Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit den Mitteln "Linola", "Linola Fett", "Anästhesinsalbe 20 %", "Balneum-Hermal F" sowie "Pasta zinci mollis" und die Erstattung dafür bereits aufgewandter Kosten.

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Die 1973 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet seit ihrer Geburt an Neurodermitis und verschiedenen Allergien. Vertragsarzt Dr. S. verordnete ihr die genannten, nicht der Verschreibungspflicht unterliegenden Mittel zur Basispflege ihrer Haut vor 2004 auf Kassenrezept. Die Klägerin wendet Linola-Salben je nach dem Zustand ihrer Haut im jahreszeitlichen Wechsel an. Sie verfügen als Wirkstoff über ungesättigte Fettsäuren in unterschiedlicher Konzentration (Linola Fett: 0,815 g ungesättigte Fettsäuren [C18:2-Fettsäuren] pro 100 g Creme; Linola: 0,5 g ungesättigte Fettsäuren [C18:2-Fettsäuren] pro 100 g Creme). Bei der Anästhesinsalbe handelt es sich um ein Lokalanästhetikum zur Oberflächenbetäubung (Wirkstoff Benzocain). Es dient nach Angaben der Klägerin der Vorbereitung der Haut zum Auftragen der Fettsalben. Die Klägerin verwendet das Ölbad Balneum-Hermal F (Wirkstoff Erdnussöl und dünnflüssiges Paraffin in der Zusammensetzung 46,45 g/47,0 g auf 100 g flüssigem Badezusatz) zum Duschen. Die für die Klägerin nach Rezeptur gemischte Zinksalbe soll der Wundheilung dienen.

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Der Gesetzgeber schloss zum 1.1.2004 die Verordnungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus (§ 34 Abs 1 S 1 SGB V). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) ließ in seinen Arzneimittelrichtlinien die Verordnungsfähigkeit der von der Klägerin verwendeten Salben und des Badeöls auch nicht ausnahmsweise nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V zu. Deshalb verordnete Dr. S. seit dem 1.4.2004 die Arzneimittel nur noch auf Privatrezept. Nach seinen Angaben verhinderte die zuletzt durchgeführte Therapie mit Anästhesin und Fettsalbenvarianten schwere Neurodermitis-Schübe. Bei Unterlassen der Therapie sei in kurzer Zeit mit einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes zu rechnen. Dies könne "durchaus lebensgefährlich" sein. Die Klägerin wendet nach ihren Angaben für diese Therapie bei Verordnung auf Privatrezept im Monat durchschnittlich 510 Euro auf. Soweit sie bei Krankheitsschüben cortisonhaltige Arzneimittel benötigt, versorgt die Beklagte sie hiermit. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin aus Mai 2004 ab, sie ausnahmsweise mit den begehrten Mitteln zu versorgen (Bescheid vom 8.6.2004; Widerspruchsbescheid vom 19.8.2004). Das SG verpflichtete die Beklagte indes hierzu im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache (Beschluss vom 5.1.2005; die Beschwerde der Beklagten zurückweisender Beschluss des LSG vom 30.3.2005).

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Die Klage, gerichtet auf Erstattung der bis zum Erlass der einstweiligen Anordnung entstandenen Aufwendungen, endgültige Versorgung für die Vergangenheit und Versorgung mit den begehrten Mitteln für die Zukunft, ist erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 18.7.2005). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit den begehrten Mitteln gemäß § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 iVm § 31 SGB V, weil nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel verfassungskonform von der Versorgung ausgeschlossen seien(§ 34 Abs 1 S 1 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Der GBA habe in seinen Arzneimittel-Richtlinien keine Ausnahme zugelassen (§ 34 Abs 1 S 2 SGB V). Das LSG habe den hilfsweise gestellten Beweisanträgen nicht nachgehen müssen (Urteil vom 22.4.2010).

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das LSG habe verfahrensfehlerhaft seine Amtsermittlungspflicht verletzt (§ 103 SGG), die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten (§ 128 Abs 1 SGG),den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention , § 62 SGG) und es unterlassen, den GBA notwendig zum Verfahren beizuladen (§ 75 Abs 2 SGG). Das LSG habe den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG), ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 GG), ihr Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 GG), die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) sowie das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip (Art 20 Abs 1 bis 3 GG) verletzt.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. April 2010 und des Sozialgerichts Hannover vom 18. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 2756,78 Euro zu zahlen, die seit dem 18. November 2004 übernommenen Kosten für "Linola" (Creme), "Linola Fett", "Anästhesinsalbe 20 %", "Balneum-Hermal F" und "Pasta zinci mollis" endgültig zu tragen und der Klägerin künftig die genannten Mittel als Naturalleistung zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

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Der Senat hat Beweis erhoben durch eine Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Zulassungsstand der Mittel und durch eine Auskunft des GBA. Der GBA hat ausgeführt, Basistherapeutika stellten nicht den Therapiestandard zur Behandlung einer Neurodermitis im Sinne einer schwerwiegenden Erkrankung dar. Selbst die neuesten HTA-Berichte und Leitlinien bestätigten den Mangel an Evidenz für den Nutzen der Mittel, auch wenn Leitlinien eine Hautpflege mit Basistherapeutika empfehlen würden. Es hätten sich keine Studien gefunden, die eine Überlegenheit eines als Arzneimittel zugelassenen Basistherapeutikums gegenüber Kosmetika oder Medizinprodukten belege, welche in der Regel preiswerter seien. Der Senat hat den Beteiligten zudem eine Stellungnahme von Patientenvertretern im GBA zugeleitet.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin ab Mai 2004 entstandene Kosten für die Selbstbeschaffung von "Linola", "Linola Fett", "Anästhesinsalbe 20 %", "Balneum-Hermal F" sowie der "Pasta zinci mollis" zu erstatten, die anschließend vorläufig hierfür übernommenen Kosten endgültig zu tragen und die Klägerin zukünftig mit diesen Mitteln zu versorgen. Denn die Klägerin hat diesbezüglich keinen Naturalleistungsanspruch (dazu 2.), ohne dass höherrangiges Recht entgegensteht (dazu 3.). Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch (dazu 4.).

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1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler, die einer Sachentscheidung entgegenstehen, liegen nicht vor. Entgegen der Ansicht der Klägerin musste der GBA nicht gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 SGG notwendig zum Verfahren beigeladen werden. In einem Rechtsstreit zwischen einem Versicherten und seiner KK über die Leistungspflicht für einzelne Behandlungsmaßnahmen ist der GBA nicht notwendig beizuladen, weil seine Interessen durch eine in diesem Verhältnis ergehende gerichtliche Entscheidung allenfalls mittelbar berührt sein können (vgl zB BSGE 94, 302 = SozR 4-2500 § 34 Nr 2 - Viagra; BSG Beschluss vom 6.1.2005 - B 1 KR 51/03 B - juris RdNr 19 - Dronabinol Tropfen).

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Weder Klägerin noch Beklagte haben im Revisionsverfahren gerügt, dass das LSG es unterlassen hat, den zuständigen Sozialhilfeträger oder den zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 75 Abs 2 Alt 2 SGG mit Blick auf Ansprüche betreffend den Zeitraum ab dem 1.1.2005 beizuladen (vgl zum Rügeerfordernis zB BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 10; BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 15 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 75 RdNr 13b mwN).

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2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte hinsichtlich der begehrten Mittel weder für die Vergangenheit einen Anspruch auf Kostenerstattung und auf (endgültige) Versorgung (§ 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V) noch für die Zukunft auf Gewährung als Naturalleistung. Der Anspruch auf Kostenerstattung und auf (endgültige) Versorgung für die Vergangenheit reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte und die im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes gewährte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl nur BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 9 - Gelomyrtol forte). Einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit den streitgegenständlichen Präparaten abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung hat die Klägerin jedoch nicht. Die Beklagte hat nicht ihre Leistungspflicht kraft Satzung erweitert (zur Zulässigkeit vgl § 11 Abs 6 S 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Die Versorgung mit den begehrten Mitteln zählt auch nicht zum gesetzlichen Leistungskatalog der GKV.

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Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 iVm § 31 Abs 1 S 1 SGB V auf Versorgung mit den begehrten Präparaten. Bei "Linola" ist bereits zweifelhaft, ob es sich überhaupt um ein Arzneimittel oder nicht lediglich um ein Kosmetikum handelt. Nach der Gesetzeskonzeption unterfallen Kosmetika, die keine Arzneimittel sind, nicht der Leistungspflicht der GKV. Es handelt sich vielmehr um Verbrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die der Gesetzgeber - ähnlich wie grundsätzlich Lebensmittel (vgl hierzu BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - mwN, Leucinose, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) - der Eigenverantwortung der Versicherten zuordnet. Es kommt in Betracht, dass "Linola" ein kosmetisches Mittel nach § 2 Abs 3 Nr 2 Arzneimittelgesetz (AMG) iVm § 2 Abs 5 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) ist. Dem Senat ist nicht im Einzelnen bekannt, aus welchen Gründen das BfArM eine Nachzulassung nach § 105 AMG ablehnt, ob insoweit bereits eine (nicht bestandskräftige) Entscheidung nach § 2 Abs 4 S 2 AMG vorliegt und wie "Linola" in Verkehr gebracht wird. Näherer Aufklärung bedarf dies indes nicht.

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Selbst wenn es sich nämlich um ein Arzneimittel handeln sollte, scheidet ein Anspruch hierauf ebenso aus wie auf Versorgung mit "Anästhesinsalbe 20 %". Denn die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit dieser Mittel - soweit sie überhaupt bestanden hat und besteht - beruht allenfalls auf der verfahrensrechtlichen Aufrechterhaltung einer Alt-Zulassung nach dem AMG 1961 (dazu a). Einem Anspruch auf Versorgung mit den übrigen Mitteln "Pasta zinci mollis", "Balneum-Hermal F" und "Linola Fett" steht entgegen, dass diese Präparate nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind, für die kein Ausnahmetatbestand eingreift (dazu b).

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a) Die Präparate "Linola" und "Anästhesinsalbe 20 %" haben keinen hinreichenden arzneimittelrechtlichen Zulassungsstatus, um ihre Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV zu begründen. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass es für den Anspruch Versicherter auf Versorgung mit Arzneimitteln nach § 31 Abs 1 SGB V nicht ausreicht, dass die Verkehrsfähigkeit der Mittel lediglich auf dem Zusammenwirken von arzneimittelrechtlichem Übergangs- und Verfahrensrecht beruht (vgl § 105 Abs 1 AMG nunmehr idF der Neubekanntmachung vom 12.12.2005, BGBl I 3394, bzw vormals nach Art 3 § 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24.8.1976, BGBl I 2445). Vielmehr bedarf es der erfolgreichen arzneimittelrechtlichen Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels (vgl § 1 AMG; BSGE 95, 132 RdNr 9 f, 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 16 f, 27 - Wobe-Mugos E; dem folgend zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 21). Daran fehlt es.

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Das BfArM hat nämlich am 1.7.2005 den Antrag auf Verlängerung der Zulassung für das Alt-Arzneimittel "Anästhesinsalbe 20 %" nach Prüfung der pharmazeutischen Qualität, pharmakologischen Unbedenklichkeit und klinischen Sicherheit abgelehnt (vgl auch OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 19.3.2009 - 13 A 1022/08 - juris, die Nichtzulassung der Berufung betreffend). Das Mittel ist zudem seit dem 27.3.2009 überhaupt nicht mehr verkehrsfähig. Aus vergleichbaren Gründen fehlt es an einer Leistungspflicht für "Linola". Es gilt nach Mitteilung des BfArM fiktiv als zugelassen, solange die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, pharmakologische Unbedenklichkeit und klinische Sicherheit noch nicht abgeschlossen ist. Ein solcher Zulassungsstatus genügt nicht, um die Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV zu begründen.

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b) Die nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG apothekenpflichtigen Arzneimittel "Linola Fett", "Balneum-Hermal F" sowie "Pasta zinci mollis" unterfallen dem gesetzlichen Leistungsausschluss nach § 34 Abs 1 S 1 SGB V(idF des Art 1 Nr 22 Buchst a Doppelbuchst aa des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190, in Kraft getreten am 1.1.2004). Die Fertigarzneimittel "Linola Fett" und "Balneum-Hermal F" sind gemäß § 48 AMG iVm der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (AMVV) nicht verschreibungspflichtig. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Rezepturarzneimittel "Pasta zinci mollis". Das LSG hat hierzu unangegriffen festgestellt, dass die Rezeptur keine verschreibungspflichtigen Stoffe beinhaltet. Dies deckt sich mit der Anlage 1 zu § 1 Nr 1 AMVV(zuletzt geändert durch Art 1 der Elften Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung vom 20.7.2011, BGBl I 1410). Hiernach sind Arzneimittel mit dem Wirkstoff Zink dann nicht verschreibungspflichtig, wenn sie zum äußeren Gebrauch bestimmt sind. Die weitere Frage, ob die Klägerin eine Versorgung mit "Pasta zinci mollis" als Rezepturarzneimittel bereits deshalb nicht beanspruchen kann, weil es an einer Empfehlung des GBA fehlt, bedarf deshalb keiner Vertiefung (vgl zu den Grundsätzen zB BSGE 104, 160 = SozR 4-2500 § 13 Nr 22, RdNr 18 - Orthomol vision diabet; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 47 - Lorenzos Öl).

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Der GBA ließ eine Verordnung von "Linola Fett", "Balneum-Hermal F" sowie "Pasta zinci mollis" bei Neurodermitis zu Lasten der GKV auch nicht ausnahmsweise in seinen Richtlinien zu. Nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V legt der GBA in seinen Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die genannten Arzneimittel sind weder nach den Arzneimittel-Richtlinien in der bis zum 31.3.2009 geltenden Fassung (AMRL aF) noch nach der ab 1.4.2009 geltenden Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) ausnahmsweise verordnungsfähig.

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Schon bei Beantragung der Versorgung im Mai 2004 sah die abschließende Regelung in F. 16.1 - 9 AMRL aF (vgl F. 16.7 AMRL idF vom 31.8.1993, BAnz Nr 246 vom 31.12.1993 S 11155, zuletzt geändert durch Beschluss vom 16.3.2004, BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905) keine Verordnungsfähigkeit der Mittel zu Lasten der GKV vor. G. 20.1 Buchst c und d AMRL aF ließ bei sinngemäßer Auslegung ausnahmsweise eine vertragsärztliche Verordnung von als Arzneimittel zugelassenen Basiscremes und Basissalben sowie Balneotherapeutika bei Neurodermitis auf Privatrezept zu. Seither hat sich am Fehlen der Verordnungsfähigkeit der Mittel zu Lasten der GKV nichts geändert (vgl nunmehr § 12 AM-RL idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009, zuletzt geändert am 24.11.2011, iVm der Anlage I zum Abschnitt F der AM-RL, letzte Änderung am 9.6.2011 in Kraft getreten - so genannte OTC-Übersicht).

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3. Es steht mit höherrangigem Recht in Einklang, dass "Linola Fett", "Balneum-Hermal F" sowie "Pasta zinci mollis" nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig sind. Die Entscheidung des GBA in den AMRL aF und in der AM-RL nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V beachtet die gesetzlichen Vorgaben(dazu a). Wie diese widerspricht sie weder Verfassungs- (dazu b) noch europäischem Recht (dazu c).

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a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Entscheidung des GBA, nach § 34 Abs 1 S 1 SGB V ausgeschlossene Basistherapeutika bei Neurodermitis nicht in den Kreis der verordnungsfähigen Arzneimittel einzubeziehen, mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar. Richtlinien sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GMG, jetzt § 91 Abs 6 SGB V). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu aufgrund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (stRspr; vgl zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 32, 37; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 21, 26 mwN; BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 1 KR 18/10 R - RdNr 17 ff mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

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Der GBA hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung des GBA (vgl jetzt Kap 4 der Verfahrensordnung des GBA) ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte gewahrt. Diese stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Die Auskunft des GBA vom 24.11.2011, seine Pressemitteilungen, sein zusammenfassender Bericht "Harnstoff bei der Behandlung von Atopischer Dermatitis (Neurodermitis) und Psoriasis vulgaris" - Beratungen 2004/2005 und die einschlägigen Beschlüsse des GBA (recherchiert am 23.1.2012, veröffentlicht unter http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/zur-anlage/17/ ) belegen konkret sein formal korrektes Vorgehen.

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Die Rechtmäßigkeit der Nichtaufnahme von Basistherapeutika bei Neurodermitis als verordnungsfähig in die AMRL aF und die AM-RL ist insbesondere an den Regelungen des § 34 Abs 1 S 2 und 3 SGB V zu messen. Nach § 34 Abs 1 S 3 SGB V ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Hinsichtlich der Auslegung der gesetzlichen Rechtsbegriffe "nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten", und "der therapeutischen Vielfalt Rechnung tragen" verbleibt dem GBA kein Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl hierzu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 37).

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Erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes entscheidet der GBA als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Nach diesem Maßstab hat der GBA über die Nichtaufnahme von Basistherapeutika bei Neurodermitis inhaltlich rechtmäßig entschieden.

26

Der GBA hat als Grundlage seiner Entscheidung die Studienlage vollständig berücksichtigt, denn er hat sich auf die verfügbaren Fachveröffentlichungen gestützt (vgl insbesondere den Inhalt der Auskunft des GBA vom 24.11.2011 und den zusammenfassenden Bericht "Harnstoff bei der Behandlung von Atopischer Dermatitis (Neurodermitis) und Psoriasis vulgaris" - Beratungen 2004/2005 des GBA vom 23.5.2006). Er hat hierbei auch die generellen Stellungnahmen - soweit bedeutsam - berücksichtigt, auf die die Klägerin sich beruft. Der Ausgangspunkt seiner Entscheidung ist rechtmäßig, nämlich dass eine Atopische Dermatitis (Neurodermitis) - bei schwerer Verlaufsform - eine schwerwiegende Erkrankung sein kann. § 12 Abs 3 AM-RL bezeichnet eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Das stimmt mit der Definition der schwerwiegenden Krankheit überein, die die Rechtsprechung des BSG zum off-label-use entwickelt hat (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - ADHS; BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) und die auch hier anwendbar ist. Der Gesetzgeber hat nämlich nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 34 Abs 1 S 2 SGB V bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen.

27

Der GBA hat es auch rechtmäßig abgelehnt, die Versorgung mit Basistherapeutika bei Neurodermitis als verordnungsfähige Standardtherapie in die AMRL aF oder die AM-RL aufzunehmen. Hierauf beruft sich die Beklagte mit Recht. Für die Entscheidung sind zwei rechtliche Komponenten wesentlich, die den Kreis verordnungsfähiger Standardtherapien umreißen: Zunächst ist der GBA nicht vom Gesetzgeber dazu ermächtigt, in die Ausnahmeliste nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V Hautpflegemittel aufzunehmen, die keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts sind, sondern etwa kosmetische Mittel(§ 2 Abs 5 LFGB)oder Bedarfsgegenstände in Form von Gegenständen, die zur Körperpflege bestimmt sind (§ 2 Abs 6 S 1 Nr 4 LFGB). Hier wirkt sich die Systementscheidung des Gesetzgebers aus, die Leistungspflicht der GKV grundsätzlich auf gezielt medizinische Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung zu beschränken, ohne allgemein Mittel einzubeziehen, die zum Überleben notwendig sind. Allgemein überlebensnotwendige Mittel außerhalb der gezielt medizinischen Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung unterfallen auch nicht etwa deshalb dem Leistungskatalog der GKV, weil sie teuer sind. Bei Bedürftigkeit Betroffener übernehmen andere Teile des Sozialsystems die Versorgung mit solchen Leistungen, etwa das SGB II und SGB XII unter den dort genannten Voraussetzungen.

28

Die Beschränkung des GKV-Leistungskatalogs wirkt sich auch in Mischbereichen aus, in denen Mittel sowohl als kosmetische Mittel oder Bedarfsgegenstände in Form von Gegenständen, die zur Körperpflege bestimmt sind, als auch als Arzneimittel zum vergleichbaren Einsatz bei Krankheiten zur Verfügung stehen. Solange der (zusätzliche) krankheitsspezifische Nutzen der betroffenen Arzneimittel nicht anhand belastbarer Statistiken gegenüber den anderen, etwa kosmetischen oder Pflegemitteln belegt ist, greift die Systemgrenze der GKV auch zu ihren Lasten. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel können nach diesen Grundsätzen ohne hinreichende Absicherung des (zusätzlichen) krankheitsspezifischen Nutzens gegenüber den anderen, vergleichbar einsetzbaren Mitteln nicht als zu Lasten der GKV verordnungsfähige Standardtherapie qualifiziert werden. Die bloße arzneimittelrechtliche Zulassung genügt wegen des speziellen Konkurrenzverhältnisses zu den anderen Pflegemitteln bei vergleichbarem Einsatzbereich und Zweck nicht, um ihre Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V zu begründen.

29

Erst recht gilt das Gesagte unter einem zweiten Aspekt, nämlich soweit für die Qualifikation apothekenpflichtiger Arzneimittel als Standardtherapeutika - ungeachtet der Sinnhaftigkeit einer neurodermitisspezifischen Basispflege der Haut - keine hinreichende Untermauerung durch wissenschaftliche Studien spricht. Dieses Problem stellt sich unabhängig von der Frage, ob es überhaupt wirksame nicht apothekengebundene Pflegemittel gibt. Zu Recht beantwortet der GBA die Frage nach dem Bestehen eines Therapiestandards gemäß § 12 Abs 4 AM-RL zumindest danach, ob der therapeutische Nutzen eines Arzneimittels zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Das harmoniert mit den Grundvoraussetzungen einer zulässigen Pharmakotherapie in der GKV nach der Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mwN - Wobe-Mugos E; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 62 mwN). Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt nämlich den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen. Zu Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels muss es grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl auch zB BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN).

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Eher enger fordert die Gesetzesbegründung die Aufnahme solcher Fertigarzneimittel in die OTC-Liste, die "unverzichtbare Standardwirkstoffe" für die Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung enthalten (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum GMG, BT-Drucks 15/1525, S 86). Das entspricht auch dem Sinn der Regelung des § 34 Abs 1 SGB V, gerade nicht schon jede indikationsgerechte, nach allgemeinen Grundsätzen verordnungsfähige Pharmakotherapie in die OTC-Liste aufzunehmen, weil damit die einschränkende Wirkung der Regelung weitgehend obsolet zu werden droht.

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Der Senat muss vorliegend indes nicht darüber entscheiden, ob die Gesetzesfassung enger zu verstehen ist, als es § 12 Abs 4 AM-RL annimmt. In jedem Falle genügt es nämlich nicht, dass Arzneimittel betroffen sind, deren therapeutischer Nutzen für die fragliche Indikation nicht durch hinreichende wissenschaftliche Studien belegt ist. So aber liegt es nach dem Ergebnis der auf eine kritische Durchsicht aller einschlägigen Studien gestützten Untersuchungen des GBA hinsichtlich "Linola Fett", "Balneum-Hermal F" sowie "Pasta zinci mollis". Auch die Studien, auf die sich die Klägerin beruft, belegen den angesprochenen Mangel an Evidenz.

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b) Die Entscheidung des GBA und dessen gesetzliche Grundlage in § 34 Abs 1 SGB V widersprechen auch nicht Verfassungsrecht. Die Regelungen in der AMRL aF und der AM-RL lassen die Versorgung der Versicherten in Fällen schwerer Verlaufsformen der Neurodermitis mit dem allgemein anerkannten Therapiestandard unberührt. Hierzu gehört entsprechend der wissenschaftlich fundierten Stellungnahme des GBA die Anwendung lokal applizierter Glukokortikoide und als Therapiealternative die topische Behandlung mit Calcineurininhibitoren. Die von der Klägerin zitierte Studie "AtopicHealth" weist ohne Widerspruch hiermit bei auf diese Weise versorgten Patienten einen besonders hohen Patienten-Nutzen-Index (PBI) und eine besonders hohe Therapiezufriedenheit aus. Auch die Klägerin zieht nicht in Zweifel, dass sie bei Bedarf hiermit zu Lasten der Beklagten versorgt wird. Für die Übertragung der Grundsätze einer grundrechtsorientierten Auslegung besteht bei einer solchen Versorgungssituation kein Anlass (zu den Voraussetzungen im Anschluss an BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 13 ff mwN; vgl nunmehr auch § 2 Abs 1a SGB V idF durch Art 1 Nr 1 GKV-VStG).

33

Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist die Leistungsbegrenzung in § 34 Abs 1 SGB V verfassungsgemäß. Insbesondere verletzt sie weder das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 S 1 GG) noch das Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (vgl dazu BVerfGE 115, 25, 43 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 21, 24). Denn der Gesetzgeber hat in verhältnismäßiger Weise von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht, den Bereich der Eigenvorsorge zu umreißen (vgl insgesamt BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff mwN; zu den mittleren Tageskosten einer topischen Basistherapie von 0,99 Euro vgl 3.1 der Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft "Neurodermitis", AWMF-Leitlinien-Register Nr 013/027, Stand 04/2008; zur Zulässigkeit abweichender Regelungen gegenüber dem beamtenrechtlichen Beihilferecht vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 12 - Kryokonservierung mwN; BVerfG Beschluss vom 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris; BVerwG Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12/10 - ZBR 2011, 126, RdNr 17 mwN). Ihm ist es unbenommen, bei seinen Entscheidungen auch zu berücksichtigen, dass die Zuweisung von Therapiemöglichkeiten zum Bereich der Eigenvorsorge preisdämpfende Auswirkungen auf das betroffene Marktsegment haben kann, wie etwa die Preisentwicklung im Bereich der Brillen eindrucksvoll beleuchtet.

34

Die gesetzliche Konzeption, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht die Qualität einer Standardtherapie bei schwerwiegenden Erkrankungen erreichen - hier "Linola Fett", "Balneum-Hermal F" sowie "Pasta zinci mollis" bei Neurodermitis - innerhalb der GKV der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V) zuzuweisen, führt auch nicht zu unzumutbaren, verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Belastungen der Betroffenen (vgl zum verfassungsrechtlichen Schutz des Existenzminimums BVerfGE 125, 175, 223 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 135; BSGE 100, 221 = SozR 4-2500 § 62 Nr 6, RdNr 31; BSGE 107, 217 = SozR 4-4200 § 26 Nr 1, RdNr 33). Die KKn sind nämlich weder nach dem SGB V noch von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 28 f mwN - D-Ribose). Das SGB V hat vielmehr Pflegemittel grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen, sie also dem Bereich der Eigenverantwortung der Versicherten (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V) zugerechnet, mag hierfür den Versicherten auch krankheitsbedingt ein Mehraufwand entstehen. Damit trägt es der begrenzten Aufgabenstellung der GKV Rechnung, sich auf gezielte Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung zu beschränken (vgl dazu insgesamt BSGE 104, 160 = SozR 4-2500 § 13 Nr 22, RdNr 17 mwN). Die Qualität als Mittel gezielter Krankheitsbekämpfung und die Schwere der Krankheit, nicht aber die ökonomische Bedürftigkeit des Betroffenen bestimmen deshalb systemgerecht den Umfang des verfassungskonform gesetzlich geregelten, abgeschlossenen Naturalleistungskatalogs der GKV.

35

Dementsprechend begründet es nach dem Plan des Gesetzes keinen Anspruch gegen die GKV, dass ein Versicherter wirtschaftlich nicht hinreichend leistungsfähig ist, sich selbst mit Pflegemitteln für die Haut zu versorgen. Das gilt selbst dann, wenn die Pflege zur Vermeidung schwerwiegender gesundheitlicher Störungen unverzichtbar ist, wie es auch bei der Klägerin in Betracht kommt (vgl zutreffend zum Zusammenspiel der Sicherungssysteme zB BSGE 103, 171 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5, RdNr 24; BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6, RdNr 18 ff; BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr 6, RdNr 12 ff). Das Gesetz sieht bei fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Betroffener insoweit - ggf also auch hinsichtlich notwendiger Pflegemittel - Ansprüche gegen die Sozialleistungsträger vor, zu deren Aufgaben die Existenzsicherung des Einzelnen im Falle der Bedürftigkeit zählt. Das trifft hier namentlich auf die Leistungsträger nach SGB II und SGB XII zu (vgl zum Regelbedarf § 20 SGB II; zum Mehrbedarf § 21 Abs 6 SGB II; zur Funktion dieser Regelung, die Vorgabe des Urteils des BVerfG vom 9.2.2010 - BVerfGE 125, 175, 223 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 135 ff - umzusetzen, vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses<8. Ausschuss> zu dem Entwurf der Bundesregierung - BT-Drucks 17/983 - eines Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates, BT-Drucks 17/1465, S 8 f; zur Rechtslage für Leistungsempfänger des SGB II vor Einführung des § 21 Abs 6 SGB II vgl BSG SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 24; zum SGB XII vgl §§ 27 ff SGB XII, insbesondere auch § 27a Abs 4 S 1, §§ 30, 32, 47 ff SGB XII; ggf § 264 SGB V; vgl auch §§ 53 ff SGB XII, hierzu zB BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 und zusätzlich § 73 SGB XII; zur Abgrenzung von § 28 Abs 1 S 2 SGB XII aF - entsprechend heute § 27a Abs 4 S 1 SGB XII - vgl zB BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr 6, RdNr 13 mwN).

36

Ähnlich wie im Bereich krankheitsbedingt unverzichtbarer Lebensmittel (vgl dazu § 21 Abs 5 SGB II, § 30 Abs 5 SGB XII und dazu zB BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - RdNr 24; BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, RdNr 39 ff; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28; BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - RdNr 38 mwN, Leucinose, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) ist es Aufgabe dieser gesetzlichen Bestimmungen des SGB II und SGB XII, die Gewährleistung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums zu sichern, soweit es - wie dargelegt verfassungskonform - nicht durch den Leistungskatalog der GKV abgedeckt ist. Inwieweit im Einzelnen nicht von der Leistungspflicht der GKV abgedeckte Kosten für medizinisch notwendige Gesundheitspflege, zB für OTC-Präparate, dem verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimum unterfallen, in der Regelleistung nach dem SGB II oder XII abgebildet sind oder Mehrbedarfsleistungen auslösen, unterliegt der Beurteilung der für die Grundsicherung und Sozialhilfe zuständigen Senate des BSG (vgl dazu zB BSG SozR 4-4200 § 20 Nr 13 RdNr 25; vgl auch Ebsen SDSRV Nr 56, S 133, 142 ff).

37

c) Die Entscheidung des GBA und ihre gesetzliche Grundlage verletzen nicht Recht der Europäischen Union. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen die Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihrer Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (sog Transparenz-Richtlinie; ABl EG L vom 11.2.1989, 40, 8; vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 21 ff - Gelomyrtol forte; vgl auch Fuerst VSSR 2011, 151, 168 ff).

38

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch. Es kommt nicht darauf an, dass die Erkrankung der Klägerin lebensbedrohlich oder jedenfalls schwer oder schwerwiegend ist und der von ihr behauptete Behandlungsbedarf besteht. Die Bewertung des GBA, was Therapiestandard für die schwere Neurodermitis ist, erübrigt eine weitere Beweiserhebung (vgl zum gebotenen gerichtlichen Prüfprogramm oben, II 3.a und BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38). Es gibt schließlich keine Anhaltspunkte dafür, dass das LSG entsprechend der Ansicht der Revision den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat (§ 62 SGG, Art 6 Abs 1 EMRK, Art 103 Abs 1 GG).

39

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Bundessozialgericht Urteil, 06. März 2012 - B 1 KR 24/10 R zitiert 40 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 21 Mehrbedarfe


(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 62


Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 75


(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28 Ermittlung der Regelbedarfe


(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt. (2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 2 Arzneimittelbegriff


(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, 1. die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenscha

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und B

Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch


Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 91 Gemeinsamer Bundesausschuss


(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel


(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 11 Leistungsarten


(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen 1. bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 30 Mehrbedarf


(1) Für Personen, die1.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder2.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sindund durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunte

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 105


(1) Fertigarzneimittel, die sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befinden, gelten als zugelassen, wenn sie sich am 1. September 1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 27 Leistungsberechtigte


(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. (2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei n

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 264 Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse kann für Arbeits- und Erwerbslose, die nicht gesetzlich gegen Krankheit versichert sind, für andere Hilfeempfänger sowie für die vom Bundesministerium für Gesundheit bezeichneten Personenkreise die Krankenbehandlung übernehmen, s

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 27a Notwendiger Lebensunterhalt, Regelbedarfe und Regelsätze


(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedür

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände. (2) (weggefallen) (3) (weggefallen) (4) (weggefallen) (5) (weggefallen) (

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 48 Verschreibungspflicht


(1) Die folgenden Arzneimittel dürfen nur bei Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung oder einer tierärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden: 1. Arzneimittel, die durch Rechtsverordnung nach Absatz 2, auch in Ver

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 32 Bedarfe für eine Kranken- und Pflegeversicherung


(1) Angemessene Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung sind als Bedarf anzuerkennen, soweit Leistungsberechtigte diese nicht aus eigenem Einkommen tragen können. Leistungsberechtigte können die Beiträge so weit aus eigenem Einkommen tragen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 73 Hilfe in sonstigen Lebenslagen


Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 1 Zweck des Gesetzes


Es ist der Zweck dieses Gesetzes, im Interesse einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel, nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 47 Vorbeugende Gesundheitshilfe


Zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten werden die medizinischen Vorsorgeleistungen und Untersuchungen erbracht. Andere Leistungen werden nur erbracht, wenn ohne diese nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung oder ein sonstiger Gesundheitsschad

Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln


Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV

Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV | § 1


Arzneimittel,1.die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung bestimmte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder2.die Zubereitungen aus den in der Anlage 1 bestimmten Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder3.denen die unter Nummer 1 oder 2

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(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen

1.
bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2.
zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3.
zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4.
zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme zukünftiger Kosten für eiweißreduzierte Diätnahrung sowie die Erstattung von dafür bereits aufgewendeten 2118,14 Euro.

2

Der im Juni 1988 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger leidet an der autosomal-rezessiv vererbten Ahornsirup-Krankheit (Leucinose, Maple syrup urine disease , ICD 10 E71.0), einer Aminosäurestoffwechselstörung, die auf genetisch bedingten Defekten eines Enzyms beruht. Die Krankheit manifestiert sich wenige Tage nach der Geburt und führt unbehandelt zunächst zu einer ausgeprägten neurologischen Symptomatik und wenige Monate später zum Tod. Um dies zu verhindern, ist mittels einer lebenslangen Diät die Zufuhr der Aminosäuren Leucin, Valin und Isoleucin stark einzuschränken. Abgesehen von genau abgemessenen Mengen Obstes, Kartoffeln und Gemüses ernährt sich der Kläger deswegen von industriell gefertigten eiweißreduzierten Nahrungsprodukten - insbesondere Mehl, Brot, Teigwaren, Ei- und Sahneersatzprodukten - (eiweißreduzierte Diätnahrung). Er erhält ergänzend von der Beklagten Aminosäuremischungen. Sie erstattete ihm bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres auch die Kosten für im Versandhandel selbst beschaffte Diätnahrung, lehnte aber für die Zeit danach eine weitere Übernahme der Kosten für die eiweißreduzierte Diätnahrung ab (Bescheid vom 28.7.2006, Widerspruchsbescheid vom 29.1.2007). Der Kläger ist mit seiner Klage auf Erstattung der ihm bisher entstandenen und Übernahme der künftig entstehenden Kosten der eiweißreduzierten Diätnahrung beim SG (Urteil vom 23.3.2009) und LSG erfolglos geblieben: Die begehrte Diätnahrung sei weder als Fertigarzneimittel zugelassen noch eine bilanzierte Diät iS des ab 1.1.2009 geltenden § 31 Abs 5 SGB V, sondern ein Grundnahrungsmittel. Sie sei auch keine ergänzende bilanzierte Diät iS der Nr 15.2.5 des Abschnitts E der Arzneimittel-Richtlinien (AMRL) aF, die § 316 SGB V für anwendbar erkläre(LSG-Urteil vom 14.7.2010).

3

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 31 Abs 1 SGB V. Die von ihm benötigte Diätnahrung sei zwar kein Fertigarzneimittel, habe jedoch arzneimittelgleiche Wirkung. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete es daher, die Diätnahrung - ähnlich wie Insulin - als Arzneimittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einzustufen. Die Diätnahrung erfülle auch die Voraussetzungen einer ergänzenden bilanzierten Diät nach § 31 Abs 5 SGB V iVm § 20 Satz 3 der ab 1.4.2009 geltenden Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL); jedenfalls seien die Regelungen grundrechtskonform in dieser Weise auszulegen. Zusammensetzung und Darreichungsform der Diätnahrung seien keine sachlichen Gründe für einen Leistungsausschluss, wenn bei anderen, der Ahornsirup-Krankheit vergleichbar schweren Erkrankungen Anspruch auf Trink- und Sondennahrung bestehe.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. März 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 2118,14 Euro bis zum 14. Juli 2010 entstandene Kosten der Diätnahrung zu erstatten und für die anschließende Zeit die Kosten einer Diätnahrung mit maximal reduziertem Eiweißanteil abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung zu übernehmen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil zurückgewiesen. Der Kläger kann von der beklagten KK weder zukünftig Versorgung mit eiweißreduzierter Diätnahrung als Naturalleistung noch für die Vergangenheit Erstattung der ihm hierfür entstandenen Kosten nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266) verlangen. Er hat auch keinen Anspruch auf künftige Kostenfreistellung nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266), falls der Beklagten eine Naturalleistungsverschaffung nicht möglich ist.

8

Sowohl der Anspruch auf Kostenerstattung für die Vergangenheit als auch der Anspruch auf Versorgung oder Kostenfreistellung für die Zukunft reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte und zukünftig zu beschaffende Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl nur BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 mwN - "Lorenzos Öl"). Dem Kläger steht keiner dieser Ansprüche zu, weil die eiweißreduzierte Diätnahrung nach den unangegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zum Leistungskatalog der GKV gehört.

9

Der Kläger kann zwar nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist, um seine MSUD zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung der Versicherten mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Diesen Anspruch hat auch das SGB IX nicht erweitert (vgl insgesamt BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 RdNr 12 f - D-Ribose). Der Senat muss nicht darüber entscheiden, ob die eiweißarme Diätnahrung als Arzneimittel oder als Lebensmittel zu qualifizieren ist, was aufgrund der Feststellungen des LSG offen ist. In beiden denkbaren Fällen besteht keine Leistungspflicht der Beklagten. Als Arzneimittel ist die Diätnahrung mangels Arzneimittelzulassung nicht verordnungsfähig (dazu 1.). Sie gehört auch als Lebensmittel nicht zu den Produkten, auf die sich ausnahmsweise die Leistungspflicht der GKV erstreckt (dazu 2.). Sie ist weder ein Heil- noch ein Hilfsmittel, sondern - wie zuvor dargelegt - Arznei- oder Lebensmittel (dazu 3.). Die fehlende Einbeziehung in den GKV-Leistungskatalog verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (dazu 4.).

10

1. Wenn eiweißreduzierte Diätnahrung als Arzneimittel zu qualifizieren ist (§ 31 Abs 1 Satz 1 SGB V; ausführlich zur Abgrenzung des Arzneimittelbegriffs vom Lebensmittelbegriff BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 15 ff - "Lorenzos Öl"), ist es nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig. Als Arzneimittel ist eiweißreduzierte Diätnahrung jedenfalls nicht ein Rezeptur-, sondern ein Fertigarzneimittel (dazu a), dem jedoch die erforderliche Zulassung fehlt (dazu b). Weder liegt ein sog Seltenheitsfall noch ein sonstiger Fall des arzneimittelrechtlich zulässigen Einzelimports vor (dazu c).

11

a) Nach § 4 Abs 1 Arzneimittelgesetz( idF durch Art 1 Nr 3 Buchst a Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.8.2005, BGBl I 2570) sind Fertigarzneimittel Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. Dies trifft auf die eiweißreduzierte Diätnahrung zu. Es ist unerheblich, dass es sich bei der eiweißreduzierten Diätnahrung jedenfalls teilweise um Nahrungsbestandteile handelt, die nicht bereits vom Hersteller, sondern erst durch den Endverbraucher für die Herstellung der zum Verzehr bestimmten Gerichte verwendet werden. Denn die Hersteller bringen die Grundstoffe in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten, für Lebensmittel typischen Verpackung in den Verkehr. Eine individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmte Dosisanpassung nach ärztlicher Verordnung erfolgt nicht.

12

b) Eiweißarme Diätnahrung ist als Fertigarzneimittel mangels erteilter AMG-Zulassung grundsätzlich nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst. Für Fertigarzneimittel ist eine deutsche oder europäische Zulassung arzneimittelrechtlich erforderlich (§ 21 Abs 1 AMG idF durch Art 1 Nr 22 Buchst a Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats sind die Anforderungen des SGB V an Pharmakotherapien mit Medikamenten, die nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedürfen, nur erfüllt, wenn sie eine solche Zulassung besitzen. Ohne die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt es - auch in Würdigung des Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) -an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Arzneimitteltherapie (vgl § 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V; stRspr, vgl statt vieler zB BSGE 72, 252, 256 f = SozR 3-2200 § 182 Nr 17 - Goldnerz-Aufbaucreme; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 - "Lorenzos Öl").

13

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eiweißarme Diätnahrung als Fertigarzneimittel im Rahmen eines Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG. Der erkennende Senat geht im Rahmen dieser Norm ausnahmsweise von der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV aus, wenn es sich um einen Fall der Seltenheit oder der grundrechtsorientierten Auslegung handelt. Daran fehlt es.

14

Die Voraussetzungen eines sog Seltenheitsfalls sind nicht erfüllt. MSUD ist zwar eine Krankheit, die weltweit nur sehr selten auftritt - nämlich mit einer Häufigkeit von einer Erkrankung auf ca 200 000 Geburten. Eine zu erwägende Erweiterung der Leistungspflicht knüpft aber an den Umstand an, dass bestimmte Krankheiten im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden können (vgl dazu BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 21 - Visudyne). So liegt es hier nicht. Ursachen, Wirkungen und Therapiemöglichkeiten der MSUD sind nämlich in der medizinischen Wissenschaft bekannt. Wie aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung hervorgeht, sind die Voraussetzungen für die lebenslange Verhütung von Stoffwechselentgleisungen mit irreparablen Schädigungen definiert, ihre praktische Handhabung ist medizinischer Standard.

15

Es fehlt auch ein Anlass zu einer grundrechtsorientierten Auslegung (vgl zu den Voraussetzungen BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31/32 - D-Ribose; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 20 ff - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 16 mwN - Idebenone; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - "Lorenzos Öl"). Zwar ist MSUD - unbehandelt - eine regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit. Ein Einzelimport von Arzneimitteln setzt aber nach § 73 Abs 3 AMG(in allen seit 2006 geltenden Fassungen, vgl zuletzt Abs 3 idF durch Art 1 Nr 65 Buchst d Gesetz vom 17.7.2009 BGBl I 1990 mWv 23.7.2009) ua voraus, dass sie in dem Staat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden. Es ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass eiweißreduzierte Diätnahrung außerhalb des Geltungsbereichs des AMG als Fertigarzneimittel zugelassen ist.

16

2. Ist eiweißreduzierte Diätnahrung nicht als Arzneimittel, sondern stattdessen als Lebensmittel zu qualifizieren, unterfällt eine Versorgung hiermit ebenfalls nicht dem Leistungskatalog der GKV. Das gilt sowohl für die Zeit ab 1.4.2009 (dazu a) als auch für die davor liegende Zeit bis Ende 2008 (dazu b) sowie für die Zwischenzeit des ersten Quartals des Jahres 2009 (dazu c).

17

a) Die Versorgung mit Lebensmitteln gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der GKV, selbst wenn therapeutische Nebeneffekte damit verbunden sind (stRspr, vgl zB BSGE 81, 240, 243 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 9 S 29 f - Diätnahrungsmittel; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 RdNr 24 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 34 - "Lorenzos Öl"). § 31 Abs 5 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1a Buchst c Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426) regelt folgende Ausnahmen: Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist; nach § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V legt hierzu der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V fest, unter welchen Voraussetzungen welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können und veröffentlicht im Bundesanzeiger eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte. Der GBA hat diesen Auftrag des Gesetzgebers in seiner Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung umgesetzt (vgl AM-RL idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a, in Kraft getreten am 1.4.2009, Kapitel I.: Gesetzlich zugelassene Ausnahmen zur Verordnungsfähigkeit von Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysaten, Elementardiäten und Sondennahrung ). Zu den Ausnahmefällen nach § 31 Abs 5 SGB V, in denen die Versorgung mit Lebensmitteln in den Leistungskatalog der GKV fällt, gehört eiweißreduzierte Diätnahrung nicht. Sie ist weder Aminosäuremischung noch Eiweißhydrolysat, Elementardiät oder Sondennahrung (dazu aa). Es liegt auch kein anderer Ausnahmefall vor, weil eiweißreduzierte Diätnahrung keine bilanzierte Diät ist (dazu bb).

18

aa) Nach § 19 Abs 1 AM-RL sind Aminosäuremischungen diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung). Sie bestehen überwiegend aus qualitativ und quantitativ definierten Gemischen von Aminosäuren und sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. Entsprechend der Zweckbestimmung können gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe enthalten sein. Soweit dies medizinisch notwendig ist, können Aminosäuremischungen auch Fette und Kohlenhydrate enthalten. Die vom Kläger begehrte eiweißreduzierte Diätnahrung besteht dagegen gerade nicht überwiegend aus Gemischen von Aminosäuren. Diese Diätnahrung enthält vielmehr möglichst wenig Eiweiß und damit Aminosäuren. Die eiweißreduzierte Diätnahrung schließt auch keine nach medizinischen Kriterien zusammengestellten, bei der Herstellung verwendeten definierten Aminosäuremischungen ein. Um eine ausreichende und entsprechend seiner Erkrankung angepasste Aufnahme von Aminosäuren zu gewährleisten, muss der Kläger gerade ergänzend zu seiner allgemein eiweißreduzierten Nahrungsaufnahme - hier nicht streitbefangene - lebensnotwendige Aminosäuremischungen (isoleucin-, leucin- und valinfreie Aminosäurenmischungen) erhalten, die die Beklagte ihm als Sachleistung gewährt.

19

Nach § 19 Abs 2 AM-RL sind Eiweißhydrolysate diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), bestehend aus abgebauten Proteinen (niedermolekularen Proteinkomponenten in Form von freien Aminosäuren, Oligopeptiden<2-10 Aminosäuren> und Peptiden). Sie sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. Die eiweißreduzierte Diätnahrung ist nach den vorstehenden Ausführungen zu den Aminosäuremischungen auch kein Eiweißhydrolysat. Ziel der eiweißreduzierten Diätnahrung ist es nicht, dem Körper abgebaute Proteine zur Verfügung zu stellen, sondern umgekehrt Proteine allgemein zu vermeiden.

20

Die eiweißreduzierte Diätnahrung ist ebenfalls keine Elementardiät. Elementardiäten sind nach § 19 Abs 3 AM-RL diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die - unabhängig von der Molekulargröße - oral zuzuführende Gemische aus Proteinen (auch hochhydrolysierte Proteine), Aminosäuren, Kohlenhydraten, Fetten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen enthalten, und die als einzige Nahrungsquelle geeignet sind (sog Trinknahrung). Enthalten sein können entsprechend ihrer Zweckbestimmung gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe. Die vom Kläger benötigte eiweißreduzierte Diätnahrung ist demgegenüber nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet. Sie klammert Eiweiß möglichst weitgehend aus, um irreversible neurologische Schädigungen zu vermeiden. Sie ist aufgrund des die Krankheitssymptome auslösenden Enzymdefektes eine an ihn angepasste, gezielt eingeschränkte und damit unvollständige Ernährung, die durch spezifische Aminosäuremischungen kompensiert werden muss.

21

Die vom Kläger benötigte eiweißreduzierte Diätnahrung dient schließlich nicht der Sondennahrung. Sondennahrungen sind nach § 19 Abs 4 AM-RL diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die bei einer individuell gewählten Zusammensetzung und Dosierung als einzige Nahrungsquelle zur Ernährung über die Sonde bestimmt sind. Die hier streitige eiweißreduzierte Diätnahrung ist nach der Art ihrer Herstellung dazu nicht geeignet. Abgesehen davon, dass sie - wie bereits ausgeführt - nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet ist, unterscheidet sie sich nach der Art und Weise der mit ihr verbundenen Nahrungsaufnahme nicht von anderen Nahrungsmittelprodukten, die in Lebensmittelgeschäften angeboten werden. Der Kläger benötigt aufgrund seiner Erkrankung zudem keine Sondennahrung.

22

bb) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 20 Satz 3 AM-RL, weil eiweißreduzierte Diätnahrung keine bilanzierte Diät ist. § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V gewährt schon nach seinem klaren Wortlaut nur einen Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung. In diesem Sinne ist auch § 20 Satz 3 AM-RL auszulegen. § 20 AM-RL enthält nämlich ergänzende Bestimmungen, um die Anforderungen des § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V zu konkretisieren. Die Regelung umschreibt, welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können (vgl § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V). Verordnete Produkte müssen danach der Legaldefinition für diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) entsprechen und sich rechtmäßig auf dem deutschen Markt befinden (§ 20 Satz 1 AM-RL). Produkte, die nicht den vorgenannten Definitionen entsprechen, zB weil sie nur Kohlenhydrate oder Fette enthalten, sind keine Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung im Sinne der AM-RL (§ 20 Satz 2 AM-RL). Dies gilt nicht für ergänzende bilanzierte Diäten zur Behandlung von angeborenen, seltenen Defekten im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und anderen diätpflichtigen Erkrankungen, die unbehandelt zu schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung führen und bei denen eine diätetische Intervention mit ergänzenden bilanzierten Diäten medizinisch notwendig ist (§ 20 Satz 3 AM-RL).

23

Der Begriff der ergänzenden bilanzierten Diäten nach § 20 Satz 3 AM-RL knüpft an § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V an. Die Regelung verweist in der Sache auf § 1 Abs 4a Verordnung über diätetische Lebensmittel ( idF der Bekanntmachung vom 28.4.2005, BGBl I 1161). Das erhellt aus der Entstehungsgeschichte (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung , BT-Drucks 16/10609 S 50 f zu Nr 1a zu Buchst c, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf § 1 Abs 4a Diätverordnung). Die Regelung begründet auf der Grundlage des § 1 Abs 4a Diätverordnung entsprechend der dortigen Definition der diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einen insoweit umfassenden, aber zugleich auch dadurch begrenzten Leistungsanspruch.

24

Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Regelung, wie er sich aus dem Ausschussbericht (BT-Drucks 16/10609 S 50) ergibt. Denn der Ausschuss empfahl die Einfügung eines Abs 5 in § 31 SGB V, um die Regelungslücke zu schließen, die das Urteil des erkennenden Senats vom 28.2.2008 (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 - "Lorenzos Öl") in der gesetzlichen Konzeption des § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst a Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19.12.1998, BGBl I 3853, und ab 1.7.2008 idF durch Art 5 Nr 3 Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom 14.6.2007, BGBl I 1066 <§ 31 Abs 1 Satz 2 SGB V aF>) aufgezeigt hatte. Hierbei wollte der Gesetzgeber den Leistungsanspruch nicht über den engen Bereich des § 1 Abs 4a Diätverordnung hinaus erweitern.

25

Nach § 1 Abs 4a Satz 1 Diätverordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) im Sinne dieser Verordnung Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen (§ 1 Abs 4a Satz 2 Diätverordnung, im Wesentlichen entsprechend dem Wortlaut des Art 1 Abs 2 Buchst b Richtlinie 1999/21/EG/Kommission vom 25.3.1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, ABl L 91/29 vom 7.4.1999). § 1 Abs 4a Satz 3 Diätverordnung unterteilt bilanzierte Diäten in: 1. vollständige bilanzierte Diäten mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und 2. ergänzende bilanzierte Diäten mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

26

Die vom Kläger begehrte eiweißreduzierte Diätnahrung genügt diesen Anforderungen nicht. Sie wird schon nicht als bilanzierte Diät in Verkehr gebracht. Nach § 21 Abs 1 Diätverordnung ist für bilanzierte Diäten die Bezeichnung "Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät)" Verkehrsbezeichnung im Sinne der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung. Bilanzierte Diäten dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie die Angaben nach Maßgabe des § 21 Abs 2 Satz 2 Diätverordnung enthalten. Daran fehlt es. Die Bezeichnung als eiweißreduzierte Diätnahrung genügt hierfür nicht.

27

Ungeachtet der mangelnden Bezeichnung spricht zudem nichts dafür, dass eiweißreduzierte Diätnahrung der teilweisen Ernährung von Patienten dient, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen, wie es § 1 Abs 4a Satz 2 letzter Halbs Diätverordnung voraussetzt(vgl auch BGH WRP 2009, 300 RdNr 23 ff). Dieses Erfordernis spiegelt sich in den Gesetzesmaterialien zu § 31 Abs 5 SGB V wider, wonach etwa glutenfreie Spezialmehle, lactosefreie Milchprodukte, phenylalaninfreie Fertigprodukte und andere entsprechende Lebensmittel grundsätzlich nicht verordnungsfähig sind. Es bleibt insoweit weiterhin dabei, dass die Versorgung mit Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, sog Krankenkost und anderen diätetischen Lebensmitteln als bilanzierten Diäten grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der GKV gehört (vgl Ausschuss für Gesundheit, BT-Drucks 16/10609 S 51). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine diätetische Ernährung, für die der Verbraucher selber sorgen kann, nicht der Sonderregelung über bilanzierte Diäten unterliegt. Eine ergänzende bilanzierte Diät erfordert in diesem Sinne, dass ihre Nährstoffformulierung nicht durch eine planvolle Nahrungszubereitung im häuslichen Bereich selbst bilanziert werden kann. Sie darf im Hinblick auf die Sicherstellung der Bilanzierung (dh die konkrete Zusammensetzung der Nährstoffe) im betroffenen Ernährungssegment nicht durch die besondere Art der dem Erkrankten oder Pflegepersonen möglichen individuellen Nahrungszubereitung substituierbar sein. Eine Substitution ist hingegen regelmäßig ua dann möglich, wenn Lebensmitteln durch besondere produktionstechnische Verfahren einzelne, die Krankheit auslösende oder verschlimmernde Nahrungsbestandteile, eventuell unter Verwendung von Ersatzstoffen, ganz oder teilweise entzogen worden sind, sie aber als Bestandteile neben anderen "normalen" Lebensmitteln für eine selbst zu bilanzierende Diät verwendet werden.

28

Damit harmoniert, dass diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke den besonderen Ernährungserfordernissen von Personen entsprechen sollen, die an bestimmten Krankheiten, Störungen oder Beschwerden leiden oder aufgrund von ihnen unterernährt sind; daher sind sie unter ärztlicher Aufsicht, gegebenenfalls mit Unterstützung anderer kompetenter Angehöriger der Heilberufe, zu verwenden (vgl Erwägungsgrund 1 der Richtlinie 1999/21/EG). Da hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie unter Berücksichtigung ihrer Erwägungsgründe keine vernünftigen Zweifel bestehen, ist insoweit eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art 234 EG/Art 267 AEUV nicht erforderlich (stRspr; vgl EuGH Urteil vom 6.10.1982 - 283/81 - EuGHE 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 - CILFIT).

29

Diese Grundsätze greifen auch insoweit, als ein Ernährungssegment - hier die eiweißreduzierte Diätnahrung - betroffen ist, das seinerseits in Gestalt von Aminosäuremischungen durch eine bilanzierte, der Erkrankung angepasste Nährstoffformulierung ergänzt werden muss. Die eiweißreduzierte Ernährung bedeutet einen Verzicht auf eiweißreiche Lebensmittel, wie Milch, Milchprodukte (Quark, Käse, Joghurt, Schokolade), Fleisch, Wurst, Fisch, Meeresfrüchte, Eier, Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen), Mais, Nüsse, Mandeln, Cornflakes, Gries, normales Brot, Kekse und gelatinehaltige Süßigkeiten. Dagegen können bei der Ahornsirupkrankheit entsprechend der berechneten Menge der Aminosäure Leucin in den Lebensmitteln zB Obst, Gemüse, Kartoffeln und Kartoffelprodukte, Reis, Sahneersatzprodukte, eiweißarme Nudeln, eiweißarmes Brot, Brötchen, Kuchen, Waffeln, eiweißarme Milch, Obstsäfte und Apfelmus sowie nach Bedarf Wasser, Limonade, Kaffee, Tee, verdünnter Fruchtsirup, KABA fit Banane/Vanille, Erdbeere/Himbeere, Margarine, Öl, Butter, Zucker, Zuckerwatte, Traubenzucker, Süßigkeiten ohne Gelatine, Kaugummi, Wassereis, Honig, Marmelade und Konfitüre verzehrt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der erkrankte Versicherte - wie hier - gezwungen sein kann, die Nahrungszubereitung und -aufnahme sorgfältig zu planen und zu überwachen, um eine Stoffwechselentgleisung zu vermeiden.

30

b) Der Kläger hat auch für die vorangegangene Zeit vom Erreichen der Volljährigkeit im Juni 2006 bis 31.12.2008 keinen Anspruch auf eiweißarme Diät aus § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V aF iVm Nr 15.2.5 Satz 3 Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und KKn (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (idF der - im Wege der Ersatzvornahme durch das BGMS erfolgten - Bekanntmachung einer Änderung der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom 25.8.2005, BAnz Nr 165 vom 1.9.2005 S 13241, ). Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass Nr 15.2.5 Satz 3 AMRL aF mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage nichtig ist (vgl nur BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 43 ff - "Lorenzos Öl"). Daran hält er fest.

31

c) Der Kläger hat schließlich für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 keinen Anspruch auf eine eiweißarme Diät aus der Übergangsregelung des § 316 SGB V(GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426, in Kraft getreten am 1.1.2009; vgl Art 7 Abs 1 GKV-OrgWG). Der Gesetzgeber hat darin angeordnet, dass Versicherte bis zur Veröffentlichung der Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte nach § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V im Bundesanzeiger Anspruch auf enterale Ernährung nach Maßgabe des Kapitels E der AM-RL idF vom 25.8.2005 haben. Ziel der Übergangsvorschrift ist es lediglich, für die Zeit ab Inkrafttreten des § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V (1.1.2009) bis zum Tag der Veröffentlichung der Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte im Bundesanzeiger (31.3.2009) im Vorgriff auf diese Veröffentlichung eine intermediäre Anspruchsgrundlage zu schaffen (vgl BT-Drucks 16/10609 S 63). Der Gesetzgeber wollte mit § 316 SGB V dagegen nicht einen Anspruch begründen, der über die in § 31 Abs 5 SGB V geschaffene Ermächtigung hinausgeht. Nach § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V besteht jedoch - wie oben dargelegt(vgl II. 2. a) - kein Anspruch auf "normale" Diätnahrungsmittel, die nicht die Qualität von bilanzierten Diäten haben. Nur in diesem engen Rahmen gilt übergangsweise Nr 15.2.5 Satz 3 AMRL aF.

32

3. Eiweißreduzierte Diätnahrung ist auch weder Heil- (dazu a) noch Hilfsmittel (dazu b).

33

a) Heilmittel iS von § 32 SGB V sind alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen(vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 50 mwN - "Lorenzos Öl"). Die eiweißreduzierte Diätnahrung wird nicht als Dienstleistung verordnet, sondern als Arznei- oder Lebensmittel verabreicht.

34

b) Eiweißreduzierte Diätnahrung ist ebenso wenig Hilfsmittel iS von § 33 Abs 1 SGB V. Hilfsmittel sind alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der notwendigen Änderung, Instandhaltung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel. Zwar ließe sich bei einem weiten sprachlichen Verständnis eiweißreduzierte Diätnahrung als Sache ansehen, die die Funktion hat, Gesundheitsschäden durch MSUD zu verhindern und dadurch den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern. Ein solches Gesetzesverständnis würde aber die Gesetzessystematik vernachlässigen, welche Arzneimittel, Ernährungstherapien, Nahrungsergänzungsmittel und Nahrungsmittel einer eigenständigen Regelung in § 31 SGB V unterworfen hat(vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 51-52 mwN - "Lorenzos Öl").

35

4. Die fehlende Einbeziehung von Lebensmitteln in den Leistungskatalog der GKV, die nicht die Qualität von bilanzierten Diäten haben, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

36

a) Die nach § 31 Abs 5 SGB V gesetzlich nur eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs der GKV für Nahrungsmittel beruht auf sachgerechten Gründen, ohne dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG zu widersprechen(zu den Anforderungen vgl allgemein BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfG Urteil vom 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - NJW 2007, 1343 f; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 4 RdNr 9 mwN). Die KKn sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 28 f mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - "Lorenzos Öl"). Das SGB V hat vielmehr Lebensmittel grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen, sie also dem Bereich der Eigenverantwortung der Versicherten (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) zugerechnet, mag hierfür den Versicherten auch krankheitsbedingt ein Mehraufwand entstehen. Damit vermeidet es nicht nur Abgrenzungsprobleme, die nach dem früheren Recht der RVO entstehen konnten, sondern trägt der begrenzten Aufgabenstellung der GKV Rechnung, sich auf gezielte Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung zu beschränken (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - "Lorenzos Öl"; vgl auch BVerfG Beschluss 1. Senat 3. Kammer vom 17.11.2010 - 1 BvR 556/09). Die Einbeziehung bilanzierter Diäten in sachlich besonders eingegrenzten Fällen beruht auf der sachlichen Nähe dieser Diäten zu Arzneimitteln. So ist etwa der Nachweis, dass eine bilanzierte Diät wirksam in dem Sinne ist, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen entspricht, für die sie bestimmt ist, durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu führen. Eine nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellte, in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ist für den Wirksamkeitsnachweis grundsätzlich ausreichend (vgl BGH NJW-RR 2009, 110, LS 1).

37

Entgegen der Auffassung des Klägers ist er auch nicht denjenigen Versicherten gleichzustellen, die eine Trink- oder Sondennahrung benötigen. Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch nicht deswegen verletzt, weil er bei der MSUD keine oder kaum Ausweichmöglichkeiten hat, also nicht nur gezwungen ist, bestimmte Nahrungsbestandteile lediglich zu meiden und zum Ausgleich andere, natürlich vorkommende Lebensmittel zu wählen, sondern ganz überwiegend auf speziell produzierte eiweißreduzierte Diätnahrung angewiesen ist. Die Fälle, in denen Trink- oder Sondennahrung medizinisch notwendig ist, sind jedoch schon nicht wesentlich gleich mit einer Fallgestaltung, wie sie beim Kläger anzutreffen ist. Versicherte, die eine Trink- oder Sondennahrung benötigen, befinden sich in einem bis zur Hilflosigkeit reichenden Zustand der gesteigerten Abhängigkeit von künstlicher Ernährung. Zugleich ist diese Art der Nahrungszuführung regelhaft in einen ausgeprägten medizinisch-technischen Behandlungskontext eingebettet, der eine natürliche Nahrungsaufnahme ganz oder teilweise ausschließt.

38

b) Die gesetzliche Konzeption, Lebensmittel, die nicht die Qualität bilanzierter Diäten erreichen - hier eiweißreduzierte Diätnahrung - innerhalb der GKV der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) zuzuweisen, führt auch nicht zu unzumutbaren, verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Belastungen der Versicherten (vgl zum verfassungsrechtlichen Schutz des Existenzminimums BVerfGE 125, 175, 223 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 135; BSGE 100, 221 = SozR 4-2500 § 62 Nr 6, RdNr 31; BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 108/10 R - BSGE 107, 217 RdNr 33, zur Veröffentlichung auch in SozR vorgesehen). Allerdings begründet es nach der gesetzlichen Konzeption keinen Anspruch gegen die GKV, dass ein Versicherter wirtschaftlich nicht hinreichend leistungsfähig ist, sich selbst mit Lebensmitteln und einfacher Diätnahrung zu versorgen, selbst wenn dies zur Vermeidung schwerwiegender gesundheitlicher Störungen oder des Todes unverzichtbar ist. Das Gesetz sieht indes bei fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit insoweit Ansprüche gegen die Sozialleistungsträger vor, zu deren Aufgaben die Existenzsicherung des Einzelnen im Falle der Bedürftigkeit zählt. Das trifft hier namentlich auf die SGB II- und die SGB XII-Leistungsträger zu (vgl § 21 Abs 5 SGB II, § 30 Abs 5 SGB XII und dazu zB BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - RdNr 24; BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, RdNr 39 ff; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28).

39

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) Bedarfsgegenstände sind

1.
Materialien und Gegenstände im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
2.
Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen,
3.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit den Schleimhäuten des Mundes in Berührung zu kommen,
4.
Gegenstände, die zur Körperpflege bestimmt sind,
5.
Spielwaren und Scherzartikel,
6.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, wie Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche, Masken, Perücken, Haarteile, künstliche Wimpern, Armbänder,
7.
Reinigungs- und Pflegemittel, die für den häuslichen Bedarf oder für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 1 bestimmt sind,
8.
Imprägnierungsmittel und sonstige Ausrüstungsmittel für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 6, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
9.
Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Bedarfsgegenstände sind nicht
1.
Gegenstände, die
a)
nach § 2 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel gelten,
b)
nach Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung als Medizinprodukte oder als Zubehör für Medizinprodukte gelten,
c)
nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014 (ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22; L 305 vom 21.11.2015, S. 55) geändert worden ist, Biozid-Produkte sind,
2.
die in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 genannten Materialien und Gegenstände, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien und Wasserversorgungsanlagen,
3.
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne von § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes.

(1) Fertigarzneimittel, die sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befinden, gelten als zugelassen, wenn sie sich am 1. September 1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 eingetragen werden.

(2) Fertigarzneimittel nach Absatz 1 müssen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem 1. Januar 1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Bei der Anzeige homöopathischer Arzneimittel kann die Mitteilung der Anwendungsgebiete entfallen. Eine Ausfertigung der Anzeige ist der zuständigen Behörde unter Mitteilung der vorgeschriebenen Angaben zu übersenden. Die Fertigarzneimittel dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht.

(3) Die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels erlischt abweichend von § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 am 30. April 1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist. § 31 Abs. 4 Satz 1 findet auf die Zulassung nach Satz 1 Anwendung, sofern die Erklärung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis zum 31. Januar 2001 abgegeben wird.

(3a) Bei Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 ist bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung eine Änderung nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, soweit sie die Anwendungsgebiete betrifft, und Nr. 3 nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist; im Übrigen findet auf Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 keine Anwendung. Ein Fertigarzneimittel nach Absatz 1, das nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, darf bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung abweichend von § 29 Abs. 3

1.
in geänderter Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art und Menge, wenn die Änderung sich darauf beschränkt, dass ein oder mehrere bislang enthaltene arzneilich wirksame Bestandteile nach der Änderung nicht mehr oder in geringerer Menge enthalten sind,
2.
mit geänderter Menge des arzneilich wirksamen Bestandteils und innerhalb des bisherigen Anwendungsbereiches mit geänderter Indikation, wenn das Arzneimittel insgesamt dem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis angepasst wird,
3.
(weggefallen)
4.
mit geänderter Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile, soweit es sich um ein Arzneimittel mit mehreren wirksamen Bestandteilen handelt, deren Anzahl verringert worden ist, oder
5.
mit geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile ohne Erhöhung ihrer Anzahl innerhalb des gleichen Anwendungsbereichs und der gleichen Therapierichtung, wenn das Arzneimittel insgesamt einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis oder einem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Muster für ein Arzneimittel angepasst und das Arzneimittel durch die Anpassung nicht verschreibungspflichtig wird,
in den Verkehr gebracht werden; eine Änderung ist nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist. Der pharmazeutische Unternehmer hat die Änderung anzuzeigen und im Falle einer Änderung der Zusammensetzung die bisherige Bezeichnung des Arzneimittels mindestens für die Dauer von fünf Jahren mit einem deutlich unterscheidenden Zusatz, der Verwechslungen mit der bisherigen Bezeichnung ausschließt, zu versehen. Nach einer Frist von sechs Monaten nach der Anzeige darf der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel nur noch in der geänderten Form in den Verkehr bringen. Hat die zuständige Bundesoberbehörde für bestimmte Arzneimittel durch Auflage nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 die Verwendung einer Packungsbeilage mit einheitlichem Wortlaut vorgeschrieben, darf das Arzneimittel bei Änderungen nach Satz 2 Nr. 2 abweichend von § 109 Abs. 2 nur mit einer Packungsbeilage nach § 11 in den Verkehr gebracht werden.

(4) Dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung sind abweichend von § 31 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 beizufügen. Den Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3a sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 bestimmt die zuständige Bundesoberbehörde im Einzelnen. Auf Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde sind ferner Unterlagen einzureichen, die die ausreichende biologische Verfügbarkeit der arzneilich wirksamen Bestandteile des Arzneimittels belegen, sofern das nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist. Ein bewertendes Sachverständigengutachten ist beizufügen. § 22 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 bis 7 und § 23 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 bis 5 sind innerhalb von vier Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.

(4a) Zu dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 sind die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie die Gutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 bis zum 1. Februar 2001 nachzureichen, soweit diese Unterlagen nicht bereits vom Antragsteller vorgelegt worden sind; § 22 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Satz 1 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Für Vollblut, Plasma und Blutzellen menschlichen Ursprungs bedarf es abweichend von Satz 1 nicht der Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 sowie des Gutachtens nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, es sei denn, dass darin Stoffe enthalten sind, die nicht im menschlichen Körper vorkommen. Ausgenommen in den Fällen des § 109a erlischt die Zulassung, wenn die in den Sätzen 1 bis 3 genannten Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht worden sind.

(4b) (weggefallen)

(4c) Ist das Arzneimittel nach Absatz 3 bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG zugelassen, ist die Verlängerung der Zulassung zu erteilen, wenn

1.
sich das Arzneimittel in dem anderen Mitgliedstaat im Verkehr befindet und
2.
der Antragsteller
a)
alle in § 22 Abs. 6 vorgesehenen Angaben macht und die danach erforderlichen Kopien beifügt und
b)
schriftlich erklärt, dass die eingereichten Unterlagen nach den Absätzen 4 und 4a mit den Zulassungsunterlagen übereinstimmen, auf denen die Zulassung in dem anderen Mitgliedstaat beruht,
es sei denn, dass die Verlängerung der Zulassung des Arzneimittels eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen kann.

(4d) Dem Antrag auf Registrierung sind abweichend von § 38 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 beizufügen. Die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15 und Abs. 2 Nr. 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 sind der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung einzureichen. § 22 Abs. 4 bis 7 mit Ausnahme des Entwurfs einer Fachinformation findet entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 und 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.

(4e) Für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder Registrierung nach Absatz 3 Satz 1 finden § 25 Abs. 5 Satz 5 und § 39 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(4f) Die Zulassung nach Absatz 1 ist auf Antrag nach Absatz 3 Satz 1 um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 vorliegt; für weitere Verlängerungen findet § 31 Anwendung. Die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) sind zu berücksichtigen.

(4g) Bei Arzneimitteln, die Blutzubereitungen sind, findet § 25 Abs. 8 entsprechende Anwendung.

(5) Bei Beanstandungen hat der Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von zwölf Monaten nach Mitteilung der Beanstandungen, den Mängeln abzuhelfen; die Mängelbeseitigung ist in einem Schriftsatz darzulegen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Die zuständige Bundesbehörde hat in allen geeigneten Fällen keine Beanstandung nach Satz 1 erster Halbsatz auszusprechen, sondern die Verlängerung der Zulassung auf der Grundlage des Absatzes 5a Satz 1 und 2 mit einer Auflage zu verbinden, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, die Mängel innerhalb einer von ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmenden Frist zu beheben.

(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 mit Auflagen verbinden. Auflagen können neben der Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 genannten Anforderungen auch die Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit zum Inhalt haben, es sei denn, dass wegen gravierender Mängel der pharmazeutischen Qualität, der Wirksamkeit oder der Unbedenklichkeit Beanstandungen nach Absatz 5 mitgeteilt oder die Verlängerung der Zulassung versagt werden muss. Im Bescheid über die Verlängerung ist anzugeben, ob der Auflage unverzüglich oder bis zu einem von der zuständigen Bundesoberbehörde festgelegten Zeitpunkt entsprochen werden muss. Die Erfüllung der Auflagen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung eines unabhängigen Gegensachverständigen mitzuteilen, in der bestätigt wird, dass die Qualität des Arzneimittels dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. § 25 Abs. 5 Satz 5, 6 und 8 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative gelten entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten entsprechend für die Registrierung nach Absatz 3 Satz 1.

(5b) Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 nicht statt. Die sofortige Vollziehung soll nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5c) Abweichend von Absatz 3 Satz 1 erlischt die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bis zum 31. Dezember 1999 erklärt hat, dass er den Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 zurücknimmt am 1. Februar 2001, es sei denn, das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung ist nach Satz 2 wieder aufzugreifen. Hatte der pharmazeutische Unternehmer nach einer vor dem 17. August 1994 ausgesprochenen Anforderung nach Absatz 4 Satz 2 die nach Absatz 4 erforderlichen Unterlagen fristgerecht eingereicht oder lag der Einreichungszeitpunkt für das betreffende Arzneimittel nach diesem Datum oder ist die Anforderung für das betreffende Arzneimittel erst nach diesem Datum ausgesprochen worden, so ist das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung von der zuständigen Bundesoberbehörde auf seinen Antrag wieder aufzugreifen; der Antrag ist bis zum 31. Januar 2001 unter Vorlage der Unterlagen nach Absatz 4a Satz 1 zu stellen.

(5d) Die Absatz 3 Satz 2 und Absätze 3a bis 5c gelten entsprechend für Arzneimittel, für die gemäß § 4 Abs. 2 der EG-Rechts-Überleitungsverordnung vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2915) Anlage 3 zu § 2 Nr. 2 Kapitel II Nr. 1 und 2 bis zum 30. Juni 1991 ein Verlängerungsantrag gestellt wurde.

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Fertigarzneimittel, die sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befinden, gelten als zugelassen, wenn sie sich am 1. September 1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 eingetragen werden.

(2) Fertigarzneimittel nach Absatz 1 müssen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem 1. Januar 1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Bei der Anzeige homöopathischer Arzneimittel kann die Mitteilung der Anwendungsgebiete entfallen. Eine Ausfertigung der Anzeige ist der zuständigen Behörde unter Mitteilung der vorgeschriebenen Angaben zu übersenden. Die Fertigarzneimittel dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht.

(3) Die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels erlischt abweichend von § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 am 30. April 1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist. § 31 Abs. 4 Satz 1 findet auf die Zulassung nach Satz 1 Anwendung, sofern die Erklärung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis zum 31. Januar 2001 abgegeben wird.

(3a) Bei Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 ist bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung eine Änderung nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, soweit sie die Anwendungsgebiete betrifft, und Nr. 3 nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist; im Übrigen findet auf Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 keine Anwendung. Ein Fertigarzneimittel nach Absatz 1, das nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, darf bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung abweichend von § 29 Abs. 3

1.
in geänderter Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art und Menge, wenn die Änderung sich darauf beschränkt, dass ein oder mehrere bislang enthaltene arzneilich wirksame Bestandteile nach der Änderung nicht mehr oder in geringerer Menge enthalten sind,
2.
mit geänderter Menge des arzneilich wirksamen Bestandteils und innerhalb des bisherigen Anwendungsbereiches mit geänderter Indikation, wenn das Arzneimittel insgesamt dem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis angepasst wird,
3.
(weggefallen)
4.
mit geänderter Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile, soweit es sich um ein Arzneimittel mit mehreren wirksamen Bestandteilen handelt, deren Anzahl verringert worden ist, oder
5.
mit geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile ohne Erhöhung ihrer Anzahl innerhalb des gleichen Anwendungsbereichs und der gleichen Therapierichtung, wenn das Arzneimittel insgesamt einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis oder einem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Muster für ein Arzneimittel angepasst und das Arzneimittel durch die Anpassung nicht verschreibungspflichtig wird,
in den Verkehr gebracht werden; eine Änderung ist nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist. Der pharmazeutische Unternehmer hat die Änderung anzuzeigen und im Falle einer Änderung der Zusammensetzung die bisherige Bezeichnung des Arzneimittels mindestens für die Dauer von fünf Jahren mit einem deutlich unterscheidenden Zusatz, der Verwechslungen mit der bisherigen Bezeichnung ausschließt, zu versehen. Nach einer Frist von sechs Monaten nach der Anzeige darf der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel nur noch in der geänderten Form in den Verkehr bringen. Hat die zuständige Bundesoberbehörde für bestimmte Arzneimittel durch Auflage nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 die Verwendung einer Packungsbeilage mit einheitlichem Wortlaut vorgeschrieben, darf das Arzneimittel bei Änderungen nach Satz 2 Nr. 2 abweichend von § 109 Abs. 2 nur mit einer Packungsbeilage nach § 11 in den Verkehr gebracht werden.

(4) Dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung sind abweichend von § 31 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 beizufügen. Den Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3a sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 bestimmt die zuständige Bundesoberbehörde im Einzelnen. Auf Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde sind ferner Unterlagen einzureichen, die die ausreichende biologische Verfügbarkeit der arzneilich wirksamen Bestandteile des Arzneimittels belegen, sofern das nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist. Ein bewertendes Sachverständigengutachten ist beizufügen. § 22 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 bis 7 und § 23 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 bis 5 sind innerhalb von vier Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.

(4a) Zu dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 sind die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie die Gutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 bis zum 1. Februar 2001 nachzureichen, soweit diese Unterlagen nicht bereits vom Antragsteller vorgelegt worden sind; § 22 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Satz 1 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Für Vollblut, Plasma und Blutzellen menschlichen Ursprungs bedarf es abweichend von Satz 1 nicht der Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 sowie des Gutachtens nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, es sei denn, dass darin Stoffe enthalten sind, die nicht im menschlichen Körper vorkommen. Ausgenommen in den Fällen des § 109a erlischt die Zulassung, wenn die in den Sätzen 1 bis 3 genannten Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht worden sind.

(4b) (weggefallen)

(4c) Ist das Arzneimittel nach Absatz 3 bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG zugelassen, ist die Verlängerung der Zulassung zu erteilen, wenn

1.
sich das Arzneimittel in dem anderen Mitgliedstaat im Verkehr befindet und
2.
der Antragsteller
a)
alle in § 22 Abs. 6 vorgesehenen Angaben macht und die danach erforderlichen Kopien beifügt und
b)
schriftlich erklärt, dass die eingereichten Unterlagen nach den Absätzen 4 und 4a mit den Zulassungsunterlagen übereinstimmen, auf denen die Zulassung in dem anderen Mitgliedstaat beruht,
es sei denn, dass die Verlängerung der Zulassung des Arzneimittels eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen kann.

(4d) Dem Antrag auf Registrierung sind abweichend von § 38 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 beizufügen. Die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15 und Abs. 2 Nr. 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 sind der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung einzureichen. § 22 Abs. 4 bis 7 mit Ausnahme des Entwurfs einer Fachinformation findet entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 und 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.

(4e) Für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder Registrierung nach Absatz 3 Satz 1 finden § 25 Abs. 5 Satz 5 und § 39 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(4f) Die Zulassung nach Absatz 1 ist auf Antrag nach Absatz 3 Satz 1 um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 vorliegt; für weitere Verlängerungen findet § 31 Anwendung. Die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) sind zu berücksichtigen.

(4g) Bei Arzneimitteln, die Blutzubereitungen sind, findet § 25 Abs. 8 entsprechende Anwendung.

(5) Bei Beanstandungen hat der Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von zwölf Monaten nach Mitteilung der Beanstandungen, den Mängeln abzuhelfen; die Mängelbeseitigung ist in einem Schriftsatz darzulegen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Die zuständige Bundesbehörde hat in allen geeigneten Fällen keine Beanstandung nach Satz 1 erster Halbsatz auszusprechen, sondern die Verlängerung der Zulassung auf der Grundlage des Absatzes 5a Satz 1 und 2 mit einer Auflage zu verbinden, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, die Mängel innerhalb einer von ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmenden Frist zu beheben.

(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 mit Auflagen verbinden. Auflagen können neben der Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 genannten Anforderungen auch die Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit zum Inhalt haben, es sei denn, dass wegen gravierender Mängel der pharmazeutischen Qualität, der Wirksamkeit oder der Unbedenklichkeit Beanstandungen nach Absatz 5 mitgeteilt oder die Verlängerung der Zulassung versagt werden muss. Im Bescheid über die Verlängerung ist anzugeben, ob der Auflage unverzüglich oder bis zu einem von der zuständigen Bundesoberbehörde festgelegten Zeitpunkt entsprochen werden muss. Die Erfüllung der Auflagen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung eines unabhängigen Gegensachverständigen mitzuteilen, in der bestätigt wird, dass die Qualität des Arzneimittels dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. § 25 Abs. 5 Satz 5, 6 und 8 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative gelten entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten entsprechend für die Registrierung nach Absatz 3 Satz 1.

(5b) Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 nicht statt. Die sofortige Vollziehung soll nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5c) Abweichend von Absatz 3 Satz 1 erlischt die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bis zum 31. Dezember 1999 erklärt hat, dass er den Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 zurücknimmt am 1. Februar 2001, es sei denn, das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung ist nach Satz 2 wieder aufzugreifen. Hatte der pharmazeutische Unternehmer nach einer vor dem 17. August 1994 ausgesprochenen Anforderung nach Absatz 4 Satz 2 die nach Absatz 4 erforderlichen Unterlagen fristgerecht eingereicht oder lag der Einreichungszeitpunkt für das betreffende Arzneimittel nach diesem Datum oder ist die Anforderung für das betreffende Arzneimittel erst nach diesem Datum ausgesprochen worden, so ist das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung von der zuständigen Bundesoberbehörde auf seinen Antrag wieder aufzugreifen; der Antrag ist bis zum 31. Januar 2001 unter Vorlage der Unterlagen nach Absatz 4a Satz 1 zu stellen.

(5d) Die Absatz 3 Satz 2 und Absätze 3a bis 5c gelten entsprechend für Arzneimittel, für die gemäß § 4 Abs. 2 der EG-Rechts-Überleitungsverordnung vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2915) Anlage 3 zu § 2 Nr. 2 Kapitel II Nr. 1 und 2 bis zum 30. Juni 1991 ein Verlängerungsantrag gestellt wurde.

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

Es ist der Zweck dieses Gesetzes, im Interesse einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel, nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu sorgen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die folgenden Arzneimittel dürfen nur bei Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung oder einer tierärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden:

1.
Arzneimittel, die durch Rechtsverordnung nach Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, bestimmte Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände sind oder denen solche Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zugesetzt sind, sowie
2.
Arzneimittel, die
a)
Stoffe enthalten, deren Wirkungen in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt sind,
b)
Zubereitungen von Stoffen im Sinne des Buchstaben a enthalten oder
c)
Zubereitungen aus in ihren Wirkungen allgemein bekannten Stoffen sind, wenn
aa)
die Wirkungen dieser Zubereitungen weder in der medizinischen Wissenschaft allgemein bekannt noch nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform oder Anwendungsgebiet der Zubereitung bestimmbar sind und
bb)
diese Zubereitungen nicht außerhalb der Apotheken abgegeben werden dürfen.
Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für die Abgabe durch Apotheken zur Ausstattung der Kauffahrteischiffe im Hinblick auf die Arzneimittel, die auf Grund seearbeitsrechtlicher Vorschriften für den Schutz der Gesundheit der Personen an Bord und deren unverzügliche angemessene medizinische Betreuung an Bord erforderlich sind. An die Stelle der Verschreibungspflicht nach Satz 1 Nummer 2 tritt mit der Aufnahme des betreffenden Stoffes oder der betreffenden Zubereitung in die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Nummer 1 die Verschreibungspflicht nach der Rechtsverordnung.

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu bestimmen, bei denen die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 vorliegen,
2.
Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände zu bestimmen,
a)
die die Gesundheit des Menschen auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch unmittelbar oder mittelbar gefährden können, wenn sie ohne ärztliche oder zahnärztliche Überwachung angewendet werden, oder
b)
die häufig in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß gebraucht werden, wenn dadurch die menschliche Gesundheit unmittelbar oder mittelbar gefährdet werden kann,
3.
die Verschreibungspflicht für Arzneimittel aufzuheben, wenn auf Grund der bei der Anwendung des Arzneimittels gemachten Erfahrungen die Voraussetzungen nach Nummer 2 nicht oder nicht mehr vorliegen, bei Arzneimitteln nach Nummer 1 kann frühestens drei Jahre nach Inkrafttreten der zugrunde liegenden Rechtsverordnung die Verschreibungspflicht aufgehoben werden,
4.
für Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen vorzuschreiben, dass sie nur abgegeben werden dürfen, wenn in der Verschreibung bestimmte Höchstmengen für den Einzel- und Tagesgebrauch nicht überschritten werden oder wenn die Überschreitung vom Verschreibenden ausdrücklich kenntlich gemacht worden ist,
5.
zu bestimmen, ob und wie oft ein Arzneimittel auf dieselbe Verschreibung wiederholt abgegeben werden darf,
6.
vorzuschreiben, dass ein Arzneimittel nur auf eine Verschreibung von Ärzten eines bestimmten Fachgebietes oder zur Anwendung in für die Behandlung mit dem Arzneimittel zugelassenen Einrichtungen abgegeben werden darf oder über die Verschreibung, Abgabe und Anwendung Nachweise geführt werden müssen,
7.
Vorschriften über die Form und den Inhalt der Verschreibung, einschließlich der Verschreibung in elektronischer Form, zu erlassen.
Die Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 2 bis 7 werden nach Anhörungen von Sachverständigen erlassen, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel, die nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen sind oder die solchen Arzneimitteln im Hinblick auf Wirkstoff, Indikation, Wirkstärke und Darreichungsform entsprechen. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 Nummer 7 kann für Arzneimittel, deren Verschreibung die Beachtung besonderer Sicherheitsanforderungen erfordert, vorgeschrieben werden, dass
1.
die Verschreibung nur auf einem amtlichen Formblatt, das von der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung eines Arztes entweder ausgegeben oder in elektronischer Form zur Verfügung gestellt wird, erfolgen darf,
2.
das Formblatt Angaben zur Anwendung sowie Bestätigungen enthalten muss, insbesondere zu Aufklärungspflichten über Anwendung und Risiken des Arzneimittels, und
3.
eine Durchschrift der Verschreibung durch die Apotheke an die zuständige Bundesoberbehörde zurückzugeben ist oder die in elektronischer Form erfolgte Verschreibung der Bundesoberbehörde als elektronische Kopie automatisiert übermittelt wird.

(3) Die Rechtsverordnung nach Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, kann auf bestimmte Dosierungen, Potenzierungen, Darreichungsformen, Fertigarzneimittel oder Anwendungsbereiche beschränkt werden. Ebenso kann eine Ausnahme von der Verschreibungspflicht für die Abgabe an Hebammen und Entbindungspfleger vorgesehen werden, soweit dies für eine ordnungsgemäße Berufsausübung erforderlich ist. Die Beschränkung auf bestimmte Fertigarzneimittel nach Satz 1 erfolgt, wenn gemäß Artikel 74a der Richtlinie 2001/83/EG die Aufhebung der Verschreibungspflicht auf Grund signifikanter vorklinischer oder klinischer Versuche erfolgt ist; dabei ist der nach Artikel 74a vorgesehene Zeitraum von einem Jahr zu beachten.

(4) (weggefallen)

(5) Die Rechtsverordnung ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit es sich um radioaktive Arzneimittel und um Arzneimittel handelt, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet werden.

(6) (weggefallen)

Arzneimittel,

1.
die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung bestimmte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder
2.
die Zubereitungen aus den in der Anlage 1 bestimmten Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder
3.
denen die unter Nummer 1 oder 2 genannten Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zugesetzt sind
dürfen nur bei Vorliegen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung abgegeben werden (verschreibungspflichtige Arzneimittel), soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2010 aufgehoben. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. April 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der hälftigen Kosten für eine Maßnahme der künstlichen Befruchtung durch eine Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) im August 2006.

2

Bei der ICSI werden nach Hormonbehandlung durch Follikelpunktion gewonnene Eizellen durch Einführung eines Spermiums mit Hilfe einer mikroskopischen Nadel befruchtet und der so erzeugte Embryo in den Körper der Frau übertragen (Embryotransfer). Der 1963 geborene Kläger und die 1967 geborene Klägerin, seine Ehefrau, sind bei der beklagten Ersatzkrankenkasse (ErsK) versichert. Der Kläger leidet an einer Oligoasthenozoospermie (herabgesetzte Zahl und Beweglichkeit der Spermien). Seine Spermiogramme vom 29.10.2003, 3.12.2003 und 13.4.2005 wiesen keine Angaben zu Gesamtmotilität sowie Form der Spermien, jeweils Spermienkonzentrationen von 1,87, 0,31 und 1,56 Mio/ml (Nativsperma) und eine Progressivmotilität von 25 %, 25 % und 66 % aus. Deshalb beantragte der Kläger zugleich auch für seine Ehefrau im Juni 2005 die Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung mittels ICSI. Angesichts der geringen Spermienkonzentration von unter 10 Mio/ml habe nämlich eine IVF (In-Vitro-Fertilisation) keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Voraussetzungen der Richtlinien über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (idF vom 26.2.2002, BAnz Nr 92 vom 22.5.2002, S 10941, ) nicht gegeben seien. Eine Behandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) komme mithin nicht in Betracht (Bescheid vom 19.7.2005, Widerspruchsbescheid vom 14.12.2005). Die Eheleute ließen ua im August 2006 eine ICSI-Behandlung durchführen, für die sie Kosten von 6052,52 Euro trugen.

3

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.4.2008). Auf die Berufung der Kläger hat das LSG antragsgemäß die Beklagte verurteilt, 3026,26 Euro (die Hälfte der Kosten der ICSI-Behandlung von August 2006) an die Kläger zu zahlen. Es hat zur Begründung ua ausgeführt: Nach Nr 11.5 der RL über künstliche Befruchtung seien zwar die Voraussetzungen für eine Behandlung mittels ICSI nicht gegeben, weil die bei uneinheitlichen Befunden entscheidende Progressivmotilität die RL-Grenzwerte nicht unterschritten habe. Die RL über künstliche Befruchtung seien hinsichtlich der Grenzwerte für die Progressivmotilität indessen nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Es bestehe eine Lücke, die den Wertungen des § 27a SGB V widerspreche. Denn bei Spermienkonzentrationen von unter 5 Mio/ml seien nach den Angaben des medizinischen Sachverständigen ca 95 % der Labore nicht bereit, Versicherte einer Behandlung allein mittels IVF zu unterziehen, weil dies aussichtslos sei. Liege aber gleichzeitig eine Progressivmotilität von 25 % und mehr vor, seien diese Versicherten auch von einer Behandlung mittels ICSI ausgeschlossen, weil insoweit die nach den RL über künstliche Befruchtung maßgeblichen Grenzwerte überschritten seien. Unlogische und unhaltbare Zustände seien die Folge. Wenn nämlich von nur 10 Spermien/ml sich zwei Spermien schnell bewegten, läge eine Progression von 20 % vor und sei die Indikation für eine Behandlung mittels ICSI nicht erfüllt. Umgekehrt sei die Indikation für ICSI bei 15 % von 9 Mio/ml (1 350 000) erfüllt, nicht jedoch beim Kläger mit Werten von 467 500 (25 % von 1,87 Mio) bzw 77 500 (25 % von 0,31 Mio). Bei derart geringen Konzentrationen spiele nach den Angaben des medizinischen Sachverständigen die Motilität und Morphologie für ICSI keine entscheidende Rolle (Urteil vom 20.5.2010).

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 27a SGB V iVm § 12 Abs 1 und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V. Neben den speziellen Wertungen des § 27a SGB V seien die allgemeinen Anforderungen an Leistungen der GKV und insbesondere das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Deshalb habe die höchstrichterliche Rechtsprechung die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) herausgestellt, die Indikationen für eine Behandlung mittels ICSI zu präzisieren. Das BSG habe betont, dass zu Beschränkungen in dieser Hinsicht Anlass bestehen könne, weil die ICSI im Verhältnis zur konventionellen IVF offenbar erheblich öfter angewandt werde, als es nach der statistischen Verteilung von Fertilitätsstörungen in der männlichen bzw auch weiblichen Bevölkerung zu erwarten wäre. Der GBA habe in den Grenzen seiner Rechtsetzungsbefugnis entschieden und aufgrund der verwendeten algebraischen Termini eine präzise und lückenlose Grenzziehung auf der Basis der medizinischen Einschätzung vorgenommen, dass es für eine ICSI-Indikation auf die Beweglichkeit der Spermien ankomme. Das LSG habe seinen richterlichen Beurteilungsspielraum überschritten, indem es gegenteilige medizinische Schlussfolgerungen an die Stelle der Wertungen des GBA gesetzt habe. Eine Schwangerschaft werde bekanntermaßen durch ein einziges Spermium herbeigeführt.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2010 aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. April 2008 zurückzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht hat das LSG das SG-Urteil und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte dazu verurteilt, 3026,26 Euro zu zahlen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erstattung der Hälfte der Kosten für die Maßnahme der künstlichen Befruchtung mittels ICSI im August 2006.

9

1. Streitgegenstand ist allein der Anspruch auf Erstattung von 3026,26 Euro unter Aufhebung des aufgrund eines gesonderten Leistungsantrags vom 23.6.2005 hin ergangenen Bescheides vom 19.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2005. Zutreffend ist die Beklagte von einem gemeinsamen Antrag der Eheleute ausgegangen und sind diese deshalb gemeinsam als Kläger am Verfahren beteiligt. Eine Krankenkasse (KK) ist gegenüber ihrem Versicherten nicht leistungspflichtig für Maßnahmen, die unmittelbar und ausschließlich am Körper des (bei ihr nicht versicherten) Ehegatten ihres Versicherungsnehmers ausgeführt werden (vgl BSGE 88, 51, 54 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 13 f; BSG SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 26; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 1 RdNr 13). Es ist dann ggf Sache dieses Ehegatten, bei seiner eigenen KK, privaten Versicherung oder Beihilfestelle die unmittelbar und ausschließlich seinen Körper betreffende Behandlung zur künstlichen Befruchtung geltend zu machen (vgl insgesamt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17; Hauck SGb 2009, 321 ff). Hier sind indessen beide Eheleute bei der beklagten ErsK versichert. Der Antrag ist umfassend auf alle in Betracht kommenden Leistungen gerichtet.

10

2. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist allein § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V(hier anzuwenden in der seit 1.7.2001 geltenden Fassung des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Die Norm bestimmt: Hat die KK eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 - Lorenzos Öl ) . Daran fehlt es.

11

Im Zeitpunkt der Leistungsverschaffung im August 2006 hatten die klagenden Eheleute nämlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mittels ICSI nach Maßgabe des § 27a SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetz (GMG). Denn die Oligoasthenozoospermie des Klägers bestand nicht in einem Ausmaß, dass sie die rechtmäßig vom Bundesausschuss gestellten Anforderungen für die Anwendung der ICSI erfüllte.

12

a) § 27a Abs 1 SGB V gibt Versicherten nur dann Anspruch auf Leistungen der künstlichen Befruchtung, wenn insgesamt sieben im Gesetz näher umschriebene Voraussetzungen erfüllt sind: Die Leistung muss erforderlich sein(Abs 1 Nr 1), hinreichende Erfolgsaussicht haben (Abs 1 Nr 2), miteinander verheiratete Eheleute (Abs 1 Nr 3), die die Altersgrenzen erfüllen (Abs 3 Satz 1), und eine homologe Insemination betreffen (Abs 1 Nr 4), darf erst nach erfolgter Beratung stattfinden (Abs 1 Nr 5) und muss vor ihrem Beginn genehmigt sein (Abs 3 Satz 2). Während früher der Bundesausschuss für Ärzte und KKn hierfür zuständig war, bestimmt heute der GBA in den RL nach § 92 SGB V die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach § 27a Abs 1 SGB V(§ 27a Abs 4 SGB V in der seit 1.1.2004 geltenden Fassung des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190; vgl auch § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 10 SGB V). Er hat zudem unter Achtung der Wertungen des § 27a SGB V über neue Behandlungsmethoden wie die ICSI Empfehlungen abzugeben(vgl § 135 Abs 1 SGB V; BSGE 88, 62, 72 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 33 f).

13

Dieser Pflicht ist der Bundesausschuss nachgekommen. Der Bundesausschuss für Ärzte und KKn empfahl ICSI für den GKV-Leistungskatalog und legte die Indikationen in RL über künstliche Befruchtung fest (Beschluss vom 26.2.2002, BAnz Nr 92 vom 22.5.2002, S 10941, in Kraft getreten am 1.7.2002). Nach Nr 11.5 der RL über künstliche Befruchtung gelten als medizinische Indikationen zur Durchführung der ICSI: männliche Fertilitätsstörung nachgewiesen durch zwei aktuelle Spermiogramme im Abstand von mindestens 12 Wochen, welche unabhängig von der Gewinnung des Spermas folgende Grenzwerte - nach genau einer Form der Aufbereitung (nativ oder swim-up-Test) - unterschreiten:

14
Indikationsbefund alternativ
Merkmal

Nativ

swim-up

Konzentration (Mio/ml)

<10

<5

Gesamtmotilität (%)

<30

<50

Progressivmotilität (WHO A in %)

<25

<40

Normalformen (%)

<20

<20

15

Sind nicht alle Kriterien gleichzeitig erfüllt, ist das entscheidende Kriterium die Progressivmotilität. Sofern diese unter 15 % im Nativsperma oder unter 30 % im swim-up-Test liegt, so liegt eine Indikation für ICSI vor. Die Beurteilung des Spermas hat nach den gültigen WHO-Vorgaben zu erfolgen.

16

Diese indikationsbegründenden Anforderungen übertraf das untersuchte Sperma des Klägers. Nach den Feststellungen des LSG, die von den Beteiligten nicht angegriffen und deshalb für das Revisionsgericht bindend sind (§ 163 SGG), überschritt die Progressivmotilität in den Spermiogrammen des Klägers bezogen auf Nativsperma mit Werten von 25 %, 25 %, und 66 % kontinuierlich den Grenzwert von <25 % und erst recht denjenigen von <15 %. Lediglich die Konzentration lag stets unter dem Grenzwert von 10 Mio/ml.

17

b) Entgegen der Auffassung der Kläger ist Nr 11.5 der RL über künstliche Befruchtung wirksam und für den streitigen Anspruch maßgeblich. RL sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GMG, jetzt § 91 Abs 6 SGB V). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu auf Grund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (stRspr; zuletzt BSG Urteile vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 4 RdNr 32, 37, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; B 1 KR 7/10 R - RdNr 22, 26, zur Veröffentlichung vorgesehen, mwN).

18

Hinsichtlich des Verfahrens und des sachlichen Gehalts ist die Rechtmäßigkeit der in den RL über künstliche Befruchtung festgelegten Indikationen für die ICSI insbesondere an den Regelungen des SGB V zu messen. Hierbei werden die bei sonstigen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen zu beachtenden Qualitätskriterien des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V für die Maßnahmen der künstlichen Befruchtung durch § 27a SGB V modifiziert. Während grundsätzlich der Einsatz einer neuen Behandlungsmethode nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entspricht, solange ihre Wirkungen und Risiken noch der Überprüfung bedürfen(BSGE 86, 54, 64 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 70 - aktiv-spezifische Immuntherapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 30 - neuropsychologische Therapie), kommt es im Rahmen der künstlichen Befruchtung - jedenfalls was die mögliche Fehlbildungsrate betrifft - auf diesen Standard nicht in gleicher Weise an (BSGE 88, 62, 69 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 29 f). Nichts anderes gilt für die gesundheitlichen Risiken im Zusammenhang mit der zur Gewinnung von Eizellen ggf notwendigen hormonellen Stimulation (BSGE 88, 62, 69 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 30) und den Wirksamkeitsnachweis, da ein Embryotransfer günstigstenfalls nur in einem Viertel der Fälle zu einer Schwangerschaft führt (BSGE 88, 62, 70 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 30 f, unter Hinweis auf BT-Drucks 11/6760, S 15).

19

Obwohl danach die in § 27a SGB V enthaltene Wertung auf die Entscheidung über die Anerkennung neuer Befruchtungstechniken durchschlagen muss(BSGE 88, 62, 72 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 33), entbindet dies doch nicht im Übrigen von der Beachtung der allgemeinen Vorgaben für die Leistungen der GKV, dem Wirtschaftlichkeits- (§ 12 Abs 1 SGB V) und dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Deshalb hat der Bundesausschuss die Aufgabe, zu präzisieren, bei welchen Indikationen die ICSI auf Kosten der GKV gerechtfertigt ist (Hauck, SGb 2009, 321 ff). Soweit der dargelegte gesetzliche Regelungsgehalt reicht, verbleibt dem GBA kein Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom Bundesausschuss zu berücksichtigenden Studienlage (vgl BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 4 RdNr 37, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Der Bundesausschuss entscheidet erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Bundesausschuss getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 4 RdNr 38, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Nach diesem Maßstab hat der Bundesausschuss die Indikation für die ICSI formell und inhaltlich rechtmäßig festgelegt.

20

c) Der Bundesausschuss hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung des Bundesausschusses (vgl jetzt Kap 2 der VerfO des GBA) ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte gewahrt. Sie stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 4 RdNr 34, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Die Beschlussbegründung vom 26.2.2002 belegt, dass die seinerzeit anstehende Beratung der ICSI im Bundesanzeiger und im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde. Der Bundesausschuss berücksichtigte die daraufhin eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen sowie mündliche Anhörungen von Sachverständigen vom eingerichteten Arbeitsausschuss "Familienplanung" in den Beratungen.

21

d) Der Bundesausschuss hat die Indikation für die ICSI auch inhaltlich rechtmäßig festgelegt. Er hat als Grundlage seiner Entscheidung die Studienlage vollständig berücksichtigt, denn er hat sich auf die verfügbaren Fachveröffentlichungen gestützt (Abschlussbericht "Fertilisation" der MDS-Projektgruppe P 10, November 1997, S 73 ff; internationale Literaturanalyse; Sachverständigenanhörung, s Beschlussbegründung vom 26.2.2002, S 1 f). Der Ausgangspunkt seiner Indikationsfestlegung ist rechtmäßig, nämlich dass Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur durchgeführt werden dürfen, wenn hinreichende Aussicht besteht, dass durch die gewählte Behandlungsmethode eine Schwangerschaft herbeigeführt wird (RL über künstliche Befruchtung Nr 8. Satz 1). Das stimmt mit den eingangs dargelegten gesetzlichen Anforderungen überein (§ 27a Abs 1 Nr 2 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V). Es harmoniert mit der verfassungskonformen Wertung des Gesetzgebers, bei Begründung der Altersgrenze von 40 Jahren für Frauen wesentlich darauf abzustellen, dass die Konzeptionswahrscheinlichkeit jenseits des 40. Lebensjahres gering ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 17 mwN). Dieser Ausgangspunkt schließt zugleich die Möglichkeit ein, dass nicht alle Versicherten, die von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen sind, in formal gleicher Weise Maßnahmen der künstlichen Befruchtung beanspruchen können, weil Methoden ohne hinreichende Erfolgsaussicht nicht in den Leistungskatalog fallen.

22

Die an die Konzeptionswahrscheinlichkeit anknüpfende Grenzziehung der RL über künstliche Befruchtung für uneinheitliche Befunde ("nicht alle Kriterien gleichzeitig erfüllt") ist selbst dann nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - eine alternative Methode der künstlichen Befruchtung nicht indiziert ist. Es ist nicht Aufgabe der GKV, die Methode der ICSI lückenlos in allen Fällen zur Verfügung zu stellen, in denen sie medizinisch machbar ist und die Voraussetzungen für andere Methoden der künstlichen Befruchtung nicht gegeben sind. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz handelt es sich insoweit weder um Fehler in Logik noch in Wertungskonsistenz.

23

Die unterschiedlichen Ausrichtungen der Methoden müssen bei der Indikationsbildung berücksichtigt werden. So ist der Bundesausschuss auch vorgegangen, indem er angeordnet hat: "In-vitro-Fertilisation und Intracytoplasmatische Spermieninjektion dürfen aufgrund der differenzierten Indikationsstellung … nur alternativ angewandt werden." (vgl RL über künstliche Befruchtung Nr 8. Satz 5). Dabei bewegte sich der Bundesausschuss auch im Rahmen des Hinweises, den der erkennende Senat in einer früheren Entscheidung gegeben hatte: Der Senat sah möglichen Anlass zu Beschränkungen der Indikation für ICSI, weil diese Methode im Verhältnis zur konventionellen IVF offenbar erheblich öfter angewandt wird, als es nach der statistischen Verteilung von Fertilitätsstörungen in der männlichen und weiblichen Bevölkerung zu erwarten wäre. Er hielt es - auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten - für erwägenswert, die ICSI beispielsweise nur bei strenger Indikationsstellung als Kassenleistung zuzulassen, zumal generell die ICSI-Methode erheblich kostspieliger ist als die IVF-Methode (BSGE 88, 62, 74 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 35; vgl zu den Kosten auch zB die Übersicht unter www.berliner-kinderwunsch.de).

24

Einzige Ausnahme ist seit der Neufassung der RL über künstliche Befruchtung im Jahr 2007 (idF vom 15.11.2007, BAnz Nr 19 vom 5.2.2008, S 375) die Fallkonstellation eines totalen Fertilisationsversagens nach dem ersten Versuch einer IVF. In diesem Fall kann in maximal zwei darauffolgenden Zyklen die ICSI (Nr 10.5) zur Anwendung kommen, auch wenn die Voraussetzungen nach Nr 11.5 nicht vorliegen (RL über künstliche Befruchtung Nr 8. Satz 6 und 7). Diese spätere Änderung wirkt sich indes auf die Grenzwerte im hier betroffenen Zeitraum im Jahr 2006 nicht aus.

25

Es bewegt sich im Rahmen des Vertretbaren und Folgerichtigen, dass der Bundesausschuss bei Ausfüllung seines Gestaltungsspielraums hinsichtlich der Indikationsstellung für ICSI auf der Basis der WHO-Referenzwerte (vgl hierzu auch WHO-Laborhandbuch 1999, S 74; jetzt WHO-Laborhandbuch 2010, S 224) strengere Mindestanforderungen an Spermaparameter stellt als für den Einsatz der IVF (vgl Abschlussbericht "Fertilisation", aaO, S 75). Widerspruchsfrei und nachvollziehbar hat er sich hiermit für den Fall des uneinheitlichen Befundes ("nicht alle Kriterien gleichzeitig erfüllt") an der in der Wissenschaft für die IVF erörterten Mindestprogressivmotilität von 15 % orientiert (vgl Michelmann, Sind spermatologische Minimalkriterien sinnvoll?, TW Urologie Nephrologie 8, 18, 1996) und sich damit eines entsprechend der Bedeutung der Beweglichkeit der Spermatozoen für die Spontanbefruchtung wesentlichen Kriteriums der andrologischen Diagnostik bedient.

26

e) Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die geltende RL-Regelung der medizinischen Indikation für ICSI im August 2006 nicht mehr in Einklang mit dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse gestanden hat. Das folgt auch nicht aus den Angaben des vom LSG gehörten Sachverständigen über die teilweise divergierende Praxis der Labore. Ohne abweichende, zwingende Hinweise kann der Senat davon ausgehen, dass der GBA als Normgeber die sich ständig ändernde Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Blickfeld hat (zur Beobachtungspflicht des GBA als Normgeber vgl zuletzt BSG Urteile vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 4 RdNr 70 f mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; B 1 KR 7/10 R - RdNr 73 f mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen).

27

f) Die auf die dargelegten Sachgründe gestützte Regelung der medizinischen Indikationen für ICSI verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (stRspr, vgl zB: BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 12). Ist ein gesetzliches Regelungskonzept - wie das, welches § 27 a SGB V zugrunde liegt(vgl BVerfGE 117, 316 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3, RdNr 35) -verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so genügen hinreichende sachliche Gründe, um eine unterschiedliche Behandlung Betroffener zu rechtfertigen.

28

Solche hinreichenden Sachgründe liegen der Grenzziehung in den RL über künstliche Befruchtung zugrunde. Die Definition der Indikation für ICSI führt zwar dazu, dass bei uneinheitlichen Befunden Versicherte mit grenzwertüberschreitender Progressivmotilität gegenüber Versicherten mit grenzwertunterschreitender Progressivmotilität von einer Behandlung mit ICSI zu Lasten der GKV ausgeschlossen und dementsprechend benachteiligt werden. Die Grenzziehung beruht indessen auf den medizinischen Erkenntnissen über die Konzeptionswahrscheinlichkeit bei Anwendung der unterschiedlichen Methoden. Der Bundesausschuss darf ihre Anwendung unter Berücksichtigung der medizinischen Eigengesetzlichkeiten der jeweiligen Methode regeln. Bei ihrer Bewertung ist zu berücksichtigen, dass gerade kein Kernbereich der GKV-Leistungen betroffen ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 15 mwN; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 4 RdNr 13 mwN). Ebenso wie der Gesetzgeber muss der Bundesausschuss bei der Gestaltung der Leistungen in der GKV nicht für jeden Einzelfall Ausnahmen schaffen. Das gilt auch, wenn die Grenzen von Ansprüchen neu gestaltet werden (BVerfG SozR 3-2500 § 48 Nr 7 = NJW 1998, 2731; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 15; Schlegel, VSSR 2004, 313, 315, 321 f, mit Blick auf den Gesetzgeber). Entscheidet der Bundesausschuss über die Grenzen einer medizinischen Indikation, gilt nichts Anderes. Angesichts des legitimen Anliegens, die Ausgaben für Leistungen der künstlichen Befruchtung zu Lasten der GKV zweckentsprechend zu begrenzen (vgl BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 58, 60), muss der RL-Geber im Grenzbereich zwischen IVF und ICSI nicht auf eine unbeschränkte Öffnungsklausel ausweichen, um jedem Versicherten mit uneinheitlichem Befund zu Lasten der GKV gleitend den Methodenwechsel von der IVF zur ICSI zu ermöglichen.

29

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die ambulante Versorgung des Klägers mit Fertigarzneimitteln, die das bakterielle Nervengift Clostridium botulinum Toxin Typ A (Botulinumtoxin A ) enthalten.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1954 geborene Kläger leidet an einer infantilen Zerebralparese mit spastischer Paraparese der Beine. Wegen zunehmender, die Gangstörung weiter verschlechternder Beinspastik mit Betonung der Oberschenkelinnenseiten (Adduktorenspastik) behandelte ihn die Universitätsklinik für Neurologie des Universitätsklinikums M. ab Mai 2001 bis April 2005 im Rahmen mehrerer, jeweils mehrtägiger stationärer Aufenthalte auf Kosten der Beklagten mit einem BTX/A-Präparat. Die Beklagte lehnte den bereits im August 2001 gestellten Antrag ab, die Kosten für eine ambulante BTX/A-Therapie zu übernehmen (Bescheid vom 7.9.2001, Widerspruchsbescheid vom 17.1.2002). BTX/A sei nämlich nicht für die Behandlung einer Adduktorenspastik zugelassen. Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine ambulante BTX/A-Therapie als zulassungsüberschreitende Anwendung (Off-Label-Use) zu gewähren (Urteil vom 28.2.2006). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die nunmehr auf Fortsetzungsfeststellung gerichtete Klage abgewiesen: Zwar sei derzeit keine BTX/A-Therapie der fortbestehenden Adduktorenspastik des Klägers erforderlich. Doch bestehe ein Feststellungsinteresse, weil die BTX/A-Therapie der Adduktorenspastik jederzeit wieder notwendig werden könne. Der Kläger habe nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 31 Abs 1 SGB V keinen Anspruch auf Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff BTX/A, da ihnen eine Zulassung für die Indikation "Adduktorenspastik" fehle. Sie erfüllten auch nicht die Voraussetzungen eines Off-Label-Use, da keine abgeschlossene einschlägige Phase III-Studie veröffentlicht sei. Eine notstandsähnliche Situation, die eine grundrechtsorientierte Erweiterung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) rechtfertige, bestehe ebenfalls nicht. Das den Kläger behandelnde Krankenhaus sei nicht nach § 116b SGB V berechtigt, die begehrten ambulanten Behandlungen der Adduktorenspastik zu erbringen. Ein Behandlungsanspruch nach § 117 SGB V scheitere daran, dass auch die Hochschulambulanzen nur innerhalb der von § 135 SGB V vorgegebenen Grenzen Leistungen erbringen dürften(Urteil vom 17.6.2010).

3

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung des Art 2 Abs 2 GG und des § 117 SGB V. Er habe wegen seiner schweren Erkrankung auch ohne Phase III-Studien Anspruch auf die ambulante BTX/A-Therapie seiner Adduktorenspastik. Außerdem rügt er, das LSG habe eine im Jahr 2004 vorgestellte multizentrische doppelblinde, plazebokontrollierte Studie nicht berücksichtigt.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Juni 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 28. Februar 2006 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte durch den Bescheid vom 7. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2002 rechtswidrig dem Kläger bei vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit Fertigarzneimitteln, die den Wirkstoff Botulinumtoxin A enthalten, zur ambulanten Behandlung seiner Adduktorenspastik verweigert hat.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

7

II. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der beklagten KK das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klage ist zwar als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.-6.). Der Kläger hat gegen die Beklagte nämlich keinen Anspruch auf ambulante Behandlung seiner Adduktorenspastik mit einer BTX/A-Therapie, auch nicht in einer Hochschulambulanz.

8

1. Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässig mit der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG). Diese Regelung des SGG gilt ausdrücklich für Anfechtungsklagen, ist aber entsprechend auf kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen anzuwenden (stRspr, vgl zB BSGE 92, 46 = SozR 4-2500 § 61 Nr 1; Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 131 RdNr 59 mwN). Das ursprüngliche Leistungsbegehren des Klägers hat sich während des Rechtsstreits erledigt, weil eine BTX/A-Therapie der Adduktorenspastik des Klägers im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim LSG (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 5 mit Blick auf die Zukunftsausrichtung des Naturalleistungsbegehrens; s dazu etwa BSGE 88, 166, 167 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 26 mwN; BSGE 91, 32 = SozR 4-2500 § 28 Nr 1, RdNr 7)nach dessen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) medizinisch nicht erforderlich war.

9

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte sein Begehren rechtswidrig abgelehnt hat, da nach den Feststellungen des LSG Wiederholungsgefahr besteht (vgl zu den Fallgruppen des berechtigten Interesses Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 131 RdNr 75 ff mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 131 RdNr 10b mwN). Eine Wiederholungsgefahr setzt die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage beim Kläger voraus (vgl BSG SozR 4-2500 § 17 Nr 3 RdNr 13 mwN). So liegt es etwa, wenn sich konkret abzeichnet, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen oder rechtlichen Umständen ein gleichartiges Leistungsbegehren wieder auftreten kann. Nach den Feststellungen des LSG kann bei der fortbestehenden Krankheit jederzeit wieder ein BTX/A-Therapiebedarf im Adduktorenbereich auftreten.

10

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem den Wirkstoff BTX/A enthaltenden Fertigarzneimittel im Rahmen ambulanter Behandlung seiner Adduktorenspastik. Die begehrten Fertigarzneimittel besitzen weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der beim Kläger bestehenden Krankheit (dazu 3.) noch besteht Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu 4.). Der Kläger kann auch keinen Einzelimport von BTX/A enthaltenden Fertigarzneimitteln verlangen, weil weder ein sog Seltenheitsfall noch ein Fall grundrechtsorientierter Leistungsausweitung gegeben ist. Auf ein sog Systemversagen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu 5.). Schließlich ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass die BTX/A-Therapie durch die Universitätsklinik für Neurologie des Universitätsklinikums M. nach § 117 SGB V als ambulante Therapie durchgeführt worden ist und weiterhin durchgeführt werden kann(dazu 6.).

11

3. Versicherte können Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - hier mit dem Wirkstoff BTX/A - grundsätzlich ungeachtet weiterer Einschränkungen (vgl §§ 31, 34 SGB V)nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem sie angewendet werden sollen. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V) nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 ADHS/Methylphenidat). So liegt es hier. Die begehrten Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff BTX/A sind zulassungspflichtig. Weder in Deutschland noch EU-weit liegt die erforderliche Arzneimittelzulassung für die Indikation Adduktorenspastik oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet vor, das die Adduktorenspastik mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

12

Keine Zulassung für Deutschland liegt darin, dass angeblich in Italien eine Zulassung BTX/A enthaltender Arzneimittel für Beinspastik ohne Bedeutung der Ursache, damit uU auch für eine Adduktorenspastik besteht. Insoweit eröffnet zwar § 25b Abs 2 AMG die Möglichkeit eines erleichterten Verfahrens der gegenseitigen Anerkennung mit der Folge, dass das bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassene Arzneimittel grundsätzlich auch im Inland zuzulassen ist(näher dazu Friese in Dieners/Reese, Handbuch des Pharmarechts, 2010, § 5 RdNr 5 f und 156 ff; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand Januar 2011, § 25b AMG RdNr 13 ff). Die bloße Möglichkeit, dass es einem pharmazeutischen Unternehmen offensteht, im Verfahren nach § 25b Abs 2 AMG die Zulassung eines bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassenen Arzneimittels herbeizuführen, ersetzt aber nicht die Zulassungsentscheidung.

13

4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit BTX/A-haltigen Fertigarzneimitteln im Rahmen eines Off-Label-Use zur Behandlung der Adduktorenspastik auf Kosten der GKV, weder nach § 35c SGB V(dazu a) noch nach allgemeinen Grundsätzen (dazu b).

14

a) Bei der streitigen BTX/A-Therapie handelt es sich um keinen durch § 35c Abs 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use. Nach § 92 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 6 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln. Nach § 91 Abs 6 SGB V sind die Beschlüsse des GBA mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V und zu Empfehlungen nach § 137f SGB V für die Träger iS des § 91 Abs 1 Satz 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich. Abschnitt K und Anlage VI der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 18.8.2011, BAnz Nr 156 S 3609 vom 14.10.2011) enthalten Einzelheiten über die "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" und führen Wirkstoffe als verordnungsfähig (Anlage VI Teil A) bzw als nicht verordnungsfähig (Anlage VI Teil B) auf. Die AM-RL benennt hierbei BTX/A nicht. Es fehlt damit an der erforderlichen expliziten Regelung der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckte Indikation. Auf die Frage einer verzögerten Bearbeitung kommt es insoweit nicht an (vgl § 35c Abs 1 SGB V gegenüber § 135 Abs 1 Satz 4 SGB V). Eine Verzögerung in der Bearbeitung könnte nur zur Anwendung der allgemeinen Regeln des Off-Label-Use führen (vgl dazu unten, b), nicht aber zu einer Zulassungsfiktion (vgl ähnlich bereits BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 44).

15

Auch die Voraussetzungen des § 35c Abs 2 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte außerhalb des Anwendungsbereichs des Absatzes 1 Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt, und der GBA der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Der Kläger beansprucht die Versorgung indes nicht im Rahmen einer klinischen Studie.

16

b) Entsprechend der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist. Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

17

Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das (konkrete) Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann nur angenommen werden, wenn entweder (a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder (b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sind. Soweit man aus der früheren Rspr des Senats (BSGE 89, 184, 192 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36)ein unterschiedliches Schutzniveau vor und während laufender Zulassungsverfahren ableiten kann, gibt der Senat diese Rspr klarstellend auf. Außerhalb und während eines Zulassungsverfahrens muss die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein muss, derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich entsprechen. Der Schutzbedarf der Patienten, der dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und in das Leistungsrecht der GKV einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 24 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 16 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 34 ADHS/Methylphenidat). Dies bedeutet, dass der während und außerhalb eines Zulassungsverfahrens zu erbringende wissenschaftliche Nachweis durch Studien erbracht werden muss, die die an eine Phase III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllen. Daran fehlt es. Nach den Feststellungen des LSG, welche nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen und damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), ist es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie der Phase III mit Relevanz für den Kläger bisher nicht gekommen.

18

Die sinngemäß erhobene Rüge des Klägers, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG)verletzt, greift nicht durch. Eine Verletzung des § 103 SGG liegt lediglich vor, wenn das Tatsachengericht Ermittlungen unterlässt, obwohl es sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen(stRspr vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 5; Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 103 RdNr 86 ff mwN). Daran fehlt es. Das LSG hat die Anforderungen des BSG zugrunde gelegt, wonach für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV - wie dargelegt - einschlägige Studien der Phase III veröffentlicht sein müssen. Bei diesem Ausgangspunkt drängt es sich nicht auf, für den 1954 geborenen Kläger eine Studie zu würdigen, die im Jahre 2004 anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropädiatrie in Bern vorgestellt wurde und der Frage des Effektes von BTX/A bei der Behandlung der Adduktorenspastik bei Kindern mit Zerebralparese im Alter von zwei bis zu zehn Jahren nachging. Dies gilt erst recht unter Beachtung der Wertungen der Rspr, wonach in der GKV versicherte Erwachsene grundsätzlich keinen Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung eines nur zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassenen Arzneimittels unter erleichterten Voraussetzungen haben, selbst wenn eine gleiche Wirksamkeit des Mittels unterstellt wird (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15).

19

Es ist für den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch des Klägers auch ohne Belang, dass eine Stellungnahme des Arbeitskreises Botulinumtoxin eV vom 4.5.2006 die Anwendung von BTX/A unabhängig von der Ursache befürwortet und nationale sowie europäische Konsensusgruppen explizit BTX/A bei Adduktorenspastik empfehlen (vgl Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Therapie des spastischen Syndroms, Stand 2008, S 8). Grundsätzlich bestimmen nicht Leitlinien und Konsensempfehlungen medizinischer Fachgesellschaften den Umfang der Leistungsansprüche der Versicherten der GKV. Das Leistungsrecht ist vielmehr insbesondere von den Vorgaben des § 2 Abs 1 Satz 1 und 3, § 12 SGB V geprägt, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen müssen. Für Fertigarzneimittel werden diese Anforderungen in der oben dargelegten Weise konkretisiert.

20

5. Der Kläger kann auch keinen Einzelimport nach § 73 Abs 3 AMG von BTX/A enthaltenden Fertigarzneimitteln zu Lasten der Beklagten verlangen. Weder ist ein sog Seltenheitsfall (dazu a) noch ein Fall grundrechtsorientierter Leistungsausweitung gegeben (dazu b). Auf ein sog Systemversagen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu c).

21

a) Der erkennende Senat zieht im Rahmen des § 73 Abs 3 AMG ausnahmsweise die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV selbst ohne Inlandszulassung in Erwägung, wenn es sich um einen Fall der Seltenheit handelt(vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 43 mwN). Die Voraussetzungen eines sog Seltenheitsfalls sind indes nicht erfüllt. Die Inzidenz der spastischen Beinparese ist, wie schon die Zulassung von BTX/A für den spastischen Spitzfuß belegt, für eine systematische wissenschaftliche Erforschung ausreichend hoch, um auch die Behandlung der Adduktorenspastik mittels BTX/A auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen. Das zieht auch der Kläger letztlich nicht in Zweifel.

22

b) Auch ein Anspruch auf BTX/A enthaltende Fertigarzneimittel zu Lasten der Beklagten im Rahmen eines Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung besteht nicht(vgl zu den Voraussetzungen BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31/32 - D-Ribose; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 23 - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 16 mwN - Mnesis/Idebenone; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - "Lorenzos Öl"; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 45 f mwN - ADHS/Methylphenidat).

23

Die verfassungskonforme Auslegung setzt ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt. Um eine solche Erkrankung geht es bei dem Leiden des Klägers nicht. Nach den unangegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) leidet der Kläger an einer infantilen Zerebralparese mit spastischer Paraparese der Beine, Sekundärschäden am knöchernen Apparat (Coxarthrose, Pseudoradikulärsyndrom) und sich dadurch verstärkender Spastik bei in Ruhe einschießenden schmerzhaften Spasmen. Mit diesen Auswirkungen seiner Krankheit wird nicht die Schwelle erreicht, welche allgemein für eine grundrechtskonforme erweiternde Auslegung des Leistungsrechts der GKV zu fordern ist. Das Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, umschreibt nämlich eine strengere Voraussetzung, als sie mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use formuliert ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 34 - Neuropsychologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 17 - Mnesis/Idebenone). Das BSG hat dementsprechend das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit den in diesem Bereich zu verlangenden notstandsähnlichen Extremsituationen auch schon in ähnlichen Fällen mit durchaus gravierenden Beeinträchtigungen verneint (vgl die Übersicht in BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 15 - ICL).

24

c) Ein sog Systemversagen aufgrund zögerlicher oder willkürlicher Bearbeitung spielt weder im Rahmen des Einzelimports noch - über das oben Ausgeführte hinaus - für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV eine Rolle, soweit allein die Versorgung mit einem Fertigarzneimittel betroffen ist. Anders liegt es lediglich, wenn zugleich und parallel hierzu eine neue vertragsärztliche Behandlungsmethode betroffen ist (vgl dazu BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 22 ff - Visudyne).

25

6. Die Begrenzung des Anspruchs des Klägers auf die Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln wird abgesehen von den dargestellten und hier verneinten Ausnahmen nicht dadurch aufgehoben oder geändert, dass eine Hochschulambulanz nach § 117 SGB V behandelt oder zur Behandlung in Betracht kommt.

26

§ 117 SGB V eröffnet den Hochschulambulanzen den Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung, um die universitäre Forschung und Lehre zu unterstützen(vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; zu § 117 Abs 2 SGB V: BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35). Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind weiterhin Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zulassungsausschuss (§ 96 SGB V) ist nach § 117 Abs 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) verpflichtet, auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken die Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen zu ermächtigen. § 95 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Satz 1 SGB V(ab 1.7.2008 idF von Art 6 Nr 16 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28.5.2008, BGBl I 874) beschreiben näher die Rechtsfolge einer solchen Ermächtigung: Die ermächtigte Einrichtung ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet.

27

Hiernach vermag die Behandlung durch Ärzte einer Hochschulambulanz zugunsten des Klägers keinen anderen Versorgungsanspruch zu begründen als den, der ihm zusteht, wenn er sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begibt. Auch die Ärzte einer Hochschulambulanz dürfen dem Kläger nur für die jeweilige Indikation zugelassene Fertigarzneimittel verordnen, es sei denn, dass eine gesetzliche oder richterrechtliche Ausnahme eingreift. Das ist indes - wie oben dargestellt - hier nicht der Fall.

28

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) Bedarfsgegenstände sind

1.
Materialien und Gegenstände im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
2.
Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen,
3.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit den Schleimhäuten des Mundes in Berührung zu kommen,
4.
Gegenstände, die zur Körperpflege bestimmt sind,
5.
Spielwaren und Scherzartikel,
6.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, wie Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche, Masken, Perücken, Haarteile, künstliche Wimpern, Armbänder,
7.
Reinigungs- und Pflegemittel, die für den häuslichen Bedarf oder für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 1 bestimmt sind,
8.
Imprägnierungsmittel und sonstige Ausrüstungsmittel für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 6, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
9.
Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Bedarfsgegenstände sind nicht
1.
Gegenstände, die
a)
nach § 2 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel gelten,
b)
nach Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung als Medizinprodukte oder als Zubehör für Medizinprodukte gelten,
c)
nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014 (ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22; L 305 vom 21.11.2015, S. 55) geändert worden ist, Biozid-Produkte sind,
2.
die in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 genannten Materialien und Gegenstände, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien und Wasserversorgungsanlagen,
3.
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne von § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Tatbestand

1

Der Kläger ist beihilfeberechtigter Versorgungsempfänger. Seinen Antrag, ihm auch Beihilfe zu den Aufwendungen für die beiden Medikamente "Doloteffin" und "Dona 200 S" zu gewähren, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Aufwendungen beträfen nicht verschreibungspflichtige Medikamente und seien deshalb nicht beihilfefähig. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte auch insoweit zur Beihilfegewährung in Höhe von 407,65 € verurteilt. Die Berufung der Beklagten blieb insoweit erfolglos, im Wesentlichen aus folgenden Gründen:

2

Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BhV in der hier noch anzuwendenden Fassung der 27. und 28. Änderungsvorschrift zu. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen sei nicht wirksam ausgeschlossen worden. Soweit § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente ausschließe, sei der Ausschluss wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig und auch nicht übergangsweise anzuwenden. Durch die verwendete Verweisungstechnik habe sich der Dienstherr der inhaltlichen Kontrolle der Ausschlussregelungen mit Blick auf die von ihm zu wahrenden fürsorgebezogenen Belange bewusst und vollständig begeben. Der Ausschluss führe zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots, weil die wirkungsgleiche Übertragung von Grundsätzen der gesetzlichen Krankenversicherung auf das Beihilferecht kein tragfähiges Motiv sei. Darüber hinaus habe er seine Regelungsabsicht verfehlt, weil es an einer § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V entsprechenden Regelung fehle, die es Vertragsärzten in medizinisch begründeten Einzelfällen gestatte, auch nicht zugelassene verschreibungsfreie Medikamente zu verordnen. Außerdem hätte sich der Dienstherr über die Auswirkungen vergewissern müssen, die sich durch den Ausschluss im Gesamtgefüge von Eigenvorsorge, Beilhilfe und verfügbarer Alimentation ergeben. Der Leistungsausschluss stelle einen Eingriff in den Kern der Fürsorgepflicht dar und sei mit ihr unvereinbar, weil er der Rücksichtnahme auf die finanzielle Belastbarkeit des Beamten entbehre. Dies alles schließe auch die nur übergangsweise weitere Anwendung des Leistungsausschlusses aus. Sie widerspreche eindeutig den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten rechtlichen Obersätzen und würde die Anwendung verfassungsrechtswidrigen Rechts perpetuieren.

3

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 20. April 2007 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1, § 141 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die Medikamente "Doloteffin" und "Dona 200 S".

6

1. Die Beklagte hat ihren Bescheid auf §§ 5 und 6 der Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) in der Fassung vom 1. November 2001 (GMBl S. 918), zuletzt geändert durch Art. 1 der 28. Änderungsverwaltungsvorschrift - ÄndVwV - vom 30. Januar 2004 (GMBl S. 379), gestützt. Danach wird Beihilfeberechtigten auf Antrag Beihilfe zu den Aufwendungen gewährt, die ihnen u.a. als Folge einer Erkrankung entstehen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind und wenn die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BhV sind die vom Arzt schriftlich verordneten Arzneimittel beihilfefähig. Jedoch sind nach Satz 2 Buchst. b dieser Vorschrift nicht beihilfefähig Aufwendungen für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig sind. Von diesem Leistungsausschluss sind nach Satz 3 der Vorschrift solche Arzneimittel ausgenommen, die nach den Arzneimittelrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - aufgrund von § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausnahmsweise verordnet werden dürfen. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für ärztlich verordnete, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel hängt somit von den Entscheidungen des gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildeten Gemeinsamen Bundesausschusses ab.

7

2. Mit Recht geht das angefochtene Urteil davon aus, dass die Beihilfevorschriften in dieser Fassung für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar waren (vgl. Urteile vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 <105 ff.> = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 10 f., vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 9 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17, vom 18. Februar 2009 - BVerwG 2 C 23.08 - juris Rn. 8, vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 C 62.08 - ZBR 2010, 88). Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, war die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen. Sie sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl I 2009 S. 326) am 14. Februar 2009 nicht mehr anwendbar.

8

Soweit danach die Beihilfevorschriften weiterhin anwendbar waren, gilt dies grundsätzlich auch für Regelungen über Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen in bestimmten Fällen. Der vorläufigen weiteren Anwendbarkeit der Regelungen über den Leistungsausschluss für die Kosten nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV steht nicht entgegen, dass diese in der 27. ÄndVwV enthaltene Vorschrift erst ab dem 1. August 2004 angewandt wurde (vgl. Rundschreiben des Bundesministeriums des Inneren vom 20. Juli 2004 - D I 5 - 213 100 - 1/14). Sie war bereits Bestandteil des Beihilfeprogramms, das bei Verkündung des Urteils des Senats vom 17. Juni 2004 (a.a.O.) vorhanden war. Ihre Anwendung war lediglich bis zu dem Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsverordnung vom 12. Juli 2004 (BGBl I S. 1611) am 21. Juli 2004 hinausgeschoben (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 26. August 2009 a.a.O.).

9

3. Allerdings setzt die weitere Anwendbarkeit dieser Regelungen voraus, dass sie nicht aus anderen Gründen gegen höherrangiges Recht verstoßen (Urteile vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 13 und - BVerwG 2 C 12.07 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 30 Rn. 19). Als Prüfungsmaßstab kommen insbesondere der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Betracht, soweit sie als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlichen Schutz genießt.

10

a) Der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt (vgl. zum Ganzen Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313 f.> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 4 f. mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl. auch Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 16.06 - Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1 Rn. 12). Betrifft die angegriffene Maßnahme ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Juni 1994 - 1 BvL 14, 15/88 - BVerfGE 91, 118 <123>). Bewegt sich der Normgeber dagegen auf einem Gebiet, auf dem er engen rechtlichen Bindungen unterliegt, so kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können.

11

Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich zu beachten. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1992 - 1 BvL 29/87 - BVerfGE 85, 238 <247>). Durch Leistungseinschränkungen und Leistungsausschlüsse darf sich der Vorschriftengeber innerhalb des geltenden Beihilfensystems nicht zu seiner grundsätzlichen Entscheidung in Widerspruch setzen, Beihilfe zu gewähren, soweit sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BhV). Da es sich bei der Begrenzung der Beihilfefähigkeit durch Leistungsausschlüsse und Leistungsbeschränkungen um eine Einschränkung dieses Grundsatzes handelt, bedarf ein Ausschluss oder eine Begrenzung in materieller Hinsicht einer inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung und in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BhV; Urteile vom 18. Februar 2009 - BVerwG 2 C 23.08 - IÖD 2009, 174 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14).

12

Hieran gemessen ist der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente nicht zu beanstanden. Dieses Differenzierungsmerkmal knüpft daran an, dass die Kaufpreise für diese Medikamente im Allgemeinen deutlich unter den Abgabepreisen für verschreibungspflichtige Medikamente liegen. Der Entscheidung des Vorschriftengebers, Aufwendungen für diese Medikamentengruppe generell von der Beihilfefähigkeit auszuschließen, liegt erkennbar die Wertung zugrunde, dass ihre Beschaffung finanzielle Aufwendungen verursacht, die dem Beamten im Regelfall ohne beihilferechtlichen Ausgleich zugemutet werden können. Hierbei ist in Rechnung zu stellen, dass die Ausschlussregelung nicht ausnahmslos gilt. In den durch § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V erfassten Fällen, in denen Arzneimittel ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verschrieben werden dürfen, greift auch der Beihilfeausschluss nicht ein (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b Satz 2 BhV). Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Dienstherr nicht verpflichtet ist, den Beamten von allen Behandlungskosten im Krankheitsfall freizustellen, beruht dieser Ausschluss somit, an Art. 3 Abs. 1 GG gemessen, auf einem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt.

13

b) Auch die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet es nicht, dem Beamten zu den Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Beihilfe zu gewähren. Sie ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <233>; BVerwG, Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <282> = Buchholz 237.6 § 87c NdsLBG Nr. 1 S. 5, vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 <24> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 S. 27, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 22 und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 13 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17).

14

Diesen Anforderungen wird der Ausschluss der Beihilfegewährung für die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV nicht in vollem Umfang gerecht, weil die Beihilfevorschriften, wie das Berufungsgericht mit Recht beanstandet hat, insoweit keine Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten enthalten. Dies gilt ungeachtet des revisionsrechtlich nicht beachtlichen Vortrages des Klägers, es gebe für ihn neben den ihm verschriebenen Medikamenten keine verschreibungspflichtigen und damit beihilfefähigen Medikamente, die in medizinischer Hinsicht gleich wirksam und ohne Nebenwirkungen anwendbar seien.

15

Allerdings ist der Dienstherr durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Er muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Der Dienstherr kann die Kosten bestimmter Medikamente ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Dies gilt insbesondere für Aufwendungen, die bezwecken, Beeinträchtigungen des allgemeinen Wohlbefindens entgegenzuwirken (Urteile vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 23 m.w.N. und vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 16).

16

Jedoch hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf (BVerfG, Beschlüsse vom 13. November 1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89 <100> und vom 7. November 2002 a.a.O. S. 232). Demgegenüber werden die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BhV). Dies mag zwar die Erfüllung der Fürsorgepflicht gegenüber der großen Mehrzahl der Beamten nicht in Frage stellen. Unter Geltung des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" aus Beihilfe und darauf abgestimmter Eigenvorsorge kann der pauschale Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Beihilfegewährung aber in Einzelfällen die finanziellen Möglichkeiten des Beamten erheblich übersteigen. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten, wenn deren Behandlung die Einnahme nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel erfordert, um Nebenwirkungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu verringern. Für derartige Fallgestaltungen muss der Dienstherr normative Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. An einer solchen Härtefallregelung fehlt es in Bezug auf den Leistungsausschluss gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV (Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 17 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 C 62.08 - ZBR 2010, 88).

17

An diesen Anforderungen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht ändert nichts, dass die Ausschlussregelungen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV eingeführt wurden, um eine Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten zu erreichen (vgl. Regierungsentwurf zum Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, Begründung zu Art. 1 Nr. 22, BTDrucks 15/1525). Denn die Sicherungssysteme "gesetzliche Krankenversicherung" und "private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe" weisen grundlegende Strukturunterschiede auf. Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 1778/05 - und vom 13. Februar 2008 - 2 BvR 613/06 - jeweils in juris; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 <31 ff.> = Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17; Beschluss vom 19. Juli 2007 - BVerwG 2 B 56.07 - Buchholz 270 § 12 BhV Nr. 2). Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (Urteil vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17).

18

Zudem sind die Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherungen über die Kostenübernahme für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht wirkungsgleich auf das Beihilferecht übertragen worden. Es fehlt an einer § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V entsprechenden Regelung, die es Vertragsärzten in medizinisch begründeten Einzelfällen gestattet, auch solche nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verordnen, die nach den Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses nicht zugelassen sind. Dadurch ermöglicht das Recht der gesetzlichen Krankenversicherungen im Gegensatz zum Beihilferecht Einzelfallentscheidungen, die am Kriterium der medizinischen Notwendigkeit ausgerichtet sind (Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 19 und vom 26. August 2009 a.a.O.).

19

Der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht muss während des Übergangszeitraums bis zu der inzwischen in Kraft getretenen Neuregelung des Beihilferechts des Bundes Rechnung getragen werden. Sie verlangt unzumutbare Härten zu vermeiden, die sich in Einzelfällen ergeben können. Hierfür bedarf es einer abstrakt-generellen Härtefallregelung, wie sie die Beihilfevorschriften in § 12 Abs. 2 enthalten. Danach sind die in § 12 Abs. 1 BhV vorgeschriebenen Eigenbehalte für bestimmte beihilfefähige Aufwendungen innerhalb eines Kalenderjahres auf Antrag des Beihilfeberechtigten nicht mehr abzuziehen, sobald diese Abzüge für den Beihilfeberechtigten und seine berücksichtigungsfähigen Angehörigen zusammen die festgelegte finanzielle Belastungsgrenze überschreiten (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 21 und vom 26. August 2009 a.a.O.).

20

Um die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderungen im Übergangszeitraum zu gewährleisten, hält es der Senat für angezeigt, die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel im Falle ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit vorläufig im Rahmen des § 12 Abs. 2 BhV zusätzlich zu den in § 12 Abs. 1 genannten Aufwendungen zu berücksichtigen. Sobald der Gesamtbetrag der Eigenbehalte gemäß § 12 Abs. 1 BhV und der Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel die maßgebende Belastungsgrenze des § 12 Abs. 2 BhV im jeweiligen Kalenderjahr überschreitet, sind weitere derartige Aufwendungen nach den Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit zu erstatten. Demzufolge sind für die Dauer des Übergangszeitraums auch die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel durch Antrag gemäß § 12 Abs. 2 BhV geltend zu machen. Im Hinblick auf diese Aufwendungen kann dem Antrag nicht entgegengehalten werden, er sei erst nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt worden (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 22 und vom 26. August 2009 a.a.O.).

21

4. Der Ausschluss verschreibungsfreier Medikamente von der Beihilfefähigkeit scheitert nicht an der vom Vorschriftengeber verwendeten Verweisungstechnik. Zu Recht hat das Berufungsgericht zwar hervorgehoben, dass die Übertragung der Entscheidungskompetenz über den Ausschluss bestimmter Arzneimittel auf den nach § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V gebildeten Bundesausschuss im Wege der dynamischen Verweisung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b Satz 2 BhV verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. So liegt aufgrund der grundlegenden Strukturunterschiede der beiden Sicherungssysteme nahe, die Tatbestände beihilferechtlicher Leistungsausschlüsse normativ festzulegen, anstatt ihre nähere Bestimmung einem Gremium zu überlassen, in dem der Dienstherr nicht vertreten ist und das seine Entscheidungen nach Maßgabe des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherungen unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaften trifft. Hieraus folgt aber nicht die Unanwendbarkeit der Regeln über Leistungsausschlüsse. Vielmehr hat der Senat mehrfach entschieden, dass den dargestellten Bedenken für den Übergangszeitraum nicht mehr nachgegangen zu werden braucht (Urteil vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 18). Dies gilt nicht nur für den Leistungsausschluss bei potenzsteigernden Mitteln, sondern für alle Leistungsausschlüsse, die den dargelegten Anforderungen des Gleichheitssatzes und der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht nicht widersprechen.

22

5. Nicht durchgreifend ist auch die Erwägung des Berufungsgerichts, bei der Schaffung der Ausschlussregelungen habe der Beihilfegeber keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen, um dem Zusammenhang zwischen Fürsorge und Alimentation gerecht zu werden.

23

Richtig daran ist, dass sich beihilferechtliche Regelungen über Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen auf das Alimentationsniveau auswirken können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beamte der mit der Regelung - auch - beabsichtigten Verhaltenslenkung nicht entsprechen kann, weil er ohne die Möglichkeit, auf ein verschreibungspflichtiges Medikament auszuweichen, auf ein spezielles verschreibungsfreies Präparat zwingend angewiesen ist. Sofern nicht schon die Beihilfevorschriften selbst für solche Fälle eine Ausnahme vom vollständigen oder teilweisen Leistungsausschluss vorsehen, führt die Absenkung des Alimentationsniveaus jedoch nicht zur Unanwendbarkeit der sie verursachenden Vorschriften. Ist das Beihilfensystem als solches nicht verfassungsrechtlich verankert, so unterliegt der Gesetzgeber auch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung keinen Bindungen durch das Alimentationsprinzip. Stellen Absenkungen des Beihilfestandards im Zusammenwirken mit anderen Besoldungseinschnitten die Amtsangemessenheit der Alimentation in Frage, so ist verfassungsrechtlich nicht die Anpassung der Beihilfen, sondern eine entsprechende Korrektur der Besoldungsgesetze geboten, die das Alimentationsprinzip konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 a.a.O. S. 233; Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03 u.a. - DVBl 2007, 1493 <1495>). Sinkt die Alimentation unter das verfassungsrechtlich gebotene Niveau ab, so führt dies nicht dazu, dass bestimmte Kürzungs- oder Streichungsregelungen außerhalb des Besoldungsgesetzes unwirksam oder unanwendbar sind. Dies gilt nicht nur für Vorschriften über die pauschale Selbstbeteiligung an Krankheitskosten (vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 <25> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 Rn. 24), sondern auch für Regelungen über Leistungsbeschränkungen und Leistungsausschlüsse.

24

Aufgrund des besoldungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers können Beamten auch dann, wenn die Verfassungsmäßigkeit ihrer Alimentation in Frage steht, keine Besoldungsleistungen zugesprochen werden, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Vielmehr sind sie darauf verwiesen, ihren Alimentationsanspruch dadurch geltend zu machen, dass sie Klagen auf Feststellung erheben, ihr Nettoeinkommen sei verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Teilt das Verwaltungsgericht diese Beurteilung, so muss es nach Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Besoldungsgesetzes einholen, das die Dienstbezüge festlegt. Demnach wird den Beamten im Erfolgsfall zugemutet abzuwarten, bis der Gesetzgeber eine Neuregelung getroffen hat (Teilurteil vom 14. November 1985 - BVerwG 2 C 14.83 - Buchholz 235 § 2 BBesG Nr. 6; Urteile vom 20. Juni 1996 - BVerwG 2 C 7.95 - Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 8 und vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <310> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1). Aufgrund der Bindung des Gesetzgebers an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) geht der Senat weiterhin davon aus, dass dieser Weg trotz des damit verbundenen Zuwartens auf ein Tätigwerden des Gesetzgebers mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar ist. In wirtschaftlichen Notlagen kommen möglicherweise unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht vorläufige Zahlungen in Betracht (vgl. Urteile vom 20. Juni 1996 a.a.O. und vom 20. März 2008 a.a.O. Rn. 29).

25

6. Nach alledem hat der Kläger keine Beihilfeansprüche für die geltend gemachten Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Der Kläger ist darauf verwiesen, nachträglich einen Antrag nach § 12 Abs. 2 BhV für das Jahr 2005 zu stellen. Ergibt die Einbeziehung dieser Aufwendungen für sich genommen oder zusammen mit Eigenbehalten gemäß § 12 Abs. 1 BhV in diesem Kalenderjahr eine Überschreitung der Belastungsgrenze, so ist dem Kläger der darüber liegende Betrag zu erstatten.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.

(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:

1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.

(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.

(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat

1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen. Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar. Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden. Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.

(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Angemessene Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung sind als Bedarf anzuerkennen, soweit Leistungsberechtigte diese nicht aus eigenem Einkommen tragen können. Leistungsberechtigte können die Beiträge so weit aus eigenem Einkommen tragen, wie diese im Wege der Einkommensbereinigung nach § 82 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 abzusetzen sind. Der Bedarf nach Satz 1 erhöht sich entsprechend, wenn bei der Einkommensbereinigung für das Einkommen geltende Absetzbeträge nach § 82 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 bis 6 zu berücksichtigen sind.

(2) Bei Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung

1.
nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte pflichtversichert sind,
2.
nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
3.
als Rentenantragsteller nach § 189 des Fünften Buches als Mitglied einer Krankenkasse gelten,
4.
nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 8 des Fünften Buches oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte freiwillig versichert sind oder
5.
nach § 188 Absatz 4 des Fünften Buches oder nach § 22 Absatz 3 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte weiterversichert sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(3) Bei Personen, denen Beiträge nach Absatz 2 als Bedarf anerkannt werden, gilt auch der Zusatzbeitragssatz nach § 242 Absatz 1 des Fünften Buches als angemessen.

(4) Bei Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, sind angemessene Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 anzuerkennen. Angemessen sind Beiträge

1.
bis zu der Höhe des sich nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden halbierten monatlichen Beitrags für den Basistarif, sofern die Versicherungsverträge der Versicherungspflicht nach § 193 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes genügen, oder
2.
für eine Absicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung.
Ein höherer Beitrag kann als angemessen anerkannt werden, wenn die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel voraussichtlich nur für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten besteht. Im begründeten Ausnahmefall kann auf Antrag ein höherer Beitrag auch im Fall einer Leistungsberechtigung für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten als angemessen anerkannt werden, wenn vor Ablauf der drei Monate oder bereits bei Antragstellung davon auszugehen ist, dass die Leistungsberechtigung nach diesem Kapitel für einen begrenzten, aber mehr als drei Monate andauernden Zeitraum bestehen wird.

(4a) Für Personen, die Mitglied in einer in § 176 Absatz 1 des Fünften Buches genannten Solidargemeinschaft sind, werden angemessene Beiträge bis zur Hälfte des sich nach § 152 Absatz 3 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ergebenden Höchstbeitrags der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt.

(5) Bei Personen, die in der sozialen Pflegeversicherung nach

1.
den §§ 20, 21 und 21a des Elften Buches pflichtversichert sind oder
2.
§ 26 des Elften Buches weiterversichert sind oder
3.
§ 26a des Elften Buches der sozialen Pflegeversicherung beigetreten sind,
gilt der monatliche Beitrag als angemessen.

(6) Bei Personen, die gegen das Risiko Pflegebedürftigkeit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach § 23 des Elften Buches versichert sind oder nach § 26a des Elften Buches der privaten Pflegeversicherung beigetreten sind, gilt bei Versicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Absatz 2a des Fünften Buches in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung der geschuldete Beitrag als angemessen, im Übrigen höchstens jedoch bis zu einer Höhe des nach § 110 Absatz 2 Satz 3 des Elften Buches halbierten Höchstbeitrags in der sozialen Pflegeversicherung. Für die Höhe des im Einzelfall angemessenen monatlichen Beitrags gilt Absatz 4 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann für Arbeits- und Erwerbslose, die nicht gesetzlich gegen Krankheit versichert sind, für andere Hilfeempfänger sowie für die vom Bundesministerium für Gesundheit bezeichneten Personenkreise die Krankenbehandlung übernehmen, sofern der Krankenkasse Ersatz der vollen Aufwendungen für den Einzelfall sowie eines angemessenen Teils ihrer Verwaltungskosten gewährleistet wird. Die Krankenkasse ist zur Übernahme der Krankenbehandlung nach Satz 1 für Empfänger von Gesundheitsleistungen nach den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes verpflichtet, wenn sie durch die Landesregierung oder die von der Landesregierung beauftragte oberste Landesbehörde dazu aufgefordert wird und mit ihr eine entsprechende Vereinbarung mindestens auf Ebene der Landkreise oder kreisfreien Städte geschlossen wird. Die Vereinbarung über die Übernahme der Krankenbehandlung nach Satz 1 für den in Satz 2 genannten Personenkreis hat insbesondere Regelungen zur Erbringung der Leistungen sowie zum Ersatz der Aufwendungen und Verwaltungskosten nach Satz 1 zu enthalten; die Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte kann vereinbart werden. Wird von der Landesregierung oder der von ihr beauftragten obersten Landesbehörde eine Rahmenvereinbarung auf Landesebene zur Übernahme der Krankenbehandlung für den in Satz 2 genannten Personenkreis gefordert, sind die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung verpflichtet. Zudem vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den auf Bundesebene bestehenden Spitzenorganisationen der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden Rahmenempfehlungen zur Übernahme der Krankenbehandlung für den in Satz 2 genannten Personenkreis. Die Rahmenempfehlungen nach Satz 5, die von den zuständigen Behörden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und den Krankenkassen nach den Sätzen 1 bis 3 sowie von den Vertragspartnern auf Landesebene nach Satz 4 übernommen werden sollen, regeln insbesondere die Umsetzung der leistungsrechtlichen Regelungen nach den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes, die Abrechnung und die Abrechnungsprüfung der Leistungen sowie den Ersatz der Aufwendungen und der Verwaltungskosten der Krankenkassen nach Satz 1.

(2) Die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches, nach dem Teil 2 des Neunten Buches, von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes und von Empfängern von Krankenhilfeleistungen nach dem Achten Buch, die nicht versichert sind, wird von der Krankenkasse übernommen. Satz 1 gilt nicht für Empfänger, die voraussichtlich nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, für Personen, die ausschließlich Leistungen nach § 11 Abs. 5 Satz 3 und § 33 des Zwölften Buches beziehen sowie für die in § 24 des Zwölften Buches genannten Personen.

(3) Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Empfänger haben unverzüglich eine Krankenkasse im Bereich des für die Hilfe zuständigen Trägers der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe zu wählen, die ihre Krankenbehandlung übernimmt. Leben mehrere Empfänger in häuslicher Gemeinschaft, wird das Wahlrecht vom Haushaltsvorstand für sich und für die Familienangehörigen ausgeübt, die bei Versicherungspflicht des Haushaltsvorstands nach § 10 versichert wären. Wird das Wahlrecht nach den Sätzen 1 und 2 nicht ausgeübt, gelten § 28i des Vierten Buches und § 175 Abs. 3 Satz 2 entsprechend.

(4) Für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Empfänger gelten § 11 Abs. 1 sowie die §§ 61 und 62 entsprechend. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte nach § 291. Als Versichertenstatus nach § 291a Absatz 2 Nummer 7 gilt für Empfänger bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die Statusbezeichnung "Mitglied", für Empfänger nach Vollendung des 65. Lebensjahres die Statusbezeichnung "Rentner". Empfänger, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in häuslicher Gemeinschaft leben und nicht Haushaltsvorstand sind, erhalten die Statusbezeichnung "Familienversicherte".

(5) Wenn Empfänger nicht mehr bedürftig im Sinne des Zwölften Buches oder des Achten Buches sind, meldet der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe diese bei der jeweiligen Krankenkasse ab. Bei der Abmeldung hat der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe die elektronische Gesundheitskarte vom Empfänger einzuziehen und an die Krankenkasse zu übermitteln. Aufwendungen, die der Krankenkasse nach Abmeldung durch eine missbräuchliche Verwendung der Karte entstehen, hat der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe zu erstatten. Satz 3 gilt nicht in den Fällen, in denen die Krankenkasse auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarungen verpflichtet ist, ihre Leistungspflicht vor der Inanspruchnahme der Leistung zu prüfen.

(6) Bei der Bemessung der Vergütungen nach § 85 oder § 87a ist die vertragsärztliche Versorgung der Empfänger zu berücksichtigen. Werden die Gesamtvergütungen nach § 85 nach Kopfpauschalen berechnet, gelten die Empfänger als Mitglieder. Leben mehrere Empfänger in häuslicher Gemeinschaft, gilt abweichend von Satz 2 nur der Haushaltsvorstand nach Absatz 3 als Mitglied; die vertragsärztliche Versorgung der Familienangehörigen, die nach § 10 versichert wären, wird durch die für den Haushaltsvorstand zu zahlende Kopfpauschale vergütet.

(7) Die Aufwendungen, die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Absätzen 2 bis 6 entstehen, werden ihnen von den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe vierteljährlich erstattet. Als angemessene Verwaltungskosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach Absatz 2 werden bis zu 5 vom Hundert der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorliegen, kann der zuständige Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe von der jeweiligen Krankenkasse verlangen, die Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen und nachzuweisen.

Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.

(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:

1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.

(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.

(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat

1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen. Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar. Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden. Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.

(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.

2

Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).

3

Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.

4

Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.

11

Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.

12

Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72). Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.

13

Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).

14

Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".

15

Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).

16

Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).

17

Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).

18

Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII , § 28 SGB XII RdNr 42), dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).

19

Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).

20

Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).

21

Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

22

Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.

23

Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.

24

Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.

25

Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme zukünftiger Kosten für eiweißreduzierte Diätnahrung sowie die Erstattung von dafür bereits aufgewendeten 2118,14 Euro.

2

Der im Juni 1988 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger leidet an der autosomal-rezessiv vererbten Ahornsirup-Krankheit (Leucinose, Maple syrup urine disease , ICD 10 E71.0), einer Aminosäurestoffwechselstörung, die auf genetisch bedingten Defekten eines Enzyms beruht. Die Krankheit manifestiert sich wenige Tage nach der Geburt und führt unbehandelt zunächst zu einer ausgeprägten neurologischen Symptomatik und wenige Monate später zum Tod. Um dies zu verhindern, ist mittels einer lebenslangen Diät die Zufuhr der Aminosäuren Leucin, Valin und Isoleucin stark einzuschränken. Abgesehen von genau abgemessenen Mengen Obstes, Kartoffeln und Gemüses ernährt sich der Kläger deswegen von industriell gefertigten eiweißreduzierten Nahrungsprodukten - insbesondere Mehl, Brot, Teigwaren, Ei- und Sahneersatzprodukten - (eiweißreduzierte Diätnahrung). Er erhält ergänzend von der Beklagten Aminosäuremischungen. Sie erstattete ihm bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres auch die Kosten für im Versandhandel selbst beschaffte Diätnahrung, lehnte aber für die Zeit danach eine weitere Übernahme der Kosten für die eiweißreduzierte Diätnahrung ab (Bescheid vom 28.7.2006, Widerspruchsbescheid vom 29.1.2007). Der Kläger ist mit seiner Klage auf Erstattung der ihm bisher entstandenen und Übernahme der künftig entstehenden Kosten der eiweißreduzierten Diätnahrung beim SG (Urteil vom 23.3.2009) und LSG erfolglos geblieben: Die begehrte Diätnahrung sei weder als Fertigarzneimittel zugelassen noch eine bilanzierte Diät iS des ab 1.1.2009 geltenden § 31 Abs 5 SGB V, sondern ein Grundnahrungsmittel. Sie sei auch keine ergänzende bilanzierte Diät iS der Nr 15.2.5 des Abschnitts E der Arzneimittel-Richtlinien (AMRL) aF, die § 316 SGB V für anwendbar erkläre(LSG-Urteil vom 14.7.2010).

3

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 31 Abs 1 SGB V. Die von ihm benötigte Diätnahrung sei zwar kein Fertigarzneimittel, habe jedoch arzneimittelgleiche Wirkung. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete es daher, die Diätnahrung - ähnlich wie Insulin - als Arzneimittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einzustufen. Die Diätnahrung erfülle auch die Voraussetzungen einer ergänzenden bilanzierten Diät nach § 31 Abs 5 SGB V iVm § 20 Satz 3 der ab 1.4.2009 geltenden Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL); jedenfalls seien die Regelungen grundrechtskonform in dieser Weise auszulegen. Zusammensetzung und Darreichungsform der Diätnahrung seien keine sachlichen Gründe für einen Leistungsausschluss, wenn bei anderen, der Ahornsirup-Krankheit vergleichbar schweren Erkrankungen Anspruch auf Trink- und Sondennahrung bestehe.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. März 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 2118,14 Euro bis zum 14. Juli 2010 entstandene Kosten der Diätnahrung zu erstatten und für die anschließende Zeit die Kosten einer Diätnahrung mit maximal reduziertem Eiweißanteil abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung zu übernehmen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil zurückgewiesen. Der Kläger kann von der beklagten KK weder zukünftig Versorgung mit eiweißreduzierter Diätnahrung als Naturalleistung noch für die Vergangenheit Erstattung der ihm hierfür entstandenen Kosten nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266) verlangen. Er hat auch keinen Anspruch auf künftige Kostenfreistellung nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266), falls der Beklagten eine Naturalleistungsverschaffung nicht möglich ist.

8

Sowohl der Anspruch auf Kostenerstattung für die Vergangenheit als auch der Anspruch auf Versorgung oder Kostenfreistellung für die Zukunft reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte und zukünftig zu beschaffende Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl nur BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 mwN - "Lorenzos Öl"). Dem Kläger steht keiner dieser Ansprüche zu, weil die eiweißreduzierte Diätnahrung nach den unangegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zum Leistungskatalog der GKV gehört.

9

Der Kläger kann zwar nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist, um seine MSUD zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung der Versicherten mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Diesen Anspruch hat auch das SGB IX nicht erweitert (vgl insgesamt BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 RdNr 12 f - D-Ribose). Der Senat muss nicht darüber entscheiden, ob die eiweißarme Diätnahrung als Arzneimittel oder als Lebensmittel zu qualifizieren ist, was aufgrund der Feststellungen des LSG offen ist. In beiden denkbaren Fällen besteht keine Leistungspflicht der Beklagten. Als Arzneimittel ist die Diätnahrung mangels Arzneimittelzulassung nicht verordnungsfähig (dazu 1.). Sie gehört auch als Lebensmittel nicht zu den Produkten, auf die sich ausnahmsweise die Leistungspflicht der GKV erstreckt (dazu 2.). Sie ist weder ein Heil- noch ein Hilfsmittel, sondern - wie zuvor dargelegt - Arznei- oder Lebensmittel (dazu 3.). Die fehlende Einbeziehung in den GKV-Leistungskatalog verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (dazu 4.).

10

1. Wenn eiweißreduzierte Diätnahrung als Arzneimittel zu qualifizieren ist (§ 31 Abs 1 Satz 1 SGB V; ausführlich zur Abgrenzung des Arzneimittelbegriffs vom Lebensmittelbegriff BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 15 ff - "Lorenzos Öl"), ist es nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig. Als Arzneimittel ist eiweißreduzierte Diätnahrung jedenfalls nicht ein Rezeptur-, sondern ein Fertigarzneimittel (dazu a), dem jedoch die erforderliche Zulassung fehlt (dazu b). Weder liegt ein sog Seltenheitsfall noch ein sonstiger Fall des arzneimittelrechtlich zulässigen Einzelimports vor (dazu c).

11

a) Nach § 4 Abs 1 Arzneimittelgesetz( idF durch Art 1 Nr 3 Buchst a Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.8.2005, BGBl I 2570) sind Fertigarzneimittel Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. Dies trifft auf die eiweißreduzierte Diätnahrung zu. Es ist unerheblich, dass es sich bei der eiweißreduzierten Diätnahrung jedenfalls teilweise um Nahrungsbestandteile handelt, die nicht bereits vom Hersteller, sondern erst durch den Endverbraucher für die Herstellung der zum Verzehr bestimmten Gerichte verwendet werden. Denn die Hersteller bringen die Grundstoffe in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten, für Lebensmittel typischen Verpackung in den Verkehr. Eine individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmte Dosisanpassung nach ärztlicher Verordnung erfolgt nicht.

12

b) Eiweißarme Diätnahrung ist als Fertigarzneimittel mangels erteilter AMG-Zulassung grundsätzlich nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst. Für Fertigarzneimittel ist eine deutsche oder europäische Zulassung arzneimittelrechtlich erforderlich (§ 21 Abs 1 AMG idF durch Art 1 Nr 22 Buchst a Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats sind die Anforderungen des SGB V an Pharmakotherapien mit Medikamenten, die nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedürfen, nur erfüllt, wenn sie eine solche Zulassung besitzen. Ohne die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt es - auch in Würdigung des Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) -an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Arzneimitteltherapie (vgl § 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V; stRspr, vgl statt vieler zB BSGE 72, 252, 256 f = SozR 3-2200 § 182 Nr 17 - Goldnerz-Aufbaucreme; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 - "Lorenzos Öl").

13

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eiweißarme Diätnahrung als Fertigarzneimittel im Rahmen eines Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG. Der erkennende Senat geht im Rahmen dieser Norm ausnahmsweise von der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV aus, wenn es sich um einen Fall der Seltenheit oder der grundrechtsorientierten Auslegung handelt. Daran fehlt es.

14

Die Voraussetzungen eines sog Seltenheitsfalls sind nicht erfüllt. MSUD ist zwar eine Krankheit, die weltweit nur sehr selten auftritt - nämlich mit einer Häufigkeit von einer Erkrankung auf ca 200 000 Geburten. Eine zu erwägende Erweiterung der Leistungspflicht knüpft aber an den Umstand an, dass bestimmte Krankheiten im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden können (vgl dazu BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 21 - Visudyne). So liegt es hier nicht. Ursachen, Wirkungen und Therapiemöglichkeiten der MSUD sind nämlich in der medizinischen Wissenschaft bekannt. Wie aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung hervorgeht, sind die Voraussetzungen für die lebenslange Verhütung von Stoffwechselentgleisungen mit irreparablen Schädigungen definiert, ihre praktische Handhabung ist medizinischer Standard.

15

Es fehlt auch ein Anlass zu einer grundrechtsorientierten Auslegung (vgl zu den Voraussetzungen BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31/32 - D-Ribose; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 20 ff - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 16 mwN - Idebenone; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - "Lorenzos Öl"). Zwar ist MSUD - unbehandelt - eine regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit. Ein Einzelimport von Arzneimitteln setzt aber nach § 73 Abs 3 AMG(in allen seit 2006 geltenden Fassungen, vgl zuletzt Abs 3 idF durch Art 1 Nr 65 Buchst d Gesetz vom 17.7.2009 BGBl I 1990 mWv 23.7.2009) ua voraus, dass sie in dem Staat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden. Es ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass eiweißreduzierte Diätnahrung außerhalb des Geltungsbereichs des AMG als Fertigarzneimittel zugelassen ist.

16

2. Ist eiweißreduzierte Diätnahrung nicht als Arzneimittel, sondern stattdessen als Lebensmittel zu qualifizieren, unterfällt eine Versorgung hiermit ebenfalls nicht dem Leistungskatalog der GKV. Das gilt sowohl für die Zeit ab 1.4.2009 (dazu a) als auch für die davor liegende Zeit bis Ende 2008 (dazu b) sowie für die Zwischenzeit des ersten Quartals des Jahres 2009 (dazu c).

17

a) Die Versorgung mit Lebensmitteln gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der GKV, selbst wenn therapeutische Nebeneffekte damit verbunden sind (stRspr, vgl zB BSGE 81, 240, 243 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 9 S 29 f - Diätnahrungsmittel; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 RdNr 24 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 34 - "Lorenzos Öl"). § 31 Abs 5 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1a Buchst c Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426) regelt folgende Ausnahmen: Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist; nach § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V legt hierzu der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V fest, unter welchen Voraussetzungen welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können und veröffentlicht im Bundesanzeiger eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte. Der GBA hat diesen Auftrag des Gesetzgebers in seiner Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung umgesetzt (vgl AM-RL idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a, in Kraft getreten am 1.4.2009, Kapitel I.: Gesetzlich zugelassene Ausnahmen zur Verordnungsfähigkeit von Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysaten, Elementardiäten und Sondennahrung ). Zu den Ausnahmefällen nach § 31 Abs 5 SGB V, in denen die Versorgung mit Lebensmitteln in den Leistungskatalog der GKV fällt, gehört eiweißreduzierte Diätnahrung nicht. Sie ist weder Aminosäuremischung noch Eiweißhydrolysat, Elementardiät oder Sondennahrung (dazu aa). Es liegt auch kein anderer Ausnahmefall vor, weil eiweißreduzierte Diätnahrung keine bilanzierte Diät ist (dazu bb).

18

aa) Nach § 19 Abs 1 AM-RL sind Aminosäuremischungen diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung). Sie bestehen überwiegend aus qualitativ und quantitativ definierten Gemischen von Aminosäuren und sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. Entsprechend der Zweckbestimmung können gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe enthalten sein. Soweit dies medizinisch notwendig ist, können Aminosäuremischungen auch Fette und Kohlenhydrate enthalten. Die vom Kläger begehrte eiweißreduzierte Diätnahrung besteht dagegen gerade nicht überwiegend aus Gemischen von Aminosäuren. Diese Diätnahrung enthält vielmehr möglichst wenig Eiweiß und damit Aminosäuren. Die eiweißreduzierte Diätnahrung schließt auch keine nach medizinischen Kriterien zusammengestellten, bei der Herstellung verwendeten definierten Aminosäuremischungen ein. Um eine ausreichende und entsprechend seiner Erkrankung angepasste Aufnahme von Aminosäuren zu gewährleisten, muss der Kläger gerade ergänzend zu seiner allgemein eiweißreduzierten Nahrungsaufnahme - hier nicht streitbefangene - lebensnotwendige Aminosäuremischungen (isoleucin-, leucin- und valinfreie Aminosäurenmischungen) erhalten, die die Beklagte ihm als Sachleistung gewährt.

19

Nach § 19 Abs 2 AM-RL sind Eiweißhydrolysate diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), bestehend aus abgebauten Proteinen (niedermolekularen Proteinkomponenten in Form von freien Aminosäuren, Oligopeptiden<2-10 Aminosäuren> und Peptiden). Sie sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. Die eiweißreduzierte Diätnahrung ist nach den vorstehenden Ausführungen zu den Aminosäuremischungen auch kein Eiweißhydrolysat. Ziel der eiweißreduzierten Diätnahrung ist es nicht, dem Körper abgebaute Proteine zur Verfügung zu stellen, sondern umgekehrt Proteine allgemein zu vermeiden.

20

Die eiweißreduzierte Diätnahrung ist ebenfalls keine Elementardiät. Elementardiäten sind nach § 19 Abs 3 AM-RL diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die - unabhängig von der Molekulargröße - oral zuzuführende Gemische aus Proteinen (auch hochhydrolysierte Proteine), Aminosäuren, Kohlenhydraten, Fetten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen enthalten, und die als einzige Nahrungsquelle geeignet sind (sog Trinknahrung). Enthalten sein können entsprechend ihrer Zweckbestimmung gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe. Die vom Kläger benötigte eiweißreduzierte Diätnahrung ist demgegenüber nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet. Sie klammert Eiweiß möglichst weitgehend aus, um irreversible neurologische Schädigungen zu vermeiden. Sie ist aufgrund des die Krankheitssymptome auslösenden Enzymdefektes eine an ihn angepasste, gezielt eingeschränkte und damit unvollständige Ernährung, die durch spezifische Aminosäuremischungen kompensiert werden muss.

21

Die vom Kläger benötigte eiweißreduzierte Diätnahrung dient schließlich nicht der Sondennahrung. Sondennahrungen sind nach § 19 Abs 4 AM-RL diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die bei einer individuell gewählten Zusammensetzung und Dosierung als einzige Nahrungsquelle zur Ernährung über die Sonde bestimmt sind. Die hier streitige eiweißreduzierte Diätnahrung ist nach der Art ihrer Herstellung dazu nicht geeignet. Abgesehen davon, dass sie - wie bereits ausgeführt - nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet ist, unterscheidet sie sich nach der Art und Weise der mit ihr verbundenen Nahrungsaufnahme nicht von anderen Nahrungsmittelprodukten, die in Lebensmittelgeschäften angeboten werden. Der Kläger benötigt aufgrund seiner Erkrankung zudem keine Sondennahrung.

22

bb) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 20 Satz 3 AM-RL, weil eiweißreduzierte Diätnahrung keine bilanzierte Diät ist. § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V gewährt schon nach seinem klaren Wortlaut nur einen Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung. In diesem Sinne ist auch § 20 Satz 3 AM-RL auszulegen. § 20 AM-RL enthält nämlich ergänzende Bestimmungen, um die Anforderungen des § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V zu konkretisieren. Die Regelung umschreibt, welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können (vgl § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V). Verordnete Produkte müssen danach der Legaldefinition für diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) entsprechen und sich rechtmäßig auf dem deutschen Markt befinden (§ 20 Satz 1 AM-RL). Produkte, die nicht den vorgenannten Definitionen entsprechen, zB weil sie nur Kohlenhydrate oder Fette enthalten, sind keine Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung im Sinne der AM-RL (§ 20 Satz 2 AM-RL). Dies gilt nicht für ergänzende bilanzierte Diäten zur Behandlung von angeborenen, seltenen Defekten im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und anderen diätpflichtigen Erkrankungen, die unbehandelt zu schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung führen und bei denen eine diätetische Intervention mit ergänzenden bilanzierten Diäten medizinisch notwendig ist (§ 20 Satz 3 AM-RL).

23

Der Begriff der ergänzenden bilanzierten Diäten nach § 20 Satz 3 AM-RL knüpft an § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V an. Die Regelung verweist in der Sache auf § 1 Abs 4a Verordnung über diätetische Lebensmittel ( idF der Bekanntmachung vom 28.4.2005, BGBl I 1161). Das erhellt aus der Entstehungsgeschichte (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung , BT-Drucks 16/10609 S 50 f zu Nr 1a zu Buchst c, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf § 1 Abs 4a Diätverordnung). Die Regelung begründet auf der Grundlage des § 1 Abs 4a Diätverordnung entsprechend der dortigen Definition der diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einen insoweit umfassenden, aber zugleich auch dadurch begrenzten Leistungsanspruch.

24

Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Regelung, wie er sich aus dem Ausschussbericht (BT-Drucks 16/10609 S 50) ergibt. Denn der Ausschuss empfahl die Einfügung eines Abs 5 in § 31 SGB V, um die Regelungslücke zu schließen, die das Urteil des erkennenden Senats vom 28.2.2008 (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 - "Lorenzos Öl") in der gesetzlichen Konzeption des § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst a Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19.12.1998, BGBl I 3853, und ab 1.7.2008 idF durch Art 5 Nr 3 Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom 14.6.2007, BGBl I 1066 <§ 31 Abs 1 Satz 2 SGB V aF>) aufgezeigt hatte. Hierbei wollte der Gesetzgeber den Leistungsanspruch nicht über den engen Bereich des § 1 Abs 4a Diätverordnung hinaus erweitern.

25

Nach § 1 Abs 4a Satz 1 Diätverordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) im Sinne dieser Verordnung Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen (§ 1 Abs 4a Satz 2 Diätverordnung, im Wesentlichen entsprechend dem Wortlaut des Art 1 Abs 2 Buchst b Richtlinie 1999/21/EG/Kommission vom 25.3.1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, ABl L 91/29 vom 7.4.1999). § 1 Abs 4a Satz 3 Diätverordnung unterteilt bilanzierte Diäten in: 1. vollständige bilanzierte Diäten mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und 2. ergänzende bilanzierte Diäten mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

26

Die vom Kläger begehrte eiweißreduzierte Diätnahrung genügt diesen Anforderungen nicht. Sie wird schon nicht als bilanzierte Diät in Verkehr gebracht. Nach § 21 Abs 1 Diätverordnung ist für bilanzierte Diäten die Bezeichnung "Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät)" Verkehrsbezeichnung im Sinne der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung. Bilanzierte Diäten dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie die Angaben nach Maßgabe des § 21 Abs 2 Satz 2 Diätverordnung enthalten. Daran fehlt es. Die Bezeichnung als eiweißreduzierte Diätnahrung genügt hierfür nicht.

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Ungeachtet der mangelnden Bezeichnung spricht zudem nichts dafür, dass eiweißreduzierte Diätnahrung der teilweisen Ernährung von Patienten dient, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen, wie es § 1 Abs 4a Satz 2 letzter Halbs Diätverordnung voraussetzt(vgl auch BGH WRP 2009, 300 RdNr 23 ff). Dieses Erfordernis spiegelt sich in den Gesetzesmaterialien zu § 31 Abs 5 SGB V wider, wonach etwa glutenfreie Spezialmehle, lactosefreie Milchprodukte, phenylalaninfreie Fertigprodukte und andere entsprechende Lebensmittel grundsätzlich nicht verordnungsfähig sind. Es bleibt insoweit weiterhin dabei, dass die Versorgung mit Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, sog Krankenkost und anderen diätetischen Lebensmitteln als bilanzierten Diäten grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der GKV gehört (vgl Ausschuss für Gesundheit, BT-Drucks 16/10609 S 51). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine diätetische Ernährung, für die der Verbraucher selber sorgen kann, nicht der Sonderregelung über bilanzierte Diäten unterliegt. Eine ergänzende bilanzierte Diät erfordert in diesem Sinne, dass ihre Nährstoffformulierung nicht durch eine planvolle Nahrungszubereitung im häuslichen Bereich selbst bilanziert werden kann. Sie darf im Hinblick auf die Sicherstellung der Bilanzierung (dh die konkrete Zusammensetzung der Nährstoffe) im betroffenen Ernährungssegment nicht durch die besondere Art der dem Erkrankten oder Pflegepersonen möglichen individuellen Nahrungszubereitung substituierbar sein. Eine Substitution ist hingegen regelmäßig ua dann möglich, wenn Lebensmitteln durch besondere produktionstechnische Verfahren einzelne, die Krankheit auslösende oder verschlimmernde Nahrungsbestandteile, eventuell unter Verwendung von Ersatzstoffen, ganz oder teilweise entzogen worden sind, sie aber als Bestandteile neben anderen "normalen" Lebensmitteln für eine selbst zu bilanzierende Diät verwendet werden.

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Damit harmoniert, dass diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke den besonderen Ernährungserfordernissen von Personen entsprechen sollen, die an bestimmten Krankheiten, Störungen oder Beschwerden leiden oder aufgrund von ihnen unterernährt sind; daher sind sie unter ärztlicher Aufsicht, gegebenenfalls mit Unterstützung anderer kompetenter Angehöriger der Heilberufe, zu verwenden (vgl Erwägungsgrund 1 der Richtlinie 1999/21/EG). Da hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie unter Berücksichtigung ihrer Erwägungsgründe keine vernünftigen Zweifel bestehen, ist insoweit eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art 234 EG/Art 267 AEUV nicht erforderlich (stRspr; vgl EuGH Urteil vom 6.10.1982 - 283/81 - EuGHE 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 - CILFIT).

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Diese Grundsätze greifen auch insoweit, als ein Ernährungssegment - hier die eiweißreduzierte Diätnahrung - betroffen ist, das seinerseits in Gestalt von Aminosäuremischungen durch eine bilanzierte, der Erkrankung angepasste Nährstoffformulierung ergänzt werden muss. Die eiweißreduzierte Ernährung bedeutet einen Verzicht auf eiweißreiche Lebensmittel, wie Milch, Milchprodukte (Quark, Käse, Joghurt, Schokolade), Fleisch, Wurst, Fisch, Meeresfrüchte, Eier, Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen), Mais, Nüsse, Mandeln, Cornflakes, Gries, normales Brot, Kekse und gelatinehaltige Süßigkeiten. Dagegen können bei der Ahornsirupkrankheit entsprechend der berechneten Menge der Aminosäure Leucin in den Lebensmitteln zB Obst, Gemüse, Kartoffeln und Kartoffelprodukte, Reis, Sahneersatzprodukte, eiweißarme Nudeln, eiweißarmes Brot, Brötchen, Kuchen, Waffeln, eiweißarme Milch, Obstsäfte und Apfelmus sowie nach Bedarf Wasser, Limonade, Kaffee, Tee, verdünnter Fruchtsirup, KABA fit Banane/Vanille, Erdbeere/Himbeere, Margarine, Öl, Butter, Zucker, Zuckerwatte, Traubenzucker, Süßigkeiten ohne Gelatine, Kaugummi, Wassereis, Honig, Marmelade und Konfitüre verzehrt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der erkrankte Versicherte - wie hier - gezwungen sein kann, die Nahrungszubereitung und -aufnahme sorgfältig zu planen und zu überwachen, um eine Stoffwechselentgleisung zu vermeiden.

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b) Der Kläger hat auch für die vorangegangene Zeit vom Erreichen der Volljährigkeit im Juni 2006 bis 31.12.2008 keinen Anspruch auf eiweißarme Diät aus § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V aF iVm Nr 15.2.5 Satz 3 Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und KKn (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (idF der - im Wege der Ersatzvornahme durch das BGMS erfolgten - Bekanntmachung einer Änderung der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom 25.8.2005, BAnz Nr 165 vom 1.9.2005 S 13241, ). Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass Nr 15.2.5 Satz 3 AMRL aF mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage nichtig ist (vgl nur BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 43 ff - "Lorenzos Öl"). Daran hält er fest.

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c) Der Kläger hat schließlich für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 keinen Anspruch auf eine eiweißarme Diät aus der Übergangsregelung des § 316 SGB V(GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426, in Kraft getreten am 1.1.2009; vgl Art 7 Abs 1 GKV-OrgWG). Der Gesetzgeber hat darin angeordnet, dass Versicherte bis zur Veröffentlichung der Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte nach § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V im Bundesanzeiger Anspruch auf enterale Ernährung nach Maßgabe des Kapitels E der AM-RL idF vom 25.8.2005 haben. Ziel der Übergangsvorschrift ist es lediglich, für die Zeit ab Inkrafttreten des § 31 Abs 5 Satz 2 SGB V (1.1.2009) bis zum Tag der Veröffentlichung der Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte im Bundesanzeiger (31.3.2009) im Vorgriff auf diese Veröffentlichung eine intermediäre Anspruchsgrundlage zu schaffen (vgl BT-Drucks 16/10609 S 63). Der Gesetzgeber wollte mit § 316 SGB V dagegen nicht einen Anspruch begründen, der über die in § 31 Abs 5 SGB V geschaffene Ermächtigung hinausgeht. Nach § 31 Abs 5 Satz 1 SGB V besteht jedoch - wie oben dargelegt(vgl II. 2. a) - kein Anspruch auf "normale" Diätnahrungsmittel, die nicht die Qualität von bilanzierten Diäten haben. Nur in diesem engen Rahmen gilt übergangsweise Nr 15.2.5 Satz 3 AMRL aF.

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3. Eiweißreduzierte Diätnahrung ist auch weder Heil- (dazu a) noch Hilfsmittel (dazu b).

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a) Heilmittel iS von § 32 SGB V sind alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen(vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 50 mwN - "Lorenzos Öl"). Die eiweißreduzierte Diätnahrung wird nicht als Dienstleistung verordnet, sondern als Arznei- oder Lebensmittel verabreicht.

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b) Eiweißreduzierte Diätnahrung ist ebenso wenig Hilfsmittel iS von § 33 Abs 1 SGB V. Hilfsmittel sind alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der notwendigen Änderung, Instandhaltung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel. Zwar ließe sich bei einem weiten sprachlichen Verständnis eiweißreduzierte Diätnahrung als Sache ansehen, die die Funktion hat, Gesundheitsschäden durch MSUD zu verhindern und dadurch den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern. Ein solches Gesetzesverständnis würde aber die Gesetzessystematik vernachlässigen, welche Arzneimittel, Ernährungstherapien, Nahrungsergänzungsmittel und Nahrungsmittel einer eigenständigen Regelung in § 31 SGB V unterworfen hat(vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 51-52 mwN - "Lorenzos Öl").

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4. Die fehlende Einbeziehung von Lebensmitteln in den Leistungskatalog der GKV, die nicht die Qualität von bilanzierten Diäten haben, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

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a) Die nach § 31 Abs 5 SGB V gesetzlich nur eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs der GKV für Nahrungsmittel beruht auf sachgerechten Gründen, ohne dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG zu widersprechen(zu den Anforderungen vgl allgemein BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfG Urteil vom 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - NJW 2007, 1343 f; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 4 RdNr 9 mwN). Die KKn sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 28 f mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - "Lorenzos Öl"). Das SGB V hat vielmehr Lebensmittel grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen, sie also dem Bereich der Eigenverantwortung der Versicherten (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) zugerechnet, mag hierfür den Versicherten auch krankheitsbedingt ein Mehraufwand entstehen. Damit vermeidet es nicht nur Abgrenzungsprobleme, die nach dem früheren Recht der RVO entstehen konnten, sondern trägt der begrenzten Aufgabenstellung der GKV Rechnung, sich auf gezielte Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung zu beschränken (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - "Lorenzos Öl"; vgl auch BVerfG Beschluss 1. Senat 3. Kammer vom 17.11.2010 - 1 BvR 556/09). Die Einbeziehung bilanzierter Diäten in sachlich besonders eingegrenzten Fällen beruht auf der sachlichen Nähe dieser Diäten zu Arzneimitteln. So ist etwa der Nachweis, dass eine bilanzierte Diät wirksam in dem Sinne ist, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen entspricht, für die sie bestimmt ist, durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu führen. Eine nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellte, in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ist für den Wirksamkeitsnachweis grundsätzlich ausreichend (vgl BGH NJW-RR 2009, 110, LS 1).

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Entgegen der Auffassung des Klägers ist er auch nicht denjenigen Versicherten gleichzustellen, die eine Trink- oder Sondennahrung benötigen. Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch nicht deswegen verletzt, weil er bei der MSUD keine oder kaum Ausweichmöglichkeiten hat, also nicht nur gezwungen ist, bestimmte Nahrungsbestandteile lediglich zu meiden und zum Ausgleich andere, natürlich vorkommende Lebensmittel zu wählen, sondern ganz überwiegend auf speziell produzierte eiweißreduzierte Diätnahrung angewiesen ist. Die Fälle, in denen Trink- oder Sondennahrung medizinisch notwendig ist, sind jedoch schon nicht wesentlich gleich mit einer Fallgestaltung, wie sie beim Kläger anzutreffen ist. Versicherte, die eine Trink- oder Sondennahrung benötigen, befinden sich in einem bis zur Hilflosigkeit reichenden Zustand der gesteigerten Abhängigkeit von künstlicher Ernährung. Zugleich ist diese Art der Nahrungszuführung regelhaft in einen ausgeprägten medizinisch-technischen Behandlungskontext eingebettet, der eine natürliche Nahrungsaufnahme ganz oder teilweise ausschließt.

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b) Die gesetzliche Konzeption, Lebensmittel, die nicht die Qualität bilanzierter Diäten erreichen - hier eiweißreduzierte Diätnahrung - innerhalb der GKV der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) zuzuweisen, führt auch nicht zu unzumutbaren, verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Belastungen der Versicherten (vgl zum verfassungsrechtlichen Schutz des Existenzminimums BVerfGE 125, 175, 223 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 135; BSGE 100, 221 = SozR 4-2500 § 62 Nr 6, RdNr 31; BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 108/10 R - BSGE 107, 217 RdNr 33, zur Veröffentlichung auch in SozR vorgesehen). Allerdings begründet es nach der gesetzlichen Konzeption keinen Anspruch gegen die GKV, dass ein Versicherter wirtschaftlich nicht hinreichend leistungsfähig ist, sich selbst mit Lebensmitteln und einfacher Diätnahrung zu versorgen, selbst wenn dies zur Vermeidung schwerwiegender gesundheitlicher Störungen oder des Todes unverzichtbar ist. Das Gesetz sieht indes bei fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit insoweit Ansprüche gegen die Sozialleistungsträger vor, zu deren Aufgaben die Existenzsicherung des Einzelnen im Falle der Bedürftigkeit zählt. Das trifft hier namentlich auf die SGB II- und die SGB XII-Leistungsträger zu (vgl § 21 Abs 5 SGB II, § 30 Abs 5 SGB XII und dazu zB BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - RdNr 24; BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, RdNr 39 ff; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28).

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.