vorgehend
Amtsgericht Oberkirch, 2 C 270/12, 23.01.2014
Landgericht Offenburg, 1 S 31/14, 26.08.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR387/14
Verkündet am:
2. Juni 2015
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert
des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs liegen.
BGH, Urteil vom 2. Juni 2015 - VI ZR 387/14 - LG Offenburg
AG Oberkirch
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke und die Richter
Wellner und Stöhr sowie die Richterinnen von Pentz und Dr. Roloff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 26. August 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 2. Oktober 2012 geltend, für den die Einstandspflicht der Beklagten außer Streit steht. Der vorgerichtlich mit der Schätzung des Sachschadens an dem Pkw der Klägerin, einem Mercedes Benz C 200 D, beauftragte Sachverständige S. ermittelte die Reparaturkosten mit 2.973,49 € brutto, den Wiederbeschaffungswert mit 1.600 € und den Restwert mit 470 €. Die Klägerin ließ den Pkw in der Zeit vom 4. bis 13. Oktober 2012 reparieren. Die Reparatur, bei der auch Gebrauchtteile verwendet wurden, kostete 2.079,79 €.
2
Die Beklagte zu 2 regulierte den Schaden als wirtschaftlichen Totalschaden auf der Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwands und zahlte an die Klägerin einen Betrag von 1.130 €. Darüber hinaus beglich sie die Sachverständigenkosten und zahlte 229,55 € vorgerichtliche Anwaltskosten sowie 25 € Unkostenpauschale.
3
Die auf Zahlung der noch mit 949,79 € offenen Reparaturkosten, 805,92 € Mietwagenkosten und weiterer 129,25 € Rechtsanwaltskosten nach dem höheren Gegenstandswert gerichtete Klage war beim Amtsgericht überwiegend erfolgreich, wobei das Amtsgericht die geltend gemachten Reparaturkosten in vollem Umfang und restliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 129,95 € zuerkannthat. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Reparaturkosten und darauf entfallende Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, trotz der Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen C., wonach die Reparatur zu einem technisch und optisch einwandfreien Ergebnis geführt habe, habe die Beklagte mit Recht auf Totalschadensbasis abgerechnet. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs sei in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die voraussichtlichen Reparaturkosten mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert lägen. So liege es im Streitfall. Ausweislich des Schadensgutachtens des Sachverständigen S. hätten die voraussichtlichen Reparaturkosten 2.973,49 € (brutto) und damit 186 % des angesetzten Wiederbeschaffungswerts in Höhe von 1.600 € betragen. Der Umstand, dass die der Klägerin tatsächlich in Rechnung gestellten Reparaturkosten die 130 %-Grenze knapp einhielten, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Reparatur sei bereits nicht entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen durchgeführt worden. Die Fahrertür und eine Zierleiste seien durch Gebrauchtteile ersetzt worden. Der vom Sachverständi- gen S. vorgesehene Austausch weiterer Zierleisten und des Kniestücks hinten links ließen sich der Reparaturkostenrechnung der Firma M. nicht entnehmen. Die Verwendung von Gebrauchtteilen sei im Übrigen ebenso schädlich wie die Beschreitung eines abweichenden, günstigeren Reparaturwegs. Der Einholung eines Schadensgutachtens komme zentrale Bedeutung bei der Schadensregulierung zu. Diese Bedeutung würde untergraben, wenn man es gestatten wollte, es nachträglich durch eine ex post-Betrachtung in Frage zu stellen, und es nur noch darauf ankäme, ob sich die tatsächlich berechneten Kosten innerhalb der 130 %-Grenze hielten. Deshalb sei dem Geschädigten eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis zu versagen, wenn die prognostizierten Reparaturkosten 130 % des Wiederbeschaffungswerts überstiegen. Andernfalls ergebe sich auch eine nicht unerhebliche Manipulationsgefahr durch eine versteckte Rabattgewährung , z.B. durch Herunterrechnen von Arbeitszeiten und nicht auf der Rechnung ausgewiesene Positionen. Die Verwendung von Gebrauchtteilen in größerem Umfang könne unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit problematisch sein. Im Übrigen verhalte sich die Klägerin auch widersprüchlich, wenn sie das Gutachten des Sachverständigen S. als Ausgangsbasis für die 130 %-Grenze wähle, andererseits aber dessen Eignung in Frage stelle, indem sie sich darauf berufe, der Austausch diverser Zierleisten und des Griffs der Fahrertür sei nicht notwendig gewesen. Die Klägerin sei daher im Ergebnis trotz der Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen C., die durchgeführte Reparatur habe zu einem technisch und optisch einwandfreien Ergebnis geführt, auf die von der Beklagten zu 2 bereits vorgenommene Regulierung auf Totalschadensbasis zu verweisen.

II.

5
Das Berufungsurteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Der Klägerin stehen weder die geltend gemachten Reparaturkosten noch Ersatz weiterer Nebenkosten zu.
6
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann in Abweichung von dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz des Reparaturaufwands (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädigung für den merkantilen Minderwert) bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 167 ff.; vom 9. Juni 2009 - VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 Rn. 15; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 7; vom 8. Dezember 2009 - VI ZR 119/09, VersR 2010, 363 Rn. 6; vom 14. Dezember 2010 - VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 Rn. 8; vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10, VersR 2011, 547 Rn. 7 und vom 15. November 2011 - VI ZR 30/11, VersR 2012, 75 Rn. 5).
7
2. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist - wovon das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeht - in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig , wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10, aaO). In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges erforderlichen Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparie- ren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff.; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 6 und vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10, aaO Rn. 6).
8
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat das vorgerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten im Rahmen der Schadensschätzung, die sich grundsätzlich an den Preisen der markengebundenen Fachwerkstatt zu orientieren hat, jedoch keine absolute Bedeutung für die Frage, welche Reparaturkosten tatsächlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersatzfähig sind. Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass jedenfalls in Fällen, in denen die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber - auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen - gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen Berufungsgerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten unter Berücksichtigung eines merkantilen Minderwerts den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, dem Geschädigten aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann (Senatsurteil vom 14. Dezember 2010 - VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 Rn. 13).
9
4. Ob der Geschädigte, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze fachgerecht in einem Umfang durchzuführen , wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, Ersatz von über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Repara- turkosten verlangen kann, konnte der Senat bisher offen lassen (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, aaO Rn. 7; vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10, VersR 2011, 547 Rn. 7 ff. und vom 15. November 2011 - VI ZR 30/11, VersR 2012, 75 Rn. 6 ff.).
10
Die Frage bedarf auch im Streitfall keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Reparatur im Streitfall bereits nicht vollständig nach den Vorgaben des Sachverständigen S. erfolgt. Zwar stünde die Verwendung altersentsprechender und funktionsfähiger Gebrauchtteile einer vollständigen und fachgerechten Reparatur nach der vorgenannten Senatsrechtsprechung nicht grundsätzlich entgegen. Nach den getroffenen Feststellungen ist jedoch der vom Sachverständigen S. vorgesehene Austausch weiterer Zierleisten und des Kniestücks hinten links nicht erfolgt. Insoweit hilft es der Klägerin auch nicht, dass nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen C. "keine optischen Mängel" vorhanden waren. Denn es kommt nicht darauf an, ob die verbliebenen Defizite optisch nicht stören. Vielmehr kommt es im Rahmen der Vergleichsbetrachtung allein auf den erforderlichen, d.h. nach objektiven Kriterien zu beurteilenden und deshalb auch unschwer nachzuprüfenden Reparaturaufwand an (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 10 mwN). Galke Wellner Stöhr von Pentz Roloff
Vorinstanzen:
AG Oberkirch, Entscheidung vom 23.01.2014 - 2 C 270/12 -
LG Offenburg, Entscheidung vom 26.08.2014 - 1 S 31/14 -

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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
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15. Februar 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des
Fahrzeugs kann nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem
Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung
gemacht hat (Fortführung des Senatsurteils BGHZ 154, 395 ff.).
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vom 11. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Januar 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall , für den die Beklagten als Unfallgegner und Haftpflichtversicherer in vollem Umfang einzustehen haben. Die für die fachgerechte und vollständige Reparatur des klägerischen Fahrzeugs erforderlichen Kosten schätzte der KFZ-Sachverständige auf 18.427,37 DM inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Den Wiederbeschaffungswert schätzte er auf 13.800 DM und den Restwert auf 2.500 DM. Der Kläger reparierte das Fahrzeug in Eigenregie teilweise und nutzt es weiter. Die Beklagte zu 1 erstattete vorprozessual 11.300 DM.
Der Kläger vertritt die Ansicht, daß ihm die geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe von 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zu erstatten seien. Er hat u.a. weitere Reparaturkosten von 3.394,98 € (= 6.640 DM) eingeklagt. Das Landgericht hat der Klage zuerst in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Beklagten ergangen ist, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Umfangs der durchgeführten Reparatur hat das Landgericht dem Kläger den von der Beklagten zu 1 in Abzug gebrachten Restwert in Höhe von 1.278,23 € (= 2.500 DM) zugesprochen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht hat die Revision beschränkt auf den Anspruch auf Ersatz weiterer Reparaturkosten zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seinem Rechtsmittel sein Klagebegehren hinsichtlich des Reparaturkostenersatzes weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch auf Ersatz weiterer Reparaturkosten , weil dem Kläger nach den Umständen des Falles kein Integritätszuschlag von 30% über dem Wiederbeschaffungswert zugebilligt werden könne. Für diesen Zuschlag sei erforderlich, daß das Fahrzeug fachgerecht und vollständig repariert werde, auch wenn eine Selbstreparatur vorgenommen werden dürfe. Hinsichtlich des Reparaturbedarfs habe sich der Geschädigte an den im Schadensgutachten enthaltenen fachhandwerklichen Vorgaben zu orientieren. Bei einer nur die Fahrbereitschaft wiederherstellenden Teilreparatur
komme ein schutzwürdiges Integritätsinteresse des Geschädigten nicht zum Tragen. Allerdings sei in einem solchen Fall der für die Schadensbehebung erforderliche Geldbetrag bis zum Wiederbeschaffungswert, also ohne Abzug des Restwerts, zu erstatten.

II.

Die Revision bleibt erfolglos. Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Geschädigte nicht Ersatz von den Wiederbeschaffungswert übersteigenden Reparaturkosten verlangen kann, wenn er den Schaden auf der Basis eines Sachverständigengutachtens abrechnet, die Reparatur jedoch nicht im entsprechenden Umfang und fachgerecht durchführt, erweist sich als zutreffend. 1. a) Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Geschädigte, der es nach einem Sachschaden selbst in die Hand nimmt, den früheren Zustand herzustellen , berechtigt, vom Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Der Schädiger kann ihn auf eine Entschädigung in Geld für den erlittenen Wertverlust nur dann verweisen, wenn und soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung nicht genügend ist (§ 251 Abs. 1 BGB) oder unverhältnismäßige Aufwendungen erfordert (§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB). Erst die Unverhältnismäßigkeit bildet also bei möglicher Naturalrestitution die Grenze, ab welcher der Ersatzanspruch des Geschädigten sich nicht mehr auf Herstellung (Naturalrestitution), sondern allein noch auf Wertausgleich des Verlustes in der Vermögensbilanz (Kompensation) richtet. Insoweit hat Naturalrestitution Vorrang vor Kompensation (Senatsurteil BGHZ 115, 364, 367).
b) Bei einem Schaden an einem Kraftfahrzeug kann der Geschädigte auf zweierlei Weise Naturalrestitution erreichen: er kann die Kosten für die Reparatur oder für die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs verlangen.
Auch die letztere Art der Schadensbeseitigung ist, wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat und woran er weiter festhält, eine Form der Naturalrestitution (Senatsurteile BGHZ 154, 395, 397; 115, 364, 368; 115, 375 ff.). Denn das Ziel der Restitution beschränkt sich nicht auf eine (Wieder)Herstellung der beschädigten Sache; es besteht in umfassenderer Weise gemäß § 249 Abs. 1 BGB darin, den Zustand herzustellen, der, wirtschaftlich gesehen, der ohne das Schadensereignis bestehenden Lage entspricht (Senatsurteil BGHZ 115, 364, 368 m.w.N.). aa) Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Auch dieses Wirtschaftlichkeitspostulat hat der Senat mehrfach betont (Senatsurteile BGHZ 155, 1, 3; 154, 395, 387; 115, 364, 373; 115, 375 ff.; 66, 239, 248 f.; 63, 182, 186 f.; 61, 346, 349 ff. und vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594). Es findet seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Denn die Einbuße des Geschädigten ist, auch unter Berücksichtigung des für § 249 BGB in Frage stehenden Interesses an dem Erhalt seines Vermögens in dessen gegenständlicher Zusammensetzung, nicht größer als das, was er aufwenden muß, um sein Vermögen auch hinsichtlich des beschädigten Bestandteils in zumutbarer Weise in einen dem früheren wirtschaftlich gleichwertigen Zustand zu versetzen. bb) Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten allerdings nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (Senatsurteile BGHZ 63, 295, 300; vom 30. Mai 1961 - VI ZR 139/60 - VersR 1961, 707, 708 und vom 4. März 1976 - VI ZR 14/75 - VersR 1976, 732, 734).
Immerhin kann dem letzteren Gesichtspunkt Bedeutung für die Beurteilung der Frage zukommen, ob der Geschädigte den Aufwand in vernünftigen Grenzen gehalten hat (Senatsurteile vom 20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 - VersR 1972, 1024 f. und vom 2. März 1982 - VI ZR 35/80 - VersR 1982, 548, 549). Denn nur diejenigen Aufwendungen sind ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vom Schädiger abzunehmen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 375, 378; vom 2. März 1982 - VI ZR 35/80 - aaO und vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989,1056 f. m.w.N.). Bei der Prüfung, ob der Geschädigte sich in diesem Rahmen gehalten hat, ist Rücksicht auf seine spezielle Situation, also insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen; denn § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB stellt auf eine Restitution in Eigenregie des Geschädigten ab. Die Schadensersatzpflicht besteht aber von vornherein nur insoweit, als sich die Aufwendungen im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft halten (Senatsurteile BGHZ 115, 375, aaO; vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO). cc) Das Wahlrecht des Geschädigten findet seine Schranke außerdem an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll er an dem Schadensfall nicht "verdienen" (vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 398; 115, 364, 368; 115, 375, 378 jeweils m.w.N.; vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457, 458 und vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - VersR 1992, 710, 711).
c) In den durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung durch Schadensersatz gezogenen Grenzen ist der Geschädigte grund-
sätzlich frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 397 f. und vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f. m.w.N.; Weber, VersR 1990, 934, 938 ff.; Steffen, NZV 1991, 1, 2; ders. NJW 1995, 2057, 2059 f.). Er ist weder dazu verpflichtet , sein Fahrzeug zu reparieren noch es zur Reparatur in eine Kundendienstwerkstatt zu geben, deren Preise in der Regel Grundlage der Kostenschätzung sind. Es bleibt vielmehr ihm überlassen, ob und auf welche Weise er sein Fahrzeug wieder instand setzt (vgl. Senatsurteile BGHZ 155, 1, 3; 154, 395, 398; 54, 82, 86; vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - VersR 1992, 710 und vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f. m.w.N.). 2. Mit diesen schadensrechtlichen Grundsätzen ist es vereinbar, daß dem Geschädigten, der sich zu einer Reparatur entschließt und diese auch nachweislich durchführt, Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden, die den Wiederbeschaffungswert bis zu 30% übersteigen (Senatsurteil BGHZ 115, 364, 371). Denn bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welchen Aufwand der Geschädigte für die Reparatur seines Fahrzeugs ersetzt verlangen kann, ist zum einen die Verhältnismäßigkeit des Reparaturaufwands zum Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 115, 364, 367); zum anderen ist auch zu bedenken, daß nur die Reparatur des dem Geschädigten vertrauten Fahrzeugs regelmäßig sein Integritätsinteresse zu befriedigen vermag (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 371; vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - VersR 1999, 245 f. und vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - aaO; OLG Hamm, NZV 1991, 351, 352 = DAR 1991, 333, 334; Medicus, Jus 1973, 211, 212; Weber, DAR 1991, 11).
a) In diesem Zusammenhang weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, daß sich das Integritätsinteresse des Geschädigten nicht nur in dem Wunsch auf reine Herstellung der Mobilität mit einem gleichwertigen PKW er-
schöpft. Ihm liegen durchaus wirtschaftliche Gesichtspunkte zugrunde (vgl. Senatsurteil BGHZ 115, 364, 371 mit Anm. von Lipp in NZV 1992, 70 ff.; Senatsurteile vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - und vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - jeweils aaO; vom 18. Juni 1985 - VI ZR 168/84 - VersR 1985, 865, 866 und vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO). Selbst wenn bei voller Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs "neu für alt" insbesondere bei älteren Fahrzeugen die Reparaturkosten die Kosten der Wiederbeschaffung in aller Regel deutlich übersteigen, ist eine Abrechnung von Reparaturkosten in solchen Fällen nicht generell ausgeschlossen. Denn der Eigentümer eines Kraftfahrzeugs weiß, wie dieses ein- und weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden ist, ob und welche Mängel dabei aufgetreten und auf welche Weise sie behoben worden sind. Demgegenüber sind dem Käufer eines Gebrauchtwagens diese Umstände, die dem Fahrzeug ein individuelles Gepräge geben (vgl. Jordan, VersR 1978, 688, 691), zumeist unbekannt. Daß ihnen ein wirtschaftlicher Wert zukommt, zeigt sich auch darin, daß bei dem Erwerb eines Kraftfahrzeugs aus "erster Hand" regelmäßig ein höherer Preis gezahlt wird (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - aaO). Hierbei handelt es sich somit keineswegs um immaterielle Erwägungen, wie etwa die Anerkennung einer "eigentlich unsinnigen emotionalen Bindung des Geschädigten an einen technischen Gegenstand" (Freundorfer, VersR 1992, 1332, 1333). Ein derartiges Affektionsinteresse könnte schadensrechtlich keine Anerkennung finden.
b) Sind es mithin die dargelegten wirtschaftlichen Aspekte, die den Zuschlag von bis zu 30% zum Wiederbeschaffungswert aus schadensrechtlicher Sicht gerechtfertigt erscheinen lassen, sind diese auch von Bedeutung für die bisher vom Senat nicht ausdrücklich entschiedene Frage, welche Qualität und welchen Umfang die Reparatur haben muß, um im Rahmen des Schadensersatzes diesen Zuschlag zu rechtfertigen.
aa) Entgegen der Auffassung der Revision können Umfang und Qualität der Reparatur nicht schon deshalb außer Betracht bleiben, weil der Geschädigte sein Fahrzeug selbst instand setzen darf, also nicht in einer anerkannten Fachwerkstatt reparieren lassen muß. Insoweit ist nicht maßgebend, ob dem Geschädigten der entsprechende finanzielle Aufwand tatsächlich entstanden ist. Auch eine Eigenreparatur kann eine Abrechnung auf der Basis fiktiver Reparaturkosten bis zu 130% des Wiederbeschaffungswerts rechtfertigen, wenn der Geschädigte mit ihr sein Integritätsinteresse bekundet hat. Das aber ist nur dann der Fall, wenn er durch eine fachgerechte Reparatur zum Ausdruck bringt, daß er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzen will. Nur unter diesen Umständen hat der Schädiger Reparaturkostenersatz bis zur Grenze von 130% des Wiederbeschaffungswerts zu leisten. bb) Setzt jedoch der Geschädigte nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug nicht vollständig und fachgerecht instand, ist regelmäßig die Erstattung von Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf den Wert der Sache wäre eine solche Art der Wiederherstellung im allgemeinen unverhältnismäßig und kann dem Geschädigten nur ausnahmsweise im Hinblick darauf zugebilligt werden, daß der für ihn gewohnte und von ihm gewünschte Zustand des Kraftfahrzeugs auch tatsächlich wie vor dem Schadensfall erhalten bleibt bzw. wiederhergestellt wird (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 - VersR 1972, 1024 f.; vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594; Lipp, NJW 1990, 104, 105; Medicus, Jus 1973, aaO). Stellt der Geschädigte lediglich die Fahrbereitschaft, nicht aber den früheren Zustand des Fahrzeugs wieder her, so beweist er dadurch zwar ein Interesse an der Mobilität durch sein Fahrzeug, das jedoch in vergleichbarer Weise auch durch eine Ersatzbeschaffung befriedigt werden könnte. Der für die Zubilligung der "Integritätsspitze" von 30% ausschlaggebende weitere Gesichtspunkt , daß der Geschädigte besonderen Wert auf das ihm vertraute Fahr-
zeug lege (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - aaO), verliert bei einer unvollständigen und vor allem nicht fachgerechten Reparatur eines total beschädigten Fahrzeugs in entscheidendem Maß an Bedeutung. cc) Daß der Geschädigte Schadensersatz erhält, der den Wiederbeschaffungswert übersteigt, ist deshalb mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und Bereicherungsverbot nur zu vereinbaren, wenn er den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt. Nur zu diesem Zweck wird die "Opfergrenze" des Schädigers erhöht. Anderenfalls wäre ein solcher erhöhter Schadensausgleich verfehlt. Er hätte eine ungerechtfertigte Aufblähung der Ersatzleistungen zur Folge, führte zu einer vom Zweck des Schadensausgleichs nicht gebotenen Belastung des Schädigers und jedenfalls in dem über den Wiederbeschaffungswert hinausgehenden Betrag zur Bereicherung des Geschädigten.
c) Dem entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts, die von anderen Oberlandesgerichten und im Schrifttum geteilt wird (vgl. OLG Hamm, NZV 2002, 272; OLG Dresden, NZV 2001, 346; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht , VersR 1999, 202; OLG Saarbrücken, MDR 1998, 1346; OLG Düsseldorf , Schaden-Praxis 1998, 390; Thüringer OLG, OLGR Jena 1998, 15; OLG Karlsruhe, ZfS 1997, 53; OLG Koblenz, NZV 1995, 355; vgl. dazu auch Eggert, DAR 2001, 20, 21 f.; Luckey, VersR 2004, 1525 f.). Ihr folgt auch der erkennende Senat. Danach kann Ersatz von Reparaturkosten bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs dann verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.
d) Im Streitfall hat der Geschädigte nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts das Fahrzeug weder vollständig
noch fachgerecht repariert. Es sind Restunfallschäden vorhanden, die nur in einer Fachwerkstatt unter Einsatz einer Richtbank zu beheben wären. Insbesondere am Längsträger und am Radeinbau vorne rechts sowie an den Verbindungsstellen zum Frontblech befinden sich noch unfallbedingte Beschädigungen , deren Beseitigung einen Kostenaufwand von 3000 € erfordern würde. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich hierbei nicht um unmaßgebliche Restarbeiten. Da der Kläger sie nicht vorgenommen hat, hat er auch keinen Anspruch auf Ersatz von den Wiederbeschaffungswert übersteigenden Reparaturkosten. Die Beklagte zu 1 hat bereits Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs geleistet. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht weiteren Reparaturkostenersatz versagt.
e) Ob - wie das Berufungsgericht meint - ein Abzug des Restwerts nicht geboten war, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da die Beklagte zu 1 an den Kläger Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts des PKW ohne Berücksichtigung des Restwerts gezahlt hat (vgl. zum Abzug des Restwerts Senatsurteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR 172/04).
3. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
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(2) Diese schadensrechtlichen Grundsätze lassen sich nicht isoliert verwirklichen. Sie stehen vielmehr zueinander in einer Wechselbeziehung. Dementsprechend darf in Verfolgung des Wirtschaftlichkeitspostulats das Integritätsinteresse des Geschädigten, das aufgrund der gesetzlich gebotenen Naturalrestitution Vorrang genießt, nicht verkürzt werden (vgl. Senat BGHZ 154, 395, 398 f.; 162, 161, 165 ff.; 163, 180, 184; 169, 263, 267). In Ausnahmefällen kann das Wirtschaftlichkeitsgebot eine Einschränkung erfahren und hinter einem besonderen Integritätsinteresse des Geschädigten an einer an sich unwirtschaftlichen Restitutionsmaßnahme zurücktreten. So steht dem Geschädigten nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats in Abweichung vom Wirtschaftlichkeitsgebot ausnahmsweise ein Anspruch auf Ersatz des den Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeugs um bis zu 30 % übersteigenden Reparaturaufwands (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädigung für den merkantilen Minderwert) zu, sofern der Geschädigte den Zustand seines Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt, um es nach der Reparatur weiter zu nutzen. Die Erstattung des im Vergleich zu den Ersatzbeschaffungskosten höheren Reparaturaufwands ist aufgrund des besonderen Integritätsinteresses des Geschädigten am Erhalt des ihm vertrauten Fahrzeugs ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. Senat BGHZ 115, 364, 370 f.; 162, 161, 166 ff.; Urteile vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06 - VersR 2007, 1244, 1245; vom 13. November 2007 - VI ZR 89/07 - VersR 2008, 134; vom 27. November 2007 - VI ZR 56/07 - VersR 2008, 135, 136; vom 22. April 2008 - VI ZR 237/07 - VersR 2008, 937, 938 und vom 18. November 2008 - VI ZB 22/08 - VersR 2009, 128).
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2. Es kann im Streitfall offen bleiben, ob der Geschädigte gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze durchzuführen, denn nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges nur verlangt werden, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt worden sind, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 162, 161; 154, 395). Dies ist jedoch dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gerade nicht gelungen.
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Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs kann dabei nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (Senatsurteile BGHZ 154, 395, 400 und 162, 161, 167 f.). Reparaturkosten für eine Teilreparatur, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen und den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, können in diesen Fällen ebenfalls nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt; anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt (Senatsurteil BGHZ 162, 170).
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1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne über die bereits ersetzten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 € hinaus von der Beklagten die Erstattung weiterer Reparaturkosten in Höhe von 720,30 € verlangen , steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats.
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1. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff. und vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 6).
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2. Es kann im Streitfall offen bleiben, ob der Geschädigte gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze durchzuführen, denn nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges nur verlangt werden, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt worden sind, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 162, 161; 154, 395). Dies ist jedoch dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gerade nicht gelungen.
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1. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff. und vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 6).

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

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1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne über die bereits ersetzten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 € hinaus von der Beklagten die Erstattung weiterer Reparaturkosten in Höhe von 720,30 € verlangen , steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats.
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2. Es kann im Streitfall offen bleiben, ob der Geschädigte gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze durchzuführen, denn nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges nur verlangt werden, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt worden sind, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 162, 161; 154, 395). Dies ist jedoch dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gerade nicht gelungen.
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1. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff. und vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 6).
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2. Es kann im Streitfall offen bleiben, ob der Geschädigte gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze durchzuführen, denn nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges nur verlangt werden, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt worden sind, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 162, 161; 154, 395). Dies ist jedoch dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gerade nicht gelungen.