Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2011 - VI ZR 79/10

bei uns veröffentlicht am08.02.2011
vorgehend
Amtsgericht Velbert, 11 C 58/08, 17.12.2008
Landgericht Wuppertal, 9 S 26/09, 11.03.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 79/10
Verkündet am:
8. Februar 2011
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch des Geschädigten auf Ersatz tatsächlich angefallener Reparaturkosten
, deren Höhe der Sachverständige auf mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert
geschätzt hat.
BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10 - LG Wuppertal
AG Velbert
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Zoll, Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 11. März 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 26. August 2007, bei dem sein Motorrad beschädigt wurde. Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers steht dem Grunde nach außer Streit. Der Kläger beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zum Schadensumfang. Dieser schätzte die voraussichtlichen Reparaturkosten bei einer Reparatur durch die Firma m. auf 10.028,49 € brutto und den Wiederbeschaffungswert auf 6.900 €. Die Beklagte regulierte den Schaden auf der Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwands. Sie brachte von dem vom Sachverständigen geschätzten Wiederbeschaffungswert einen von ihr selbst ermittelten Restwert in Höhe von 2.710 € in Abzug und zahlte an den Kläger 4.190 €.
2
Der Kläger ließ das Motorrad bei der Firma m. den Vorgaben des Sachverständigen entsprechend reparieren und nutzte es weiter. Die Firma m. erteilte ihm am 12. August 2008 eine Reparaturkostenrechnung über 8.925,35 € brutto, wobei sie dem Kläger auf den Nettorechnungsbetrag von 8.427,30 € einen Rabatt von 11 % (927 €) gewährte. Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt den Ersatz weiterer Reparaturkosten von 4.735,35 € sowie die Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten von 489,45 € verlangt.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger könne nur den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen, denn eine Reparatur seines Motorrades sei objektiv unwirtschaftlich gewesen. Die Reparaturkostenrechnung der Firma m. weise als Zwischensumme exakt den Betrag aus, den der Sachverständige geschätzt habe und der den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % übersteige. Dieser Betrag repräsentiere nach objektiven Kriterien die erforderlichen Kosten einer fachgerechten Reparatur. Unerheblich sei, dass die Reparaturwerkstatt dem Kläger einen - nicht näher spezifizierten bzw. begründeten Rabatt - gewährt habe.

II.

5
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
6
1. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff. und vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 6).
7
2. Ob der Geschädigte, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 10. Juli 2007 noch offen gelassen (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, aaO Rn. 7; Eggert, Verkehrsrecht aktuell 2009, 149, 150 ff.). Für den Fall, dass zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber - auch durch Verwendung von Gebrauchtteilen - gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, hat der erkennende Senat inzwischen entschieden, dass aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots dem Geschädigten eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann (Senatsurteil vom 14. Dezember 2010 - VI ZR 231/09, z.V.b.).
8
3. Der Geschädigte, der sein beschädigtes Kraftfahrzeug instand gesetzt hat, obwohl ein Sachverständiger die voraussichtlichen Kosten der Reparatur auf einen den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % übersteigenden Betrag geschätzt hat, kann den Ersatz von Reparaturkosten aber nur dann verlangen , wenn er nachweist, dass die tatsächlich durchgeführte Reparatur, sofern diese fachgerecht und den Vorgaben des Gutachtens entsprechend ausgeführt worden ist, wirtschaftlich nicht unvernünftig war. Ob dies der Fall ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung (§ 287 ZPO).
9
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger diesen Nachweis nicht geführt habe, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die vom Kläger vorgelegte Reparaturkostenrechnung bestätigt die Höhe der vom Sachverständigen objektiv für erforderlich gehaltenen Reparaturkosten. Da diese die 130 %- Grenze weit überschreiten, war die Instandsetzung des Fahrzeugs wirtschaftlich unvernünftig. Eine andere Beurteilung ist nicht schon deshalb geboten, weil die Firma m. dem Kläger einen erheblichen Rabatt gewährt hat, demzufolge der Rechnungsendbetrag knapp unter der 130 %-Grenze liegt. Das Berufungsgericht hat mit Recht näheren Vortrag des Klägers dazu vermisst, worauf die Gewährung dieses Nachlasses zurückzuführen ist. Ohne Kenntnis dieses Umstandes lässt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit nicht beurteilen. Da der Kläger die Umstände der Rabattgewährung nicht näher erläutert hat, ist die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Wirtschaftlichkeit der erfolgten Instandsetzung des Motorrades sei nicht nachgewiesen, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
10
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Zoll Pauge
Stöhr von Pentz

Vorinstanzen:
AG Velbert, Entscheidung vom 17.12.2008 - 11 C 58/08 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 11.03.2010 - 9 S 26/09 -

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

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Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.04.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Itzehoe (Aktenzeichen 98 C 81/10) unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.312,10

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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

6
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lagen die voraussichtlichen Reparaturkosten nach der Schadensschätzung des vom Kläger beauftragten Sachverständigen ca. 245 % über dem Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs. Liegen die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur eines Kraftfahrzeugs mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert , so ist die Instandsetzung in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen (vgl. Senatsurteil BGHZ 115, 375). Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes ) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (Senat aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 231/09
Verkündet am:
14. Dezember 2010
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Geschädigte kann Ersatz der angefallenen Reparaturkosten verlangen,
wenn es ihm entgegen der Einschätzung des vorgerichtlichen Sachverständigen
gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Sachverständigen
entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert
nicht übersteigt.
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2010 - VI ZR 231/09 - LG Hannover
AG Burgwedel
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis 2. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die
Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 1. Juli 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klägerin mehr als 38 € nebst Zinsen hieraus zugesprochen worden sind. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Burgwedel vom 22. Mai 2008 zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 95% und die Beklagte 5%. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 9. Mai 2007, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers dem Grunde nach unstreitig haftet.
2
Die Klägerin beauftragte am 10. Mai 2007 einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zum Schadensumfang. In dem Gutachten ermittelte dieser voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 3.746,73 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 2.200 € und einen Restwert in Höhe von 800 €.
3
Die Klägerin hat das Fahrzeug den Vorgaben des Sachverständigen entsprechend - allerdings unter Verwendung von Gebrauchtteilen - gegen Zahlung von 2.139,70 € brutto reparieren lassen und bis Anfang Juni 2008 weiter genutzt. Die Beklagte hat der Klägerin die Nebenkosten, die Reparaturkosten und eine Nutzungsausfallentschädigung für 15 Tage in Höhe von 38 € täglich erstattet. Mit ihrer Klage hat die Klägerin weitere 720,30 € Reparaturkosten sowie erstinstanzlich für weitere zwei Tage und zweitinstanzlich für einen weiteren Tag Nutzungsausfallentschädigung verlangt. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe nicht nur die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten, sondern fiktive Reparaturkosten bis zu 130% des Wiederbeschaffungswerts zu zahlen.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Betrags in Höhe von 758,30 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage hinsichtlich der Zinsen teilweise abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Beklagten weitere 720,30 € Reparaturkosten zu. Ein erforderlicher Reparaturaufwand bis zu 130% des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs könne grundsätzlich verlangt werden, wenn die durch Sachverständigengutachten ermittelten Reparaturkosten diesen Betrag überstiegen und der Geschädigte durch eine fachgerechte Reparatur zum Ausdruck bringe, dass er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzen wolle. Diese Voraussetzungen lägen nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen vor. Das Fahrzeug der Klägerin sei unter Verwendung von Gebrauchtteilen fachgerecht repariert worden, da die verwendeten Ersatzteile den beschädigten Fahrzeugteilen gleichwertig seien.
6
Der Klägerin stehe auch die beanspruchte Nutzungsentschädigung für einen weiteren Tag, insgesamt also für 16 Tage, zu.

II.

7
Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht der Klägerin weitere Reparaturkosten in Höhe von 720,30 € zugesprochen hat. Hinsichtlich der zusätzlichen Nutzungsausfallentschädigung für einen weiteren Tag ist das Berufungsurteil nicht zu beanstanden.
8
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne über die bereits ersetzten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 € hinaus von der Beklagten die Erstattung weiterer Reparaturkosten in Höhe von 720,30 € verlangen , steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats.
Insoweit begehrt die Klägerin den Ersatz fiktiver Reparaturkosten in Höhe von bis zu 130% des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswerts, obwohl für die tatsächlich durchgeführte Reparatur nur Kosten in Höhe von 2.139,70 € angefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Senats können jedoch Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegen, bis zur so genannten 130%-Grenze nur verlangt werden, wenn sie tatsächlich angefallen sind und die Reparatur fachgerecht und zumindest wertmäßig in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 167 ff.; vom 8. Dezember 2009 - VI ZR 119/09, VersR 2010, 363 Rn. 5 ff.). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist damit nicht die generelle Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung bis zur 130%-Grenze eröffnet. Die Klägerin kann mithin über die bereits gezahlten konkret angefallenen Reparaturkosten hinaus nicht den Ersatz weiterer Reparaturkosten verlangen.
9
2. Keinen Erfolg hat die Revision, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht der Klägerin Nutzungsausfall in Höhe von 38 € für einen weiteren Tag zugesprochen hat.
10
a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 2010 - VI ZR 293/08, VersR 2010, 1054 Rn. 3 m.w.N.). Im Streitfall ist die Schätzung des Tatrichters revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat insbesondere der Klägerin nur den im Berufungsrechtszug beantragten weiteren Nutzungsausfall für einen Tag zuerkannt, also nicht einen Nutzungsausfall sowohl hinsichtlich des Unfalltags als auch hinsichtlich des Tags, an welchem das reparierte Fahrzeug aus der Werkstatt abgeholt wurde. Zudem ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Nutzungsausfall auch für die Zeit zugesprochen hat, in der die Klägerin wegen ihres Fahrradunfalls verletzt war, weil ihr Ehemann das Fahrzeug (auch) benutzt hat und davon auszugehen ist, dass er sie während dieser Zeit - etwa bei notwendigen Arztbesuchen - befördert hätte.
11
b) Die Revision ist auch nicht deswegen begründet, weil die Beklagte gegen den Anspruch auf Zahlung weiterer Nutzungsausfallentschädigung die Aufrechnung mit überzahlten Reparaturkosten erklärt hat. Die Klägerin hat im Streitfall nämlich nicht nur einen Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands in Höhe von 1.400 €; ihr steht vielmehr der Ersatz der von der Beklagten gezahlten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 € zu.
12
Zwar ist die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30% über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130% des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff.; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 6). In seinem Urteil vom 10. Juli 2007 hat der Senat offen gelassen, ob der Geschädigte gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihm tatsäch- lich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, aaO Rn. 7; Eggert, Verkehrsrecht aktuell 2009, 149, 150 ff.).
13
Im Streitfall übersteigen die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 € selbst bei Berücksichtigung eines nach der Reparatur verbleibenden Minderwerts von 50 € den vom vorgerichtlichen Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert nicht. Jedenfalls unter solchen Umständen , bei denen zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130%-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber - auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen - gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen Berufungsgerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, kann ihm aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden. Die entsprechende Bewertung des Berufungsgerichts , welche in Einklang mit dem Gutachten des Gerichtssachverständigen und der Stellungnahme des vorgerichtlichen Sachverständigen vom 13. Juni 2008 steht, bewegt sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO und lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Klägerin stehen mithin die konkret angefallenen Kosten der Reparatur zu, die seitens der Beklagten bereits erstattet worden sind.
14
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
AG Burgwedel, Entscheidung vom 22.05.2008 - 9 C 6/08 -
LG Hannover, Entscheidung vom 01.07.2009 - 12 S 42/08 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)