Finanzgericht des Saarlandes Beschluss, 22. März 2005 - 2 V 354/04

bei uns veröffentlicht am22.03.2005

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten über die Aussetzung der Vollziehung eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids, den der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller erlassen hat.

Der Antragsteller war Gesellschafter und seit November 1999 alleiniger Geschäftsführer der P-GmbH (im folgenden: GmbH), die im Dezember 1963 gegründet worden war. Aufgrund des Antrags der GmbH vom 17. August 2000 hat das Amtsgericht S. durch Beschluss vom 5. Oktober 2000 59 IN 155/00 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Nachdem die GmbH die von ihr für die Zeiträume März bis Juni 2000 angemeldeten Lohnsteuern und Folgeabgaben nicht an den Antragsgegner abgeführt hatte, erließ der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller am 19. September 2001 einen entsprechenden Haftungsbescheid in Höhe von insgesamt 00.000,00 DM. Am 26. September 2001 legte der Antragsteller hiergegen Einspruch ein, dem der Antragsgegner insoweit stattgab, als er die Haftungssumme in der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2004 auf 00.000,00 DM (00.000,00 EUR) herabsetzte, den er aber im Übrigen als unbegründet zurückwies. Dagegen richtet sich die Klage des Antragstellers vom 29. Juli 2004, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 282/04 geführt wird.

Am 23. Juli 2004 stellte der Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den der Antragsgegner mit seiner Verfügung vom 18. August 2004 zurückwies. Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 26. August 2004 wies der Antragsgegner mit seiner Einspruchsentscheidung vom 20. September 2004 als unbegründet zurück.

Am 30. September 2004 stellte der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, ihm lägen maßgebliche Unterlagen nicht vor, die er zu einer ordnungsgemäßen Prozessführung dringend benötige. Auf Anfrage beim Insolvenzverwalter habe dieser mitgeteilt, solche Unterlagen seien von der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts N. beschlagnahmt worden. Dort habe man ihm indessen mitgeteilt, den Steuerfahndungsbeamten seien nur wenige Unterlagen übergeben worden, die in steuerlicher Hinsicht bedeutsam sein könnten. Aus den vorliegenden Unterlagen sei jedenfalls nicht ersichtlich, wann die GmbH welche Steuern an den Antragsgegner gezahlt habe und wie diese Beträge verbucht worden seien. Weitere Unterlagen seien nicht mehr vorhanden, nachdem sie vermutlich vom Nachmieter der GmbH-Geschäftsräume weggeworfen worden seien. Eine grob fahrlässige Pflichtverletzung durch den Antragsteller dürfte zu verneinen sein, da er Lohnsteuern in beträchtlichem Maße an den Antragsgegner gezahlt habe. Wenn dieser die Beträge auf ältere Lohnsteuern gebucht habe, könne von einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung durch den Antragsteller nicht die Rede sein. Er könne aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage ohnehin nicht die Haftungsschuld begleichen, da er auch für rückständige Krankenkassenbeiträge der GmbH in Anspruch genommen werde.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 19. September 2001 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2004 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidungen im Wesentlichen aus, es sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Zahlungen zu den Zeitpunkten veranlasst hätte, in denen die hier in Rede stehenden Lohnsteuer fällig geworden seien. Vielmehr habe der Antragsteller ungeachtet der bestehenden Lohnsteuerschulden die Löhne weiterhin ungekürzt ausgezahlt. Gerade darin bestehe - unabhängig von der Liquiditätslage der GmbH - die dem Antragsteller zur Last gelegte Pflichtverletzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten (drei Bände) und die Gerichtsakte des Klageverfahrens 2 K 282/04 verwiesen.

Entscheidungsgründe

II 1. Der zulässige Antrag ist nur teilweise begründet.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH -, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239; vom 5. März 1979, GrS 5/77, BStBl. II 1979, 570).

Der Senat hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des gegenüber dem Antragsteller ergangenen Haftungsbescheids, soweit sich die Haftung auf die Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume Mai und Juni 2000 erstreckt. Im Übrigen dürften die Voraussetzungen für eine Haftung des Antragstellers jedoch gegeben sein, so dass der Antragsteller insoweit für die Schulden der GmbH haftet.

1.1 Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Nach § 69 AO haften die in § 34 AO bezeichneten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1.1 Der Antragsteller war als Geschäftsführer der GmbH deren gesetzlicher Vertreter (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG) und hatte daher gemäß § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Dazu gehörte insbesondere auch die Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer für die Arbeitnehmer der GmbH gemäß §§ 38 Abs. 3 Satz 1, 41a Abs. 1 Satz 1 EStG.

1.1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller verletzt. Denn als Arbeitgeberin war die GmbH gemäß § 41a Abs. 1 EStG verpflichtet, die nach §§ 38 ff. EStG zu ermittelnde und einzubehaltende Lohnsteuer anzumelden und an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt - im Streitfall also an den Antragsgegner - abzuführen.

Dies hat der Antragsteller indessen unterlassen.

1.1.3 Der Senat hat aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung die Überzeugung gewonnen, dass der Antragsteller mindestens grob fahrlässig gegen seine Pflichten verstoßen hat.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist bei der Haftung nach § 69 AO regelmäßig der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden nicht mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Im Streitfall betrifft die Haftung jedoch Lohnsteuerschulden, für deren Anmeldung und Begleichung der Antragsteller als gesetzlicher Vertreter der GmbH unmittelbar verantwortlich war. Daher sind im vorliegenden Fall die strengen Haftungsmaßstäbe, die für die Lohnsteuerhaftung gelten, zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat immer angeschlossen hat, indiziert die Verletzung der lohnsteuerlichen Pflichten regelmäßig die grobe Fahrlässigkeit (vgl. aus jüngerer Zeit BFH, Urteil vom 13. März 2003 VII R 46/02, BStBl. II 2003, 556). Dies gilt auch für den Streitfall.

Entscheidend ist daher lediglich, dass der Antragsteller die Lohnsteuern nicht zu den Fälligkeitszeitpunkten an den Antragsgegner abgeführt hat. Er kann sich dabei nicht auf die Teilzahlungen berufen, die er - wie vom Antragsgegner aufgelistet - geleistet hat. Denn offenkundig waren diese Zahlungen nicht dazu bestimmt, die hier in Rede stehenden Lohnsteuerschulden zu tilgen, da sie nicht im zeitlichen Zusammenhang mit deren Fälligkeit erfolgten. Sie reichten dazu auch nicht aus.

Es kommt daher weder auf die Liquiditätslage der GmbH im jeweiligen Zeitpunkt noch auf die Unterlagen, auf die sich der Antragsteller beruft, an. Denn er muss sich entgegenhalten lassen, dass er die Löhne - wie er selbst vorgetragen hat - im Haftungszeitraum ungekürzt ausgezahlt hat. Nach der BFH-Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat immer angeschlossen hat, darf der Geschäftsführer einer GmbH die Löhne nur gekürzt als Vorschuss oder Teilbetrag auszahlen, wenn infolge eines Liquiditätsengpasses die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen vereinbarten Löhne (einschließlich Lohnsteueranteil) nicht ausreichen, so dass er aus den dann übrig bleibenden Mitteln die entsprechende Lohnsteuer an das FA abführen kann (vgl. BFH, Urteile vom 20. April 1982 VII R 96/79, BStBl II 1982, 521; vom 21.Mai 1985 VII R 100/82, BFH/NV 1986, 126, 128, und vom 12.März 1985 VII R 22/84, BFH/NV 1987, 227, 229). Wenn der Geschäftsführer dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist und darauf vertraut hat, er werde die Steuerrückstände später nach Behebung der Liquiditätsschwierigkeiten --etwa aufgrund neuer Kredite oder der Einziehung von Außenständen-- ausgleichen können, so ist er damit bewusst das Haftungsrisiko eingegangen, und die Nichtrealisierung dieser Erwartungen liegt in seiner Risikosphäre (BFH, Urteil vom 20. April 1993 VII R 67/92, BFH/NV 1994, 142). Er ist zur Auszahlung gekürzter Löhne (nur) dann nicht verpflichtet, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Lohnzahlungen und der Lohnsteuerfälligkeit eine unvorhersehbare Verschlechterung der Liquidität eingetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 11. Dezember 1990 VII R 85/88, BStBl. II 1991, 282; Beschluss vom 12. März 2004 VII B 368/03, juris)

Gerade dies war im Streitfall jedoch nicht gegeben, denn der Antragsteller hatte den Antragsgegner bereits im Dezember 1999 auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH hingewiesen, so dass er damit rechnen musste, dass keine ausreichenden Mittel für die Abführung der Lohnsteuer zur Verfügung stehen könnten. Jedenfalls war die Verschlechterung der Liquiditätslage, die letztlich zur Stellung des Insolvenzantrags führte, für den Antragsteller nicht unvorhersehbar.

1.1.4 Es bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass durch dieses schuldhafte pflichtwidrige Verhalten des Antragstellers ein Schaden in Höhe der nichtabgeführten Lohnsteuer zuzüglich der Nebenabgaben entstanden ist, soweit die Lohnsteuer für die Monate März und April 2001 sowie der dazu gehörenden Folgeabgaben betroffen ist. Denn die Lohnsteuerforderungen konnten bei der GmbH im Haftungswege nicht durchgesetzt werden, und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer erscheint ebenfalls aussichtslos.

Anders verhält es sich für die Lohnsteuern und Folgeabgaben für die Monate Mai und Juni 2001. Der Antragsteller handelte insoweit zwar als Geschäftsführer der GmbH objektiv pflichtwidrig. Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen dürfte die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall gewesen sein, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohnsteuern und Folgeabgaben für Mai und Juni 2001 in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Die Zahlungsunfähigkeit der GmbH war nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters im Juli 2000 gegeben. Der Senat kann jedoch nicht ausschließen, dass die GmbH bereits zu einem früheren Zeitpunkt zahlungsunfähig war. Denn aus einem Aktenvermerk in den Vollstreckungsakten des Antragsgegners vom 20. Juni 2000 folgt, dass bereits zu jenem Zeitpunkt die laufenden Lohnsteuern und Umsatzsteuern nicht mehr gezahlt werden konnten (Vollstr, Bl. 13).

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen; Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Dezember 2004 2 V 385/04).

Zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 rechnete die GmbH mit einem erheblichen Verlust, wie sie dem Antragsgegner mit einem Schreiben vom 10. Dezember 1999 mitgeteilt hat. Zu jenem Zeitpunkt bestanden fällige Verbindlichkeiten gegenüber dem Antragsgegner, die von der GmbH nicht mehr bedient wurden. Offensichtlich konnten schon im Jahr 1999 laufende Lohnsteuerschulden nur mit zeitlicher Verzögerung von mehreren Monaten gezahlt werden, wie aus der vom Antragsgegner mitgeteilten Übersicht folgt. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab November 1999 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen, denn es wurden an den Antragsgegner nur Teilbeträge überwiesen, welche zur Tilgung der gesamten Schulden nicht ausreichten.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuern sowie der Annexsteuern für die Monate Mai bis Juli 2000 - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris; Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Dezember 2004 2 V 385/04).

Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

1.1.5 In Bezug auf die Haftungssumme bestehen im Übrigen keine Bedenken. Denn sie beruht auf den Lohnsteuer-Anmeldungen der GmbH und wurde vom Antragsteller auch nicht in Zweifel gezogen.

1.1.6 Schließlich ist bei summarischer Betrachtung nicht erkennbar, dass der Antragsgegner sein Ermessen nach §§ 5, 191 Abs. 1 Satz 1 AO nicht ordnungsgemäß ausgeübt hätte. Denn der Antragsteller war einziger Geschäftsführer und kam daher als einziger Haftungsschuldner in Betracht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2004 2 V 385/04). Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt, nachdem der Senat die Beschwerde im Verfahren 2 V 385/04 zwar zugelassen, die Finanzverwaltung seinerzeit aber von der Weiterverfolgung des Beschwerdeverfahrens abgesehen hatte.

Gründe

II 1. Der zulässige Antrag ist nur teilweise begründet.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH -, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239; vom 5. März 1979, GrS 5/77, BStBl. II 1979, 570).

Der Senat hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des gegenüber dem Antragsteller ergangenen Haftungsbescheids, soweit sich die Haftung auf die Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume Mai und Juni 2000 erstreckt. Im Übrigen dürften die Voraussetzungen für eine Haftung des Antragstellers jedoch gegeben sein, so dass der Antragsteller insoweit für die Schulden der GmbH haftet.

1.1 Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Nach § 69 AO haften die in § 34 AO bezeichneten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1.1 Der Antragsteller war als Geschäftsführer der GmbH deren gesetzlicher Vertreter (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG) und hatte daher gemäß § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Dazu gehörte insbesondere auch die Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer für die Arbeitnehmer der GmbH gemäß §§ 38 Abs. 3 Satz 1, 41a Abs. 1 Satz 1 EStG.

1.1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller verletzt. Denn als Arbeitgeberin war die GmbH gemäß § 41a Abs. 1 EStG verpflichtet, die nach §§ 38 ff. EStG zu ermittelnde und einzubehaltende Lohnsteuer anzumelden und an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt - im Streitfall also an den Antragsgegner - abzuführen.

Dies hat der Antragsteller indessen unterlassen.

1.1.3 Der Senat hat aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung die Überzeugung gewonnen, dass der Antragsteller mindestens grob fahrlässig gegen seine Pflichten verstoßen hat.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist bei der Haftung nach § 69 AO regelmäßig der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden nicht mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Im Streitfall betrifft die Haftung jedoch Lohnsteuerschulden, für deren Anmeldung und Begleichung der Antragsteller als gesetzlicher Vertreter der GmbH unmittelbar verantwortlich war. Daher sind im vorliegenden Fall die strengen Haftungsmaßstäbe, die für die Lohnsteuerhaftung gelten, zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat immer angeschlossen hat, indiziert die Verletzung der lohnsteuerlichen Pflichten regelmäßig die grobe Fahrlässigkeit (vgl. aus jüngerer Zeit BFH, Urteil vom 13. März 2003 VII R 46/02, BStBl. II 2003, 556). Dies gilt auch für den Streitfall.

Entscheidend ist daher lediglich, dass der Antragsteller die Lohnsteuern nicht zu den Fälligkeitszeitpunkten an den Antragsgegner abgeführt hat. Er kann sich dabei nicht auf die Teilzahlungen berufen, die er - wie vom Antragsgegner aufgelistet - geleistet hat. Denn offenkundig waren diese Zahlungen nicht dazu bestimmt, die hier in Rede stehenden Lohnsteuerschulden zu tilgen, da sie nicht im zeitlichen Zusammenhang mit deren Fälligkeit erfolgten. Sie reichten dazu auch nicht aus.

Es kommt daher weder auf die Liquiditätslage der GmbH im jeweiligen Zeitpunkt noch auf die Unterlagen, auf die sich der Antragsteller beruft, an. Denn er muss sich entgegenhalten lassen, dass er die Löhne - wie er selbst vorgetragen hat - im Haftungszeitraum ungekürzt ausgezahlt hat. Nach der BFH-Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat immer angeschlossen hat, darf der Geschäftsführer einer GmbH die Löhne nur gekürzt als Vorschuss oder Teilbetrag auszahlen, wenn infolge eines Liquiditätsengpasses die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen vereinbarten Löhne (einschließlich Lohnsteueranteil) nicht ausreichen, so dass er aus den dann übrig bleibenden Mitteln die entsprechende Lohnsteuer an das FA abführen kann (vgl. BFH, Urteile vom 20. April 1982 VII R 96/79, BStBl II 1982, 521; vom 21.Mai 1985 VII R 100/82, BFH/NV 1986, 126, 128, und vom 12.März 1985 VII R 22/84, BFH/NV 1987, 227, 229). Wenn der Geschäftsführer dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist und darauf vertraut hat, er werde die Steuerrückstände später nach Behebung der Liquiditätsschwierigkeiten --etwa aufgrund neuer Kredite oder der Einziehung von Außenständen-- ausgleichen können, so ist er damit bewusst das Haftungsrisiko eingegangen, und die Nichtrealisierung dieser Erwartungen liegt in seiner Risikosphäre (BFH, Urteil vom 20. April 1993 VII R 67/92, BFH/NV 1994, 142). Er ist zur Auszahlung gekürzter Löhne (nur) dann nicht verpflichtet, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Lohnzahlungen und der Lohnsteuerfälligkeit eine unvorhersehbare Verschlechterung der Liquidität eingetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 11. Dezember 1990 VII R 85/88, BStBl. II 1991, 282; Beschluss vom 12. März 2004 VII B 368/03, juris)

Gerade dies war im Streitfall jedoch nicht gegeben, denn der Antragsteller hatte den Antragsgegner bereits im Dezember 1999 auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH hingewiesen, so dass er damit rechnen musste, dass keine ausreichenden Mittel für die Abführung der Lohnsteuer zur Verfügung stehen könnten. Jedenfalls war die Verschlechterung der Liquiditätslage, die letztlich zur Stellung des Insolvenzantrags führte, für den Antragsteller nicht unvorhersehbar.

1.1.4 Es bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass durch dieses schuldhafte pflichtwidrige Verhalten des Antragstellers ein Schaden in Höhe der nichtabgeführten Lohnsteuer zuzüglich der Nebenabgaben entstanden ist, soweit die Lohnsteuer für die Monate März und April 2001 sowie der dazu gehörenden Folgeabgaben betroffen ist. Denn die Lohnsteuerforderungen konnten bei der GmbH im Haftungswege nicht durchgesetzt werden, und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer erscheint ebenfalls aussichtslos.

Anders verhält es sich für die Lohnsteuern und Folgeabgaben für die Monate Mai und Juni 2001. Der Antragsteller handelte insoweit zwar als Geschäftsführer der GmbH objektiv pflichtwidrig. Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen dürfte die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall gewesen sein, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohnsteuern und Folgeabgaben für Mai und Juni 2001 in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Die Zahlungsunfähigkeit der GmbH war nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters im Juli 2000 gegeben. Der Senat kann jedoch nicht ausschließen, dass die GmbH bereits zu einem früheren Zeitpunkt zahlungsunfähig war. Denn aus einem Aktenvermerk in den Vollstreckungsakten des Antragsgegners vom 20. Juni 2000 folgt, dass bereits zu jenem Zeitpunkt die laufenden Lohnsteuern und Umsatzsteuern nicht mehr gezahlt werden konnten (Vollstr, Bl. 13).

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen; Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Dezember 2004 2 V 385/04).

Zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 rechnete die GmbH mit einem erheblichen Verlust, wie sie dem Antragsgegner mit einem Schreiben vom 10. Dezember 1999 mitgeteilt hat. Zu jenem Zeitpunkt bestanden fällige Verbindlichkeiten gegenüber dem Antragsgegner, die von der GmbH nicht mehr bedient wurden. Offensichtlich konnten schon im Jahr 1999 laufende Lohnsteuerschulden nur mit zeitlicher Verzögerung von mehreren Monaten gezahlt werden, wie aus der vom Antragsgegner mitgeteilten Übersicht folgt. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab November 1999 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen, denn es wurden an den Antragsgegner nur Teilbeträge überwiesen, welche zur Tilgung der gesamten Schulden nicht ausreichten.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuern sowie der Annexsteuern für die Monate Mai bis Juli 2000 - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris; Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Dezember 2004 2 V 385/04).

Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

1.1.5 In Bezug auf die Haftungssumme bestehen im Übrigen keine Bedenken. Denn sie beruht auf den Lohnsteuer-Anmeldungen der GmbH und wurde vom Antragsteller auch nicht in Zweifel gezogen.

1.1.6 Schließlich ist bei summarischer Betrachtung nicht erkennbar, dass der Antragsgegner sein Ermessen nach §§ 5, 191 Abs. 1 Satz 1 AO nicht ordnungsgemäß ausgeübt hätte. Denn der Antragsteller war einziger Geschäftsführer und kam daher als einziger Haftungsschuldner in Betracht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2004 2 V 385/04). Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt, nachdem der Senat die Beschwerde im Verfahren 2 V 385/04 zwar zugelassen, die Finanzverwaltung seinerzeit aber von der Weiterverfolgung des Beschwerdeverfahrens abgesehen hatte.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht des Saarlandes Beschluss, 22. März 2005 - 2 V 354/04

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Finanzgericht des Saarlandes Beschluss, 22. März 2005 - 2 V 354/04 zitiert 18 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

Insolvenzordnung - InsO | § 130 Kongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, 1. wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, we

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 136


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Abgabenordnung - AO 1977 | § 37 Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregel

Abgabenordnung - AO 1977 | § 191 Haftungsbescheide, Duldungsbescheide


(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 34 Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter


(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass

Insolvenzordnung - InsO | § 38 Begriff der Insolvenzgläubiger


Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 128


(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 38 Erhebung der Lohnsteuer


(1) 1Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber gezahlt wird, der 1. im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, s

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 35 Vertretung der Gesellschaft


(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 5 Ermessen


Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 69 Haftung der Vertreter


Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt

Einkommensteuergesetz - EStG | § 41a Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer


(1)1Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums1.dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (§ 41 Absatz 2) befindet (Betriebsstättenfinanzamt), eine Steuererklärung einzureichen,

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Finanzgericht des Saarlandes Beschluss, 22. März 2005 - 2 V 354/04 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Finanzgericht des Saarlandes Beschluss, 20. Dez. 2004 - 2 V 385/04

bei uns veröffentlicht am 20.12.2004

Tatbestand I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheids. Der Antragsteller ist seit März 1999 alleiniger Geschäftsführer der R-GmbH mit Sitz in D ,

Finanzgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Aug. 2004 - 1 V 49/03

bei uns veröffentlicht am 30.08.2004

Tatbestand   1  (überlassen von DATEV) 2  Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids - zuletzt - vom 24. April 2003 - für Lohn- und Kirchenlohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag aus den Lohnsteueranmel

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1)1Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber gezahlt wird, der

1.
im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Sinne der §§ 8 bis 13 der Abgabenordnung hat (inländischer Arbeitgeber) oder
2.
einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlässt, ohne inländischer Arbeitgeber zu sein (ausländischer Verleiher).
2In den Fällen der internationalen Arbeitnehmerentsendung ist das nach Satz 1 Nummer 1 in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen inländischer Arbeitgeber, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt oder nach dem Fremdvergleichsgrundsatz hätte tragen müssen; Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.3Der Lohnsteuer unterliegt auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährte Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn Arbeitgeber und Dritter verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes sind.

(2)1Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer.2Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt.

(3)1Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten.2Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts hat die öffentliche Kasse, die den Arbeitslohn zahlt, die Pflichten des Arbeitgebers.3In den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch an die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben hat die Deutsche Rentenversicherung Bund bei Inanspruchnahme des Wertguthabens die Pflichten des Arbeitgebers.

(3a)1Soweit sich aus einem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis tarifvertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitslohn unmittelbar gegen einen Dritten mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland richten und von diesem durch die Zahlung von Geld erfüllt werden, hat der Dritte die Pflichten des Arbeitgebers.2In anderen Fällen kann das Finanzamt zulassen, dass ein Dritter mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland die Pflichten des Arbeitgebers im eigenen Namen erfüllt.3Voraussetzung ist, dass der Dritte

1.
sich hierzu gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet hat,
2.
den Lohn auszahlt oder er nur Arbeitgeberpflichten für von ihm vermittelte Arbeitnehmer übernimmt und
3.
die Steuererhebung nicht beeinträchtigt wird.
4Die Zustimmung erteilt das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten auf dessen Antrag im Einvernehmen mit dem Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers; sie darf mit Nebenbestimmungen versehen werden, die die ordnungsgemäße Steuererhebung sicherstellen und die Überprüfung des Lohnsteuerabzugs nach § 42f erleichtern sollen.5Die Zustimmung kann mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.6In den Fällen der Sätze 1 und 2 sind die das Lohnsteuerverfahren betreffenden Vorschriften mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Arbeitgebers der Dritte tritt; der Arbeitgeber ist von seinen Pflichten befreit, soweit der Dritte diese Pflichten erfüllt hat.7Erfüllt der Dritte die Pflichten des Arbeitgebers, kann er den Arbeitslohn, der einem Arbeitnehmer in demselben Lohnabrechnungszeitraum aus mehreren Dienstverhältnissen zufließt, für die Lohnsteuerermittlung und in der Lohnsteuerbescheinigung zusammenrechnen.

(4)1Wenn der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen oder der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückzubehalten.2Soweit der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nicht nachkommt und der Arbeitgeber den Fehlbetrag nicht durch Zurückbehaltung von anderen Bezügen des Arbeitnehmers aufbringen kann, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt (§ 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) anzuzeigen.3Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die von einem Dritten gewährten Bezüge (Absatz 1 Satz 3) am Ende des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums anzugeben; wenn der Arbeitnehmer keine Angabe oder eine erkennbar unrichtige Angabe macht, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen.4Das Finanzamt hat die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.

(1)1Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums

1.
dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (§ 41 Absatz 2) befindet (Betriebsstättenfinanzamt), eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summen der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer, getrennt nach den Kalenderjahren in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, angibt (Lohnsteuer-Anmeldung),
2.
die im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
2Die Lohnsteuer-Anmeldung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.3Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Lohnsteuer-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Arbeitgeber oder von einer zu seiner Vertretung berechtigten Person zu unterschreiben.4Der Arbeitgeber wird von der Verpflichtung zur Abgabe weiterer Lohnsteuer-Anmeldungen befreit, wenn er Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer einzubehalten oder zu übernehmen hat, nicht mehr beschäftigt und das dem Finanzamt mitteilt.

(2)1Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat.2Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1 080 Euro, aber nicht mehr als 5 000 Euro betragen hat; Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalenderjahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 080 Euro betragen hat.3Hat die Betriebsstätte nicht während des ganzen vorangegangenen Kalenderjahres bestanden, so ist die für das vorangegangene Kalenderjahr abzuführende Lohnsteuer für die Feststellung des Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums auf einen Jahresbetrag umzurechnen.4Wenn die Betriebsstätte im vorangegangenen Kalenderjahr noch nicht bestanden hat, ist die auf einen Jahresbetrag umgerechnete für den ersten vollen Kalendermonat nach der Eröffnung der Betriebsstätte abzuführende Lohnsteuer maßgebend.

(3)1Die oberste Finanzbehörde des Landes kann bestimmen, dass die Lohnsteuer nicht dem Betriebsstättenfinanzamt, sondern einer anderen öffentlichen Kasse anzumelden und an diese abzuführen ist; die Kasse erhält insoweit die Stellung einer Landesfinanzbehörde.2Das Betriebsstättenfinanzamt oder die zuständige andere öffentliche Kasse können anordnen, dass die Lohnsteuer abweichend von dem nach Absatz 1 maßgebenden Zeitpunkt anzumelden und abzuführen ist, wenn die Abführung der Lohnsteuer nicht gesichert erscheint.

(4)1Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, dürfen die anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer abziehen und einbehalten, die auf den Arbeitslohn entfällt, der an die Besatzungsmitglieder für die Beschäftigungszeiten auf diesen Schiffen gezahlt wird.2Die Handelsschiffe müssen in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, eingetragen sein, die Flagge eines dieser Staaten führen und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden.3Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn Seeschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen oder zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden eingesetzt werden.4Bei Besatzungsmitgliedern, die auf Schiffen, einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen, arbeiten, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingesetzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn die Besatzungsmitglieder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist.5Bei Seeschiffen, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handelt und die Schiffe während mindestens 50 Prozent ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden.6Ist für den Lohnsteuerabzug die Lohnsteuer nach der Steuerklasse V oder VI zu ermitteln, bemisst sich der Betrag nach Satz 1 nach der Lohnsteuer der Steuerklasse I.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Tatbestand

 
(überlassen von DATEV)
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids - zuletzt - vom 24. April 2003 - für Lohn- und Kirchenlohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag aus den Lohnsteueranmeldungen 09/98, 02/99 bis 08/99 und 01/00 nebst Säumniszuschlägen der W. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden M-KG).
I.
Der Antragsteller ist im streitigen Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der M. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden M-GmbH) gewesen. Die M-GmbH war einzige Komplementärin und Geschäftsführerin der M-KG. Die M-KG hat die angemeldete Lohnsteuer Januar 1999 bis August 1999 nicht mehr an den Antragsgegner abgeführt. Auch war ein Teil des Solidaritätszuschlags zur Lohnsteuer September 1998 noch nicht getilgt. Ab September 1999 bzw. Oktober 1999 hat die M-KG ihre laufenden Steuerverbindlichkeiten bis einschließlich Lohnsteuer Dezember 1999, die am 27. Januar 2000 gezahlt wurde, in unregelmäßigen Raten beglichen. Gleichwohl beliefen sich die fälligen Steuerschulden (Lohnsteuer- und Kirchenlohnsteuerschulden sowie Rückstände bei den zugehörigen Solidaritäts- und Säumniszuschlägen) der M-KG zum 31. Dezember 1999 auf 1.011.748 DM. Die Gesamtverbindlichkeiten der M-KG zum 31. Dezember 1999 betrugen 15.446.291 DM. In der Gewinn und Verlustrechnung für das Jahr 1999 war ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 1.414.174,56 DM ausgewiesen. Die angemeldete Lohnsteuer Januar 2000 wurde wiederum nicht abgeführt, obgleich die M-KG vom 1. Januar 2000 bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 25. Februar 2000 noch Zahlungen in Höhe von insgesamt 768.643 DM geleistet hat (Anlage K 7 im Verfahren 1 K 235/03).
Vollstreckungsmaßnahmen hat der Antragsgegner keine durchgeführt. Zwischen der M-KG und dem Antragsgegner ist - ausweislich der vorgelegten Vollstreckungsakte - vielmehr ein Stillhalteabkommen getroffen worden, nachdem der Antragsteller im September 1999 mit der Kreissparkasse C. in Verhandlungen über einen weiteren Kredit zur Fortführung der M-KG getreten ist und dem Antragsgegner die Zahlung einer größeren Summe hieraus in Aussicht gestellt wurde. Seither hat die M-KG den Antragsgegner über ihre wirtschaftliche Situation informiert. Der Antragsteller hat das Finanzamt über die Verhandlungen mit der Sparkasse in Kenntnis gesetzt (Blatt 55ff. der Vollstreckungsakte). Dem Antragsgegner war auch bekannt, dass die M-KG zumindest seit dem 22. November 1999 ihre Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlen konnte (Blatt 67, 86, 88 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. November 1999 hat der Antragsgegner der M-KG mitgeteilt, dass geprüft werde, ob ein Insolvenzantrag zu stellen sei (Blatt 66 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 ist der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner hingewiesen worden (Blatt 8 der Haftungsakte). Schließlich wurde über das Vermögen der M-KG am 1. April 2000 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Im Insolvenzverfahren konnte der Antragsgegner keine Befriedigung erlangen. Mittlerweile ist Masseunzulänglichkeit erklärt. Daher nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit Haftungsbescheid - zunächst vom 3. März 2003 - für die noch offenen Lohnsteuer-, Kirchenlohnsteuer- und Solidaritätszuschlagsbeträge sowie die bis zum 24. Februar 2000 verwirkten Säumniszuschläge als Haftungsschuldner nach § 69 AO i.V.m. § 34 AO in Anspruch. Die Haftungssumme belief sich dabei auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 253.111,49 DM, wobei wegen der Einzelheiten auf die dem Haftungsbescheid beigefügte Anlage (Blatt 21 der Haftungsakte) verwiesen wird.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2000 Einspruch ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 28. März 2000 ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. April 2003 wurde der Haftungsbetrag um ca. 3.150 DM herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen zurückgewiesen. Am 16. Mai 2003 hat der Antragsteller Klage erhoben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 1 K 234/00 geführt.
Der angefochtene Haftungsbescheid sei rechtswidrig. Für nach dem 25. November 1999 fällig gewordene Lohnsteuer nebst Nebenforderungen in Höhe von 20.827,42 Euro (Einzelaufstellung Blatt 34 der Akte) hafte der Antragsteller nicht. Die Zahlung dieser Steuerschulden sei nach §§ 143 i.V.m. 129, 131 InsO im Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen, da der Antragsgegner seit dem 25. November 1999 um die Zahlungsunfähigkeit der M-KG, insbesondere die hohen Umsatz- und Lohnsteuerrückstände gewusst habe. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 sei der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine anteilige Haftung für die Umsatzsteuer hingewiesen worden. Nach dem 20. September 1999 seien Zahlungen nur zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt. Deshalb hätte der Antragsgegner nach dem 24. November 1999 erhaltene Beträge wieder an die Masse ausbezahlen müssen. Darüber hinaus verweist der Antragsteller auf seine Ausführungen im Klageverfahren 1 K 234/03 und die dort erfolgten Beweisantritte. Aber auch für den restlichen Betrag an Lohnsteuer habe er nicht einzustehen. Der Antragsgegner habe mit der Kreissparkasse C. abgesprochen, dass die Bank mit ihren Forderungen gegenüber dem Antragsgegner vorgehe. Deshalb sei die Zahlung der Lohnsteuer nicht von der Sparkasse angewiesen worden, obwohl die M-KG die Steuerschuld begleichen wollte. Der Antragsgegner habe dies, ebenso wie die ungekürzte Auszahlung der Löhne akzeptiert. Er habe lediglich auf der Abgabe der Lohnsteuernmeldungen bestanden. Im Übrigen habe der Antragsgegner einen Sanierungsvergleich/Erlass in Aussicht gestellt, sofern die Kreissparkasse ebenfalls auf Forderungen verzichte. Diese sei zu Zinszugeständnissen bereit gewesen. Deshalb habe der Antragsgegner von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen. Dies könne durch die Zeugen W., N., K. und D. belegt werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids wegen Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlägen - zuletzt - vom 24. April 2003 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
10 
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
11 
Der Antragsteller werde zu Recht in Anspruch genommen. Er habe schuldhaft einen steuerlichen Haftungstatbestand verwirklicht, da er die angemeldete Lohnsteuer nicht rechtzeitig entrichtet habe. Die §§ 129 ff. InsO stünden einer Inanspruchnahme des Antragstellers nicht entgegen. Die M-KG sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im Anfechtungszeitraum entstanden Steuerschulden nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit bestimme sich nur insoweit nach den fälligen Verbindlichkeiten, als diese auch ernsthaft eingefordert werden. Ein solches Verhalten der anderen Gläubiger sei jedoch nach Lage der Akten nicht ersichtlich. Vielmehr habe lediglich eine Zahlungsstockung vorgelegen, da die M-KG im Anfechtungszeitraum noch eine Vielzahl von Zahlungen geleistet habe. Der Antragsteller habe auch für den restlichen Haftungsbetrag von 106.978,54 Euro einzustehen. Die behauptete Absprache zwischen der Kreissparkasse C. und dem Antragsgegner über eine bevorzugte Befriedigung der Bank sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei die Kreissparkasse bereit gewesen einen weiteren Kredit zur Tilgung der Steuerschulden zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung für weitere Verhandlungen habe der Antragsgegner - neben Zinszugeständnissen des Kreditinstituts - stets die pünktliche Bezahlung der laufenden Steuern gefordert. Ein Mitverschulden des Antragsgegners am Steuerausfall liege daher nicht vor.
12 
Der vorstehende Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Beklagten vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) sowie der beigezogenen Akte in dem Verfahren 1 K 235/00 entnommen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheids.

Der Antragsteller ist seit März 1999 alleiniger Geschäftsführer der R-GmbH mit Sitz in D , an der er auch als Gesellschafter beteiligt ist. Aufgrund des Antrags vom 25. März 2004 hat das Amtsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 1. August 2004 59 IN 100/04 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Wegen der Umsatzsteuerschulden der GmbH, die auf das Jahr 2002 und die Voranmeldungszeiträume März bis November 2003 sowie das Jahr 2004 entfielen, nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit dem Haftungsbescheid vom 4. Mai 2004 in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx EUR in Anspruch. Hiergegen legte der Antragsteller am 12. Mai 2004 Einspruch ein. In seiner Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 setzte der Antragsgegner die Haftungssumme auf xx.xxx,xx EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Am 9. November 2004 hat der Antragsteller hiergegen Klage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 384/04 geführt wird.

Gleichzeitig mit seinem Einspruch hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids beantragt. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 9. Juni 2004 ab, nachdem der Antragsteller seinen Einspruch bis dahin nicht begründet hatte.

Am 9. November 2004 stellte der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Antrag.

Zu dessen Begründung führt er im Wesentlichen aus, er hafte nicht für die Steuerschulden der GmbH, da er den Antragsgegner nicht im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Gesellschaft benachteiligt habe. Es hätten gar keine liquiden Mittel zur Befriedigung irgendwelcher Forderungen zur Verfügung gestanden, da der Antragsgegner selbst sämtliche eingehenden Beträge durch Forderungspfändungen eingezogen habe. Hinzu komme die verzweifelte Lage des Antragstellers, nachdem sein Vater im November 2003 seine - des Antragstellers - Ehefrau erschossen und damit auch das kurz vor der Geburt stehende Kind umgebracht habe. Daher sei es ihm noch nicht möglich gewesen, genauere Angaben zur Ermittlung der Haftungsquote zu machen.

Er beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausgeführt hatte, dass die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 69 AO vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Gründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

Tatbestand

 
(überlassen von DATEV)
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids - zuletzt - vom 24. April 2003 - für Lohn- und Kirchenlohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag aus den Lohnsteueranmeldungen 09/98, 02/99 bis 08/99 und 01/00 nebst Säumniszuschlägen der W. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden M-KG).
I.
Der Antragsteller ist im streitigen Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der M. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden M-GmbH) gewesen. Die M-GmbH war einzige Komplementärin und Geschäftsführerin der M-KG. Die M-KG hat die angemeldete Lohnsteuer Januar 1999 bis August 1999 nicht mehr an den Antragsgegner abgeführt. Auch war ein Teil des Solidaritätszuschlags zur Lohnsteuer September 1998 noch nicht getilgt. Ab September 1999 bzw. Oktober 1999 hat die M-KG ihre laufenden Steuerverbindlichkeiten bis einschließlich Lohnsteuer Dezember 1999, die am 27. Januar 2000 gezahlt wurde, in unregelmäßigen Raten beglichen. Gleichwohl beliefen sich die fälligen Steuerschulden (Lohnsteuer- und Kirchenlohnsteuerschulden sowie Rückstände bei den zugehörigen Solidaritäts- und Säumniszuschlägen) der M-KG zum 31. Dezember 1999 auf 1.011.748 DM. Die Gesamtverbindlichkeiten der M-KG zum 31. Dezember 1999 betrugen 15.446.291 DM. In der Gewinn und Verlustrechnung für das Jahr 1999 war ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 1.414.174,56 DM ausgewiesen. Die angemeldete Lohnsteuer Januar 2000 wurde wiederum nicht abgeführt, obgleich die M-KG vom 1. Januar 2000 bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 25. Februar 2000 noch Zahlungen in Höhe von insgesamt 768.643 DM geleistet hat (Anlage K 7 im Verfahren 1 K 235/03).
Vollstreckungsmaßnahmen hat der Antragsgegner keine durchgeführt. Zwischen der M-KG und dem Antragsgegner ist - ausweislich der vorgelegten Vollstreckungsakte - vielmehr ein Stillhalteabkommen getroffen worden, nachdem der Antragsteller im September 1999 mit der Kreissparkasse C. in Verhandlungen über einen weiteren Kredit zur Fortführung der M-KG getreten ist und dem Antragsgegner die Zahlung einer größeren Summe hieraus in Aussicht gestellt wurde. Seither hat die M-KG den Antragsgegner über ihre wirtschaftliche Situation informiert. Der Antragsteller hat das Finanzamt über die Verhandlungen mit der Sparkasse in Kenntnis gesetzt (Blatt 55ff. der Vollstreckungsakte). Dem Antragsgegner war auch bekannt, dass die M-KG zumindest seit dem 22. November 1999 ihre Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlen konnte (Blatt 67, 86, 88 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. November 1999 hat der Antragsgegner der M-KG mitgeteilt, dass geprüft werde, ob ein Insolvenzantrag zu stellen sei (Blatt 66 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 ist der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner hingewiesen worden (Blatt 8 der Haftungsakte). Schließlich wurde über das Vermögen der M-KG am 1. April 2000 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Im Insolvenzverfahren konnte der Antragsgegner keine Befriedigung erlangen. Mittlerweile ist Masseunzulänglichkeit erklärt. Daher nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit Haftungsbescheid - zunächst vom 3. März 2003 - für die noch offenen Lohnsteuer-, Kirchenlohnsteuer- und Solidaritätszuschlagsbeträge sowie die bis zum 24. Februar 2000 verwirkten Säumniszuschläge als Haftungsschuldner nach § 69 AO i.V.m. § 34 AO in Anspruch. Die Haftungssumme belief sich dabei auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 253.111,49 DM, wobei wegen der Einzelheiten auf die dem Haftungsbescheid beigefügte Anlage (Blatt 21 der Haftungsakte) verwiesen wird.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2000 Einspruch ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 28. März 2000 ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. April 2003 wurde der Haftungsbetrag um ca. 3.150 DM herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen zurückgewiesen. Am 16. Mai 2003 hat der Antragsteller Klage erhoben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 1 K 234/00 geführt.
Der angefochtene Haftungsbescheid sei rechtswidrig. Für nach dem 25. November 1999 fällig gewordene Lohnsteuer nebst Nebenforderungen in Höhe von 20.827,42 Euro (Einzelaufstellung Blatt 34 der Akte) hafte der Antragsteller nicht. Die Zahlung dieser Steuerschulden sei nach §§ 143 i.V.m. 129, 131 InsO im Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen, da der Antragsgegner seit dem 25. November 1999 um die Zahlungsunfähigkeit der M-KG, insbesondere die hohen Umsatz- und Lohnsteuerrückstände gewusst habe. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 sei der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine anteilige Haftung für die Umsatzsteuer hingewiesen worden. Nach dem 20. September 1999 seien Zahlungen nur zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt. Deshalb hätte der Antragsgegner nach dem 24. November 1999 erhaltene Beträge wieder an die Masse ausbezahlen müssen. Darüber hinaus verweist der Antragsteller auf seine Ausführungen im Klageverfahren 1 K 234/03 und die dort erfolgten Beweisantritte. Aber auch für den restlichen Betrag an Lohnsteuer habe er nicht einzustehen. Der Antragsgegner habe mit der Kreissparkasse C. abgesprochen, dass die Bank mit ihren Forderungen gegenüber dem Antragsgegner vorgehe. Deshalb sei die Zahlung der Lohnsteuer nicht von der Sparkasse angewiesen worden, obwohl die M-KG die Steuerschuld begleichen wollte. Der Antragsgegner habe dies, ebenso wie die ungekürzte Auszahlung der Löhne akzeptiert. Er habe lediglich auf der Abgabe der Lohnsteuernmeldungen bestanden. Im Übrigen habe der Antragsgegner einen Sanierungsvergleich/Erlass in Aussicht gestellt, sofern die Kreissparkasse ebenfalls auf Forderungen verzichte. Diese sei zu Zinszugeständnissen bereit gewesen. Deshalb habe der Antragsgegner von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen. Dies könne durch die Zeugen W., N., K. und D. belegt werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids wegen Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlägen - zuletzt - vom 24. April 2003 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
10 
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
11 
Der Antragsteller werde zu Recht in Anspruch genommen. Er habe schuldhaft einen steuerlichen Haftungstatbestand verwirklicht, da er die angemeldete Lohnsteuer nicht rechtzeitig entrichtet habe. Die §§ 129 ff. InsO stünden einer Inanspruchnahme des Antragstellers nicht entgegen. Die M-KG sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im Anfechtungszeitraum entstanden Steuerschulden nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit bestimme sich nur insoweit nach den fälligen Verbindlichkeiten, als diese auch ernsthaft eingefordert werden. Ein solches Verhalten der anderen Gläubiger sei jedoch nach Lage der Akten nicht ersichtlich. Vielmehr habe lediglich eine Zahlungsstockung vorgelegen, da die M-KG im Anfechtungszeitraum noch eine Vielzahl von Zahlungen geleistet habe. Der Antragsteller habe auch für den restlichen Haftungsbetrag von 106.978,54 Euro einzustehen. Die behauptete Absprache zwischen der Kreissparkasse C. und dem Antragsgegner über eine bevorzugte Befriedigung der Bank sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei die Kreissparkasse bereit gewesen einen weiteren Kredit zur Tilgung der Steuerschulden zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung für weitere Verhandlungen habe der Antragsgegner - neben Zinszugeständnissen des Kreditinstituts - stets die pünktliche Bezahlung der laufenden Steuern gefordert. Ein Mitverschulden des Antragsgegners am Steuerausfall liege daher nicht vor.
12 
Der vorstehende Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Beklagten vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) sowie der beigezogenen Akte in dem Verfahren 1 K 235/00 entnommen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheids.

Der Antragsteller ist seit März 1999 alleiniger Geschäftsführer der R-GmbH mit Sitz in D , an der er auch als Gesellschafter beteiligt ist. Aufgrund des Antrags vom 25. März 2004 hat das Amtsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 1. August 2004 59 IN 100/04 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Wegen der Umsatzsteuerschulden der GmbH, die auf das Jahr 2002 und die Voranmeldungszeiträume März bis November 2003 sowie das Jahr 2004 entfielen, nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit dem Haftungsbescheid vom 4. Mai 2004 in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx EUR in Anspruch. Hiergegen legte der Antragsteller am 12. Mai 2004 Einspruch ein. In seiner Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 setzte der Antragsgegner die Haftungssumme auf xx.xxx,xx EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Am 9. November 2004 hat der Antragsteller hiergegen Klage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 384/04 geführt wird.

Gleichzeitig mit seinem Einspruch hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids beantragt. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 9. Juni 2004 ab, nachdem der Antragsteller seinen Einspruch bis dahin nicht begründet hatte.

Am 9. November 2004 stellte der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Antrag.

Zu dessen Begründung führt er im Wesentlichen aus, er hafte nicht für die Steuerschulden der GmbH, da er den Antragsgegner nicht im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Gesellschaft benachteiligt habe. Es hätten gar keine liquiden Mittel zur Befriedigung irgendwelcher Forderungen zur Verfügung gestanden, da der Antragsgegner selbst sämtliche eingehenden Beträge durch Forderungspfändungen eingezogen habe. Hinzu komme die verzweifelte Lage des Antragstellers, nachdem sein Vater im November 2003 seine - des Antragstellers - Ehefrau erschossen und damit auch das kurz vor der Geburt stehende Kind umgebracht habe. Daher sei es ihm noch nicht möglich gewesen, genauere Angaben zur Ermittlung der Haftungsquote zu machen.

Er beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausgeführt hatte, dass die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 69 AO vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Gründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tatbestand

 
(überlassen von DATEV)
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids - zuletzt - vom 24. April 2003 - für Lohn- und Kirchenlohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag aus den Lohnsteueranmeldungen 09/98, 02/99 bis 08/99 und 01/00 nebst Säumniszuschlägen der W. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden M-KG).
I.
Der Antragsteller ist im streitigen Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der M. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden M-GmbH) gewesen. Die M-GmbH war einzige Komplementärin und Geschäftsführerin der M-KG. Die M-KG hat die angemeldete Lohnsteuer Januar 1999 bis August 1999 nicht mehr an den Antragsgegner abgeführt. Auch war ein Teil des Solidaritätszuschlags zur Lohnsteuer September 1998 noch nicht getilgt. Ab September 1999 bzw. Oktober 1999 hat die M-KG ihre laufenden Steuerverbindlichkeiten bis einschließlich Lohnsteuer Dezember 1999, die am 27. Januar 2000 gezahlt wurde, in unregelmäßigen Raten beglichen. Gleichwohl beliefen sich die fälligen Steuerschulden (Lohnsteuer- und Kirchenlohnsteuerschulden sowie Rückstände bei den zugehörigen Solidaritäts- und Säumniszuschlägen) der M-KG zum 31. Dezember 1999 auf 1.011.748 DM. Die Gesamtverbindlichkeiten der M-KG zum 31. Dezember 1999 betrugen 15.446.291 DM. In der Gewinn und Verlustrechnung für das Jahr 1999 war ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 1.414.174,56 DM ausgewiesen. Die angemeldete Lohnsteuer Januar 2000 wurde wiederum nicht abgeführt, obgleich die M-KG vom 1. Januar 2000 bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 25. Februar 2000 noch Zahlungen in Höhe von insgesamt 768.643 DM geleistet hat (Anlage K 7 im Verfahren 1 K 235/03).
Vollstreckungsmaßnahmen hat der Antragsgegner keine durchgeführt. Zwischen der M-KG und dem Antragsgegner ist - ausweislich der vorgelegten Vollstreckungsakte - vielmehr ein Stillhalteabkommen getroffen worden, nachdem der Antragsteller im September 1999 mit der Kreissparkasse C. in Verhandlungen über einen weiteren Kredit zur Fortführung der M-KG getreten ist und dem Antragsgegner die Zahlung einer größeren Summe hieraus in Aussicht gestellt wurde. Seither hat die M-KG den Antragsgegner über ihre wirtschaftliche Situation informiert. Der Antragsteller hat das Finanzamt über die Verhandlungen mit der Sparkasse in Kenntnis gesetzt (Blatt 55ff. der Vollstreckungsakte). Dem Antragsgegner war auch bekannt, dass die M-KG zumindest seit dem 22. November 1999 ihre Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlen konnte (Blatt 67, 86, 88 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. November 1999 hat der Antragsgegner der M-KG mitgeteilt, dass geprüft werde, ob ein Insolvenzantrag zu stellen sei (Blatt 66 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 ist der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner hingewiesen worden (Blatt 8 der Haftungsakte). Schließlich wurde über das Vermögen der M-KG am 1. April 2000 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Im Insolvenzverfahren konnte der Antragsgegner keine Befriedigung erlangen. Mittlerweile ist Masseunzulänglichkeit erklärt. Daher nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit Haftungsbescheid - zunächst vom 3. März 2003 - für die noch offenen Lohnsteuer-, Kirchenlohnsteuer- und Solidaritätszuschlagsbeträge sowie die bis zum 24. Februar 2000 verwirkten Säumniszuschläge als Haftungsschuldner nach § 69 AO i.V.m. § 34 AO in Anspruch. Die Haftungssumme belief sich dabei auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 253.111,49 DM, wobei wegen der Einzelheiten auf die dem Haftungsbescheid beigefügte Anlage (Blatt 21 der Haftungsakte) verwiesen wird.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2000 Einspruch ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 28. März 2000 ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. April 2003 wurde der Haftungsbetrag um ca. 3.150 DM herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen zurückgewiesen. Am 16. Mai 2003 hat der Antragsteller Klage erhoben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 1 K 234/00 geführt.
Der angefochtene Haftungsbescheid sei rechtswidrig. Für nach dem 25. November 1999 fällig gewordene Lohnsteuer nebst Nebenforderungen in Höhe von 20.827,42 Euro (Einzelaufstellung Blatt 34 der Akte) hafte der Antragsteller nicht. Die Zahlung dieser Steuerschulden sei nach §§ 143 i.V.m. 129, 131 InsO im Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen, da der Antragsgegner seit dem 25. November 1999 um die Zahlungsunfähigkeit der M-KG, insbesondere die hohen Umsatz- und Lohnsteuerrückstände gewusst habe. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 sei der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine anteilige Haftung für die Umsatzsteuer hingewiesen worden. Nach dem 20. September 1999 seien Zahlungen nur zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt. Deshalb hätte der Antragsgegner nach dem 24. November 1999 erhaltene Beträge wieder an die Masse ausbezahlen müssen. Darüber hinaus verweist der Antragsteller auf seine Ausführungen im Klageverfahren 1 K 234/03 und die dort erfolgten Beweisantritte. Aber auch für den restlichen Betrag an Lohnsteuer habe er nicht einzustehen. Der Antragsgegner habe mit der Kreissparkasse C. abgesprochen, dass die Bank mit ihren Forderungen gegenüber dem Antragsgegner vorgehe. Deshalb sei die Zahlung der Lohnsteuer nicht von der Sparkasse angewiesen worden, obwohl die M-KG die Steuerschuld begleichen wollte. Der Antragsgegner habe dies, ebenso wie die ungekürzte Auszahlung der Löhne akzeptiert. Er habe lediglich auf der Abgabe der Lohnsteuernmeldungen bestanden. Im Übrigen habe der Antragsgegner einen Sanierungsvergleich/Erlass in Aussicht gestellt, sofern die Kreissparkasse ebenfalls auf Forderungen verzichte. Diese sei zu Zinszugeständnissen bereit gewesen. Deshalb habe der Antragsgegner von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen. Dies könne durch die Zeugen W., N., K. und D. belegt werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids wegen Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlägen - zuletzt - vom 24. April 2003 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
10 
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
11 
Der Antragsteller werde zu Recht in Anspruch genommen. Er habe schuldhaft einen steuerlichen Haftungstatbestand verwirklicht, da er die angemeldete Lohnsteuer nicht rechtzeitig entrichtet habe. Die §§ 129 ff. InsO stünden einer Inanspruchnahme des Antragstellers nicht entgegen. Die M-KG sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im Anfechtungszeitraum entstanden Steuerschulden nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit bestimme sich nur insoweit nach den fälligen Verbindlichkeiten, als diese auch ernsthaft eingefordert werden. Ein solches Verhalten der anderen Gläubiger sei jedoch nach Lage der Akten nicht ersichtlich. Vielmehr habe lediglich eine Zahlungsstockung vorgelegen, da die M-KG im Anfechtungszeitraum noch eine Vielzahl von Zahlungen geleistet habe. Der Antragsteller habe auch für den restlichen Haftungsbetrag von 106.978,54 Euro einzustehen. Die behauptete Absprache zwischen der Kreissparkasse C. und dem Antragsgegner über eine bevorzugte Befriedigung der Bank sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei die Kreissparkasse bereit gewesen einen weiteren Kredit zur Tilgung der Steuerschulden zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung für weitere Verhandlungen habe der Antragsgegner - neben Zinszugeständnissen des Kreditinstituts - stets die pünktliche Bezahlung der laufenden Steuern gefordert. Ein Mitverschulden des Antragsgegners am Steuerausfall liege daher nicht vor.
12 
Der vorstehende Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Beklagten vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) sowie der beigezogenen Akte in dem Verfahren 1 K 235/00 entnommen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheids.

Der Antragsteller ist seit März 1999 alleiniger Geschäftsführer der R-GmbH mit Sitz in D , an der er auch als Gesellschafter beteiligt ist. Aufgrund des Antrags vom 25. März 2004 hat das Amtsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 1. August 2004 59 IN 100/04 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Wegen der Umsatzsteuerschulden der GmbH, die auf das Jahr 2002 und die Voranmeldungszeiträume März bis November 2003 sowie das Jahr 2004 entfielen, nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit dem Haftungsbescheid vom 4. Mai 2004 in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx EUR in Anspruch. Hiergegen legte der Antragsteller am 12. Mai 2004 Einspruch ein. In seiner Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 setzte der Antragsgegner die Haftungssumme auf xx.xxx,xx EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Am 9. November 2004 hat der Antragsteller hiergegen Klage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 384/04 geführt wird.

Gleichzeitig mit seinem Einspruch hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids beantragt. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 9. Juni 2004 ab, nachdem der Antragsteller seinen Einspruch bis dahin nicht begründet hatte.

Am 9. November 2004 stellte der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Antrag.

Zu dessen Begründung führt er im Wesentlichen aus, er hafte nicht für die Steuerschulden der GmbH, da er den Antragsgegner nicht im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Gesellschaft benachteiligt habe. Es hätten gar keine liquiden Mittel zur Befriedigung irgendwelcher Forderungen zur Verfügung gestanden, da der Antragsgegner selbst sämtliche eingehenden Beträge durch Forderungspfändungen eingezogen habe. Hinzu komme die verzweifelte Lage des Antragstellers, nachdem sein Vater im November 2003 seine - des Antragstellers - Ehefrau erschossen und damit auch das kurz vor der Geburt stehende Kind umgebracht habe. Daher sei es ihm noch nicht möglich gewesen, genauere Angaben zur Ermittlung der Haftungsquote zu machen.

Er beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausgeführt hatte, dass die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 69 AO vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Gründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1)1Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber gezahlt wird, der

1.
im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Sinne der §§ 8 bis 13 der Abgabenordnung hat (inländischer Arbeitgeber) oder
2.
einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlässt, ohne inländischer Arbeitgeber zu sein (ausländischer Verleiher).
2In den Fällen der internationalen Arbeitnehmerentsendung ist das nach Satz 1 Nummer 1 in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen inländischer Arbeitgeber, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt oder nach dem Fremdvergleichsgrundsatz hätte tragen müssen; Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.3Der Lohnsteuer unterliegt auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährte Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn Arbeitgeber und Dritter verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes sind.

(2)1Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer.2Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt.

(3)1Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten.2Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts hat die öffentliche Kasse, die den Arbeitslohn zahlt, die Pflichten des Arbeitgebers.3In den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch an die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben hat die Deutsche Rentenversicherung Bund bei Inanspruchnahme des Wertguthabens die Pflichten des Arbeitgebers.

(3a)1Soweit sich aus einem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis tarifvertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitslohn unmittelbar gegen einen Dritten mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland richten und von diesem durch die Zahlung von Geld erfüllt werden, hat der Dritte die Pflichten des Arbeitgebers.2In anderen Fällen kann das Finanzamt zulassen, dass ein Dritter mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland die Pflichten des Arbeitgebers im eigenen Namen erfüllt.3Voraussetzung ist, dass der Dritte

1.
sich hierzu gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet hat,
2.
den Lohn auszahlt oder er nur Arbeitgeberpflichten für von ihm vermittelte Arbeitnehmer übernimmt und
3.
die Steuererhebung nicht beeinträchtigt wird.
4Die Zustimmung erteilt das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten auf dessen Antrag im Einvernehmen mit dem Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers; sie darf mit Nebenbestimmungen versehen werden, die die ordnungsgemäße Steuererhebung sicherstellen und die Überprüfung des Lohnsteuerabzugs nach § 42f erleichtern sollen.5Die Zustimmung kann mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.6In den Fällen der Sätze 1 und 2 sind die das Lohnsteuerverfahren betreffenden Vorschriften mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Arbeitgebers der Dritte tritt; der Arbeitgeber ist von seinen Pflichten befreit, soweit der Dritte diese Pflichten erfüllt hat.7Erfüllt der Dritte die Pflichten des Arbeitgebers, kann er den Arbeitslohn, der einem Arbeitnehmer in demselben Lohnabrechnungszeitraum aus mehreren Dienstverhältnissen zufließt, für die Lohnsteuerermittlung und in der Lohnsteuerbescheinigung zusammenrechnen.

(4)1Wenn der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen oder der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückzubehalten.2Soweit der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nicht nachkommt und der Arbeitgeber den Fehlbetrag nicht durch Zurückbehaltung von anderen Bezügen des Arbeitnehmers aufbringen kann, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt (§ 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) anzuzeigen.3Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die von einem Dritten gewährten Bezüge (Absatz 1 Satz 3) am Ende des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums anzugeben; wenn der Arbeitnehmer keine Angabe oder eine erkennbar unrichtige Angabe macht, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen.4Das Finanzamt hat die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.

(1)1Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums

1.
dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (§ 41 Absatz 2) befindet (Betriebsstättenfinanzamt), eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summen der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer, getrennt nach den Kalenderjahren in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, angibt (Lohnsteuer-Anmeldung),
2.
die im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
2Die Lohnsteuer-Anmeldung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.3Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Lohnsteuer-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Arbeitgeber oder von einer zu seiner Vertretung berechtigten Person zu unterschreiben.4Der Arbeitgeber wird von der Verpflichtung zur Abgabe weiterer Lohnsteuer-Anmeldungen befreit, wenn er Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer einzubehalten oder zu übernehmen hat, nicht mehr beschäftigt und das dem Finanzamt mitteilt.

(2)1Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat.2Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1 080 Euro, aber nicht mehr als 5 000 Euro betragen hat; Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalenderjahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 080 Euro betragen hat.3Hat die Betriebsstätte nicht während des ganzen vorangegangenen Kalenderjahres bestanden, so ist die für das vorangegangene Kalenderjahr abzuführende Lohnsteuer für die Feststellung des Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums auf einen Jahresbetrag umzurechnen.4Wenn die Betriebsstätte im vorangegangenen Kalenderjahr noch nicht bestanden hat, ist die auf einen Jahresbetrag umgerechnete für den ersten vollen Kalendermonat nach der Eröffnung der Betriebsstätte abzuführende Lohnsteuer maßgebend.

(3)1Die oberste Finanzbehörde des Landes kann bestimmen, dass die Lohnsteuer nicht dem Betriebsstättenfinanzamt, sondern einer anderen öffentlichen Kasse anzumelden und an diese abzuführen ist; die Kasse erhält insoweit die Stellung einer Landesfinanzbehörde.2Das Betriebsstättenfinanzamt oder die zuständige andere öffentliche Kasse können anordnen, dass die Lohnsteuer abweichend von dem nach Absatz 1 maßgebenden Zeitpunkt anzumelden und abzuführen ist, wenn die Abführung der Lohnsteuer nicht gesichert erscheint.

(4)1Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, dürfen die anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer abziehen und einbehalten, die auf den Arbeitslohn entfällt, der an die Besatzungsmitglieder für die Beschäftigungszeiten auf diesen Schiffen gezahlt wird.2Die Handelsschiffe müssen in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, eingetragen sein, die Flagge eines dieser Staaten führen und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden.3Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn Seeschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen oder zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden eingesetzt werden.4Bei Besatzungsmitgliedern, die auf Schiffen, einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen, arbeiten, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingesetzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn die Besatzungsmitglieder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist.5Bei Seeschiffen, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handelt und die Schiffe während mindestens 50 Prozent ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden.6Ist für den Lohnsteuerabzug die Lohnsteuer nach der Steuerklasse V oder VI zu ermitteln, bemisst sich der Betrag nach Satz 1 nach der Lohnsteuer der Steuerklasse I.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Tatbestand

 
(überlassen von DATEV)
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids - zuletzt - vom 24. April 2003 - für Lohn- und Kirchenlohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag aus den Lohnsteueranmeldungen 09/98, 02/99 bis 08/99 und 01/00 nebst Säumniszuschlägen der W. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden M-KG).
I.
Der Antragsteller ist im streitigen Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der M. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden M-GmbH) gewesen. Die M-GmbH war einzige Komplementärin und Geschäftsführerin der M-KG. Die M-KG hat die angemeldete Lohnsteuer Januar 1999 bis August 1999 nicht mehr an den Antragsgegner abgeführt. Auch war ein Teil des Solidaritätszuschlags zur Lohnsteuer September 1998 noch nicht getilgt. Ab September 1999 bzw. Oktober 1999 hat die M-KG ihre laufenden Steuerverbindlichkeiten bis einschließlich Lohnsteuer Dezember 1999, die am 27. Januar 2000 gezahlt wurde, in unregelmäßigen Raten beglichen. Gleichwohl beliefen sich die fälligen Steuerschulden (Lohnsteuer- und Kirchenlohnsteuerschulden sowie Rückstände bei den zugehörigen Solidaritäts- und Säumniszuschlägen) der M-KG zum 31. Dezember 1999 auf 1.011.748 DM. Die Gesamtverbindlichkeiten der M-KG zum 31. Dezember 1999 betrugen 15.446.291 DM. In der Gewinn und Verlustrechnung für das Jahr 1999 war ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 1.414.174,56 DM ausgewiesen. Die angemeldete Lohnsteuer Januar 2000 wurde wiederum nicht abgeführt, obgleich die M-KG vom 1. Januar 2000 bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 25. Februar 2000 noch Zahlungen in Höhe von insgesamt 768.643 DM geleistet hat (Anlage K 7 im Verfahren 1 K 235/03).
Vollstreckungsmaßnahmen hat der Antragsgegner keine durchgeführt. Zwischen der M-KG und dem Antragsgegner ist - ausweislich der vorgelegten Vollstreckungsakte - vielmehr ein Stillhalteabkommen getroffen worden, nachdem der Antragsteller im September 1999 mit der Kreissparkasse C. in Verhandlungen über einen weiteren Kredit zur Fortführung der M-KG getreten ist und dem Antragsgegner die Zahlung einer größeren Summe hieraus in Aussicht gestellt wurde. Seither hat die M-KG den Antragsgegner über ihre wirtschaftliche Situation informiert. Der Antragsteller hat das Finanzamt über die Verhandlungen mit der Sparkasse in Kenntnis gesetzt (Blatt 55ff. der Vollstreckungsakte). Dem Antragsgegner war auch bekannt, dass die M-KG zumindest seit dem 22. November 1999 ihre Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlen konnte (Blatt 67, 86, 88 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. November 1999 hat der Antragsgegner der M-KG mitgeteilt, dass geprüft werde, ob ein Insolvenzantrag zu stellen sei (Blatt 66 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 ist der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner hingewiesen worden (Blatt 8 der Haftungsakte). Schließlich wurde über das Vermögen der M-KG am 1. April 2000 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Im Insolvenzverfahren konnte der Antragsgegner keine Befriedigung erlangen. Mittlerweile ist Masseunzulänglichkeit erklärt. Daher nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit Haftungsbescheid - zunächst vom 3. März 2003 - für die noch offenen Lohnsteuer-, Kirchenlohnsteuer- und Solidaritätszuschlagsbeträge sowie die bis zum 24. Februar 2000 verwirkten Säumniszuschläge als Haftungsschuldner nach § 69 AO i.V.m. § 34 AO in Anspruch. Die Haftungssumme belief sich dabei auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 253.111,49 DM, wobei wegen der Einzelheiten auf die dem Haftungsbescheid beigefügte Anlage (Blatt 21 der Haftungsakte) verwiesen wird.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2000 Einspruch ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 28. März 2000 ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. April 2003 wurde der Haftungsbetrag um ca. 3.150 DM herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen zurückgewiesen. Am 16. Mai 2003 hat der Antragsteller Klage erhoben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 1 K 234/00 geführt.
Der angefochtene Haftungsbescheid sei rechtswidrig. Für nach dem 25. November 1999 fällig gewordene Lohnsteuer nebst Nebenforderungen in Höhe von 20.827,42 Euro (Einzelaufstellung Blatt 34 der Akte) hafte der Antragsteller nicht. Die Zahlung dieser Steuerschulden sei nach §§ 143 i.V.m. 129, 131 InsO im Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen, da der Antragsgegner seit dem 25. November 1999 um die Zahlungsunfähigkeit der M-KG, insbesondere die hohen Umsatz- und Lohnsteuerrückstände gewusst habe. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 sei der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine anteilige Haftung für die Umsatzsteuer hingewiesen worden. Nach dem 20. September 1999 seien Zahlungen nur zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt. Deshalb hätte der Antragsgegner nach dem 24. November 1999 erhaltene Beträge wieder an die Masse ausbezahlen müssen. Darüber hinaus verweist der Antragsteller auf seine Ausführungen im Klageverfahren 1 K 234/03 und die dort erfolgten Beweisantritte. Aber auch für den restlichen Betrag an Lohnsteuer habe er nicht einzustehen. Der Antragsgegner habe mit der Kreissparkasse C. abgesprochen, dass die Bank mit ihren Forderungen gegenüber dem Antragsgegner vorgehe. Deshalb sei die Zahlung der Lohnsteuer nicht von der Sparkasse angewiesen worden, obwohl die M-KG die Steuerschuld begleichen wollte. Der Antragsgegner habe dies, ebenso wie die ungekürzte Auszahlung der Löhne akzeptiert. Er habe lediglich auf der Abgabe der Lohnsteuernmeldungen bestanden. Im Übrigen habe der Antragsgegner einen Sanierungsvergleich/Erlass in Aussicht gestellt, sofern die Kreissparkasse ebenfalls auf Forderungen verzichte. Diese sei zu Zinszugeständnissen bereit gewesen. Deshalb habe der Antragsgegner von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen. Dies könne durch die Zeugen W., N., K. und D. belegt werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids wegen Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlägen - zuletzt - vom 24. April 2003 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
10 
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
11 
Der Antragsteller werde zu Recht in Anspruch genommen. Er habe schuldhaft einen steuerlichen Haftungstatbestand verwirklicht, da er die angemeldete Lohnsteuer nicht rechtzeitig entrichtet habe. Die §§ 129 ff. InsO stünden einer Inanspruchnahme des Antragstellers nicht entgegen. Die M-KG sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im Anfechtungszeitraum entstanden Steuerschulden nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit bestimme sich nur insoweit nach den fälligen Verbindlichkeiten, als diese auch ernsthaft eingefordert werden. Ein solches Verhalten der anderen Gläubiger sei jedoch nach Lage der Akten nicht ersichtlich. Vielmehr habe lediglich eine Zahlungsstockung vorgelegen, da die M-KG im Anfechtungszeitraum noch eine Vielzahl von Zahlungen geleistet habe. Der Antragsteller habe auch für den restlichen Haftungsbetrag von 106.978,54 Euro einzustehen. Die behauptete Absprache zwischen der Kreissparkasse C. und dem Antragsgegner über eine bevorzugte Befriedigung der Bank sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei die Kreissparkasse bereit gewesen einen weiteren Kredit zur Tilgung der Steuerschulden zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung für weitere Verhandlungen habe der Antragsgegner - neben Zinszugeständnissen des Kreditinstituts - stets die pünktliche Bezahlung der laufenden Steuern gefordert. Ein Mitverschulden des Antragsgegners am Steuerausfall liege daher nicht vor.
12 
Der vorstehende Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Beklagten vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) sowie der beigezogenen Akte in dem Verfahren 1 K 235/00 entnommen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
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d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheids.

Der Antragsteller ist seit März 1999 alleiniger Geschäftsführer der R-GmbH mit Sitz in D , an der er auch als Gesellschafter beteiligt ist. Aufgrund des Antrags vom 25. März 2004 hat das Amtsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 1. August 2004 59 IN 100/04 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Wegen der Umsatzsteuerschulden der GmbH, die auf das Jahr 2002 und die Voranmeldungszeiträume März bis November 2003 sowie das Jahr 2004 entfielen, nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit dem Haftungsbescheid vom 4. Mai 2004 in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx EUR in Anspruch. Hiergegen legte der Antragsteller am 12. Mai 2004 Einspruch ein. In seiner Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 setzte der Antragsgegner die Haftungssumme auf xx.xxx,xx EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Am 9. November 2004 hat der Antragsteller hiergegen Klage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 384/04 geführt wird.

Gleichzeitig mit seinem Einspruch hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids beantragt. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 9. Juni 2004 ab, nachdem der Antragsteller seinen Einspruch bis dahin nicht begründet hatte.

Am 9. November 2004 stellte der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Antrag.

Zu dessen Begründung führt er im Wesentlichen aus, er hafte nicht für die Steuerschulden der GmbH, da er den Antragsgegner nicht im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Gesellschaft benachteiligt habe. Es hätten gar keine liquiden Mittel zur Befriedigung irgendwelcher Forderungen zur Verfügung gestanden, da der Antragsgegner selbst sämtliche eingehenden Beträge durch Forderungspfändungen eingezogen habe. Hinzu komme die verzweifelte Lage des Antragstellers, nachdem sein Vater im November 2003 seine - des Antragstellers - Ehefrau erschossen und damit auch das kurz vor der Geburt stehende Kind umgebracht habe. Daher sei es ihm noch nicht möglich gewesen, genauere Angaben zur Ermittlung der Haftungsquote zu machen.

Er beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausgeführt hatte, dass die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 69 AO vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Gründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

Tatbestand

 
(überlassen von DATEV)
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids - zuletzt - vom 24. April 2003 - für Lohn- und Kirchenlohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag aus den Lohnsteueranmeldungen 09/98, 02/99 bis 08/99 und 01/00 nebst Säumniszuschlägen der W. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden M-KG).
I.
Der Antragsteller ist im streitigen Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der M. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden M-GmbH) gewesen. Die M-GmbH war einzige Komplementärin und Geschäftsführerin der M-KG. Die M-KG hat die angemeldete Lohnsteuer Januar 1999 bis August 1999 nicht mehr an den Antragsgegner abgeführt. Auch war ein Teil des Solidaritätszuschlags zur Lohnsteuer September 1998 noch nicht getilgt. Ab September 1999 bzw. Oktober 1999 hat die M-KG ihre laufenden Steuerverbindlichkeiten bis einschließlich Lohnsteuer Dezember 1999, die am 27. Januar 2000 gezahlt wurde, in unregelmäßigen Raten beglichen. Gleichwohl beliefen sich die fälligen Steuerschulden (Lohnsteuer- und Kirchenlohnsteuerschulden sowie Rückstände bei den zugehörigen Solidaritäts- und Säumniszuschlägen) der M-KG zum 31. Dezember 1999 auf 1.011.748 DM. Die Gesamtverbindlichkeiten der M-KG zum 31. Dezember 1999 betrugen 15.446.291 DM. In der Gewinn und Verlustrechnung für das Jahr 1999 war ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 1.414.174,56 DM ausgewiesen. Die angemeldete Lohnsteuer Januar 2000 wurde wiederum nicht abgeführt, obgleich die M-KG vom 1. Januar 2000 bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 25. Februar 2000 noch Zahlungen in Höhe von insgesamt 768.643 DM geleistet hat (Anlage K 7 im Verfahren 1 K 235/03).
Vollstreckungsmaßnahmen hat der Antragsgegner keine durchgeführt. Zwischen der M-KG und dem Antragsgegner ist - ausweislich der vorgelegten Vollstreckungsakte - vielmehr ein Stillhalteabkommen getroffen worden, nachdem der Antragsteller im September 1999 mit der Kreissparkasse C. in Verhandlungen über einen weiteren Kredit zur Fortführung der M-KG getreten ist und dem Antragsgegner die Zahlung einer größeren Summe hieraus in Aussicht gestellt wurde. Seither hat die M-KG den Antragsgegner über ihre wirtschaftliche Situation informiert. Der Antragsteller hat das Finanzamt über die Verhandlungen mit der Sparkasse in Kenntnis gesetzt (Blatt 55ff. der Vollstreckungsakte). Dem Antragsgegner war auch bekannt, dass die M-KG zumindest seit dem 22. November 1999 ihre Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlen konnte (Blatt 67, 86, 88 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. November 1999 hat der Antragsgegner der M-KG mitgeteilt, dass geprüft werde, ob ein Insolvenzantrag zu stellen sei (Blatt 66 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 ist der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner hingewiesen worden (Blatt 8 der Haftungsakte). Schließlich wurde über das Vermögen der M-KG am 1. April 2000 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Im Insolvenzverfahren konnte der Antragsgegner keine Befriedigung erlangen. Mittlerweile ist Masseunzulänglichkeit erklärt. Daher nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit Haftungsbescheid - zunächst vom 3. März 2003 - für die noch offenen Lohnsteuer-, Kirchenlohnsteuer- und Solidaritätszuschlagsbeträge sowie die bis zum 24. Februar 2000 verwirkten Säumniszuschläge als Haftungsschuldner nach § 69 AO i.V.m. § 34 AO in Anspruch. Die Haftungssumme belief sich dabei auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 253.111,49 DM, wobei wegen der Einzelheiten auf die dem Haftungsbescheid beigefügte Anlage (Blatt 21 der Haftungsakte) verwiesen wird.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2000 Einspruch ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 28. März 2000 ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. April 2003 wurde der Haftungsbetrag um ca. 3.150 DM herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen zurückgewiesen. Am 16. Mai 2003 hat der Antragsteller Klage erhoben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 1 K 234/00 geführt.
Der angefochtene Haftungsbescheid sei rechtswidrig. Für nach dem 25. November 1999 fällig gewordene Lohnsteuer nebst Nebenforderungen in Höhe von 20.827,42 Euro (Einzelaufstellung Blatt 34 der Akte) hafte der Antragsteller nicht. Die Zahlung dieser Steuerschulden sei nach §§ 143 i.V.m. 129, 131 InsO im Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen, da der Antragsgegner seit dem 25. November 1999 um die Zahlungsunfähigkeit der M-KG, insbesondere die hohen Umsatz- und Lohnsteuerrückstände gewusst habe. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 sei der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine anteilige Haftung für die Umsatzsteuer hingewiesen worden. Nach dem 20. September 1999 seien Zahlungen nur zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt. Deshalb hätte der Antragsgegner nach dem 24. November 1999 erhaltene Beträge wieder an die Masse ausbezahlen müssen. Darüber hinaus verweist der Antragsteller auf seine Ausführungen im Klageverfahren 1 K 234/03 und die dort erfolgten Beweisantritte. Aber auch für den restlichen Betrag an Lohnsteuer habe er nicht einzustehen. Der Antragsgegner habe mit der Kreissparkasse C. abgesprochen, dass die Bank mit ihren Forderungen gegenüber dem Antragsgegner vorgehe. Deshalb sei die Zahlung der Lohnsteuer nicht von der Sparkasse angewiesen worden, obwohl die M-KG die Steuerschuld begleichen wollte. Der Antragsgegner habe dies, ebenso wie die ungekürzte Auszahlung der Löhne akzeptiert. Er habe lediglich auf der Abgabe der Lohnsteuernmeldungen bestanden. Im Übrigen habe der Antragsgegner einen Sanierungsvergleich/Erlass in Aussicht gestellt, sofern die Kreissparkasse ebenfalls auf Forderungen verzichte. Diese sei zu Zinszugeständnissen bereit gewesen. Deshalb habe der Antragsgegner von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen. Dies könne durch die Zeugen W., N., K. und D. belegt werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids wegen Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlägen - zuletzt - vom 24. April 2003 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
10 
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
11 
Der Antragsteller werde zu Recht in Anspruch genommen. Er habe schuldhaft einen steuerlichen Haftungstatbestand verwirklicht, da er die angemeldete Lohnsteuer nicht rechtzeitig entrichtet habe. Die §§ 129 ff. InsO stünden einer Inanspruchnahme des Antragstellers nicht entgegen. Die M-KG sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im Anfechtungszeitraum entstanden Steuerschulden nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit bestimme sich nur insoweit nach den fälligen Verbindlichkeiten, als diese auch ernsthaft eingefordert werden. Ein solches Verhalten der anderen Gläubiger sei jedoch nach Lage der Akten nicht ersichtlich. Vielmehr habe lediglich eine Zahlungsstockung vorgelegen, da die M-KG im Anfechtungszeitraum noch eine Vielzahl von Zahlungen geleistet habe. Der Antragsteller habe auch für den restlichen Haftungsbetrag von 106.978,54 Euro einzustehen. Die behauptete Absprache zwischen der Kreissparkasse C. und dem Antragsgegner über eine bevorzugte Befriedigung der Bank sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei die Kreissparkasse bereit gewesen einen weiteren Kredit zur Tilgung der Steuerschulden zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung für weitere Verhandlungen habe der Antragsgegner - neben Zinszugeständnissen des Kreditinstituts - stets die pünktliche Bezahlung der laufenden Steuern gefordert. Ein Mitverschulden des Antragsgegners am Steuerausfall liege daher nicht vor.
12 
Der vorstehende Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Beklagten vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) sowie der beigezogenen Akte in dem Verfahren 1 K 235/00 entnommen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheids.

Der Antragsteller ist seit März 1999 alleiniger Geschäftsführer der R-GmbH mit Sitz in D , an der er auch als Gesellschafter beteiligt ist. Aufgrund des Antrags vom 25. März 2004 hat das Amtsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 1. August 2004 59 IN 100/04 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Wegen der Umsatzsteuerschulden der GmbH, die auf das Jahr 2002 und die Voranmeldungszeiträume März bis November 2003 sowie das Jahr 2004 entfielen, nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit dem Haftungsbescheid vom 4. Mai 2004 in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx EUR in Anspruch. Hiergegen legte der Antragsteller am 12. Mai 2004 Einspruch ein. In seiner Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 setzte der Antragsgegner die Haftungssumme auf xx.xxx,xx EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Am 9. November 2004 hat der Antragsteller hiergegen Klage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 384/04 geführt wird.

Gleichzeitig mit seinem Einspruch hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids beantragt. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 9. Juni 2004 ab, nachdem der Antragsteller seinen Einspruch bis dahin nicht begründet hatte.

Am 9. November 2004 stellte der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Antrag.

Zu dessen Begründung führt er im Wesentlichen aus, er hafte nicht für die Steuerschulden der GmbH, da er den Antragsgegner nicht im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Gesellschaft benachteiligt habe. Es hätten gar keine liquiden Mittel zur Befriedigung irgendwelcher Forderungen zur Verfügung gestanden, da der Antragsgegner selbst sämtliche eingehenden Beträge durch Forderungspfändungen eingezogen habe. Hinzu komme die verzweifelte Lage des Antragstellers, nachdem sein Vater im November 2003 seine - des Antragstellers - Ehefrau erschossen und damit auch das kurz vor der Geburt stehende Kind umgebracht habe. Daher sei es ihm noch nicht möglich gewesen, genauere Angaben zur Ermittlung der Haftungsquote zu machen.

Er beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausgeführt hatte, dass die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 69 AO vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Gründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tatbestand

 
(überlassen von DATEV)
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids - zuletzt - vom 24. April 2003 - für Lohn- und Kirchenlohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag aus den Lohnsteueranmeldungen 09/98, 02/99 bis 08/99 und 01/00 nebst Säumniszuschlägen der W. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden M-KG).
I.
Der Antragsteller ist im streitigen Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der M. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden M-GmbH) gewesen. Die M-GmbH war einzige Komplementärin und Geschäftsführerin der M-KG. Die M-KG hat die angemeldete Lohnsteuer Januar 1999 bis August 1999 nicht mehr an den Antragsgegner abgeführt. Auch war ein Teil des Solidaritätszuschlags zur Lohnsteuer September 1998 noch nicht getilgt. Ab September 1999 bzw. Oktober 1999 hat die M-KG ihre laufenden Steuerverbindlichkeiten bis einschließlich Lohnsteuer Dezember 1999, die am 27. Januar 2000 gezahlt wurde, in unregelmäßigen Raten beglichen. Gleichwohl beliefen sich die fälligen Steuerschulden (Lohnsteuer- und Kirchenlohnsteuerschulden sowie Rückstände bei den zugehörigen Solidaritäts- und Säumniszuschlägen) der M-KG zum 31. Dezember 1999 auf 1.011.748 DM. Die Gesamtverbindlichkeiten der M-KG zum 31. Dezember 1999 betrugen 15.446.291 DM. In der Gewinn und Verlustrechnung für das Jahr 1999 war ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 1.414.174,56 DM ausgewiesen. Die angemeldete Lohnsteuer Januar 2000 wurde wiederum nicht abgeführt, obgleich die M-KG vom 1. Januar 2000 bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 25. Februar 2000 noch Zahlungen in Höhe von insgesamt 768.643 DM geleistet hat (Anlage K 7 im Verfahren 1 K 235/03).
Vollstreckungsmaßnahmen hat der Antragsgegner keine durchgeführt. Zwischen der M-KG und dem Antragsgegner ist - ausweislich der vorgelegten Vollstreckungsakte - vielmehr ein Stillhalteabkommen getroffen worden, nachdem der Antragsteller im September 1999 mit der Kreissparkasse C. in Verhandlungen über einen weiteren Kredit zur Fortführung der M-KG getreten ist und dem Antragsgegner die Zahlung einer größeren Summe hieraus in Aussicht gestellt wurde. Seither hat die M-KG den Antragsgegner über ihre wirtschaftliche Situation informiert. Der Antragsteller hat das Finanzamt über die Verhandlungen mit der Sparkasse in Kenntnis gesetzt (Blatt 55ff. der Vollstreckungsakte). Dem Antragsgegner war auch bekannt, dass die M-KG zumindest seit dem 22. November 1999 ihre Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlen konnte (Blatt 67, 86, 88 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. November 1999 hat der Antragsgegner der M-KG mitgeteilt, dass geprüft werde, ob ein Insolvenzantrag zu stellen sei (Blatt 66 der Vollstreckungsakte). Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 ist der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner hingewiesen worden (Blatt 8 der Haftungsakte). Schließlich wurde über das Vermögen der M-KG am 1. April 2000 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Im Insolvenzverfahren konnte der Antragsgegner keine Befriedigung erlangen. Mittlerweile ist Masseunzulänglichkeit erklärt. Daher nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit Haftungsbescheid - zunächst vom 3. März 2003 - für die noch offenen Lohnsteuer-, Kirchenlohnsteuer- und Solidaritätszuschlagsbeträge sowie die bis zum 24. Februar 2000 verwirkten Säumniszuschläge als Haftungsschuldner nach § 69 AO i.V.m. § 34 AO in Anspruch. Die Haftungssumme belief sich dabei auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 253.111,49 DM, wobei wegen der Einzelheiten auf die dem Haftungsbescheid beigefügte Anlage (Blatt 21 der Haftungsakte) verwiesen wird.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2000 Einspruch ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 28. März 2000 ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. April 2003 wurde der Haftungsbetrag um ca. 3.150 DM herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen zurückgewiesen. Am 16. Mai 2003 hat der Antragsteller Klage erhoben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 1 K 234/00 geführt.
Der angefochtene Haftungsbescheid sei rechtswidrig. Für nach dem 25. November 1999 fällig gewordene Lohnsteuer nebst Nebenforderungen in Höhe von 20.827,42 Euro (Einzelaufstellung Blatt 34 der Akte) hafte der Antragsteller nicht. Die Zahlung dieser Steuerschulden sei nach §§ 143 i.V.m. 129, 131 InsO im Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen, da der Antragsgegner seit dem 25. November 1999 um die Zahlungsunfähigkeit der M-KG, insbesondere die hohen Umsatz- und Lohnsteuerrückstände gewusst habe. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 sei der Antragsteller vom Antragsgegner auf eine anteilige Haftung für die Umsatzsteuer hingewiesen worden. Nach dem 20. September 1999 seien Zahlungen nur zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt. Deshalb hätte der Antragsgegner nach dem 24. November 1999 erhaltene Beträge wieder an die Masse ausbezahlen müssen. Darüber hinaus verweist der Antragsteller auf seine Ausführungen im Klageverfahren 1 K 234/03 und die dort erfolgten Beweisantritte. Aber auch für den restlichen Betrag an Lohnsteuer habe er nicht einzustehen. Der Antragsgegner habe mit der Kreissparkasse C. abgesprochen, dass die Bank mit ihren Forderungen gegenüber dem Antragsgegner vorgehe. Deshalb sei die Zahlung der Lohnsteuer nicht von der Sparkasse angewiesen worden, obwohl die M-KG die Steuerschuld begleichen wollte. Der Antragsgegner habe dies, ebenso wie die ungekürzte Auszahlung der Löhne akzeptiert. Er habe lediglich auf der Abgabe der Lohnsteuernmeldungen bestanden. Im Übrigen habe der Antragsgegner einen Sanierungsvergleich/Erlass in Aussicht gestellt, sofern die Kreissparkasse ebenfalls auf Forderungen verzichte. Diese sei zu Zinszugeständnissen bereit gewesen. Deshalb habe der Antragsgegner von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen. Dies könne durch die Zeugen W., N., K. und D. belegt werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids wegen Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlägen - zuletzt - vom 24. April 2003 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
10 
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
11 
Der Antragsteller werde zu Recht in Anspruch genommen. Er habe schuldhaft einen steuerlichen Haftungstatbestand verwirklicht, da er die angemeldete Lohnsteuer nicht rechtzeitig entrichtet habe. Die §§ 129 ff. InsO stünden einer Inanspruchnahme des Antragstellers nicht entgegen. Die M-KG sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im Anfechtungszeitraum entstanden Steuerschulden nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit bestimme sich nur insoweit nach den fälligen Verbindlichkeiten, als diese auch ernsthaft eingefordert werden. Ein solches Verhalten der anderen Gläubiger sei jedoch nach Lage der Akten nicht ersichtlich. Vielmehr habe lediglich eine Zahlungsstockung vorgelegen, da die M-KG im Anfechtungszeitraum noch eine Vielzahl von Zahlungen geleistet habe. Der Antragsteller habe auch für den restlichen Haftungsbetrag von 106.978,54 Euro einzustehen. Die behauptete Absprache zwischen der Kreissparkasse C. und dem Antragsgegner über eine bevorzugte Befriedigung der Bank sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei die Kreissparkasse bereit gewesen einen weiteren Kredit zur Tilgung der Steuerschulden zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung für weitere Verhandlungen habe der Antragsgegner - neben Zinszugeständnissen des Kreditinstituts - stets die pünktliche Bezahlung der laufenden Steuern gefordert. Ein Mitverschulden des Antragsgegners am Steuerausfall liege daher nicht vor.
12 
Der vorstehende Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Beklagten vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) sowie der beigezogenen Akte in dem Verfahren 1 K 235/00 entnommen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II.
13 
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist lediglich in Höhe von 20.827,42 Euro begründet.
14 
Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 5. November 1998 - VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Die summarische Prüfung der Frage, ob ernstliche Zweifel in diesem Sinne gegeben sind, erfolgt grundsätzlich nach Lage der Akten (BFH vom 12. November 1992 - XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO in Verbindung mit § 294 Zivilprozessordnung - ZPO - ausgeschlossen (BFH vom 30. Januar 1991 - IX B 208/89, BFH/NV 1992, 464 mit weitern Nachweisen). Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH vom 6. Oktober 1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Außerdem muss, wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt, diese Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (BFH vom 2. April 1997 - V B 156/96, BFH/NV 1997, 629 (631)).
15 
1. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids, als der Antragsteller danach (Anlage zum Haftungsbescheid, Blatt 21 der Haftungsakte) für Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 35.979, 42 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 359 DM, Säumniszuschläge für den Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 16 DM, Kirchenlohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 2.312,56 DM, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer Januar 2000 (fällig am 16. Februar 2000) in Höhe von 1.714,91 DM nebst Säumniszuschläge in Höhe von 17 DM und Säumniszuschläge für Lohnsteuer Dezember 1999 (fällig am 13. Januar 2000) in Höhe von 336 DM haftet, weil die Fälligkeit dieser Steuerbeträge (insgesamt in Höhe von 40.734,89 DM (20.827,42 Euro)) innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit nach dem 25. November 1999 eingetreten ist.
16 
a) Der Antragsteller handelte zwar als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach §§ 34 Abs. 1 AO, 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) objektiv pflichtwidrig. Er hat, entgegen der Verpflichtung in §§ 38 Abs. 3, 41 a Abs. 1 EStG, die angemeldete Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie den Solidaritätszuschlag hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge nicht an den Antragsgegner zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt.
17 
b) Diese Pflichtverletzung war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH vom 17. November 1992 - VII R 13/92, BStBl II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Klägers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Lohn- und Kirchenlohnsteuer Januar 2000 sowie des Solidaritätszuschlags hierzu und die nach dem 25. November fällig gestellten Säumniszuschläge in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.
18 
c) Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.
19 
aa) Die Zahlungsunfähigkeit der M-KG war jedenfalls Ende Dezember 1999 gegeben.
20 
Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bisherigen Merkmale "ernsthaftes Einfordern der Verbindlichkeiten", "Dauer" und "Wesentlichkeit" sind für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr bestimmend. Nach der neuen Insolvenzordnung ist lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen. Damit wird der Tendenz begegnet, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit einzuengen und eine - wie im Streitfall - über Wochen und Monate bestehende Illiquidität als rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung zu qualifizieren (vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, amtliche Begründung zu § 17, Seite 90).
21 
Zumindest Ende Dezember 1999 bestanden gegenüber einer Reihe von weiteren Gläubigern (Lieferanten, Sozialversicherungsträgern) fällige Verbindlichkeiten, die von der M-KG nicht mehr bedient wurden (Blatt 45, 67, 83 der Vollstreckungsakte). Auch der Antragsgegner wurde nur in unregelmäßigen Raten bedient. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände ist durch die freiwilligen Zahlungen der laufenden Steuerverbindlichkeiten ab September 1999 und weiterer Zahlungen im Januar und Februar 2000 nicht behoben worden. Sie hätte nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; BGH vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; BGH vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.
22 
bb) Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Lohnsteuer Januar 2000 sowie der Annexsteuern und der seit dem 25. November 1999 fälligen steuerlichen Nebenleistungen - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.
23 
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte (Nerlich, in: Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 130 Rdnr. 61). Damit wirkt die Abführung von Lohnsteuer an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 ).
24 
Der Arbeitgeber hat die angemeldete Lohnsteuer für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums - in der Regel der Kalendermonat - an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat (vgl. auch BFH vom 21. Dezember 1998 - VI B 175/98, BFH/NV 1999, 745). Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolgt jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. Vor der vom Arbeitgeber an das Finanzamt zu erbringenden Zahlung ist keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers, die in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht gewährt, an diesen Lohnanteilen begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) dient allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirkt zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen (vgl. dazu BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.), hat der Antragsgegner nicht vorgetragen.
25 
Die angefochtene Zahlung hat daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert (vgl. BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
26 
Der vom Bundesfinanzhof (BFH vom 21. Dezember 1998 - VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745 (746f.)) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat daher nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof hatte dort eine Gläubigerbenachteiligung auch mit der Erwägung verneint, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei ist nicht beachtet worden, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte gelten. Der Schuldner hat mit dem Beklagten weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der - hier nicht maßgeblichen - Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird (BGH vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, juris Nr. KORE307952004 m.w.Nachw.).
27 
d) Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.
28 
Der Inanspruchnahme des Antragstellers steht nach Aktenlage ein etwaiges Mitverschulden des Finanzamtes nicht entgegen. Mitwirkendes Verschulden des Finanzamtes am Entstehen eines Steuerausfalls kann die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ermessensfehlerhaft machen, sofern dessen eigenes Verschulden gering ist (u.a. BFH vom 11. Mai 2000-VII B 217/99, BFH/NV 2000, 1442). Der BFH hat allerdings ein Mitverschulden des Finanzamts in ständiger Rechtsprechung dann verneint, wenn das Finanzamt, wie hier nach den Angaben des Antragstellers geschehen, lediglich über einen längeren Zeitraum hin von seinen Befugnissen zur Beitreibung ausstehender Steuern keinen Gebrauch macht (BFH vom 28. August 1990 - VII S 9/90, BFH/NV 1991, 290; FG Brandenburg vom 20. Februar 2002 - 6 K 1177/00, EFG 2002, 656). Im Übrigen scheidet ein Mitverschulden des Antragsgegners schon deshalb aus, weil das Stillhalteabkommen, also die mehr oder minder deutlich ausgesprochene Zurückstellung einer Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Chance, über das Sanierungskonzept der M-KG die Mittel zu erlangen, die zur Bezahlung der Steuern erforderlich waren, auf Drängen des Antragstellers zustande gekommen ist. Die Behauptung, die Kreissparkasse C. habe den in Aussicht gestellten Kredit nicht angewiesen, vermag den Antragsteller ebenfalls nicht zu entschuldigen und lässt seine Inanspruchnahme Haftungsschuldner nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen. Eine feste Zusage, die von dem Kreditinstitut nicht eingehalten worden ist, hat der Antragsteller damit nicht behauptet. Die Vergabe des Kredits war vielmehr von einer (positiven) Fortführungsprognose abhängig. Hierfür war der M-KG von der Sparkasse bis zum 31. März 2000 Zeit gegeben worden. Erst danach sollte über die Kreditvergabe verbindlich entschieden werden.
29 
e) Von einer Heranziehung der Arbeitnehmer hat der Antragsgegner mangels Pflichtverletzung zu Recht abgesehen.
30 
2. Die Beschwerde ist gemäß §§ 128, 115 FGO zuzulassen. Sie ist für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich.
31 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheids.

Der Antragsteller ist seit März 1999 alleiniger Geschäftsführer der R-GmbH mit Sitz in D , an der er auch als Gesellschafter beteiligt ist. Aufgrund des Antrags vom 25. März 2004 hat das Amtsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 1. August 2004 59 IN 100/04 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Wegen der Umsatzsteuerschulden der GmbH, die auf das Jahr 2002 und die Voranmeldungszeiträume März bis November 2003 sowie das Jahr 2004 entfielen, nahm der Antragsgegner den Antragsteller mit dem Haftungsbescheid vom 4. Mai 2004 in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx EUR in Anspruch. Hiergegen legte der Antragsteller am 12. Mai 2004 Einspruch ein. In seiner Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 setzte der Antragsgegner die Haftungssumme auf xx.xxx,xx EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Am 9. November 2004 hat der Antragsteller hiergegen Klage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 2 K 384/04 geführt wird.

Gleichzeitig mit seinem Einspruch hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids beantragt. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 9. Juni 2004 ab, nachdem der Antragsteller seinen Einspruch bis dahin nicht begründet hatte.

Am 9. November 2004 stellte der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Antrag.

Zu dessen Begründung führt er im Wesentlichen aus, er hafte nicht für die Steuerschulden der GmbH, da er den Antragsgegner nicht im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Gesellschaft benachteiligt habe. Es hätten gar keine liquiden Mittel zur Befriedigung irgendwelcher Forderungen zur Verfügung gestanden, da der Antragsgegner selbst sämtliche eingehenden Beträge durch Forderungspfändungen eingezogen habe. Hinzu komme die verzweifelte Lage des Antragstellers, nachdem sein Vater im November 2003 seine - des Antragstellers - Ehefrau erschossen und damit auch das kurz vor der Geburt stehende Kind umgebracht habe. Daher sei es ihm noch nicht möglich gewesen, genauere Angaben zur Ermittlung der Haftungsquote zu machen.

Er beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Mai 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2004 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags auf seine Einspruchsentscheidung, in der er ausgeführt hatte, dass die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 69 AO vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.

Gründe

II. 1. Der nach § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als die Haftungssumme auch die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR umfasst.

Die Aussetzung der Vollziehung soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides dann, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken. Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, das heißt, der Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (BFH Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Nach Auffassung des erkennenden Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ergangenen Haftungsbescheides, soweit sich die Haftung auch auf die Umsatzsteuer für Oktober 2003, November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR erstreckt.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass der Antragsgegner den Antragsteller grundsätzlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Denn die Voraussetzungen des § 69 AO dürften dem Grunde nach erfüllt sein. Danach haften die in § 34 AO genannten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

1.1 Der Antragsteller war im Haftungszeitraum (26. Mai 2003 bis 16. Februar 2004) Geschäftsführer der GmbH und hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG) deren steuerliche Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) nach 34 Abs. 1 AO zu erfüllen.

1.2 Diese Pflichten hat der Antragsteller jedoch nicht erfüllt, indem er die fälligen Umsatzsteuern und die daraus entstandenen Nebenabgaben nicht an den Antragsgegner gezahlt hat.

1.3 Der Antragsteller dürfte diese Pflichtverletzung auch mindestens grob fahrlässig begangen haben, jedenfalls soweit die Umsatzsteuern für das Jahr 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume März bis August 2003 (letztere fällig am 26. September 2003) betroffen sind.

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785; Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941). Dies ist der Fall, wenn der Haftungsschuldner die Steuerschulden mit den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln tilgt. Reichen die Mittel hierfür nicht aus und es bestehen Zahlungsschwierigkeiten, müssen die vorhandenen Mittel gleichmäßig zur Befriedigung der privaten Gläubiger und des Fiskus eingesetzt werden (vgl. zum Beispiel BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 I R 205/80, BStBl. II 1985, 702; vgl. auch Blesinger in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl., § 69 AO, Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Während der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargestellt hat, dass dem Antragsteller ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden haben dürften, hat der Antragsteller keine gegenteiligen Tatsachen im Sinne von § 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO geltend gemacht.

Der Senat kann jedoch aufgrund der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht ausschließen, dass der Antragsteller die Pflicht zur Zahlung der am 10. Dezember 2003 fällig gewordenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2003 weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Antragsteller seine Frau und sein kurz vor der Geburt stehendes Kind im November 2003 durch einen Mord, den sein Vater begangen hat, verloren hat. Die regionale Presse hat über diese Tat berichtet. Wollte man von einem Haftungsschuldner erwarten, dass er in einer solchen Ausnahmesituation für die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten sorgt, dürfte dies eine Überspannung der Pflichten bedeuten.

1.4 Die Pflichtverletzung des Antragstellers, soweit sie die Umsatzsteuern für November 2003, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2004 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2003 betrifft, war für den Steuerausfall jedoch nicht kausal. Die Kausalität richtet sich wie bei den zivilrechtlichen Ansprüchen nach der so genannten Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Die Möglichkeit, dass infolge der Pflichtverletzung Steueransprüche nicht erfüllt werden, darf nicht so fern liegen, dass sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Bei einem Unterlassen muss die unterbliebene Handlung hinzugedacht werden können mit dem Ergebnis, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre, wobei die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts nicht genügt (BFH, Urteil vom 17. November 1992 VII R 13/92, BStBl. II 1993, 471). Entsprechend diesen Kausalitätserwägungen war die Pflichtverletzung des Antragstellers nicht adäquat kausal für den Steuerausfall, weil auch die fristgerechte Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer für November 2003 und der danach fällig gewordenen Umsatzsteuer und Verspätungszuschläge hierzu in diesem Zeitraum durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen und damit der Steuerausfall auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners eingetreten wäre.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, anfechtbar.

Ob die GmbH in den letzten Monaten bevor der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt wurde, zahlungsunfähig war, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht jedoch, dass der Antragsgegner die haftungsweise geltend gemachten Steuerrückstände zwangsweise durchzusetzen versucht hat, ohne erfolgreich zu sein. Außerdem wusste der Antragsgegner, dass jedenfalls im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung bei der GmbH ein Liquiditätsengpass bestanden haben dürfte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Januar 2004 gegeben gewesen sein kann.

Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist nach der neuen Insolvenzordnung lediglich auf die fälligen Zahlungsverpflichtungen abzustellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris, mit weiteren Nachweisen).

Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass in dieser Zeit bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hat, hätte diese nur aufgehoben werden können, wenn die Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wiederaufgenommen worden wären (BGH, Urteile vom 10. Juli 2003 IX ZR 89/02, DB 2003, 2383; vom 20. November 2001 IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178; vom 25. Oktober 2001 IX ZR 17/01, BGHZ 149,100). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die freiwillige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuern für November 2003 sowie die danach fälligen Beträge - eine anfechtbare Rechtshandlung, die den Antragsgegner befriedigt hätte - wäre innerhalb der anfechtungsrechtlich erheblichen Dreimonatfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt und hätte eine mittelbare Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger bewirkt.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätte. Damit wirkt die Zahlung von Steuern an die Finanzbehörde in der Insolvenz des Steuerpflichtigen regelmäßig gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, der dies sogar für die Lohnsteuer in der Insolvenz des Arbeitgebers annimmt). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg an, der zwar die bisherige Rechtsprechung des BFH entgegensteht (vgl. insbesondere BFH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745), die aber konsequent die Neuregelungen der InsO befolgt. Denn danach sind die Fisci keine privilegierten Gläubiger mehr (vgl. insoweit noch § 61 Nr. 2 KO), sondern Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO wie alle anderen privaten und öffentlich-rechtlichen Gläubiger auch.

Daher war dem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

3. Im Streitfall ist es erforderlich, die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Beschwerde ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30. August 2004 1 V 49/03, juris) an. Denn soweit ersichtlich hatte der BFH bislang noch keine Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, ob ein Haftungsschuldner auch dann haftet, wenn eine nach den steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften der §§ 130 ff. InsO anfechtbare Handlung darstellt.