Bundessozialgericht Beschluss, 27. Nov. 2014 - B 3 KR 22/14 B

bei uns veröffentlicht am27.11.2014

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 106 071,59 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Rückerstattung einer Zahlung in Höhe von insgesamt 106 071,59 Euro, die er aufgrund eines gegenüber der beklagten Krankenkasse abgegebenen Schuldanerkenntnisses geleistet hat.

2

Der Kläger ist ein seit 1997 zugelassener Leistungserbringer für Hilfsmittel der Orthopädie-Schuhtechnik. Die Beigeladene ist seit September 2008 Inhaberin der unter dem Namen des Klägers geführten Firma, nachdem über das Vermögen des Klägers im Mai 2008 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet wurde und der Geschäftsbetrieb aus der Insolvenzmasse freigegeben wurde. Nach Klageerhebung trat der Kläger die gegen die Beklagte geltend gemachte Forderung an die Beigeladene ab; die Abtretung wurde von der Gläubigerversammlung genehmigt.

3

Im Jahre 2001 stellte die Beklagte fest, dass die vom Kläger in der Zeit von Januar 1997 bis Juni 2001 für 961 Fälle abgerechneten Kosten erheblich über den durchschnittlichen Werten für entsprechende Versorgungen lägen, und überprüfte 19 Versorgungsfälle mit dem Ergebnis, von den hierfür in Rechnung gestellten 41 930,92 DM seien 14 395,42 DM zu Unrecht abgerechnet worden.

4

Am 20.7.2001 führte die Beklagte ein Gespräch mit dem Kläger, in dessen Verlauf dieser folgende Erklärung unterzeichnete:

"1.     

Hiermit erkenne ich an, bei Versicherten der AOK Märkischer Kreis in zahlreichen Fällen Versorgungen von orthopädischen Maßschuhen und Zurichtungen an Konfektionsschuhen abgegeben zu haben, die den ärztlichen Verordnungen nicht entsprachen.

2.    

Außerdem wurden in einer Vielzahl von Fällen Kostenvoranschläge und Abrechnungen über die Versorgungen mit der AOK vorgenommen, die den Leistungen nicht entsprachen. Den daraus entstandenen Schaden i.H.v. 184 000,-- DM bin ich bereit zurückzuzahlen.

3.    

Innerhalb von 10 Tagen teile ich der AOK Märkischer Kreis die Zahlungsmodalitäten mit.

4.    

Mir ist bekannt und bewusst, dass es sich dabei um äußerst schwerwiegende Vertragsverstöße handelt.

5.    

Ich werde in Zukunft dafür Sorge tragen, dass Fehlabrechnungen der mir vorgetragenen Art nicht mehr vorkommen. Die AOK hat erklärt, dass ausdrücklich künftige Prüfungen der mir vorgenommenen Versorgungen vorbehalten bleiben.

6.    

Ich erkenne an, dass im Falle künftiger Vertragsverstöße eine Mitteilung an alle übrigen Kassen und deren Verbände sowie der im Zug meiner Zulassung sofortige Folge sein kann; ich kann dann zu Lasten aller gesetzlichen Krankenkassen keine Leistungen mehr erbringen."

5

Mit Schreiben vom 27.7.2001 unterbreitete der Kläger den Vorschlag, monatlich 3000 DM plus Zinsen in Höhe von monatlich weiteren 613,30 DM zurückzuzahlen. Daraufhin unterzeichneten die Beklagte am 6.8.2001 und der Kläger am 21.8.2001 ein "unwiderrufliches Schuldanerkenntnis gemäß § 781 BGB, Zahlungsvereinbarung und Abtretungserklärung", in dem diese Rückzahlungsmodalitäten festgehalten waren und der Kläger anerkannte, der Beklagten "184 000,-- DM aus Anlass von Fehlversorgungen und Falschabrechnungen zu schulden".

6

Der Kläger zahlte zunächst die monatlichen Raten an die Beklagte, die im Einvernehmen mit dieser ab 15.9.2002 auf monatlich 1200 Euro reduziert wurden. Einem Vorschlag des Klägers aus Dezember 2005, es bei den bis dahin geleisteten knapp 60 000 Euro zu belassen, folgte die Beklagte nicht. Der Kläger stellte die Zahlungen ein, und die Beklagte nahm bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens Verrechnungen mit Ansprüchen des Klägers aus Abrechnungsfällen vor. Ausweislich einer Aufstellung der Beklagten ist noch ein Restbetrag von 861,15 Euro offen.

7

Am 3.1.2007 hat der Kläger Klage erhoben und die Rückzahlung der bereits geleisteten Zahlungen sowie die Feststellung begehrt, zu weiteren Zahlungen nicht verpflichtet zu sein. Das abstrakte Schuldanerkenntnis sei wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 BGB nichtig. Der Anerkennungsbetrag sei etwa zehnmal so hoch wie der möglicherweise in Betracht kommende Schadensbetrag. In dem Gespräch sei er erstmals mit dem Vorwurf des Abrechnungsbetruges konfrontiert und von der Situation überrumpelt worden. Ein Schadensersatzanspruch scheide zudem bereits aus Rechtsgründen aus, da ihm nicht das Recht zur Nachbesserung eingeräumt worden sei; im Übrigen seien Gewährleistungsansprüche nach sechs Monaten verjährt.

8

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.2.2012). Das LSG hat das Urteil zunächst aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückverwiesen (Urteil vom 29.11.2012). Auf die darauf erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Senat dieses LSG-Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Beschluss vom 19.9.2013). In dem zurückverwiesenen Rechtsstreit hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 8.2.2012 zurückgewiesen (Urteil vom 12.6.2014). Es hat ausgeführt, ein Schuldanerkenntnis sei in entsprechender Anwendung der §§ 780, 781 BGB auch im Verhältnis zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer zulässig. Es habe der Festlegung und Konkretisierung eines Rückforderungsanspruchs der Beklagten und damit der Erfüllung der ihr obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgabe gedient, überzahlte Leistungen zurückzufordern. Der Kläger habe ein selbstständiges, vom zugrunde liegenden Rechtsverhältnis unabhängiges Schuldanerkenntnis abgegeben. Dieses sei nicht wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs 1 BGB unwirksam. Es sei nach seiner Formulierung aus Anlass von "Fehlversorgungen und Falschabrechnungen" abgegeben worden. Dabei gehe es nicht um schlechte oder mangelhafte Leistungen des Klägers und etwaige Gewährleistungsansprüche, sondern um ein betrügerisches Verhalten. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen den in Betracht kommenden Überzahlungen von mehr als 400 000 DM und dem Anerkenntnisbetrag in Höhe von 184 000 DM sei nicht ersichtlich.

9

Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

10

II. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung den Formerfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG in vollem Umfang genügt, denn die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.

11

1. Der Kläger rügt eine ungenügende Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht und damit einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann eine Verletzung dieser Verfahrensnorm nur darauf gestützt werden, das LSG sei einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt(vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Nach dem Sinn der Regelung soll das Übergehen von Beweisanträgen die Revisionsinstanz nur eröffnen, wenn das LSG vor der Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Daher muss nach der Rechtsprechung des BSG ein bereits gestellter Beweisantrag grundsätzlich in der letzten mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufrechterhalten werden. Ist das nicht geschehen, kann ein vorher zB in einem Schriftsatz gestellter Beweisantrag grundsätzlich nicht im Rahmen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG berücksichtigt werden(vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9; SozR 3-1500 § 124 Nr 3; SozR 3-1500 § 160 Nr 29; SozR 3-1500 § 160 Nr 31 sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 18a, 18c mwN). Weitere Voraussetzung ist, dass das LSG dem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

12

a) Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG keinen Beweisantrag gestellt oder einen bereits zuvor schriftlich gestellten Beweisantrag ausdrücklich aufrechterhalten. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Antrag auf Vernehmung der Beigeladenen aus der Klageschrift vom 2.1.2007, auf den die Beschwerdebegründung Bezug nimmt, als formgerechter Beweisantrag zu werten ist.

13

b) Der Kläger hat darüber hinaus auch in der Beschwerdebegründung keine Tatsachen dargelegt, die das LSG hätte aufklären sollen. Er führt lediglich aus, das LSG sei einseitig der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten gefolgt und sogar von einem Abrechnungsbetrug ausgegangen, wovon nicht einmal die Beklagte gesprochen habe. Welche der festgestellten Tatsachen jedoch nicht zutreffen, hat er weder dargelegt, noch ist dies ersichtlich. Er verkennt, dass der Amtsermittlungsgrundsatz nicht zu Ermittlungen ins Blaue hinein nötigt. Nachdem der Kläger in der schriftlichen Erklärung vom 20.7.2001 anerkannt hatte, dass er in zahlreichen Fällen Versorgungen von orthopädischen Maßschuhen und Zurichtungen an Konfektionsschuhen abgegeben habe, die den ärztlichen Verordnungen nicht entsprachen, und in einer Vielzahl von Fällen Kostenvoranschläge und Abrechnungen nicht den Leistungen entsprochen hätten, und dass daraus ein Schaden in Höhe von 184 000 DM entstanden sei, hätte er dem Gericht aufzeigen müssen, wie dieses sich vom Gegenteil - nämlich seines stets einwandfreien Abrechnungsverhaltens - hätte überzeugen können. Der Kläger hat aber nicht einmal behauptet, es seien keine Abrechnungsfehler vorgekommen, und er hat auch keine Tatsachen angegeben, die eine solche Behauptung stützen könnten.

14

Der Kläger geht vielmehr davon aus, dass die Beklagte bei dem (feststehenden) Sachverhalt aus Rechtsgründen keinen Anspruch gegen ihn hatte und daher das Schuldanerkenntnis ohne Rechtsgrund abgegeben wurde. Damit rügt der Kläger in der Sache aber keine ungenügende Sachverhaltsaufklärung, sondern eine abweichende Rechtsauffassung.

15

c) Auch wenn die vom LSG festgestellten Tatsachen die Annahme eines Abrechnungsbetruges nicht rechtfertigen sollten, ist dem LSG jedenfalls kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem sein Urteil beruhen könnte. Ein möglicher Anspruch der Beklagten auf Erstattung überzahlter Leistungen kommt nicht nur bei Abrechnungsbetrug in Betracht, sondern auch dann, wenn die Abrechnungen lediglich fehlerhaft gewesen sind (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei überzahlten Leistungen vgl zB BSG Urteil vom 18.6.2014 - B 3 KR 10/13 R - juris und BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - juris, jeweils mwN). Dieser Erstattungsanspruch der Krankenkasse bei fehlerhaften Abrechnungen und überhöhten Kostenvoranschlägen setzt nicht voraus, dass dem Leistungserbringer zuvor die Möglichkeit einer Nachbesserung eingeräumt worden ist. Ein solches Recht kommt von vornherein nur in Betracht, wenn die vom Orthopädietechniker angefertigten Maßschuhe oder Schuhzurichtungen handwerklich-technische oder funktionelle Defizite aufweisen. Darum geht es hier jedoch nicht. Der Kläger hat zugestanden, Schuhe und Zurichtungen angefertigt zu haben, die so nicht ärztlich verordnet worden waren und unkorrekte Kostenvoranschläge und Abrechnungen erstellt zu haben. Beides hat zu ungerechtfertigten Zahlungen der Beklagten geführt, die diese zurückverlangt hat. Ein entsprechender Anspruch kann der Beklagten auch zustehen, wenn diese eine konkrete orthopädietechnische Versorgung eines Versicherten genehmigt hat, dieser Genehmigung aber etwa ein manipulierter Kostenvoranschlag zu Grunde lag. Dass ihm Abrechnungsfehler unterlaufen sind, hat der Kläger weder im Jahr 2001 noch im Dezember 2005 in Frage gestellt. Anders ist sein Vorschlag, es vergleichsweise bei den bis Dezember 2005 geleisteten Zahlungen zu belassen, nicht zu deuten.

16

Da das Anerkenntnis dazu diente, die näheren Umstände dieser Abrechnungsfehler nicht weiter aufklären zu müssen und auch die genaue Höhe der insgesamt eingetretenen Überzahlungen nicht ermitteln zu müssen, ist nicht erkennbar, aus welchem Grund das abgegebene konstitutive Schuldanerkenntnis unwirksam oder kondizierbar gewesen sein könnte. Es war gerade Sinn und Zweck des Anerkenntnisses, mögliche Prozessrisiken für beide Seiten auszuschließen.

17

Zum Nachteil des Klägers stand bei weiteren Ermittlungen nicht nur ein möglicherweise erheblich höherer Rückforderungsanspruch der Beklagten sondern ggf sogar der Widerruf seiner Zulassung im Raum. Denn Falschabrechnungen in dem von der Beklagten behaupteten Umfang konnten ggf einen Widerruf der Zulassung rechtfertigen. Zu dem Zeitpunkt, als der Kläger das Anerkenntnis abgab, folgte die Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln noch dem sog Zulassungsmodell; § 126 Abs 1 SGB V(in der Fassung durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung [Gesundheitsstrukturgesetz] vom 21.12.1992, die bis 31.12.2003 galt - im Folgenden: aF) sah eine Versorgung der Versicherten nur durch zugelassene Leistungserbringer vor; die Zulassung konnte nach § 126 Abs 4 SGB V aF widerrufen werden, wenn der Betroffene keine ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten mehr gewährleisten konnte. Diesen Widerruf, hier als "Zulassungsentziehung" bezeichnet, hat der Kläger durch sein Anerkenntnis vermieden. Wenn auf der anderen Seite die Beklagte trotz fehlerhafter Abrechnungen des Klägers Rückforderungen aus Rechtsgründen möglicherweise nicht in dem von ihr damals zu Grunde gelegten Umfang hätte geltend machen können, spricht dies allein noch nicht für die Unwirksamkeit oder Kondizierbarkeit des Anerkenntnisses, solange solche Ansprüche nicht von vornherein ausgeschlossen waren. Das ist aber vorliegend nicht der Fall gewesen.

18

2. Dem Urteil fehlen auch nicht die wesentlichen Urteilsgründe. Das LSG hat entscheidend darauf abgestellt, dass der Zweck des Schuldanerkenntnisses in der Beseitigung der Ungewissheit über das Ausmaß der fehlerhaften Abrechnungen und Überzahlungen und der Vermeidung weiterer Auseinandersetzungen liege. Dabei war das Gericht nicht gehalten, zu den rechtlichen Erwägungen des Klägers zum Nachbesserungsrecht und zur Genehmigung der Leistungen durch die Beklagte im Einzelnen Stellung zu nehmen, solange zumindest möglich und sogar wahrscheinlich war, dass der Kläger erhaltene Vergütungen zurückzahlen musste.

19

3. Der in der Klageschrift enthaltenen Anregung des Klägers, die Beigeladene als Zeugin dafür zu vernehmen, dass er zur Abgabe der Unterschrift auf der Erklärung vom 20.7.2001 mit dem Hinweis auf ansonsten drohenden Zulassungswiderruf gedrängt worden sei, war das LSG nicht gehalten zu folgen. Schwerwiegende Vertragsverstöße insbesondere bei Abrechnungen konnten einen Widerruf der Zulassung nach § 126 Abs 4 SGB V aF rechtfertigen. Einen so zu verstehenden Hinweis enthält bereits die vom Kläger am 20.7.2001 unterzeichnete Erklärung. Dies allein führt aber nicht zu ihrer Unwirksamkeit, da in einem Hinweis auf die Rechtslage keine widerrechtliche Drohung gesehen werden kann. Der Kläger allein konnte beurteilen, inwieweit die von ihm dem Grunde nach zugestandenen Abrechnungsfehler nach Dauer und Intensität den Widerruf der Zulassung rechtfertigen könnten. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er am 20.7.2001 die Tragweite des von ihm abgegebenen Anerkenntnisses nicht hätte erkennen können. Soweit er sich darauf beruft, unter Druck gestanden zu haben, beruht das darauf, dass er sehr konkret damit rechnen musste, dass als Folge seiner fehlerhaften Abrechnungen seine berufliche und wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel stand. Vor diesem Hintergrund hat er im gerichtlichen Verfahren keine Tatsachen geschildert, welche im Wege des Zeugenbeweises aufgeklärt werden könnten, um eine rechtswidrige Drohung seitens der Beklagten zu belegen, oder eine über die objektiv feststehenden, ihn belastenden Umstände hinausgehende Zwangssituation, aufgrund derer das Anerkenntnis unwirksam sein könnte.

20

4. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des BSG ab, insbesondere nicht von dem vom Kläger angeführten Urteil des Senats vom 28.11.2013 (B 3 KR 24/12 R). Es geht vorliegend weder um die Herausgabe von Abrechnungsunterlagen, die Gegenstand des Senatsurteils vom 28.11.2013 war, noch um eine nachträgliche Rechnungskorrektur. Umstritten ist allein, ob der Kläger Zahlungen zurückfordern kann, die er auf der Grundlage eines konstitutiven Anerkenntnisses geleistet hat, das er zur Beilegung rechtlicher und tatsächlicher Unsicherheiten in Bezug auf einen im Raum stehenden Rückerstattungsanspruch der Beklagten abgegeben hat. Zudem hat der Senat in der genannten Entscheidung vom 28.11.2013 nicht in Frage gestellt, dass einer Krankenkasse bei konkret belegten Falschabrechnungen Rückforderungsansprüche zustehen könnten.

21

5. Der Rechtsstreit hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Der Kläger hat folgende Fragen aufgeworfen:

        

"Ist eine Regelung von Rückforderungsansprüchen über ein abstraktes Schuldanerkenntnis überhaupt zulässig?

        

Käme man zu dem Ergebnis, dass abstrakte Schuldanerkenntnisse grundsätzlich zulässig wären, wäre zu fragen, wie konkret die zur Begründung dienenden Tatsachen sein müssen, um ein solches Anerkenntnis zu rechtfertigen.

        

Müssen gesetzliche Krankenkassen im Bereich der Versorgung mit Hilfsmitteln vor Annahme eines abstrakten Schuldanerkenntnisses Nachweise für eine Vertragsverletzung, einen Abrechnungsbetrug vorlegen, bevor eine Schätzung eines 'Schadens' oder eines Rückforderungsanspruchs der Höhe nach zulässig sind?

        

Müssen Ansprüche dem Grunde nach nachgewiesen werden, bevor eine Schätzung der Höhe eines Anspruchs in Betracht kommt?

        

Muss einem Leistungserbringer die Möglichkeit eingeräumt werden, bei einer pauschalen Berechnung nachweisen zu dürfen, dass der Schaden überhaupt nicht oder erheblich geringer eingetreten ist als dem Anerkenntnis zugrunde liegt?

        

Darf eine gesetzliche Krankenkasse ein abstraktes Schuldanerkenntnis annehmen, wenn sich aus Rechtsgründen ergibt, dass ein zugrundeliegender Anspruch in keinem Falle vorliegen kann oder nachgewiesen werden kann?

        

Kann ein abstraktes Schuldanerkenntnis kondiziert werden mit der Folge, dass auf das Anerkenntnis geleistete Zahlungen zurückverlangt werden können?

        

Wen trifft die Feststellungslast/die objektive Beweislast dafür, dass eine Rechtsgrundlage vorhanden ist oder nicht?

        

Welche Anforderungen sind an die Tatsachenfeststellungen der Sozialgerichte zu stellen, wenn es um die Frage geht, ob ein Rechtsgrund für ein Schuldanerkenntnis besteht oder nicht?

        

Sind die Regelungen zu § 812 BGB entsprechend heranzuziehen, soweit es um die negative Tatsache 'ohne Rechtsgrund' geht?

        

Ist ein abstraktes Schuldanerkenntnis unwirksam, wenn die anerkannte Leistung doppelt so hoch ist wie die zugrundeliegende Forderung, die das Anerkenntnis stützen soll?"

22

Diese Fragen sind insgesamt nicht klärungsbedürftig, da es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, um zu erkennen, dass auch in öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen zur Ausräumung von tatsächlichen und rechtlichen Zweifeln über das Bestehen, die Durchsetzbarkeit und/oder die Höhe von Ansprüchen ein verbindliches Anerkenntnis einer Seite abgegeben werden kann. Als Prozesshandlung im sozialgerichtlichen Verfahren findet das Anerkenntnis sogar eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage in § 101 Abs 2 SGG. Aus der Doppelnatur des Anerkenntnisses als Prozesshandlung (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 101 RdNr 21 mwN) ergibt sich ohne Weiteres, dass solche Erklärungen auch außerhalb von Gerichtsverfahren wirksam abgegeben werden können. Krankenkassen haben gegenüber Leistungserbringern keine besonderen Schutz- oder Aufklärungspflichten und können schon nach dem Gesetz einzelvertragliche Regelungen treffen (vgl zB § 127 Abs 3 SGB V in der aktuellen Fassung sowie § 127 Abs 2 Satz 2 SGB V aF, nach der Krankenkassen zumindest einzelvertragliche Regelungen über die Preise schließen konnten). Da der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass er der Beklagten keinen Schaden verursacht hat, sind die darauf gerichteten Fragen, sowie die Frage der grundsätzlichen Möglichkeit, ein Schuldanerkenntnis zu kondizieren, unerheblich. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl nur BSG Urteil vom 18.6.2014 - B 3 KR 10/13 R - juris und BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - juris, jeweils mwN) kann eine Krankenkasse eine Überzahlung, die auf einer fehlerhaften Abrechnung des Leistungserbringers beruht, im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückerstattet verlangen, wenn die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgte.

23

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

24

7. Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 47 Abs 3, § 52 Abs 1 GKG und entspricht der Festsetzung für die zweite Instanz.

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Februar 2013 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 100 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die beklagte Krankenkasse der Klägerin eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V in Höhe von 100 Euro nebst Zinsen zu zahlen hat.

2

Die bei der Beklagten versicherte Patientin F.C. wurde in der Zeit vom 3. bis 25.2.2008 zur Entbindung mittels Kaiserschnitt (Sectio caesarea) in der von der klagenden Gesellschaft betriebenen Klinik vollstationär behandelt. Die Klägerin berechnete der Beklagten hierfür auf der Basis des DRG-Entgeltkataloges 2008 die DRG O01F (Sectio caesarea ohne komplizierende Diagnose, Schwangerschaftsdauer mehr als 33 vollendete Wochen , ohne komplexe Diagnose) mit entsprechenden Zuschlägen. Die Beklagte glich die Rechnung vollständig aus und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung des Behandlungsfalls. Dieser beanstandete die Abrechnung nicht, sodass die Klägerin am 26.5.2009 eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro in Rechnung stellte. Die Beklagte zahlte zunächst, forderte die Aufwandspauschale aber mit Schreiben vom 21.1.2011 zurück. Eine stationäre Entbindung sei eine Leistung nach § 197 RVO, während die Aufwandspauschale nur für Behandlungsfälle nach § 39 SGB V in Betracht komme. Nach erfolgloser Rückforderung erklärte die Beklagte am 15.4.2011 die Verrechnung ihres Erstattungsanspruchs mit einer unstreitigen Zahlungsforderung der Klägerin (Rechnung vom 11.4.2011, Rechnungsnr: 3-0142377, Patientin E.S.).

3

Die Klägerin verweist darauf, dass nach § 195 Abs 2 RVO die für die Leistungen nach dem SGB V geltenden Vorschriften für die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft entsprechend gelten, soweit nichts Abweichendes bestimmt sei. Eine abweichende Regelung, nach welcher die Entbindung im Krankenhaus keine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V sei, enthalte die RVO nicht. Die Abrechnung über Fallpauschalen zeige vielmehr, dass es sich um allgemeine Krankenhausleistungen handele, da nur diese nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) über Fallpauschalen abrechenbar seien. Schließlich fehle dem MDK schon die Berechtigung zur Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V, wenn keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V vorliege. Zumindest seien die Regelungen des § 275 Abs 1c SGB V analog anzuwenden; dies sei unter Berücksichtigung des "Gebots der Waffengleichheit" erforderlich und ergebe sich auch daraus, dass die Interessenlage der Beteiligten bei einem Krankenhausaufenthalt zur Entbindung mit jedem anderen Krankenhausaufenthalt identisch sei.

4

Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.4.2011 verurteilt (Urteil vom 27.2.2013) und auf Antrag beider Beteiligten die Sprungrevision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Da Schwangerschaft und Entbindung definitionsgemäß keine Krankheiten seien, habe der Anspruch auf Behandlung, Pflege und Verpflegung in einem Krankenhaus einer gesonderten Regelung bedurft. Der in § 197 S 2 RVO(in der bis zum 30.10.2012 gültigen Fassung) geregelte Ausschluss eines Anspruchs auf Krankenhausbehandlung für die Zeit der Entbindung in einem Krankenhaus diene lediglich der Vermeidung doppelter inhaltsgleicher Ansprüche. Eine gesonderte Definition der Krankenhausbehandlung finde sich in der RVO jedoch nicht. Deshalb stelle eine Behandlung im Krankenhaus zur Entbindung auch eine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V dar. Inzwischen seien die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vollständig in das SGB V integriert worden, wodurch der Gesetzgeber nochmals zum Ausdruck gebracht habe, dass die stationäre Versorgung bei Schwangerschaft und Mutterschaft in einem Krankenhaus Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V sei. Schließlich sei § 275 Abs 1c S 3 SGB V mindestens analog auf eine solche Art der stationären Behandlung anwendbar.

5

Die Beklagte rügt mit der Sprungrevision die Verletzung materiellen Rechts durch eine unrichtige Anwendung bzw Auslegung des § 275 Abs 1c S 3 SGB V. Diese Regelung beziehe sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut, nach der Systematik und nach der Gesetzesgeschichte ausschließlich auf Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V, also nicht auf stationäre Entbindungen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27.2.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung nach den §§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

9

1. Die Revision der Beklagten ist als Sprungrevision nach § 161 SGG gegen das Urteil des SG zulässig. Die Beklagte hat die schriftliche Zustimmung der Klägerin zur Einlegung der Sprungrevision vom 3.6.2013 vorgelegt.

10

2. Die Revision ist auch begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V(idF von Art 1 Nr 185 Buchst a Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Der zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG verfolgte Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V ist bereits durch die Zahlung seitens der Beklagten erloschen(§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 362 Abs 1 BGB). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung eines restlichen Vergütungsanspruchs in Höhe von 100 Euro aus der Behandlung der Patientin E.S. Rechtsgrundlage ist insoweit § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF des GKV-WSG) iVm § 7 Abs 1 S 1 KHEntgG(idF durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) und § 9 Abs 1 KHEntgG(idF durch das Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 vom 17.3.2009, BGBl I 534) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(ebenfalls idF durch das KHRG vom 17.3.2009, BGBl I 534) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2011 sowie dem zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V idF vom 31.5.2002 und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2011. Gegen diesen unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin hat die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 100 Euro wirksam aufgerechnet.

11

a) Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse vorgenommene Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Zahlungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Dazu müssen sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen (§ 387 BGB, vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 11).

12

Dem unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin aus dem späteren Behandlungsfall (Rechnung vom 11.4.2011) stand in entsprechender Anwendung von § 812 BGB ein fälliger Erstattungsanspruch in Höhe von 100 Euro entgegen, da die Beklagte die Aufwandspauschale ohne Rechtsgrund geleistet hat. Dieser Gegenanspruch der Beklagten war im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung fällig und nicht mit einer Einrede behaftet. Er war insbesondere nach der einschlägigen sozialrechtlichen Verjährungsfrist von vier Jahren nicht verjährt und auch nicht wegen eines Verstoßes gegen eine Beschleunigungspflicht verwirkt. Außerhalb der gesetzlichen Verjährungsregelungen kann eine Verwirkung nur unter besonderen Umständen begründet sein. Wie bereits der erkennende Senat (unter Bezugnahme auf BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 ff) ausgeführt hat, bedarf es neben dem Zeitmoment eines besonderen Umstandsmoments (BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 27). Ein solches ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt es an einer vertraglichen Regelung zwischen den Krankenhausträgern und den Krankenkassen über die Modalitäten der Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V, sodass es hier bei den allgemeinen Fälligkeits-, Verzugs- und Verjährungsregelungen bleiben muss.

13

b) Die Beklagte hat die Aufwandspauschale ohne Rechtsgrund geleistet, da die Voraussetzungen hierfür nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V nicht gegeben sind. Nach § 275 Abs 1c S 1 SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (§ 275 Abs 1c S 2 SGB V). Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten. Erst seit dem 25.3.2009 beträgt die Aufwandspauschale 300 Euro.

14

Voraussetzung eines Anspruchs auf die Aufwandspauschale ist danach eine nach Prüfung des MDK unbeanstandet gebliebene Abrechnung einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V(hierzu aa). Leistungen zur Entbindung sind, auch wenn sie stationär im Krankenhaus erbracht werden, keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V(hierzu bb), und § 275 Abs 1c S 3 SGB V ist insoweit einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich(hierzu cc).

15

aa) Während § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V(in der durch das Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412, mWv 1.1.2003 eingeführten und seitdem unveränderten Fassung) die Voraussetzungen regelt, unter denen die Krankenkassen allgemein bei der Erbringung von Leistungen eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen haben, enthält § 275 Abs 1c SGB V Sonderregelungen für die Begutachtung bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V. Das ergibt sich für § 275 Abs 1c S 1 SGB V unmittelbar aus dem Wortlaut, und Satz 2 nimmt ausdrücklich Bezug auf "die Prüfung nach Satz 1". Damit ist klargestellt, dass nicht alle Prüfungen nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gemeint sind, sondern nur die in § 275 Abs 1c S 1 SGB V genannten Prüfungen bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V. Satz 3 lässt dann keinen Zweifel daran, dass sich "die Prüfung" ebenfalls nur auf solche von Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V bezieht. Nur diesbezüglich sah der Gesetzgeber aufgrund der hohen Prüfquoten bei Krankenhausabrechnungen und dem damit zusammenhängenden Verwaltungsaufwand für die Krankenhäuser einen Handlungsbedarf, um die Verfahren zu beschleunigen und den Krankenhäusern ihren Verwaltungsaufwand pauschal zu vergüten für den Fall, dass die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt. Der insoweit eindeutige Wortlaut der Vorschrift lässt keinen Raum für eine Ausdehnung auf andere Leistungen als die Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V.

16

Es trifft deshalb nicht zu, wenn die Klägerin meint, dem MDK fehle für Leistungen, die keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V darstellten, die Berechtigung zur Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V. Denn im Gegensatz zu § 275 Abs 1c SGB V differenziert § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gerade nicht nach der Art der Leistung, sondern gilt allgemein "bei Erbringung von Leistungen".

17

bb) Leistungen im Zusammenhang mit einer stationären Entbindung sind keine Krankenhausbehandlung iS von § 39 SGB V(idF durch das KHRG vom 17.3.2009, BGBl I 534), auch wenn sie in einem zugelassenen Krankenhaus erbracht werden. Nach § 39 Abs 1 S 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär(§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. § 39 Abs 1 S 2 SGB V gibt den Versicherten Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst nach § 39 Abs 1 S 3 SGB V im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung(§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung.

18

Systematisch gehört § 39 SGB V zum Fünften Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB V, in dem die "Leistungen bei Krankheit"(§§ 27 bis 52a SGB V) geregelt sind. Nach § 27 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung. Unter dieser systematischen Einordnung wird deutlich, dass die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nur Behandlungen erfasst, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dies verdeutlicht auch § 11 Abs 1 Nr 4 SGB V, der für Leistungen zur Behandlung einer Krankheit ausdrücklich auf die §§ 27 - 52 SGB V verweist.

19

Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 20 RdNr 10; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 10; BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 4; jeweils mwN). Schwangerschaft und Mutterschaft sind danach keine Krankheit. Aus diesem Grund sind für Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gesonderte Regelungen erforderlich, die sich bis zum 29.10.2012 in den Regelungen der §§ 195 - 200 RVO fanden und durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung(Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 (BGBl I 2246) mit Wirkung vom 30.10.2012 mit kleinen Änderungen in die Vorschriften der §§ 24c bis 24i SGB V übernommen und damit in das SGB V integriert wurden.

20

Die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfassen nach § 195 Abs 1 Nr 3 RVO(idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) auch die stationäre Entbindung. Der Anspruch auf ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Entbindung ergibt sich aus § 196 Abs 1 RVO(idF des GKV-WSG); nach § 197 RVO(idF durch das GKV-WSG) hat die Versicherte, die zur Entbindung in ein Krankenhaus oder in eine andere Einrichtung aufgenommen wird, für sich und das Neugeborene auch Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung. In Satz 2 dieser Vorschrift ist ausdrücklich geregelt, dass für diese Zeit kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung besteht. § 39 Abs 2 SGB V gilt nach § 197 S 3 RVO entsprechend. Damit hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass die stationäre Entbindung in einem Krankenhaus keine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V ist.

21

Der Gesetzgeber hat diese Differenzierung ganz ausdrücklich vorgesehen. Sie dient nicht nur dem Ausschluss von doppelten Leistungsansprüchen, denn verschiedene Anspruchsgrundlagen bilden grundsätzlich nur verschiedene rechtliche Gründe für denselben Anspruch, ohne diesen zu erweitern. Der Ausschluss einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V bei stationärer Entbindung hat vielmehr weitergehende Rechtsfolgen, die der Gesetzgeber offenbar bewusst setzen wollte.

22

Lediglich eine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V führt zu einer Zuzahlungspflicht der Versicherten nach § 39 Abs 4 SGB V. Handelt es sich bei einer stationären Entbindung nicht um Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, fällt demgegenüber für die Versicherte keine Zuzahlung an; dies ist eine vom Gesetzgeber offensichtlich gewollte Rechtsfolge.

23

Dies muss unabhängig davon gelten, ob es sich um eine unkomplizierte Entbindung ohne Krankheitswert handelt oder ob es sich aufgrund einer "Regelwidrigkeit" bei der Entbindung zugleich auch um eine Krankheitsbehandlung handelt. Denn der Anspruch auf stationäre Entbindung nach den Vorschriften der §§ 195 ff RVO nimmt eine solche Unterscheidung nicht vor und schließt in jedem Fall einer stationären Entbindung in einem Krankenhaus einen Krankenhausbehandlungsanspruch nach § 39 SGB V aus. Zudem war der Anspruch der Versicherten auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung für sich und das Neugeborene zur Entbindung in einem Krankenhaus oder in einer anderen Einrichtung in der bis zum 31.3.2007 gültigen Fassung des § 197 RVO(durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988, BGBl I 2477) für die Zeit nach der Entbindung auf längstens sechs Tage beschränkt. Nur für diese Zeit bestand kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Diese zeitliche Beschränkung hat der Gesetzgeber mit dem GKV-WSGim Jahre 2007 ausdrücklich aufgehoben. Dies beruhte darauf, dass die Krankenkassen in Fällen, in denen die Versicherte länger als sechs Tage nach der Entbindung Krankenhausbehandlung benötigte, dazu übergingen, Unterkunft, Pflege und Verpflegung für das gesunde Neugeborene ab dem siebten Tag abzulehnen, wenn für die Versicherte selbst krankheitsbedingt ab dem siebten Tag ein Krankenhausbehandlungsanspruch nach § 39 SGB V bestand. Durch die Neuregelung wollte der Gesetzgeber den Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung auch des gesunden Neugeborenen über den sechsten Tag hinaus sicherstellen (BT-Drucks 16/4247 S 61 f). Damit steht aber zugleich fest, dass sich der Anspruch auf stationäre Entbindung auch in komplizierten Fällen, denen möglicherweise ein krankheitswertiger Zustand zugrunde liegt und die daher einen längeren Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 195 ff RVO(heute §§ 24c ff SGB V) richtet und ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ausgeschlossen ist(vgl auch LSG für das Saarland Beschluss vom 1.3.2013 - L 2 KR 3/12 NZB).

24

cc) Der 1. Senat des BSG hat bereits entschieden, dass im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V diese Vorschrift einer erweiternden Auslegung grundsätzlich nicht zugänglich ist(vgl hierzu ausführlich BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 18 ff; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 6 RdNr 16 mwN). Dem schließt sich der erkennende Senat für den vorliegenden Fall aufgrund des eindeutigen Wortlauts und der folgenden Erwägungen an.

25

In anderen Zusammenhängen hat der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Krankenhausbehandlung und Geburtshilfe durchaus gesehen und berücksichtigt (vgl zB § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V). Eine planwidrige Regelungslücke durch ein Versehen des Gesetzgebers ist daher auszuschließen, zumal die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c SGB V ebenfalls mit dem GKV-WSG, also mit dem gleichen Gesetz eingeführt wurde, mit dem in § 197 RVO die Begrenzung des Anspruchs auf längstens sechs Tage nach der Entbindung gestrichen wurde. Der Satz, dass für diese Zeit kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung besteht, blieb bei dieser Änderung des § 197 RVO jedoch unverändert beibehalten. Gerade bei der Einführung der Aufwandspauschale musste dem Gesetzgeber daher klar sein, dass er bei einer Bindung des Anspruchs an die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V Leistungen eines Krankenhauses zur Entbindung nicht miterfasst.

26

Aufgrund der eindeutigen Rechtslage kommt eine erweiternde Auslegung auch nicht im Hinblick auf eine möglicherweise vergleichbare Interessenlage bezüglich des Verwaltungsaufwands bei Abrechnungsprüfungen im Falle einer Entbindung und solchen bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V in Betracht.

27

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 802,88 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Krankenhausvergütung.

2

Die Beklagte ist Trägerin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses. Es behandelte die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte E. (Versicherte) stationär vom 6. bis 10.9.2004 (Entlassung um 12.26 Uhr). Ein anderes Krankenhaus nahm sie am folgenden Tag stationär auf (10.01 Uhr). Die Beklagte berechnete 2076,31 Euro für die Fallpauschale (Diagnosis Related Group - DRG) B68B (Multiple Sklerose und zerebelläre Ataxie ohne äußerst schwere oder schwere CC ; 22.9.2004). Die Klägerin bezahlte den Betrag (14.10.2004). Sie machte aufgrund einer Prüfung im Jahr 2008 geltend, die Beklagte habe den Verlegungsabschlag nicht berücksichtigt (17.11.2008). Die Klägerin ist mit ihrer am 30.12.2008 erhobenen Klage auf Erstattung von 802,88 Euro erst- und zweitinstanzlich erfolgreich gewesen: Die Klägerin habe den Betrag ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Vergütung um den Verlegungsabschlag überhöht gewesen sei. Die Versicherte sei im Sinne der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (Fallpauschalenverordnung 2004 - KFPV 2004) verlegt worden. Ihre Behandlungsdauer im Krankenhaus der Beklagten habe die mittlere Verweildauer der DRG B68B unterschritten. Der Anspruch sei weder analog § 814 BGB ausgeschlossen noch verjährt oder verwirkt(SG-Urteil vom 28.9.2011, LSG-Urteil vom 22.11.2012).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Das BSG habe eine durch ein Krankenhaus vorgenommene Rechnungskorrektur zwei Jahre nach Erstellung der Schlussrechnung als verspätet angesehen. Gleiches müsse auch für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche der KKn gelten.

4

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2012 und des Sozialgerichts Dortmund vom 28. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten Krankenhausträgerin ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG deren Berufung gegen das SG-Urteil zurückgewiesen. Das SG hat die Beklagte rechtmäßig verurteilt, der klagenden KK 802,88 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Klägerin hat nämlich Anspruch auf Erstattung des ohne Rechtsgrund gezahlten Verlegungsabschlags (dazu 1.). Einwendungen und Einreden gegen den Anspruch greifen nicht durch (dazu 2.). Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Prozesszinsen (dazu 3.).

8

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung von 802,88 Euro. Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, den die Klägerin zulässig im Wege der (echten) Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 SGG geltend macht(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 3, RdNr 11),ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (zur Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 9; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr). Es ist der Klägerin - ungeachtet der Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit höherrangigem Recht - landesvertraglich nicht verwehrt, diesen geltend zu machen (vgl § 15 Abs 4 S 1 des für Nordrhein-Westfalen geltenden Vertrages nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V vom 6.12.1996 in der Gestalt des Änderungsvertrages vom 19.8.1998 ).

9

Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So liegt es hier. Die Klägerin zahlte der Beklagten 802,88 Euro ohne Rechtsgrund. Statt der von der Beklagten auf die Schlussrechnung gezahlten 2076,31 Euro hatte die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Krankenhausvergütung für die Behandlung der Versicherten in Höhe von 1273,43 Euro.

10

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und - wie hier nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG - iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

11

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2004 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Beklagten nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412), der Anlage 1 Teil a) KFPV 2004 (vom 13.10.2003, BGBl I 1995) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(idF durch Art 3 Nr 3 FPG und Art 13 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; vgl hierzu zuletzt BSG vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 275 Nr 15). Die Beklagte durfte auf dieser Grundlage für die Behandlung der Versicherten wegen Multipler Sklerose und zerebellärer Ataxie ohne äußerst schwere oder schwere CC entsprechend den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)die Vergütung nach der DRG B68B berechnen.

12

Die Beklagte hätte den Rechnungsbetrag um den Verlegungsabschlag kürzen müssen. Dies hat sie aber unterlassen. Nach § 1 Abs 1 KFPV 2004 werden die Fallpauschalen jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalenkatalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet. Im Fall der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab (§ 1 Abs 1 S 2 KFPV 2004). Eine Verlegung iS des § 1 Abs 1 S 2 KFPV 2004 liegt vor, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen sind(§ 1 Abs 1 S 4 KFPV 2004). In diesem Falle ist - abgesehen von Verlegungs-Fallpauschalen (§ 1 Abs 1 S 3 KFPV 2004)- von dem verlegenden Krankenhaus ein Abschlag vorzunehmen, wenn die im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene mittlere Verweildauer unterschritten wird. Die Höhe des Abschlags je Tag wird ermittelt, indem die bei Versorgung in einer Hauptabteilung in Spalte 11 des Fallpauschalen-Katalogs ausgewiesene Bewertungsrelation mit dem Basisfallwert multipliziert wird. Die Zahl der Tage, für die ein Abschlag vorzunehmen ist, wird errechnet, indem die Belegungstage (tatsächliche Verweildauer nach § 1 Abs 7 KFPV 2004) von der mittleren Verweildauer nach dem Fallpauschalen-Katalog, kaufmännisch auf die nächste ganze Zahl gerundet, in Abzug gebracht wird(§ 3 Abs 1 KFPV 2004).

13

Die Voraussetzungen des Verlegungsabschlags waren erfüllt. Die Versicherte wurde vom Krankenhaus der Beklagten in die St. B.-Klinik I im Rechtssinne "verlegt" (10./11.9.2004). Auch die Höhe des Verlegungsabschlages von 802,88 Euro ist zutreffend. Die Bewertungsrelation der DRG B68B belief sich nach dem maßgeblichen Fallpauschalen-Katalog auf 0,091. Der Basisfallwert betrug im maßgebenden Zeitraum 2940,95 Euro. Die Anzahl der Abschlagstage (§ 3 Abs 1 S 3 KFPV 2004) belief sich auf 3 Tage (7 Tage mittlere Verweildauer der DRG B68B von 6,7 Tage, kaufmännisch auf die nächste ganze Zahl aufgerundet, abzüglich 4 Tage tatsächlicher Verweildauer iS von § 1 Abs 7 KFPV 2004). Hieraus errechnet sich der Betrag von 802,88 Euro (= 2940,95 Euro x 0,091 x 3).

14

2. Einwendungen und Einreden gegen den Erstattungsanspruch greifen nicht durch. Die Klägerin leistete nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld (dazu a). Ihr kann nicht das Gebot der "Waffengleichheit" entgegengehalten werden (dazu b). Ihre Forderung war weder verjährt (dazu c) noch verwirkt (dazu d).

15

a) Die Erstattung ohne Rechtsgrund gezahlter Krankenhausvergütung ist nicht in entsprechender Anwendung des § 814 BGB ausgeschlossen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete ua nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhausrechnung, kann sie deshalb mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 47; zustimmend Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 109 RdNr 170). Daran fehlte es indes. Die Klägerin zahlte die Krankenhausvergütung nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld.

16

b) Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht den Rechtsgedanken der im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten "Waffengleichheit" entgegenhalten. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) folgende Gebot der "Waffengleichheit" (vgl zB BVerfGE 52, 131, 143 f mwN) wirkt einer Ungleichgewichtslage zwischen den Parteien eines Prozesses entgegen (vgl zB BVerfGE 52, 131, 143 f; BVerfGK 14, 118 RdNr 10), mag es auch von diesem Ausgangspunkt her ins materielle Recht ausstrahlen (etwa in den Grenzbereich: Beweislastregeln, vgl zB BVerfGE 52, 131, 144, 165; vgl auch Krämer in Festschrift für Günter Hirsch zum 65. Geburtstag 2008, S 387 ff). Gesetzliche Wertungen - hier insbesondere des SGB V zum Verhältnis zwischen Krankenhäusern und KKn - können mit einem schlichten Hinweis auf ein nicht weiter abgeleitetes und konkretisiertes, quasi überpositives "Gebot der Waffengleichheit" nicht überspielt werden (eingehend dazu BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

17

c) Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht die Verjährung der Erstattungsforderung entgegenhalten. Der Anspruch einer KK gegen einen Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterliegt einer vierjährigen Verjährung (stRspr, vgl zB BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 39; BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25). Die Verjährung der streitigen Erstattungsforderung begann nach Ablauf des Jahres 2004. Sie beginnt nämlich gemäß § 45 Abs 1 SGB I nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch entstanden ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im gleichgeordneten Leistungserbringungsverhältnis entsteht bereits im Augenblick der Überzahlung (vgl zB BSGE 69, 158, 163 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; Guckelberger, Die Verjährung im Öffentlichen Recht, 2004, S 374 f), hier also mit der vollständigen Begleichung der Schlussrechnung im Oktober 2004. Die Klägerin hat vor Eintritt der Verjährung am 30.12.2008 Klage erhoben (§ 90 SGG)und hierdurch den Eintritt der Verjährung der Forderung gehemmt (§ 45 Abs 2 SGB I analog iVm § 204 Abs 1 Nr 1 BGB). Die Einreichung der Klage beim hier örtlich unzuständigen SG nebst anschließender Verweisung stellt die Wirksamkeit der Klageerhebung nicht in Frage und steht deshalb der Hemmung der Verjährung nicht entgegen (BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 12 f).

18

d) Der Anspruch ist ferner nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG Urteil vom 12.11.2013 - B 1 KR 56/12 R - Juris RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 264 Nr 4 vorgesehen; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN), etwa wenn eine Nachforderung eines Krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der KK erfolgt (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor.

19

Die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (stRspr; vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37; BSGE 109, 22 = SozR 4-2400 § 7 Nr 14, RdNr 36; BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 31; BSG SozR 4-2600 § 243 Nr 4 RdNr 36; BSG SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 17; BSG SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 13; BSG Urteil vom 30.7.1997 - 5 RJ 64/95 - Juris RdNr 27; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f; BSG Urteil vom 1.4.1993 - 1 RK 16/92 - FEVS 44, 478, 483 = Juris RdNr 23; BSG SozR 2200 § 520 Nr 3 S 7; BSG Urteil vom 29.7.1982 - 10 RAr 11/81 - Juris RdNr 15; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSG Urteil vom 25.1.1972 - 9 RV 238/71 - Juris RdNr 17; vgl auch Hauck, Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in Brand/Lembke , Der CGZP-Beschluss des Bundesarbeitsgerichts, 2012, S 147 ff, 167 f).

20

An solchen die Verwirkung auslösenden Umständen fehlt es vorliegend. Nach der unangegriffenen Feststellung des LSG (§ 163 SGG) gab es insbesondere keine Vereinbarung zwischen den Beteiligten, die die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs ausschloss. Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechnung ohne Erklärung eines Vorbehalts zahlte, ergibt sich nichts anderes. § 15 Abs 1 S 1 Sicherstellungsvertrag schreibt ein Begleichen der Rechnung innerhalb von 15 Kalendertagen vor. Nach § 15 Abs 4 Sicherstellungsvertrag können Beanstandungen auch noch nach der Bezahlung geltend gemacht werden. Die Regelung fordert keine vorausgegangene Beanstandung oder die Erklärung eines Vorbehalts bei der Zahlung (vgl auch Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 109 RdNr 170).

21

Der bloße Zeitablauf stellt kein die Verwirkung begründendes Verhalten dar. Der Umstand, dass die Klägerin bis kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit der Geltendmachung ihrer Forderung gewartet hat, genügt deshalb nicht. Hierdurch unterscheidet sich die Verwirkung von der Verjährung (s ferner ergänzend zu den bereits oben genannten Entscheidungen BSGE 51, 260, 262 = SozR 2200 § 730 Nr 2 S 4; BSG Urteil vom 30.10.1969 - 8 RV 53/68 - USK 6983 S 345 = Juris RdNr 23; BSGE 38, 187, 194 = SozR 2200 § 664 Nr 1 S 9; BSGE 34, 211, 214 = SozR Nr 14 zu § 242 BGB; BSGE 7, 199, 200 f; vgl auch BGH NJW 2011, 445, 446). Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (vgl BSG Urteil vom 19.6.1980 - 7 RAr 14/79 - USK 80292 S 1312 = Juris RdNr 32; BSGE 47, 194, 197 f = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55). Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte.

22

Der erkennende Senat weicht damit nicht in einer Weise von Rechtsprechung des 3. Senats des BSG ab, die eine Vorlage an den Großen Senat (§ 41 Abs 3 SGG) erfordert (vgl hierzu BSGE 51, 23 = SozR 1500 § 42 Nr 7). Die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG deutet offensichtlich lediglich in obiter dicta eine abweichende Auffassung an (vgl BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 26; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 11 RdNr 21 vorgesehen). Der 3. Senat des BSG hat bei dem erkennenden 1. Senat nicht wegen Abweichung von dessen Rechtsprechung (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff mwN) angefragt (vgl § 41 Abs 3 S 1 SGG). Soweit der 3. Senat des BSG früher eine unzulässige Rechtsausübung bei einer routinemäßig und pauschalen Weigerung einer KK, eine Krankenhausrechnung wegen angeblicher Überschreitung der erforderlichen Verweildauer zu bezahlen, angenommen hat, sind diese Fälle mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Um eine solche Weigerung geht es nicht. Die Klägerin verstieß auch nicht gegen landesvertragliche Vorgaben für das vereinbarte Prüfverfahren (vgl dazu BSGE 89, 104, 109 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 16 f).

23

3. Die Klägerin hat auch Anspruch auf Prozesszinsen auf den Erstattungsbetrag ab dem Tag der Rechtshängigkeit (30.12.2008). Für die Rechtsbeziehungen der KKn zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in den Verträgen nach § 112 SGB V etwas anderes geregelt ist(stRspr, vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 60/12 R - Juris RdNr 25, mwN). Die sinngemäße Anwendung des § 15 Abs 1 S 3 Sicherstellungsvertrag durch das LSG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden(vgl bereits BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7).

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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Hilfsmittel dürfen an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Absatz 1 und 3 abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Anforderungen nach Satz 2, einschließlich der Fortbildung der Leistungserbringer, ab.

(1a) Die Krankenkassen stellen sicher, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind. Die Leistungserbringer führen den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 durch Vorlage eines Zertifikats einer geeigneten, unabhängigen Stelle (Präqualifizierungsstelle); bei Verträgen nach § 127 Absatz 3 kann der Nachweis im Einzelfall auch durch eine Feststellung der Krankenkasse erfolgen. Die Leistungserbringer haben einen Anspruch auf Erteilung des Zertifikats oder eine Feststellung der Krankenkasse nach Satz 2 zweiter Halbsatz, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 haben die Präqualifizierungsstelle im Rahmen ihrer Zertifizierungstätigkeit und die Krankenkasse bei ihrer Feststellung die Empfehlungen nach Absatz 1 Satz 3 zu beachten. Die Zertifikate sind auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Erteilte Zertifikate sind einzuschränken, auszusetzen oder zurückzuziehen, wenn die erteilende Stelle oder die Stelle nach Absatz 2 Satz 6 auf Grund von Überwachungstätigkeiten im Sinne der DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, feststellt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 nicht oder nicht mehr erfüllt sind, soweit der Leistungserbringer nicht innerhalb einer angemessenen Frist die Übereinstimmung herstellt. Die erteilenden Stellen dürfen die für den Nachweis der Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Daten von Leistungserbringern verarbeiten. Sie haben den Spitzenverband Bund der Krankenkassen entsprechend seiner Vorgaben über ausgestellte sowie über verweigerte, eingeschränkte, ausgesetzte und zurückgezogene Zertifikate einschließlich der für die Identifizierung der jeweiligen Leistungserbringer erforderlichen Daten zu unterrichten. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist befugt, die übermittelten Daten zu verarbeiten und den Krankenkassen sowie der nationalen Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 bekannt zu geben.

(1b) Abweichend von Absatz 1a Satz 2 erster Halbsatz haben öffentliche Apotheken keinen Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 zu führen, soweit apothekenübliche Hilfsmittel an Versicherte abgegeben werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker eine Vereinbarung darüber abzuschließen, welche Hilfsmittel als apothekenübliche Hilfsmittel im Sinne des Satzes 1 einzustufen sind. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 2 nicht bis zum 27. Januar 2024 zustande, legt die Schiedsstelle nach § 129 Absatz 8 bis zum 27. April 2024 den Inhalt der Vereinbarung fest. Eine bestehende Vereinbarung gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort; ein Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden der ersten Vereinbarung fort.

(2) Als Präqualifizierungsstellen dürfen nur Zertifizierungsstellen für Produkte, Prozesse und Dienstleistungen gemäß DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, tätig werden, die die Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 beachten und von einer nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung akkreditiert worden sind. Die Akkreditierung ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Die Akkreditierung erlischt mit dem Ablauf der Frist, mit der Einstellung des Betriebes der Präqualifizierungsstelle oder durch Verzicht der Präqualifizierungsstelle. Die Einstellung und der Verzicht sind der nationalen Akkreditierungsstelle unverzüglich mitzuteilen. Die bisherige Präqualifizierungsstelle ist verpflichtet, die Leistungserbringer, denen sie Zertifikate erteilt hat, über das Erlöschen ihrer Akkreditierung zu informieren. Die Leistungserbringer haben umgehend mit einer anderen Präqualifizierungsstelle die Fortführung des Präqualifizierungsverfahrens zu vereinbaren, der die bisherige Präqualifizierungsstelle die ihr vorliegenden Antragsunterlagen in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen hat. Das Bundesministerium für Gesundheit übt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes die Fachaufsicht über die nationale Akkreditierungsstelle aus. Präqualifizierungsstellen, die seit dem 1. Juli 2010 Aufgaben nach Absatz 1a wahrnehmen, haben spätestens bis zum 31. Juli 2017 einen Antrag auf Akkreditierung nach Satz 1 zu stellen und spätestens bis zum 30. April 2019 den Nachweis über eine erfolgreiche Akkreditierung zu erbringen. Die nationale Akkreditierungsstelle überwacht die Einhaltung der sich aus der DIN EN ISO/IEC 17065 und den Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 für die Präqualifizierungsstellen ergebenden Anforderungen und Verpflichtungen. Sie hat die Akkreditierung einzuschränken, auszusetzen oder zurückzunehmen, wenn die Präqualifizierungsstelle die Anforderungen für die Akkreditierung nicht oder nicht mehr erfüllt oder ihre Verpflichtungen erheblich verletzt; die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend. Für die Prüfung, ob die Präqualifizierungsstellen ihren Verpflichtungen nachkommen, kann die nationale Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 auf Informationen der Krankenkassen oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, berufsständischer Organisationen und Aufsichtsbehörden zurückgreifen.

(3) Für nichtärztliche Dialyseleistungen, die nicht in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden, gelten die Regelungen dieses Abschnitts entsprechend.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2012 - L 1 (16) KR 265/09 - und des Sozialgerichts Aachen vom 8. Dezember 2009 geändert und die Auskunfts- und Herausgabeklage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Auskunfts- und Herausgabeklage in allen Instanzen.

Der Streitwert der Auskunfts- und Herausgabeklage wird für alle Instanzen auf 50 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erteilung von Auskünften sowie die Herausgabe von Unterlagen zur Abrechnungsprüfung aus den Jahren 2001 bis 2003.

2

Der beklagte Augenoptiker versorgte in den fraglichen Jahren ua Versicherte der klagenden und zweier weiterer Ersatzkrankenkassen mit Sehhilfen aufgrund vertragsärztlicher Verordnungen und sog Berechtigungsscheine. Aufgrund eines Hinweises der AOK aus dem Jahr 2005 auf möglicherweise fehlerhafte Abrechnungen begann die Klägerin mit der Überprüfung der Abrechnung von Augenoptikern aus den Jahren 2001 bis 2003. Hierzu entwickelte sie zunächst statistische Parameter, anhand derer sie das Versorgungsverhalten einzelner Leistungserbringer mit dem durchschnittlichen Versorgungsverhalten der Augenoptiker im jeweiligen Land verglich. Nachdem das Versorgungsverhalten des Beklagten - wie das einer Vielzahl anderer Augenoptiker - vom Landesdurchschnitt abwich, forderte die Klägerin von dem damals von ihr beauftragten Rechenzentrum die vom Beklagten in der Zeit vom 1.1.2001 bis 31.12.2003 eingereichten Rechnungsbelege unter Bezugnahme auf § 302 SGB V und § 10 des Vertrages zwischen dem Zentralverband der Augenoptiker und den Landesvertretungen des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen eV (VdAK) und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband eV (AEV) vom 30.6.1994 (in der Folge: Rahmenvertrag) an.

3

Am 29.12.2007 hat die Klägerin Klage zum SG Aachen mit dem Ziel erhoben, Auskunft zu erhalten über sämtliche Leistungs- und Abrechnungsvorgänge, in denen der Beklagte im Zeitraum 2001 bis 2003 Leistungen aufgrund vertragsärztlicher Verordnungen sowie über Berechtigungsscheine abgerechnet hat, und zwar durch Vorlage der diesbezüglichen Kundenunterlagen und -daten, insbesondere der Karteikarten und Lieferscheine. Später sollte der Beklagte verpflichtet werden, überzahlte Rechnungsbeträge zu erstatten, deren Gesamthöhe aber erst nach Erfüllung des Auskunfts- und Herausgabeanspruchs hätte beziffert werden können. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, eine erste Prüfung habe zahlreiche Auffälligkeiten bei den Abrechnungen des Beklagten ergeben; dies hat sie durch Vorlage eines von ihr im Februar 2008 in Auftrag gegebenen Gutachtens konkretisiert. Danach ergäben sich Berechnungen von Versorgungsleistungen, auf die ein Anspruch der Versicherten nicht bestanden habe. Zudem bestünden Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Fehlabrechnungen, bei denen eine gutachterliche Würdigung und Bewertung aber nur nach Einsicht und Vergleich mit den Kundenkarteikarten und Lieferscheinen erfolgen könne. Die Berechtigungsscheine hätten nicht abschließend geprüft werden können, da der Beklagte sie unvollständig oder widersprüchlich ausgefüllt habe; auch insoweit sei die Sichtung weiterer Unterlagen nötig.

4

Am 16.5.2008 hat die Klägerin dem SG mitgeteilt, dass die Klage die Erstattungsansprüche sämtlicher dem VdAK und dem AEV angeschlossenen Ersatzkassen betreffe, was sie später auf die Ansprüche der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH, seit 1.4.2009 durch Aufnahme der BKK Allianz "KKH-Allianz", in der Folge nur KKH) und der Barmer Ersatzkasse (BEK, seit 1.1.2010 durch Vereinigung mit der Gmünder Ersatzkasse "Barmer GEK", in der Folge nur BEK) beschränkt hat. Hierzu hat die Klägerin Erklärungen der KKH bzw der BEK vom 27.3.2008 sowie der GEK vom 16.4.2008 vorgelegt, wonach sie am 26.7.2007 beauftragt worden sei, die Abrechnungen von Augenoptikern im Zeitraum 2001 bis 2003 zu überprüfen, soweit die Versorgung von BEK-, GEK- und KKH-Versicherten betroffen sei. Sie sei ermächtigt, alle aus ihrer Sicht notwendigen Schritte nach eigenem Ermessen durchzuführen, wozu auch der Einzug von Forderungen sowie die gerichtliche Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsansprüchen im eigenen Namen gehörten. Alle evtl Erstattungsansprüche gegen Optiker in Nordrhein-Westfalen seien an sie - die Klägerin - abgetreten. Mit Erklärungen vom 18. und 22.9.2009 haben die BEK und die KKH die Klägerin außerdem zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Rückforderung zu Unrecht geleisteter Zahlungen im Zeitraum 2001 bis 2003 gegen den Beklagten vor dem SG Aachen ermächtigt.

5

Das SG hat den Beklagten verurteilt, Auskunft zu erteilen über sämtliche rund 1500 Leistungs- und Abrechnungsvorgänge, in denen er im Abrechnungszeitraum 2001 bis 2003 Leistungen für namentlich genannte Versicherte der Klägerin, der BEK und der KKH abgerechnet habe, durch Vorlage der diesbezüglichen Kundenunterlagen und -daten, insbesondere der betreffenden Auszüge aus der Kundendatei, Lieferscheine, Lieferantenrechnungen und Kundenrechnungen, in denen Angaben enthalten sind zu Befundwerten (Fern- und Nah-Bereich; rechts und links; sphärisch, Zylinder; Achse; Prisma) inklusive Refraktionsprotokoll, Grund der Abgabe der Sehhilfe, Art und Umfang der erbrachten Leistungen inklusive Fassungs- und Glashersteller, mit dem Versicherten abgerechnete Leistungen, Datum der Bestellung der Sehhilfe beim Lieferanten sowie - aus dem jeweiligen Lieferschein des Lieferanten - zur genauen Bezeichnung des gelieferten Artikels nach Artikelnummer, Artikelbezeichnung und Material, technischen Spezifizierungen und zu den Werten des Artikels, wie zB Radien-Brechwert-Zylinder, Achse oder Durchmesser und zur Anzahl der jeweils gelieferten Artikel (Urteil vom 8.12.2009). Das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 16.5.2012). Die Klägerin sei befugt, im Wege der Prozessstandschaft auch Ansprüche der BEK und der KKH geltend zu machen. Der Auskunfts- und Unterlagenherausgabeanspruch der Krankenkassen beruhe zum einen auf einer ergänzenden Auslegung des Rahmenvertrages und zum anderen auf § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 675 Abs 1, § 666 BGB, da zwischen der Klägerin und dem Beklagten bei Lieferung der Sehhilfen jeweils ein den Regeln des Auftragsrechts unterfallender Geschäftsbesorgungsvertrag zustande gekommen sei. Regelungen des SGB V stünden dem nicht entgegen; insbesondere lasse die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Datenübermittlung nach § 302 Abs 1 SGB V die Befugnis der Krankenkassen unberührt, im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zu den Leistungserbringern die Gesetzmäßigkeit erbrachter Versorgungsleistungen durch Einholung weitergehender Auskünfte zu überprüfen. Der Auskunftsanspruch der Klägerin sei schließlich nicht verjährt, da die Verjährungsfrist nicht vier, sondern wegen hinreichender Anhaltspunkte für einen Abrechnungsbetrug 30 Jahre betrage.

6

Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Beklagten. Das LSG habe gegen allgemein geltende Auslegungsgrundsätze verstoßen, als es dem Rahmenvertrag die Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabe der streitigen Unterlagen entnommen habe. Gegen Bundesrecht sei weiter verstoßen worden, indem das LSG ergänzend die Regelungen des BGB über das Auftragsrecht angewendet habe. Zumindest sei der Herausgabeanspruch der Klägerin verjährt bzw verwirkt, nachdem die Klägerin gegen das für das Prüfverfahren geltende Beschleunigungsgebot verstoßen habe.

7

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2012 - L 1 (16) KR 265/09 - und des Sozialgerichts Aachen vom 8. Dezember 2009 zu ändern und die Klage auf Erteilung von Auskünften und Herausgabe von Unterlagen abzuweisen.

8

Die Klägerin verteidigt die angegriffenen Entscheidungen und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Die Entscheidungen des SG und des LSG sind dahin zu ändern, dass die Klage auf Erteilung von Auskünften und Herausgabe der begehrten Unterlagen abgewiesen wird, da die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf die Herausgabe der streitigen Unterlagen besitzt.

10

1. Gegenstand der Revision ist der von der Klägerin umfassend geltend gemachte Anspruch auf die Erteilung von Auskünften und die Herausgabe sämtlicher Unterlagen, die beim Beklagten über die Versorgung von Versicherten der Klägerin, der BEK und der KKH mit Sehhilfen im Zeitraum 2001 bis 2003 angefallen sind. Hierfür sind die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt:

11

a. Die Herausgabeklage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG zulässig. Beim Streit zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer handelt es sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2 RdNr 5; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 2 f; BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 14 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Die Klägerin war damit insbesondere nicht in der Lage, den Beklagten durch Verwaltungsakt zur Herausgabe der streitigen Unterlagen zu verpflichten. Der Senat hat weiterhin bereits entschieden, dass das Begehren auf Auskunftserteilung und Herausgabe von (medizinischen) Unterlagen sowie auf Begleichung etwaiger sich aus diesen ergebender Erstattungsansprüche im Wege der auch in der Sozialgerichtsbarkeit nach § 202 SGG iVm § 254 ZPO statthaften Stufenklage verfolgt werden kann(BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 12; s auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 56 RdNr 5). Zwar will die Klägerin hier mit ihrem Auskunftsbegehren zunächst nur in Erfahrung bringen, ob ihr überhaupt Erstattungsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Dies ist allerdings unschädlich, wenn - wie vorliegend - die Erfüllung des Auskunftsbegehrens auch zur Bezifferung des Erstattungsanspruchs erforderlich ist (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 11 mwN).

12

b. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin zur Prozessführung befugt ist, und zwar auch soweit die begehrten Unterlagen die Versorgung von Versicherten der BEK und der KKH betreffen.

13

Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen bestimmten Prozess als richtige Partei zu führen. Sie ist ohne Weiteres gegeben, wenn der Kläger einen nach seinem Vortrag ihm zustehenden sachlichen Anspruch im eigenen Namen geltend macht. Dagegen bedarf die Prozessführungsbefugnis besonderer Feststellung und Begründung, wenn der Kläger einen fremden materiellen Anspruch im eigenen Namen verfolgt, wie es die Klägerin vorliegend hinsichtlich der Unterlagen tut, die die Versorgung von Versicherten der BEK und der KKH betreffen. In diesen Fällen liegt die Prozessführungsbefugnis nur vor, wenn entweder das Gesetz dies ausdrücklich anordnet (gesetzliche Prozessstandschaft) oder der Kläger aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Befugnis handelt und er dabei ein eigenes rechtliches Interesse an der Geltendmachung des fremden materiellen Anspruchs hat (gewillkürte Prozessstandschaft) (stRspr: BSG SozR Nr 3 zu § 69 SGG; BSG SozR 2200 § 639 Nr 1; BSGE 86, 94, 96 f = SozR 3-3300 § 77 Nr 3 S 20 f; BSG SozR 3-3300 § 72 Nr 2 S 3 f, jeweils mwN). Zudem dürfen schutzwürdige Belange des Prozessgegners nicht entgegenstehen (BSGE aaO).

14

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. BEK und KKH haben im Rahmen ihrer Erklärungen vom 18. bzw 22.9.2009 der Prozessführung durch die Klägerin hinreichend konkret und bezogen auf die streitigen Ansprüche zugestimmt. Diese Zustimmung genügt zur Begründung einer gewillkürten Prozessstandschaft (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl 2013, § 51 RdNr 33). Es kann offenbleiben, ob ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Prüfung von Erstattungsansprüchen Dritter hier bereits aus der Pflicht der Krankenkassen zur Zusammenarbeit nach § 197a Abs 3 SGB V folgt. Denn dieses ergibt sich jedenfalls aus der Verpflichtung der Klägerin zur Erfüllung der ihr von BEK und KKH übertragenen Aufgaben nach § 88 SGB X. Auf dieser Grundlage waren die BEK und KKH berechtigt, die Überprüfung von Leistungsabrechnungen durch Hilfsmittelerbringer als Teil ihrer gesetzlichen Aufgaben (vgl dazu BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 16 mwN; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 37 f; BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20, RdNr 13) einem anderen Leistungsträger - hier der Klägerin - zu übertragen. Diese erfüllte mit der Prozessführung die gegenüber der BEK und der KKH übernommene Verpflichtung (zur Prozessstandschaft der Postbeamtenkrankenkasse für die Gemeinschaft der privaten Versicherungsunternehmen zur Durchführung der Pflegeversicherung s BSGE 86, 94, 97 = SozR 3-3300 § 77 Nr 3 S 21). Dass verfahrensrechtliche Interessen des Beklagten beeinträchtigt sein könnten, weil die Klägerin statt der BEK und KKH den Rechtsstreit führt, trägt dieser selbst nicht vor und ist auch anderweitig nicht ersichtlich. Die Klägerin hat die Prozessstandschaft schließlich mit Schriftsatz vom 12.6.2008 auch noch rechtzeitig (vgl BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34 S 67) offengelegt. Deshalb kann es dahinstehen, ob die BEK und die KKH die ihnen ggf gegen den Beklagten zustehenden Erstattungsforderungen mit ihren Erklärungen vom 27.3.2008 wirksam an die Klägerin abgetreten haben, da dies nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist und damit auf den Prozess keinen Einfluss haben kann (§ 202 SGG iVm § 265 Abs 2 S 1 ZPO).

15

2. Die Klage auf Auskunftserteilung und Herausgabe sämtlicher Unterlagen, die die rund 1 500 Versorgungen von Versicherten der Klägerin, der BEK und KKH durch den Beklagten im Zeitraum 2001 bis 2003 betreffen, zum Zweck der Abrechnungsprüfung ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Auskünfte und die Herausgabe der begehrten Unterlagen. Ein solcher ergibt sich weder aus dem öffentlichen Recht (dazu a) noch aus der (entsprechenden) Anwendung von Vorschriften des BGB (dazu b). Lediglich ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass Auskunftsansprüchen der Klägerin darüber hinaus weitestgehend die Einrede der Verjährung, zumindest aber die Einwendung der Verwirkung entgegenstehen (dazu c).

16

a. Die Klägerin kann ihren Anspruch weder auf Vorschriften des SGB noch auf eine die Hilfsmittelversorgung ergänzend regelnde Vereinbarung nach § 127 SGB V stützen.

17

aa. Die hier geltend gemachten Ansprüche der Krankenkasse bzw die Verpflichtung des Leistungserbringers zur Auskunft und ggf Herausgabe von Unterlagen sind als Bestandteil des Leistungserbringerrechts zunächst im SGB V geregelt. Soweit sie Sozialdaten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betreffen, sind ergänzend die Regelungen des SGB I und SGB X zu berücksichtigen. Dementsprechend gilt für die Ansprüche der Krankenkasse bzw die Auskunfts- und Herausgabepflicht des Hilfsmittelerbringers Folgendes:

18

(1) Die Klägerin fordert die Erteilung von Auskünften und die Herausgabe von Unterlagen, die die Befundwerte der Versicherten, den Grund der Abgabe der Sehhilfe, die Art und den Umfang der erbrachten Leistung und die mit dem Versicherten abgerechnete Leistung enthalten. Hierbei handelt es sich um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse bestimmter natürlicher Personen und damit um Sozialdaten iS von § 67 Abs 1 S 1 SGB X.

19

Die Erhebung von Sozialdaten durch die Krankenkassen ist nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des SGB X zulässig (§ 35 Abs 2 SGB I idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches - 2. SGBÄndG - vom 13.6.1994, BGBl I 1229). Danach dürfen Sozialdaten ohne Mitwirkung des Betroffenen bei anderen als den in § 35 SGB I bzw § 69 Abs 2 SGB X genannten Stellen und Personen - mithin auch bei Leistungserbringern - nur erhoben werden, wenn eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt(§ 67a Abs 2 S 2 Nr 2 Buchst a SGB X iVm § 35 Abs 2 SGB I) oder wenn die Aufgaben der Krankenkasse nach dem SGB ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (§ 67a Abs 2 S 2 Nr 2 Buchst b SGB X iVm § 35 Abs 2 SGB I).

20

Allein aus der Befugnis der Krankenkasse, Sozialdaten zu erheben, folgt allerdings noch nicht, dass die Personen oder Stellen, bei denen die Daten angefordert werden, ihrerseits automatisch zur Übermittlung dieser Daten verpflichtet sind. Dementsprechend regelt das SGB X im Zweiten Kapitel (§§ 67 bis 85a) die Voraussetzungen, unter denen die Erhebung, Verarbeitung, Nutzung und Übermittlung von Sozialdaten durch Leistungsträger wie die Krankenkassen zulässig ist, während die Auskunftspflichten Dritter gegenüber den Leistungsträgern Gegenstand des Dritten Kapitels des SGB X (§§ 86 bis 119) sind. Eine entsprechende Differenzierung nimmt das SGB V vor, indem es in den §§ 284 bis 293 die Informationsgrundlagen, insbesondere die Datenerhebungsbefugnisse der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen regelt, und in den §§ 294 bis 303 SGB V spiegelbildlich die entsprechenden Pflichten der Leistungserbringer zur Datenübermittlung bestimmt(BSGE 90, 1, 5 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 24).

21

Auf dieser Grundlage bestehen zwischen den Beteiligten im Rahmen der Abrechnungsprüfung durch die Klägerin folgende Auskunftsansprüche bzw -pflichten:

22

(a) Die Krankenkassen dürfen - in dem hier relevanten Bereich der Abrechnungsprüfung - Sozialdaten für Zwecke der Krankenversicherung erheben und speichern, soweit diese für die Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte, die Beteiligung des Medizinischen Dienstes nach § 275 SGB V oder die Abrechnung mit den Leistungserbringern und die Überwachung des Wirtschaftlichkeitsgebots erforderlich sind(§ 284 Abs 1 S 1 Nr 4 und 7 bis 9 SGB V idF des 2. SGBÄndG vom 13.6.1994, BGBl I 1229). Demgegenüber sind Leistungserbringer nach § 294 SGB V(ebenfalls idF des 2. SGBÄndG vom 13.6.1994, BGBl I 1229) verpflichtet, "die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen (…) notwendigen Angaben, die aus der Erbringung (…) sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen (…) oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen".

23

(aa) Für den hier relevanten Bereich der Abrechnung von Hilfsmitteln verpflichten § 302, § 303 SGB V die Leistungserbringer, der Krankenkasse maschinenlesbar in den Abrechnungsbelegen die von ihnen erbrachten Leistungen nach Art, Menge und Preis zu bezeichnen und den Tag der Leistungserbringung sowie die Arztnummer des verordnenden Arztes, die Verordnung des Arztes mit Diagnose und den erforderlichen Angaben über den Befund und die Angaben nach § 291 Abs 2 Nr 1 bis 6 SGB V zur Krankenversicherungskarte anzugeben; bei der Abgabe von Hilfsmitteln sind dabei die Bezeichnungen des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 128 SGB V zu verwenden(§ 302 Abs 1 SGB V idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Damit ist aus datenschutzrechtlichen Gründen abschließend und enumerativ aufgelistet, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Hilfsmittelversorgung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl BT-Drucks 12/3608 S 125, zu Nummer 142 <§ 302>, die insoweit auf die für die anderen Leistungsbereiche geltende Regelung zu Nummer 141<§ 301> verweist). Nach der zugrunde liegenden Vorstellung des Gesetzgebers sind damit die wesentlichen Angaben bezeichnet, die die Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung mit den Hilfsmittelerbringern benötigt (BT-Drucks 12/3608 S 125). Das Nähere über die Form und den Inhalt des Abrechnungsverfahrens bestimmen die Spitzenverbände der Krankenkassen (heute: Spitzenverband Bund der Krankenkassen) in Richtlinien, die in den Leistungs- und Lieferverträgen zu beachten sind (§ 302 Abs 2 S 1 SGB V). Vorliegend sind die Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 302 Abs 2 SGB V über Form und Inhalt des Abrechnungsverfahrens mit "sonstigen Leistungserbringern" sowie Hebammen und Entbindungspflegern(§ 301a SGB V) vom 9.5.1996 (BAnz Nr 112 vom 20.6.1996, zuletzt geändert durch Beschluss vom 13.3.2003; in der Folge: Richtlinie) maßgeblich gewesen. Haben die Hilfsmittelerbringer die Daten nach § 302 Abs 1 SGB V in dem jeweils zugelassenen Umfang nicht maschinenlesbar oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern abgegeben oder übermittelt, so haben die Krankenkassen die Daten nachzuerfassen(§ 303 Abs 3 S 1 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGB I 2190). Wie der Senat bereits zur entsprechenden Regelung für den Bereich der Abrechnung von Krankenhausbehandlungen entschieden hat, dürfen die Krankenkassen bei Zweifeln und Unklarheiten in Bezug auf die übermittelten Daten durch nicht-medizinische Nachfragen selbst beim Leistungserbringer klären, ob die jeweiligen Voraussetzungen der Zahlungspflicht im Einzelfall gegeben sind (sog erste Stufe der Sachverhaltserhebung, vgl für den Bereich der Abrechnung von Krankenhausbehandlung nach § 301 SGB V: BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 KR 32/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, RdNr 21; BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 19). Dieses Recht steht den Krankenkassen auch in Bezug auf die übrigen Leistungserbringer zu.

24

(bb) Die Klägerin kann ihren Auskunfts- und Herausgabeanspruch im vorliegenden Fall nicht auf § 302 SGB V iVm der Richtlinie stützen. Insoweit ist - nachdem die Klägerin bzw die von ihr vertretenen BEK und KKH die streitigen Abrechnungen bereits vergütet haben - zunächst davon auszugehen, dass der Beklagte die entsprechenden Angaben bereits ordnungsgemäß übermittelt hat. Dies gilt auch für die Verpflichtung aus § 302 SGB V iVm §§ 2 bis 5 Richtlinie zur Übermittlung der dort genannten weiteren Abrechnungsdaten sowie der sog Urbelege(Verordnungsblätter, Berechtigungs- und Reparaturscheine, § 2 Abs 1 b Richtlinie). Bei diesen Urbelegen handelt es sich um von der Richtlinie vorgegebene Muster (§ 3 Richtlinie), die vom Leistungserbringer in einem bestimmten Format maschinenlesbar zu übermitteln sind. Die Klägerin selbst behauptet aber nicht, dass der Beklagte diesen Verpflichtungen nicht ausreichend nachgekommen ist. Darüber hinaus besteht weder aus § 302 SGB V noch nach der Richtlinie eine Verpflichtung des Beklagten, die von der Klägerin begehrten Kundenunterlagen und -daten, insbesondere Auszüge aus der Kundendatei, Lieferscheine, Lieferantenrechnungen und Kundenrechnungen und bei ihm darüber hinaus ggf vorliegenden weiteren Unterlagen herauszugeben. Das Klagebegehren richtet sich auch nicht auf ein zulässiges Nachfragen der Krankenkasse beim Leistungserbringer, um Zweifel und Unklarheiten im Einzelfall in Bezug auf die nach § 302 SGB V übermittelten Daten zu klären.

25

(b) Die Klägerin kann ihren weiten Auskunfts- und Herausgabeanspruch auch nicht auf die Mitteilungspflichten des Leistungserbringers nach § 276 Abs 2 SGB V idF des 2. SGBÄndG vom 13.6.1994 (BGBl I 1229) stützen. Zwar sieht § 276 Abs 2 SGB V weitere Mitteilungspflichten von Leistungserbringern vor, die allerdings auf die anschließende medizinische Begutachtung eines Leistungs- oder Abrechnungsfalles durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) gerichtet sind. Dieser darf Sozialdaten erheben, soweit dies für seine gutachterliche Stellungnahme erforderlich ist (§ 276 Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB V). Voraussetzung ist aber nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V - die weiteren Alternativen dieser Vorschrift kommen ersichtlich nicht in Betracht - ein Prüfauftrag der Krankenkasse an den MDK entweder wegen der Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungserbringung oder wegen Auffälligkeiten der ordnungsgemäßen Abrechnung. Daran fehlt es hier; die Klägerin vermutet zwar das Fehlen von ordnungsgemäßen Abrechnungen des Klägers in zahlreichen Fällen, sie hat dazu jedoch - aus ihrer Sicht folgerichtig - kein medizinisches Überprüfungsverfahren beim MDK eingeleitet. Ein solches Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V hinsichtlich sämtlicher Abrechnungsvorgänge des Beklagten in den Jahren 2001 bis 2003 wäre im Übrigen auch unzulässig, da die Klägerin keine Auffälligkeit im Einzelfall geltend macht. Eine Auffälligkeit liegt nämlich nur dann vor, wenn der konkrete Verdacht einer fehlerhaften Abrechnung besteht (BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 22 mwN); daran fehlt es hier.

26

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin behauptet, nach dem von ihr in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten seien bei einigen Abrechnungen des Beklagten konkrete Fragen zu deren sachlich-rechnerischen Richtigkeit offen. Sie macht aber weder geltend noch ist es anderweitig ersichtlich, dass es zur Überprüfung dieser auffälligen Abrechnungen sämtlicher Abrechnungsunterlagen des Beklagten aus drei Jahren bedarf. Die Klägerin beruft sich vielmehr auf statistische Abweichungen im Versorgungsverhalten des Beklagten vom durchschnittlichen Versorgungsverhalten der Augenoptiker in Nordrhein-Westfalen, die sie durch Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Abrechnung durch den Beklagten in Einzelfällen bestätigt sieht, und glaubt daraus ableiten zu können, mittels der von ihr begehrten Auskünfte und Unterlagen die komplette Versorgung durch den Beklagten in den Jahren 2001 bis 2003 überprüfen zu dürfen. Für eine derartige umfassende Ausforschung bietet das an Auffälligkeiten im Einzelfall anknüpfende Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V und damit auch die in dessen Rahmen bestehende Auskunftspflicht des Leistungserbringers nach § 276 SGB V keine Grundlage.

27

(2) Die vorstehenden Ausführungen gelten erst recht für die begehrte Übermittlung von Daten, die zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des Beklagten - Unterlagen von Lieferanten und deren Abrechnungen sowie Kundendaten aller Art - gehören (§ 35 Abs 4 SGB I idF des 2. SGBÄndG vom 13.6.1994, BGBl I 1229). Es ist im SGB keine Rechtsgrundlage ersichtlich, die eine derartige Auskunftspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin begründen könnte.

28

bb. Der Anspruch der Klägerin auf Auskunftserteilung und Herausgabe von Unterlagen ergibt sich auch nicht aus Vorschriften des Rahmenvertrages vom 30.6.1994 oder dessen ergänzender Vertragsauslegung.

29

(1) Allerdings geht das LSG zu Recht davon aus, dass § 10 Rahmenvertrag die vom Leistungserbringer im Rahmen der Rechnungslegung zu übermittelnden Angaben und Unterlagen konkretisiert. Dort ist insbesondere geregelt, wann diese zu erfolgen hat (einmal monatlich bis zum 10. des auf das Ende der letzten Lieferung folgenden Monats, § 10 Abs 1 S 1, Abs 2 S 4), welche Unterlagen vorzulegen sind (ärztliche Verordnung oder Berechtigungsschein mit Datum und Bestätigung über den Empfang der Sehhilfe oder sonstigen Leistung durch den Versicherten und Stempel des Augenoptikers, § 10 Abs 1 S 2 und 3, Abs 2 S 4), wie die Lieferungen zu bezeichnen sind (§ 10 Abs 2 S 1), welcher Festpreis ggf gilt (§ 10 Abs 2 S 8), von wem die Kosten zu tragen sind (§ 10 Abs 1 S 4) und wann die Rechnung zu bezahlen ist (§ 10 Abs 2 S 6). Darüber hinaus verweist § 10 Abs 2 S 3 auf § 302 iVm § 303 SGB V und damit auf die gesetzliche Regelung der Pflichten der Leistungserbringer im Rahmen der Leistungsabrechnung mit den Krankenkassen. Die vertraglichen Informationspflichten des Leistungserbringers gehen damit weit über die Verpflichtungen hinaus, die das LSG festgestellt hat (S 12 des Urteilsumdrucks). Die Parteien des Rahmenvertrages wollten nach dem ausdrücklichen Wortlaut nicht nur die sich aus den geltenden gesetzlichen Regelungen ergebenden Verpflichtungen wiederholen, sondern darüber hinaus ergänzende Mitteilungspflichten des Leistungserbringers vertraglich vereinbaren. Gleichwohl folgt daraus keine Verpflichtung des Beklagten zur umfassenden Auskunftserteilung und zur Herausgabe der von der Klägerin begehrten Unterlagen.

30

(2) Zu Unrecht hat das LSG allerdings angenommen, hieraus könne auf eine ergänzungsbedürftige Regelungslücke des Rahmenvertrages geschlossen werden. Denn die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt.

31

(a) Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist eine Regelungslücke in einem re-gelungsbedürftigen Punkt der vertraglichen Regelung (BGHZ 40, 91, 103; BGHZ 77, 301, 304; stRspr). Hierfür genügt nicht jeder offengebliebene Punkt eines Vertrages. Eine durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllende Lücke ist vielmehr nur dann zu bejahen, wenn die von den Parteien vereinbarte Regelung eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihr zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen (BGH Urteil vom 13.2.2004 - V ZR 225/03, NJW 2004, 1873; Staudinger/Roth, BGB, Aufl 2010, § 157 BGB RdNr 15 mwN). Ohne die gebotene Vervollständigung darf eine angemessene interes-sengerechte Lösung nicht zu erzielen sein (BGH Urteil vom 13.5.1993 - IX ZR 166/92, NJW 1993, 2935; BGHZ 90, 69, 74 f; BGH Urteil vom 12.7.1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115, 116).

32

(b) Die Parteien des Rahmenvertrages wollten - § 127 Abs 1 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) entsprechend - Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln sowie über die Abrechnung der Festbeträge regeln (§ 1 Rahmenvertrag). Zur Umsetzung dieses Regelungsplans haben sie insbesondere die im Rahmen der Rechnungslegung zu übermittelnden Unterlagen und Angaben festgelegt und dabei auch bestimmt, dass die gesetzlichen Regelungen und der Rahmenvertrag gelten sollen (§ 10 Abs 2 S 3 Rahmenvertrag). Es kann dahinstehen, ob schon allein diese ausdrückliche Regelung der Geltung der Gesetzesvorschriften eine Regelungslücke ausschließt (vgl BGHZ 40, 91, 103 mwN). Denn zumindest ist es nicht zur Verwirklichung der Ziele des Rahmenvertrages notwendig, weitere und derartig umfassende Auskunfts- und Herausgabepflichten zu statuieren. So waren die Beteiligten zunächst über Jahre in der Lage, die Hilfsmittelversorgung durch den Beklagten und deren Abrechnung gegenüber der Klägerin entsprechend dem Rahmenvertrag und den von ihm in Bezug genommenen gesetzlichen Regelungen durchzuführen. Auch die Klägerin sah sich aufgrund der vom Beklagten übermittelten Belege und Angaben offenkundig in der Lage, die von diesem erbrachten Leistungen zu vergüten, was im Hinblick auf § 303 Abs 3 SGB V für eine ordnungsgemäße Rechnungslegung durch den Beklagten gemäß den Regeln von § 10 Rahmenvertrag spricht. Anders als das LSG meint, ergibt sich die Notwendigkeit einer Ergänzung des Rahmenvertrages um die Verpflichtung des Beklagten zur Vorlage weiterer Unterlagen auch nicht aus dem Interesse der Krankenkasse, ihren Prüfpflichten nach dem SGB V nachkommen zu können. Denn dieses Interesse ist bereits anhand der Regelungen des Rahmenvertrages und damit ohne die Verpflichtung des Leistungserbringers zur Herausgabe weiterer Unterlagen angemessen berücksichtigt.

33

Zudem muss sich die Klägerin vorwerfen lassen, dass sie die Optiker jahrelang hat gewähren lassen - sie hatte die Abwicklung der Abrechnungen einem Rechenzentrum übergeben und offensichtlich keine ausreichende Kontrolle durchgeführt. Es wäre ihr - zumindest mit sachverständiger Unterstützung des MDK - bereits anhand der vom Beklagten bei der Rechnungslegung regelmäßig übermittelten Unterlagen und Angaben durchaus möglich gewesen, das Vorliegen rechtswidriger Hilfsmittelversorgungen oder Anhaltspunkte hierfür festzustellen. Unkorrekte Abrechnungen wären nicht zu vergüten gewesen, zweifelhafte Punkte hätten im jeweiligen Einzelfall gegenüber dem Beklagten zeitnah geltend gemacht werden können und ggf durch den MDK überprüft werden müssen. Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte habe ganze Versorgungsfälle fingiert (Stichwort "unzulässige Doppelversorgung") oder es seien fehlerhafte Versorgungen erfolgt (Stichwort "fehlerhafte Augenglasbestimmung"), hätte ebenfalls im jeweiligen Einzelfall eine zeitnahe Überprüfung unter Beteiligung des Versicherten (zur Einholung von Stellungnahmen bei Versicherten im Rahmen der Abrechnungsprüfung s BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1) erfolgen und eine Stellungnahme des MDK eingeholt werden können. Zum Einwand der Klägerin, entsprechende Ermittlungen bei Versicherten seien nicht mehr zielführend, da diese regelmäßig nicht in der Lage seien, Angaben zu einer Versorgung in den Jahren 2001 bis 2003 zu machen, wird übersehen, dass dies im Wesentlichen aus ihrem Verschulden resultiert, weil die Abrechnungsprüfung nicht zeitnah durchgeführt worden ist.

34

(c) Die vom LSG angenommene Vertragsergänzung widerspricht darüber hinaus ersichtlich einer abgewogenen Auslegung, weil sie einseitig dem Interesse der Krankenkasse Rechnung trägt, eine Abrechnungsprüfung auch nach Jahren und in gesetzlich nicht vorgesehenem Umfang vornehmen zu dürfen. Der Senat weist in ständiger Rechtsprechung auf das im Leistungserbringerrecht allgemein existierende Beschleunigungsgebot hin (vgl zuletzt Urteil vom 18.7.2013 - B 3 KR 21/12 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, RdNr 20 mwN; zum Bereich der Hilfsmittelversorgung BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 13), das ua auf dem schutzwürdigen Interesse beider Seiten an Abrechnungssicherheit beruht (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 13). Dem widerspräche es, der Krankenkasse - nachdem sie die gesetzlich und vertraglich vorgesehenen Möglichkeiten der Abrechnungsprüfung über Jahre ungenutzt gelassen hat - einen solch umfassenden Auskunfts- und Herausgabeanspruch einzuräumen. Das Interesse des Leistungserbringers bliebe völlig unberücksichtigt, wenn er allein auf der Grundlage statistischer Abweichungen seines Versorgungsverhaltens gegenüber dem Durchschnitt aller Optiker verpflichtet würde, sämtliche Geschäfts- und Versorgungsunterlagen unabhängig von Anhaltspunkten für eine fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall vorzulegen. Dies gilt hier umso mehr, als die Klägerin vor dem SG selbst erklärt hat, keinen Hinweis für ein betrügerisches Verhalten des Beklagten gefunden zu haben. Damit wäre die vom LSG angenommene ergänzende Vertragsauslegung unvereinbar.

35

b. Entgegen der Auffassung des LSG kann sich die Klägerin auch nicht auf Vorschriften des bürgerlichen Rechts stützen. Insbesondere bestehen keine Auskunfts- und Rechenschaftspflichten auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 Abs 1 iVm § 666 BGB) oder nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); ein etwaiger Anspruch nach dem Recht der unerlaubten Handlungen (§ 823 Abs 2 BGB)ist völlig fernliegend.

36

aa. Entgegen der Auffassung des LSG sind bereits die Voraussetzungen für die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB nicht erfüllt. Denn die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden werden durch das Vierte Kapitel des SGB V sowie die §§ 63 und 64 SGB V abschließend geregelt(§ 69 S 1 SGB V). Im Übrigen gelten die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind(§ 69 S 3 SGB V idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB kommt damit nur in Betracht, wenn die Regelungen des SGB V lückenhaft sind (BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15 aE). Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.

37

Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und der Augenoptiker sind durch die §§ 126 und 127 SGB V sowie die darauf fußenden vertraglichen Vereinbarungen abschließend geregelt. Ein Rückgriff auf vertragliche Modelle des BGB kommt daneben nicht in Betracht (so schon für den Bereich der Arzneimittelversorgung BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15 ff). Auch die Versorgung von Versicherten mit Hilfsmitteln hat ihre Grundlage unmittelbar im öffentlichen Recht. Die Konstruktion eines in jedem einzelnen Versorgungsfall abzuschließenden und den Versicherten drittbegünstigenden öffentlich-rechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse ist damit entbehrlich.

38

bb. Ein Auskunftsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht unmittelbar aus § 242 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob der aus § 242 BGB abzuleitende Grundsatz von Treu und Glauben ausschließlich über § 69 S 3 SGB V auf das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten anzuwenden ist(BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 28 RdNr 13) oder als auch dem Sozialrecht immanenter allgemeiner Rechtsgrundsatz (BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 13) unmittelbar zur Anwendung kommen kann. Denn auch insoweit bietet das öffentliche Recht die alleinigen Anspruchsgrundlagen (§§ 275 ff SGB V und die ergänzenden vertraglichen Rege-lungen). Die Klägerin hätte mit zeitnahen Rechnungsprüfungen rechtswidrige Hilfsmittel-versorgungen und/oder Abrechnungen erkennen und verhindern können; dies hat sie versäumt. Zudem gebieten Treu und Glauben keine über die einschlägigen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen hinausgehenden Auskunfts- und Herausgabepflichten, nur weil die bestehenden nicht oder nicht rechtzeitig genutzt wurden.

39

cc. Die Klägerin kann einen Auskunfts- und Herausgabeanspruch auch nicht aus dem Recht der unerlaubten Handlungen (§ 823 BGB) herleiten. Denn Voraussetzung für die Annahme einer diesen Anspruch begründenden rechtlichen Sonderbeziehung wäre, dass ein Leistungsanspruch dem Grunde nach besteht und nur der Anspruchsinhalt noch offen ist (BGH Urteil vom 18.1.1978 - VIII ZR 262/76, NJW 1978, 1002; Sprau in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, Einführung vor § 823 RdNr 17). Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen; die Klägerin selbst hat keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines unerlaubten - betrügerischen - Verhaltens des Beklagten gesehen (Schriftsatz vom 30.1.2009 an das SG).

40

c. Etwaige Auskunfts- und Herausgabeansprüche der Klägerin gegen den Beklagten scheitern darüber hinaus weitestgehend an der Einrede der Verjährung (dazu aa) und im Übrigen an der Einwendung der Verwirkung (dazu bb).

41

aa. Ansprüchen aus der Zeit 2001 und 2002, die Versicherte der Klägerin betreffen, sowie aus dem Zeitraum 2001 bis 2003, die für Versicherte der BEK und der KKH geltend gemacht werden, steht die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Für diese Auskunftsansprüche der Krankenkasse gegen den Leistungserbringer gilt die allgemeine sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren, die mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist - § 45 Abs 1 SGB I.

42

Der Senat hat bereits entschieden, dass die sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren für alle gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern und damit auch für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen etwaiger Überzahlung von Vergütungsansprüchen als Kehrseite des Leistungsanspruchs gilt (für die Vergütung von Krankenhausbehandlung sowie die Mitteilungspflichten des Leistungserbringers nach § 276 Abs 2 S 1 SGB V: BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25; für die Vergütung von Krankenhaustransporten: BSG SozR 4-1200 § 45 Nr 4 RdNr 22). Die Verjährungsvorschriften des BGB kommen auch über § 69 S 3 SGB V nicht zur Anwendung, weil die Verjährungsfrage schon aus dem Vierten Kapitel des SGB V selbst und den hierfür geltenden allgemeinen Rechtsprinzipien zu beantworten ist(BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 1 RdNr 17 ff; BSG SozR 3-1200 § 45 Nr 8 S 30). Denn das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die in § 45 SGB I bestimmte Verjährungsfrist von vier Jahren Ausdruck eines allgemeinen Prinzips ist, das der Harmonisierung der Vorschriften über die Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche dient. Die Regelung ist aus praktischen und haushaltsrechtlichen Gründen geboten, um jahrzehntelange Auseinandersetzungen einer beschleunigten gerichtlichen Klärung zuzuführen (so bereits BSGE 42, 135 = SozR 3100 § 10 Nr 7 S 10; BSGE 69, 158 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1 S 5; Übertragung auf das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer: BSG SozR 3-1200 § 45 Nr 8 S 30; BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 1 RdNr 17; BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 11; BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25; BSG SozR 4-1200 § 45 Nr 4 RdNr 22).

43

Die allgemeine sozialrechtliche Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (vgl § 45 Abs 1 SGB I; BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 11). Auch insoweit kommt ein Rückgriff auf die Vorschriften des durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl I 3138) novellierten bürgerlich-rechtlichen Verjährungsrechts - anders als wohl das LSG meint - nicht in Betracht. Zwar mag sich der Gesetzgeber dort (§ 199 Abs 1 BGB) bewusst dagegen entschieden haben, kurze Verjährungsfristen mit einem kenntnisunabhängigen Beginn der Verjährungsfrist zu kombinieren. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Änderung auch für den Bereich des Sozialrechts habe treffen wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine Änderung der verjährungsrechtlichen Rechtslage im Sozialrecht gerade nicht hat herbeiführen wollen (vgl für den Bereich des öffentlichen Rechts BVerwGE 132, 324, RdNr 12). Die Entscheidung, ob das neue Regelungssystem auf spezialgesetzlich geregelte Materien übertragen werden kann und welche Sonderregelungen ggf getroffen werden müssten, sollte weiteren Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten bleiben (vgl Gegenäußerung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks 14/6857, S 42 zu Nummer 1). Hierzu wurde in der Folge das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9.12.2004 (BGBl I 3214) erlassen. Auch dort hat sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine entsprechende Anpassung des öffentlichen Rechts entschieden, da im öffentlichen Recht grundsätzlich eigenständige Verjährungsregelungen gelten würden und auf die zivilrechtlichen Verjährungsbestimmungen nur hilfsweise entsprechend zurückgegriffen werden könne (BT-Drucks 15/3653 S 10).

44

Eine Korrektur der allgemeinen sozialrechtlichen vierjährigen Verjährungsfrist ist vorliegend schließlich auch im Hinblick auf die vom LSG gesehenen "hinreichenden Anhaltspunkte für einen Abrechnungsbetrug" nicht geboten. Denn Anhaltspunkte genügen zur Bestimmung der maßgeblichen Verjährungsfrist nicht. Welche Verjährungsfrist maßgeblich ist, bestimmt sich vielmehr nach dem - festgestellten - Sachverhalt zur Zeit der Entstehung des Anspruchs (Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 195 RdNr 14). Es widerspräche der mit der Verjährung (auch im öffentlichen Recht) bezweckten Zielsetzung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, stattdessen auf hinreichende Anhaltspunkte abzustellen. Im Übrigen hat die Klägerin selbst angegeben, keine derartigen Anhaltspunkte vorweisen zu können.

45

Daraus folgt für den geltend gemachten Klageanspruch: Ein Anspruch auf Auskunft und Herausgabe von Geschäftsunterlagen wäre ebenso wie ein möglicher Erstattungsanspruch mit Zugang der jeweiligen Abrechnungsunterlagen entstanden. Dementsprechend hat die vierjährige Verjährungsfrist der in den Jahren 2001 und 2002 vergüteten Hilfsmittelversorgungen in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 1 SGB I am 1.1.2002 bzw 1.1.2003 begonnen und mit Ablauf des Jahres 2005 bzw 2006 geendet. Ansprüche aus 2001 und 2002 sind damit zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 29.12.2007 bereits verjährt gewesen. Dies gilt auch für die Ansprüche, die die Klägerin darüber hinaus in gewillkürter Prozessstandschaft für die BEK und KKH wegen der Versorgung von deren Versicherten im Jahr 2003 geltend macht. Zwar wird in entsprechender Anwendung von § 45 Abs 2 SGB I iVm § 204 Abs 1 Nr 1 BGB die Verjährung durch Klageerhebung gehemmt. Die verjährungshemmende Wirkung tritt im Fall der gewillkürten Prozessstandschaft aber erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offengelegt wird oder offensichtlich ist (BGH Urteil vom 7.6.2001 - I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20 mwN). Die Klägerin hat erstmals mit Schriftsatz vom 12.6.2008 offengelegt, dass sie mit der Klage nicht nur eigene Ansprüche, sondern darüber hinaus die weiterer Ersatzkrankenkassen, insbesondere der BEK und der KKH, geltend macht. Zum Zeitpunkt der Offenlegung der Prozessstandschaft war damit die vierjährige Verjährungsfrist auch hinsichtlich der von BEK und KKH in 2003 vergüteten Hilfsmittelversorgungen bereits abgelaufen.

46

bb. Soweit der Auskunfts- und Herausgabeanspruch nicht an der Einrede der Verjährung scheitert, ist er jedenfalls verwirkt, da die Klägerin die Abrechnungsprüfung entgegen dem sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebenden Beschleunigungsgrundsatz erst knapp vier Jahre nach Rechnungslegung und vollständigem Rechnungsausgleich eingeleitet hat.

47

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 18.7.2013 - B 3 KR 22/12 R - SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 24 ff; BSGE 89, 104, 109 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 16 f - "Berliner Fälle" sowie zB SozR 4-2500 § 109 Nr 28 RdNr 12) steht die Korrektur einer bereits bezahlten Krankenhausrechnung durch die Krankenkasse unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Danach ist eine Krankenkasse jedenfalls dann mit Einwendungen gegen eine Schlussrechnung ausgeschlossen, wenn sie die Rechnung zeitnah und vorbehaltlos bezahlt hat, ein Prüfverfahren beim MDK ohne nachvollziehbaren Grund dann aber erst Jahre nach Rechnungslegung und kurz vor Ablauf der Verjährung eingeleitet hat. Der Senat hat weiter aus den dauerhaften Vertragsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern auf die Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme geschlossen und hieraus die Befugnis zur nachträglichen Rechnungskorrektur durch das Krankenhaus begrenzt. Wegen des "Prinzips der Waffengleichheit" ist der Senat zudem davon ausgegangen, dass dies - also die Begrenzung der Befugnis zur nachträglichen Korrektur der Abrechnung - auch für nachträglich geltend gemachte Ansprüche der Krankenkasse gilt (vgl Urteil des Senats vom 18.7.2013 - B 3 KR 22/12 R - SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 26). Dieses vom Senat für den Bereich der Krankenhausabrechnung immer wieder betonte Beschleunigungsgebot bestimmt auch das Abrechnungswesen in der Hilfsmittelversorgung (vgl hierzu bereits SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 13).

48

Um die Verwirkung eines Rechts anzunehmen, bedarf es dreier Voraussetzungen (stRspr, zuletzt Urteil des Senats vom 18.7.2013 - B 3 KR 22/12 R - SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 27 sowie BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN; vgl auch Grüneberg in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 242 RdNr 93 ff mwN):

49

Zeitmoment: Seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, muss ein längerer Zeitraum verstrichen sein; maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin die Abrechnungen des Beklagten bereits in den Jahren 2001, 2002 bzw 2003 überprüfen können und müssen, alle dafür erforderlichen Informationen lagen ihr vor. In Anbetracht der vierjährigen Verjährungsfrist und der Pflicht zur Beschleunigung aller Abrechnungsverfahren ist ein Abwarten von knapp vier Jahren (Abrechnungen aus Dezember 2003 bis zur Klageerhebung am 29.12.2007) bzw mehr als vier Jahren (Abrechnungen vor Dezember 2003) deutlich zu lang. Umstandsmoment: Der Verpflichtete hat sich darauf eingestellt, der Berechtigte werde aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes sein Recht nicht mehr geltend machen. Dies ist der Fall, wenn der Berechtigte unter solchen Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wird. Diese Voraussetzung ist hier ebenfalls erfüllt, weil in der Regel zu erwarten ist, dass Krankenkassen - wie Leistungserbringer - ihre Korrekturmöglichkeiten bis zum Ende des auf die Abrechnung folgenden Kalenderjahres wahrgenommen haben (vgl für den Bereich der Krankenhausabrechnung Urteil des Senats vom 18.7.2013 - B 3 KR 22/12 R - SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 27). Hinweise für einen Ausnahmefall sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus den von der Klägerin ermittelten statistischen Abweichungen des Versorgungsverhaltens des Beklagten, über die dieser schließlich nicht informiert war. Von einem den Vertrauenstatbestand zerstörenden unredlichen Verhalten des Beklagten geht schließlich auch die Klägerin nicht aus. Untätigkeit: Die Klägerin ist knapp bzw mehr als vier Jahre bezüglich der Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber dem Beklagten untätig geblieben.

50

Damit steht fest, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Klageerhebung Ende 2007 nicht mehr mit einer Überprüfung seiner Abrechnungen aus den Jahren 2001 bis 2003 rechnen musste, so dass dem entsprechenden Auskunfts- und Herausgabeanspruch der Klägerin - auch - die Einwendung der Verwirkung entgegensteht.

51

3. Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist ausschließlich der Auskunfts- und Herausgabeanspruch, weil SG und LSG zu Recht ausschließlich dazu verhandelt und entschieden haben (BGH Urteil vom 28.11.2001 - VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 56 RdNr 5 und § 157 RdNr 2a aE). Erst nach Rechtskraft der Entscheidung über den Auskunfts- und Herausgabeanspruch sind Verhandlung und Entscheidung über die nächste Stufe zulässig, also über den Leistungsantrag (Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, § 254 RdNr 11). Zwar ist eine gemeinsame Entscheidung über mehrere in der Stufenklage verbundene Anträge nicht ausgeschlossen. Dies setzt aber voraus, dass schon die Prüfung des Auskunfts- und Herausgabeanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (BGH Urteil vom 28.11.2001 - VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042; Greger, aaO, § 254 RdNr 14). Dies ist vorliegend nicht der Fall, so dass dem Senat eine Entscheidung über die nächste Stufe verwehrt ist. Es liegt an den Beteiligten, die Fortsetzung des Rechtsstreits ggf durch Verhandlung und Entscheidung eines Leistungsantrags beim SG zu beantragen (Greger, aaO, § 254 RdNr 14).

52

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO.

53

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG, die Korrektur der Streitwertfestsetzung für die 1. und 2. Instanz aus § 63 Abs 3 GKG. Bei Stufenklagen ist nach § 44 GKG für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche maßgebend, und zwar der höhere. Dies gilt aber nur, wenn in einer Instanz über beide Ansprüche entschieden wird. Ist - wie hier - in allen Instanzen lediglich ein der Informationsgewinnung dienender Auskunftsanspruch oder ein dem gleichen Zweck dienender Herausgabeanspruch Streitgegenstand, ist der Streitwert jeweils nur anhand dieses Anspruchs zu bemessen. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Streitwert für eine Auskunfts- und Herausgabeklage am (ggf zu schätzenden) Leistungsanspruch zu orientieren ist, und je nachdem, in welchem Umfang der Kläger auf die Auskunft zur Durchsetzung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist, ein Abschlag vorzunehmen ist (BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 31). Der Senat schätzt vorliegend den möglichen Erstattungsanspruch der Klägerin auf der zweiten Stufe der Stufenklage auf rund 50 Euro pro Versorgung, zu der vorliegend Angaben bzw Unterlagen angefordert werden. Hiervon ist ein Abschlag in Höhe von einem Drittel vorzunehmen, da die Bedeutung der begehrten Auskunft bzw Unterlagen für den Erstattungsanspruch als erheblich zu bewerten ist, nachdem die Klägerin geltend macht, ohne die Unterlagen eine abschließende Rechnungsprüfung beim Beklagten nicht vornehmen zu können.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(1) Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften schließen im Wege von Vertragsverhandlungen Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung. Darüber hinaus können die Vertragsparteien in den Verträgen nach Satz 1 auch einen Ausgleich der Kosten für erhöhte Hygienemaßnahmen infolge der COVID-19-Pandemie vereinbaren. Dabei haben Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften jedem Leistungserbringer oder Verband oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. In den Verträgen nach Satz 1 sind eine hinreichende Anzahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln, die Qualität der Hilfsmittel, die notwendige Beratung der Versicherten und die sonstigen zusätzlichen Leistungen im Sinne des § 33 Absatz 1 Satz 5 sicherzustellen und ist für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen. Den Verträgen sind mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und Produkte zugrunde zu legen. Die Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, ist auf einem geeigneten Portal der Europäischen Union oder mittels einem vergleichbaren unionsweit publizierenden Medium unionsweit öffentlich bekannt zu machen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt bis zum 30. September 2020 ein einheitliches, verbindliches Verfahren zur unionsweiten Bekanntmachung der Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, fest. Über die Inhalte abgeschlossener Verträge einschließlich der Vertragspartner sind andere Leistungserbringer auf Nachfrage unverzüglich zu informieren. Werden nach Abschluss des Vertrages die Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte nach § 139 Absatz 2 durch Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses verändert, liegt darin eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die die Vertragsparteien zur Vertragsanpassung oder Kündigung berechtigt.

(1a) Im Fall der Nichteinigung wird der streitige Inhalt der Verträge nach Absatz 1 auf Anruf einer der Verhandlungspartner durch eine von den jeweiligen Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten ab Bestimmung der Schiedsperson festgelegt. Eine Nichteinigung nach Satz 1 liegt vor, wenn mindestens einer der Vertragspartner intensive Bemühungen zur Erreichung eines Vertrages auf dem Verhandlungswege nachweisen kann. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt. Die Schiedsperson gilt als bestimmt, sobald sie sich gegenüber den Vertragspartnern zu ihrer Bestellung bereiterklärt hat. Der bisherige Vertrag und die bisherigen Preise gelten bis zur Entscheidung durch die Schiedsperson fort. Legt die Schiedsperson Preise fest, hat sie diese so festzusetzen, dass eine in der Qualität gesicherte, ausreichende, zweckmäßige sowie wirtschaftliche Versorgung gewährleistet ist. Zur Ermittlung hat die Schiedsperson insbesondere die Kalkulationsgrundlagen der jeweiligen Verhandlungspartner und die marktüblichen Preise zu berücksichtigen. Die Verhandlungspartner sind verpflichtet, der Schiedsperson auf Verlangen alle für die zu treffende Festlegung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson durch die Aufsichtsbehörde haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts sind gegen den Vertragspartner zu richten. Der von der Schiedsperson festgelegte Vertragsinhalt oder von der Schiedsperson festgelegte einzelne Bestimmungen des Vertrages gelten bis zur gerichtlichen Ersetzung oder gerichtlichen Feststellung der Unbilligkeit weiter.

(2) Den Verträgen nach Absatz 1 Satz 1 können Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Hierbei sind entsprechend Absatz 1 Satz 1 Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträgen, die mit Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer abgeschlossen wurden, können auch Verbände und sonstige Zusammenschlüsse der Leistungserbringer beitreten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für fortgeltende Verträge, die vor dem 1. April 2007 abgeschlossen wurden. § 126 Abs. 1a und 2 bleibt unberührt.

(3) Soweit für ein erforderliches Hilfsmittel keine Verträge der Krankenkasse nach Absatz 1 mit Leistungserbringern bestehen oder durch Vertragspartner eine Versorgung der Versicherten in einer für sie zumutbaren Weise nicht möglich ist, trifft die Krankenkasse eine Vereinbarung im Einzelfall mit einem Leistungserbringer; Absatz 1 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend. Sie kann vorher auch bei anderen Leistungserbringern in pseudonymisierter Form Preisangebote einholen. In den Fällen des § 33 Abs. 1 Satz 5 gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, können in den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 Preise höchstens bis zur Höhe des Festbetrags vereinbart werden.

(5) Die Leistungserbringer haben die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung zu beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen nach § 33 Absatz 1 Satz 1 und 5 für die konkrete Versorgungssituation im Einzelfall geeignet und notwendig sind. Die Leistungserbringer haben die Beratung nach Satz 1 schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren und sich durch Unterschrift der Versicherten bestätigen zu lassen. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 127 zu regeln. Im Falle des § 33 Absatz 1 Satz 9 sind die Versicherten vor der Wahl der Hilfsmittel oder zusätzlicher Leistungen auch über die von ihnen zu tragenden Mehrkosten zu informieren. Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten über die zur Versorgung berechtigten Vertragspartner und über die wesentlichen Inhalte der Verträge zu informieren. Abweichend von Satz 1 informieren die Krankenkassen ihre Versicherten auf Nachfrage, wenn diese bereits einen Leistungserbringer gewählt oder die Krankenkassen auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. Sie können auch den Vertragsärzten entsprechende Informationen zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen haben die wesentlichen Inhalte der Verträge nach Satz 1 für Versicherte anderer Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen.

(7) Die Krankenkassen überwachen die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer nach diesem Gesetz. Zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung führen sie Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durch. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den Krankenkassen auf Verlangen die für die Prüfungen nach Satz 1 erforderlichen einrichtungsbezogenen Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von den Versicherten unterzeichnete Bestätigung über die Durchführung der Beratung nach Absatz 5 Satz 1 vorzulegen. Soweit es für Prüfungen nach Satz 1 erforderlich ist und der Versicherte schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat, können die Krankenkassen von den Leistungserbringern auch die personenbezogene Dokumentation über den Verlauf der Versorgung einzelner Versicherter anfordern. Die Leistungserbringer sind insoweit zur Datenübermittlung verpflichtet. Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße der Leistungserbringer gegen ihre vertraglichen und gesetzlichen Pflichten nach diesem Gesetz angemessen geahndet werden. Schwerwiegende Verstöße sind der Stelle, die das Zertifikat nach § 126 Absatz 1a Satz 2 erteilt hat, mitzuteilen.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt bis zum 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung ab, in denen insbesondere Regelungen zum Umfang der Stichprobenprüfungen in den jeweiligen Produktbereichen, zu möglichen weiteren Überwachungsinstrumenten und darüber getroffen werden, wann Auffälligkeiten anzunehmen sind.

(9) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene geben bis zum 31. Dezember 2017 gemeinsam Rahmenempfehlungen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Durchführung und Abrechnung der Versorgung mit Hilfsmitteln ab. Kommt eine Einigung bis zum Ablauf der nach Satz 1 bestimmten Frist nicht zustande, wird der Empfehlungsinhalt durch eine von den Empfehlungspartnern nach Satz 1 gemeinsam zu benennende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Empfehlungspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene je zur Hälfte. In den Empfehlungen können auch Regelungen über die in § 302 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 genannten Inhalte getroffen werden. § 139 Absatz 2 bleibt unberührt. In den Empfehlungen sind auch die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verordnungen von Leistungen nach § 33 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese Dienste zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86. Die Empfehlungen nach Satz 1 sind den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 zugrunde zu legen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Februar 2013 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 100 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die beklagte Krankenkasse der Klägerin eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V in Höhe von 100 Euro nebst Zinsen zu zahlen hat.

2

Die bei der Beklagten versicherte Patientin F.C. wurde in der Zeit vom 3. bis 25.2.2008 zur Entbindung mittels Kaiserschnitt (Sectio caesarea) in der von der klagenden Gesellschaft betriebenen Klinik vollstationär behandelt. Die Klägerin berechnete der Beklagten hierfür auf der Basis des DRG-Entgeltkataloges 2008 die DRG O01F (Sectio caesarea ohne komplizierende Diagnose, Schwangerschaftsdauer mehr als 33 vollendete Wochen , ohne komplexe Diagnose) mit entsprechenden Zuschlägen. Die Beklagte glich die Rechnung vollständig aus und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung des Behandlungsfalls. Dieser beanstandete die Abrechnung nicht, sodass die Klägerin am 26.5.2009 eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro in Rechnung stellte. Die Beklagte zahlte zunächst, forderte die Aufwandspauschale aber mit Schreiben vom 21.1.2011 zurück. Eine stationäre Entbindung sei eine Leistung nach § 197 RVO, während die Aufwandspauschale nur für Behandlungsfälle nach § 39 SGB V in Betracht komme. Nach erfolgloser Rückforderung erklärte die Beklagte am 15.4.2011 die Verrechnung ihres Erstattungsanspruchs mit einer unstreitigen Zahlungsforderung der Klägerin (Rechnung vom 11.4.2011, Rechnungsnr: 3-0142377, Patientin E.S.).

3

Die Klägerin verweist darauf, dass nach § 195 Abs 2 RVO die für die Leistungen nach dem SGB V geltenden Vorschriften für die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft entsprechend gelten, soweit nichts Abweichendes bestimmt sei. Eine abweichende Regelung, nach welcher die Entbindung im Krankenhaus keine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V sei, enthalte die RVO nicht. Die Abrechnung über Fallpauschalen zeige vielmehr, dass es sich um allgemeine Krankenhausleistungen handele, da nur diese nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) über Fallpauschalen abrechenbar seien. Schließlich fehle dem MDK schon die Berechtigung zur Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V, wenn keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V vorliege. Zumindest seien die Regelungen des § 275 Abs 1c SGB V analog anzuwenden; dies sei unter Berücksichtigung des "Gebots der Waffengleichheit" erforderlich und ergebe sich auch daraus, dass die Interessenlage der Beteiligten bei einem Krankenhausaufenthalt zur Entbindung mit jedem anderen Krankenhausaufenthalt identisch sei.

4

Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.4.2011 verurteilt (Urteil vom 27.2.2013) und auf Antrag beider Beteiligten die Sprungrevision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Da Schwangerschaft und Entbindung definitionsgemäß keine Krankheiten seien, habe der Anspruch auf Behandlung, Pflege und Verpflegung in einem Krankenhaus einer gesonderten Regelung bedurft. Der in § 197 S 2 RVO(in der bis zum 30.10.2012 gültigen Fassung) geregelte Ausschluss eines Anspruchs auf Krankenhausbehandlung für die Zeit der Entbindung in einem Krankenhaus diene lediglich der Vermeidung doppelter inhaltsgleicher Ansprüche. Eine gesonderte Definition der Krankenhausbehandlung finde sich in der RVO jedoch nicht. Deshalb stelle eine Behandlung im Krankenhaus zur Entbindung auch eine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V dar. Inzwischen seien die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vollständig in das SGB V integriert worden, wodurch der Gesetzgeber nochmals zum Ausdruck gebracht habe, dass die stationäre Versorgung bei Schwangerschaft und Mutterschaft in einem Krankenhaus Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V sei. Schließlich sei § 275 Abs 1c S 3 SGB V mindestens analog auf eine solche Art der stationären Behandlung anwendbar.

5

Die Beklagte rügt mit der Sprungrevision die Verletzung materiellen Rechts durch eine unrichtige Anwendung bzw Auslegung des § 275 Abs 1c S 3 SGB V. Diese Regelung beziehe sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut, nach der Systematik und nach der Gesetzesgeschichte ausschließlich auf Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V, also nicht auf stationäre Entbindungen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27.2.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung nach den §§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

9

1. Die Revision der Beklagten ist als Sprungrevision nach § 161 SGG gegen das Urteil des SG zulässig. Die Beklagte hat die schriftliche Zustimmung der Klägerin zur Einlegung der Sprungrevision vom 3.6.2013 vorgelegt.

10

2. Die Revision ist auch begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V(idF von Art 1 Nr 185 Buchst a Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Der zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG verfolgte Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V ist bereits durch die Zahlung seitens der Beklagten erloschen(§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 362 Abs 1 BGB). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung eines restlichen Vergütungsanspruchs in Höhe von 100 Euro aus der Behandlung der Patientin E.S. Rechtsgrundlage ist insoweit § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF des GKV-WSG) iVm § 7 Abs 1 S 1 KHEntgG(idF durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) und § 9 Abs 1 KHEntgG(idF durch das Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 vom 17.3.2009, BGBl I 534) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(ebenfalls idF durch das KHRG vom 17.3.2009, BGBl I 534) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2011 sowie dem zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V idF vom 31.5.2002 und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2011. Gegen diesen unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin hat die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 100 Euro wirksam aufgerechnet.

11

a) Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse vorgenommene Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Zahlungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Dazu müssen sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen (§ 387 BGB, vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 11).

12

Dem unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin aus dem späteren Behandlungsfall (Rechnung vom 11.4.2011) stand in entsprechender Anwendung von § 812 BGB ein fälliger Erstattungsanspruch in Höhe von 100 Euro entgegen, da die Beklagte die Aufwandspauschale ohne Rechtsgrund geleistet hat. Dieser Gegenanspruch der Beklagten war im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung fällig und nicht mit einer Einrede behaftet. Er war insbesondere nach der einschlägigen sozialrechtlichen Verjährungsfrist von vier Jahren nicht verjährt und auch nicht wegen eines Verstoßes gegen eine Beschleunigungspflicht verwirkt. Außerhalb der gesetzlichen Verjährungsregelungen kann eine Verwirkung nur unter besonderen Umständen begründet sein. Wie bereits der erkennende Senat (unter Bezugnahme auf BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 ff) ausgeführt hat, bedarf es neben dem Zeitmoment eines besonderen Umstandsmoments (BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 27). Ein solches ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt es an einer vertraglichen Regelung zwischen den Krankenhausträgern und den Krankenkassen über die Modalitäten der Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V, sodass es hier bei den allgemeinen Fälligkeits-, Verzugs- und Verjährungsregelungen bleiben muss.

13

b) Die Beklagte hat die Aufwandspauschale ohne Rechtsgrund geleistet, da die Voraussetzungen hierfür nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V nicht gegeben sind. Nach § 275 Abs 1c S 1 SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (§ 275 Abs 1c S 2 SGB V). Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten. Erst seit dem 25.3.2009 beträgt die Aufwandspauschale 300 Euro.

14

Voraussetzung eines Anspruchs auf die Aufwandspauschale ist danach eine nach Prüfung des MDK unbeanstandet gebliebene Abrechnung einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V(hierzu aa). Leistungen zur Entbindung sind, auch wenn sie stationär im Krankenhaus erbracht werden, keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V(hierzu bb), und § 275 Abs 1c S 3 SGB V ist insoweit einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich(hierzu cc).

15

aa) Während § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V(in der durch das Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412, mWv 1.1.2003 eingeführten und seitdem unveränderten Fassung) die Voraussetzungen regelt, unter denen die Krankenkassen allgemein bei der Erbringung von Leistungen eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen haben, enthält § 275 Abs 1c SGB V Sonderregelungen für die Begutachtung bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V. Das ergibt sich für § 275 Abs 1c S 1 SGB V unmittelbar aus dem Wortlaut, und Satz 2 nimmt ausdrücklich Bezug auf "die Prüfung nach Satz 1". Damit ist klargestellt, dass nicht alle Prüfungen nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gemeint sind, sondern nur die in § 275 Abs 1c S 1 SGB V genannten Prüfungen bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V. Satz 3 lässt dann keinen Zweifel daran, dass sich "die Prüfung" ebenfalls nur auf solche von Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V bezieht. Nur diesbezüglich sah der Gesetzgeber aufgrund der hohen Prüfquoten bei Krankenhausabrechnungen und dem damit zusammenhängenden Verwaltungsaufwand für die Krankenhäuser einen Handlungsbedarf, um die Verfahren zu beschleunigen und den Krankenhäusern ihren Verwaltungsaufwand pauschal zu vergüten für den Fall, dass die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt. Der insoweit eindeutige Wortlaut der Vorschrift lässt keinen Raum für eine Ausdehnung auf andere Leistungen als die Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V.

16

Es trifft deshalb nicht zu, wenn die Klägerin meint, dem MDK fehle für Leistungen, die keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V darstellten, die Berechtigung zur Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V. Denn im Gegensatz zu § 275 Abs 1c SGB V differenziert § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gerade nicht nach der Art der Leistung, sondern gilt allgemein "bei Erbringung von Leistungen".

17

bb) Leistungen im Zusammenhang mit einer stationären Entbindung sind keine Krankenhausbehandlung iS von § 39 SGB V(idF durch das KHRG vom 17.3.2009, BGBl I 534), auch wenn sie in einem zugelassenen Krankenhaus erbracht werden. Nach § 39 Abs 1 S 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär(§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. § 39 Abs 1 S 2 SGB V gibt den Versicherten Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst nach § 39 Abs 1 S 3 SGB V im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung(§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung.

18

Systematisch gehört § 39 SGB V zum Fünften Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB V, in dem die "Leistungen bei Krankheit"(§§ 27 bis 52a SGB V) geregelt sind. Nach § 27 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung. Unter dieser systematischen Einordnung wird deutlich, dass die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nur Behandlungen erfasst, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dies verdeutlicht auch § 11 Abs 1 Nr 4 SGB V, der für Leistungen zur Behandlung einer Krankheit ausdrücklich auf die §§ 27 - 52 SGB V verweist.

19

Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 20 RdNr 10; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 10; BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 4; jeweils mwN). Schwangerschaft und Mutterschaft sind danach keine Krankheit. Aus diesem Grund sind für Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gesonderte Regelungen erforderlich, die sich bis zum 29.10.2012 in den Regelungen der §§ 195 - 200 RVO fanden und durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung(Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 (BGBl I 2246) mit Wirkung vom 30.10.2012 mit kleinen Änderungen in die Vorschriften der §§ 24c bis 24i SGB V übernommen und damit in das SGB V integriert wurden.

20

Die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfassen nach § 195 Abs 1 Nr 3 RVO(idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) auch die stationäre Entbindung. Der Anspruch auf ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Entbindung ergibt sich aus § 196 Abs 1 RVO(idF des GKV-WSG); nach § 197 RVO(idF durch das GKV-WSG) hat die Versicherte, die zur Entbindung in ein Krankenhaus oder in eine andere Einrichtung aufgenommen wird, für sich und das Neugeborene auch Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung. In Satz 2 dieser Vorschrift ist ausdrücklich geregelt, dass für diese Zeit kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung besteht. § 39 Abs 2 SGB V gilt nach § 197 S 3 RVO entsprechend. Damit hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass die stationäre Entbindung in einem Krankenhaus keine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V ist.

21

Der Gesetzgeber hat diese Differenzierung ganz ausdrücklich vorgesehen. Sie dient nicht nur dem Ausschluss von doppelten Leistungsansprüchen, denn verschiedene Anspruchsgrundlagen bilden grundsätzlich nur verschiedene rechtliche Gründe für denselben Anspruch, ohne diesen zu erweitern. Der Ausschluss einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V bei stationärer Entbindung hat vielmehr weitergehende Rechtsfolgen, die der Gesetzgeber offenbar bewusst setzen wollte.

22

Lediglich eine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V führt zu einer Zuzahlungspflicht der Versicherten nach § 39 Abs 4 SGB V. Handelt es sich bei einer stationären Entbindung nicht um Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, fällt demgegenüber für die Versicherte keine Zuzahlung an; dies ist eine vom Gesetzgeber offensichtlich gewollte Rechtsfolge.

23

Dies muss unabhängig davon gelten, ob es sich um eine unkomplizierte Entbindung ohne Krankheitswert handelt oder ob es sich aufgrund einer "Regelwidrigkeit" bei der Entbindung zugleich auch um eine Krankheitsbehandlung handelt. Denn der Anspruch auf stationäre Entbindung nach den Vorschriften der §§ 195 ff RVO nimmt eine solche Unterscheidung nicht vor und schließt in jedem Fall einer stationären Entbindung in einem Krankenhaus einen Krankenhausbehandlungsanspruch nach § 39 SGB V aus. Zudem war der Anspruch der Versicherten auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung für sich und das Neugeborene zur Entbindung in einem Krankenhaus oder in einer anderen Einrichtung in der bis zum 31.3.2007 gültigen Fassung des § 197 RVO(durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988, BGBl I 2477) für die Zeit nach der Entbindung auf längstens sechs Tage beschränkt. Nur für diese Zeit bestand kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Diese zeitliche Beschränkung hat der Gesetzgeber mit dem GKV-WSGim Jahre 2007 ausdrücklich aufgehoben. Dies beruhte darauf, dass die Krankenkassen in Fällen, in denen die Versicherte länger als sechs Tage nach der Entbindung Krankenhausbehandlung benötigte, dazu übergingen, Unterkunft, Pflege und Verpflegung für das gesunde Neugeborene ab dem siebten Tag abzulehnen, wenn für die Versicherte selbst krankheitsbedingt ab dem siebten Tag ein Krankenhausbehandlungsanspruch nach § 39 SGB V bestand. Durch die Neuregelung wollte der Gesetzgeber den Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung auch des gesunden Neugeborenen über den sechsten Tag hinaus sicherstellen (BT-Drucks 16/4247 S 61 f). Damit steht aber zugleich fest, dass sich der Anspruch auf stationäre Entbindung auch in komplizierten Fällen, denen möglicherweise ein krankheitswertiger Zustand zugrunde liegt und die daher einen längeren Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 195 ff RVO(heute §§ 24c ff SGB V) richtet und ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ausgeschlossen ist(vgl auch LSG für das Saarland Beschluss vom 1.3.2013 - L 2 KR 3/12 NZB).

24

cc) Der 1. Senat des BSG hat bereits entschieden, dass im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V diese Vorschrift einer erweiternden Auslegung grundsätzlich nicht zugänglich ist(vgl hierzu ausführlich BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 18 ff; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 6 RdNr 16 mwN). Dem schließt sich der erkennende Senat für den vorliegenden Fall aufgrund des eindeutigen Wortlauts und der folgenden Erwägungen an.

25

In anderen Zusammenhängen hat der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Krankenhausbehandlung und Geburtshilfe durchaus gesehen und berücksichtigt (vgl zB § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V). Eine planwidrige Regelungslücke durch ein Versehen des Gesetzgebers ist daher auszuschließen, zumal die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c SGB V ebenfalls mit dem GKV-WSG, also mit dem gleichen Gesetz eingeführt wurde, mit dem in § 197 RVO die Begrenzung des Anspruchs auf längstens sechs Tage nach der Entbindung gestrichen wurde. Der Satz, dass für diese Zeit kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung besteht, blieb bei dieser Änderung des § 197 RVO jedoch unverändert beibehalten. Gerade bei der Einführung der Aufwandspauschale musste dem Gesetzgeber daher klar sein, dass er bei einer Bindung des Anspruchs an die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V Leistungen eines Krankenhauses zur Entbindung nicht miterfasst.

26

Aufgrund der eindeutigen Rechtslage kommt eine erweiternde Auslegung auch nicht im Hinblick auf eine möglicherweise vergleichbare Interessenlage bezüglich des Verwaltungsaufwands bei Abrechnungsprüfungen im Falle einer Entbindung und solchen bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V in Betracht.

27

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 802,88 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Krankenhausvergütung.

2

Die Beklagte ist Trägerin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses. Es behandelte die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte E. (Versicherte) stationär vom 6. bis 10.9.2004 (Entlassung um 12.26 Uhr). Ein anderes Krankenhaus nahm sie am folgenden Tag stationär auf (10.01 Uhr). Die Beklagte berechnete 2076,31 Euro für die Fallpauschale (Diagnosis Related Group - DRG) B68B (Multiple Sklerose und zerebelläre Ataxie ohne äußerst schwere oder schwere CC ; 22.9.2004). Die Klägerin bezahlte den Betrag (14.10.2004). Sie machte aufgrund einer Prüfung im Jahr 2008 geltend, die Beklagte habe den Verlegungsabschlag nicht berücksichtigt (17.11.2008). Die Klägerin ist mit ihrer am 30.12.2008 erhobenen Klage auf Erstattung von 802,88 Euro erst- und zweitinstanzlich erfolgreich gewesen: Die Klägerin habe den Betrag ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Vergütung um den Verlegungsabschlag überhöht gewesen sei. Die Versicherte sei im Sinne der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (Fallpauschalenverordnung 2004 - KFPV 2004) verlegt worden. Ihre Behandlungsdauer im Krankenhaus der Beklagten habe die mittlere Verweildauer der DRG B68B unterschritten. Der Anspruch sei weder analog § 814 BGB ausgeschlossen noch verjährt oder verwirkt(SG-Urteil vom 28.9.2011, LSG-Urteil vom 22.11.2012).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Das BSG habe eine durch ein Krankenhaus vorgenommene Rechnungskorrektur zwei Jahre nach Erstellung der Schlussrechnung als verspätet angesehen. Gleiches müsse auch für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche der KKn gelten.

4

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2012 und des Sozialgerichts Dortmund vom 28. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten Krankenhausträgerin ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG deren Berufung gegen das SG-Urteil zurückgewiesen. Das SG hat die Beklagte rechtmäßig verurteilt, der klagenden KK 802,88 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Klägerin hat nämlich Anspruch auf Erstattung des ohne Rechtsgrund gezahlten Verlegungsabschlags (dazu 1.). Einwendungen und Einreden gegen den Anspruch greifen nicht durch (dazu 2.). Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Prozesszinsen (dazu 3.).

8

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung von 802,88 Euro. Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, den die Klägerin zulässig im Wege der (echten) Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 SGG geltend macht(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 3, RdNr 11),ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (zur Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 9; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr). Es ist der Klägerin - ungeachtet der Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit höherrangigem Recht - landesvertraglich nicht verwehrt, diesen geltend zu machen (vgl § 15 Abs 4 S 1 des für Nordrhein-Westfalen geltenden Vertrages nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V vom 6.12.1996 in der Gestalt des Änderungsvertrages vom 19.8.1998 ).

9

Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So liegt es hier. Die Klägerin zahlte der Beklagten 802,88 Euro ohne Rechtsgrund. Statt der von der Beklagten auf die Schlussrechnung gezahlten 2076,31 Euro hatte die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Krankenhausvergütung für die Behandlung der Versicherten in Höhe von 1273,43 Euro.

10

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und - wie hier nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG - iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

11

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2004 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Beklagten nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412), der Anlage 1 Teil a) KFPV 2004 (vom 13.10.2003, BGBl I 1995) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(idF durch Art 3 Nr 3 FPG und Art 13 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; vgl hierzu zuletzt BSG vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 275 Nr 15). Die Beklagte durfte auf dieser Grundlage für die Behandlung der Versicherten wegen Multipler Sklerose und zerebellärer Ataxie ohne äußerst schwere oder schwere CC entsprechend den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)die Vergütung nach der DRG B68B berechnen.

12

Die Beklagte hätte den Rechnungsbetrag um den Verlegungsabschlag kürzen müssen. Dies hat sie aber unterlassen. Nach § 1 Abs 1 KFPV 2004 werden die Fallpauschalen jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalenkatalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet. Im Fall der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab (§ 1 Abs 1 S 2 KFPV 2004). Eine Verlegung iS des § 1 Abs 1 S 2 KFPV 2004 liegt vor, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen sind(§ 1 Abs 1 S 4 KFPV 2004). In diesem Falle ist - abgesehen von Verlegungs-Fallpauschalen (§ 1 Abs 1 S 3 KFPV 2004)- von dem verlegenden Krankenhaus ein Abschlag vorzunehmen, wenn die im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene mittlere Verweildauer unterschritten wird. Die Höhe des Abschlags je Tag wird ermittelt, indem die bei Versorgung in einer Hauptabteilung in Spalte 11 des Fallpauschalen-Katalogs ausgewiesene Bewertungsrelation mit dem Basisfallwert multipliziert wird. Die Zahl der Tage, für die ein Abschlag vorzunehmen ist, wird errechnet, indem die Belegungstage (tatsächliche Verweildauer nach § 1 Abs 7 KFPV 2004) von der mittleren Verweildauer nach dem Fallpauschalen-Katalog, kaufmännisch auf die nächste ganze Zahl gerundet, in Abzug gebracht wird(§ 3 Abs 1 KFPV 2004).

13

Die Voraussetzungen des Verlegungsabschlags waren erfüllt. Die Versicherte wurde vom Krankenhaus der Beklagten in die St. B.-Klinik I im Rechtssinne "verlegt" (10./11.9.2004). Auch die Höhe des Verlegungsabschlages von 802,88 Euro ist zutreffend. Die Bewertungsrelation der DRG B68B belief sich nach dem maßgeblichen Fallpauschalen-Katalog auf 0,091. Der Basisfallwert betrug im maßgebenden Zeitraum 2940,95 Euro. Die Anzahl der Abschlagstage (§ 3 Abs 1 S 3 KFPV 2004) belief sich auf 3 Tage (7 Tage mittlere Verweildauer der DRG B68B von 6,7 Tage, kaufmännisch auf die nächste ganze Zahl aufgerundet, abzüglich 4 Tage tatsächlicher Verweildauer iS von § 1 Abs 7 KFPV 2004). Hieraus errechnet sich der Betrag von 802,88 Euro (= 2940,95 Euro x 0,091 x 3).

14

2. Einwendungen und Einreden gegen den Erstattungsanspruch greifen nicht durch. Die Klägerin leistete nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld (dazu a). Ihr kann nicht das Gebot der "Waffengleichheit" entgegengehalten werden (dazu b). Ihre Forderung war weder verjährt (dazu c) noch verwirkt (dazu d).

15

a) Die Erstattung ohne Rechtsgrund gezahlter Krankenhausvergütung ist nicht in entsprechender Anwendung des § 814 BGB ausgeschlossen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete ua nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhausrechnung, kann sie deshalb mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 47; zustimmend Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 109 RdNr 170). Daran fehlte es indes. Die Klägerin zahlte die Krankenhausvergütung nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld.

16

b) Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht den Rechtsgedanken der im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten "Waffengleichheit" entgegenhalten. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) folgende Gebot der "Waffengleichheit" (vgl zB BVerfGE 52, 131, 143 f mwN) wirkt einer Ungleichgewichtslage zwischen den Parteien eines Prozesses entgegen (vgl zB BVerfGE 52, 131, 143 f; BVerfGK 14, 118 RdNr 10), mag es auch von diesem Ausgangspunkt her ins materielle Recht ausstrahlen (etwa in den Grenzbereich: Beweislastregeln, vgl zB BVerfGE 52, 131, 144, 165; vgl auch Krämer in Festschrift für Günter Hirsch zum 65. Geburtstag 2008, S 387 ff). Gesetzliche Wertungen - hier insbesondere des SGB V zum Verhältnis zwischen Krankenhäusern und KKn - können mit einem schlichten Hinweis auf ein nicht weiter abgeleitetes und konkretisiertes, quasi überpositives "Gebot der Waffengleichheit" nicht überspielt werden (eingehend dazu BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

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c) Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht die Verjährung der Erstattungsforderung entgegenhalten. Der Anspruch einer KK gegen einen Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterliegt einer vierjährigen Verjährung (stRspr, vgl zB BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 39; BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25). Die Verjährung der streitigen Erstattungsforderung begann nach Ablauf des Jahres 2004. Sie beginnt nämlich gemäß § 45 Abs 1 SGB I nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch entstanden ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im gleichgeordneten Leistungserbringungsverhältnis entsteht bereits im Augenblick der Überzahlung (vgl zB BSGE 69, 158, 163 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; Guckelberger, Die Verjährung im Öffentlichen Recht, 2004, S 374 f), hier also mit der vollständigen Begleichung der Schlussrechnung im Oktober 2004. Die Klägerin hat vor Eintritt der Verjährung am 30.12.2008 Klage erhoben (§ 90 SGG)und hierdurch den Eintritt der Verjährung der Forderung gehemmt (§ 45 Abs 2 SGB I analog iVm § 204 Abs 1 Nr 1 BGB). Die Einreichung der Klage beim hier örtlich unzuständigen SG nebst anschließender Verweisung stellt die Wirksamkeit der Klageerhebung nicht in Frage und steht deshalb der Hemmung der Verjährung nicht entgegen (BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 12 f).

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d) Der Anspruch ist ferner nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG Urteil vom 12.11.2013 - B 1 KR 56/12 R - Juris RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 264 Nr 4 vorgesehen; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN), etwa wenn eine Nachforderung eines Krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der KK erfolgt (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor.

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Die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (stRspr; vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37; BSGE 109, 22 = SozR 4-2400 § 7 Nr 14, RdNr 36; BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 31; BSG SozR 4-2600 § 243 Nr 4 RdNr 36; BSG SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 17; BSG SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 13; BSG Urteil vom 30.7.1997 - 5 RJ 64/95 - Juris RdNr 27; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f; BSG Urteil vom 1.4.1993 - 1 RK 16/92 - FEVS 44, 478, 483 = Juris RdNr 23; BSG SozR 2200 § 520 Nr 3 S 7; BSG Urteil vom 29.7.1982 - 10 RAr 11/81 - Juris RdNr 15; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSG Urteil vom 25.1.1972 - 9 RV 238/71 - Juris RdNr 17; vgl auch Hauck, Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in Brand/Lembke , Der CGZP-Beschluss des Bundesarbeitsgerichts, 2012, S 147 ff, 167 f).

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An solchen die Verwirkung auslösenden Umständen fehlt es vorliegend. Nach der unangegriffenen Feststellung des LSG (§ 163 SGG) gab es insbesondere keine Vereinbarung zwischen den Beteiligten, die die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs ausschloss. Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechnung ohne Erklärung eines Vorbehalts zahlte, ergibt sich nichts anderes. § 15 Abs 1 S 1 Sicherstellungsvertrag schreibt ein Begleichen der Rechnung innerhalb von 15 Kalendertagen vor. Nach § 15 Abs 4 Sicherstellungsvertrag können Beanstandungen auch noch nach der Bezahlung geltend gemacht werden. Die Regelung fordert keine vorausgegangene Beanstandung oder die Erklärung eines Vorbehalts bei der Zahlung (vgl auch Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 109 RdNr 170).

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Der bloße Zeitablauf stellt kein die Verwirkung begründendes Verhalten dar. Der Umstand, dass die Klägerin bis kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit der Geltendmachung ihrer Forderung gewartet hat, genügt deshalb nicht. Hierdurch unterscheidet sich die Verwirkung von der Verjährung (s ferner ergänzend zu den bereits oben genannten Entscheidungen BSGE 51, 260, 262 = SozR 2200 § 730 Nr 2 S 4; BSG Urteil vom 30.10.1969 - 8 RV 53/68 - USK 6983 S 345 = Juris RdNr 23; BSGE 38, 187, 194 = SozR 2200 § 664 Nr 1 S 9; BSGE 34, 211, 214 = SozR Nr 14 zu § 242 BGB; BSGE 7, 199, 200 f; vgl auch BGH NJW 2011, 445, 446). Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (vgl BSG Urteil vom 19.6.1980 - 7 RAr 14/79 - USK 80292 S 1312 = Juris RdNr 32; BSGE 47, 194, 197 f = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55). Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte.

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Der erkennende Senat weicht damit nicht in einer Weise von Rechtsprechung des 3. Senats des BSG ab, die eine Vorlage an den Großen Senat (§ 41 Abs 3 SGG) erfordert (vgl hierzu BSGE 51, 23 = SozR 1500 § 42 Nr 7). Die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG deutet offensichtlich lediglich in obiter dicta eine abweichende Auffassung an (vgl BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 26; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 11 RdNr 21 vorgesehen). Der 3. Senat des BSG hat bei dem erkennenden 1. Senat nicht wegen Abweichung von dessen Rechtsprechung (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff mwN) angefragt (vgl § 41 Abs 3 S 1 SGG). Soweit der 3. Senat des BSG früher eine unzulässige Rechtsausübung bei einer routinemäßig und pauschalen Weigerung einer KK, eine Krankenhausrechnung wegen angeblicher Überschreitung der erforderlichen Verweildauer zu bezahlen, angenommen hat, sind diese Fälle mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Um eine solche Weigerung geht es nicht. Die Klägerin verstieß auch nicht gegen landesvertragliche Vorgaben für das vereinbarte Prüfverfahren (vgl dazu BSGE 89, 104, 109 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 16 f).

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3. Die Klägerin hat auch Anspruch auf Prozesszinsen auf den Erstattungsbetrag ab dem Tag der Rechtshängigkeit (30.12.2008). Für die Rechtsbeziehungen der KKn zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in den Verträgen nach § 112 SGB V etwas anderes geregelt ist(stRspr, vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 60/12 R - Juris RdNr 25, mwN). Die sinngemäße Anwendung des § 15 Abs 1 S 3 Sicherstellungsvertrag durch das LSG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden(vgl bereits BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7).

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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.