Bundessozialgericht Urteil, 15. Dez. 2016 - B 5 RE 7/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2016:151216UB5RE716R0
15.12.2016

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Februar 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über das Recht des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 8.7.2010 bis 19.3.2014.

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Der 1980 geborene Kläger ist Volljurist. Er nahm am 1.5.2010 seine Tätigkeit als fachlicher Mitarbeiter bei der K. AG im Bereich Tax Service Lines auf. Seit dem 8.7.2010 ist er Mitglied der Rechtsanwaltskammer München (Beigeladene zu 2.) und Mitglied der Bayerischen Versorgungskammer (Beigeladene zu 1.). Seit dem 20.3.2014 ist der Kläger auch als Steuerberater zugelassen und ab diesem Zeitpunkt nach § 6 Abs 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit.

3

Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung beantragte der Kläger bereits am 9.8.2010. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9.2.2011 ab. Die Tätigkeit als fachlicher Mitarbeiter sei weisungsgebunden und stehe den Grundsätzen der freien Berufsausübung des Rechtsanwalts entgegen. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23.8.2011).

4

Im Klageverfahren vor dem SG München beschrieb der Kläger seine Tätigkeit wie folgt:

        

Seine Tätigkeit umfasse die Analyse von betriebsrelevanten konkreten steuer- und damit verbundenen sonstigen rechtlichen Fragen und die selbstständige Bearbeitung und Darstellung von Lösungsansätzen für Mandanten seines Arbeitgebers. Im Hinblick auf die Einhaltung zeitlicher Vorgaben unterliege er grundsätzlich den Weisungen seiner unmittelbaren Vorgesetzten, die ebenfalls Rechtsanwälte seien. Ansonsten sei er frei in der Auswahl der bei der Bearbeitung rechtlicher Fragestellungen anzuwendenden Methoden und unterliege in der Vertretung seines Rechtsstandpunktes keinerlei Weisungen. Die Lösungen und Ergebnisse seiner Arbeit würden von ihm gegenüber Mandanten und Externen präsentiert. In den von ihm verfassten Stellungnahmen und Gutachten sei er als Bearbeiter/Ansprechpartner erkennbar. Dabei sei er in den Abstimmungsprozessen vor allem bei Entscheidungen über die Stellung von Anträgen und das Einlegen von finanzgerichtlichen Rechtsbehelfen wesentlich beteiligt. Unter Anträgen sei insbesondere die Ausarbeitung der Anzeigen auf Erteilung von verbindlichen Auskünften nach § 89 Abs 2 Abgabenordnung sowie von lohnsteuerlichen Anrufungsauskünften im Sinne von § 42e EStG gegenüber den Finanzbehörden gemeint, bei denen er ebenfalls keinen fachlichen Weisungen seiner Vorgesetzten unterliege. Er verhandele selbstständig mit Mandanten, externen Rechtsanwälten oder Steuerberatern und den Vertretern der Finanzverwaltung. Insbesondere gehöre zu seinen Tätigkeitsfeldern die Mitwirkung bei steuerlichen Außenprüfungen und Rechtsbehelfsverfahren, in welchen er grundsätzlich zusammen mit einem seiner Vorgesetzten (einem Prokuristen der K. AG) agiere. Er bearbeite auch Rückfragen der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Erfüllung steuerlicher Pflichten der Mandanten der K. AG eigenständig. Er erarbeite auch Verträge, soweit sie für die steuerliche Beurteilung von Relevanz seien.

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Das SG München hat die Bescheide der Beklagten mit Urteil vom 10.7.2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger ab dem 8.7.2010 für seine Tätigkeit bei der K. AG von der Versicherungspflicht zu befreien.

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Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Bayerische LSG mit Urteil vom 12.2.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vom Kläger bei der K. AG ausgeübte Beschäftigung unterliege grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Kläger habe bei der Gesellschaft als angestellter Jurist nichtselbstständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis gegen Entgelt erbracht. Seit dem 8.7.2010 habe der Kläger gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Seit diesem Zeitpunkt sei er zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung geworden. Er bedürfe wegen seiner Tätigkeit bei der K. AG, in der er in konkreten fremden steuerrechtlichen Angelegenheiten Rechtsdienstleistungen gegenüber einem fremden Dritten (Mandanten seines Arbeitgebers) erbringe, einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Nachdem er steuerrechtlich tätig sei, benötige er nach § 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG) die Zulassung als Rechtsanwalt, da die Befugnis für unbeschränkte Hilfeleistungen in Steuersachen nur Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Rechtsanwälten, niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zustehe. Auch für sein Auftreten vor den Finanzgerichten sei eine Zulassung nach § 62a Finanzgerichtsordnung (FGO) Voraussetzung. Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit sei damit für seine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung bei der Beigeladenen zu 1., anders als in den vom BSG bisher entschiedenen Fällen, eindeutig von Bedeutung. Demnach könne im vorliegenden Fall allein wegen der Notwendigkeit einer Zulassung für die konkret ausgeübte Tätigkeit bei der K. AG grundsätzlich ein Befreiungsanspruch bejaht werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Der Kläger sei im Rahmen seiner Tätigkeit bei der K. AG nicht als sog Syndikusanwalt tätig, der seinem Arbeitgeber Rechtsrat erteile und damit nach der Rechtsprechung des BSG in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig sei. Der Kläger berate vielmehr die Mandanten seines Arbeitgebers und sei damit im klassischen Sinne rechtsanwaltlich tätig. Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - Juris) sei ein angestellter Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeite, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen habe, kein Syndikusanwalt. Auch der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) beschreibe den unabhängigen Rechtsanwalt als einen solchen, der nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sei. Hieraus ergebe sich deutlich die Unterscheidung zwischen einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei die Mandate seines Arbeitgebers bearbeite, und einem Syndikus. Letzterer erteile seinem Arbeitgeber Rechtsrat und stehe insoweit in einem Über- Unterordnungsverhältnis. Der Kläger erteile seinem Arbeitgeber keinen Rechtsrat, sondern berate vielmehr die Mandanten seines Arbeitgebers, denen insoweit kein Direktionsrecht zustehe. Der BGH habe im Beschluss vom 6.3.2006 (aaO) ausgeführt, dass die Wahrnehmung des Mandats einer Steuerberatungsgesellschaft durch einen angestellten Rechtsanwalt dieser Gesellschaft sich von der Beratung des Arbeitgebers oder Dienstherrn unterscheide, da die Dienstverpflichtung nicht die Beratung des Arbeitgebers, sondern die Beratung des Mandanten sei. Genauso verhalte es sich im Fall des Klägers. § 46 Abs 2 BRAO sei im Lichte des Art 12 Abs 1 GG auszulegen. Danach bestehe ein Vertretungsverbot im Sinne dieser Norm nur im Fall einer Interessenkollision. Für den Fall einer Steuerberatungsgesellschaft, die einen angestellten Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der ihr erteilten Mandate beauftragt habe, habe der BGH eine solche Gefahr nicht gesehen. Auch wenn es sich im Fall des Klägers nicht um eine Tätigkeit bei einem Steuerberater, sondern bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft handele, sehe der Senat die vom BGH und EuGH aufgestellten Grundsätze auch hier als anwendbar an. Der Kläger berate die Mandanten seines Arbeitgebers und sei in seinem Arbeitsvertrag (§§ 16 und 17) verpflichtet, die Wirtschaftsprüferordnung (WPO) zu beachten. In § 16 des Arbeitsvertrages heiße es: Die in der WPO vom 24.7.1961 niedergelegten Berufsgrundsätze sowie die Berufssatzung der Wirtschaftsprüferkammer gölten in ihrer jeweiligen Fassung sinngemäß auch für Mitarbeiter, die nicht Wirtschaftsprüfer seien. § 17 Abs 1 des Arbeitsvertrages laute: Der Mitarbeiter habe bei seiner fachlichen Tätigkeit für die K. Gruppe unabhängig und unbefangen im Sinne der Berufssatzung der Wirtschaftsprüferkammer in der jeweils gültigen Fassung zu sein sowie die Konzernbetriebsvereinbarung 1/2006 über die Sicherstellung der Anforderungen an die Unabhängigkeit in der jeweils gültigen Fassung zu beachten. Nach § 43 Abs 1 WPO etwa habe der Wirtschaftsprüfer seinen Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben. Der Kläger sei demnach seinem Arbeitsvertrag entsprechend hinsichtlich seiner fachlichen Tätigkeit weisungsfrei und unabhängig. Sein Arbeitgeber sei aufgrund der WPO zu Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit verpflichtet und habe auch eindeutig in § 16 des Arbeitsvertrages ausgeführt, dass dies auch für den Kläger gelte. Eine Interessenkollision iS von § 46 BRAO sei nach Überzeugung des Senats damit ausgeschlossen. Die Tätigkeit des Klägers entspreche vielmehr dem Berufsbild eines angestellten Rechtsanwalts in einer Rechtsanwaltskanzlei, so dass nichts gegen seine Befreiung von der Versicherungspflicht spreche. Es würde auch vom Ergebnis her verwundern, wenn zwar angestellte Rechtsanwälte weiterhin befreit würden, aber Rechtsanwälte bei Patentanwälten, Steuerberater- oder Wirtschaftsprüferkanzleien nicht befreit werden könnten, obwohl die Ausgangslage praktisch identisch sei. All diese Berufsgruppen seien besonderen Berufspflichten unterworfen, die sie zu einer unabhängigen Ausführung ihrer Tätigkeit gegenüber Fremden verpflichteten. Alle Gruppen könnten sich zusammenschließen und Rechtsanwaltsgesellschaften (§ 59 BRAO), Patentanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfergesellschaften (§ 44b WPO) oder Steuerberatergesellschaften (§§ 49 ff StBerG) gründen (Sozietätsfähigkeit). Einzig die Rechtsform des Arbeitgebers würde dann darüber entscheiden, ob eine Befreiung zu erteilen wäre oder nicht. Dies widerspreche den Grundsätzen einer freien Berufsausübung.

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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 46 Abs 2 BRAO. Das LSG lege insbesondere den Begriff des Syndikus und des Vertretungsverbots in § 46 BRAO unzutreffend aus. Nach Auffassung der Beklagten ignoriere das LSG das arbeitsvertragliche Direktionsrecht des Arbeitgebers, wie es im Arbeitsvertrag des Klägers in § 3 S 3 seinen Niederschlag gefunden habe. Ungeachtet der unter Umständen eingeräumten Freiheit, die Mandate fachlich unabhängig zu bearbeiten, bleibe der Kläger diesem Direktionsrecht unterworfen. Das BSG habe im Urteil vom 3.4.2014 (B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12) diesen Aspekt hervorgehoben und ausgeführt, dass selbst ungeachtet im Einzelfall bestehender arbeitsrechtlicher Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung des Syndikus in die vom Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar sei. Eine entsprechende Eingliederung sei vorliegend aufgrund des Arbeitsvertrages zu bejahen, zumal bei fehlender Eingliederung bereits das Merkmal der rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht erfüllt sein dürfte. Schon insoweit stelle sich die vom Bayerischen LSG aufgebaute Organisationslinie als untauglich dar. Unabhängig davon, ob der Syndikus seinen Arbeitgeber oder dessen Mandanten berate, bleibe er stets in die fremde Arbeitsorganisation des nichtanwaltlichen Arbeitgebers eingegliedert. Soweit das LSG zu seinem Verständnis auf den Beschluss des BGH vom 6.3.2006 (aaO) verweise, verkenne es, dass diese Entscheidung im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für den Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung ergangen sei. Das BSG habe insoweit den Hinweis gegeben, dass es auch bei diesem Beschluss um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten gehe. Für die Frage, ob die Tätigkeit zum Berufsbild anwaltlicher Berufsausübung zähle, gebe die Entscheidung nichts her. Es bestehe auch kein Anlass, § 46 Abs 2 BRAO für die sozietätsfähigen Berufe generell abweichend auszulegen. Mit seiner Argumentation ziele das LSG letztlich darauf ab, dass das Berufsrecht von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern so große Parallelen aufweise - insbesondere was die weisungsfreie und unabhängige Ausübung der fachlichen Tätigkeit angehe -, dass ein bei einem entsprechenden Arbeitgeber angestellter Rechtsanwalt stets anwaltlich tätig sei, sofern er dessen Mandanten berate. Mit dieser Auslegung verkenne das LSG jedoch die allgemeinen Grundsätze, die für die berufliche Zusammenarbeit interprofessioneller Sozietäten gelten. Es sei generell anerkannt, dass die Zusammenarbeit stets nur im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse erfolgen dürfe (vgl § 59a Abs 1 BRAO, § 56 Abs 1 StBerG sowie § 44b WPO). Dieser Berufsträgervorbehalt gelte auch für den Arbeitgeber. Dieser dürfe nur solche Rechtsdienstleistungen erbringen, die nach dem für ihn geltenden Berufsrecht zulässig seien. Entsprechend habe das BVerfG für eine Zusammenarbeit von Patentanwälten und Rechtsanwälten entschieden, dass diese nur dann allgemein und umfassend iS des § 3 Abs 1 BRAO rechtsbesorgend tätig sein könnten, wenn sie auch als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen seien(BVerfG Beschluss vom 14.1.2014 - 1 BvR 2998/11). Damit benötige selbst die Patentanwaltsgesellschaft, deren Recht in vielerlei Hinsicht dem der Rechtsanwaltsgesellschaft nachgebildet sei, die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft, um rechtsanwaltlich tätig werden zu dürfen. Sei die Patentanwaltsgesellschaft nicht gleichzeitig als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen, dürften die für sie tätigen Rechtsanwälte rechtsanwaltlich nur tätig werden, soweit sie persönlich mandatiert würden. Übertragen auf die Tätigkeit des Klägers bedeute dies Folgendes: Die eventuellen Ähnlichkeiten in der Ausgestaltung der Tätigkeit von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern hinsichtlich der Unabhängigkeit und fachlichen Weisungsfreiheit seien entgegen der Einschätzung des Berufungsgerichts unerheblich. Allein entscheidend sei, ob der Arbeitgeber dem anwaltlichen Berufsrecht unterliege. Nur in diesem Fall dürfe der Kläger als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten auftreten und seine Funktion als Organ der Rechtspflege ausüben (§§ 1 bis 3 BRAO). Da sein Arbeitgeber eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei, dürfe er Rechtsdienstleistungen nur in eingeschränktem Umfang erbringen. Rechtsanwaltlich tätig werden könne der Kläger damit nur, wenn ihn die Mandanten der K. AG persönlich mandatieren würden. Dass der Kläger persönlich mandatiert werde, habe das LSG aber gerade nicht festgestellt. Vielmehr würden ihm die Mandate durch den Arbeitgeber im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses übertragen. Der weitere Einwand des Berufungsgerichts, es sei nicht sachgerecht, allein die Rechtsform des Arbeitgebers über das Befreiungsrecht entscheiden zu lassen, weil hierin eine unangemessene Berufsausübungsregelung lege, sei nicht stichhaltig.

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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Februar 2015 und des Sozialgerichts München vom 10. Juli 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die angegriffenen Urteile für zutreffend.

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Die Beigeladenen haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert bzw keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Eine abschließende Entscheidung in der Sache kann der Senat nicht treffen, weil weitere Tatsachenfeststellungen des LSG erforderlich sind.

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Nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI(idF von Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 - BGBl I 3242) werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

b)    

für sie nach näherer Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

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Dabei hat gemäß § 6 Abs 3 S 1 SGB VI die zuständige oberste Verwaltungsbehörde die rechtlichen Anforderungen an die berufsständische Versorgungseinrichtung vor Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung zu bestätigen(vgl BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36; Gürtner, Kasseler Komm, § 6 RdNr 30 - Stand September 2015).

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A. Der Kläger war im streitigen Zeitraum abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach hat der Kläger bei der K. AG als fachlicher (juristischer) Mitarbeiter im Bereich Tax Service Lines im Zeitraum 8.7.2010 bis 19.3.2014 nichtselbstständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB) erbracht.

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B. Darüber hinaus ist der Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 163 SGG) ab dem 8.7.2010 durch die Rechtsanwaltskammer München, die Beigeladene zu 2., zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende begünstigende Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der Rechtsanwaltskammer ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde der Kläger damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden Rechtsanwaltskammer München(§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Etwaige Fehler im Zulassungsverfahren lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt (vgl dazu BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 25).

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Das LSG hat zudem festgestellt, dass der Kläger zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung" geworden ist. Die Beigeladene zu 1. ist als Versorgungskammer der Rechtsanwälte im Lande Bayern eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer wurde der Kläger auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in Art 38 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes über das öffentliche Versorgungswesen in Bayern iVm § 15 Abs 1 Nr 1 der Satzung der Beigeladenen zu 1. ipso jure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsaktes) zugleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1.

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C. Dagegen kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob der Kläger aufgrund seiner entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), weil insbesondere Feststellungen zu den Voraussetzungen einer vorliegend noch in Betracht kommenden Versicherungsfreiheit wegen Entgeltgeringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung iVm § 8 Abs 1 SGB IV und § 230 Abs 8 SGB VI) fehlen. Ebenso fehlen Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a bis c iVm Abs 3 S 1 SGB VI.

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D. Außerdem kann der Senat mangels fehlender ausreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger eine befreiungsfähige Beschäftigung iS von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ausübt.

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Diese Vorschrift gibt versicherungspflichtigen Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht für die "Beschäftigung, wegen der" sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Unter "derselben Beschäftigung" im Sinne der Norm ist die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" zu verstehen (vgl dazu im Einzelnen BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 28 f).

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Ein und dieselbe Erwerbstätigkeit führt neben der Versicherungspflicht in der gesetzlichen (Beschäftigten-)Rentenversicherung auch zur Versicherungspflicht in der berufsständischen Rechtsanwaltsversorgung, wenn die Erwerbstätigkeit sowohl nach inhaltlichen Aspekten als auch ihrer äußeren Form nach dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann (BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 31, 33).

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I. Die Tätigkeit des Klägers ist inhaltlich ohne jeden Zweifel einer anwaltlichen Tätigkeit zuzuordnen. Der Kläger berät Mandanten seiner Arbeitgeberin, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, in steuerrechtlichen Angelegenheiten. Er bedarf hierzu sowie zu ihrer Vertretung vor Gericht der Zulassung als Rechtsanwalt (§ 3 Nr 1 StBerG, § 62 Abs 2 FGO).

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II. Ob die Tätigkeit des Klägers auch ihrer äußeren Form nach als anwaltliche Tätigkeit zu bewerten ist, entscheidet sich nach den Vorschriften der BRAO.

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Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) sowie der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) sein. Ferner hat jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen (§ 3 Abs 3 BRAO). Darüber hinaus darf der Rechtsanwalt keine Tätigkeit ausüben, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann (§ 7 Nr 8 BRAO).

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Bei der Beurteilung der Frage, ob nach diesen Berufsaufgaben und -vorgaben eine Erwerbstätigkeit ihrer äußeren Form nach dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, legt der Senat die Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Danach erlaubt das gesetzlich normierte Berufsbild des Rechtsanwalts diesem zunächst nicht jede Tätigkeit für jeden Arbeitgeber und verlangt insbesondere eine unabhängige und weisungsfreie Bearbeitung der ihm übertragenen Mandate. Darüber hinaus verbietet es die Ausübung einer Tätigkeit unter Verstoß gegen die Rechtsordnung, wie etwa die Beratung von Rechtsuchenden unter Umgehung von Gesetzen.

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Ob die Tätigkeit des Klägers bei der K. AG mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts vereinbar ist, lässt sich auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Zwar kann danach ausgeschlossen werden, dass der Kläger für seine Arbeitgeberin als Syndikus tätig wird (dazu 1.a). Auch ist die Beratung von Mandanten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch einen juristischen Angestellten unter bestimmten Voraussetzungen nach der heutigen Rechtsprechung des BGH und der Rechtsprechung des BVerfG mit der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängigem Organ der Rechtspflege im Sinne der Vorgaben der BRAO vereinbar (dazu 1.b). Zudem übt der in Steuerangelegenheiten tätige, bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt keine gegen die Rechtsordnung verstoßende Tätigkeit aus (dazu 1.c) und betreut der Kläger dementsprechend ausschließlich steuerrechtliche Mandate (dazu 2.a). Dagegen ist für den erkennenden Senat nicht beurteilbar, ob der zwischen dem Kläger und der K. AG geschlossene Arbeitsvertrag auch die inhaltliche Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Klägers sicherstellt; insoweit fehlen Feststellungen des LSG zum Inhalt des allgemeinen Weisungsrechts der Arbeitgeberin iS von § 3 Abs 1 S 3 des Arbeitsvertrags(dazu 2.b).

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1.a) Wie der Senat in seinen Urteilen vom 3.4.2014 (ua B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12) entschieden hat, ist der bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigte Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig. Der Kläger übt nach den Feststellungen des LSG keine Tätigkeit als Syndikus aus.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Ist er gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen, ist er "Syndikusanwalt", der zwei Arbeitsbereiche hat, einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 7.11.1960 - AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f; BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6). Dabei hat der BGH bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (aaO) unter Bezugnahme auf die Amtliche Begründung (BT-Drucks III/120 zu § 59 S 77) als zutreffend hervorgehoben, dass der "Syndikusanwalt" bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild entspreche, wie es in der Allgemeinheit bestehe.

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Ebenso hat das BVerfG im Beschluss vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) auf die BT-Drucks III/120, S 56 f hingewiesen, nach der der Syndikus in dieser Tätigkeit "seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt", von der die Tätigkeit, "Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten", zu unterscheiden ist.

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In Übereinstimmung hiermit versteht der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) unter "unabhängigen Rechtsanwälten" Anwälte, "die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind". Auch der EuGH unterscheidet danach zwischen der mit dem Beruf eines Rechtsanwalts nicht zu vereinbarenden juristischen Beratungstätigkeit für seinen Dienstherrn und der anwaltlichen Tätigkeit für Dritte.

31

Nach den Feststellungen des LSG berät der Kläger nicht seine Arbeitgeberin in Rechtsangelegenheiten, sondern ausschließlich Dritte, die Mandanten der K. AG.

32

b) Die Beratung von Mandanten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch deren juristischen Angestellten ist im Lichte der heutigen BGH-Rechtsprechung in Verbindung mit der Rechtsprechung des BVerfG als mit dem Berufsbild eines Rechtsanwalts vereinbar zu bewerten.

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aa) Nach der früheren Rechtsprechung des BGH wäre dies hingegen zweifelhaft.

34

In seiner Entscheidung vom 29.3.1982 (AnwZ (B) 35/81 - BGHZ 83, 350, 352f = Juris RdNr 13) hat der BGH unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung ausgeführt, dass derjenige nicht als Rechtsanwalt zugelassen werden könne, der in abhängiger Stellung als Angestellter eines den anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfenen Dienstherrn Dritten Rechtsrat erteilt oder sonst Rechtsangelegenheiten für sie besorgt, auch wenn das nur mittelbar geschehe (BGHZ 72, 278, 279; 72, 322, 323 f mwN; vgl auch BGH Beschluss vom 11.2.1974 - AnwZ (B) 8/73 - Juris RdNr 16). Dabei komme es nicht darauf an, ob der Betroffene generell oder im Einzelfall an konkrete Weisungen seines Dienstherrn gebunden sei. Entscheidend sei vielmehr, dass ihm bei solcher Tätigkeit die Eigenverantwortlichkeit im Verhältnis zum Rechtsuchenden fehle, von der das Berufsbild des Rechtsanwalts wesentlich geprägt werde (BGHZ 63, 377, 378 f; 65, 238, 239 ff; 68, 62, 63; vgl auchhttps://www.jurion.de/Urteile/BGH/1977-01-17/AnwZ-_B_-23_76?from=0:2389108 BGH Beschluss vom 11.2.1974 - AnwZ (B) 8/73 - Juris RdNr 17 und BGH Beschluss vom 4.12.1989 - AnwZ (B) 56/89 - Juris RdNr 8 mwN). Denn der Angestellte habe - zumindest im vorprozessualen Stadium - selbst keine Rechtsbeziehungen zu den Auftraggebern seines Dienstherrn. Ihnen sei allein oder jedenfalls in erster Linie sein Dienstherr verantwortlich (BGHZ 63, 377, 379; 65, 238, 239).

35

Als unvereinbar mit dem Beruf eines Rechtsanwalts bewertete der BGH ausdrücklich auch die Tätigkeit als angestellter Volljurist eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers; wer als Angestellter eines Wirtschaftsprüfers ständig den Auftraggebern des Wirtschaftsprüfers Rechtsrat erteile, könne selbst dann nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden, wenn sich seine Betätigung auf Rechtsberatung in Steuersachen beschränke (BGH Beschluss vom 19.11.1962 - AnwZ (B) 20/62 - BGHZ 38, 241 f). Dabei bejahte der BGH den Versagungsgrund des § 7 Nr 8 BRAO insbesondere deshalb, weil "Rechtssuchenden in vertraglicher Abhängigkeit von den Weisungen eines Nicht-Rechtsanwalts … Rechtsrat erteilt" werde(BGHZ aa0 247), was mangels näherer Angaben im Sinne des Bestehens eines allgemeinen Weisungsrechts zu verstehen sein dürfte.

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Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass die Vereinbarkeit der Tätigkeit des Klägers mit dem Berufsbild eines Rechtsanwalts unter Zugrundelegung dieser Vorgaben problematisch wäre.

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bb) Mit Beschluss vom 6.3.2006 (AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 RdNr 11 = Juris RdNr 11) hat der BGH entschieden, dass Rechtsanwälte trotz ihrer Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) mit Rechtsanwälten, Rechtsanwaltsgesellschaften, Steuerberatern oder Steuerberatungsgesellschaften Anstellungsverträge eingehen könnten, wobei der Anstellungsvertrag die Unabhängigkeit des angestellten Rechtsanwalts sicherstellen müsse. Zwar ist diese Entscheidung nicht im Zulassungsrecht zu § 7 Nr 8 BRAO, sondern in einem Streit um die Erlaubnis zur Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Steuerrecht" zu § 46 Abs 2 BRAO ergangen. Die Ausführungen des BGH zu möglichen Anstellungsverträgen sind aber ohne jede Einschränkung erfolgt und können daher auch im Rahmen der das Berufsbild des Rechtsanwalts prägenden Vorschriften der §§ 1 bis 3 BRAO Geltung beanspruchen.

38

Entgegen der von der Beklagten wohl vertretenen Ansicht hat der Senat in seinen Urteilen vom 3.4.2014 (ua B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12) nicht den gegenteiligen Rechtsstandpunkt eingenommen. In der von der Beklagten in Bezug genommenen RdNr 47 der vorgenannten Entscheidung hat der Senat vielmehr ausdrücklich für Fälle der (dort) "Vorliegenden Art", unter Hinweis auf den Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297) und ua den Beschluss des BGH vom 6.3.2006 (AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299) ausgeführt, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vorneherein entgegenstehe, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen sei und die Arbeitszeit sowie Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nehme. Insofern gehe es um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten sowie insbesondere die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt - der in seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn die typischen Wesensmerkmale der das Bild des Anwalts bestimmenden freien Berufsausübung gerade nicht erfüllt. Bereits die Urteile vom 3.4.2014 (aaO) zitieren daher den Beschluss des BGH vom 6.3.2006 (aaO) im Zusammenhang mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts.

39

Im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung ist daher nach der neueren Rechtsprechung des BGH die Stellung als Angestellter eines Steuerberaters oder einer Steuerberatungsgesellschaft und damit eines den anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfenen Arbeitgebers mit dem Status des Rechtsanwalts als unabhängigem Organ der Rechtspflege iS von § 1 BRAO vereinbar, wenn der Anstellungsvertrag die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts sicherstellt. Damit kommt es ebenfalls im Gegensatz zu der oben zitierten Rechtsprechung des BGH heute entscheidend auf die konkrete Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit bei der Bearbeitung der dem Einzelnen übertragenen Mandate an (vgl BGH aaO RdNr 11) und ist die früher betonte Eigenverantwortlichkeit der Tätigkeit in Gestalt der eigenen Rechtsbeziehung zum Auftraggeber unerheblich geworden.

40

cc) Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG an.

41

Bei der Beurteilung der Frage, welche Erwerbstätigkeit mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts nach den Bestimmungen der BRAO vereinbar ist, ist der Bedeutung der Berufsfreiheit iS von Art 12 Abs 1 GG Rechnung zu tragen, in deren Lichte die Vorschriften der BRAO auszulegen sind. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 5.11.2001 (1. Senat 2. Kammer - 1 BvR 1523/00 - Juris RdNr 15, 20, 22) kann allein aus der Einbindung eines Rechtsanwalts in die Organisation eines Mietervereins, der den Rechtsanwalt seinen Mitgliedern als Rechtsberater zur Verfügung stellt, unter Berücksichtigung von Art 12 Abs 1 GG nicht auf eine auf sachlichen Weisungen beruhende, die individuelle Beratungsebene und anwaltliche Tätigkeit erfassende Abhängigkeit geschlossen werden, wenn sich aus dem Vertrag zwischen Rechtsanwalt und Mieterverein hierfür keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Dabei hat das BVerfG (aaO RdNr 20) hervorgehoben, dass sich eine Abhängigkeit nur durch richtunggebende Einflussnahme auf den Inhalt der Dienstleistung und durch Rechenschaftsverpflichtungen des Dienstleistenden ergeben können.

42

Die Einbindung eines Rechtsanwalts in die Organisation eines Unternehmens, dessen Kunden der Rechtsanwalt im Auftrag des Unternehmens berät und vertritt, ist von der Eingliederung des Syndikusanwalts in die Arbeitsorganisation seines Arbeitgebers, dem er in seiner Eigenschaft als Syndikus Rechtsrat und -beistand gewährt, zu unterscheiden. Die ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen entspricht nicht dem Berufsbild des Rechtsanwalts, das aus der Sicht der Allgemeinheit der Rechtsuchenden aufgrund seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muss (vgl BT-Drucks III/120, S 58). Deshalb ist unerheblich, ob der Syndikus arbeitsrechtlich die Möglichkeit hat, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln; denn diese interne Absprache lässt die Vereinbarkeit seiner Tätigkeit mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts aus der Sicht der Allgemeinheit der Rechtsuchenden unberührt (in diesem Sinne BSG Urteile vom 3.4.2014 - ua B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 39). Die Beratung und Vertretung von Rechtsuchenden durch einen bei einem Unternehmen angestellten oder von diesem beauftragten Rechtsanwalt entspricht hingegen nach seinem äußeren Erscheinungsbild angesichts der Vielzahl der in Rechtsanwaltskanzleien angestellten Anwälte dem Berufsbild des Rechtsanwalts aus der Sicht der Rechtsuchenden. In diesem Fall ist daher in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Rechtsanwalt entsprechend dem vermittelten Bild auch tatsächlich als unabhängiges Organ der Rechtspflege fungiert, was sich nach dem Inhalt des zwischen ihm und dem Unternehmen geschlossenen Vertrages entscheidet. Aufgrund der Unterschiede beider juristischen Tätigkeiten in der Wahrnehmung der Rechtsuchenden sind die Ausführungen des Senats in dem zu Syndikusanwälten ergangenen Urteilen vom 3.4.2014 (aaO RdNr 39) auf die hiesige Fallkonstellation der Beratung und Vertretung von Mandanten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch einen bei ihr angestellten Rechtsanwalt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht übertragbar.

43

Die Unabhängigkeit eines solchen Rechtsanwalts ist nur dann nicht gegeben, wenn sein Arbeitgeber auf den Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit richtunggebenden Einfluss ausüben kann, dem entsprechende Rechenschaftspflichten des Rechtsanwalts korrespondieren. Ein Anstellungsvertrag, der dies ausschließt, lässt die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege iS von § 1 BRAO unberührt(vgl auch LAG Düsseldorf Urteil vom 23.7.2002 - 16 Sa 162/02 - AnwBl 2002, 600 f = Juris RdNr 36).

44

dd) Kann aber ein Rechtsanwalt mit Steuerberatern oder Steuerberatungsgesellschaften einen Anstellungsvertrag eingehen, ist dies auch mit Wirtschaftsprüfern oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zulässig.

45

Art 12 Abs 1 S 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes, dh die Entscheidung für eine konkrete Betätigungsmöglichkeit oder ein bestimmtes Arbeitsverhältnis und damit die freie Entscheidung für die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit oder abhängigen Beschäftigung einschließlich der Wahl des Vertragspartners (vgl BVerfGE 84, 133, 146 f; 85, 360, 372 f; 128, 157, 176; vgl auch Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl 2016, Art 12 RdNr 11). Die Einschränkung dieser beruflichen Freiheit bedarf nach Art 12 Abs 1 S 2 GG einer gesetzlichen Regelung, die ihrerseits mit Art 12 Abs 1 GG vereinbar sein muss.

46

Ein ausdrückliches Verbot der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Form der Erbringung von Rechtsleistungen als Angestellter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft besteht nicht. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass aus den Vorschriften der BRAO ein derartiges Verbot mit der gebotenen hinreichenden Bestimmtheit und Deutlichkeit abgeleitet werden könnte.

47

(1) Insbesondere gefährdet eine derartige Anstellung nicht die in § 1 BRAO postulierte Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege.

48

Gemäß § 43 Abs 1 S 1 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (WPO - idF des Gesetzes vom 5.11.1975, BGBl I 2803 - nachfolgend aF) haben Wirtschaftsprüfer ihren Beruf unabhängig und eigenverantwortlich, dh weisungsfrei (§ 44 WPO) auszuüben. Nach § 56 Abs 1 WPO gilt § 43 Abs 1 S 1 WPO aF auch für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die ua die Rechtsform der Aktiengesellschaft haben können(§ 27 Abs 1 WPO idF des Gesetzes zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung vom 3.9.2007, BGBl I 2178). Da Gesellschaften nur durch natürliche Personen handeln können, bedeutet ihre Bindung an die Pflicht zur unabhängigen und weisungsfreien Berufsausübung, dass sie diese an ihre Angestellten, soweit sie Berufsfremde sind und damit nicht unmittelbar von § 43 Abs 1 S 1 WPO aF erfasst werden, weitergeben müssen; denn nur so können die Gesellschaften selbst die Einhaltung der ihnen auferlegten Berufspflichten gewährleisten (vgl auch BVerfG Beschluss vom 14.1.2014 - 1 BvR 2998/11 ua - Juris RdNr 94).

49

(2) Ebenso wenig lässt sich aus § 3 Abs 1 BRAO ein Verbot der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs als Angestellter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ableiten, nach dem der Rechtsanwalt Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ist.

50

Zwar darf der bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt nicht in allen Rechtsangelegenheiten tätig werden. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist gemäß § 3 Nr 3 StBerG zu geschäftsmäßigen Hilfeleistungen in Steuersachen befugt. Hierzu gehören Beratung und Vertretung in Steuersachen sowie Hilfeleistungen bei der Bearbeitung von Steuerangelegenheiten und der Erfüllung steuerlicher Pflichten (vgl § 33 StBerG; Gehrke/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 6. Aufl 2009, § 1 RdNr 4 und § 33 RdNr 6). Dementsprechend darf ein Rechtsanwalt, der bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellt ist, in dieser Eigenschaft geschäftsmäßig auch nur Hilfeleistungen in Steuersachen, dagegen nicht auch Leistungen auf anderen Rechtsgebieten erbringen (vgl BGH Beschluss vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - Juris RdNr 13; vgl auch BVerfG Beschluss vom 14.1.2014 - 1 BvR 2998/11 ua - Juris RdNr 90). Rechtsberatungen und -vertretungen, zu denen die Gesellschaft nicht befugt ist, darf der Rechtsanwalt nur außerhalb seines Anstellungsverhältnisses leisten (BGH aaO).

51

Rechtsanwälte sind indes berechtigt, sich zu spezialisieren und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur auf bestimmten Rechtsgebieten tätig zu sein (BGHZ 49, 244, 247; BGH Beschluss vom 20.3.1972 - AnwZ (B) 21/71 - Juris RdNr 15 f; vgl hierzu auch Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl 2015, § 3 RdNr 2). Die Bearbeitung steuerrechtlicher Fälle ist ein Ausschnitt der dem Rechtsanwalt erlaubten Berufstätigkeit (BVerfGE 80, 269, 280; BGHZ 49, 244, 246; BGH Beschluss vom 10.11.1975 - AnwZ (B) 9/75 - NJW 1976, 425, 426), auf den sich Anwälte spezialisieren und in dem sie nur beschränkt tätig sein dürfen (BGH Beschluss vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - Juris RdNr 14).

52

(3) Schließlich steht auch § 3 Abs 3 BRAO, nach dem jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht hat, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen, einer Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deren Mandanten er berät und vertritt, nicht entgegen.

53

Zwar steht ein solcher Rechtsanwalt nicht jedem Rechtsuchenden zur Verfügung. Da eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nur ein bestimmtes Tätigkeitsfeld hat (vgl § 2 WPO) spricht diese lediglich einen eingeschränkten Kundenkreis an, so dass der Kreis der Rechtsuchenden von vornherein auf eine bestimmte Mandantschaft beschränkt ist. Das Recht auf freie Anwaltswahl (Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl 2015, § 3 RdNr 5) besteht indes nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und erfährt daher ua eine Begrenzung durch die in Art 12 Abs 1 S 1 GG gewährte Berufsfreiheit, die - wie bereits oben ausgeführt - die freie Entscheidung des Grundrechtsträgers umfasst, eine abhängige Beschäftigung bei einem Arbeitgeber seiner Wahl zu ergreifen. Zwar steht die gesamte Berufsfreiheit, einschließlich der Wahl des Arbeitsplatzes, unter dem Gesetzesvorbehalt des Art 12 Abs 1 S 2 GG (BVerfGE 54, 237, 246; 110, 304, 321; 84, 133, 148; 85, 360, 373). Jedoch sind die die Berufsfreiheit regelnden Vorschriften ihrerseits im Lichte der Bedeutung des Art 12 Abs 1 S 1 GG auszulegen (vgl nur BVerfGE 67, 157, 172 f; 107, 299, 315).

54

Angesichts der Vielzahl zugelassener Rechtsanwälte, die den Rechtsuchenden zur Verfügung stehen, kann § 3 Abs 3 BRAO im Lichte der Berufsfreiheit der Rechtsanwälte nicht dahin verstanden werden, dass er die Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts als Angestellter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufgrund der damit verbundenen Beschränkung des Kreises der Rechtsuchenden verbietet. Das Recht auf freie Anwaltswahl kann daher nur dahin verstanden werden, dass dem Rechtsuchenden - vorbehaltlich gesetzlicher Vorschriften - kein Rechtsanwalt gegen seinen Willen aufgezwungen werden kann, sondern der Rechtsuchende das Recht hat, einen Rechtsanwalt zu seinem Bevollmächtigten zu bestimmen.

55

Ebenso wenig rechtfertigt sich ein Tätigkeitsverbot im hier maßgeblichen Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt, dass der bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt deren Mandanten nur in steuerrechtlichen, nicht aber auch in sonstigen Rechtsangelegenheiten beraten und vertreten kann. § 3 Abs 3 BRAO besagt nämlich nicht, dass den Rechtsuchenden für sämtliche Rechtsangelegenheiten ein und derselbe Anwalt zur Verfügung stehen müsste(BGH Beschluss vom 20.3.1972 - AnwZ (B) 21/71 - Juris RdNr 16).

56

(4) § 46 BRAO(idF des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2.9.1994, BGBl I 2278 - nachfolgend aF) steht ebenfalls nicht der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs als Angestellter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entgegen.

57

Ein Rechtsanwalt darf nach § 46 Abs 1 BRAO aF für einen Auftraggeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, vor Gerichten nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden. Diese Voraussetzungen liegen bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat, nicht vor (BGH Beschluss vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - Juris RdNr 8). Auftraggeber ist derjenige, dessen Interessen vor Gericht vertreten werden sollen. Das ist nicht der Arbeitgeber oder Dienstherr des angestellten Rechtsanwalts, sondern der Mandant, der den Arbeitgeber oder Dienstherr des Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. Dieser hat aufgrund des Mandats kein Direktionsrecht gegenüber dem angestellten Rechtsanwalt der Gesellschaft (BGH aaO).

58

Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen eines Vertretungsverbots nach § 46 Abs 2 Nr 1 BRAO aF vor. Nach dieser Vorschrift darf der Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er in derselben Angelegenheit als sonstiger Berater, der in einem ständigen Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis Rechtsrat erteilt, bereits rechtsbesorgend tätig geworden ist.

59

Fraglich ist bereits, ob die Wahrnehmung des Mandats einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch einen angestellten Rechtsanwalt dieser Gesellschaft begrifflich die Beratung in derselben Angelegenheit sein kann. Zwar befasst sich der angestellte Rechtsanwalt mit einem solchen Mandat, weil er durch den Anstellungsvertrag zur Dienstleistung verpflichtet ist. Inhalt der Dienstverpflichtung ist aber nicht die Beratung seines Arbeitgebers oder Dienstherrn, sondern die Beratung des Mandanten (vgl BVerfG 2. Kammer des 1. Senat Beschluss vom 5.11.2001 - 1 BvR 1523/00 - Juris RdNr 16; BGH Beschluss vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - Juris RdNr 10). Hiervon geht auch § 62 Abs 2 FGO iVm § 3 Nr 3 StBerG aus. Danach sind Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zur Vertretung vor dem BFH nur berechtigt, wenn sie durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer handeln. Diese Regelung liefe teilweise leer, läge hier ein Vertretungsverbot nach § 46 Abs 2 BRAO aF vor(vgl BGH aaO RdNr 10).

60

Zumindest aber ergibt eine Auslegung des § 46 Abs 2 BRAO aF im Lichte des Art 12 Abs 1 GG, dass im hier maßgeblichen Zusammenhang kein Vertretungsverbot im Sinne der Norm besteht.

61

Bei einer verfassungskonformen Auslegung ist unter einem "ständigen Dienst- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis" in § 46 Abs 2 Nr 1 BRAO aF nur eine solche Vertragsbeziehung zu verstehen, bei der die Gefahr einer Interessenkollision bestehen kann. Es muss zu besorgen sein, dass die Weisungs- und Richtlinienkompetenz des Arbeitgebers in die Tätigkeit des Rechtsanwalts hineinwirkt. Anderenfalls ist kein Gemeinwohlbelang ersichtlich, der eine Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen könnte (BVerfG aaO RdNr 17; BGH aaO RdNr 11).

62

Hierfür sprechen nach der Entscheidung des BVerfG (aaO RdNr 18) Sinn und Zweck der Regelung, ihre Entstehungsgeschichte und die gesetzliche Stellung der Norm: Sie ist in das Gesetz nach der Zweitberufsentscheidung des BVerfG (BVerfGE 87, 287) aufgenommen worden, in der angemahnt worden ist, Berufseinschränkungen an Interessenkollisionen zu binden. In den Gesetzesmaterialien wird hervorgehoben, dass es bei dem Tätigkeitsverbot in § 46 Abs 2 Nr 1 BRAO aF genau darum geht(vgl BR-Drucks 93/93 S 86211). Auch der Vergleich zum Syndikusanwalt, dessen Tätigkeitsverbot in § 46 Abs 1 BRAO aF geregelt ist und bei dem typisierend angenommen wird, dass die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers den gerichtlichen Bereich mitberührt, zeigt, dass Interessenkollisionen vermieden werden sollen.

63

Eine derartige Interessenkollision ist nicht ersichtlich, wenn der bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt Mandanten der Gesellschaft berät und vor Gericht vertritt, soweit sein Anstellungsvertrag kein Weisungsrecht der Arbeitgeberin begründet, das seine juristische Tätigkeit inhaltlich betrifft. Ohne jeden Anhalt im Vertrag kann dies nicht unterstellt werden (BVerfG aaO RdNr 23).

64

Entgegen der Ansicht der Beklagten führt das hier vertretene Normverständnis nicht zu dem Ergebnis, dass der bei einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer angestellte Jurist stets anwaltlich tätig ist, sofern er deren Mandanten berät. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn der jeweilige Arbeitsvertrag die unabhängige und weisungsfreie Wahrnehmung der dem Angestellten übertragenen Mandate sicherstellt.

65

c) Schließlich übt der in Steuerangelegenheiten tätige, bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt keine gegen die Rechtsordnung verstoßende Tätigkeit aus.

66

Gemäß § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Dienstleistungen (RDG) ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Nach § 5 Abs 1 S 1 RDG sind zudem Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.

67

Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist - wie bereits oben dargelegt - gemäß § 3 Nr 3 StBerG zu geschäftsmäßigen Hilfeleistungen in Steuersachen befugt, wozu Beratung und Vertretung in Steuersachen sowie Hilfeleistungen bei der Bearbeitung von Steuerangelegenheiten und der Erfüllung steuerlicher Pflichten gehören(vgl § 33 S 1 StBerG; Gehrke/Koslowski, aaO), so dass der bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt in dem Anstellungsverhältnis steuerrechtliche Mandate betreuen darf (vgl BGH Beschluss vom 6.3.2006 - AnWZ (B) 37/05 - Juris RdNr 13; vgl auch BVerfG Beschluss vom 14.1.2014 - 1 BvR 2998/11 ua - Juris RdNr 90).

68

2. Ob der zwischen dem Kläger und der K. AG geschlossene Arbeitsvertrag den unter Ziffer 1 dargelegten Vorgaben entspricht, kann der erkennende Senat nicht abschließend entscheiden.

69

a) Nach den Feststellungen des LSG wird der Kläger ausschließlich in steuerrechtlichen Angelegenheiten für die Mandanten seiner Arbeitgeberin und damit auf einem zulässigen Rechtsgebiet tätig.

70

b) Nicht vollständig geklärt ist indes, ob der Arbeitsvertrag auch die unabhängige und weisungsfreie Wahrnehmung der dem Kläger übertragenen Mandate sicherstellt.

71

Zwar hat das LSG festgestellt, dass der Kläger unter Berücksichtigung von §§ 16 und 17 des Arbeitsvertrages iVm § 43 Abs 1 WPO seinen Beruf unabhängig und eigenverantwortlich, dh weisungsfrei ausübt. Es fehlen aber Feststellungen zu dem in § 3 Abs 1 S 3 des Arbeitsvertrages normierten allgemeinen Weisungsrecht der Arbeitgeberin. Insoweit wird das LSG zu prüfen haben, ob dieses - §§ 16 und 17 überlagernd - die juristische Tätigkeit des Klägers inhaltlich erfasst und der K. AG eine richtunggebende Einflussnahme auf den Inhalt der vom Kläger zu erbringenden Dienstleistungen ermöglicht sowie hiermit korrespondierend entsprechende Rechenschaftsverpflichtungen des Klägers begründet. Nur in diesem Fall wäre eine Abhängigkeit des Klägers im hier maßgeblichen Sinn zu bejahen (nochmals BVerfG Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats vom 5.11.2001 - 1 BvR 1523/00 - Juris RdNr 15, 20).

72

Nach Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens wird das LSG außerdem die noch fehlenden Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit sowie zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a bis c iVm Abs 3 S 1 SGB VI zu treffen haben.

73

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

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(1) Für den Bezirk eines Oberlandesgerichts wird eine Rechtsanwaltskammer gebildet. Sie hat ihren Sitz am Ort des Oberlandesgerichts. (2) Mitglieder der Rechtsanwaltskammer sind 1. Personen, die von ihr zur Rechtsanwaltschaft zugelassen oder von

Wirtschaftsprüferordnung - WiPrO | § 44b Gemeinsame Berufsausübung


(1) Wirtschaftsprüfer dürfen ihren Beruf mit natürlichen und juristischen Personen sowie mit Personengesellschaften, die der Berufsaufsicht einer Berufskammer eines freien Berufes im Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen und ein Zeugnisverweige

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 32 Ergänzende Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze


(1) Für Verwaltungsverfahren nach diesem Gesetz oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, für Behörden des Bundes das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes und für Behörden der

Wirtschaftsprüferordnung - WiPrO | § 56 Anwendung der Vorschriften über die Rechte und Pflichten der Wirtschaftsprüfer auf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften


(1) Die §§ 43, 43a Absatz 2 und 3, §§ 44b, 49 bis 53, 54a und 55 bis 55c gelten sinngemäß für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie für Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Partner und persönlich haftende Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungsge

Wirtschaftsprüferordnung - WiPrO | § 27 Rechtsform


Europäische Gesellschaften, Gesellschaften nach deutschem Recht oder Gesellschaften in einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zulässigen Rechtsfor

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 34 Zustellung


Verwaltungsakte, durch die die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer begründet oder versagt wird oder erlischt oder durch die eine Befreiung oder Erlaubnis versagt, zurückgenommen oder widerrufen wird,

Wirtschaftsprüferordnung - WiPrO | § 44 Eigenverantwortliche Tätigkeit


(1) Eine eigenverantwortliche Tätigkeit übt nicht aus, wer sich als zeichnungsberechtigter Vertreter oder als zeichnungsberechtigter Angestellter an Weisungen zu halten hat, die ihn verpflichten, Prüfungsberichte und Gutachten auch dann zu unterzeich

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 59 Ausbildung von Referendaren


Der Rechtsanwalt soll in angemessenem Umfang an der Ausbildung der Referendare mitwirken. Er hat den Referendar, der im Vorbereitungsdienst bei ihm beschäftigt ist, in den Aufgaben eines Rechtsanwalts zu unterweisen, ihn anzuleiten und ihm Gelegenhei

Referenzen - Urteile

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Bundessozialgericht Urteil, 15. Dez. 2016 - B 5 RE 7/16 R zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundessozialgericht Urteil, 15. Dez. 2016 - B 5 RE 7/16 R zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 03. Apr. 2014 - B 5 RE 13/14 R

bei uns veröffentlicht am 03.04.2014

Tenor Die Revision wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatt
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 15. Dez. 2016 - B 5 RE 7/16 R.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Dez. 2018 - L 19 R 895/14

bei uns veröffentlicht am 05.12.2018

Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.09.2014 wird als unzulässig verworfen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbesta

Referenzen

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

1Das Betriebsstättenfinanzamt hat auf Anfrage eines Beteiligten darüber Auskunft zu geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind.2Sind für einen Arbeitgeber mehrere Betriebsstättenfinanzämter zuständig, so erteilt das Finanzamt die Auskunft, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung (§ 10 der Abgabenordnung) des Arbeitgebers im Inland befindet.3Ist dieses Finanzamt kein Betriebsstättenfinanzamt, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte mit den meisten Arbeitnehmern befindet.4In den Fällen der Sätze 2 und 3 hat der Arbeitgeber sämtliche Betriebsstättenfinanzämter, das Finanzamt der Geschäftsleitung und erforderlichenfalls die Betriebsstätte mit den meisten Arbeitnehmern anzugeben sowie zu erklären, für welche Betriebsstätten die Auskunft von Bedeutung ist.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

(1) Berufsangehörige haben ihren Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben. Sie haben sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten.

(2) Berufsangehörige haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs unvereinbar ist. Sie haben sich der besonderen Berufspflichten bewusst zu sein, die ihnen aus der Befugnis erwachsen, gesetzlich vorgeschriebene Bestätigungsvermerke zu erteilen. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die der Beruf erfordert. Sie sind verpflichtet, sich fortzubilden.

(3) Wer Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs war oder wer als verantwortlicher Prüfungspartner im Sinne der Sätze 3 oder 4 bei der Abschlussprüfung eines solchen Unternehmens tätig war, darf dort innerhalb von zwei Jahren nach der Beendigung der Prüfungstätigkeit keine wichtige Führungstätigkeit ausüben, nicht als Mitglied des Aufsichtsrats, des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats tätig sein und sich nicht zur Übernahme einer der vorgenannten Tätigkeiten verpflichten. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass die Frist ein Jahr beträgt, entsprechend für

1.
Personen, die als Abschlussprüfer oder verantwortliche Prüfungspartner gesetzliche Abschlussprüfungen eines sonstigen Unternehmens durchgeführt haben,
2.
Partner und Mitarbeiter des Abschlussprüfers, die zwar nicht selbst als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner tätig, aber unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren und die als Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer zugelassen sind, und
3.
alle anderen Berufsangehörigen, vereidigten Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer, deren Leistungen der Abschlussprüfer des Unternehmens in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann und die unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren.
Verantwortlicher Prüfungspartner ist, wer den Bestätigungsvermerk nach § 322 des Handelsgesetzbuchs unterzeichnet oder als Wirtschaftsprüfer von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als für die Durchführung einer Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist. Als verantwortlicher Prüfungspartner gilt auf Konzernebene auch, wer als Wirtschaftsprüfer auf der Ebene bedeutender Tochterunternehmen als für die Durchführung von deren Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist.

(4) Berufsangehörige haben während der gesamten Prüfung eine kritische Grundhaltung zu wahren. Dazu gehört es,

1.
Angaben zu hinterfragen,
2.
ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrung mit der Aufrichtigkeit und Integrität des Führungspersonals des geprüften Unternehmens und der mit der Unternehmensüberwachung betrauten Personen die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es auf Grund von Sachverhalten oder Verhaltensweisen, die auf Unregelmäßigkeiten wie Betrug oder Unrichtigkeiten hindeuten, zu einer wesentlichen falschen Darstellung gekommen sein könnte,
3.
auf Gegebenheiten zu achten, die auf eine falsche Darstellung hindeuten könnten, und
4.
die Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen.
Ihre kritische Grundhaltung haben Berufsangehörige insbesondere bei der Beurteilung der Schätzungen des Unternehmens in Bezug auf Zeitwertangaben, Wertminderungen von Vermögensgegenständen, Rückstellungen und künftige Cashflows, die für die Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit von Bedeutung sind, beizubehalten.

(5) Berufsangehörige haben bei der Durchführung von Abschlussprüfungen ausreichend Zeit für den Auftrag aufzuwenden und die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere – soweit erforderlich – Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, einzusetzen.

(6) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben darüber hinaus bei Durchführung der Abschlussprüfung

1.
den verantwortlichen Prüfungspartner insbesondere anhand der Kriterien der Prüfungsqualität, Unabhängigkeit und Kompetenz auszuwählen,
2.
dem verantwortlichen Prüfungspartner die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, zur Verfügung zu stellen und
3.
den verantwortlichen Prüfungspartner aktiv an der Durchführung der Abschlussprüfung zu beteiligen.
Die für die Durchführung einer gesetzlichen Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs verantwortlichen Prüfungspartner beenden ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens abweichend von Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 77; L 170 vom 11.6.2014, S. 66) spätestens fünf Jahre nach dem Datum ihrer Bestellung.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

Der Rechtsanwalt soll in angemessenem Umfang an der Ausbildung der Referendare mitwirken. Er hat den Referendar, der im Vorbereitungsdienst bei ihm beschäftigt ist, in den Aufgaben eines Rechtsanwalts zu unterweisen, ihn anzuleiten und ihm Gelegenheit zu praktischen Arbeiten zu geben. Gegenstand der Ausbildung soll insbesondere sein die gerichtliche und außergerichtliche Anwaltstätigkeit, der Umgang mit Mandanten, das anwaltliche Berufsrecht und die Organisation einer Anwaltskanzlei.

(1) Wirtschaftsprüfer dürfen ihren Beruf mit natürlichen und juristischen Personen sowie mit Personengesellschaften, die der Berufsaufsicht einer Berufskammer eines freien Berufes im Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen und ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Strafprozessordnung haben, örtlich und überörtlich in Personengesellschaften gemeinsam ausüben.

(2) Eine gemeinsame Berufsausübung mit natürlichen und juristischen Personen sowie mit Personengesellschaften, die in einem ausländischen Staat als sachverständige Prüfer ermächtigt oder bestellt sind, ist zulässig, wenn die Voraussetzungen für ihre Ermächtigung oder Bestellung den Vorschriften dieses Gesetzes im wesentlichen entsprechen und sie in dem ausländischen Staat ihren Beruf gemeinsam mit Wirtschaftsprüfern ausüben dürfen. Eine gemeinsame Berufsausübung ist weiter zulässig mit Rechtsanwälten, Patentanwälten und Steuerberatern anderer Staaten, wenn diese einen nach Ausbildung und Befugnissen der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung oder dem Steuerberatungsgesetz entsprechenden Beruf ausüben und mit Rechtsanwälten, Patentanwälten oder Steuerberatern im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Beruf ausüben dürfen. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Die Wirtschaftsprüferkammer hat ein Einsichtsrecht in die Verträge über die gemeinsame Berufsausübung. Erforderliche Auskünfte sind auf Verlangen zu erteilen.

(4) Berufsangehörige dürfen ihren Beruf in Personengesellschaften mit Personen im Sinne von Absatz 1 Satz 1, die selbst nicht als Berufsangehörige oder als vereidigte Buchprüfer oder vereidigte Buchprüferin bestellt oder als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Buchprüfungsgesellschaft anerkannt sind, nur dann gemeinsam ausüben, wenn sie der Wirtschaftsprüferkammer bei Aufnahme einer solchen Tätigkeit nachweisen, dass ihnen auch bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der nach § 54 vorgeschriebene Versicherungsschutz für jeden Versicherungsfall uneingeschränkt zur Verfügung steht.

(5) Wirtschaftsprüfer haben die gemeinsame Berufsausübung unverzüglich zu beenden, wenn sie auf Grund des Verhaltens eines Mitglieds der Personengesellschaft ihren beruflichen Pflichten nicht mehr uneingeschränkt nachkommen können.

(6) Wird eine gemeinsame Berufsausübung im Sinne des Absatzes 1 kundgemacht, sind die Vorschriften der Absätze 4 und 5 entsprechend anzuwenden.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

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2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

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Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

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6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

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In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

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Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

(1) Wirtschaftsprüfer dürfen ihren Beruf mit natürlichen und juristischen Personen sowie mit Personengesellschaften, die der Berufsaufsicht einer Berufskammer eines freien Berufes im Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen und ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Strafprozessordnung haben, örtlich und überörtlich in Personengesellschaften gemeinsam ausüben.

(2) Eine gemeinsame Berufsausübung mit natürlichen und juristischen Personen sowie mit Personengesellschaften, die in einem ausländischen Staat als sachverständige Prüfer ermächtigt oder bestellt sind, ist zulässig, wenn die Voraussetzungen für ihre Ermächtigung oder Bestellung den Vorschriften dieses Gesetzes im wesentlichen entsprechen und sie in dem ausländischen Staat ihren Beruf gemeinsam mit Wirtschaftsprüfern ausüben dürfen. Eine gemeinsame Berufsausübung ist weiter zulässig mit Rechtsanwälten, Patentanwälten und Steuerberatern anderer Staaten, wenn diese einen nach Ausbildung und Befugnissen der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung oder dem Steuerberatungsgesetz entsprechenden Beruf ausüben und mit Rechtsanwälten, Patentanwälten oder Steuerberatern im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Beruf ausüben dürfen. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Die Wirtschaftsprüferkammer hat ein Einsichtsrecht in die Verträge über die gemeinsame Berufsausübung. Erforderliche Auskünfte sind auf Verlangen zu erteilen.

(4) Berufsangehörige dürfen ihren Beruf in Personengesellschaften mit Personen im Sinne von Absatz 1 Satz 1, die selbst nicht als Berufsangehörige oder als vereidigte Buchprüfer oder vereidigte Buchprüferin bestellt oder als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Buchprüfungsgesellschaft anerkannt sind, nur dann gemeinsam ausüben, wenn sie der Wirtschaftsprüferkammer bei Aufnahme einer solchen Tätigkeit nachweisen, dass ihnen auch bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der nach § 54 vorgeschriebene Versicherungsschutz für jeden Versicherungsfall uneingeschränkt zur Verfügung steht.

(5) Wirtschaftsprüfer haben die gemeinsame Berufsausübung unverzüglich zu beenden, wenn sie auf Grund des Verhaltens eines Mitglieds der Personengesellschaft ihren beruflichen Pflichten nicht mehr uneingeschränkt nachkommen können.

(6) Wird eine gemeinsame Berufsausübung im Sinne des Absatzes 1 kundgemacht, sind die Vorschriften der Absätze 4 und 5 entsprechend anzuwenden.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird wirksam mit der Aushändigung einer von der Rechtsanwaltskammer ausgestellten Urkunde.

(2) Die Urkunde darf erst ausgehändigt werden, wenn die Bewerberin oder der Bewerber

1.
vereidigt ist und
2.
den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen oder eine vorläufige Deckungszusage vorgelegt hat.

(3) Mit der Zulassung wird der Rechtsanwalt Mitglied der zulassenden Rechtsanwaltskammer.

(4) Nach der Zulassung darf die Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung "Rechtsanwältin" oder "Rechtsanwalt" ausgeübt werden.

Verwaltungsakte, durch die die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer begründet oder versagt wird oder erlischt oder durch die eine Befreiung oder Erlaubnis versagt, zurückgenommen oder widerrufen wird, sind zuzustellen.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird wirksam mit der Aushändigung einer von der Rechtsanwaltskammer ausgestellten Urkunde.

(2) Die Urkunde darf erst ausgehändigt werden, wenn die Bewerberin oder der Bewerber

1.
vereidigt ist und
2.
den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen oder eine vorläufige Deckungszusage vorgelegt hat.

(3) Mit der Zulassung wird der Rechtsanwalt Mitglied der zulassenden Rechtsanwaltskammer.

(4) Nach der Zulassung darf die Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung "Rechtsanwältin" oder "Rechtsanwalt" ausgeübt werden.

(1) Für den Bezirk eines Oberlandesgerichts wird eine Rechtsanwaltskammer gebildet. Sie hat ihren Sitz am Ort des Oberlandesgerichts.

(2) Mitglieder der Rechtsanwaltskammer sind

1.
Personen, die von ihr zur Rechtsanwaltschaft zugelassen oder von ihr aufgenommen wurden,
2.
Berufsausübungsgesellschaften, die von ihr zugelassen wurden, und
3.
Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften nach Nummer 2, die nicht schon nach Nummer 1 Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind.

(3) Die Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer erlischt

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, wenn die Voraussetzungen des § 13 oder des § 27 Absatz 3 Satz 3 vorliegen,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2, wenn die Voraussetzungen des § 59h Absatz 1 bis 3 oder des § 59m Absatz 3 in Verbindung mit § 27 Absatz 3 Satz 3 vorliegen,
3.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 3, wenn
a)
bei der Berufsausübungsgesellschaft die Voraussetzungen der Nummer 2 vorliegen,
b)
gegen das Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans eine bestandskräftige Entscheidung im Sinne des § 59j Absatz 5 Satz 3 ergangen ist oder
c)
die Geschäftsführungstätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft oder die Mitgliedschaft im Aufsichtsorgan beendet ist.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Beamte und Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,
2.
sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist,
3.
Beschäftigte im Sinne von Nummer 2, wenn ihnen nach kirchenrechtlichen Regelungen eine Anwartschaft im Sinne von Nummer 2 gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist, sowie satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften, wenn ihnen nach den Regeln der Gemeinschaft Anwartschaft auf die in der Gemeinschaft übliche Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist,
in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Für Personen nach Satz 1 Nr. 2 gilt dies nur, wenn sie
1.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben oder
2.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben oder
3.
innerhalb von zwei Jahren nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses in ein Rechtsverhältnis nach Nummer 1 berufen werden sollen oder
4.
in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie nach Satz 2 und die Erstreckung der Gewährleistung auf weitere Beschäftigungen entscheidet für Beschäftigte beim Bund und bei Dienstherren oder anderen Arbeitgebern, die der Aufsicht des Bundes unterstehen, das zuständige Bundesministerium, im Übrigen die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Arbeitgeber, Genossenschaften oder Gemeinschaften ihren Sitz haben. Die Gewährleistung von Anwartschaften begründet die Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt.

(2) Versicherungsfrei sind Personen, die eine

1.
Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Vierten Buches oder
2.
geringfügige selbständige Tätigkeit nach § 8 Absatz 3 in Verbindung mit § 8 Absatz 1 oder nach § 8 Absatz 3 in Verbindung mit den §§ 8a und 8 Absatz 1 des Vierten Buches
ausüben, in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit. Bei Anwendung von Satz 1 Nummer 2 ist im gesamten Kalenderjahr die zum 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres geltende Geringfügigkeitsgrenze maßgebend. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen selbständigen Tätigkeit nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung beschäftigt sind.

(3) Versicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist.

(4) Versicherungsfrei sind Personen, die

1.
nach Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde, eine Vollrente wegen Alters beziehen,
2.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung eine Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze beziehen oder die in der Gemeinschaft übliche Versorgung im Alter nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 erhalten oder
3.
bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht versichert waren oder nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine Beitragserstattung aus ihrer Versicherung erhalten haben.
Satz 1 gilt nicht für Beschäftigte in einer Beschäftigung, in der sie durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Der Verzicht kann nur mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden und ist für die Dauer der Beschäftigung bindend. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für selbständig Tätige, die den Verzicht gegenüber dem zuständigen Träger der Rentenversicherung erklären.

(1) Personen, die am 31. Dezember 1991 als

1.
Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf,
2.
Handwerker oder
3.
Mitglieder der Pensionskasse deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen
versicherungsfrei waren, bleiben in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei. Handwerker, die am 31. Dezember 1991 aufgrund eines Lebensversicherungsvertrages versicherungsfrei waren, und Personen, die am 31. Dezember 1991 als Versorgungsbezieher versicherungsfrei waren, bleiben in jeder Beschäftigung und jeder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei.

(2) Personen, die am 31. Dezember 1991 als versicherungspflichtige

1.
Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder ihrer Verbände oder
2.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften,
nicht versicherungsfrei und nicht von der Versicherungspflicht befreit waren, bleiben in dieser Beschäftigung versicherungspflichtig. Sie werden jedoch auf Antrag unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 von der Versicherungspflicht befreit. Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung, nachdem für Beschäftigte beim Bund und bei Arbeitgebern, die der Aufsicht des Bundes unterstehen, das zuständige Bundesministerium, im Übrigen die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Arbeitgeber, Genossenschaften oder Gemeinschaften ihren Sitz haben, das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt vom Eingang des Antrags an. Sie ist auf die jeweilige Beschäftigung beschränkt.

(3) Personen, die am 31. Dezember 1991 als Beschäftigte oder selbständig Tätige nicht versicherungsfrei und nicht von der Versicherungspflicht befreit waren, werden in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nicht nach § 5 Abs. 4 Nr. 2 und 3 versicherungsfrei. Sie werden jedoch auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Die Befreiung wirkt vom Eingang des Antrags an. Sie bezieht sich auf jede Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit.

(4) Personen, die am 1. Oktober 1996 in einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule versicherungsfrei waren, bleiben in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei. Sie können jedoch beantragen, dass die Versicherungsfreiheit endet.

(5) § 5 Abs. 1 Satz 4 ist nicht anzuwenden, wenn vor dem 1. Februar 2002 aufgrund einer Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 bereits Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 vorlag.

(6) Personen, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung versicherungsfrei waren, bleiben in dieser Beschäftigung versicherungsfrei.

(7) Personen, die eine Versorgung nach § 6 des Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetzes beziehen, sind nicht nach § 5 Absatz 4 Nummer 2 versicherungsfrei.

(8) Personen, die am 31. Dezember 2012 als Beschäftigte nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung versicherungsfrei waren, bleiben in dieser Beschäftigung versicherungsfrei, solange die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung vorliegen. Sie können durch schriftliche oder elektronische Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten; der Verzicht kann nur mit Wirkung für die Zukunft und bei mehreren Beschäftigungen nur einheitlich erklärt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend.

(9) Personen, die am 31. Dezember 2016 wegen des Bezugs einer Vollrente wegen Alters vor Erreichen der Regelaltersgrenze in einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei waren, bleiben in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei. Beschäftigte können durch schriftliche oder elektronische Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Der Verzicht kann nur mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden und ist für die Dauer der Beschäftigung bindend. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für Selbständige, die den Verzicht gegenüber dem zuständigen Träger der Rentenversicherung erklären.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind befugt:

1.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer,
2.
Berufsausübungsgesellschaften nach den §§ 49 und 50 und im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung,
3.
Gesellschaften nach § 44b Absatz 1 der Wirtschaftsprüferordnung, deren Gesellschafter oder Partner ausschließlich Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind, sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften.
4.
(weggefallen)
Gesellschaften nach Satz 1 Nummer 2 und 3 handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen.

(1) Die Beteiligten können vor dem Finanzgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Finanzgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes,
3a.
zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse,
4.
landwirtschaftliche Buchstellen im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 8 des Steuerberatungsgesetzes,
5.
Lohnsteuerhilfevereine im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes,
6.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen und Gesellschaften zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 3 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter eine in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Person oder Gesellschaft auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gelten als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu versagen,

1.
wenn die antragstellende Person nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat;
2.
wenn die antragstellende Person infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt;
3.
wenn die antragstellende Person durch rechtskräftiges Urteil aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen ist;
4.
wenn gegen die antragstellende Person im Verfahren über die Richteranklage auf Entlassung oder im Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst in der Rechtspflege rechtskräftig erkannt worden ist;
5.
wenn die antragstellende Person sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das sie unwürdig erscheinen läßt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben;
6.
wenn die antragstellende Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft;
7.
wenn die antragstellende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben;
8.
wenn die antragstellende Person eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann;
9.
wenn die antragstellende Person sich im Vermögensverfall befindet; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der antragstellenden Person eröffnet oder die antragstellende Person in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
10.
wenn die antragstellende Person Richter, Beamter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit ist, es sei denn, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben ehrenamtlich wahrnimmt oder dass ihre Rechte und Pflichten auf Grund der §§ 5, 6, 8 und 36 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechender Rechtsvorschriften ruhen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nur, wenn seit Rechtskraft der Entscheidung noch keine acht Jahre verstrichen sind. Ein Fristablauf nach Satz 2 lässt die Anwendbarkeit des Satzes 1 Nummer 5 unberührt.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

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Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

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1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu versagen,

1.
wenn die antragstellende Person nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat;
2.
wenn die antragstellende Person infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt;
3.
wenn die antragstellende Person durch rechtskräftiges Urteil aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen ist;
4.
wenn gegen die antragstellende Person im Verfahren über die Richteranklage auf Entlassung oder im Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst in der Rechtspflege rechtskräftig erkannt worden ist;
5.
wenn die antragstellende Person sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das sie unwürdig erscheinen läßt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben;
6.
wenn die antragstellende Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft;
7.
wenn die antragstellende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben;
8.
wenn die antragstellende Person eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann;
9.
wenn die antragstellende Person sich im Vermögensverfall befindet; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der antragstellenden Person eröffnet oder die antragstellende Person in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
10.
wenn die antragstellende Person Richter, Beamter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit ist, es sei denn, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben ehrenamtlich wahrnimmt oder dass ihre Rechte und Pflichten auf Grund der §§ 5, 6, 8 und 36 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechender Rechtsvorschriften ruhen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nur, wenn seit Rechtskraft der Entscheidung noch keine acht Jahre verstrichen sind. Ein Fristablauf nach Satz 2 lässt die Anwendbarkeit des Satzes 1 Nummer 5 unberührt.

Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu versagen,

1.
wenn die antragstellende Person nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat;
2.
wenn die antragstellende Person infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt;
3.
wenn die antragstellende Person durch rechtskräftiges Urteil aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen ist;
4.
wenn gegen die antragstellende Person im Verfahren über die Richteranklage auf Entlassung oder im Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst in der Rechtspflege rechtskräftig erkannt worden ist;
5.
wenn die antragstellende Person sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das sie unwürdig erscheinen läßt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben;
6.
wenn die antragstellende Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft;
7.
wenn die antragstellende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben;
8.
wenn die antragstellende Person eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann;
9.
wenn die antragstellende Person sich im Vermögensverfall befindet; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der antragstellenden Person eröffnet oder die antragstellende Person in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
10.
wenn die antragstellende Person Richter, Beamter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit ist, es sei denn, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben ehrenamtlich wahrnimmt oder dass ihre Rechte und Pflichten auf Grund der §§ 5, 6, 8 und 36 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechender Rechtsvorschriften ruhen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nur, wenn seit Rechtskraft der Entscheidung noch keine acht Jahre verstrichen sind. Ein Fristablauf nach Satz 2 lässt die Anwendbarkeit des Satzes 1 Nummer 5 unberührt.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

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In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

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Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

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1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.

(1) Berufsangehörige haben ihren Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben. Sie haben sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten.

(2) Berufsangehörige haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs unvereinbar ist. Sie haben sich der besonderen Berufspflichten bewusst zu sein, die ihnen aus der Befugnis erwachsen, gesetzlich vorgeschriebene Bestätigungsvermerke zu erteilen. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die der Beruf erfordert. Sie sind verpflichtet, sich fortzubilden.

(3) Wer Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs war oder wer als verantwortlicher Prüfungspartner im Sinne der Sätze 3 oder 4 bei der Abschlussprüfung eines solchen Unternehmens tätig war, darf dort innerhalb von zwei Jahren nach der Beendigung der Prüfungstätigkeit keine wichtige Führungstätigkeit ausüben, nicht als Mitglied des Aufsichtsrats, des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats tätig sein und sich nicht zur Übernahme einer der vorgenannten Tätigkeiten verpflichten. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass die Frist ein Jahr beträgt, entsprechend für

1.
Personen, die als Abschlussprüfer oder verantwortliche Prüfungspartner gesetzliche Abschlussprüfungen eines sonstigen Unternehmens durchgeführt haben,
2.
Partner und Mitarbeiter des Abschlussprüfers, die zwar nicht selbst als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner tätig, aber unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren und die als Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer zugelassen sind, und
3.
alle anderen Berufsangehörigen, vereidigten Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer, deren Leistungen der Abschlussprüfer des Unternehmens in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann und die unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren.
Verantwortlicher Prüfungspartner ist, wer den Bestätigungsvermerk nach § 322 des Handelsgesetzbuchs unterzeichnet oder als Wirtschaftsprüfer von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als für die Durchführung einer Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist. Als verantwortlicher Prüfungspartner gilt auf Konzernebene auch, wer als Wirtschaftsprüfer auf der Ebene bedeutender Tochterunternehmen als für die Durchführung von deren Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist.

(4) Berufsangehörige haben während der gesamten Prüfung eine kritische Grundhaltung zu wahren. Dazu gehört es,

1.
Angaben zu hinterfragen,
2.
ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrung mit der Aufrichtigkeit und Integrität des Führungspersonals des geprüften Unternehmens und der mit der Unternehmensüberwachung betrauten Personen die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es auf Grund von Sachverhalten oder Verhaltensweisen, die auf Unregelmäßigkeiten wie Betrug oder Unrichtigkeiten hindeuten, zu einer wesentlichen falschen Darstellung gekommen sein könnte,
3.
auf Gegebenheiten zu achten, die auf eine falsche Darstellung hindeuten könnten, und
4.
die Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen.
Ihre kritische Grundhaltung haben Berufsangehörige insbesondere bei der Beurteilung der Schätzungen des Unternehmens in Bezug auf Zeitwertangaben, Wertminderungen von Vermögensgegenständen, Rückstellungen und künftige Cashflows, die für die Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit von Bedeutung sind, beizubehalten.

(5) Berufsangehörige haben bei der Durchführung von Abschlussprüfungen ausreichend Zeit für den Auftrag aufzuwenden und die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere – soweit erforderlich – Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, einzusetzen.

(6) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben darüber hinaus bei Durchführung der Abschlussprüfung

1.
den verantwortlichen Prüfungspartner insbesondere anhand der Kriterien der Prüfungsqualität, Unabhängigkeit und Kompetenz auszuwählen,
2.
dem verantwortlichen Prüfungspartner die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, zur Verfügung zu stellen und
3.
den verantwortlichen Prüfungspartner aktiv an der Durchführung der Abschlussprüfung zu beteiligen.
Die für die Durchführung einer gesetzlichen Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs verantwortlichen Prüfungspartner beenden ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens abweichend von Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 77; L 170 vom 11.6.2014, S. 66) spätestens fünf Jahre nach dem Datum ihrer Bestellung.

(1) Eine eigenverantwortliche Tätigkeit übt nicht aus, wer sich als zeichnungsberechtigter Vertreter oder als zeichnungsberechtigter Angestellter an Weisungen zu halten hat, die ihn verpflichten, Prüfungsberichte und Gutachten auch dann zu unterzeichnen, wenn ihr Inhalt sich mit seiner Überzeugung nicht deckt. Weisungen, die solche Verpflichtungen enthalten, sind unzulässig. Anteilseigner einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane dieser oder einer verbundenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft dürfen auf die Durchführung von Abschlussprüfungen nicht in einer Weise Einfluss nehmen, die die Unabhängigkeit der verantwortlichen Berufsangehörigen beeinträchtigt.

(2) Die Eigenverantwortlichkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß für gesetzliche Vertreter von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und für bei Wirtschaftsprüfern oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften angestellte Wirtschaftsprüfer eine Mitzeichnung durch einen anderen Wirtschaftsprüfer oder bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden, Prüfungsstellen von Sparkassen- und Giroverbänden oder überörtlichen Prüfungseinrichtungen für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts durch einen zeichnungsberechtigten Vertreter des Prüfungsverbandes, der Prüfungsstelle oder der Prüfungseinrichtung vereinbart ist.

(1) Die §§ 43, 43a Absatz 2 und 3, §§ 44b, 49 bis 53, 54a und 55 bis 55c gelten sinngemäß für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie für Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Partner und persönlich haftende Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die nicht Wirtschaftsprüfer sind.

(2) Die Mitglieder der durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Aufsichtsorgane der Gesellschaften sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

(1) Berufsangehörige haben ihren Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben. Sie haben sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten.

(2) Berufsangehörige haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs unvereinbar ist. Sie haben sich der besonderen Berufspflichten bewusst zu sein, die ihnen aus der Befugnis erwachsen, gesetzlich vorgeschriebene Bestätigungsvermerke zu erteilen. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die der Beruf erfordert. Sie sind verpflichtet, sich fortzubilden.

(3) Wer Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs war oder wer als verantwortlicher Prüfungspartner im Sinne der Sätze 3 oder 4 bei der Abschlussprüfung eines solchen Unternehmens tätig war, darf dort innerhalb von zwei Jahren nach der Beendigung der Prüfungstätigkeit keine wichtige Führungstätigkeit ausüben, nicht als Mitglied des Aufsichtsrats, des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats tätig sein und sich nicht zur Übernahme einer der vorgenannten Tätigkeiten verpflichten. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass die Frist ein Jahr beträgt, entsprechend für

1.
Personen, die als Abschlussprüfer oder verantwortliche Prüfungspartner gesetzliche Abschlussprüfungen eines sonstigen Unternehmens durchgeführt haben,
2.
Partner und Mitarbeiter des Abschlussprüfers, die zwar nicht selbst als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner tätig, aber unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren und die als Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer zugelassen sind, und
3.
alle anderen Berufsangehörigen, vereidigten Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer, deren Leistungen der Abschlussprüfer des Unternehmens in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann und die unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren.
Verantwortlicher Prüfungspartner ist, wer den Bestätigungsvermerk nach § 322 des Handelsgesetzbuchs unterzeichnet oder als Wirtschaftsprüfer von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als für die Durchführung einer Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist. Als verantwortlicher Prüfungspartner gilt auf Konzernebene auch, wer als Wirtschaftsprüfer auf der Ebene bedeutender Tochterunternehmen als für die Durchführung von deren Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist.

(4) Berufsangehörige haben während der gesamten Prüfung eine kritische Grundhaltung zu wahren. Dazu gehört es,

1.
Angaben zu hinterfragen,
2.
ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrung mit der Aufrichtigkeit und Integrität des Führungspersonals des geprüften Unternehmens und der mit der Unternehmensüberwachung betrauten Personen die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es auf Grund von Sachverhalten oder Verhaltensweisen, die auf Unregelmäßigkeiten wie Betrug oder Unrichtigkeiten hindeuten, zu einer wesentlichen falschen Darstellung gekommen sein könnte,
3.
auf Gegebenheiten zu achten, die auf eine falsche Darstellung hindeuten könnten, und
4.
die Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen.
Ihre kritische Grundhaltung haben Berufsangehörige insbesondere bei der Beurteilung der Schätzungen des Unternehmens in Bezug auf Zeitwertangaben, Wertminderungen von Vermögensgegenständen, Rückstellungen und künftige Cashflows, die für die Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit von Bedeutung sind, beizubehalten.

(5) Berufsangehörige haben bei der Durchführung von Abschlussprüfungen ausreichend Zeit für den Auftrag aufzuwenden und die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere – soweit erforderlich – Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, einzusetzen.

(6) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben darüber hinaus bei Durchführung der Abschlussprüfung

1.
den verantwortlichen Prüfungspartner insbesondere anhand der Kriterien der Prüfungsqualität, Unabhängigkeit und Kompetenz auszuwählen,
2.
dem verantwortlichen Prüfungspartner die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, zur Verfügung zu stellen und
3.
den verantwortlichen Prüfungspartner aktiv an der Durchführung der Abschlussprüfung zu beteiligen.
Die für die Durchführung einer gesetzlichen Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs verantwortlichen Prüfungspartner beenden ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens abweichend von Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 77; L 170 vom 11.6.2014, S. 66) spätestens fünf Jahre nach dem Datum ihrer Bestellung.

Europäische Gesellschaften, Gesellschaften nach deutschem Recht oder Gesellschaften in einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zulässigen Rechtsform können nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnitts als Wirtschaftsprüfungsgesellschaften anerkannt werden.

(1) Berufsangehörige haben ihren Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben. Sie haben sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten.

(2) Berufsangehörige haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs unvereinbar ist. Sie haben sich der besonderen Berufspflichten bewusst zu sein, die ihnen aus der Befugnis erwachsen, gesetzlich vorgeschriebene Bestätigungsvermerke zu erteilen. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die der Beruf erfordert. Sie sind verpflichtet, sich fortzubilden.

(3) Wer Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs war oder wer als verantwortlicher Prüfungspartner im Sinne der Sätze 3 oder 4 bei der Abschlussprüfung eines solchen Unternehmens tätig war, darf dort innerhalb von zwei Jahren nach der Beendigung der Prüfungstätigkeit keine wichtige Führungstätigkeit ausüben, nicht als Mitglied des Aufsichtsrats, des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats tätig sein und sich nicht zur Übernahme einer der vorgenannten Tätigkeiten verpflichten. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass die Frist ein Jahr beträgt, entsprechend für

1.
Personen, die als Abschlussprüfer oder verantwortliche Prüfungspartner gesetzliche Abschlussprüfungen eines sonstigen Unternehmens durchgeführt haben,
2.
Partner und Mitarbeiter des Abschlussprüfers, die zwar nicht selbst als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner tätig, aber unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren und die als Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer zugelassen sind, und
3.
alle anderen Berufsangehörigen, vereidigten Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer, deren Leistungen der Abschlussprüfer des Unternehmens in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann und die unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren.
Verantwortlicher Prüfungspartner ist, wer den Bestätigungsvermerk nach § 322 des Handelsgesetzbuchs unterzeichnet oder als Wirtschaftsprüfer von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als für die Durchführung einer Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist. Als verantwortlicher Prüfungspartner gilt auf Konzernebene auch, wer als Wirtschaftsprüfer auf der Ebene bedeutender Tochterunternehmen als für die Durchführung von deren Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist.

(4) Berufsangehörige haben während der gesamten Prüfung eine kritische Grundhaltung zu wahren. Dazu gehört es,

1.
Angaben zu hinterfragen,
2.
ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrung mit der Aufrichtigkeit und Integrität des Führungspersonals des geprüften Unternehmens und der mit der Unternehmensüberwachung betrauten Personen die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es auf Grund von Sachverhalten oder Verhaltensweisen, die auf Unregelmäßigkeiten wie Betrug oder Unrichtigkeiten hindeuten, zu einer wesentlichen falschen Darstellung gekommen sein könnte,
3.
auf Gegebenheiten zu achten, die auf eine falsche Darstellung hindeuten könnten, und
4.
die Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen.
Ihre kritische Grundhaltung haben Berufsangehörige insbesondere bei der Beurteilung der Schätzungen des Unternehmens in Bezug auf Zeitwertangaben, Wertminderungen von Vermögensgegenständen, Rückstellungen und künftige Cashflows, die für die Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit von Bedeutung sind, beizubehalten.

(5) Berufsangehörige haben bei der Durchführung von Abschlussprüfungen ausreichend Zeit für den Auftrag aufzuwenden und die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere – soweit erforderlich – Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, einzusetzen.

(6) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben darüber hinaus bei Durchführung der Abschlussprüfung

1.
den verantwortlichen Prüfungspartner insbesondere anhand der Kriterien der Prüfungsqualität, Unabhängigkeit und Kompetenz auszuwählen,
2.
dem verantwortlichen Prüfungspartner die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, zur Verfügung zu stellen und
3.
den verantwortlichen Prüfungspartner aktiv an der Durchführung der Abschlussprüfung zu beteiligen.
Die für die Durchführung einer gesetzlichen Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs verantwortlichen Prüfungspartner beenden ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens abweichend von Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 77; L 170 vom 11.6.2014, S. 66) spätestens fünf Jahre nach dem Datum ihrer Bestellung.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind befugt:

1.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer,
2.
Berufsausübungsgesellschaften nach den §§ 49 und 50 und im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung,
3.
Gesellschaften nach § 44b Absatz 1 der Wirtschaftsprüferordnung, deren Gesellschafter oder Partner ausschließlich Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind, sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften.
4.
(weggefallen)
Gesellschaften nach Satz 1 Nummer 2 und 3 handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen.

Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Berufsausübungsgesellschaften haben die Aufgabe, im Rahmen ihres Auftrags ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Dazu gehören auch die Hilfeleistung in Steuerstrafsachen und in Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit sowie die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die auf Grund von Steuergesetzen bestehen, insbesondere die Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, und deren steuerrechtliche Beurteilung.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

(1) Wirtschaftsprüfer haben die berufliche Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen.

(2) Wirtschaftsprüfer sind befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften zu beraten und zu vertreten.

(3) Wirtschaftsprüfer sind weiter nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften befugt

1.
unter Berufung auf ihren Berufseid auf den Gebieten der wirtschaftlichen Betriebsführung als Sachverständige aufzutreten;
2.
in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten und fremde Interessen zu wahren;
3.
zur treuhänderischen Verwaltung.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

(1) Die Beteiligten können vor dem Finanzgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Finanzgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes,
3a.
zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse,
4.
landwirtschaftliche Buchstellen im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 8 des Steuerberatungsgesetzes,
5.
Lohnsteuerhilfevereine im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes,
6.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen und Gesellschaften zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 3 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter eine in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Person oder Gesellschaft auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gelten als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind befugt:

1.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer,
2.
Berufsausübungsgesellschaften nach den §§ 49 und 50 und im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung,
3.
Gesellschaften nach § 44b Absatz 1 der Wirtschaftsprüferordnung, deren Gesellschafter oder Partner ausschließlich Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind, sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften.
4.
(weggefallen)
Gesellschaften nach Satz 1 Nummer 2 und 3 handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Andere Tätigkeit im Sinne des Satzes 1 kann auch eine andere Rechtsdienstleistung sein.

(2) Als erlaubte Nebenleistungen gelten Rechtsdienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer der folgenden Tätigkeiten erbracht werden:

1.
Testamentsvollstreckung,
2.
Haus- und Wohnungsverwaltung,
3.
Fördermittelberatung.

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind befugt:

1.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer,
2.
Berufsausübungsgesellschaften nach den §§ 49 und 50 und im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung,
3.
Gesellschaften nach § 44b Absatz 1 der Wirtschaftsprüferordnung, deren Gesellschafter oder Partner ausschließlich Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind, sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften.
4.
(weggefallen)
Gesellschaften nach Satz 1 Nummer 2 und 3 handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen.

Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Berufsausübungsgesellschaften haben die Aufgabe, im Rahmen ihres Auftrags ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Dazu gehören auch die Hilfeleistung in Steuerstrafsachen und in Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit sowie die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die auf Grund von Steuergesetzen bestehen, insbesondere die Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, und deren steuerrechtliche Beurteilung.

(1) Berufsangehörige haben ihren Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben. Sie haben sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten.

(2) Berufsangehörige haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs unvereinbar ist. Sie haben sich der besonderen Berufspflichten bewusst zu sein, die ihnen aus der Befugnis erwachsen, gesetzlich vorgeschriebene Bestätigungsvermerke zu erteilen. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die der Beruf erfordert. Sie sind verpflichtet, sich fortzubilden.

(3) Wer Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs war oder wer als verantwortlicher Prüfungspartner im Sinne der Sätze 3 oder 4 bei der Abschlussprüfung eines solchen Unternehmens tätig war, darf dort innerhalb von zwei Jahren nach der Beendigung der Prüfungstätigkeit keine wichtige Führungstätigkeit ausüben, nicht als Mitglied des Aufsichtsrats, des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats tätig sein und sich nicht zur Übernahme einer der vorgenannten Tätigkeiten verpflichten. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass die Frist ein Jahr beträgt, entsprechend für

1.
Personen, die als Abschlussprüfer oder verantwortliche Prüfungspartner gesetzliche Abschlussprüfungen eines sonstigen Unternehmens durchgeführt haben,
2.
Partner und Mitarbeiter des Abschlussprüfers, die zwar nicht selbst als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner tätig, aber unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren und die als Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer zugelassen sind, und
3.
alle anderen Berufsangehörigen, vereidigten Buchprüfer oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer, deren Leistungen der Abschlussprüfer des Unternehmens in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann und die unmittelbar am Prüfungsauftrag beteiligt waren.
Verantwortlicher Prüfungspartner ist, wer den Bestätigungsvermerk nach § 322 des Handelsgesetzbuchs unterzeichnet oder als Wirtschaftsprüfer von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als für die Durchführung einer Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist. Als verantwortlicher Prüfungspartner gilt auf Konzernebene auch, wer als Wirtschaftsprüfer auf der Ebene bedeutender Tochterunternehmen als für die Durchführung von deren Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist.

(4) Berufsangehörige haben während der gesamten Prüfung eine kritische Grundhaltung zu wahren. Dazu gehört es,

1.
Angaben zu hinterfragen,
2.
ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrung mit der Aufrichtigkeit und Integrität des Führungspersonals des geprüften Unternehmens und der mit der Unternehmensüberwachung betrauten Personen die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es auf Grund von Sachverhalten oder Verhaltensweisen, die auf Unregelmäßigkeiten wie Betrug oder Unrichtigkeiten hindeuten, zu einer wesentlichen falschen Darstellung gekommen sein könnte,
3.
auf Gegebenheiten zu achten, die auf eine falsche Darstellung hindeuten könnten, und
4.
die Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen.
Ihre kritische Grundhaltung haben Berufsangehörige insbesondere bei der Beurteilung der Schätzungen des Unternehmens in Bezug auf Zeitwertangaben, Wertminderungen von Vermögensgegenständen, Rückstellungen und künftige Cashflows, die für die Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit von Bedeutung sind, beizubehalten.

(5) Berufsangehörige haben bei der Durchführung von Abschlussprüfungen ausreichend Zeit für den Auftrag aufzuwenden und die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere – soweit erforderlich – Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, einzusetzen.

(6) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben darüber hinaus bei Durchführung der Abschlussprüfung

1.
den verantwortlichen Prüfungspartner insbesondere anhand der Kriterien der Prüfungsqualität, Unabhängigkeit und Kompetenz auszuwählen,
2.
dem verantwortlichen Prüfungspartner die zur angemessenen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel, insbesondere Personal mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten, zur Verfügung zu stellen und
3.
den verantwortlichen Prüfungspartner aktiv an der Durchführung der Abschlussprüfung zu beteiligen.
Die für die Durchführung einer gesetzlichen Abschlussprüfung bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 des Handelsgesetzbuchs verantwortlichen Prüfungspartner beenden ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens abweichend von Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 77; L 170 vom 11.6.2014, S. 66) spätestens fünf Jahre nach dem Datum ihrer Bestellung.