offener Forderungen des Finanzamts bis dato Konten der Klägerin gepfändet würden.

3

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 widerrief die Steuerberaterkammer die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin mit der Begründung, die Klägerin sei in Vermögensverfall geraten.

4

Nachdem sie zu einem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht erschienen war, erging im Juni 2012 Haftbefehl gegen die Klägerin.

5

Die gegen den Widerruf der Bestellung als Steuerberaterin beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, der Widerruf der Bestellung sei rechtswidrig; die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) greife mangels Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin sowie mangels Eintragung in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis nicht. Der Erlass eines Haftbefehls wegen Nichterscheinens der Klägerin zu einem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§§ 901, 915 der Zivilprozessordnung --ZPO-- a.F., seit 1. Januar 2013 geregelt in § 802g, § 882b ff. ZPO) sei nicht hinreichend, da die Forderung, deren Nichtbegleichung in den Erlass des Haftbefehls gemündet habe, zwischenzeitlich getilgt worden sei und der Gläubiger der Forderung den Haftbefehl nicht weiter verfolge. Auch aus anderen Umständen ergebe sich kein Vermögensverfall. Die Aktiva der Klägerin überstiegen deren Passiva; die Klägerin sei demnach nicht zahlungsunfähig.

6

Mit ihrer Revision rügt die Steuerberaterkammer, das FG habe die Eintragung eines Haftbefehls gemäß § 901 ZPO a.F. in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 915 ZPO a.F. entgegen der gesetzlichen Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG für nicht ausreichend erachtet, um die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls auszulösen. Dies widerspreche dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Nach Ansicht des FG dürfe die Steuerberaterkammer trotz Vorliegens eines Haftbefehls und einer Eintragung in das Schuldnerverzeichnis den Vermögensverfall des Steuerberaters nicht mehr gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG vermuten; vielmehr müsse die Steuerberaterkammer den Vermögensverfall konkret nachweisen, bevor sie die Bestellung als Steuerberater widerrufen dürfe. Diese Auffassung bewirkte jedoch eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast, was mit der Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG nicht vereinbar sei. Das Urteil des FG verletze daher Bundesrecht.

7

Die Steuerberaterkammer beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie schließt sich der Auffassung des FG an.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Steuerberaterkammer ist mit dem Ergebnis der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

10

1. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung eines Steuerberaters zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Einen Ermessensspielraum gewährt das Gesetz nicht; sofern die Voraussetzungen gegeben sind, ist der Widerruf der Bestellung als Steuerberater zwingend. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Widerrufsverfügung hat das FG folglich festzustellen, ob der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist. Dabei hat das FG eine im Zeitpunkt seiner Entscheidung bestehende veränderte Sachlage zu berücksichtigen und die Fragen, ob der Vermögensverfall gegeben und der Widerrufsbescheid aufrechtzuerhalten ist, anhand der tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung zu beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 22. August 1995 VII R 63/94, BFHE 178, 504, 506 f., BStBl II 1995, 909, 910).

11

2. Der Auffassung des FG, wonach der gegen die Klägerin nach Erlass des Widerrufsbescheids ergangene Haftbefehl wegen Nichterscheinens zu einem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für die Vermutung des Vermögensverfalls "nicht hinreichend" sei, da die zugrunde liegenden Forderungen getilgt seien und der Gläubiger der Forderungen den Haftbefehl nicht weiterverfolge, ist nicht zu folgen.

12

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG wird ein Vermögensverfall vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet oder dieser in das vom Insolvenz- oder das vom Vollstreckungsgericht nach § 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung bzw. nach § 915 ZPO a.F. zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Im Übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Steuerberater in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (Senatsurteile vom 3. November 1992 VII R 95/91, BFH/NV 1993, 624, 625, und in BFHE 178, 504, 506, BStBl II 1995, 909, 910; Senatsbeschluss vom 9. April 2009 VII B 113/08, BFH/NV 2009, 1282; ebenso: Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 46 StBerG, Kommentar, B 621).

13

a) Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG greift ein, sobald eine der dort genannten Voraussetzungen wie die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 915 ZPO a.F. gegeben ist (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 VII R 64/06, BFHE 220, 558, 561, BStBl II 2008, 401, 402; Senatsbeschluss vom 28. August 2003 VII B 159/02, BFH/NV 2004, 91). Ein Schuldner wird (u.a.) in das beim Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis von Amts wegen gemäß § 915 Abs. 1 i.V.m. § 901 ZPO a.F. eingetragen, wenn er in dem zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmten Termin nicht erscheint und deshalb nach § 901 ZPO a.F. auf Antrag ein Haftbefehl gegen ihn zu erlassen ist.

14

b) Mit seinem Ausgangspunkt, es sei weder das Insolvenzverfahren über das Vermögen eröffnet noch sei die Klägerin in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen, geht das FG fehl. Zwar lag im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Verwaltungsentscheidung noch keine Eintragung der Klägerin in das Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO a.F. vor. Jedoch wurde in der Folgezeit ein Haftbefehl gegen die Klägerin erlassen, da diese nicht zu einem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erschienen war, so dass die Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der FG-Entscheidung im Schuldnerverzeichnis eingetragen war oder jedenfalls einzutragen gewesen wäre. Feststellungen über eine spätere Löschung der Eintragung hat das FG im Urteil nicht getroffen. Nachdem das Gesetz in Bezug auf die Voraussetzung einer Eintragung im Schuldnerverzeichnis nicht weiter differenziert, ist der Vermögensverfall --unabhängig von den bereits getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Steuerberaterkammer zu den Vermögensverhältnissen der Klägerin-- zu vermuten.

15

3. Da das FG das Eingreifen der gesetzlichen Vermutung des Vermögensverfalls nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG verkannt hat, ist die Prüfung, ob diese Vermutung seitens der Klägerin widerlegt worden ist, ausgeblieben.

16

Eine Widerlegung der an die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis anknüpfenden gesetzlichen Vermutung kann nur gelingen, wenn der Berufsträger, den insoweit die Darlegungslast trifft, durch die genaue Angabe von Tatsachen substantiiert darlegt und beweist, dass im Einzelfall trotz der Eintragung im Schuldnerverzeichnis kein Vermögensverfall gegeben ist (Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2000, 741, 742; Senatsbeschluss vom 11. Oktober 1994 VII B 129/94, BFH/NV 1995, 441, 442).

17

Die Vermutung des Vermögensverfalls kann widerlegt werden, sofern der Steuerberater mit den Gläubigern Vereinbarungen getroffen hat, die erwarten lassen, dass es zu keinen Vollstreckungsmaßnahmen mehr kommen wird (Senatsurteil vom 30. März 2004 VII R 56/03, BFH/NV 2004, 1426, 1427; Senatsbeschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, 567 f., BStBl II 2004, 1016, 1017) und dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden können (Senatsurteil in HFR 2000, 741).

18

Der Senat kann hierüber auf der Grundlage der Feststellungen des FG keine Entscheidung treffen, da das FG die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin auf die Tilgung der dem Haftbefehl zugrunde liegenden Forderungen und die Gegenüberstellung von teilweise lediglich im Schätzwege ermittelten Aktiva und Passiva beschränkt hat. Die Sache ist nicht spruchreif, sondern zur Nachholung fehlender Feststellungen und zur Entscheidung über die Frage der Widerlegung des Vermögensverfalls an das FG zurückzuverweisen.

19

4. Im zweiten Rechtsgang wird das FG --unter Berücksichtigung der der Klägerin obliegenden Darlegung ihrer Vermögensverhältnisse-- die für die Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls maßgebenden Tatsachen zu ermitteln haben. Dabei ist von den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der erneuten erstinstanzlichen Entscheidung auszugehen (Senatsurteil in BFHE 178, 504, 510, BStBl II 1995, 909, 912; Senatsbeschluss vom 18. August 2005 VII B 20/05, BFH/NV 2005, 2254, 2255).

20

Anschließend wird das FG zu entscheiden haben, ob die tatsächlichen Feststellungen geeignet sind, die aus der haftbefehlsbegründeten Eintragung in das Schuldnerverzeichnis resultierende gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen.

21

Zu entscheiden ist, ob die Klägerin in der Lage ist, ihren Verpflichtungen nachzukommen (vgl. Senatsurteil in BFHE 178, 504, 508, BStBl II 1995, 909, 911). Das FG hat insofern zweifelsfrei festzustellen, dass sich die Vermögensverhältnisse der Klägerin nachhaltig gebessert haben (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 25. März 1991 AnwZ (B) 80/90, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 2083, 2084, zur gleichlautenden Widerrufsvorschrift der Bundesrechtsanwaltsordnung --BRAO-- in § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. --§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO n.F.--), d.h. ob die Klägerin --wie es von einem Steuerberater zu verlangen ist-- in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StBerG). Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse liegen vor, wenn der Bewerber über regelmäßige Einkünfte verfügt und die Ausgaben die Einkünfte nicht übersteigen. Dabei sind Schulden unschädlich, wenn der Schuldendienst gesichert ist und sie nach Art und Höhe in Ansehung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Bewerbers in einem überschaubaren Zeitraum getilgt werden können (Senatsurteile in BFHE 178, 504, 509, BStBl II 1995, 909, 912, und in BFHE 220, 558, 562, BStBl II 2008, 401, 403).

22

Die Darlegungslast hierfür liegt bei der Klägerin; sie hat insoweit ihre aktuellen Einkommens- und gesamten Vermögensverhältnisse sowie alle gegen sie erhobenen Forderungen umfassend, belegmäßig und nachvollziehbar offenzulegen und anzugeben, ob und welche Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen worden sind, die erwarten lassen, dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. September 2008 VII B 121/08, nicht veröffentlicht, und vom 3. März 2009 VII B 126/08, nicht veröffentlicht; BGH-Beschlüsse in NJW 1991, 2083, und vom 4. Februar 2013 AnwZ (Brfg) 62/12, Zeitschrift für Immobilienrecht 2013, 249).

23

Dabei genügt es nicht, die Werte von Vermögensgegenständen sowie die Höhe von Forderungen und Verbindlichkeiten zu schätzen oder auf Annahmen zu stützen. Im Fall belegmäßig nachgewiesener Vermögenswerte des Steuerberaters, deren Verkehrswert zum Ausgleich der Verbindlichkeiten ausreicht, bedarf es darüber hinaus der Feststellung, ob diese tatsächlich zur Schuldentilgung eingesetzt werden können und sollen (vgl. Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 46 StBerG, Kommentar, B 621).

24

Sollte die Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis geltend gemacht werden, muss die Löschungsbestätigung vorgelegt werden (siehe Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 46 StBerG, Kommentar, B 634.4). Selbst wenn allerdings im Lauf des gerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung des Widerrufs der Bestellung Eintragungen nachweislich gelöscht und Forderungen getilgt werden, reicht diese Entwicklung alleine noch nicht aus, die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen (vgl. Senatsurteile vom 1. Juli 1981 VII R 84/80, BFHE 134, 79, 87 ff., BStBl II 1981, 740, und in BFHE 178, 504, 508, BStBl II 1995, 909, 911, sowie BGH-Beschluss in NJW 1991, 2083, 2084, zur gleichlautenden Widerrufsvorschrift der BRAO in § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. --§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO n.F.--). Auch aus dem Nachweis getilgter Forderungen und der dadurch bewirkten Löschung der Eintragung ergibt sich nicht automatisch, dass der Steuerberater wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Es können weiterhin Schulden vorhanden sein, die (noch) nicht zu einer Eintragung ins Register geführt haben (siehe Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 46 StBerG, Kommentar, B 634.6).

25

Sofern das FG nach Würdigung der festzustellenden Tatsachen zu dem Schluss gelangt, dass die Klägerin die Vermutung des Vermögensverfalls nicht widerlegen kann und eine Gefährdung der Auftraggeberinteressen nicht auszuschließen ist, ist die Klage abzuweisen.

26

5. Die Kostenentscheidung ist gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG vorzubehalten.

(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

(1) Das zentrale Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 führt ein Verzeichnis (Schuldnerverzeichnis) derjenigen Personen,

1.
deren Eintragung der Gerichtsvollzieher nach Maßgabe des § 882c angeordnet hat;
2.
deren Eintragung die Vollstreckungsbehörde nach Maßgabe des § 284 Abs. 9 der Abgabenordnung angeordnet hat; einer Eintragungsanordnung nach § 284 Abs. 9 der Abgabenordnung steht die Anordnung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis durch eine Vollstreckungsbehörde gleich, die auf Grund einer gleichwertigen Regelung durch Bundesgesetz oder durch Landesgesetz ergangen ist;
3.
deren Eintragung das Insolvenzgericht nach Maßgabe des § 26 Absatz 2 oder des § 303a der Insolvenzordnung angeordnet hat.

(2) Im Schuldnerverzeichnis werden angegeben:

1.
Name, Vorname und Geburtsname des Schuldners sowie die Firma und deren Nummer des Registerblatts im Handelsregister,
2.
Geburtsdatum und Geburtsort des Schuldners,
3.
Wohnsitze des Schuldners oder Sitz des Schuldners,
einschließlich abweichender Personendaten.

(3) Im Schuldnerverzeichnis werden weiter angegeben:

1.
Aktenzeichen und Gericht oder Vollstreckungsbehörde der Vollstreckungssache oder des Insolvenzverfahrens,
2.
im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 das Datum der Eintragungsanordnung und der gemäß § 882c zur Eintragung führende Grund,
3.
im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 das Datum der Eintragungsanordnung und der gemäß § 284 Abs. 9 der Abgabenordnung oder einer gleichwertigen Regelung im Sinne von Absatz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 zur Eintragung führende Grund,
4.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 das Datum der Eintragungsanordnung sowie die Feststellung, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners mangels Masse gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 der Insolvenzordnung abgewiesen wurde, oder bei einer Eintragung gemäß § 303a der Insolvenzordnung der zur Eintragung führende Grund und das Datum der Entscheidung des Insolvenzgerichts.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 25. Januar 2017 7 K 4112/15 StB wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) als unbegründet abgewiesen. Dabei ist es von im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehenden 15 Eintragungen des Klägers im Schuldnerverzeichnis ausgegangen. Die daraus folgende gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls habe der Kläger nicht widerlegt.

2

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie auf Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) stützt.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

4

1. Der gerügte Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 1 FGO liegt nicht vor. Das FG war bei der Entscheidung vorschriftsgemäß besetzt. Da der Vorsitzende des 7. FG-Senats verhindert war, oblag seine Vertretung als Vorsitzender nach Teil C I. 1. Buchst. a Satz 1 des Geschäftsverteilungsplans dem in Teil A I. benannten stellvertretenden Vorsitzenden X. Da außerdem durch die Verhinderung des Senatsvorsitzenden nur zwei ständige Mitglieder des 7. FG-Senats verblieben waren, war dieser beschlussunfähig, so dass nach der Vertretungsregelung Teil C I. 2. des Geschäftsverteilungsplans das für den 8. FG-Senat an letzter Stelle aufgeführte ständige Mitglied Y als Vertreter einzutreten hatte.

5

Anders als die Beschwerde meint, sind die vorgenannten Vertretungsregelungen des Geschäftsverteilungsplans eindeutig. Die Voraussetzungen einer Vertretung gemäß Teil C I. 1. Buchst. b Satz 1 des Geschäftsverteilungsplans, falls eine Vertretung des Vorsitzenden durch ein Mitglied seines Senats nicht möglich ist, lagen im Streitfall nicht vor. Für die Ansicht der Beschwerde, eine senatsinterne Vertretung des verhinderten Vorsitzenden sei auch dann nicht möglich im Sinne vorgenannter Vertretungsregelung, wenn der Senat dadurch beschlussunfähig werde bzw. bleibe, geben die Vertretungsregelungen des Geschäftsverteilungsplans keinen Anhaltspunkt.

6

2. Ob der geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Gestalt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) überhaupt schlüssig dargelegt ist, kann offen bleiben, weil das angefochtene Urteil von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht abweicht. Die nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG im Fall von Eintragungen des Steuerberaters im Schuldnerverzeichnis bestehende Vermutung des Vermögensverfalls kann nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats widerlegt werden, wenn der Steuerberater, den insoweit die Darlegungslast trifft, durch die genaue Angabe von Tatsachen substantiiert darlegt und beweist, dass im Einzelfall trotz der Eintragung im Schuldnerverzeichnis kein Vermögensverfall gegeben ist. Insoweit muss zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich die Vermögensverhältnisse des Steuerberaters nachhaltig gebessert haben und er in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Der Steuerberater hat hierfür seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie alle gegen ihn erhobenen Forderungen umfassend, belegmäßig und nachvollziehbar offenzulegen und anzugeben, ob und welche Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen worden sind, die erwarten lassen, dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden können. Im Fall belegmäßig nachgewiesener Vermögenswerte des Steuerberaters, deren Verkehrswert zum Ausgleich der Verbindlichkeiten ausreicht, bedarf es darüber hinaus der Feststellung, ob diese tatsächlich zur Schuldentilgung eingesetzt werden können und sollen. Soweit die Berechtigung bestehender Eintragungen im Schuldnerverzeichnis geltend gemacht wird, müssen der Nachweis getilgter Forderungen erbracht und eine Löschungsbestätigung vorgelegt werden (Senatsurteil vom 18. März 2014 VII R 14/13, BFH/NV 2014, 1598).

7

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das FG im Streitfall erkennbar nicht abgewichen. Es hat geurteilt, das Vorbringen des Klägers und die von ihm eingereichten Unterlagen reichten nicht aus, um die vollständige Tilgung aller zu Grunde liegenden Forderungen nachzuweisen. Soweit lediglich zu einer der 15 Eintragungen substantiiert vorgetragen worden sei, widerlegten die hierzu eingereichten Unterlagen den Vermögensverfall nicht. Im Übrigen sei mangels Nachweises davon auszugehen, dass es dem Kläger bisher nicht gelungen sei, die Schulden kurzfristig und vollständig zu begleichen. Insoweit habe er lediglich pauschal vorgetragen, die Forderungen seien beglichen und die zu Grunde liegenden Vollstreckungsverfahren erledigt. Soweit der Kläger behaupten wolle, seine Vermögens- und Liquiditätslage habe sich im Lauf des Verfahrens verbessert, sei dies nicht mit den während des Klageverfahrens hinzugekommenen Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zu vereinbaren. Darüber hinaus bestehe das angegebene Aktivvermögen zu einem erheblichen Teil aus Immobilien und Beteiligungen an Gesellschaften, weshalb anzunehmen sei, dass eine Verwertung mangels Werthaltigkeit oder zu hoher Belastungen nicht erfolgversprechend erscheine. Auch habe der Kläger keinerlei Unterlagen eingereicht, die geeignet wären, die Wertfindung nachzuvollziehen.

8

Das FG hat somit ausgehend von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab und aufgrund der ihm insoweit vorbehaltenen Tatsachenwürdigung keine Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls durch das klägerische Vorbringen und die vorgelegten Unterlagen angenommen. Soweit die Beschwerde diese Würdigung der Tatsachen für unzutreffend hält und sich auf im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unzulässiges weiteres Tatsachenvorbringen beruft, um nachzuweisen, dass die Verbindlichkeiten, die zu den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis geführt hatten, vollständig bezahlt seien, legt sie keinen Grund für die Zulassung der Revision dar. Im Übrigen ändert all dies nichts daran, dass im finanzgerichtlichen Verfahren hinsichtlich keiner der 15 Eintragungen eine Löschungsbestätigung vorgelegt worden ist, wie es die Rechtsprechung des beschließenden Senats erfordert (Senatsurteil in BFH/NV 2014, 1598).

9

3. Anders als die Beschwerde meint, hat das FG dabei klägerisches Vorbringen nicht in einer den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzenden Weise unberücksichtigt gelassen. Das FG ist nicht verpflichtet, sich in der Urteilsbegründung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat (BFH-Beschluss vom 18. Juni 2001 II B 129/00, BFH/NV 2001, 1292). Daher liegt in derartigen Fällen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (BFH-Beschluss vom 19. November 2002 X B 78/01, BFH/NV 2003, 335, m.w.N.). Hiervon kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden, denn das FG hat den klägerischen Schriftsatz vom 19. Januar 2017 nicht --wie behauptet-- unberücksichtigt gelassen, sondern im Urteil ausdrücklich erwähnt und sich zudem mit der dort dargestellten angeblich verbesserten Vermögens- und Liquiditätslage ausdrücklich auseinandergesetzt.

10

4. Soweit das FG dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nicht gefolgt ist, zum Schriftsatz der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) vom 23. Januar 2017 eine weitere Stellungnahmefrist einzuräumen, liegt ebenfalls kein Verfahrensmangel vor. Zum einen hat der Kläger mit Schriftsatz vom Folgetag Stellung genommen und hatte hierzu auch noch Gelegenheit in der mündlichen Verhandlung. Zum anderen hat das FG seine Entscheidung in keiner Weise auf das Vorbringen der Steuerberaterkammer aus dem Schriftsatz vom 23. Januar 2017 gestützt, weshalb auch die Ausführungen, die der Kläger angeblich diesem Schriftsatz entgegengesetzt hätte, nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Entscheidung des FG bei Kenntnis dieser Ausführungen möglicherweise anders ausgefallen wäre.

11

5. Der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt.

12

a) Die seitens der Beschwerde formulierte Frage, ob die Vermutung des Vermögensverfalls auf die Eintragung im Schuldnerverzeichnis gestützt werden kann, wenn die zu Grunde liegende Forderung vor dem Widerruf der Zulassung nachweislich erfüllt wurde und nur die Tilgung im Schuldnerverzeichnis unterblieben ist, ist nicht klärungsfähig, weil das FG den Nachweis, dass die gegen den Kläger gerichteten Forderungen, die zu den Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis geführt haben, erfüllt worden sind, als nicht erbracht angesehen hat. An diese Tatsachen- und Beweiswürdigung wäre der Senat im Revisionsverfahren gebunden.

13

b) Die weitere Frage, ob § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG einschränkend dahin auszulegen ist, dass der Vermögensverfall bei einer Eintragung in das Schuldnerverzeichnis lediglich wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft nicht vermutet werden darf, lässt sich nach dem Gesetzeswortlaut eindeutig verneinen. Die Vorschrift differenziert nicht nach den Gründen für die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis. Nach dem eindeutig erkennbaren Willen des Gesetzgebers ist der Vermögensverfall bei einer Eintragung des Steuerberaters in das Schuldnerverzeichnis des § 882b der Zivilprozessordnung unabhängig von den Gründen, die zu der Anordnung der Eintragung geführt haben, zu vermuten. Dass dies dem Ziel des Gesetzes widerspricht, die durch einen in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebenden Steuerberater potentiell gefährdeten Auftraggeberinteressen zu schützen, ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerde auch nicht dargelegt.

14

Im Übrigen ist die Frage nicht klärungsfähig, weil nach den Feststellungen des FG nur bei 8 der 15 Eintragungen des Klägers im Schuldnerverzeichnis die Nichtabgabe der Vermögensauskunft der Grund für die Anordnung der Eintragung war.

15

6. Abgesehen von den nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegebenen Gründen für die Zulassung der Revision ist darauf hinzuweisen, dass keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen FG-Urteils bestehen. Ein Steuerberater, der --wie im Streitfall vom FG festgestellt-- über mehrere Jahre hinweg seine Verbindlichkeiten allenfalls nach vergeblichen Vollstreckungsversuchen der Gläubiger begleicht, der seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt und es zu zahlreichen Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis kommen lässt, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen zu leben.

16

7. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

(1) Die Bestellung ist zurückzunehmen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte die Bestellung durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren.

(2) Die Bestellung ist zu widerrufen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte

1.
eine gewerbliche Tätigkeit oder eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübt, die mit seinem Beruf nicht vereinbar ist (§ 57 Abs. 4);
2.
infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat;
3.
nicht die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung gegen die Haftpflichtgefahren aus seiner Berufstätigkeit unterhält;
4.
in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten eröffnet oder der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
5.
seine berufliche Niederlassung in das Ausland verlegt, ohne daß ein Zustellungsbevollmächtigter mit Wohnsitz im Inland benannt worden ist. Name und Anschrift sowie jede Änderung der Person oder der Anschrift des Zustellungsbevollmächtigten sind der zuständigen Steuerberaterkammer unverzüglich mitzuteilen. Der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte bleibt Mitglied der Steuerberaterkammer, der er bisher angehört hat;
6.
eine berufliche Niederlassung nicht unterhält oder
7.
aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben.

(3) In Verfahren wegen des Widerrufs der Bestellung nach Absatz 2 Nr. 7 ist § 40 Abs. 4 entsprechend anzuwenden. Wird das Gutachten ohne zureichenden Grund nicht innerhalb der von der zuständigen Steuerberaterkammer gesetzten Frist vorgelegt, so wird vermutet, dass der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte aus einem Grund des Absatzes 2 Nr. 7, der durch das Gutachten geklärt werden soll, nicht nur vorübergehend unfähig ist, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben.

(4) Die Bestellung als Steuerberater und als Steuerbevollmächtigter wird durch die Steuerberaterkammer zurückgenommen oder widerrufen. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach der beruflichen Niederlassung, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 6 nach der beabsichtigten beruflichen Niederlassung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2. § 40 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend. Bei beruflicher Niederlassung im Ausland richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der letzten beruflichen Niederlassung im Geltungsbereich dieses Gesetzes; ist eine solche nicht vorhanden, so ist die Steuerberaterkammer zuständig, in deren Bezirk der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte bestellt wurde. Vor der Rücknahme oder dem Widerruf ist der Betroffene zu hören.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 30. September 2014  13 K 472/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Mit Bescheid vom 3. Februar 2014 widerrief die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) die Bestellung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als Steuerberater, da aufgrund dessen Eintragungen im Schuldnerverzeichnis von einem Vermögensverfall auszugehen sei, der vom Kläger nicht widerlegt worden sei. Zudem bestehe keine Berufshaftpflichtversicherung.

2

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, aufgrund der Vielzahl der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis sei der Vermögensverfall des Klägers zu vermuten, der seine Vermögenssituation nicht hinreichend dargelegt habe. Vermeintlich bestehende Forderungen gegenüber ehemaligen und aktuellen Mandanten seien nur behauptet worden. Aus dem der Steuerberaterkammer vorgelegten Insolvenzplan gehe hervor, dass der Kläger selbst nicht davon ausgehe, seine Verbindlichkeiten bedienen zu können. Zur Gefährdung von Mandanteninteressen habe der Kläger keine Angaben gemacht. Allein die Tatsache, dass der Kläger erhebliche Rückstände hinsichtlich Lohnsteuer und Umsatzsteuer gehabt habe, zeigte, dass er in einer Krisensituation auf ihm wirtschaftlich nicht zustehende Gelder zugegriffen habe.

3

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision, wobei er keinen der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgeführten Zulassungsgründe ausdrücklich benennt. Er macht geltend, das FG habe übersehen, dass die Interessen der Rechtssuchenden trotz des Vermögensverfalls nicht gefährdet seien. Das FG sei nur auf die Außenstände eingegangen. Unberücksichtigt habe es gelassen, dass er keinen Zugriff auf vereinnahmte Fremdgelder habe und dass die Interessen der Rechtssuchenden durch einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie durch die Möglichkeit geschützt seien, in der Wohlverhaltensphase --in der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Insolvenzgläubiger unzulässig seien-- aus laufenden Einnahmen Schulden zu tilgen. Wie der Bundesgerichtshof entschieden habe, könne bei Vergleichs- und Ratenzahlungsvereinbarungen von einem Vermögensverfall nicht mehr ausgegangen werden. Dies treffe auch im Fall der Ankündigung der Restschuldbefreiung zu. Aufgrund der Kontrolle des Sachwalters und der Pfändungssperre sei im Streitfall von einer Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse auszugehen. Es bestünden keine Indizien für eine Beeinträchtigung von Belangen der Mandanten. Aufgrund der nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bestehenden Berufsfreiheit dürfe ihm die Gefährdung von Mandanteninteressen nicht einfach unterstellt werden. Der Widerruf der Bestellung sei unverhältnismäßig. Schließlich liege eine fehlerhafte Rechtsanwendung infolge einer nicht verfassungskonformen Auslegung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vor. Für eine Schlechterstellung der Steuerberater gegenüber anderen Berufsgruppen, die ebenfalls Fremdgelder verwalten, bestünden keine hinreichenden Gründe. Nach § 12 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) könne eine Registrierung eines Dienstleisters nur versagt werden, wenn die Vermögensverhältnisse ungeordnet seien. Ausweislich der Gesetzesbegründung genüge eine private Überschuldung nicht, um die wirtschaftliche Unzuverlässigkeit zu begründen. Daraus folge, dass nur eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen zum Widerruf der Bestellung als Steuerberater führen könne. Insoweit sei § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG verfassungskonform auszulegen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die --ohne Bezugnahme auf § 115 Abs. 2 FGO-- geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

5

1. Soweit sich der Kläger darauf beruft, das FG habe trotz der Vermutung gesetzeskonformen Verhaltens und trotz konsolidierter wirtschaftlicher Verhältnisse sowie der Beschränkung auf eine rein beratende Tätigkeit ohne Verwaltung von Fremdgeldern die Gefährdung von Mandanteninteressen nicht dargetan, rügt er im Kern seines Vorbringens eine Verkennung der Beweislastverteilung sowie eine rechtsfehlerhafte Auslegung und Anwendung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG und damit die Verletzung materiellen Rechts. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2013 VII B 94/13, BFH/NV 2014, 697, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.). Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile umfassend zu gewährleisten (Senatsbeschluss vom 27. Juni 2012 VII B 57/11, BFH/NV 2012, 1623).

6

Im Übrigen erfordert der sog. Entlastungsbeweis gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG einen substantiierten und glaubhaften Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2000, 741; Senatsbeschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Die Darlegungs- und Feststellungslast für den gesetzlichen Ausnahmetatbestand obliegt dem vom Widerruf seiner Bestellung betroffenen Steuerberater (Senatsbeschluss vom 18. November 2008 VII B 119/08, BFH/NV 2009, 614, m.w.N.). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass das FG eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen nicht darzulegen braucht. Entgegen der Behauptung des Klägers hat sich das FG in diesem Zusammenhang nicht darauf beschränkt, auf die Außenstände des Klägers einzugehen. Vielmehr hat es darauf hingewiesen, dass die erheblichen Rückstände hinsichtlich der Lohnsteuer und Umsatzsteuer einen Zugriff des Klägers auf diesem nicht zustehende Gelder belegten und dass der Kläger die Vermutung der Gefährdung von Mandanteninteressen nicht widerlegt habe. Der beschließende Senat hat mehrfach entschieden, dass eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht verneint werden kann, wenn festgestellt worden ist, dass der Steuerberater in geschäftlichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält.

7

2. Soweit der Beschwerde die Frage entnommen werden könnte, ob die Bestellung als Steuerberater auch dann widerrufen werden kann, wenn unter den Gläubigern im Insolvenzverfahren keine "mandatsbezogenen" Forderungen bestehen, besteht keine Klärungsbedürftigkeit, weil sich die Beantwortung dieser Frage ohne Weiteres aus dem Gesetz ergibt. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist der Vermögensverfall, bei dessen Vorliegen die Bestellung zu widerrufen ist, zu vermuten, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet ist. Der Vermögensverfall ist nicht deshalb zu verneinen, weil im Insolvenzverfahren bisherige Mandanten des Steuerberaters keine Forderungen angemeldet haben, denn auf die Art der Insolvenzgläubiger stellt das Gesetz insoweit nicht ab (Senatsbeschluss in BFH/NV 2009, 614). Im Übrigen wäre die Frage im Streitfall auch nicht entscheidungserheblich, denn der Kläger hat lediglich angekündigt, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen zu wollen, und der Steuerberaterkammer den Entwurf eines Insolvenzplans vorgelegt. Im Übrigen wäre die Aussicht, am Ende eines Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung zu erlangen, nicht geeignet, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgelöste gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen (Senatsbeschluss vom 20. April 2010 VII B 235/09, BFH/NV 2010, 1496).

8

3. Hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG aufgrund der vermeintlichen Schlechterstellung von Steuerberatern im Vergleich zu den nach § 10 RDG registrierten Personen, bei denen nach § 12 RDG von ungeordneten Vermögensverhältnissen auszugehen ist, fehlt es an einer hinreichenden Darlegung des Verfassungsverstoßes. Erforderlich ist hierzu eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 26. September 2002 VII B 270/01, BFH/NV 2003, 480, und vom 3. April 2001 VI B 224/99, BFH/NV 2001, 1138). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht, denn sie setzt sich mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Ausprägung des Gleichheitssatzes und zur Einschränkung der Berufsfreiheit bei rechts- bzw. steuerberatenden Berufen nicht einmal ansatzweise auseinander. Das Zitat nur eines BVerfG-Urteils, das die allgemeine Aussage belegen soll, dass eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, wenn eine ungleiche Behandlung ansonsten vergleichbarer Personen nicht gerechtfertigt ist, reicht jedenfalls zur hinreichenden Darlegung des behaupteten Verfassungsverstoßes nicht aus.

9

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

Gründe

1

1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Denn das Finanzgericht (FG) hat den Anspruch des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf rechtliches Gehör (§ 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht verletzt.

2

a) Eine Überraschungsentscheidung ist zu beklagen, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen muss. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht indes nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und ihnen die einzelnen für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Juli 2012 IX B 3/12, BFH/NV 2012, 1635, m.w.N.).

3

b) Nach diesen Grundsätzen war das angefochtene Urteil nicht geeignet, den Kläger, der kraft seines Berufes als Steuerberater ein kundiger Beteiligter ist, zu überraschen. Vielmehr musste er mit der Entscheidung des FG, das die geltend gemachten Fahrtaufwendungen mangels Nachweis nicht als Werbungskosten berücksichtigt hat, rechnen. Denn die Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem Jurastudium und damit auch dem juristischen Repetitorium waren --wie der Kläger in der Beschwerdebegründung selbst vorbringt-- bereits im Veranlagungs-, Rechtsbehelfs- und Klageverfahren streitig. Noch im Klageverfahren hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger beispielsweise mit Schriftsatz vom 28. August 2006 aufgefordert, die streitigen Aufwendungen nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.

4

aa) Ein Urteil ist nicht deshalb eine Überraschungsentscheidung im Rechtssinne, weil es nicht den Erwartungen oder Hoffnungen eines Beteiligten --hier des Klägers-- Rechnung trägt, das FG werde die streitigen Fahrtkosten zumindest teilweise im Wege der Schätzung anerkennen, weil es schlicht der Lebenswahrscheinlichkeit entspreche, dass derjenige, der Gebühren für ein Präsenz-Repetitorium entrichte, die Kurse auch besuche und deshalb jedenfalls Fahrtkosten trage (BFH-Beschluss vom 3. Mai 2010 VIII B 72/09, BFH/NV 2010, 1474, m.w.N.).

5

bb) Letztlich wendet sich der Kläger mit seinem Vorbringen, er sei von dem Umstand, dass das FG aufgrund der vorgelegten Überweisungsträger nicht auf einen Präsenzkurs geschlossen, sondern insofern Zweifel angemeldet und deshalb die Fahrtkosten nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen habe, überrascht worden, gegen die Tatsachenwürdigung des FG. Damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (BFH-Beschluss vom 11. April 2012 X B 59/11, BFH/NV 2012, 1319, m.w.N.). Im Übrigen verkennt er dabei, dass die Fahrtkosten nicht nur durch die Zweifel des Gerichts, ob es sich um eine Fern- oder Präsenzveranstaltung handelte, dem Grunde nach in Frage gestellt worden sind. Denn das FG hat die Fahrtkosten (dreimal wöchentlich in der Zeit von August bis Dezember des Streitjahres) selbst dann nicht als belegt erachtet, wenn der Kläger die Gebühren für einen Präsenzkurs (für die Zeit von September bis November des Streitjahres) entrichtet haben sollte.

6

2. Das FG hat auch im Übrigen nicht gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Der Anspruch umfasst in erster Linie das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und --gegebenenfalls-- Beweisergebnissen zu äußern, sowie in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.). Dass der Kläger am tatsächlichen oder rechtlichen Vortrag im Laufe des Verfahrens und insbesondere während der mündlichen Verhandlung gehindert gewesen wäre, wird nicht vorgetragen und ist nicht ersichtlich.

7

3. Ein --vom Kläger nicht ausdrücklich, aber wohl konkludent gerügter-- Verstoß des FG gegen die Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) liegt ebenfalls ersichtlich nicht vor. Das FG hat den Sachverhalt erschöpfend ausgewertet, ohne dabei gegen den klaren Inhalt der Akten zu verstoßen. Der Umstand, dass der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2012 die Höhe der streitigen Fahrtkosten genau bezifferte, gab --auch im Hinblick auf die Konzentrationsmaxime (§ 79 Abs. 1 Satz 1 FGO)-- keinen zwingenden Anlass zu weiterer Sachaufklärung. Der Kläger war mit Verfügung vom 19. Juni 2006 unter Fristsetzung nach § 79b Abs. 1 FGO zur Klagebegründung und zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt, aufgefordert worden. Wegen der streitigen Fahrtkosten hätte es ihm oblegen, die insoweit zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Umstände vorzutragen und gegebenenfalls geeignete Beweismittel zu benennen. Im Übrigen hat das FG den Werbungskostenabzug insoweit dem Grunde und nicht lediglich der Höhe nach versagt.

8

4. Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) auch nicht dadurch verletzt, dass es einen Schriftsatznachlass abgelehnt hat. Die Nichtgewährung einer in der mündlichen Verhandlung beantragten Schriftsatzfrist verletzt nur dann den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn sich ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des anderen Beteiligten nicht erklären kann, weil es ihm nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist. Nur für diesen Fall sehen § 283 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO das Nachbringen schriftsätzlicher Erklärungen vor (BFH-Beschlüsse vom 18. März 2008 XI S 30/07 (PKH), BFH/NV 2008, 1184, m.w.N.; vom 14. April 2011 VI B 120/10, BFH/NV 2011, 1185, und vom 8. Februar 2012 VI B 143/11, BFH/NV 2012, 948). Hieran fehlt es im Streitfall. Denn der Kläger beantragte die Schriftsatzfrist nicht, um auf ein (überraschendes) Vorbringen des FA zu erwidern, sondern um seinen bisherigen Sachvortrag zu substantiieren und zu belegen.

9

5. Der Kläger rügt ferner zu Unrecht, das FG habe gebotene Hinweise unterlassen und deshalb seine Entscheidung i.S. des § 76 Abs. 2 FGO verfahrensfehlerhaft aufgrund eines unvollständigen Sachverhaltes getroffen. Bei einem Kläger, der --wie vorliegend-- kraft seines Berufes als Steuerberater ein kundiger Beteiligter ist, stellt das Unterlassen eines (nach seiner Ansicht notwendigen) Hinweises gemäß § 76 Abs. 2 FGO regelmäßig keinen Verfahrensmangel dar (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 1635, m.w.N.).

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Dezember 2016  11 K 11120/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) im Streitjahr 2012 einen Verlust aus der Auflösung der Y-AG gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erlitten hat.

2

Die verheirateten Kläger sind im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammenveranlagt worden. Der Kläger hat als Alleingesellschafter im Dezember 2001 die im Bereich der Immobilienentwicklung und des Immobilienhandels tätige Y-AG gegründet. In der Folgezeit minderte sich sein Anteil infolge einer Anteilsveräußerung sowie einer Kapitalerhöhung auf 40 % (60.000 € des Grundkapitals von insgesamt 150.000 €). Am ... Februar 2012 eröffnete das Amtsgericht Z (AG) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Y-AG. Das AG bestellte den Rechtsanwalt P zum Insolvenzverwalter. Dieser hatte am 31. Januar 2012 im Rahmen eines Gutachtens zu den Vermögensverhältnissen der Y-AG Stellung genommen.

3

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger Verluste aus der Beteiligung des Klägers an der Y-AG in Höhe von 214.145,20 € (Einlage zuzüglich Darlehen) geltend. Die Kläger legten dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) ein Schreiben des P vom 12. Juli 2013 vor, in dem dieser ausführt, nach Prüfung der Bilanz 2008, der vorläufigen Bilanz 2009 und der übrigen Buchhaltungsunterlagen der Y-AG sowie der Forderungen im Insolvenzverfahren könne ausgeschlossen werden, dass nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens ein Liquidationsüberlös an die Gesellschafter ausgekehrt werden könne. Die seit Jahren vorhandene Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit könne auch durch einen Insolvenzplan nicht mehr beseitigt werden, da der Geschäftsbetrieb der Y-AG eingestellt sei.

4

Das FA lehnte die Berücksichtigung der Verluste im Einkommensteuerbescheid 2012 vom 20. September 2013 ab. Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung. Es führte insbesondere aus, im Streitjahr habe noch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür bestanden, dass das vorhandene Vermögen zur Deckung der Schulden nicht ausreichen werde. Die Y-AG habe ausweislich des Insolvenzgutachtens über ein als Fachmarktzentrum entwickeltes und vollvermietetes Grundstück verfügt. Belastbare Anhaltspunkte für dessen Verkehrswert habe der Gutachter nicht gehabt; er habe stattdessen pauschalierend die zwölffache Jahreskaltmiete angesetzt. Zwar habe sich auf dieser Grundlage weiterhin eine rechnerische Überschuldung der Y-AG ergeben, da die gesamten Verbindlichkeiten die Aktiva um rund 1.872.000 € überstiegen hätten. Dieser Differenzbetrag sei jedoch nicht so groß, dass er bei einer besonders günstigen Verwertung des Objekts auf keinen Fall hätte ausgeglichen oder übertroffen werden können. Bei einer Bewertung mit einem Faktor zwischen 18,5 und 19 anstelle eines Faktors 12 wäre die rechnerische Überschuldungssituation hingegen abgewendet. Eine derart günstige Verwertung eines Gewerbeobjekts könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Im Bereich von Wohnimmobilien in guten Lagen sei beispielsweise im Jahr 2015 bereits der Faktor 20 verbreitet überschritten worden (Hinweis des FG auf z.B. FOCUS Online vom 8. Januar 2015: "Immobilienmarkt 2015: Die guten Lagen sind alle weg"). Für Berlin werde berichtet, dass der Faktor in der Vergangenheit durchaus zwischen 10 bis 12 und 20 geschwankt habe (Hinweis des FG auf www.immobilienbewertung-finanzierung.de). Die vorstehenden Betrachtungen würden verdeutlichen, dass eine Prognose, wonach mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" eine Schuldendeckung aus einer künftigen Verwertung eines großen Gewerbeobjekts nicht möglich sein werde, nicht getroffen werden könne.

5

Die Kläger hatten P als Sachverständigen benannt; dieser wurde vom FG allerdings nicht gehört. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

6

Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln.

7

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Beschwerde ist begründet. Es liegt ein von den Klägern geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 116 Abs. 6 FGO.

9

1. Das FG hat das Recht der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, indem es seine Entscheidung ohne vorherigen Hinweis auf den überraschenden Aspekt gestützt hat, ein Artikel in FOCUS Online und Veröffentlichungen auf einer Internetseite zu Wohnimmobilien für das Jahr 2015 verdeutlichten, dass für das Streitjahr 2012 eine Prognose, wonach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Schuldendeckung aus einer zukünftigen Verwertung des gewerblichen Fachmarktzentrums nicht möglich sein werde, nicht getroffen werden könne.

10

a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und --gegebenenfalls-- Beweisergebnissen zu äußern, sowie in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten. Darüber hinaus gebietet es der Anspruch auf rechtliches Gehör, für die Prozessbeteiligten überraschende Entscheidungen zu unterlassen. Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten oder nicht bekannten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein entscheidungserheblicher Umstand vom FG erst mit dem Endurteil in das Verfahren eingebracht wird (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Dezember 2012 VI B 135/12, BFH/NV 2013, 569, unter 2.; vom 23. Februar 2017 IX B 2/17, juris, unter II.1.a, m.w.N.).

11

b) Dies ist hier der Fall. Das FG hat seine Würdigung tragend unter Bezugnahmen auf den Artikel in FOCUS Online und nicht bekannte Veröffentlichungen auf einer Internetseite darauf gestützt, dass eine Verwertung des Gewerbeobjekts zu einem Preis in Höhe von mindestens dem 18,5fachen der Jahreskaltmiete nicht ausgeschlossen werden könne. Keiner dieser Aspekte war im Verlaufe des Verfahrens von Seiten des FG oder der Beteiligten hinreichend angesprochen worden. Dass das FG seine Würdigung auf derartige Tatsachen stützen würde, musste auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht in sein Prozessverhalten einbeziehen.

12

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beteiligten im finanzgerichtlichen Verfahren auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 90 Abs. 2 FGO). Denn die Möglichkeiten, im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, lässt die Pflichten des FG unberührt, einem Prozessbeteiligten hinreichend Gelegenheit zu geben, sich zu einem bis dahin nicht erörterten oder nicht bekannten Gesichtspunkt zu äußern, und den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 76 FGO). Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass es zur Gewährung rechtlichen Gehörs und/oder zur ausreichenden Erforschung des Sachverhalts der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedarf, so ist es verpflichtet, diese durchzuführen, auch wenn die Beteiligten hierauf verzichtet haben (vgl. BFH-Urteil vom 20. Dezember 1988 VIII R 121/83, BFHE 156, 339, BStBl II 1989, 585, unter II.5.a bb; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 90 FGO Rz 70).

13

Anders als das FA meint, handelt es sich bei der Herleitung einer unterstellten Mindestbewertung für das Spezialgewerbeobjekt mit dem Faktor 18,5 der Jahreskaltmiete nicht um eine allgemein bekannte Tatsache, sondern um eine Bewertungsfrage, deren Beantwortung aufgrund der Komplexität von Wertermittlungen bei Spezialgewerbeimmobilien besondere, branchenbezogene Sachkunde voraussetzt, weshalb sich dem Gericht in solchen Fällen regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem konkreten Objekt aufdrängt. Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen kann das FG nur dann, wenn es ausnahmsweise selbst über die nötige Sachkunde verfügt und diese in den Entscheidungsgründen darlegt (z.B. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2015 IV R 18/12, BFHE 252, 408, BStBl II 2016, 346, m.w.N.).

14

2. Der Senat hält es für sachgerecht, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

15

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

16

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

(1) Der zuständige Gerichtsvollzieher ordnet von Amts wegen die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis an, wenn

1.
der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist;
2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers zu führen, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde, oder
3.
der Schuldner dem Gerichtsvollzieher nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft oder Bekanntgabe der Zuleitung nach § 802d Abs. 1 Satz 2 die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachweist, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde. Dies gilt nicht, solange ein Zahlungsplan nach § 802b festgesetzt und nicht hinfällig ist.
Die Anordnung der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis ist Teil des Vollstreckungsverfahrens.

(2) Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Der Gerichtsvollzieher stellt sie dem Schuldner von Amts wegen zu, soweit sie ihm nicht mündlich bekannt gegeben und in das Protokoll aufgenommen wird (§ 763 Absatz 1). Über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung entscheidet abweichend von § 186 Absatz 1 Satz 1 der Gerichtsvollzieher.

(3) Die Eintragungsanordnung hat die in § 882b Abs. 2 und 3 genannten Daten zu enthalten. Sind dem Gerichtsvollzieher die nach § 882b Abs. 2 Nr. 1 bis 3 im Schuldnerverzeichnis anzugebenden Daten nicht bekannt, holt er Auskünfte bei den in § 755 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 genannten Stellen ein, um die erforderlichen Daten zu beschaffen. Hat der Gerichtsvollzieher Anhaltspunkte dafür, dass zugunsten des Schuldners eine Auskunftssperre gemäß § 51 des Bundesmeldegesetzes eingetragen oder ein bedingter Sperrvermerk gemäß § 52 des Bundesmeldegesetzes eingerichtet wurde, hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner auf die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 882f Absatz 2 hinzuweisen.

(1) Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis ist jedem gestattet, der darlegt, Angaben nach § 882b zu benötigen:

1.
für Zwecke der Zwangsvollstreckung;
2.
um gesetzliche Pflichten zur Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit zu erfüllen;
3.
um Voraussetzungen für die Gewährung von öffentlichen Leistungen zu prüfen;
4.
um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen;
5.
für Zwecke der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung;
6.
zur Auskunft über ihn selbst betreffende Eintragungen;
7.
für Zwecke der Dienstaufsicht über Justizbedienstete, die mit dem Schuldnerverzeichnis befasst sind.
Die Informationen dürfen nur für den Zweck verarbeitet werden, für den sie übermittelt worden sind; sie sind nach Zweckerreichung zu löschen. Nichtöffentliche Stellen sind darauf bei der Übermittlung hinzuweisen.

(2) Das Recht auf Einsichtnahme durch Dritte erstreckt sich nicht auf Angaben nach § 882b Absatz 2 Nummer 3, wenn glaubhaft gemacht wird, dass zugunsten des Schuldners eine Auskunftssperre gemäß § 51 des Bundesmeldegesetzes eingetragen oder ein bedingter Sperrvermerk gemäß § 52 des Bundesmeldegesetzes eingerichtet wurde. Der Schuldner hat das Bestehen einer solchen Auskunftssperre oder eines solchen Sperrvermerks gegenüber dem Gerichtsvollzieher glaubhaft zu machen. Satz 2 gilt entsprechend gegenüber dem zentralen Vollstreckungsgericht, wenn die Eintragungsanordnung an dieses gemäß § 882d Absatz 1 Satz 3 übermittelt worden ist. Satz 1 ist nicht anzuwenden auf die Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis durch Gerichte und Behörden für die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 5 bezeichneten Zwecke.

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) verlegte den ursprünglich auf den 27. Oktober 2011 anberaumten Termin der mündlichen Verhandlung mit an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), Frau Rechtsanwältin C.B. gerichteten Schreiben vom 4. Oktober 2011 von Amts wegen auf Donnerstag, den 3. November 2011, 11:00 Uhr. Die Prozessbevollmächtigte beantragte mit beim FG am 14. Oktober 2011 eingegangenen Schreiben vom  12. Oktober 2011 den Termin auf einen anderen Tag zu verlegen. Sie könne den Termin nicht wahrnehmen, weil sie zu der Zeit bereits einen Termin vor dem Verwaltungsgericht habe.

2

Auf dem Antrag findet sich die mit Datum vom 2. November 2011 versehene handschriftliche Notiz "Mir vorgelegt am 1.11.11!".

3

Das FG führte die mündliche Verhandlung am 3. November 2011, zu der für die Klägerin niemand erschienen war --nach Telefonaten mit der Prozessbevollmächtigten und mit einem ihrer Mitarbeiter-- um 12:00 Uhr durch und wies die Klage durch am selben Tag um 12:25 Uhr verkündetes Urteil ab.

4

Die Klägerin rügt mit der Beschwerde die Verletzung rechtlichen Gehörs.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde führt gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Der von der Beschwerde in zulässiger Weise geltend gemachte Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) liegt vor und das Urteil des FG beruht auch auf diesem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO).

6

1. Einem Verfahrensbeteiligten wird rechtliches Gehör versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache entscheidet, obwohl er einen Antrag auf Terminsverlegung gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat. Das FG ist in einem solchen Falle verpflichtet, den anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. November 2006 IX B 83/06, BFH/NV 2007, 476, und vom 1. Februar 2002 II B 38/01, BFH/NV 2002, 938, m.w.N.). Denn dem Verfahrensbeteiligten steht es frei, seine Rechte (einschließlich des Anspruchs auf rechtliches Gehör) durch einen Prozessbevollmächtigten wahrnehmen zu lassen (BFH-Urteile vom 22. Mai 1979 VIII R 93/76, BFHE 128, 310, BStBl II 1979, 702; vom 26. Mai 1992 VII R 26/91, BFH/NV 1993, 177, unter 2.b).

7

Zu den erheblichen Gründen i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO gehört auch, wenn der Beteiligte selbst oder sein Bevollmächtigter gleichzeitig einen anderen früher anberaumten Termin wahrnehmen muss (BFH-Beschluss vom 12. Januar 2004 VII B 122/03, BFH/NV 2004, 654; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 91 Rz 4, m.w.N. zur Rechtsprechung).

8

2. Indem die Beschwerde geltend macht, dass das FG die mündliche Verhandlung durchgeführt hat, obwohl die Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Angabe eines erheblichen Grundes, nämlich einer Überschneidung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung mit einem anderen Gerichtstermin, um eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem FG gebeten habe, wird ein Verfahrensmangel in ausreichend schlüssiger Weise i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Die schlüssige Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör, weil das Gericht verfahrensfehlerhaft in Abwesenheit des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden habe, erfordert keine Ausführungen darüber, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre und dass dieser Vortrag die Entscheidung des Gerichts hätte beeinflussen können (BFH-Beschluss vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802).

9

3. Die zulässige Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs ist auch begründet.

10

a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO kann der Vorsitzende bzw. das FG aus erheblichen Gründen einen Termin aufheben oder verlegen bzw. eine mündliche Verhandlung vertagen. Bestehen auf Seiten des Gerichts Zweifel am Vorliegen des behaupteten Verhinderungsgrundes, darf es den Antrag auf Terminsänderung weder übergehen noch ablehnen, sondern muss gemäß § 227 Abs. 2 ZPO die Glaubhaftmachung des Verhinderungsgrundes verlangen, wenn diese noch bis zu dem anberaumten Termin erfolgen kann (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 654). Wenn erhebliche Gründe i.S. des § 227 ZPO vorliegen, verdichtet sich das in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen zu einer Rechtspflicht, d.h. der Termin muss in diesen Fällen zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird. Der durch Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gesicherte Anspruch des Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet also das FG, einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf Antrag des Beteiligten aufzuheben oder zu verlegen, wenn dafür nach den Umständen des Falles, insbesondere nach dem Prozessstoff oder den persönlichen Verhältnissen des Beteiligten bzw. seines Prozessbevollmächtigten erhebliche Gründe vorliegen. Bei der Prüfung der Gründe muss das FG zugunsten des Beteiligten berücksichtigen, dass es einzige Tatsacheninstanz ist und der Beteiligte ein Recht darauf hat, seine Sache in der mündlichen Verhandlung selbst zu vertreten (ständige Rechtsprechung, BFH-Beschluss vom 9. Januar 1992 VII B 81/91, BFH/NV 1993, 29; BFH-Urteil vom 6. Februar 1992 V R 38/85, BFH/NV 1993, 102, jeweils m.w.N.).

11

b) Im Streitfall hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin fast drei Wochen vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung schriftlich um eine Verlegung des Termins gebeten, weil sie an demselben Vormittag zu einem Termin vor dem Verwaltungsgericht geladen worden sei. Da ein erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO benannt wurde, hätte der Antrag auf Terminsverlegung jedenfalls ohne weitere Aufklärung weder übergangen noch abgelehnt werden dürfen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 654).

12

Soweit in der angefochtenen Vorentscheidung ausgeführt wird, der Antrag habe die notwendige Präzisierung der erheblichen Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO vermissen lassen und es habe an der Glaubhaftmachung der Verhinderung gefehlt, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen hätte es dann gemäß § 227 Abs. 2 ZPO dem Vorsitzenden bzw. dem Gericht oblegen, die Glaubhaftmachung des rechtzeitig vor dem Termin geltend gemachten Verhinderungsgrundes durch die Prozessbevollmächtigte zu verlangen, da hierfür bis zum Tag der mündlichen Verhandlung noch ausreichend Zeit gewesen wäre. Wenn es dazu nicht gekommen ist, so lag dies zum anderen, wie sich aus dem entsprechenden Aktenvermerk vom Tag vor der mündlichen Verhandlung ergibt, nicht an den unzureichenden Angaben des Antrags sondern daran, dass der Verlegungsantrag dem zuständigen Richter erst am Vortag und damit zweieinhalb Wochen nach seinem Eingang vorgelegt worden ist. Die verspätete Vorlage durch die Gerichtsverwaltung ist der Klägerin nicht anzulasten.

13

c) Da nach alledem das FG die mündliche Verhandlung an dem angesetzten Tag nicht ohne Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör durchführen konnte, ist es im Weiteren unerheblich, ob der Richter auf Grund der am Morgen des Termins mit der Prozessbevollmächtigten und mit ihrem Büro geführten Telefongespräche davon ausgehen durfte, dass sie zu dem Termin kommen werde, oder ob es sich insoweit um ein entschuldbares Missverständnis der Prozessbevollmächtigten bzw. ihres Büros handelte, die nach ihren Angaben davon ausgegangen waren, es handele sich um einen Anruf des Verwaltungsgerichts.

14

Jedenfalls --und das ist im Streitfall entscheidend-- bestand angesichts der nicht eindeutig geklärten Sachlage kein hinreichender Grund, das Urteil bereits am Sitzungstag um 12:25 Uhr gemäß § 104 Abs. 1 FGO zu verkünden (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV 2002, 520, unter II.2.c; vom 10. April 2007 XI B 58/06, BFH/NV 2007, 1672, unter II.2.b, m.w.N.; vom 6. Dezember 2011 XI B 64/11, BFH/NV 2012, 747). Durch die Verkündung wurde das Urteil wirksam; eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kam nun nicht mehr in Betracht (vgl. z.B. Gräber/von Groll, a.a.O., § 104 Rz 7; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 104 FGO Rz 6 ff.).

15

4. Von einer weiteren Begründung des Beschlusses wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.