Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Sept. 2017 - 1 BvR 1510/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170928.1bvr151017
bei uns veröffentlicht am28.09.2017

Tenor

1. Der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Juni 2017 - L 18 AL 78/17 B ER - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

3. In diesem Umfang erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung der Rechtsanwältin Anja Lederer; im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen landessozialgerichtlichen Beschluss im Eilverfahren, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers, ihm Berufsausbildungsbeihilfe vorläufig zu gewähren, durch den Vorsitzenden des Senats allein - an Stelle des Senats in regulärer Besetzung für das Beschlussverfahren mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern - unter Aufhebung der stattgebenden erstinstanzlichen Entscheidung abgelehnt wurde.

I.

2

1. Der am … 1980 geborene Beschwerdeführer, afghanischer Staatsbürger, stellte am 24. August 2015 einen Asylantrag. Gegen den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist nach Angaben des Beschwerdeführers bei dem Verwaltungsgericht … eine Klage - VG 4 K 3022/16.A - anhängig. Er absolviert seit dem 10. Oktober 2016 - voraussichtlich bis zum 9. Oktober 2018 - eine betriebliche Ausbildung zum Fachlageristen und verfügt über eine bis zum 9. Oktober 2018 verlängerte Aufenthaltsgestattung.

3

Die dem Beschwerdeführer nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) bewilligten Leistungen wurden durch Bescheid vom 6. Dezember 2016 zum 1. Dezember 2016 gemäß § 2 AsylbLG in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) eingestellt, da die begonnene Ausbildung durch Berufsausbildungsbeihilfe gemäß § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sei. Ein besonderer Härtefall gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII liege nicht vor. Der gegen die Leistungseinstellung erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2017 zurückgewiesen.

4

2. Der bei der Bundesagentur für Arbeit gestellte Antrag auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe vom 9. Dezember 2016 wurde durch Bescheid vom 6. Januar 2017 abgelehnt, der hiergegen erhobene Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2017 zurückgewiesen. Die Leistungsvoraussetzungen lägen nicht vor, da der Beschwerdeführer nicht unmittelbar gemäß § 59 SGB III förderungsfähig und entgegen § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III sein dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten sei. Sein Herkunftsland Afghanistan habe eine Schutzquote von nicht über 50 Prozent, so dass von einer guten Bleibeperspektive nicht auszugehen sei.

5

3. Der Beschwerdeführer stellte bei dem Sozialgericht … am 15. März 2017 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung vorläufiger Leistungen - S 6 AL 63/17 ER - und erhob entsprechende Klage in der Hauptsache - S 6 AL 65/17 -. Er machte geltend, einen Anspruch auf Förderung gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III zu haben.

6

Das Sozialgericht … verpflichtete die Antragsgegnerin durch Beschluss vom 3. Mai 2017, dem Beschwerdeführer ab dem 15. März 2017 bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Berufsausbildungsbeihilfe für die Ausbildung zum Fachlageristen unter Anrechnung der gewährten Ausbildungsvergütung dem Grunde nach zu gewähren. Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus §§ 56, 132 SGB III. Insbesondere sei auch zukünftig ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten (§ 60a Abs. 2 Satz 4 und § 18a Abs. 1a Aufenthaltsgesetz - AufenthG).

7

4. Auf die von der Antragsgegnerin am 17. Mai 2017 erhobene Beschwerde hob das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg durch den mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Beschluss vom 12. Juni 2017 - L 18 AL 78/17 B ER - den Beschluss des Sozialgerichts … auf und lehnte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Die Entscheidung wurde durch den Vorsitzenden des Senats "in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)" allein getroffen. Eine Begründung für die entsprechende Anwendung der Norm erfolgte nicht. Der Beschwerdeführer unterfalle nicht dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 59 SGB III, da er über keine Duldung verfüge. Ihm stehe auch kein Anspruch aus § 132 SGB III zu. Das Gericht schließe sich zur Auslegung des Kriteriums "Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts" dem Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2017 - L 14 AL 52/17 B ER -, juris, sowie dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2017 - 19 CE 16.2204 -, juris, zum insoweit wortgleichen § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG an und nehme auf diese Beschlüsse zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

II.

8

1. Mit seiner gegen den Beschluss des Landessozialgerichts erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

9

Er hält die Auslegung von § 132 SGB III durch das Landessozialgericht für willkürlich und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßend, da letztlich allein auf die Schutzquote abgestellt werde, ohne seine individuellen Aufenthaltsrechte (§ 60a Abs. 2 Sätze 4 und 3 AufenthG und § 18a Abs. 1a AufenthG) mit in den Blick zu nehmen. Das Landessozialgericht habe die Rechtslage im Einzelfall nicht eigenständig geprüft und pauschal auf die Rechtsprechung zu § 44 Abs. 4 AufenthG Bezug genommen.

10

Der Beschluss verstoße gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, da der Vorsitzende des Senats allein entschieden habe, ohne dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG vorgelegen hätten. Hierbei handele es sich nicht nur um eine mehr oder weniger irrtümliche Überschreitung der durch das Sozialgerichtsgesetz gezogenen Grenzen, sondern vielmehr um eine willkürliche und offensichtlich unhaltbare Auslegung. Selbst wenn eine Anwendung der Norm auch im Verfahren der Beschwerde möglich sein sollte, sei jedenfalls ein dringender Fall im Sinne von § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG nicht gegeben. Das Landessozialgericht habe nicht dargelegt, dass ein Abwarten auf eine Entscheidung durch den Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern unzumutbar ist. Dabei hätte es auch in den Blick nehmen müssen, dass dem Beschwerdeführer auf Grundlage des Beschlusses des Sozialgerichts einstweilen Leistungen zustanden und daher allenfalls das Interesse der Antragsgegnerin die besondere Dringlichkeit hätte begründen können. Dies könne im Ergebnis jedoch nicht der Fall sein, da das Interesse, Leistungen nicht zurückfordern zu müssen, im Rahmen folgenabwägender Entscheidungen auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig in den Hintergrund trete und daher auch vorliegend nicht den Ausschlag für die Befugnis zur alleinigen Entscheidung durch den Vorsitzenden geben dürfe. Schließlich komme der Auslegung von § 132 SGB III grundsätzliche Bedeutung zu, so dass die Entscheidung durch den Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern zu treffen gewesen wäre.

11

Der Beschwerdeführer beantragt ferner, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu bewilligen.

12

2. Der Beschwerdeführer hatte zunächst mit der Verfassungsbeschwerde auch beantragt, den Beschluss des Landessozialgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung aufzuheben. Die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers hat, nachdem dem Beschwerdeführer vorläufig Berufsausbildungsbeihilfe vom 1. Juli 2017 bis zum 9. Oktober 2018 bewilligt worden war, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für erledigt erklärt und eine Entscheidung über die Erstattung der Auslagen für das Verfahren der einstweiligen Anordnung beantragt.

III.

13

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden; die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der Beschluss des Landessozialgerichts vom 12. Juni 2017 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Auf die Verletzung der ferner gerügten Grundrechte kommt es daher nicht mehr an.

14

1. Das Bundesverfassungsgericht hat zum Schutzgehalt von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ausgeführt (BVerfGE 138, 64<86 f. Rn. 67 und 69>):

"Das Verfassungsgebot des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, gibt nicht nur den einzelnen Rechtsuchenden ein subjektives Recht, sondern enthält auch objektives Verfassungsrecht; der Grundsatz dient der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit im gerichtlichen Verfahren schlechthin (vgl. BVerfGE 40, 356 <360 f.>). Es müssen daher von Verfassungs wegen allgemeine Regelungen darüber bestehen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalles berufen sind. Erforderlich ist ein Bestand von Rechtssätzen, die für jeden Streitfall den Richter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist (vgl. BVerfGE 95, 322 <328> m.w.N.). An diese Regelungen sind die Gerichte durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden (vgl. BVerfGE 95, 322 <327>). Sie dürfen sich nicht über sie hinwegsetzen, sondern haben von sich aus über deren Einhaltung zu wachen (vgl. BVerfGE 29, 45 <48>; 40, 356 <361>). (…)

In seiner weiteren Funktion als subjektives Recht gibt Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG den Rechtsuchenden einen Anspruch darauf, dass der Rechtsstreit von ihrem gesetzlichen Richter entschieden wird (vgl. BVerfGE 17, 294 <299>; 26, 281 <291>). Sie können daher die Beachtung der gesetzlichen wie der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsordnung fordern und deren Missachtung als Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts im Wege der Verfassungsbeschwerde rügen."

15

Ein Verstoß im Einzelfall kann sich etwa aus der Entscheidung durch den Einzelrichter an Stelle der Kammer ergeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2003 - II ZB 27/02 -, juris, und vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 -, juris). Auch darf bei einer Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung regelmäßig nicht der Vorsitzende oder Berichterstatter allein entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2007 - B 9/9a SB 3/06 R -, juris).

16

Allerdings stellt sich nicht schon jede irrtümliche Überschreitung der den Fachgerichten gezogenen Grenzen als Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 87, 282 <284 f.> m.w.N.; 138, 64 <87 f. Rn. 71>). BVerfGE 138, 64 <87 Rn. 71>:

"Durch einen schlichten error in procedendo wird niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen (vgl. BVerfGE 3, 359 <365>). Eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters kommt aber in Betracht, wenn das Fachgericht Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; 131, 268 <312>) oder wenn die maßgeblichen Verfahrensnormen in objektiv willkürlicher Weise fehlerhaft angewandt wurden (vgl. BVerfGE 42, 237 <241>; 76, 93 <96>; 79, 292 <301>)."

17

2. Der Beschwerdeführer wurde durch den Beschluss des Landessozialgerichts seinem gesetzlichen Richter entzogen, da das Vorliegen einer Dringlichkeit, die entgegen der regulären Besetzung des Senats für das Beschlussverfahren mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern (§§ 33 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 2, 176 SGG) eine Entscheidung allein durch den Vorsitzenden gemäß § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG zulässt, weder offenkundig ist noch in dem angefochtenen Beschluss dargelegt wird.

18

Bei dem Landessozialgericht sind die Beschwerde am 17. Mai 2017, die Akten vom Sozialgericht … am 24. Mai 2017 und die Antragserwiderung des Beschwerdeführers am 29. Mai 2017 eingegangen. Der angefochtene Beschluss ist am Tag des Ablaufs der vom Vorsitzenden am 29. Mai 2017 verfügten Wiedervorlagefrist gefasst worden. Es ist kein Grund ersichtlich, dass in diesem Zeitraum die weiteren Senatsmitglieder oder deren Vertreter nicht beteiligt werden konnten. Jedenfalls ab Eingang der Antragserwiderung bestand Gelegenheit zur Vorbefassung im Senat. Sollte tatsächlich ein atypischer Fall der Verhinderung vorgelegen haben, hätte es einer entsprechenden Begründung bedurft.

19

Die gewählte Entscheidungsweise stellt sich als qualifizierter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Zum einen ist § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG eine Ausnahmevorschrift, die wegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG eine sorgsame, einzelfallbezogene und zurückhaltende Anwendung erforderlich macht. Zum anderen hat das Landessozialgericht durch den in das Rubrum aufgenommenen Zusatz "in entsprechender Anwendung" zu erkennen gegeben, dass es die Anwendung der Norm im Einzelfall geprüft und bejaht hat. Es ist daher ausgeschlossen, dass das Dringlichkeitserfordernis als zwingende Voraussetzung für die alleinige Zuständigkeit des Vorsitzenden übersehen worden ist.

20

Gegen eine Dringlichkeit, die eine Entscheidung unter Abweichung von der regulären Besetzung des Senats erlauben würde, spricht ferner, dass es dem Vorsitzenden möglich gewesen wäre, auf den entsprechend gestellten Antrag der Antragsgegnerin hin die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts durch einstweilige Anordnung gemäß § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG auszusetzen. Dies stand ihm ohne Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder zu, hätte einer eventuellen Dringlichkeit abgeholfen und die Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern offen gehalten, zumal auch die ungeklärte sozialrechtliche Rechtslage gegen eine Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden sprach und mit der angenommenen Dringlichkeit zumindest abzuwägen war, denn eine gefestigte sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung von § 132 SGB III bestand noch nicht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Mai 2017 - L 14 AL 52/17 B ER -, juris, Rn. 25).

21

3. Der angefochtene Beschluss beruht auf dem Verfassungsverstoß, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgefallen wäre.

22

4. Das Landessozialgericht wird sich bei seiner erneuten Entscheidung mit dem Vortrag des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen haben, sein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt sei gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 und § 18a Abs. 1a AufenthG zu erwarten. Sollte es sich dabei auf die Begründung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2017 - 19 CE 16.2204 -, juris, zur Frage der Teilnahme an Integrationskursen (§ 44 AufenthG) stützen wollen, wird es zu prüfen haben, ob diese Begründung auf die Gewährung existenzmitsichernder Berufsausbildungsbeihilfe übertragbar ist.

IV.

23

1. Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist infolge der Erledigungserklärung des Beschwerdeführers nicht mehr zu entscheiden (vgl. für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde: BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Februar 2017 - 1 BvR 309/11 -, juris, unter Bezugnahme auf BVerfGE 85, 109 <113>).

24

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung für das Verfassungsbeschwerdeverfahren ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Ein weitergehender Auslagenerstattungsanspruch für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht nicht (§ 34a Abs. 3 BVerfGG). Denn der Beschwerdeführer hat einstweilen die Aufhebung des Beschlusses des Landessozialgerichts begehrt. Ein Bestehen von Anordnungsanspruch und -grund, das die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte, ist jedoch nicht in einer den § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise dargelegt worden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, aus Gründen der Existenzsicherung auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen zu sein, genügt insoweit nicht. Es erschließt sich ferner nicht, wieso die vorläufige Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe an Stelle der endgültigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nicht ausreicht. Insoweit ist überdies nicht dargelegt worden, in welcher Höhe der Beschwerdeführer Berufsausbildungsbeihilfe begehrt und wie sich dieser Anspruch berechnet. Ausführungen dazu waren aber erforderlich, da das ihm zufließende Ausbildungsentgelt auf die begehrte Berufsausbildungsbeihilfe anzurechnen ist und das (finanzielle) Interesse an einer einstweiligen Anordnung darzulegen war.

25

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Bevollmächtigten erledigt sich für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wegen der angeordneten Auslagenerstattung (vgl. BVerfGE 105, 239 <252> m.w.N.). Der weitergehende Antrag ist abzulehnen, da Erfolgsaussichten mangels einer den Begründungserfordernissen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Darlegung von Anordnungsanspruch und -grund nicht bestanden (siehe oben).

26

4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

27

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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1.
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2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf Auszubildende,

1.
die auf Grund von § 2 Abs. 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder auf Grund von § 60 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben,
2.
deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 62 Absatz 1 des Dritten Buches bemisst oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung, wenn

1.
die Berufsausbildung förderungsfähig ist,
2.
sie zum förderungsberechtigten Personenkreis gehören und
3.
ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.

(2) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 51. Teilnehmende an einer Vorphase nach § 74 Absatz 1 Satz 2 haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe wie Auszubildende in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen, sind in den Fällen der Sätze 1 und 2 nicht zum Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe berechtigt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Abänderung der Nr. 5 des Beschlusses vom 4. Oktober 2016 für beide Rechtszüge auf 1.350 EUR festgesetzt.

IV.

Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt MacLean, Berlin, gewährt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan, betreibt seit dem 29. Februar 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Asylverfahren.

Mit Formblattantrag vom 29. Februar 2016 beantragte die Antragstellerin gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beim Bundesamt die Zulassung zu einem Integrationskurs. Mit Bescheid vom 18. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag mit der Begründung ab, die Antragstellerin komme nicht aus einem Herkunftsland mit einer hohen Schutzquote (dies seien nur Syrien, Eritrea, Iran und Irak).

Den Widerspruch wies das Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2016 zurück; nur Asylbewerber aus Syrien, Eritrea, dem Iran und Irak kämen aus Ländern mit einer hohen Anerkennungsquote.

Durch Klage gegen den Bescheid verfolgte die Antragstellerin ihr Ziel einer Zulassung zu einem Integrationskurs weiter. Zusätzlich beantragte sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem gleichen Ziel.

Mit Beschluss vom 2. September 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den vorläufigen Rechtsschutzantrag und die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab; die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache sei nicht zulässig. Der Beschluss trägt zwei Unterschriften und einen Verhinderungsvermerk (§ 117 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Mit Schriftsatz vom 26. September 2016 erhob die Antragstellerin Beschwerde (19 CE 17.105), machte die Unwirksamkeit des Beschlusses geltend und hielt (unter Auseinandersetzung mit den Gründen des Beschlusses vom 2. September 2016) am einstweiligen Rechtsschutzbegehren fest.

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2016 stellte das Verwaltungsgericht die Unwirksamkeit der Entscheidung vom 2. September 2016 fest (Nr. 1) und lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Nr. 2) sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (Nr. 4) ab.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2016 erhob die Antragstellerin gegen den Beschluss vom 4. Oktober 2016 Beschwerde (hinsichtlich der verwaltungsgerichtlichen Ablehnung einer Gewährung von Prozesskostenhilfe vgl. den Senatsbeschluss vom selben Tag im Verfahren 19 C 16.2230), und beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Zur Begründung bezog sie sich auf das Beschwerdevorbringen vom 26. September 2016. Die Antragstellerin macht geltend, der Zugang zu Integrationskursen sei nicht auf Asylsuchende aus vier Herkunftsstaaten beschränkt. Ihr Schutzbegehren habe gute Erfolgsaussichten, denn sie komme aus Afghanistan und gehöre zur Minderheit der Hazara, die von der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit diskriminiert und von den Taliban verfolgt werde. Wegen einer heimlichen Heirat habe es Probleme mit der Familie ihres „Brautkäufers“ gegeben.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung der Nr. 2 der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 4. Oktober 2016 die Antragsgegnerin zur Zulassung der Antragstellerin zu einem Integrationskurs zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stünde der Umstand, dass eine Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wohl zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde, einer Antragsstattgabe nicht entgegen, weil vorliegend dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Art. 19 Abs. 4 GG), sonst nicht genügt werden könnte.

Die Regelung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG ist - weil sie eine Aufenthaltsgestattung voraussetzt - nur während des Asylverfahrens anwendbar. Auch wenn Asylverfahren derzeit eine erhebliche Zeitdauer beanspruchen können, ist äußerst fraglich, ob das Hauptsacheverfahren betreffend die Zulassung zum Integrationskurs vor dem Asylverfahren abgeschlossen wird (in Fällen, in denen das Bundesamt irgendeinem Teil des Asylbegehrens stattgibt, findet meist nicht einmal ein Asylklageverfahren statt), sich also nicht durch dessen Beendigung erledigen wird (mit der Folge einer vollziehbaren Ausreisepflicht oder eines Anspruchs nach § 44 Abs. 1 AufenthG). Nachdem Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht effektiv gewährt werden kann, verbleibt hierfür nur das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (im diesem Sinn auch BVerfG, B.v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005,927 ff., juris Rn. 18 ff. betreffend den Anspruch auf Grundsicherung sowie BVerwG, U.v. 18.4.2013 - 10 C 9/12 - BVerwGE 146,189/198, juris Rn. 22 betreffend einen Anspruch auf Familiennachzug, der wegen seines Bestehens während nur weniger Lebensjahre des Ausländers in aller Regel am Ende des Hauptsacheverfahrens nicht mehr besteht). Diese Konzentration auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren ist letztlich durch das Gesetz vorgegeben. Die Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG regelt die Integrationskurszulassung im Vorgriff auf die bestandskräftige Asylentscheidung, aus der sich dann endgültig ergibt, ob eine Integrationsförderung veranlasst ist. Im Rahmen dieser Bestimmung müssen daher Schwierigkeiten bewältigt werden, wie sie typischerweise mit einer vorläufigen, vor der endgültigen Klärung des Anspruchs zu treffenden Regelung verbunden sind.

1.2 Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Anordnungsanspruch nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht zu.

1.2.1 Nach § 44 Abs. 4 AufenthG in der bis zum 23. Oktober 2015 gültigen Fassung konnte ein Ausländer, der einen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs nicht oder nicht mehr besitzt, im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden (Satz 1) und fand diese Regelung entsprechende Anwendung auf bestimmte deutsche Staatsangehörige mit Integrationsbedarf (Satz 2). Durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) ist die Festlegung in Satz 2 (entsprechende Anwendung des Satzes 1) auf Ausländer erweitert worden, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist (Nr. 1; außerdem auf Ausländer, die eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 besitzen - Nr. 2, sowie auf Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 besitzen - Nr. 3). Gleichzeitig wurde Satz 3 angefügt, demzufolge bei einem Asylbewerber, der aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG stammt, vermutet wird, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist.

Die Neufassung deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber auf die Zulassung der von der Erweiterung des Satzes 2 erfassten Personengruppen einen gewissen Wert legt. Für diese Personengruppen ist die in Bezug genommene Vorschrift des Satzes 1 möglicherweise nicht mehr eine Ermessensvorschrift, sondern eine Sollvorschrift; auch eine Verpflichtung zur vorrangigen Berücksichtigung könnte gewollt sein. Um diesen Personengruppen eine ermessensabhängige Zulassung zu ermöglichen, hätte es nämlich der Erweiterung des Satzes 2 nicht bedurft. Die in den Nrn. 1, 2 und 3 des Satzes 2 erfassten Ausländer besitzen keinen Teilnahmeanspruch nach § 44 Abs. 1 AufenthG und fallen deshalb sämtlich schon unter § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wonach Ausländer ohne Teilnahmeanspruch zugelassen werden können. Satz 2 der Vorschrift ist somit hinsichtlich des erfassten Personenkreises die speziellere Regelung. Verbliebe es bei der wörtlichen Auslegung, wonach sich Satz 2 in der Rechtsfolge (Ermessenszulassung) nicht von Satz 1 unterscheidet, gingen der spezielle Beschleunigungsansatz des Gesetzgebers und seine Absicht ins Leere, Asylbewerber nicht zuzulassen, die einen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt nicht zu erwarten haben. Überdies werden durch § 5 Abs. 4 Satz 2 IntV (nunmehr in der Fassung der Änderungsverordnung zum Integrationsgesetz vom 31.7.2016, BGBl I S. 1950, mit Wirkung vom 6.8.2016) bestimmte Personengruppen hervorgehoben; diese Bestimmung fordert ausdrücklich eine vorrangige Berücksichtigung. Die hier genannten Personengruppen sind mit den von der Erweiterung des Satzes 2 des § 44 Abs. 4 AufenthG erfassten Personengruppen nicht vollständig identisch (beispielsweise sind in § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 IntV Unionsbürger und deren Familienangehörige genannt, die zwar in § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, nicht aber in § 44 Abs. 4 Satz 2 AufenthG Erwähnung finden; in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 2 und 3 AufenthG - nicht aber in § 5 IntV - werden Ausländer erwähnt, die eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 besitzen bzw. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG). Die Frage, in welchem Verhältnis diese beiden Hervorhebungen inkongruenter Personengruppen zueinander stehen, kann vorliegend jedoch ebenso offenbleiben wie die Frage, ob § 44 Abs. 4 Satz 2 AufenthG eine Sollvorschrift ist oder eine Bevorzugung vorschreibt. Ausländer, die - wie die Antragstellerin - eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen sich die Frage stellt, ob bei ihnen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, sind sowohl in der Gesetzesbestimmung als auch in der Verordnungsbestimmung - die das Bevorzugungsgebot deutlich zum Ausdruck bringt - aufgeführt (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG und § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 IntV). Die Antragsgegnerin hat ihre Ablehnungsentscheidung nicht auf Ermessenserwägungen oder auf Kapazitätserwägungen (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG: „… im Rahmen verfügbarer Kursplätze…“) gestützt. Sie geht vielmehr davon aus, die Antragstellerin habe als Asylbewerberin aus Afghanistan keinen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu erwarten, hält also diese Tatbestandsvoraussetzung für nicht erfüllt.

Die demnach entscheidungserhebliche Frage, ob bei der Antragstellerin „ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist“ (§ 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), ist von der Behörde und vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend beantwortet worden.

Für diese Formulierung finden sich in der Entwurfsbegründung (BT-Drs. 18/6185, Seiten 1 und 48) die Umschreibungen „gute Bleibeperspektive“, „Asylbewerber, die aus einem Land mit einer hohen Anerkennungsquote kommen“ und „Asylbewerber, bei denen eine belastbare Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag besteht“. Auf Seite 30 geht die Entwurfsbegründung davon aus, dass für die Entscheidung über den Zulassungsantrag eines Asylbewerbers eine Abfrage zum Status des Asylbewerbers aus dem Asylbereich des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge notwendig ist.

Daraus ergibt sich, dass die Frage, ob die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts begründet ist, grundsätzlich anhand der Gesamtschutzquote des Landes, aus dem der Asylbewerber kommt, zu beantworten ist, solange die Asylentscheidung des Bundesamtes noch nicht ergangen ist. Ein Verzicht von Bundesländern auf Abschiebungen (mit Schriftsatz vom 17.2.2017 weist die Antragstellerin auf entsprechende Länderbeschlüsse hin) ist kein Kriterium zur Beurteilung dieser Erwartung, denn ein solcher zeitlich unbestimmter Vollzugsverzicht unterliegt keiner rechtlichen Überprüfung und indiziert daher nicht die Rechtmäßigkeit des weiteren Aufenthalts.

Der Sachstand des Asylverfahrens vor Bescheidserlass ist keine geeignete Grundlage für die Beurteilung, ob die genannte Erwartung begründet ist. Gegen die Bildung einer Überzeugung betreffend die Erfolgsaussichten des Asylbegehrens spricht, dass regelmäßig unterschiedliche Spruchkörper für die Asylsache und für die ausländerrechtliche Entscheidung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG zuständig sind und deshalb für diese Überzeugungsbildung die Erfahrungen aus der asylrechtlichen Entscheidungspraxis nicht genutzt werden können. Überdies wäre in vielen Fällen eine diesbezügliche Überzeugung nicht kurzfristig zu gewinnen, so dass dem Ziel des Gesetzes nicht genügt würde, mit der Integration - soweit sinnvoll - möglichst frühzeitig zu beginnen. Auch dem Gesetz und der Entwurfsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass im Rahmen der Entscheidung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG eine an den Einzelfallumständen orientierte Überzeugung betreffend die Erfolgsaussichten des Asylbegehrens gebildet werden soll. Die Anwendung eines groben Kriteriums wie der Anerkennungsquote ist auch nicht unverhältnismäßig, weil die Regelung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nur während des Asylverfahrens Bedeutung hat und ein in dieser frühen Phase nicht zum Integrationskurs zugelassener, letztlich aber doch aufgenommener Asylbewerber den Zulassungsanspruch nach § 44 Abs. 1 AufenthG besitzt.

Hat das Bundesamt aber eine aufnehmende Entscheidung getroffen, ist die in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bezeichnete Erwartung mangels eines Klagebefugten (betreffend den aufnehmenden Ausspruch) begründet. Im Fall einer ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes in allen Punkten liegt (ebenfalls) eine Einzelfallwürdigung der zuständigen Behörde vor, die bei der Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG grundsätzlich nicht zu überprüfen ist. Von der genannten Erwartung kann in einem solchen Fall auch dann nicht ausgegangen werden, wenn sie generell wegen der Gesamtschutzquote des betreffenden Landes begründet sein sollte.

Die in der Entwurfsbegründung angesprochene Abfrage zum Status des Asylbewerbers hat somit den Zweck festzustellen, ob die Bundesamtsentscheidung bereits ergangen ist (als Vorgabe für die Frage der Erwartung) oder ob sie noch aussteht mit der Folge, dass es auf die Gesamtschutzquote ankommt. Ist im Asylverfahren bereits Bestandskraft eingetreten, hat dies entweder den Ausschluss eines Teilnahmeanspruchs oder sein Entstehen nach § 44 Abs. 1 AufenthG zur Folge und kommt es auf § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht mehr an.

Lediglich wenn das Ergebnis des Asylverfahrens (insgesamt negativ oder wenigstens zu einem Teil positiv) offensichtlich ist, etwa weil der Sachverhalt feststeht und keinerlei differenzierende Würdigung erforderlich ist, kann die Beurteilung, ob ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, anhand des konkreten, vom Bundesamt noch nicht entschiedenen Asylverfahrens vorgenommen werden. Dasselbe gilt, wenn substantiierte Zweifel an der vom Asylbewerber behaupteten Herkunft bestehen. In einem solchen Fall ist die Erwartung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bereits deshalb nicht begründet, weil die Anerkennungsquote eines bestimmten Landes nicht zu Grunde gelegt werden kann und auch sonst von einem wenigstens teilweise erfolgreichen Asylverfahren nicht ausgegangen werden kann.

1.2.2 Vorliegend ist eine Entscheidung im Asylverfahren noch nicht getroffen worden und dessen Ergebnis auch nicht offensichtlich. Nachdem die Überprüfung der Identitätsdokumente der Antragstellerin keine Anhaltspunkte für eine Fälschung ergeben hat und auch sonst keine substantiierten Zweifel an ihrer Herkunft aus Afghanistan bestehen, kommt es darauf an, ob aufgrund der Gesamtschutzquote für Afghanistan bei der Antragstellerin ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt im Sinne des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG zu erwarten ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Antragsgegnerin geht offensichtlich davon aus, dass bei einer Gesamtschutzquote von mehr als 50% die in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG genannte Erwartung begründet ist, diese Quote jedoch eine gewisse Stabilität aufweisen muss. Sie führt in ihrem Internetauftritt (http: …www.bamf.de/DE/Infothek/Fragen Antworten/IntegrationskurseAsylbewerber/integrationskurse-asylbewerber-node.html) aus, es werde halbjährlich festgelegt, welche Herkunftsländer das Kriterium Schutzquote (>/= 50) erfüllen, und hat das Zulassungsbegehren der Antragstellerin abgelehnt, die aus dem Land Afghanistan kommt, für das nach der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Gesamtschutzquote im Jahr 2016 einschließlich September noch 47,0% betragen hat und erst danach die 50%-Grenze überschritten hat (2016 einschließlich Oktober: 51,3%; 2016 einschließlich November: 55,5%, 2016 einschließlich Dezember: 55,8%). Im Januar 2017 hat die Gesamtschutzquote für Afghanistan wieder bei 45,2% gelegten.

Das Stabilitätskriterium des Beurteilungsmaßstabes der Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden, denn der Frage, ob die geforderte Gesamtschutzquote stabil erreicht ist, kommt hohes Gewicht zu. Die Gesamtschutzquote kann, wie die dargestellte Entwicklung dieser Quote für das Herkunftsland Afghanistan belegt, erheblichen Schwankungen unterworfen sein; dies kann auf Entwicklungen im Heimatland des Asylbewerbers, auf einem Wandel der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, auf fallgruppenorientierten Arbeitsabläufen des Bundesamtes und auf sonstigen Gründen beruhen. Nur bei einer „hohen Anerkennungsquote“, die über längere Zeit hin erreicht wird, führen Veränderungen der Gesamtschutzquote nicht zu einem Wechsel von Entstehen der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG und Wegfall seiner Anwendbarkeit innerhalb kurzer Fristen (möglicherweise sogar innerhalb der Zeit, die ein Integrationskurs dauert) und wird einigermaßen vermieden, dass es bereits wegen des Umgangs mit der Gesamtschutzquote zu Fehlförderungen in einem Ausmaß kommt, das den Zielen des Gesetzgebers (vgl. Nr. 2) widerspricht.

1.3 Gelegentlich des vorliegenden Verfahrens weist der Senat darauf hin, dass die Annahme der Antragsgegnerin, die Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG sei bereits ab einer Gesamtschutzquote von 50% anwendbar, vor dem Hintergrund der Ziele des Gesetzgebers zweifelhaft ist.

Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ist durch die sogenannte Flüchtlingskrise veranlasst worden, also durch die tatsächliche, rechtliche und gesellschaftliche Problematik im Zusammenhang mit der massenhaften Einreise von Flüchtlingen und Migranten in den Jahren 2015 und 2016 nach Europa und vor allem nach Deutschland. Ziel des Gesetzes ist es vor allem (ausweislich der Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/6185 S. 1), die Asylverfahren zu beschleunigen. Weiterhin soll einerseits die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger vereinfacht und sollen Fehlanreize, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können, beseitigt werden; andererseits soll die Integration derjenigen, die über eine gute Bleibeperspektive verfügen, verbessert werden. Diesen Zielen liegt offensichtlich der Wille zu Grunde, nicht nur das Asylverfahren zu beschleunigen, sondern auch das voraussichtliche Ergebnis des Asylverfahrens jeglicher Art effektiv und beschleunigt umzusetzen, also die Nachteile zu verringern, die mit einem während längerer Zeit offenen Asylverfahren verbunden sind. Dies spricht für eine Gleichgewichtigkeit des Integrations- und des Rückführungs-Ziels (auch das letztgenannte Ziel liegt offensichtlich weiterhin im Fokus des Gesetzgebers, wie die zwischenzeitlich fortgeschrittenen Bemühungen um ein „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ zeigen). Mit dem Begriff der Asylbewerber, die einen „rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu erwarten“ haben (§ 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), sollen zur Minderung der Nachteile langdauernder Asylverfahren möglichst frühzeitig diejenigen Asylbewerber grob erfasst werden, die in irgendeiner Form Aufnahme finden werden, um sie baldmöglich in die Integrationsförderung einzubeziehen. Dem Gesetz und der Entwurfsbegründung ist zu entnehmen, dass diese grobe Prognose auch bezweckt, voraussichtlich nicht aufzunehmende Asylbewerber möglichst von Integrationsleistungen fernzuhalten, denn eine Einbeziehung solcher Asylbewerber in die Integrationsförderung widerspräche im Grundsatz dem Ziel, die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger zu vereinfachen, sowie dem Ziel, Fehlanreize zu beseitigen, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können (zu diesem Zielkonflikt vgl. Thym, NVwZ 2015,1625/1627). Die Praxis des Bundesamtes, die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts im Sinne des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bereits bei einer Gesamtschutzquote von 50% anzunehmen, führt bei Herkunftsländern, bei denen diese Quote gerade erreicht wird, dazu, dass in fast 50% der Fälle eine Integrationsförderung stattfindet, obgleich später eine Rückführung aufgrund erfolglosen Asylverfahrens ansteht. Die Gemeinwohlvorteile einer Integration der Asylbewerber, die im Endergebnis Aufnahme finden, würden (nicht anders als bei einer Kurszulassung nach dem Zufallsprinzip) mindestens aufgewogen zum einen durch die Gemeinwohlnachteile, die aus der Erschwerung der Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger, aber in einem Integrationsprogramm befindlicher Asylbewerber bestehen, sowie aus den Fehlanreizen, die mit einer Integrationsförderung vollziehbar Ausreisepflichtiger verbunden sind (auf die Bedeutung dieses „Pull-Faktors“ weist auch Thym, a.a.O. hin), und zum anderen durch den Gemeinwohlnachteil, den die erheblichen, im Falle einer Aufenthaltsbeendigung nutzlos und sogar zielwidrig aufgewendeten Haushaltsmittel für den Integrationskurs (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 3 < vorletzter Absatz > und S. 30) darstellen. Auf der Basis der Annahme einer Gleichgewichtigkeit des Integrationsziels und des Rückführungsziels dürfte es zu einer signifikant positiven Gemeinwohlbilanz nur kommen, wenn die in der Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderte Erwartung erst bei einer Gesamtschutzquote von 70% oder 80% als begründet angesehen wird. Der Umstand, dass dann in vielen Fällen die Zulassung zum Integrationskurs erst nach der endgültigen Aufnahme erfolgt, ist den Unsicherheiten einer vorläufigen, auf grober Prognose beruhenden Kurszulassung geschuldet. Der Versuch des Bundesamtes, die Zahl dieser Fälle durch eine Kurszulassung ab einer Gesamtschutzquote von 50% zu minimieren, verkleinert - wie erwähnt - nach Auffassung des Senats den Gemeinwohlvorteil der Regelung, weil dann das Rückführungsziel, das bei einer Gesamtschutzquote von 70% oder 80% ebenfalls nicht unbeschadet bleibt, unverhältnismäßig zurückgesetzt wird. Diese Überlegungen werden dadurch bestätigt, dass die Begründung des Gesetzentwurfs (S. 2 Absatz 3 und S. 48) von einer „guten Bleibeperspektive“ spricht, also nicht nur von einer Bleibeperspektive als solcher, und dass sie von Ländern „mit hoher Anerkennungsquote“ spricht, also nicht nur mit mittlerer Anerkennungsquote. Auch die in der Entwurfsbegründung erhobene Forderung nach einer „belastbaren Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag“ kann als Forderung nach einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit des Antragserfolgs als 50% verstanden werden. Allerdings sind die Ausführungen in der Entwurfsbegründung diesbezüglich widersprüchlich. Als infrage kommende Länder werden (S. 30 der Entwurfsbegründung) nicht nur Syrien, Eritrea und Irak genannt, sondern auch der Iran, dessen Gesamtschutzquote (entsprechend der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes in den Monaten der Abfassung der Entwurfsbegründung vom 29. September 2015 knapp unter 60% gelegen hat, und Afghanistan, dessen Gesamtschutzquote in diesen Monaten unter 50% gelegen hat. Die letztgenannte Gesamtschutzquote repräsentiert weder eine „gute Bleibeperspektive“, noch überhaupt eine Bleibeperspektive, sondern eher eine Rückführungsperspektive.

Nach Auffassung des Senats wäre nicht nur wegen der Unsicherheiten der Zielabwägung eine normative Festlegung der Herkunftsländer, bei denen die in der Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderte Erwartung begründet ist, zu begrüßen. Bei der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung handelt es sich wohl um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nach allgemeinen Grundsätzen ausgelegt werden muss; das ihm innewohnende prognostische Element und die dargestellte Notwendigkeit einer Zielabwägung könnten auch einen Beurteilungsspielraum begründen, der aber einer ermessensähnlichen Prüfung zu unterziehen wäre. Es fehlt jedoch an Darlegungen der Antragsgegnerin betreffend ihre Gründe für die grundsätzliche Annahme einer 50-%-Grenze und für deren konkrete Anwendung im Einzelfall. Die oben dargelegten Überlegungen sowie die Frage, ob nicht neben der Gesamtschutzquote auch weitere generelle Umstände bei der Beurteilung der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung einzubeziehen sind (beispielsweise aktuelle Entwicklungen im Herkunftsland oder in der Asylrechtsprechung, die eine baldige entscheidende Veränderung der Gesamtschutzquote wahrscheinlich machen) sprechen dafür, dass es in der gerichtlichen Praxis zu divergierenden Entscheidungen kommen kann, die sich angesichts der Vielzahl der innerhalb kurzer Zeit zu treffenden Kurszulassungsentscheidungen ungünstig auswirken. Die zitierte Äußerung der Antragsgegnerin in ihrem Internetauftritt („…wird halbjährlich festgelegt“) deutet darauf hin, dass auch sie eine generelle Festlegung der Herkunftsländer für erforderlich hält, bei denen von der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung auszugehen ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei der Streitwert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ist nach § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG entsprechend dem sich aus der ständigen Rechtsprechung des Senats ergebenden Streitwert (vgl. B.v. 5.12.2016 - 19 C 16.2326) zu reduzieren.

2. Trotz der Erfolglosigkeit in der Sache ist der mittellosen Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Nach § 166 VwGO, § 114 Abs. 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die Anforderungen an eine hinreichende Erfolgsaussicht dürfen nicht überspannt werden. Diese liegt unter anderem vor, wenn im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags ein Obsiegen oder Unterliegen gleichermaßen in Betracht kommt oder wenn die Entscheidung von einer schwierigen, ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 166 Rn. 29; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 166 Rn. 26 Möwen. auch zur RPs. des BVerfG).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Schwierigkeit der Rechtssache gebietet auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Mit § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AufenthG hat der Gesetzgeber Integrationskurse für Ausländer geöffnet, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Als Zielgruppen dieser Maßnahme bezeichnet die Entwurfsbegründung Asylbewerber, die aus einem Land mit einer hohen Anerkennungsquote kommen oder Asylbewerber, bei denen eine belastbare Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag besteht. Weitere Erläuterungen zur Rechtsanwendung werden nicht gegeben. Weder die Literatur noch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung haben bisher gesicherte Kriterien für die Beurteilung der nach dem Gesetz maßgeblichen Erwartung entwickelt. Der Senat äußert sich vorliegend zum ersten Mal zur Anwendung des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AufenthG. Die Praxis des Bundesamtes hinsichtlich der maßgeblichen Gesamtschutzquote ist fragwürdig; die Gesetzesbegründung enthält diesbezüglich unstimmige Andeutungen (vgl. Nr. 1.3). Auch die ausschließlich am Herkunftsland orientierte Entscheidungspraxis des Bundesamtes in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid versetzt die Antragstellerin nicht in die Lage, die Gesetzmäßigkeit der getroffenen Entscheidung zu beurteilen. Die Begründungen der Bescheide verhalten sich weder zu den Modalitäten bei der Bestimmung der Länder mit einer hohen Anerkennungsquote noch zu den Voraussetzungen einer belastbaren Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag; die Begründung des Widerspruchsbescheids setzt sich nicht ansatzweise mit dem Widerspruchsvortrag der Antragstellerin auseinander. Auf das vom Bundesamt offensichtlich zu Grunde gelegte Stabilitätskriterium wird nicht eingegangen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm

1.
erstmals eine Aufenthaltserlaubnis
a)
zu Erwerbszwecken (§§ 18a bis 18d, 19c und 21),
b)
zum Zweck des Familiennachzugs (§§ 28, 29, 30, 32, 36, 36a),
c)
aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 1, 2, 4a Satz 3 oder § 25b,
d)
als langfristig Aufenthaltsberechtigter nach § 38a oder
2.
ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4
erteilt wird. Von einem dauerhaften Aufenthalt ist in der Regel auszugehen, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr erhält oder seit über 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, es sei denn, der Aufenthalt ist vorübergehender Natur.

(2) Der Teilnahmeanspruch nach Absatz 1 erlischt ein Jahr nach Erteilung des den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels oder bei dessen Wegfall. Dies gilt nicht, wenn sich der Ausländer bis zu diesem Zeitpunkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu einem Integrationskurs anmelden konnte.

(3) Der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nicht,

1.
bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen oder ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen,
2.
bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder
3.
wenn der Ausländer bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Die Berechtigung zur Teilnahme am Orientierungskurs bleibt im Falle des Satzes 1 Nr. 3 hiervon unberührt.

(4) Ein Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht oder nicht mehr besitzt, kann im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Diese Regelung findet entsprechend auf deutsche Staatsangehörige Anwendung, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und in besonderer Weise integrationsbedürftig sind, sowie auf Ausländer, die

1.
eine Aufenthaltsgestattung besitzen,
2.
eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 besitzen oder
3.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 oder § 25 Absatz 5 besitzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Einer Fachkraft mit Berufsausbildung kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung erteilt werden, zu der ihre erworbene Qualifikation sie befähigt.

(1) Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm

1.
erstmals eine Aufenthaltserlaubnis
a)
zu Erwerbszwecken (§§ 18a bis 18d, 19c und 21),
b)
zum Zweck des Familiennachzugs (§§ 28, 29, 30, 32, 36, 36a),
c)
aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 1, 2, 4a Satz 3 oder § 25b,
d)
als langfristig Aufenthaltsberechtigter nach § 38a oder
2.
ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4
erteilt wird. Von einem dauerhaften Aufenthalt ist in der Regel auszugehen, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr erhält oder seit über 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, es sei denn, der Aufenthalt ist vorübergehender Natur.

(2) Der Teilnahmeanspruch nach Absatz 1 erlischt ein Jahr nach Erteilung des den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels oder bei dessen Wegfall. Dies gilt nicht, wenn sich der Ausländer bis zu diesem Zeitpunkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu einem Integrationskurs anmelden konnte.

(3) Der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nicht,

1.
bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen oder ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen,
2.
bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder
3.
wenn der Ausländer bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Die Berechtigung zur Teilnahme am Orientierungskurs bleibt im Falle des Satzes 1 Nr. 3 hiervon unberührt.

(4) Ein Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht oder nicht mehr besitzt, kann im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Diese Regelung findet entsprechend auf deutsche Staatsangehörige Anwendung, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und in besonderer Weise integrationsbedürftig sind, sowie auf Ausländer, die

1.
eine Aufenthaltsgestattung besitzen,
2.
eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 besitzen oder
3.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 oder § 25 Absatz 5 besitzen.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 27/02
vom
20. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der nach § 349 Abs. 2, 3 ZPO an Stelle der Kammer entscheidende Vorsitzende
der Kammer für Handelssachen ist nicht Einzelrichter i.S. von § 568 Satz 1
ZPO. Über eine sofortige Beschwerde gegen dessen Entscheidung hat das Beschwerdegericht
nicht durch eines seiner Mitglieder als (originärer) Einzelrichter
(§ 568 Satz 1 ZPO), sondern in der gemäß § 122 GVG vorgeschriebenen Besetzung
als Senatskollegium zu entscheiden.
BGH, Beschluß vom 20. Oktober 2003 - II ZB 27/02 - Kammergericht Berlin
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. Oktober 2003
durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Kraemer, Münke und
Dr. Gehrlein

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Einzelrichters des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Senat) zurückverwiesen.
Rechtsbeschwerdewert: bis 2.500,00

Gründe:


I. Der Kläger und R. S. waren Geschäftsführer und - mit Stimmrechtsanteilen von je 50 % - Gesellschafter der beklagten GmbH. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob auf den Gesellschafterversammlungen der Beklagten vom 2. und 22. Oktober 2001 der Kläger als Geschäftsführer wirksam aus wichtigem Grund abberufen worden ist. Nachdem der Klä-
ger Klage auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Nichtigerklärung der auf den Versammlungen (möglicherweise) gefaßten Beschlüsse eingereicht hatte, haben er und S. einverständlich ihre Ämter als Geschäftsführer zum 30. November 2001 niedergelegt und neue Geschäftsführer bestellt. Nach Einzahlung des Gebührenvorschusses durch den Kläger und Zustellung der Klage haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts hat durch Beschluß vom 24. April 2002 die Kosten des Rechtsstreits den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Dagegen haben beide Parteien sofortige Beschwerde eingelegt. Der Einzelrichter des Beschwerdegerichts hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und im übrigen die Rechtsbeschwerde zugelassen, "weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO insoweit vorliegen , als es um die Grundsatzfrage der Entscheidungszuständigkeit des originären Einzelrichters geht und die vorliegende Entscheidung dazu von den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Zweibrücken (NJW 2002, S. 1962 bzw. S. 2722) abweicht". Mit der Rechtsbeschwerde rügt die Beklagte eine fehlerhafte Besetzung des Beschwerdegerichts und erstrebt in der Sache eine Änderung der Kostenentscheidung zu ihren Gunsten.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft.
Ihre Zulassung ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, obwohl er bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorge-
schriebenen Besetzung hätte übertragen müssen; an eine unter Verstoß gegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (vgl. BGH, Beschl. v. 13. März 2003 - IX ZB 134/02, WM 2003, 701; Beschl. v. 10. April 2003 - VII ZB 17/02, BB 2003, 1200; Beschl. v. 11. September 2003 - XII ZB 188/02, BB 2003, 2372; Beschl. v. 18. September 2003 - V ZB 53/02, Umdr. S. 3 - veröffentl. in juris).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

a) Die angefochtene Entscheidung des Einzelrichters unterliegt allerdings nicht schon der Aufhebung von Amts wegen, weil dieser sich die Entscheidungszuständigkeit des Kollegiums in der Zulassungsfrage willkürlich angemaßt hätte (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Zwar hat der originäre Einzelrichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - der sich der erkennende Senat anschließt - bei Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimißt, von Gesetzes wegen das Verfahren an das Kollegium zu übertragen; bejaht er gleichwohl mit der eigenen Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, so ist seine Entscheidung im Regelfall als objektiv willkürlicher Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters anzusehen.
Die Nichtübertragung des Verfahrens auf das Senatskollegium stellt sich jedoch in der hier gegebenen besonderen Fallkonstellation nicht als objektiv willkürlich dar. Diese ist dadurch gekennzeichnet, daß das Grundsatzproblem der Rechtssache gerade die - vorgelagerte - Frage der (eigenen) Entscheidungszuständigkeit des originären Einzelrichters als Beschwerderichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO gegen Entscheidungen des Vorsitzenden der Kammer für
Handelssachen betraf. In dieser - vom Gesetzgeber nicht bedachten - besonderen Situation erweist sich das Vorgehen des Einzelrichters bei objektiver Be- trachtung nicht als unverständlich und offensichtlich unhaltbar (vgl. BGHZ 85, 116).
Der Einzelrichter des Oberlandesgerichts hat die Frage seiner originären Zuständigkeit i.S. des § 568 Satz 1 ZPO im Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Beschluß des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen objektiv mit Recht als höchstrichterlich klärungsbedürftig angesehen, weil ein Zulassungsgrund i.S. des § 574 Abs. 2, 3 Satz 1 ZPO vorlag (zum weiten Begriff der "grundsätzlichen Bedeutung" i.S. von § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO: BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO). Die seit Inkrafttreten der neuen Zivilprozeßordnung aufgetretene Frage der Anwendbarkeit des § 568 Satz 1 ZPO auf erstinstanzliche Entscheidungen des Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen ist nicht nur in der prozeßrechtlichen Literatur, sondern insbesondere in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (gegen eine Behandlung des Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen als Einzelrichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO: OLG Karlsruhe, NJW 2002, 1962; OLG Frankfurt [5. Zivilsenat], OLGReport 2002, 250 ff.; OLG Zweibrücken NJW 2002, 2722; OLG Celle, Beschl. v. 25. September 2002 - 11 W 45/02, veröffentl. in juris; OLG Schleswig, OLGReport 2003, 192 [6. Zivilsenat] sowie 278 [16. Zivilsenat]; Hartmann in Baumbach /Lauterbach, ZPO 61. Aufl. § 349 Rdn. 1; Albers in Baumbach/ Lauterbach aaO, § 568 Rdn. 2; Zimmermann, ZPO 6. Aufl. § 349 Rdn. 9 u. § 568 Rdn. 1; Zöller-Gummer, ZPO 24. Aufl. § 568 Rdn. 3 - unter Aufgabe der in der Vorauflage vertretenen gegenteiligen Auffassung; dafür: OLG Köln, OLGReport 2002, 344; OLG Dresden, OLGReport 2003, 452; OLG Frankfurt [13. Zivilsenat], OLGReport 2003, 342; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO 25. Aufl. § 568 Rdn. 2; Greger, NJW 2002, 3049, 3053; Fölsch, MDR 2003, 308 ff.;
Feskorn, NJW 2003, 856 f.). Danach hat die Sache nicht nur Grundsatzbedeu- tung im engeren Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, sondern bedarf im Sinne der Nr. 2 dieser Vorschrift im Hinblick auf die bestehenden Divergenzen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Rechtsbeschwerdegericht. Diese seine eigene Entscheidungszuständigkeit - und damit die Bestimmung des gesetzlichen Richters - betreffende Grundsatzfrage konnte der Einzelrichter allerdings hier nicht auf dem im Gesetz vorgesehenen Wege der gebotenen höchstrichterlichen Klärung zuführen. Hätte er nämlich gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO das Verfahren "wegen Grundsätzlichkeit" dem Senatskollegium zur Entscheidung übertragen, so wäre dieses - kraft der bindenden, aufdrängenden Zuständigkeitsverschiebung - zur Entscheidung in der Sache selbst zuständig geworden. Der Kollegialspruchkörper hätte dann die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit nicht mehr zulassen dürfen, weil er durch die Übertragung gesetzlicher Richter (geworden) und damit zugleich die Relevanz der - den Anlaß für die Übertragung des Verfahrens darstellenden - Grundsatzfrage für die konkrete Entscheidung in der Sache selbst entfallen wäre (zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit im jeweils anhängigen Rechtsstreit für die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung: st. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, WM 2002, 2344, 2347 - z. Veröffentl. in BGHZ 152, 182 bestimmt; BGH, Beschl. v. 7. Januar 2003 - X ZR 82/02, WM 2003, 402, 403 - z. Veröffentl. in BGHZ 153, 254 bestimmt). Eine derartige - vom Reformgesetzgeber offenbar nicht bedachte - Situation entspricht ersichtlich nicht dem u.a. mit der Neuregelung des § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO verfolgten Ziel, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auch im Bereich von Nebenentscheidungen einer - erforderlichen - Klärung durch den Bundesgerichtshof zugänglich zu machen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 58, 59, 69). In einer derartigen Sondersituation erweist sich die Entscheidung des Ein-
zelrichters, entsprechend dem Ziel des Reformgesetzgebers die Klärung der Grundsatzfrage durch den Bundesgerichtshof als Rechtsbeschwerdegericht - unter Übergehung der an sich gesetzlich vorgeschriebenen Übertragung auf den Senat gemäß § 568 Satz 2 ZPO - durch eine eigene Zulassungsentscheidung herbeizuführen, nicht objektiv als offensichtlich unhaltbar und außerhalb der Gesetzlichkeit liegend.

b) Die angefochtene Entscheidung unterliegt jedoch deshalb der Aufhebung (§§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 1 ZPO), weil - wie die Beklagte zu Recht rügt - über die Beschwerden gegen den Kostenbeschluß des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen das Beschwerdegericht nicht in der gemäß § 122 GVG vorgeschriebenen Besetzung als Senatskollegium, sondern durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entschieden hat.
aa) Nach § 568 Satz 1 ZPO entscheidet das Beschwerdegericht nur dann durch einen Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Hier hat indessen in erster Instanz über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts (§ 349 Abs. 2 Nr. 6 ZPO) entschieden. Dieser ist nach der eindeutigen gesetzlichen Terminologie des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozeßordnung aufgrund seiner erstinstanzlichen Entscheidungstätigkeit kein "Einzelrichter". Die Verfahrensgesetze bezeichnen den entscheidungsbefugten Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen - anders als den Einzelrichter der Zivilkammer beim Landgericht (§§ 348, 348 a ZPO) und den als "Einzelrichter" entscheidenden Richter beim Amtsgericht (§ 22 Abs. 4 GVG) - ausdrücklich nicht als "Einzelrichter", sondern in seiner Funktion als Vorsitzenden (§ 105 Abs. 1 GVG, § 349 ZPO). Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen verkörpert bei seiner
Alleinentscheidung "als Vorsitzender" die Kammer als Prozeßgericht, "an deren Stelle" er entscheidet (§ 349 Abs. 2, 3 ZPO); die die "Einzelrichter"-Befugnisse des Richters der "normalen" Zivilkammer regelnden §§ 348, 348 a ZPO sind in § 349 Abs. 4 ZPO ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt worden. Im Hinblick auf Rechtsmittel differenziert die Generalnorm des § 350 ZPO ebenfalls terminologisch strikt zwischen dem Einzelrichter (als Mitglied einer Zivilkammer) und dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen, indem sie für die Anfechtung ausdrücklich von den Entscheidungen "des Einzelrichters (§§ 348, 348 a ZPO)" und denen "des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen (§ 349 ZPO)" spricht. Soweit der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen (ausnahmsweise ) "echter" Einzelrichter sein soll, bezeichnet ihn das Gesetz auch explizit so: Eine solche besondere Bestimmung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter findet sich ausschließlich im Rahmen der Zuständigkeit als Berufungsgericht (§ 526 Abs. 4, 527 Abs. 1 Satz 2 ZPO), nicht jedoch in der - im vorliegenden Fall einschlägigen - Zuständigkeitsnorm des § 568 ZPO für das Beschwerdeverfahren im Hinblick auf seine erstinstanzliche Entscheidung.
Demgegenüber läßt sich nicht etwa eine generelle Einstufung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter daraus ableiten, daß der vierte Titel des ersten Abschnitts des zweiten Buches der ZPO, in dem sich die ihn betreffende Regelung des § 349 ZPO befindet, mit "Verfahren vor dem Einzelrichter“ überschrieben ist. Diese Überschrift stellt insofern lediglich ein historisches Relikt dar, als der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen vor Einführung des alleinentscheidenden Einzelrichters durch die sog. Einzelrichternovelle von 1974 ebenso (nur) vorbereitender Einzelrichter sein konnte wie ein Mitglied einer Zivilkammer und in diesem Zusammenhang auch als Einzelrichter bezeichnet wurde (vgl. § 350 Abs. 2 ZPO in der vor 1975 geltenden Fas-
sung). Mit Einführung des alleinentscheidenden Einzelrichters bei den Zivilkammern wurde - unter Beibehaltung der lediglich vorbereitenden Alleinhandlungsbefugnisse des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen - die bis heute gültige terminologische Unterscheidung in das Gesetz eingeführt, um Verwechslungen zu vermeiden und der unterschiedlichen Funktion Rechnung zu tragen (BT-Drucks. 7/2729, S. 83 sowie BT-Drucks. 7/2769, S. 13), ohne gleichzeitig die Titelüberschrift zu ändern.
bb) Da die Verfahrensgesetze - nach dem klaren Willen des Gesetzgebers der Einzelrichternovelle 1974 - ausdrücklich zwischen dem Einzelrichter und dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen unterscheiden, lassen der eindeutige Wortlaut und -sinn des Begriffs "Einzelrichter" es nicht zu, den Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen - etwa im Wege teleologischer oder erweiternder Auslegung - als den in § 568 Satz 1 ZPO genannten (erstinstanzlichen ) Einzelrichter anzusehen (insoweit zutreffend auch Fölsch aaO, S. 310).
cc) Auch eine analoge Anwendung des § 568 Satz 1 ZPO kommt nicht in Betracht. Der Senat vermag angesichts der aufgezeigten terminologischen Eindeutigkeit bereits eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes nicht festzustellen ; insbesondere ist ein Wille des Gesetzgebers, den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO zu behandeln , dem Gesetz nicht zu entnehmen. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/4722, S. 110 f.) geht im Gegenteil hervor, daß von der Neuregelung - neben Rechtspflegerentscheidungen - nur "amtsgerichtliche oder vom Einzelrichter am Landgericht erlassene Entscheidungen" erfaßt werden sollen und dementsprechend dort auch allein unter den Begriff der "Einzelrichterentscheidungen" subsumiert werden; daß etwa den Entwurfsverfassern - und dar-
auf aufbauend dem Gesetzgeber - die Tatsache unbekannt gewesen oder von ihnen übersehen worden wäre, daß für den potentiellen Regelungsbereich der neuen Vorschrift auch vom Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen in seiner Funktion als ein alleiniger Entscheidungsträger getroffene Entscheidungen in Betracht gekommen wären, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr , daß in der vergleichbaren, für das Berufungsverfahren geltenden Neuregelung der §§ 526 f. ZPO der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ausdrücklich als "Einzelrichter", jedoch begrenzt auf seine Entscheidungszuständigkeit als Berufungsrichter (vgl. §§ 526 Abs. 4, 527 Abs. 1 Satz 2 ZPO), bezeichnet wird, während eine terminologische Differenzierung in bezug auf die angefochtene (erstinstanzliche) Entscheidung eines Einzelrichters (§ 526 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nicht erfolgt ist. Angesichts dessen läßt sich ein Analogieschluß nicht damit rechtfertigen, daß eine Ausdehnung des § 568 Satz 1 ZPO auf Entscheidungen des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen möglicherweise in das Generalkonzept des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Beschleunigung des Zivilprozesses passen würde. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund , daß im Verhältnis zur generellen Regelung des § 122 GVG über die Entscheidungszuständigkeit des Kollegiums des Senats des Oberlandesgerichts die Bestimmung des § 568 ZPO über die originäre Einzelrichterzuständigkeit jedenfalls rechtstechnisch als Ausnahmevorschrift - mag sie auch tatsächlich wegen der umgekehrten Situation in der ersten Instanz die Mehrzahl der Rechtsmittelfälle erfassen - anzusehen und deshalb eng auszulegen ist. Einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift über ihren klaren Wortlaut hinaus steht aber vor allem die verfassungsmäßige Forderung entgegen, den gesetzlichen Richter im voraus möglichst eindeutig zu bestimmen, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; für Zweckmäßigkeitserwägungen - insbesondere rechtspolitischer Natur - ist im Rahmen einer streng am Wortlaut des Gesetzes orientierten Anwendung einer Bestimmung über den gesetzlichen Richter - wie vorlie-
gend - kein Raum (vgl. z.B. BVerfGE 30, 149, 155; 30, 165, 168 - jew. zu § 23 Abs. 2 StPO; vgl. auch BGH, Urt. v. 5. Dezember 1980 - V ZR 16/80, NJW 1981, 1273 f. - zu § 41 Nr. 6 ZPO).
3. Da das Beschwerdegericht demnach zu Unrecht durch den Einzelrichter gemäß § 568 Satz 1 ZPO anstelle des nach § 122 Abs. 1 GVG zur Entscheidung berufenen Kollegiums des Senats entschieden hat, war es nicht vorschriftsmäßig besetzt, §§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 1 ZPO (vgl. zum umgekehrten Fall: BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003 - VIII ZB 56/02, MDR 2003, 645, 646; vgl. auch Sen.Urt. v. 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91, NJW 1993, 600 f. - zu § 524 Abs. 1 a.F. ZPO). Angesichts dieses absoluten Rechtsbeschwerdegrundes ist es unerheblich, ob sich der angefochtene Beschluß aus anderen Gründen in der Sache als richtig darstellen würde (vgl. § 577 Abs. 3 ZPO); denn
unabhängig davon ist gemäß § 577 Abs. 4 ZPO der verfahrensfehlerhaft ergangene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das zuständige Senatskollegium zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003 aaO, m.w.N.).
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Gehrlein

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend.

(2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2) entscheiden, wirken die für Angelegenheiten der Sozialversicherung berufenen ehrenamtlichen Richter mit.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vollstreckt wird

1.
aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein Aufschub eintritt,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Anerkenntnissen und gerichtlichen Vergleichen,
4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,
5.
aus Vollstreckungsbescheiden.

(2) Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, so kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Er kann die Aussetzung und Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen; die §§ 108, 109, 113 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden.

(3) Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein Urteil nach § 131 Abs. 4 bestimmt hat, daß eine Wahl oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane zu wiederholen ist. Die einstweilige Anordnung ergeht dahin, daß die Wiederholungswahl oder die Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens unterbleibt.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Einer Fachkraft mit Berufsausbildung kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung erteilt werden, zu der ihre erworbene Qualifikation sie befähigt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Abänderung der Nr. 5 des Beschlusses vom 4. Oktober 2016 für beide Rechtszüge auf 1.350 EUR festgesetzt.

IV.

Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt MacLean, Berlin, gewährt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan, betreibt seit dem 29. Februar 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Asylverfahren.

Mit Formblattantrag vom 29. Februar 2016 beantragte die Antragstellerin gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beim Bundesamt die Zulassung zu einem Integrationskurs. Mit Bescheid vom 18. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag mit der Begründung ab, die Antragstellerin komme nicht aus einem Herkunftsland mit einer hohen Schutzquote (dies seien nur Syrien, Eritrea, Iran und Irak).

Den Widerspruch wies das Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2016 zurück; nur Asylbewerber aus Syrien, Eritrea, dem Iran und Irak kämen aus Ländern mit einer hohen Anerkennungsquote.

Durch Klage gegen den Bescheid verfolgte die Antragstellerin ihr Ziel einer Zulassung zu einem Integrationskurs weiter. Zusätzlich beantragte sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem gleichen Ziel.

Mit Beschluss vom 2. September 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den vorläufigen Rechtsschutzantrag und die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab; die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache sei nicht zulässig. Der Beschluss trägt zwei Unterschriften und einen Verhinderungsvermerk (§ 117 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Mit Schriftsatz vom 26. September 2016 erhob die Antragstellerin Beschwerde (19 CE 17.105), machte die Unwirksamkeit des Beschlusses geltend und hielt (unter Auseinandersetzung mit den Gründen des Beschlusses vom 2. September 2016) am einstweiligen Rechtsschutzbegehren fest.

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2016 stellte das Verwaltungsgericht die Unwirksamkeit der Entscheidung vom 2. September 2016 fest (Nr. 1) und lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Nr. 2) sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (Nr. 4) ab.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2016 erhob die Antragstellerin gegen den Beschluss vom 4. Oktober 2016 Beschwerde (hinsichtlich der verwaltungsgerichtlichen Ablehnung einer Gewährung von Prozesskostenhilfe vgl. den Senatsbeschluss vom selben Tag im Verfahren 19 C 16.2230), und beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Zur Begründung bezog sie sich auf das Beschwerdevorbringen vom 26. September 2016. Die Antragstellerin macht geltend, der Zugang zu Integrationskursen sei nicht auf Asylsuchende aus vier Herkunftsstaaten beschränkt. Ihr Schutzbegehren habe gute Erfolgsaussichten, denn sie komme aus Afghanistan und gehöre zur Minderheit der Hazara, die von der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit diskriminiert und von den Taliban verfolgt werde. Wegen einer heimlichen Heirat habe es Probleme mit der Familie ihres „Brautkäufers“ gegeben.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung der Nr. 2 der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 4. Oktober 2016 die Antragsgegnerin zur Zulassung der Antragstellerin zu einem Integrationskurs zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stünde der Umstand, dass eine Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wohl zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde, einer Antragsstattgabe nicht entgegen, weil vorliegend dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Art. 19 Abs. 4 GG), sonst nicht genügt werden könnte.

Die Regelung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG ist - weil sie eine Aufenthaltsgestattung voraussetzt - nur während des Asylverfahrens anwendbar. Auch wenn Asylverfahren derzeit eine erhebliche Zeitdauer beanspruchen können, ist äußerst fraglich, ob das Hauptsacheverfahren betreffend die Zulassung zum Integrationskurs vor dem Asylverfahren abgeschlossen wird (in Fällen, in denen das Bundesamt irgendeinem Teil des Asylbegehrens stattgibt, findet meist nicht einmal ein Asylklageverfahren statt), sich also nicht durch dessen Beendigung erledigen wird (mit der Folge einer vollziehbaren Ausreisepflicht oder eines Anspruchs nach § 44 Abs. 1 AufenthG). Nachdem Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht effektiv gewährt werden kann, verbleibt hierfür nur das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (im diesem Sinn auch BVerfG, B.v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005,927 ff., juris Rn. 18 ff. betreffend den Anspruch auf Grundsicherung sowie BVerwG, U.v. 18.4.2013 - 10 C 9/12 - BVerwGE 146,189/198, juris Rn. 22 betreffend einen Anspruch auf Familiennachzug, der wegen seines Bestehens während nur weniger Lebensjahre des Ausländers in aller Regel am Ende des Hauptsacheverfahrens nicht mehr besteht). Diese Konzentration auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren ist letztlich durch das Gesetz vorgegeben. Die Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG regelt die Integrationskurszulassung im Vorgriff auf die bestandskräftige Asylentscheidung, aus der sich dann endgültig ergibt, ob eine Integrationsförderung veranlasst ist. Im Rahmen dieser Bestimmung müssen daher Schwierigkeiten bewältigt werden, wie sie typischerweise mit einer vorläufigen, vor der endgültigen Klärung des Anspruchs zu treffenden Regelung verbunden sind.

1.2 Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Anordnungsanspruch nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht zu.

1.2.1 Nach § 44 Abs. 4 AufenthG in der bis zum 23. Oktober 2015 gültigen Fassung konnte ein Ausländer, der einen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs nicht oder nicht mehr besitzt, im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden (Satz 1) und fand diese Regelung entsprechende Anwendung auf bestimmte deutsche Staatsangehörige mit Integrationsbedarf (Satz 2). Durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) ist die Festlegung in Satz 2 (entsprechende Anwendung des Satzes 1) auf Ausländer erweitert worden, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist (Nr. 1; außerdem auf Ausländer, die eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 besitzen - Nr. 2, sowie auf Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 besitzen - Nr. 3). Gleichzeitig wurde Satz 3 angefügt, demzufolge bei einem Asylbewerber, der aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG stammt, vermutet wird, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist.

Die Neufassung deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber auf die Zulassung der von der Erweiterung des Satzes 2 erfassten Personengruppen einen gewissen Wert legt. Für diese Personengruppen ist die in Bezug genommene Vorschrift des Satzes 1 möglicherweise nicht mehr eine Ermessensvorschrift, sondern eine Sollvorschrift; auch eine Verpflichtung zur vorrangigen Berücksichtigung könnte gewollt sein. Um diesen Personengruppen eine ermessensabhängige Zulassung zu ermöglichen, hätte es nämlich der Erweiterung des Satzes 2 nicht bedurft. Die in den Nrn. 1, 2 und 3 des Satzes 2 erfassten Ausländer besitzen keinen Teilnahmeanspruch nach § 44 Abs. 1 AufenthG und fallen deshalb sämtlich schon unter § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wonach Ausländer ohne Teilnahmeanspruch zugelassen werden können. Satz 2 der Vorschrift ist somit hinsichtlich des erfassten Personenkreises die speziellere Regelung. Verbliebe es bei der wörtlichen Auslegung, wonach sich Satz 2 in der Rechtsfolge (Ermessenszulassung) nicht von Satz 1 unterscheidet, gingen der spezielle Beschleunigungsansatz des Gesetzgebers und seine Absicht ins Leere, Asylbewerber nicht zuzulassen, die einen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt nicht zu erwarten haben. Überdies werden durch § 5 Abs. 4 Satz 2 IntV (nunmehr in der Fassung der Änderungsverordnung zum Integrationsgesetz vom 31.7.2016, BGBl I S. 1950, mit Wirkung vom 6.8.2016) bestimmte Personengruppen hervorgehoben; diese Bestimmung fordert ausdrücklich eine vorrangige Berücksichtigung. Die hier genannten Personengruppen sind mit den von der Erweiterung des Satzes 2 des § 44 Abs. 4 AufenthG erfassten Personengruppen nicht vollständig identisch (beispielsweise sind in § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 IntV Unionsbürger und deren Familienangehörige genannt, die zwar in § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, nicht aber in § 44 Abs. 4 Satz 2 AufenthG Erwähnung finden; in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 2 und 3 AufenthG - nicht aber in § 5 IntV - werden Ausländer erwähnt, die eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 besitzen bzw. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG). Die Frage, in welchem Verhältnis diese beiden Hervorhebungen inkongruenter Personengruppen zueinander stehen, kann vorliegend jedoch ebenso offenbleiben wie die Frage, ob § 44 Abs. 4 Satz 2 AufenthG eine Sollvorschrift ist oder eine Bevorzugung vorschreibt. Ausländer, die - wie die Antragstellerin - eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen sich die Frage stellt, ob bei ihnen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, sind sowohl in der Gesetzesbestimmung als auch in der Verordnungsbestimmung - die das Bevorzugungsgebot deutlich zum Ausdruck bringt - aufgeführt (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG und § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 IntV). Die Antragsgegnerin hat ihre Ablehnungsentscheidung nicht auf Ermessenserwägungen oder auf Kapazitätserwägungen (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG: „… im Rahmen verfügbarer Kursplätze…“) gestützt. Sie geht vielmehr davon aus, die Antragstellerin habe als Asylbewerberin aus Afghanistan keinen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu erwarten, hält also diese Tatbestandsvoraussetzung für nicht erfüllt.

Die demnach entscheidungserhebliche Frage, ob bei der Antragstellerin „ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist“ (§ 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), ist von der Behörde und vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend beantwortet worden.

Für diese Formulierung finden sich in der Entwurfsbegründung (BT-Drs. 18/6185, Seiten 1 und 48) die Umschreibungen „gute Bleibeperspektive“, „Asylbewerber, die aus einem Land mit einer hohen Anerkennungsquote kommen“ und „Asylbewerber, bei denen eine belastbare Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag besteht“. Auf Seite 30 geht die Entwurfsbegründung davon aus, dass für die Entscheidung über den Zulassungsantrag eines Asylbewerbers eine Abfrage zum Status des Asylbewerbers aus dem Asylbereich des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge notwendig ist.

Daraus ergibt sich, dass die Frage, ob die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts begründet ist, grundsätzlich anhand der Gesamtschutzquote des Landes, aus dem der Asylbewerber kommt, zu beantworten ist, solange die Asylentscheidung des Bundesamtes noch nicht ergangen ist. Ein Verzicht von Bundesländern auf Abschiebungen (mit Schriftsatz vom 17.2.2017 weist die Antragstellerin auf entsprechende Länderbeschlüsse hin) ist kein Kriterium zur Beurteilung dieser Erwartung, denn ein solcher zeitlich unbestimmter Vollzugsverzicht unterliegt keiner rechtlichen Überprüfung und indiziert daher nicht die Rechtmäßigkeit des weiteren Aufenthalts.

Der Sachstand des Asylverfahrens vor Bescheidserlass ist keine geeignete Grundlage für die Beurteilung, ob die genannte Erwartung begründet ist. Gegen die Bildung einer Überzeugung betreffend die Erfolgsaussichten des Asylbegehrens spricht, dass regelmäßig unterschiedliche Spruchkörper für die Asylsache und für die ausländerrechtliche Entscheidung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG zuständig sind und deshalb für diese Überzeugungsbildung die Erfahrungen aus der asylrechtlichen Entscheidungspraxis nicht genutzt werden können. Überdies wäre in vielen Fällen eine diesbezügliche Überzeugung nicht kurzfristig zu gewinnen, so dass dem Ziel des Gesetzes nicht genügt würde, mit der Integration - soweit sinnvoll - möglichst frühzeitig zu beginnen. Auch dem Gesetz und der Entwurfsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass im Rahmen der Entscheidung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG eine an den Einzelfallumständen orientierte Überzeugung betreffend die Erfolgsaussichten des Asylbegehrens gebildet werden soll. Die Anwendung eines groben Kriteriums wie der Anerkennungsquote ist auch nicht unverhältnismäßig, weil die Regelung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nur während des Asylverfahrens Bedeutung hat und ein in dieser frühen Phase nicht zum Integrationskurs zugelassener, letztlich aber doch aufgenommener Asylbewerber den Zulassungsanspruch nach § 44 Abs. 1 AufenthG besitzt.

Hat das Bundesamt aber eine aufnehmende Entscheidung getroffen, ist die in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bezeichnete Erwartung mangels eines Klagebefugten (betreffend den aufnehmenden Ausspruch) begründet. Im Fall einer ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes in allen Punkten liegt (ebenfalls) eine Einzelfallwürdigung der zuständigen Behörde vor, die bei der Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG grundsätzlich nicht zu überprüfen ist. Von der genannten Erwartung kann in einem solchen Fall auch dann nicht ausgegangen werden, wenn sie generell wegen der Gesamtschutzquote des betreffenden Landes begründet sein sollte.

Die in der Entwurfsbegründung angesprochene Abfrage zum Status des Asylbewerbers hat somit den Zweck festzustellen, ob die Bundesamtsentscheidung bereits ergangen ist (als Vorgabe für die Frage der Erwartung) oder ob sie noch aussteht mit der Folge, dass es auf die Gesamtschutzquote ankommt. Ist im Asylverfahren bereits Bestandskraft eingetreten, hat dies entweder den Ausschluss eines Teilnahmeanspruchs oder sein Entstehen nach § 44 Abs. 1 AufenthG zur Folge und kommt es auf § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht mehr an.

Lediglich wenn das Ergebnis des Asylverfahrens (insgesamt negativ oder wenigstens zu einem Teil positiv) offensichtlich ist, etwa weil der Sachverhalt feststeht und keinerlei differenzierende Würdigung erforderlich ist, kann die Beurteilung, ob ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, anhand des konkreten, vom Bundesamt noch nicht entschiedenen Asylverfahrens vorgenommen werden. Dasselbe gilt, wenn substantiierte Zweifel an der vom Asylbewerber behaupteten Herkunft bestehen. In einem solchen Fall ist die Erwartung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bereits deshalb nicht begründet, weil die Anerkennungsquote eines bestimmten Landes nicht zu Grunde gelegt werden kann und auch sonst von einem wenigstens teilweise erfolgreichen Asylverfahren nicht ausgegangen werden kann.

1.2.2 Vorliegend ist eine Entscheidung im Asylverfahren noch nicht getroffen worden und dessen Ergebnis auch nicht offensichtlich. Nachdem die Überprüfung der Identitätsdokumente der Antragstellerin keine Anhaltspunkte für eine Fälschung ergeben hat und auch sonst keine substantiierten Zweifel an ihrer Herkunft aus Afghanistan bestehen, kommt es darauf an, ob aufgrund der Gesamtschutzquote für Afghanistan bei der Antragstellerin ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt im Sinne des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG zu erwarten ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Antragsgegnerin geht offensichtlich davon aus, dass bei einer Gesamtschutzquote von mehr als 50% die in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG genannte Erwartung begründet ist, diese Quote jedoch eine gewisse Stabilität aufweisen muss. Sie führt in ihrem Internetauftritt (http: …www.bamf.de/DE/Infothek/Fragen Antworten/IntegrationskurseAsylbewerber/integrationskurse-asylbewerber-node.html) aus, es werde halbjährlich festgelegt, welche Herkunftsländer das Kriterium Schutzquote (>/= 50) erfüllen, und hat das Zulassungsbegehren der Antragstellerin abgelehnt, die aus dem Land Afghanistan kommt, für das nach der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Gesamtschutzquote im Jahr 2016 einschließlich September noch 47,0% betragen hat und erst danach die 50%-Grenze überschritten hat (2016 einschließlich Oktober: 51,3%; 2016 einschließlich November: 55,5%, 2016 einschließlich Dezember: 55,8%). Im Januar 2017 hat die Gesamtschutzquote für Afghanistan wieder bei 45,2% gelegten.

Das Stabilitätskriterium des Beurteilungsmaßstabes der Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden, denn der Frage, ob die geforderte Gesamtschutzquote stabil erreicht ist, kommt hohes Gewicht zu. Die Gesamtschutzquote kann, wie die dargestellte Entwicklung dieser Quote für das Herkunftsland Afghanistan belegt, erheblichen Schwankungen unterworfen sein; dies kann auf Entwicklungen im Heimatland des Asylbewerbers, auf einem Wandel der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, auf fallgruppenorientierten Arbeitsabläufen des Bundesamtes und auf sonstigen Gründen beruhen. Nur bei einer „hohen Anerkennungsquote“, die über längere Zeit hin erreicht wird, führen Veränderungen der Gesamtschutzquote nicht zu einem Wechsel von Entstehen der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG und Wegfall seiner Anwendbarkeit innerhalb kurzer Fristen (möglicherweise sogar innerhalb der Zeit, die ein Integrationskurs dauert) und wird einigermaßen vermieden, dass es bereits wegen des Umgangs mit der Gesamtschutzquote zu Fehlförderungen in einem Ausmaß kommt, das den Zielen des Gesetzgebers (vgl. Nr. 2) widerspricht.

1.3 Gelegentlich des vorliegenden Verfahrens weist der Senat darauf hin, dass die Annahme der Antragsgegnerin, die Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG sei bereits ab einer Gesamtschutzquote von 50% anwendbar, vor dem Hintergrund der Ziele des Gesetzgebers zweifelhaft ist.

Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ist durch die sogenannte Flüchtlingskrise veranlasst worden, also durch die tatsächliche, rechtliche und gesellschaftliche Problematik im Zusammenhang mit der massenhaften Einreise von Flüchtlingen und Migranten in den Jahren 2015 und 2016 nach Europa und vor allem nach Deutschland. Ziel des Gesetzes ist es vor allem (ausweislich der Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/6185 S. 1), die Asylverfahren zu beschleunigen. Weiterhin soll einerseits die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger vereinfacht und sollen Fehlanreize, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können, beseitigt werden; andererseits soll die Integration derjenigen, die über eine gute Bleibeperspektive verfügen, verbessert werden. Diesen Zielen liegt offensichtlich der Wille zu Grunde, nicht nur das Asylverfahren zu beschleunigen, sondern auch das voraussichtliche Ergebnis des Asylverfahrens jeglicher Art effektiv und beschleunigt umzusetzen, also die Nachteile zu verringern, die mit einem während längerer Zeit offenen Asylverfahren verbunden sind. Dies spricht für eine Gleichgewichtigkeit des Integrations- und des Rückführungs-Ziels (auch das letztgenannte Ziel liegt offensichtlich weiterhin im Fokus des Gesetzgebers, wie die zwischenzeitlich fortgeschrittenen Bemühungen um ein „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ zeigen). Mit dem Begriff der Asylbewerber, die einen „rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu erwarten“ haben (§ 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), sollen zur Minderung der Nachteile langdauernder Asylverfahren möglichst frühzeitig diejenigen Asylbewerber grob erfasst werden, die in irgendeiner Form Aufnahme finden werden, um sie baldmöglich in die Integrationsförderung einzubeziehen. Dem Gesetz und der Entwurfsbegründung ist zu entnehmen, dass diese grobe Prognose auch bezweckt, voraussichtlich nicht aufzunehmende Asylbewerber möglichst von Integrationsleistungen fernzuhalten, denn eine Einbeziehung solcher Asylbewerber in die Integrationsförderung widerspräche im Grundsatz dem Ziel, die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger zu vereinfachen, sowie dem Ziel, Fehlanreize zu beseitigen, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können (zu diesem Zielkonflikt vgl. Thym, NVwZ 2015,1625/1627). Die Praxis des Bundesamtes, die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts im Sinne des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bereits bei einer Gesamtschutzquote von 50% anzunehmen, führt bei Herkunftsländern, bei denen diese Quote gerade erreicht wird, dazu, dass in fast 50% der Fälle eine Integrationsförderung stattfindet, obgleich später eine Rückführung aufgrund erfolglosen Asylverfahrens ansteht. Die Gemeinwohlvorteile einer Integration der Asylbewerber, die im Endergebnis Aufnahme finden, würden (nicht anders als bei einer Kurszulassung nach dem Zufallsprinzip) mindestens aufgewogen zum einen durch die Gemeinwohlnachteile, die aus der Erschwerung der Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger, aber in einem Integrationsprogramm befindlicher Asylbewerber bestehen, sowie aus den Fehlanreizen, die mit einer Integrationsförderung vollziehbar Ausreisepflichtiger verbunden sind (auf die Bedeutung dieses „Pull-Faktors“ weist auch Thym, a.a.O. hin), und zum anderen durch den Gemeinwohlnachteil, den die erheblichen, im Falle einer Aufenthaltsbeendigung nutzlos und sogar zielwidrig aufgewendeten Haushaltsmittel für den Integrationskurs (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 3 < vorletzter Absatz > und S. 30) darstellen. Auf der Basis der Annahme einer Gleichgewichtigkeit des Integrationsziels und des Rückführungsziels dürfte es zu einer signifikant positiven Gemeinwohlbilanz nur kommen, wenn die in der Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderte Erwartung erst bei einer Gesamtschutzquote von 70% oder 80% als begründet angesehen wird. Der Umstand, dass dann in vielen Fällen die Zulassung zum Integrationskurs erst nach der endgültigen Aufnahme erfolgt, ist den Unsicherheiten einer vorläufigen, auf grober Prognose beruhenden Kurszulassung geschuldet. Der Versuch des Bundesamtes, die Zahl dieser Fälle durch eine Kurszulassung ab einer Gesamtschutzquote von 50% zu minimieren, verkleinert - wie erwähnt - nach Auffassung des Senats den Gemeinwohlvorteil der Regelung, weil dann das Rückführungsziel, das bei einer Gesamtschutzquote von 70% oder 80% ebenfalls nicht unbeschadet bleibt, unverhältnismäßig zurückgesetzt wird. Diese Überlegungen werden dadurch bestätigt, dass die Begründung des Gesetzentwurfs (S. 2 Absatz 3 und S. 48) von einer „guten Bleibeperspektive“ spricht, also nicht nur von einer Bleibeperspektive als solcher, und dass sie von Ländern „mit hoher Anerkennungsquote“ spricht, also nicht nur mit mittlerer Anerkennungsquote. Auch die in der Entwurfsbegründung erhobene Forderung nach einer „belastbaren Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag“ kann als Forderung nach einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit des Antragserfolgs als 50% verstanden werden. Allerdings sind die Ausführungen in der Entwurfsbegründung diesbezüglich widersprüchlich. Als infrage kommende Länder werden (S. 30 der Entwurfsbegründung) nicht nur Syrien, Eritrea und Irak genannt, sondern auch der Iran, dessen Gesamtschutzquote (entsprechend der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes in den Monaten der Abfassung der Entwurfsbegründung vom 29. September 2015 knapp unter 60% gelegen hat, und Afghanistan, dessen Gesamtschutzquote in diesen Monaten unter 50% gelegen hat. Die letztgenannte Gesamtschutzquote repräsentiert weder eine „gute Bleibeperspektive“, noch überhaupt eine Bleibeperspektive, sondern eher eine Rückführungsperspektive.

Nach Auffassung des Senats wäre nicht nur wegen der Unsicherheiten der Zielabwägung eine normative Festlegung der Herkunftsländer, bei denen die in der Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderte Erwartung begründet ist, zu begrüßen. Bei der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung handelt es sich wohl um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nach allgemeinen Grundsätzen ausgelegt werden muss; das ihm innewohnende prognostische Element und die dargestellte Notwendigkeit einer Zielabwägung könnten auch einen Beurteilungsspielraum begründen, der aber einer ermessensähnlichen Prüfung zu unterziehen wäre. Es fehlt jedoch an Darlegungen der Antragsgegnerin betreffend ihre Gründe für die grundsätzliche Annahme einer 50-%-Grenze und für deren konkrete Anwendung im Einzelfall. Die oben dargelegten Überlegungen sowie die Frage, ob nicht neben der Gesamtschutzquote auch weitere generelle Umstände bei der Beurteilung der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung einzubeziehen sind (beispielsweise aktuelle Entwicklungen im Herkunftsland oder in der Asylrechtsprechung, die eine baldige entscheidende Veränderung der Gesamtschutzquote wahrscheinlich machen) sprechen dafür, dass es in der gerichtlichen Praxis zu divergierenden Entscheidungen kommen kann, die sich angesichts der Vielzahl der innerhalb kurzer Zeit zu treffenden Kurszulassungsentscheidungen ungünstig auswirken. Die zitierte Äußerung der Antragsgegnerin in ihrem Internetauftritt („…wird halbjährlich festgelegt“) deutet darauf hin, dass auch sie eine generelle Festlegung der Herkunftsländer für erforderlich hält, bei denen von der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung auszugehen ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei der Streitwert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ist nach § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG entsprechend dem sich aus der ständigen Rechtsprechung des Senats ergebenden Streitwert (vgl. B.v. 5.12.2016 - 19 C 16.2326) zu reduzieren.

2. Trotz der Erfolglosigkeit in der Sache ist der mittellosen Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Nach § 166 VwGO, § 114 Abs. 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die Anforderungen an eine hinreichende Erfolgsaussicht dürfen nicht überspannt werden. Diese liegt unter anderem vor, wenn im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags ein Obsiegen oder Unterliegen gleichermaßen in Betracht kommt oder wenn die Entscheidung von einer schwierigen, ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 166 Rn. 29; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 166 Rn. 26 Möwen. auch zur RPs. des BVerfG).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Schwierigkeit der Rechtssache gebietet auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Mit § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AufenthG hat der Gesetzgeber Integrationskurse für Ausländer geöffnet, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Als Zielgruppen dieser Maßnahme bezeichnet die Entwurfsbegründung Asylbewerber, die aus einem Land mit einer hohen Anerkennungsquote kommen oder Asylbewerber, bei denen eine belastbare Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag besteht. Weitere Erläuterungen zur Rechtsanwendung werden nicht gegeben. Weder die Literatur noch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung haben bisher gesicherte Kriterien für die Beurteilung der nach dem Gesetz maßgeblichen Erwartung entwickelt. Der Senat äußert sich vorliegend zum ersten Mal zur Anwendung des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AufenthG. Die Praxis des Bundesamtes hinsichtlich der maßgeblichen Gesamtschutzquote ist fragwürdig; die Gesetzesbegründung enthält diesbezüglich unstimmige Andeutungen (vgl. Nr. 1.3). Auch die ausschließlich am Herkunftsland orientierte Entscheidungspraxis des Bundesamtes in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid versetzt die Antragstellerin nicht in die Lage, die Gesetzmäßigkeit der getroffenen Entscheidung zu beurteilen. Die Begründungen der Bescheide verhalten sich weder zu den Modalitäten bei der Bestimmung der Länder mit einer hohen Anerkennungsquote noch zu den Voraussetzungen einer belastbaren Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag; die Begründung des Widerspruchsbescheids setzt sich nicht ansatzweise mit dem Widerspruchsvortrag der Antragstellerin auseinander. Auf das vom Bundesamt offensichtlich zu Grunde gelegte Stabilitätskriterium wird nicht eingegangen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm

1.
erstmals eine Aufenthaltserlaubnis
a)
zu Erwerbszwecken (§§ 18a bis 18d, 19c und 21),
b)
zum Zweck des Familiennachzugs (§§ 28, 29, 30, 32, 36, 36a),
c)
aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 1, 2, 4a Satz 3 oder § 25b,
d)
als langfristig Aufenthaltsberechtigter nach § 38a oder
2.
ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4
erteilt wird. Von einem dauerhaften Aufenthalt ist in der Regel auszugehen, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr erhält oder seit über 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, es sei denn, der Aufenthalt ist vorübergehender Natur.

(2) Der Teilnahmeanspruch nach Absatz 1 erlischt ein Jahr nach Erteilung des den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels oder bei dessen Wegfall. Dies gilt nicht, wenn sich der Ausländer bis zu diesem Zeitpunkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu einem Integrationskurs anmelden konnte.

(3) Der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nicht,

1.
bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen oder ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen,
2.
bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder
3.
wenn der Ausländer bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Die Berechtigung zur Teilnahme am Orientierungskurs bleibt im Falle des Satzes 1 Nr. 3 hiervon unberührt.

(4) Ein Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht oder nicht mehr besitzt, kann im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Diese Regelung findet entsprechend auf deutsche Staatsangehörige Anwendung, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und in besonderer Weise integrationsbedürftig sind, sowie auf Ausländer, die

1.
eine Aufenthaltsgestattung besitzen,
2.
eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 besitzen oder
3.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 oder § 25 Absatz 5 besitzen.

Tenor

Der Antrag der Beschwerdeführer auf Anordnung der Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.

Gründe

1

Über die Verfassungsbeschwerde ist aufgrund der Erledigungserklärung der Beschwerdeführer vom 30. Januar 2017 nicht mehr zu entscheiden (vgl. BVerfGE 85, 109 <113>). Verfahrensgegenstand ist nur noch die Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen, die ebenfalls der Kammer obliegt (vgl. BVerfGE 72, 34 <38 f.>). Dieser Antrag hat keinen Erfolg.

2

1. Nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ist über die Erstattung der den Beschwerdeführern entstandenen Auslagen nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden, § 34a Abs. 3 BVerfGG. Dabei ist eine Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände vorzunehmen. Mit Blick auf die Funktion und die Tragweite verfassungsgerichtlicher Entscheidungen kommt, insbesondere wenn es um die Gültigkeit eine Gesetzes geht, eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 85, 109 <115>; 87, 394 <398>). Eine Erstattung von Auslagen kommt allerdings dann in Frage, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde offensichtlich war und unterstellt werden kann oder wenn die verfassungsrechtliche Lage geklärt worden ist (vgl. BVerfGE 85, 109 <114 ff.>). Vor allem dann, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft und davon ausgegangen werden kann, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt gehalten hat, kann es billig sein, dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen zuzubilligen (vgl. BVerfGE 87, 394 <397>).

3

2. Gemessen an diesen Grundsätzen scheidet eine Auslagenerstattung vorliegend aus.

4

Zwar hat der Gesetzgeber mit dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes vom 31. Juli 2011 (BGBl I S. 1704; im Folgenden: 13. AtG-Novelle) die erst kurz zuvor durch das Elfte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1814; im Folgenden: 11. AtG-Novelle) gewährte Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke zurückgenommen und damit den hier in erster Linie angegriffenen Gesetzesakt beseitigt. Jedoch erfolgte diese Rücknahme allein aufgrund einer Neubewertung der mit der Kernenergienutzung verbundenen Risiken durch den Gesetzgeber infolge des Reaktorunglücks in Fukushima (vgl. BVerfG, Urteil vom 06. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. - Rn. 282 f.). Die Beseitigung der Laufzeitverlängerung geht deshalb nicht auf ein Einlenken des Gesetzgebers aufgrund der - maßgeblich auf die fehlende Zustimmung des Bundesrats zur 11. AtG-Novelle gegründeten - verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer zurück, sondern war Ausdruck einer Neuorientierung von Bundesregierung und Gesetzgeber auf dem Gebiet der Kernenergie.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.