Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - IX ZR 66/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:131218UIXZR66.18.0
bei uns veröffentlicht am13.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Berichtigt durch
Beschluss vom 18. März 2019
Preuß, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEILVERSÄUMNIS- und TEILENDURTEIL
IX ZR 66/18
Verkündet am:
13. Dezember 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Begründet ein Gesellschafter seinen Schaden damit, er hätte die monatlichen Zahlungen
auf die Einlage eingestellt, wenn er nicht betrogen worden wäre, macht er
einen Einzelschaden geltend.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - IX ZR 66/18 - LG Würzburg
AG Würzburg
ECLI:DE:BGH:2018:131218UIXZR66.18.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser,die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 31. Januar 2018 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Das Urteil ist gegen den Beklagten zu 1 vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend , die sich daraus ergeben sollen, dass er an der C. AG & Co. KG (künftig: Schuldnerin), über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, vielleicht auch nur mittelbar gesellschaftlich beteiligt war. Zum Zeitpunkt der Zeichnung der Anlage durch den Kläger waren die Beklagten für die Schuldnerin wohl noch nicht tätig. Der Kläger wirft ihnen vor, Gesell- schaftsvermögen in strafrechtlich relevanter Weise verschoben zu haben. Er hat die Klage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben, welches noch andauert. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der Kläger die Verurteilung der Beklagten erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Über die Revision ist in Bezug auf den Beklagten zu 1 antragsgemäß durch (Teil-)Versäumnisurteil zu entscheiden, weil dieser trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war. Dieses Versäumnisurteil beruht inhaltlich allerdings nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f).

II.


3
Die Revision des Klägers ist begründet.
4
1. Zur Begründung führt das Berufungsgericht in dem gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommenen Urteil aus: Der Kläger sei nicht berechtigt, den von ihm geltend gemachten Schaden einzuklagen. Es handle sich um einen Gesamtschaden im Sinne von § 92 InsO, der nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden könne. Davon abgesehen könne der Kläger den Schaden wegen des Wertverlustes seiner Beteiligung nur in der Weise geltend machen, dass er den Schädiger auf Zahlung an die Gesellschaft in Anspruch nehme. Weiter scheitere die Klage daran, dass der Kläger nicht nachgewiesen habe, die bestrittenen Zahlungen tatsächlich erbracht zu haben.
5
2. Das Berufungsurteil ist gemäß § 562 Abs. 1, § 545 Abs. 1, § 547 Nr. 6 ZPO von Amts wegen aufzuheben, weil es nicht mit Gründen versehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - IX ZR 73/08, JurBüro 2009, 427 Rn. 3; Beschluss vom 22. September 2016 - V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 10; Urteil vom 21. November 2017 - XI ZR 106/16, WM 2018, 51 Rn. 8).
6
a) Ein Urteil muss - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - neben den in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO aufgeführten Bestandteilen - Bezeichnung der Verfahrensbeteiligten, Datum des Schlusses der mündlichen Verhandlung und Urteilsformel - eine Begründung enthalten. Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO müssen aus dem Berufungsurteil die tatsächlichen Grundlagen, von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist, nebst den Klage- und Berufungsanträgen ersichtlich sein. Diese Darlegungen können, wenn das Urteil in der mündlichen Verhandlung verkündet wird, gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen werden (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009, aaO mwN; vom 1. März 2010 - II ZR 213/08, WM 2010, 796 Rn. 8). Dem wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Es enthält keinen als Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen zu verstehenden Hinweis auf das Urteil des Amtsgerichts, keine eigenen Feststellungen zum Sach- und Streitstand und keine Ausführungen zum weiteren Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz. Es gibt weder die Klage- noch die Berufungsanträge wieder.

7
b) Fehlen die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO vorgeschriebenen Feststellungen, kann eine Aufhebung und Zurückverweisung dann unterbleiben, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen sowie das Rechtsschutzziel der Parteien hinreichend deutlich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergeben (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009, aaO Rn. 4). Vorliegend ist das nicht der Fall. Zwar wird hinreichend deutlich, dass der Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend macht, weil er meint, durch deren Untreuehandlungen zum Nachteil der Gesellschaft sei er persönlich geschädigt worden. Nicht erkennbar ist, welchen Schaden er in welcher Höhe geltend macht und wie er ihn begründet. Insoweit kann nicht beurteilt werden, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zutreffen, er mache lediglich einen Gesellschafts - und Gesamtschaden geltend, wozu er möglicherweise nach § 92 InsO (gegebenenfalls analog) nicht berechtigt ist, und keinen Einzelschaden. Das genügt den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht. Das angefochtene Urteil enthält damit keine tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Dieses ist weder verpflichtet noch auch nur berechtigt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt und die in den Vorinstanzen gestellten Anträge selbst aus den Akten zu ermitteln (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009, aaO).

III.


8
1. Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
9
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
10
Der Kläger macht mit der Revisionsbegründung geltend, er habe, wie das Berufungsgericht verkannt habe, seinen Schaden nicht darin gesehen, dass der Wert seiner gegebenenfalls mittelbaren Beteiligung an der Schuldnerin durch die behaupteten Untreuehandlungen der Beklagten gegenüber der Schuldnerin gesunken sei, sondern allein darin, dass er von Dezember 2009 bis September 2014 monatliche Raten auf die Einlage gezahlt habe, Zahlungen, die er nicht geleistet hätte, wenn die Beklagten ihn nicht betrogen hätten (vgl. zum Betrug durch Unterlassen BGH, Beschluss vom 8. März 2017 - 1 StR 466/16, BGHSt 62, 72). Sollte dies zutreffen, hätte der Kläger keinen Gesamtschaden im Sinne von § 92 InsO eingeklagt, sondern einen Einzelschaden, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - III ZR 260/11, BGHZ 197, 75 Rn. 42 ff). Denn er würde, weil er so behandelt werden wollte, als wenn er betrügerisch zur Zeichnung einer Kapitalanlage veranlasst worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2017, aaO Rn. 30), einen QuasiKontrahierungsschaden geltend machen, welcher keinen Gesamtschaden, sondern einen Einzelschaden darstellt. Dies gilt auch dann, wenn eine ganze Gruppe von Gläubigern wie etwa sämtliche Anleger einer Kapitalanlagegesellschaft durch gleichartige deliktische Handlungen geschädigt worden ist. Denn das Bestehen mehrerer oder sogar massenhaft eingetretener Individualschäden führt nicht zu einem Gesamtschaden (OLG Bamberg, ZInsO 2017, 1939, 1944; OLG Nürnberg, ZIP 2011, 1015, 1017; HK-InsO/Schmidt, 9. Aufl., § 92 Rn. 20).
11
a) Ein Gesamtschaden bezieht sich auf einen solchen Schaden, den der einzelne Gläubiger ausschließlich aufgrund seiner Gläubigerstellung und damit als Teil der Gesamtheit der Gläubiger erlitten hat. Die Verkürzung der Masse muss also die Gesamtheit der Gläubiger treffen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, NZI 2011, 682 Rn. 9). Das schädigende Verhalten, aus dem der Schädiger in Anspruch genommen wird, muss die Insolvenzmasse verkürzt (BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - IX ZR 334/01, NZI 2003, 434, 435) und damit zu einer geringeren Quote für die Gläubiger geführt haben (Quotenverringerungsschaden ; vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2004 - IX ZR 128/03, BGHZ 159, 25, 27; OLG Bamberg, ZInsO 2017, 1939, 1944; OLG Nürnberg, ZIP 2011, 1015, 1016 f). Der Anspruch kann sich nicht nur gegen Gesellschafter oder Organe der insolventen Schuldnerin, sondern grundsätzlich gegen jeden Dritten richten. Ein Gesamtschaden tritt auch durch eine deliktische Verschiebung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens ein (BGH, Urteil vom 8. Mai 2003, aaO). Dagegen handelt es sich um einen nicht von § 92 InsO erfassten Einzelschaden , wenn der Gläubiger nicht als Teil der Gläubigergesamtheit, sondern individuell geschädigt wird (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011, aaO).
12
Entsprechend diesen Grundsätzen wird überwiegend in dem Kontrahierungsschaden des Neugläubigers, mit welchem der Geschäftsführer einer juristischen Person nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung in ihrem Namen einen Vertrag schließt (§ 15a InsO), ein Einzelschaden gesehen, welcher nicht vom Insolvenzverwalter, sondern vom Neugläubiger geltend zu machen ist (§ 823 Abs. 2 BGB; vgl. zu § 64 Abs. 1 GmbHG: BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 190, 192 ff; vom 30. März 1998 - II ZR 146/96, BGHZ 138, 211, 214 ff). Denn der Schaden besteht nicht in einer Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens; er ist deshalb nicht durch Auffüllen der Masse zu ersetzen , sondern er liegt darin, dass der Neugläubiger mit der insolventen Gesellschaft überhaupt einen Vertrag geschlossen hat (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994, aaO S. 198; vom 30. März 1998, aaO S. 216 f; vom 22. April 2004 - IX ZR 128/03, BGHZ 159, 25, 27; OLG Köln, ZInsO 2007, 218; MünchKomm-InsO/ Brandes/Gehrlein, 3. Aufl., § 92 Rn. 36).
13
b) Nicht anders ist der Kläger zu behandeln, wenn er aufgrund einer angeblichen Täuschungshandlung der Beklagten seine Zahlungen an die Schuldnerin fortgesetzt hat. Auch für ihn stellen sich die Zahlungen dann nach seinem Vortrag als ein individueller Vermögensverlust dar. Er will nicht geschädigt sein, weil sich die Insolvenzquote für alle Gläubiger verringert hat. Sondern er sieht seinen individuellen Schaden - unabhängig von jeder Insolvenzquote - allein in der konkreten Weiterzahlung der monatlichen Raten. Sein Schaden soll nicht die mittelbare Folge des behaupteten deliktischen Zugriffs der Beklagten auf das Vermögen der Schuldnerin, sondern Folge neuer Straftaten der Beklagten sein, nämlich ihrer Täuschungshandlungen, welche den Kläger zur Weiterzahlung der monatlichen Raten veranlassten (OLG Bamberg, ZInsO 2017, 1939, 1944; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, NZI 2011, 682 Rn. 9). Sowohl der deliktische Angriff auf die Dispositionsfreiheit des Klägers als auch auf dessen Privatvermögen als das eigentliche Tatobjekt der Betrugstat sind ausschließlich seiner Individualsphäre zugeordnet (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2008 - II ZR 264/06, BGHZ 176, 204 Rn. 25 ff; OLG Bamberg, aaO).

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht dem Beklagten zu 1 als säumiger Partei der Einspruch zu, soweit die Revision des Klägers Erfolg hat. Der Einspruch ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt
binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Teilversäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 04.08.2017 - 18 C 1140/17 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 31.01.2018 - 42 S 1655/17 -
BESCHLUSS
IX ZR 66/18
vom
18. März 2019
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2018:131218UIXZR66.18.0
Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und
die Richterin Möhring

am 18. März 2019
beschlossen:

Das Urteil des Senats vom 13. Dezember 2018 wird gemäß § 319
Abs. 1 ZPO wegen einer offenbaren Unrichtigkeit wie folgt berichtigt
:

Unter Rn. 1 des Urteils vorletzter Satz muss es an Stelle "Das
Landgericht" heißen "Das Amtsgericht".

Kayser Lohmann Pape

Grupp Möhring


ECLI:DE:BGH:2018:131218UIXZR66.18.0

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - IX ZR 66/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - IX ZR 66/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - IX ZR 66/18 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 547 Absolute Revisionsgründe


Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Ges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313 Form und Inhalt des Urteils


(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Insolvenzordnung - InsO | § 15a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit


(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahl

Insolvenzordnung - InsO | § 92 Gesamtschaden


Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), k

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - IX ZR 66/18 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - IX ZR 66/18 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 6. Juni 1994 - II ZR 292/91

bei uns veröffentlicht am 20.10.2022

a) Ein Geschäftsführer haftet unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß nicht deswegen persönlich für eine Verbindlichkeit der GmbH, weil er zugunsten der Gesellschaft Sicherheiten aus seinem eigenen Verm&o

Bundesgerichtshof Urteil, 21. März 2013 - III ZR 260/11

bei uns veröffentlicht am 21.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 260/11 Verkündet am: 21. März 2013 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 328, 335,

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10

bei uns veröffentlicht am 14.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 210/10 vom 14. Juli 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 92 Wird ein Staatshaftungsanspruch aus der verspäteten innerstaatlichen Umsetzung einer EG-Richtlinie he

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2010 - II ZR 213/08

bei uns veröffentlicht am 01.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 213/08 Verkündet am: 1. März 2010 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2004 - IX ZR 128/03

bei uns veröffentlicht am 22.04.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 128/03 Verkündet am: 22. April 2004 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja KO § 82 Einen Quoten

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Feb. 2009 - IX ZR 73/08

bei uns veröffentlicht am 12.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 73/08 Verkündet am: 12. Februar 2009 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Apr. 2008 - II ZR 264/06

bei uns veröffentlicht am 28.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 264/06 Verkündet am: 28. April 2008 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2017 - XI ZR 106/16

bei uns veröffentlicht am 21.11.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 106/16 Verkündet am: 21. November 2017 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 522 Abs.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2017 - 1 StR 466/16

bei uns veröffentlicht am 08.03.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 466/16 vom 8. März 2017 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ______________________ StGB §§ 13, 263 Vorangegangenes gefährliches Tun (Ingerenz) kann eine Aufklärungspflic

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2016 - V ZR 4/16

bei uns veröffentlicht am 22.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 4/16 vom 22. September 2016 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 322 Abs. 1 Eine aus der Rechtskraft abgeleitete Tatsachenpräklusion erfasst nur Vortrag, der zu
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - IX ZR 66/18.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. März 2019 - VI ZR 171/18

bei uns veröffentlicht am 26.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES TEILVERSÄUMNIS- und TEILENDURTEIL VI ZR 171/18 Verkündet am: 26. März 2019 Olovcic Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk:

Referenzen

Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

3
Das angefochtene Urteil unterliegt der Aufhebung, weil es weder einen Tatbestand noch eine Bezugnahme gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO enthält und außerdem weder den Klageantrag noch die Berufungsanträge ausweist oder auch nur erkennen lässt (§ 547 Nr. 6 ZPO). Das Berufungsgericht zitiert statt dessen § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach es des Tatbestandes (im Falle des § 540 ZPO also: der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen) nicht bedarf, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. Richtig ist, dass die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig ist, wenn der Wert mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision jedoch zugelassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Damit war § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzuwenden. Fehlende Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO stellen einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt (BGHZ 154, 99, 101; 156, 216, 220; BGH, Urt. v. 29. März 2007 - I ZR 152/04, NJW 2007, 2334, 2335 Rn. 5 ff).
10
Eine solche Verletzung des § 540 Abs. 1 ZPO führt zwar in einem Revisionsverfahren regelmäßig zur Aufhebung des Berufungsurteils bzw. des die Berufung zurückweisenden Beschlusses von Amts wegen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, aaO S. 101; Urteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03, aaO), ist aber allein kein Grund für die Zulassung der Revision (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2003 - V ZR 441/02, NJW 2003, 3208; Beschluss vom 12. Februar 2004 - V ZR 125/03, NJW-RR 2004, 712, 713; MüKo/Krüger, ZPO, 5. Aufl., § 543 Rn. 18; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 543 Rn. 9).
8
1. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Revision genügt die angefochtene Entscheidung allerdings den Anforderungen, die § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO bzw. § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO an die Entscheidung des Berufungsgerichts stellen, so dass der Zurückweisungsbeschluss nicht von Amts wegen aufzuheben ist (BGH, Beschluss vom 22. September 2016 - V ZR 4/16, juris Rn. 10).

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

8
Ein Urteil muss - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - neben den in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO aufgeführten Bestandteilen - Bezeichnung der Verfahrensbeteiligten, Datum des Schlusses der mündlichen Verhandlung und Urteilsformel - eine Begründung enthalten. Bei einem Urteil eines Berufungsgerichts genügen dafür gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO - statt des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nach § 313 Abs. 1 Nr. 5 und 6 ZPO - eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Diese Darlegungen können, wenn das Urteil in der mündlichen Verhandlung verkündet wird, in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen werden, § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss aber auch ein derartiges Protokollurteil von allen mitwirkenden Richtern gemäß § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterschrieben werden (BGHZ 158, 37, 40 f.; BGH, Urt. v. 27. Januar 2006 - V ZR 243/04, NJW 2006, 1881 Tz. 12; Urt. v. 16. Oktober 2006 - II ZR 101/05, NJW-RR 2007, 141 Tz. 7 f.). Das kann in der Weise geschehen, dass ein alle Merkmale des § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO aufweisendes und von allen beteiligten Richtern unterschriebenes Urteil mit dem Sitzungsprotokoll - als Anlage - verbunden wird. Durch diese Verbindung wird der inhaltliche Bezug zu den in das Protokoll "ausgelagerten" Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO hergestellt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass alle mitwirkenden Richter das Sitzungsprotokoll unterschreiben, das dann aber neben den Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch die Angaben nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO enthalten muss (BGH, Urt. v. 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, NJW-RR 2007, 1567 Tz. 9 ff.).

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 466/16
vom
8. März 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Vorangegangenes gefährliches Tun (Ingerenz) kann eine Aufklärungspflicht
nicht nur bei Vorverhalten mit objektivem Täuschungscharakter begründen.
Werden durch das Vorverhalten diejenigen vermögensrelevanten Umstände
verändert, deren Fortbestehen Grundlage weiterer Vermögensverfügungen des
Getäuschten ist, kann dies ebenfalls eine Aufklärungspflicht begründen, die bei
Nichterfüllung zu einer Täuschung durch Unterlassen führt.
BGH, Beschluss vom 8. März 2017 - 1 StR 466/16 - LG Würzburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
ECLI:DE:BGH:2017:080317B1STR466.16.1

3.



wegen Betrugs u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 8. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 22. März 2016 werden verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Untreue in mehreren Fällen sowie wegen Betrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten M. ebenfalls wegen mehrerer Untreuetaten, von denen er einige als Täter, andere als Anstifter und wieder andere als Gehilfe verwirklicht hat, und gleichfalls wegen Betrugs in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Angeklagte T. ist teils wegen Anstiftung teils wegen Beihilfe zu mehreren Untreuetaten sowie wegen Betrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Bezüglich aller Angeklagter hat das Landgericht festgestellt, dass diese jeweils näher bezifferte Vermögenswerte aus den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt haben, Verfall aber wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter nicht angeordnet werden kann.
2
Die auf Sachrügen gestützten Rechtsmittel der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.

I.


3
Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Angeklagten in mehreren Fällen, bei unterschiedlicher Form strafbarer Beteiligung, Untreue (§ 266 StGB) zu Lasten der Vermögen von Fondsgesellschaften und deren Anteilseignern begangen. Eine der hauptsächlich betroffenen Gesellschaften war die D. GmbH (nachfolgend: D. ), weitere die C. A. 4 GmbH & Co. KG (nachfolgend: C. 4) und die C. A. 5 GmbH & Co. KG (nachfolgend: C. 5). An den Fondsgesellschaften waren Privatanleger entweder in der Form einer atypischen stillen Beteiligung oder als Treuhandkommanditisten beteiligt. Die Anleger hatten ihren Beitritt zu den jeweiligen Fondsgesellschaften bereits vor dem im Jahr 2009 beginnenden Tatzeitraum vollzogen. Allerdings erbrachten zahlreiche Anleger nach dem Beitritt ihre Beteiligungsbeiträge ganz oder wenigstens zum Teil durch ratenweise Zahlungen in das Gesellschaftsvermögen. Die Zahlungen wurden auch nach der Begehung der verfahrensgegenständlichen Untreuetaten fortgesetzt, teilweise bis zur Verhaftung der Angeklagten im Dezember 2014.
4
In der Phase des Vertriebs der jeweiligen Beteiligungen war insbesondere in den entsprechenden Emissionsprospekten mit der Eignung der Anlageformen zum Zweck der Altersvorsorge und eines langfristigen Vermögensaufbaus geworben worden. Dadurch wurden entsprechende Erwartungen der Anleger geweckt. Die in Aussicht gestellten Renditen sollten durch Investitionen der eingezahlten Einlagen in verschiedenen Geschäftsfeldern, u.a. den Erwerb von Immobilien und Firmenbeteiligungen, realisiert werden.

II.


5
Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung sowohl in den Schuld- und Rechtsfolgenaussprüchen als auch in den Entscheidungen zur Vermögensabschöpfung stand.
6
1. Die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Verurteilungen der Angeklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) bzw. Teilnahme daran und die dafür verhängten Strafen.
7
a) Der Angeklagte S. war in den Fällen C.I.1.a) und C.I.1.b) als Geschäftsführer der R. P. GmbH (nachfolgend: R. ), einer 100-prozentigen Tochter der D. , in den Fällen C.II.1.a) und C.II.1.b) als Geschäftsführer der C. A. V. GmbH (nachfolgend : C. V. ), der Komplementärin der C. 4 und der C. 5, sowie im Fall C.II.1.c) der Urteilsgründe in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der B. GmbH, die ihrerseits Komplementärin der B. GmbH & Co. KG war, aufgrund dieser Stellung sowohl betreuungspflichtig gegenüber den Vermögen der Gesellschaften als auch gegenüber den Vermögen der Gesellschafter (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 14). Gleiches gilt für den Angeklagten M. in den Fällen C.I.1.a) und C.I.1.b) als Geschäftsführer der D. sowie im Fall C.I.1.c) als Geschäftsführer der R. , nachdem er den Angeklagten S. in dieser Position abgelöst hatte.
8
b) Für die Bestimmung des Umfangs der jeweils durch näher festgestelltes pflichtwidriges Verhalten der vorgenannten Angeklagten bewirkten Vermögensnachteile hat das Landgericht zutreffend auf die Zeitpunkte der Vornahme der Schädigungshandlungen abgestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199; vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 und vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 15). Maßgeblich ist der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den pflichtwidrigen Verhaltensweisen zu Lasten des bzw. der betroffenen Vermögen (vgl. BGH jeweils aaO). Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus hat das Landgericht auf der Grundlage beweiswürdigend rechtsfehlerfreier Schlüsse jeweils näher ausgeführt, dass und in welchem Umfang die durch die Angeklagten S. und M. veranlassten Zahlungen aus den ihnen anvertrauten Vermögen nicht durch den wirtschaftlichen Wert der rechtlich erworbenen Gegenansprüche – regelmäßig – der Fondsgesellschaften ausgeglichen worden sind. Damit genügt das angefochtene Urteil den aus Art. 103 Abs. 2 GG resultierenden verfassungsrechtlichen Vorgaben, den Vermögensnachteil der Höhe nach zu beziffern und dessen Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise darzulegen (dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 211). Soweit im Fall C.II.1.a) der Urteilsgründe bezüglich des Erwerbs einer nur eingeschränkt werthaltigen Immobilie der Vermögensnachteil der C. 5 und ihrer Kommanditisten nicht mit 3,2 Millionen Euro, sondern aus Gründen des subjektiven Tatbestands lediglich mit 1,9 Millionen Euro dem Schuldumfang zugrunde gelegt worden ist, hat sich dies ersichtlich nicht zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt.
9
c) Es bedurfte vorliegend auch in den verfahrensgegenständlichen Fällen , in denen dem Vermögen als Kommanditgesellschaft verfasster Gesellschaften und ihrer Gesellschafter Nachteile zugefügt worden sind, weder für den Schuldspruch noch für den strafzumessungsrelevanten Schuldumfang näherer Feststellungen zu der Anzahl der jeweils betroffenen Gesellschafter und dem Umfang ihrer jeweiligen Beteiligung an den Gesellschaftsvermögen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar die Schädi- gung des Vermögens einer Kommanditgesellschaft lediglich zu einem gemäß § 266 StGB straftatbestandsmäßigen Vermögensnachteil führen, wenn sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter „berührt“ (siehe nur BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 f. Rn. 10; Urteil vom 10. Juli 2013 – 1 StR 532/12, NJW 2013, 3590, 3593 jeweils mit Nachw. auch zu Gegenauffassungen; aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive siehe näher Karsten Schmidt, JZ 2014, 878 ff.). Nach den getroffenen Feststellungen ist für alle zur Verurteilung führenden Fälle aber ausgeschlossen, dass die jeweils nicht wertentsprechend ausgeglichenen Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen sich nicht auch nachteilig auf die Vermögen der Gesellschafter ausgewirkt haben. Denn nach dem Anlagekonzept der betroffenen Fondsgesellschaften hing der Wert der Beteiligung daran von der Höhe des Gesellschaftsvermögens ab.
10
Auch für die jeweiligen Strafaussprüche waren keine weitergehenden Ausführungen zu dem Grad der Auswirkungen der Nachteilshandlungen auf das Vermögen der einzelnen Anleger als Kommanditisten oder sonst an den Gesellschaften (soweit Personengesellschaften) Beteiligten erforderlich. Der Gesamtumfang der den betroffenen Anlegern zugefügten Vermögensnachteile stimmt vorliegend jeweils mit der Höhe des Nachteils für die fragliche Fondsgesellschaft überein. Anders als in der dem Urteil des Senats vom 10. Juli 2013 (1 StR 532/12, NJW 2013, 3590 ff.) zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltung sind hier keine Zustimmungserklärungen von Gesellschaftern zu berücksichtigen , die sich auf die Höhe des verursachten Vermögensnachteils auswirken. Und abweichend von der für den Beschluss des Senats vom 23. Februar 2012 (1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 ff.) maßgeblichen Konstellation wurden vorliegend ersichtlich keine Gesellschafter geschädigt, hinsichtlich derer ein das Antragserfordernis aus § 266 Abs. 2, § 247 StGB auslösendes Angehörigen- verhältnis zu den Angeklagten bestand. Von den damit rechtsfehlerfrei festgestellten Gesamthöhen des jeweiligen Vermögensnachteils für die Gesellschafter der betroffenen Fondsgesellschaften ausgehend, hat das Landgericht seine weiteren, sehr umfangreichen und sorgfältigen Strafzumessungserwägungen zu den Einzelstrafen wegen der Verurteilungen zu Untreue gemäß § 266 StGB und strafbarer Beteiligung daran entwickelt. Die Angeklagten benachteiligende Rechtsfehler enthalten diese nicht.
11
2. Die Verurteilung aller drei Angeklagten jeweils wegen Betrugs durch Unterlassen (§§ 263, 13 Abs. 1 StGB) in drei Fällen zu Lasten der Anleger der Fondsgesellschaften D. , C. 4 und C. 5 ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.
12
a) Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils in eigener Person für verpflichtet gehalten, nach Abschluss der verfahrensgegenständlichen Untreuetaten zu Lasten der genannten Fondsgesellschaften und ihrer Anleger (C.I.1. und C.II.1. der Urteilsgründe), Letztere über die eingetretenen Vermögensnachteile zu informieren. Die entsprechende Pflicht im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB finde für alle Angeklagten ihre Grundlage in dem vorangegangenen vermögensschädigenden Verhalten. Für die Angeklagten S. und M. trete als Quelle der Garantenpflicht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hinzu.Als Geschäftsführer der D. (betreffend den Angeklagten M. ) sowie der C. V. (betreffend den Angeklagten S. ) als Komplementärin von C. 4 und C. 5 seien diese gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Erfüllung der Pflichten der Gesellschaften im Verhältnis zu den Anlegern verpflichtet gewesen.
13
Bei auf verschiedene – vom Landgericht näher dargestellte – Weisen möglicher Information der Anleger über die Vermögensschädigungen zu Lasten der Fondsgesellschaften wären diejenigen Anleger, die die Entgelte für ihre Beteiligung ratenweise entrichteten, dazu veranlasst worden, nicht weiter an die Fondsgesellschaften zu zahlen. Die Minderung des Vermögens der Anleger durch fortgesetzte Zahlungen nach den Untreuehandlungen ist nach Ansicht des Landgerichts nicht durch die „Erweiterung“ ihrer Beteiligungsrechte an den Fondsgesellschaften wirtschaftlich ausgeglichen worden. Denn nach den erheblichen Untreuehandlungen zu Lasten der Fondsgesellschaften erwarben die Anleger vor dem Hintergrund der mit den Anlagen erstrebten Zwecke der Altersvorsorge und des langfristigen Vermögensaufbaus etwas anderes, als sie mit der Beteiligung an den Gesellschaften vertragsgemäß erreichen wollten. Die Höhe der Leistungen periodisch einzahlender Anleger nach dem jeweiligen Abschluss der Untreuehandlungen hat das Landgericht – bei Reduktion der Einnahmesummen um 20 % als Sicherheitsabschlag – bezüglich der D. - Anleger mit gut 5,3 Millionen Euro, bezüglich der C. 4 mit gut 458.000 Euro und der C. 5 mit gut 4,7 Millionen Euro festgestellt.
14
b) Die Erwägungen des Landgerichts halten rechtlicher Überprüfung stand.
15
aa) Es ist im Ergebnis ohne Rechtsfehler von einer Täuschung der Anleger durch Unterbleiben ihrer Aufklärung über die den Gesellschafts- und den Gesellschaftervermögen in der Vergangenheit seitens der Angeklagten zugefügten erheblichen Vermögensnachteile ausgegangen. Zu einer solchen Aufklärung waren die Angeklagten aber im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB rechtlich verpflichtet. Sie haben daher die Betrugstaten zu Lasten der Anleger durch Unterlassen verwirklicht.
16
(1) Diese Form der Verwirklichung eines Straftatbestandes ist gemäß § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Zur Begründung der Strafbarkeit aus einem unechten Unterlassungsdelikt muss ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, dass der Täter als „Ga- rant“ für die Abwendung des tatbestandlichen Erfolges einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und dass sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (BGH, Urteil vom 25. September 2014 – 4 StR 586/13, BGHSt 59, 318, 323 Rn. 19 mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 – 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013, 3014).
17
(2) Auf der Grundlage dieser für sämtliche unechten Unterlassungsdelikte geltenden Anforderungen ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass eine Strafbarkeit wegen Betrugs durch Unterlassen entweder als Täter oder als Teilnehmer für alle Personen in Frage kommt, die eine von § 13 Abs. 1 StGB erfasste Pflicht zur Aufklärung anderer über vermögensrelevante Tatsachen haben (etwa BGH, Urteile vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44, 46 ff. Rn. 19 ff.; vom 25. September 2014 – 4 StR 586/13, BGHSt 59, 318, 323 ff. Rn. 19 ff. und vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff.; siehe auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 263 Rn. 38; Satzger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 263 Rn. 81 jeweils mwN; ausführlich etwa Frisch, Festschrift für Herzberg, 2008, S. 729, 744 ff.). Die strafbarkeitsbegründende Pflicht zur Aufklärung eines Dritten über vermögensrelevante Umstände kann dabei aus verschiedenen Gründen herrühren (vgl.
dazu Frisch aaO S. 729, 744 f.; Satzger aaO § 263 Rn. 85; Hefendehl in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 161 jeweils mwN). Unabhängig vom Entstehungsgrund muss die Pflicht stets darauf gerichtet sein, unrichtigen oder unvollständigen Vorstellungen des Getäuschten über Tatsachen, die zu einer Vermögensschädigung führen können, durch aktive Aufklärung entgegenzuwirken (Satzger aaO § 263 Rn. 84; in der Sache ebenso Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 19).
18
(a) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht im Ergebnis ohne Rechtsfehler eine Pflicht jedes Angeklagten angenommen, die ihre Beteiligung ratenweise bedienenden Gesellschafter der Fondsgesellschaften über die im Umfang erheblichen Veruntreuungen zu informieren.
19
(aa) Diese Pflicht findet für den Angeklagten S. gegenüber den Anlegern der C. 4 und C. 5 ihre Grundlage in den gesellschaftsvertraglichen Beziehungen zwischen den Gesellschaften und ihren Gesellschaftern. Gleiches gilt für den Angeklagten M. im Verhältnis zu den Anlegern der D. . Darauf hat das Landgericht in der Sache abgestellt, auch wenn es – unterVerweis auf die vertraglichen Pflichten der Fondsgesellschaften – der Formulierung nach unmittelbar auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rekurriert hat (UA S. 110).
20
Der Bundesgerichtshof nimmt eine auf vertragliche Beziehungen gestützte Aufklärungspflicht bezüglich vermögensrelevanter Tatsachen sowohl bei bestehenden Vertrauensverhältnissen als auch bei der Anbahnung besonderer, auf gegenseitigem Vertrauen beruhender Verbindungen an, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtiger Umstände gebieten (etwa BGH, Urteil vom 16. November 1993 – 4 StR 648/93, BGHSt 39, 392, 399; Beschlüsse vom 8. November 2000 – 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 203 und vom 2. Februar 2010 – 4 StR 345/09, NStZ 2010, 502; Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff. mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 9. Mai 2012 – IVZR 19/11, VersR 2013, 1042 ff. und Hebenstreit in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl., § 47 Rn. 25 mwN). In der Strafrechtswissenschaft sind aus vertraglichen Beziehungen resultierende Vertrauensbeziehungen ebenfalls weithin als Quelle einer Aufklärungs- bzw. Informationspflicht anerkannt (Hefendehl aaO § 263 Rn. 161-168, Rn. 190 f.; Perron aaO § 263 Rn. 19 und 22 jeweils mwN); insbesondere bei Gesellschaftsverhältnissen (einschließlich stiller Beteiligungen) und bei Verträgen über Vermögensangelegenheiten (Hefendehl aaO § 263 Rn. 190; Perron aaO § 263 Rn. 22; Satzger aaO § 263 Rn. 107 jeweils mwN; vgl. auch Hebenstreit aaO). Dementsprechend hat die Strafrechtsprechung bei der Begründung gesellschaftsrechtlicher Rechtsverhältnisse eine Aufklärungspflicht über dafür vermögensrelevante Umstände angenommen (RG, Urteil vom 30. Januar 1931 - I 1387/30, RGSt 65, 106, 107; BGH, Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR 523/15, wistra 2016, 488 ff.).
21
Unter den vom Landgericht festgestellten Verhältnissen der Fondsgesellschaften bestand eine in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen gründende Aufklärungspflicht über den erfolgten Entzug von Gesellschaftsvermögen für die Angeklagten S. und M. jeweils gegenüber den Anlegern der genannten Fondsgesellschaften. Das hier maßgebliche besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Anlegern als an den Fondsgesellschaften Beteiligten und den Gesellschaften ergibt sich – wie das Landgericht rechtlich zutreffend angenommen hat – aus dem Konzept des sog. „blind pools“. Den Anlegern war weder bei Eingehen der Beteiligung noch während der Zeiträume der Erbringung der Anlagebeiträge bekannt, in welcher konkreten Weise die Anlagemittel durch die jeweils für die Fondsgesellschaften handelnden Perso- nen eingesetzt werden würden. Sie waren daher in besonderer Weise darauf angewiesen und normativ berechtigt, darauf zu vertrauen, dass die für die Fondsgesellschaften Handelnden die angelegten Gelder lediglich im Rahmen der mit dem Beitritt zu den Gesellschaften verfolgten, in den Emissionsprospekten benannten Zwecke der Altersvorsorge und des langfristigen Vermögensaufbaus einsetzen würden. Insoweit wohnt den gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen der hier fraglichen Formen auch ein Beratungselement inne, bei dem der einzelne Anleger den Sachverstand der das Anlageprojekt auflegenden und verwaltenden (natürlichen) Personen in Anspruch nimmt. Verträge mit Beratungscharakter sind als Grundlage von betrugsstrafrechtlich bedeutsamen Aufklärungspflichten akzeptiert (siehe nur Hefendehl aaO § 263 Rn. 190; Satzger aaO § 263 Rn. 107).
22
Die Angeklagten S. und M. waren in eigener Person aufgrund ihrer Stellung als Vertretungsorgan der Fondsgesellschaft selbst (betreffend M. als Geschäftsführer der D. ) oder als Vertretungsorgan der die Gesellschaft vertretenden juristischen Person (betreffend S. als Geschäftsführer der C. V. als Komplementärin von C. 4 und C. 5) aufklärungspflichtig. Als natürliche Personen standen sie zwar in keiner unmittelbaren (gesellschafts)vertraglichen Beziehung zu den Anlegern der Fondsgesellschaften. Ihre Garantenstellung und ihre daraus folgende Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern findet ihre Grundlage aber in der tatsächlichen Übernahme der Stellung als Vertretungsorgan der Fondsgesellschaften selbst. In dieser Position waren sie für die Vornahme der Investitionsentscheidungen über das Fondsvermögen verantwortlich, auf die sich das berechtigte Vertrauen der Anleger in eine den Gesellschaftszwecken entsprechende Mittelverwendung bezog. Der Heranziehung von § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB, auf den das Landgericht insoweit abstellt, bedarf es nicht. Die Vorschrift ist auf unechte Un- terlassungsdelikte nicht anwendbar (zu den Gründen siehe Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl., § 14 Rn. 41 mwN). Die wie vorliegend begründete Aufklärungspflicht steht nicht in Widerspruch zu den Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 StGB (vgl. zum Problem Seelmann, NJW 1981, 2132; Perron aaO § 263 Rn. 19 jeweils mwN). Denn die Angeklagten waren aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung gegenüber den Vermögen der Anleger als an den Gesellschaften Beteiligte ohnehin betreuungspflichtig.
23
Die Aufklärungspflicht bestand während des gesamten Zeitraums der gesellschaftsvertraglichen Bindung der Anleger als an den Fondsgesellschaften Beteiligte und nicht nur im Zeitpunkt der Anlageentscheidung. Jedenfalls unter den vorliegenden konkreten Verhältnissen von Fondskonzepten mit fortlaufenden Einzahlungen der Anleger in das Gesellschaftsvermögen blieb die im Gesellschaftsrechtsverhältnis wurzelnde Vertrauensbeziehung aufrechterhalten. Treten während des Zeitraums der Beteiligung Änderungen derjenigen tatsächlichen Umstände ein, die vermögensbezogen für die Anlageentscheidung maßgeblich waren, müssen die Anleger darüber informiert werden, um ihnen wegen der weiterhin periodisch erfolgenden Zahlungen auch zukünftig eine aufgeklärte Disposition über ihr Vermögen zu ermöglichen. Zu diesen Umständen gehören jedenfalls Schädigungen der Gesellschaftsvermögen, die – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – dazu führen, dass die Beteiligung an der Fondsgesellschaft nicht mehr die bei Aufnahme der Beteiligung versprochenen Zwecke des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge erreichen kann.
24
Für das besondere Vertrauensverhältnis zwischen einem Geldtransportunternehmen und seinen Geldtransporte beauftragenden Kunden hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine gemäß §§ 263, 13 Abs. 1 StGB strafbewehrte Aufklärungspflicht der für das Unternehmen Handelnden während laufender Geschäftsbeziehung begangener Veruntreuungen von transportierten Geldern angenommen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2012 – IV ZR 19/11, VersR 2013, 1042 ff.). Das entspricht im rechtlichen Ausgangspunkt dem vorstehend Ausgeführten.
25
(bb) Soweit die Angeklagten S. und M. auch wegen Betrugs der Anleger solcher Fondsgesellschaften verurteilt worden sind, für die sie nicht oder nicht in allen verfahrensgegenständlichen Zeiträumen als Vertretungsorgan gehandelt haben, gründet sich ihre Aufklärungspflicht vorliegend auf ihr vorangegangenes gefährdendes Tun (Ingerenz) in Gestalt der Begehung von Untreuetaten (§ 266 StGB) zum Nachteil der Fondsgesellschaften und ihrer Anleger bzw. der strafbaren Teilnahme an diesen Taten. Gleiches gilt für den Angeklagten T. , der bei keiner der nachteilig betroffenen Gesellschaften gesetzlicher Vertreter oder Angehöriger des Vertretungsorgans war.
26
Ein pflichtwidriges Vorverhalten führt allerdings nur dann zu einer Garantenstellung aus Ingerenz, wenn dadurch die naheliegende Gefahr des Eintritts eines konkreten tatbestandsmäßigen Erfolgs verursacht worden ist (BGH, Urteile vom 23. September 1997 – 1 StR 430/97, BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 14 und vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44, 47 Rn. 21; Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 70 Rn. 7; siehe auch Dannecker/Dannecker JZ 2010, 981, 982). Der durch das Vorverhalten herbeigeführte Zustand muss so beschaffen sein, dass es zum Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs kommt oder ein bereits eingetretener Schaden vertieft wird (BGH, Urteil vom 3. Oktober 1989 – 1 StR 372/89, BGHSt 36, 255, 258; Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 70 Rn. 7 mwN).
27
Eine auf pflichtwidrigem Vorverhalten beruhende Pflicht zur Aufklärung über vermögensrelevante Umstände wird auch in Teilen der Strafrechtswissenschaft im Grundsatz akzeptiert (etwa Kindhäuser in Nomos Kommentar zum StGB, 4. Aufl., § 263 Rn. 155; Perron aaO § 263 Rn. 20; Satzger aaO § 263 Rn. 100 jeweils mwN), meist aber an über das Vorgenannte hinausgehende Voraussetzungen geknüpft (Hefendehl aaO § 263 Rn. 165; Satzger aaO § 263 Rn. 101–103). Eine aus Ingerenz herrührende Aufklärungspflicht erfordere eine zuvor geschaffene Irrtumsgefahr (Kindhäuser aaO § 263 Rn. 155; Satzger aaO § 263 Rn. 100 aE; Hefendehl aaO § 263 Rn. 165; Dannecker/Dannecker JZ 2010, 981, 985). Diese soll in Betracht kommen, wenn der Täter vorgehend unvorsätzlich eine unrichtige Tatsache behauptet hat, nach Erkennen der Unrichtigkeit aber die Richtigstellung unterbleibt oder er vorgehend vorsätzlich Unrichtiges noch ohne Schädigungsvorsatz behauptet hat, den dadurch bewirkten Irrtum beim Erklärungsempfänger aber später nunmehr mit Schädigungsvorsatz ausnutzt (Kindhäuser und Satzger jeweils aaO; vgl. auch Perron aaO § 263 Rn. 20). Die Aufklärungspflicht aufgrund Ingerenz soll, wie betrugsstrafrechtlich relevante Aufklärungspflichten überhaupt, auf ein Vertrauenselement zurückgeführt werden. Das sei gegeben, wenn das pflichtbegründende Vorver- halten „den Charakter einer objektiven Täuschung in sich trägt“ und die Aufklä- rungspflicht gerade dem Vermögensschutz der Opfer dient (Satzger aaO § 263 Rn. 102 mwN).
28
Diese Voraussetzungen einer auf lngerenz gestützten Aufklärungspflicht sind insoweit zu eng, als sie relevantes Vorverhalten ausschließlich auf solches beschränken, das selbst objektiv Täuschungscharakter aufweist. Jedenfalls für die hier vorliegende Fallgestaltung trägt eine solche Restriktion dem hinter den Aufklärungspflichten zugunsten eines Vermögensinhabers stehenden Vertrauensgedanken nicht ausreichend Rechnung. Die in der Strafrechtswissenschaft erörterten, im vorstehenden Absatz dargestellten Konstellationen sind dadurch gekennzeichnet, dass durch objektiv täuschendes Verhalten des (möglichen) Täters der deshalb irrende Verfügende zu einem unbewusst selbstschädigenden Verhalten veranlasst wird. Der Getäuschte soll durch die nachträgliche Aufklärung über die Unrichtigkeit der für seine Vermögensdisposition bedeutsamen Information in die Lage versetzt werden, nunmehr auf informierter Grundlage über die weitere Verwendung seines Vermögens entscheiden zu können. Die Verantwortung des Täters für die Aufklärung rührt aus der Veranlassung des vermögensrelevanten Irrtums her. Wegen dieser Verantwortung für die Entstehung des Irrtums darf der Vermögensinhaber auf eine nachträgliche Richtigstellung seitens des zunächst objektiv Täuschenden vertrauen.
29
Jedenfalls in Fallgestaltungen wie den vorliegenden mit einer Entscheidung der betroffenen Vermögensinhaber für eine Geldanlage, bei der über einen langen Zeitraum periodisch wiederkehrend Einlagen in die Anlageform zu erbringen sind, werden die für die Anlageentscheidung maßgeblichen Umstände , wie etwa die Eignung zur Altersvorsorge und zum langfristigen Vermögensaufbau , aber nicht allein durch vorausgehendes objektiv täuschendes Verhalten beeinflusst. Vielmehr können sich die für eine Anlageentscheidung erheblichen tatsächlichen Umstände auch durch andere Verhaltensweisen in relevanter Weise verändern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs täuschen die Betreiber eines Anlagemodells die (späteren) Anleger, wenn in den Emissionsprospekten eine sichere Anlage mit erheblichen Renditen in Aussicht gestellt wird, die Betreiber aber von Anfang an nicht vorhaben, diese Ziele zu erreichen, sondern stattdessen entschlossen sind, dem jeweiligen Fondsvermögen eigennützig Kapital in erheblichem Umfang zu entziehen (sie- he etwa BGH, Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10 ff.; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199 ff.; vgl. auch Dannecker in G/J/W, 2. Aufl., § 263 Rn. 305). Es liegt in solchen Konstellationen eine Täuschung der Anleger über die Art, den Zweck und die Qualität der Anlageform schlechthin vor (BGH aaO BGHSt 51, 10, 14 Rn. 14).
30
Erfolgt eine solche Täuschung durch die Betreiber des Anlagemodells nicht bereits vor der Anlageentscheidung, sondern entschließen sich diese erst nach dem Zeichnen der Beteiligung durch die Anleger dazu, dem Fondsvermögen Kapital in erheblichem Umfang zu eigenen Zwecken zu entziehen und heben damit die bisherigen Zwecke der Anlageform auf, stellt sich für die betroffenen Anleger jedenfalls dann keine andere Situation als vor der ursprünglichen Anlageentscheidung dar, wenn sie durch die ratenweise Erbringung immer wieder auf der Grundlage vermeintlich unveränderter, für das Verbleiben in der Anlage relevanter Umstände Vermögensverfügungen treffen. Die Pflicht zur Erteilung von Informationen über die in den Veruntreuungen zu Lasten des Fondsvermögens liegenden, veränderten Umständen trifft zumindest bei der hier vorliegenden Fallgestaltung diejenigen, die die Veränderung in ihnen zurechenbarer Weise herbeigeführt haben. Dies entspricht der dargestellten Wertung bei der Verantwortlichkeit für eine Garantenpflicht aus Ingerenz aufgrund objektiv täuschenden Vorverhaltens.
31
(b) Die so ausgelöste Garantenpflicht zur Aufklärung der Anleger trifft alle drei Angeklagten als an den Untreuetaten strafbar Beteiligte, soweit sie nicht ohnehin als Vertretungsorgane der betroffenen Fondsgesellschaften einer Aufklärungspflicht unterlagen.
32
(3) Soweit es hinsichtlich Betrugs durch Unterlassen bei auf Ingerenz gestützter Garantenstellung und daraus resultierender Aufklärungspflicht einer näheren Begründung der Gleichwertigkeit von Tun und Unterlassen (Modalitätenäquivalenz , § 13 Abs. 1 letzter Halbs. StGB) bedarf (dazu näher Maaß, Betrug verübt durch Schweigen, 1982, S. 32 ff.; Hefendehl aaO § 263 Rn. 226; Satzger aaO, § 263 Rn. 114), ist diese gegeben. Die Pflicht zur Information der Anleger bezog sich gerade auf solche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände, bezüglich deren Vorliegen im Zeitpunkt der Zeichnung der Fondsanteile eine Täuschung der Anleger durch positives Tun infolge unrichtiger Inhalte in den jeweiligen Emissionsprospekten (vor allem Eignung zur Altersvorsorge und zum langfristigen Vermögensaufbau) erfolgt wäre.
33
bb) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei von einem Irrtum sämtlicher betroffener Anleger der Fondsgesellschaften D. , C. 4 und C. 5 darüber überzeugt, dass ihre Beteiligungen während des gesamten Zeitraums ihrer periodischen Einzahlungen in das Gesellschaftsvermögen noch der Konzeption entsprachen, die ihnen bei Zeichnung der Beteiligung versprochen worden war. Beweiswürdigend genügte dafür die Vernehmung von neun Anlegern , um aus ihren den Irrtum bestätigenden Angaben auf einen solchen bei sämtlichen Anlegern schließen zu dürfen (zu den Anforderungen siehe nur BGH, Beschlüsse vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, 99 f. und vom 1. Oktober 2015 – 3 StR 102/15, NStZ-RR 2016, 12, jeweils mwN).
34
cc) Die Überzeugung des Landgerichts, bei Information der Anleger über das dem Vermögen der Fondsgesellschaften nachteilige Verhalten entweder durch direktes Anschreiben unter Rückgriff auf die bei den Gesellschaften geführten Datenbanken, durch Information über das Internet oder durch Strafanzeige , wären weitere Vermögensverfügungen der Anleger durch fortlaufende Einzahlungen mit Sicherheit unterblieben, beruht ebenfalls auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
35
dd) Es ist rechtlich auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Landgericht die mit den Einzahlungen der Anleger nach Abschluss der Untreuehandlungen einhergehenden Ansprüche der Gesellschafter wirtschaftlich als völlig wertlos betrachtet hat. Dies entspricht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen der Fondsgesellschaften nach den Schädigungshandlungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bezifferung des Vermögensschadens bei – phänomenologisch – Anlagebetrügereien (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 15 ff. Rn. 17 ff.; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 ff. Rn. 8 ff.).
36
ee) Die Annahme des Landgerichts, die Aufklärung der Anleger über die von den Angeklagten zu verantwortenden Schädigungen des Vermögens der Fondsgesellschaften und deren Anteilseigner sei den Angeklagten rechtlich zumutbar gewesen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes, den strafrechtlich missbilligten Erfolg abwendendes Verhalten zumutbar ist, muss grundsätzlich von dem dazu berufenen Tatrichter im Rahmen einer wertenden Gesamtwürdigung des Einzelfalles getroffen werden, in die einerseits die widerstreitenden Interessen der Beteiligten und andererseits die Gefahr für das bedrohte Rechtsgut einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 398 f.; siehe auch bereits Urteil vom 20. Dezember 1983 – 1 StR 746/83, NStZ 1984, 164; Kudlich in Satzger/Schluckebier/Widmaier aaO § 13 Rn. 44; Wohlers/Gaede in Nomos Kommentar zum StGB, 4. Aufl., § 13 Rn. 18). Ist mit der Vornahme der rechtlich gebotenen Handlung die Gefahr der Aufdeckung eigener Straftaten des Garanten verbunden, steht dies der Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens gerade wegen des eigenen rechtswidrigen Verhaltens im Vorfeld regelmäßig nicht entgegen (BGH, Urteile vom 1. April 1958 – 1 StR 24/58, BGHSt 11, 353, 355 f. und vom 19. Dezember 1997 – 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 399; vgl.
auch Urteil vom 6. Mai 1960 – 4 StR 117/60, BGHSt 14, 282, 286 f.; Weigend in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 13 Rn. 69; Kudlich aaO § 13 Rn. 44; Wohlers/Gaede aaO § 13 Rn. 18). Auch aus dem Verfassungsrecht lässt sich nicht ableiten, dass Selbstbegünstigung als Ausfluss persönlicher Freiheit stets straflos oder darüber hinausgehend sogar erlaubt sein müsse (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1963 – 2 BvR 161/63, BVerfGE 16, 191, 194). Ebenso wenig schließt das Verfassungsrecht aus, Selbstbegünstigungshandlungen unter Strafe zu stellen, wenn durch diese strafrechtlich geschützte Rechtsgüter Dritter beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG aaO BVerfGE 16, 191, 194; siehe auch BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14, BGHSt 60, 198, 204 f. Rn. 35 f.).
37
Bei Anlegen dieser Maßstäbe hat es das Landgericht rechtsfehlerfrei für die Angeklagten als zumutbar erachtet, die Anleger über die erheblichen Schädigungen der Vermögen der Fondsgesellschaften zu informieren. Im Rahmen der geforderten Abwägung sind die Interessen der zahlreichen Anleger, nicht weiter „wertlose" Einzahlungen in die Fondsgesellschaften zu leisten, höher gewichtet worden als die Interessen der Angeklagten daran, sich nicht der Gefahr eigener Strafverfolgung auszusetzen. Diese Wertung ist nicht zu beanstanden. Ob anderes zu gelten hätte, wenn die rechtlich gebotene Handlung während eines laufenden Strafverfahrens notwendig mit einem Geständnis einherginge (dazu Wohlers/Gaede aaO § 13 Rn. 18), bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Situation war vorliegend nicht gegeben.
38
ff) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht die Angeklagten jeweils als Täter der Unterlassungstaten verurteilt hat (vgl. zu den Kriterien BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 – 4 StR 488/08, NStZ 2009, 321 f. mwN).
39
c) Die Zumessung der Strafen für die Betrugstaten ist rechtsfehlerfrei.
40
3. Gleiches gilt für die Entscheidungen über die Vermögensabschöpfung. Das Landgericht hat im Rahmen der gemäß § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB erfolgten Feststellungen zu dem durch die Angeklagten aus den Taten Erlangten auch die Voraussetzungen der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei erörtert. Graf Jäger Bellay Radtke Fischer

Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

42
Nach § 92 Satz 1 InsO können während der Dauer des Insolvenzverfahrens Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Gesamtschadens, also eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben, nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Als Insolvenzgläubiger sind in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herrschender Meinung in der Literatur sowohl Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO als auch nachrangige Gläubiger im Sinne des § 39 InsO zu verstehen, also die persönlichen Gläubiger des Schuldners (vgl. Kreft/Kayser, InsO, 6. Aufl., § 92 Rn. 18; Jaeger/ Müller, InsO, § 92 Rn. 19; Wittkowski/Kruth in Nerlich/Römermann [2012], InsO, § 92 Rn. 10). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
9
a) Ein Gesamtschaden bezieht sich auf einen solchen Schaden, den der einzelne Gläubiger ausschließlich aufgrund seiner Gläubigerstellung und damit als Teil der Gesamtheit der Gläubiger erlitten hat (HmbKomm-InsO/Pohlmann, aaO § 92 Rn. 14). Die Verkürzung der Masse muss also die Gesamtheit der Gläubiger treffen (BT-Drucks., aaO; MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 92 Rn. 11). Dagegen handelt es sich um einen nicht von § 92 InsO erfassten Einzelschaden , wenn der Gläubiger nicht als Teil der Gläubigergesamtheit, sondern individuell geschädigt wird (HmbKomm-InsO/Pohlmann, aaO § 92 Rn. 17). Ein Individualschaden verwirklicht sich bei der Verletzung eines Aussonde- rungsrechts (§ 47 InsO), weil der betroffene Gegenstand nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegt (MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 92 Rn. 12; HKInsO /Kayser, aaO § 92 Rn. 19; Jaeger/Müller, aaO § 92 Rn. 11). Wird ein Absonderungsrecht (§§ 50 ff InsO) beeinträchtigt, kann neben den Individualschaden des Absonderungsberechtigten insoweit ein Gesamtschaden treten, als ein in die Insolvenzmasse fallender Übererlös sowie Kostenpauschalen (§§ 170, 171 InsO) verloren gehen (MünchKomm-InsO/Brandes, aaO; HKInsO /Kayser, aaO; HmbKomm-InsO/Pohlmann, aaO § 92 Rn. 18). Ein Einzelschaden ist auch gegeben, sofern unpfändbare Vermögensbestandteile des Schuldners beeinträchtigt werden (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - IX ZB 172/07, WM 2008, 1691 Rn. 13).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 128/03
Verkündet am:
22. April 2004
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
KO § 82
Einen Quotenverringerungsschaden, der Teil eines Gesamtschadens ist, kann vor
Abschluß des Konkursverfahrens nur ein Konkursverwalter geltend machen.
BGB §§ 852 Abs. 1 a.F., 199 Abs. 1 n.F.
Die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz eines derartigen Quotenverringerungsschadens
beginnt für die Konkursgläubiger grundsätzlich nicht früher als mit der
Rechtskraft des Beschlusses, mit dem das Konkursverfahren aufgehoben oder eingestellt
wird.
BGH, Urteil vom 22. April 2004 - IX ZR 128/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat, vom 16. April 2003 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß der verklag te Konkursverwalter ihr zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sei, weil er die Konkursanfechtung der Verrechnung einer von einem Dritten auf ein Konto des Gemeinschuldners geleisteten Zahlung mit einem Debetsaldo unterlassen habe. Das Konkursverfahren ist noch nicht beendet.
Die Klage wurde in den Vorinstanzen als unbegründet a bgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die K lage als unzulässig abgewiesen wird.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klage sei zulässi g. Die Klägerin könne als einzelne Konkursgläubigerin noch während des laufenden Konkursverfahrens ihren vermeintlichen Quotenschaden wegen schuldhafter Verkürzung der Konkursmasse geltend machen. Die Klage sei jedoch nicht gerechtfertigt.

II.


Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung i nsofern nicht stand, als die Klage schon unzulässig ist.
1. Wird durch ein pflichtwidriges Verhalten des Konkursve rwalters die Masse geschmälert, handelt es sich um einen Schaden, welcher der Gemeinschaft der (Alt-)Gläubiger zur Last fällt (BGHZ 113, 262, 279; 126, 181, 190; 138, 211, 214) und durch Zahlung in die Konkursmasse auszugleichen ist (BGHZ 126, 181, 190). Grundsätzlich ist anerkannt, daß ein derartiger Gemeinschaftsschaden nicht durch einen einzelnen der davon betroffenen Masseoder Konkursgläubiger eingeklagt werden kann. Dies wäre mit dem Grundsatz
der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung nicht zu vereinbaren. Das der Gemeinschaft zugewiesene Verwaltungs- und Verwertungsrecht steht dem Konkursverwalter zu, so daß es durch einen Sonderverwalter oder einen neu bestellten Verwalter ausgeübt werden muß (RGZ 78, 186, 188; 89, 237, 240; 142, 184, 188; BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 - IX ZR 233/87, WM 1989, 1781, 1784; v. 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, NJW 1994, 323; OLG München ZIP 1987, 656, 657; ebenso Jaeger/Weber KO 8. Aufl. § 82 Rn. 11: Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 82 Rn. 5; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 82 KO Anm. 4; Gerhardt EWiR 1987, 703, 704).
Verkürzt der Konkursverwalter pflichtwidrig die Masse, wir d dadurch regelmäßig zugleich die Dividende (Quote) eines jeden Konkursgläubigers geschmälert. Der Gemeinschaftsschaden führt mithin auch zu Quotenschäden. Dabei handelt es sich um Einzelschäden. Die Ansprüche der Gläubiger auf Ersatz dieser Schäden und der Anspruch auf Ersatz des Gemeinschaftsschadens sind unterschiedliche Ansprüche (BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 aaO S. 1784). Der Anspruch auf Ersatz des Quotenschadens steht jedem an der Verteilung der Masse teilnehmenden Konkursgläubiger selbst und nicht der Gemeinschaft der Konkursgläubiger als solcher zu (BGH, Urt. v. 22. Februar 1973 - VI ZR 165/71, NJW 1973, 1198).
2. Eine andere Frage ist jedoch, wer Quotenschäden gel tend machen darf, solange das Konkursverfahren noch andauert.

a) In einer früheren Entscheidung hat der Bundesgerich tshof ausgesprochen , ohne dem näher nachzugehen, daß das Schicksal der einzelnen Ansprüche auf Ersatz der Quotenschäden und dasjenige des Anspruchs auf
Ersatz des Gemeinschaftsschadens "miteinander verknüpft sein mag" (BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 aaO S. 1784).

b) Später hat er einem Gläubiger zugebilligt, selbst einen Einzelschaden geltend zu machen, der auf einer Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und der Masse beruhte (BGH, Urt. v. 28. Oktober 1993 aaO S. 324). Damals ging es jedoch um den Individualschaden eines Quotengläubigers.

c) Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof einem einzel nen (Neu-)Gläubiger, der eine Forderung gegen eine GmbH nach dem Zeitpunkt erworben hatte, zu dem der Konkursantrag hätte gestellt werden müssen, auch das Recht zugebilligt, seinen - nicht auf den Quotenschaden begrenzten - Schaden während des noch laufenden Konkursverfahrens geltend zu machen, soweit der Geschäftsführer einer Schuldner-GmbH wegen Konkursverschleppung (§ 64 GmbHG) in Anspruch genommen wurde (BGHZ 126, 181, 201); dem Konkursverwalter hat er dieses Recht versagt (BGHZ 138, 211, 214).
Hinsichtlich der Altgläubiger hat der Bundesgerichtshof indessen anerkannt , daß diese durch eine Konkursverschleppung regelmäßig einen einheitlichen Quotenverringerungsschaden und insofern einen Gesamtschaden erleiden , der nur von einem Konkursverwalter (neuer Konkursverwalter oder Sonderverwalter ) geltend gemacht werden kann (BGHZ 138, 211, 214, 217).
3. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin einen Quo tenverringerungsschaden geltend, der Teil eines Gesamtschadens ist. Durch die dem Beklagten vorgeworfene Pflichtverletzung ist die Quote der Klägerin in gleicher Weise geschmälert worden wie die aller anderen Gläubiger.


a) Die Rechtszuständigkeit des Konkursverwalters, die Quoten schäden einheitlich geltend zu machen, wird auch dann berührt, wenn einer dieser Quotenschäden von einem einzelnen Konkursgläubiger im Wege einer Feststellungsklage geltend gemacht wird (a.A. Oepen ZIP 2000, 526, 532 f). Wenn diesem die Befugnis zugestanden würde, die Ersatzpflicht wegen seines Quotenschadens gerichtlich feststellen zu lassen, wäre gleichwohl im Interesse der anderen Konkursgläubiger, denen ebenfalls Quotenschäden entstanden sind, ein Verwalter zu bestellen, der den Gemeinschaftsschaden geltend zu machen hätte. Dadurch entstünde die Gefahr divergierender Entscheidungen. Es könnte die Ersatzpflicht wegen eines einzelnen Quotenschadens festgestellt, die Klage des Konkursverwalters auf Ersatz des Gemeinschaftsschadens jedoch abgewiesen werden oder umgekehrt.

b) Wenn der einzelne Konkursgläubiger gehindert ist, w ährend des Konkursverfahrens den Konkursverwalter in Anspruch zu nehmen, hat er dadurch keine nennenswerten Nachteile.
Unzutreffend ist insbesondere die Ansicht des Berufungsger ichts, der einzelne Konkursgläubiger habe ein rechtlich schutzwürdiges Interesse daran, schon während des laufenden Konkursverfahrens die Ersatzpflicht des Konkursverwalters feststellen zu lassen, weil der Beginn der Verjährung des gegenüber dem Konkursverwalter geltend zu machenden Schadensersatzanspruchs nicht eindeutig geklärt sei. Da der einzelne Konkursgläubiger während des laufenden Verfahrens nicht befugt ist, Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter geltend zu machen, beginnt für den Konkursgläubiger die Verjährungsfrist grundsätzlich nicht früher als mit der Rechtskraft des Beschlusses,
mit dem das Konkursverfahren aufgehoben oder eingestellt wird (vgl. BGHZ 93, 278, 286; Kuhn/Uhlenbruck, aaO § 82 Rn. 15 b; Kilger/K. Schmidt, aaO § 82 Anm. 5). Erst jetzt fällt die Befugnis zur Geltendmachung der einzelnen Quotenschäden - falls diese nicht schon während des Konkursverfahrens reguliert wurden - an einen jeden der Gläubiger.
Für einen Sonderverwalter oder einen anstelle des ersa tzpflichtigen Verwalters neu bestellten Verwalter beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich nicht bereits mit dessen Bestellung, sondern mit dem Zeitpunkt, in dem der neu bestellte Verwalter von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erhalten hat (vgl. BGHZ 113, 262, 280). Diese Kenntnis muß er nicht schon bei Übernahme des Amtes haben. Vielmehr obliegt ihm zunächst die Prüfung, ob der andere Verwalter sich überhaupt schadensersatzpflichtig gemacht hat. Kommt er zu einem positiven Ergebnis, kann und muß der neue Verwalter oder der Sonderverwalter die Verjährungsfrist unterbrechen oder sonstige Maßnahmen treffen, um einem Ablauf entgegenzuwirken. Für das neue Verjährungsrecht (§ 199 Abs. 1, 3 BGB n.F.; Art. 229 § 6 EGBGB) gilt entsprechendes.
4. Diese Auffassung entspricht § 92 InsO, ohne daß Anhal tspunkte dafür erkennbar wären, daß der Gesetzgeber der Insolvenzordnung zur Verwalterhaftung insoweit grundlegend neue Anschauungen entwickelt hätte.
Die Kommission für Insolvenzrecht hat dazu in ihrer Begrü ndung zu Leitsatz 3.2.8.1 ausgeführt, der Ausschluß der Verfolgung eines Gemeinschaftsschadens durch einzelne Insolvenzgläubiger während des Insolvenzverfahrens gelte auch für den Anteil am Gemeinschaftsschaden (Quotenschaden).
Die einheitliche Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter diene dem Zweck, die Insolvenzmasse im Interesse der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zu ergänzen; zugleich erleichtere sie die Insolvenzabwicklung, weil an die Stelle der Einzelrechtsverfolgung die "gebündelte" Geltendmachung zugunsten der Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit trete (vgl. hierzu auch Gerhardt ZInsO 2000, 574, 577).
Der Gesetzgeber ist dem gefolgt. Zur Geltendmachung ei nes Gemeinschaftsschadens (Gesamtschadens im Sinne von § 92 InsO) ist nur ein Sonderverwalter oder ein neu bestellter Verwalter berechtigt. Während der Dauer des Insolvenzverfahrens können die Insolvenzgläubiger auch ihren Quotenschaden nicht durchsetzen; ihnen fehlt die Einziehungs- und Prozeßführungsbefugnis (MünchKomm-InsO/Brandes, § 92 Rn. 14; HK-InsO/Eickmann, 3. Aufl. § 92 Rn. 4; Wittkowski, in: Nerlich/Römermann, InsO § 92 Rn. 5, 16; Bork, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 1333, 1337 f; Gerhardt aaO). Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt nicht schon mit dem Zeitpunkt, in dem einzelne Insolvenzgläubiger von der Masseschädigung - und damit von dem Gesamtschaden, möglicherweise auch von ihrem Quotenschaden - Kenntnis erhalten, nicht einmal mit der Bestellung des Sonderverwalters oder des neuen Verwalters, sondern erst, wenn in dessen Person die Verjährungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. MünchKomm-InsO/Brandes, § 62 Rn. 3; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 62 Rn. 2).
5. Nach dem Recht der Konkursordnung wie auch nach dem d er Insolvenzordnung ist ungeklärt, ob hinsichtlich des Verjährungsbeginns eine Ausnahme dann anzuerkennen ist, wenn sämtliche Gläubiger sich über den Schaden und die Person des Ersatzpflichtigen im klaren waren, aber keiner von ih-
nen eine Sonderverwaltung oder die Ablösung des schadensersatzpflichtigen und die Einsetzung eines neuen Verwalters beantragt hat. In diesem Fall könnte das Interesse des ersatzpflichtigen Verwalters überwiegen, daß die Verjährung des gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruchs nicht länger als nötig aufgeschoben wird. Da ein solcher Fall hier nicht in Rede steht, braucht der Senat hierzu nicht Stellung zu nehmen.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak

Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Bundesgerichtshof

Urteil, 6. Juni 1994 

Az.: II ZR 292/91

 

Tatbestand

Der Beklagte ist Geschäftsführer und seit 1985 Alleingesellschafter der im Mai 1981 mit einem Stammkapital von 50000 DM gegründeten S. Handels-GmbH (im folgenden: GmbH). Im Dezember 1985 und Januar 1986 bestellte er im Namen der GmbH bei der Klägerin Waren im Gesamtwert von 98236,22 DM. Die Klägerin lieferte die Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt im Januar und Februar 1986. Auf Antrag des Beklagten vom 27. März 1986 wurde am 25. April 1986 das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Klägerin, die auf die Warenlieferungen keine Bezahlung erhielt, 126,182 [ 17. Konkursverschleppung ] erlangte durch Aussonderung Waren im Wert von 7960,11 DM zurück. Wegen der Restforderung von 90276,11 DM, mit der sie nach ihrer Behauptung im Konkurs ausfallen wird, nimmt die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Sie hat behauptet, die GmbH sei bereits 1985 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen; der Beklagte habe dies, als er die Waren bestellte, gewußt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

 Gründe:

I.

1.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten mit der Begründung zur Schadensersatzleistung verurteilt, er habe unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß als Vertreter der GmbH persönlich dafür einzustehen, daß er die Klägerin nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, darüber aufgeklärt habe, daß angesichts der damaligen angeschlagenen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft die Zahlung des Kaufpreises nicht gesichert sei. Die GmbH sei bereits seit 1984 überschuldet gewesen und der Beklagte habe dies bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können. Seine persönliche Haftung ergebe sich daraus, daß er ein besonderes wirtschaftliches Eigeninteresse am Vertragsschluß gehabt und aus dem Geschäft eigenen Nutzen erstrebt habe. Dieses Interesse sei über seine Beteiligung an der GmbH mit dem damit verbundenen Gewinnbezugsrecht hinausgegangen. Denn er habe - unstreitig - zur Absicherung von Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft in den Jahren bis 1985 aus seinem privaten Vermögen die Rechte an einer Lebensversicherung abgetreten, ein Festgeldguthaben von rund 48000 DM verpfändet und sich in Höhe von 250000 DM verbürgt. Dadurch habe er seine wirtschaftliche Existenz weitgehend mit dem Erfolg der Gesellschaft verknüpft. 126,183 [ 17. Konkursverschleppung ]

2.

Diesem rechtlichen Ausgangspunkt, der allerdings im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht, vermag der Senat nicht zu folgen. Für die Folgen einer Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungs- und Obhutspflichten haftet, wenn bei den Vertragsverhandlungen ein Vertreter tätig wird, nach allgemeinen Grundsätzen der Vertretene. Ausnahmsweise kann aber auch der Vertreter selbst schadensersatzpflichtig sein, wenn er 2 persönlich in besonderem Maße das Vertrauen des Verhandlungspartners in Anspruch genommen hat. Darüber hinaus kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Vertreter auch dann für ein Verschulden bei den Vertragsverhandlungen haften, wenn er dem Verhandlungsgegenstand besonders nahesteht, weil er wirtschaftlich selbst stark an dem Vertragsschluß interessiert ist und aus dem Geschäft eigenen Nutzen erstrebt.

a)

Der letztgenannte, vom Berufungsgericht herangezogene Gesichtspunkt rechtfertigt die von ihm angenommene Haftung des Beklagten nicht.

aa)

Die Rechtsprechung zur Vertreterhaftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses geht im Grundsatz auf Entscheidungen des Reichsgerichts zurück, bei denen es sich zunächst um Fälle handelte, in denen der Vertreter der eigentliche Vertragsinteressent war und nur aus formalen Gründen nicht selbst als Vertragspartei, sondern als Vertreter auftrat (»procurator in rem suam«; grundlegend RGZ 120,249,252 f. , wo der Käufer eines Grundstücks, bevor das Eigentum an diesem auf ihn übergegangen war, es im Namen des Verkäufers weiterverkaufte; vgl. die weiteren Nachweise bei Steininger, Die Haftung des Geschäftsführers und/oder des Gesellschafter-Geschäftsführers aus culpa in contrahendo bei wirtschaftlicher Bedrängnis der Gesellschaft mbH, 1986, S. 53 ff.; Soergel/Wiedemann, BGB 12. Aufl. vor § 275 Rdn. 220). Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung weiterentwickelt und die Haftung seit BGHZ 14,313,318 in dem oben bereits dargestellten Sinne ausgeweitet (eingehend zu dieser Entwicklung Steininger aaO S. 60 ff.; vgl. auch Wiedemann NJW 1984,2226 f.). Im Schrifttum ist dies vom Grundsätzlichen her auf verbreitete Kritik gestoßen (vgl. nur Ballerstedt AcP 151 [1950/51], 501,524; weitere Nach[1]126,184 [ 17. Konkursverschleppung ] weise bei Hachenburg/Ulmer, HGB 8. Aufl. § 64 Rdn. 71 Fußn. 112).

bb)

Auf die die dogmatische Begründbarkeit der Vertreterhaftung wegen wirtschaftlichen Interesses insgesamt in Zweifel ziehende Kritik ist hier nicht weiter einzugehen. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles ist nur von Bedeutung, ob sich unter diesem Gesichtspunkt eine persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH begründen läßt. Das ist jedenfalls unter den hier gegebenen Voraussetzungen zu verneinen.

(1)

Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ein die Haftung begründendes Eigeninteresse zunächst bereits in Fällen angenommen, in denen ein GmbH-Geschäftsführer maß[1]geblich, vor allem als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter, an der GmbH, in deren Namen er die Vertragsverhandlungen führte, beteiligt war (BGHZ 87,27,33 f.; Urt. v. 27. Oktober 1982 - VIII ZR 187/81, WM 1982,1322,1323; anders aber Urt. v. 5. Juli 1977 - VI ZR 268/75, VersR 1978,59,60; vgl. auch Urt. v. 3. November 1976 - I ZR 156/74, WM 1977,73,76 für den Treugeber eines Gesellschafter[1]Geschäftsführers). Gegen diese Rechtsprechung ist eingewandt worden, sie setze sich in einen Wertungswiderspruch zu § 13 Abs. 2 GmbHG, wonach eine persönliche Haftung des GmbH[1]Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausgeschlossen ist; denn sie knüpfe die Haftung an eine den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht persönlich, sondern nur in seiner Stellung als Vertretungsorgan der Gesellschaft treffende Pflichtverletzung an und begründe damit eine Durchgriffshaftung ohne Vorliegen der Durchgriffsvoraussetzungen (u. a. Rehbinder, FS Robert Fischer, 1979, S. 579,599). Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Oktober 1985 (VIII ZR 210/84, ZIP 1986,26,29) ist die maßgebliche Beteiligung des Vertreters an der Gesellschaft für sich allein nicht als ausreichend angesehen worden, um eine Haftung wegen unmittelbaren wirtschaftlichen Eigeninteresses zu begründen (vgl. auch BGH, Urt. v. 5. Oktober 1988 - VIII ZR 325/87, ZIP 1988,1543,1544 für den Kommanditisten und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG). Es ist vielmehr das Vorliegen zusätzlicher Umstände gefordert worden, die die Annahme rechtfertigen können, der Vertre[1]126,185 [ 17. Konkursverschleppung ] ter habe »gleichsam in eigener Sache« gehandelt. Um derartige Umstände soll es sich handeln, wenn der Gesellschafter- Geschäftsführer der Gesellschaft zusätzlich zu seiner Kapitalbeteiligung zur Absicherung von Gesellschaftsverbindlichkeiten persönliche Bürgschaften oder dingliche Sicherheiten zur Verfügung stellt (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1985 aaO S. 30, v. 8. Oktober 1987 - IX ZR 143/86, WM 1987,1431,1432 und v. . März 1988 - VIII ZR 380/86, ZIP 1988,505,507; für den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG bereits Urt. v. 25. Januar 1984 - VIII ZR 227/82, ZIP 1984,439,441 f.), ferner, wenn seine Tätigkeit auf die Beseitigung von Schäden abzielt, für die er anderenfalls von der Gesellschaft in Anspruch genommen werden könnte (Urt. v. 23. Oktober 1985 aaO S. 30 und v. 8. Oktober 1987 aaO S. 1432), und schließlich, wenn er bei Abschluß des Vertrages die Absicht hat, die vom Vertragspartner zu erbringende vertragliche Leistung nicht ordnungsgemäß an die Gesellschaft weiterzuleiten, sondern sie zum eigenen Nutzen dafür geeigneten Zwecken zuzuführen (Urt. v. 23. Oktober 1985 aaO S. 30). In einem nicht gesellschaftsrechtlichen Fall ist allerdings die Bürgschaftsübernahme in Verbindung mit einer Darlehensgewährung und dem Bestehen von 3 Leibrentenansprüchen gegen den Vertretenen nicht als ausreichend angesehen worden, um die Haftung des Vertreters wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses zu begründen (Urt. v. 11. Oktober 1988 - X ZR 57/87, ZIP 1988,1576,1577). Auch mit diesem eingeschränkten Inhalt wird die Rechtsprechung zur Haftung des Gesellschafter[1]Geschäftsführers im Schrifttum überwiegend abgelehnt; allenfalls wird ihr unter Vorbehalten zugestimmt (vgl. u. a. Hommelhoff EWiR 1986, S. 165 f.; Grunewald ZGR 1986,580,584 ff.; K. Schmidt ZIP 1988,1497,1503; Medicus, FS Steindorff, 1990, S. 725,733). Manche Autoren sprechen sich dafür aus, zu den von der Reichsgerichtsrechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen zurückzukehren und die Eigenhaftung wegen wirtschaftlichen Interesses nur für die Fälle einer Art »mittelbarer Stellvertretung des Vertretenen für den Vertreter« zu bejahen (Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 72; Soergel/Wiedemann aaO vor § 275 Rdn. 227). Roth (GmbHR 1985,137,139 ff.; ZGR 1986,371,380 f.; 126,186 [ 17. Konkursverschleppung ] GmbHG aaO § 64 Anm. 4.1) hat vorgeschlagen, das von der Rechtsprechung erzielte Ergebnis teilweise - soweit es um die Zeit nach Konkursreife geht - mit einer dann einsetzenden Haftung des unternehmerisch tätigen, beherrschenden Gesellschafters wegen Erschöpfung des Haftungsfonds der Gesellschaft zu begründen. Der erkennende Senat hat bereits in einem Urteil vom 4. Mai 1981 (II ZR 193/80, ZIP 1981,1076,1077) die Eigenschaft als Alleingesellschafter der am Vertrag beteiligten GmbH zur Begründung der persönlichen Haftung des Geschäftsführers nicht genügen lassen. In späteren Urteilen ist er gelegentlich von der Möglichkeit einer Haftung des Vertreters, insbesondere des Geschäftsführers, wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses ausgegangen; im jeweiligen konkreten Fall ist aber das Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen verneint worden (Urt. v. 9. Oktober 1986 - II ZR 241/85, ZIP 1987,175,177, v. 17. Juni 1991 - II ZR 171/90, WM 1991,1730 f. und v. 1. Juli 1991 - II ZR 180/90, ZIP 1991,1140,1141 f.). In anderen Urteilen hat der Senat die Frage, ob sich eine persönliche Haftung des Vertreters, insbesondere des Geschäftsführers einer GmbH, mit dessen eigenem wirtschaftlichen Interesse am Vertragsschluß begründen läßt, ausdrücklich offengelassen (Urt. v. 17. Dezember 1984 - II ZR 314/83, WM 1985,384,385; v. 10. März 1986 - II ZR 107/85, WM 1986,854,856 und v. 16. März 1992 - II ZR 152/91,ZIP 1992,694).

(2)

Im vorliegenden Fall kommt nach dem bisherigen Stand der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Begründung der Haftung des Beklagten nur der Umstand in Betracht, daß er zugunsten der GmbH Sicherheiten in Form einer Bürgschaft und der Abtretung von persönlichen Forderungen zur Verfügung gestellt hat. Ein solcher Sachverhalt rechtfertigt jedoch die persönliche Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers nicht. Der Senat ist durch die frühere, insoweit abweichende Rechtsprechung des VIII. und des IX. Zivilsenats nicht gehindert, diesen Standpunkt einzunehmen; denn diese Senate haben auf Anfrage (Sen.Beschl. v. 1. März 1993, ZIP 1993,763) mitgeteilt, daß sie insoweit an ihrer bisherigen Rechtsauffassung nicht festhalten. 126,187 [ 17. Konkursverschleppung ] Die Beteiligung des Geschäftsführers an der GmbH ist, wie heute unbestritten ist, keine tragfähige Grundlage für seine persönliche Haftung. Setzt der Gesellschafter neben seiner Kapitalbeteiligung teilweise sein Privatvermögen durch Gewährung von Darlehen an die Gesellschaft oder in Form von persönlichen oder dinglichen Sicherheiten für der GmbH gewährte Drittkredite ein, so muß ihm zwar daran gelegen sein, seinen sich daraus ergebenden Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft nicht zu gefährden. Dieses Interesse gibt aber keinen Anlaß, ihn deswegen persönlich für die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen zu lassen. Solange diese wirtschaftlich gesund ist, ist die Gefahr, daß das zusätzlich für deren Zwecke eingesetzte Privatvermögen verlorengeht, nicht vorhanden. Gerät die Gesellschaft in die Krise, dann werden derartige Gesellschafterleistungen, wenn sie nicht rechtzeitig abgezogen werden, den Kapitalersatzregeln unterworfen (§§ 32 a, 32 b GmbHG sowie §§ 30 f. GmbHG analog). Sie sind dann in gleicher Weise wie die übernommene Stammeinlage und damit so, wie wenn sie der Gesellschaft auch formal als eine solche zur Verfügung gestellt worden wären, zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger bestimmt, soweit die Mittel dazu benötigt werden. Darin erschöpft sich aber die zu der gezeichneten Einlage hinzutretende Belastung für den Gesellschafter; sein über die eingesetzten Mittel hinaus vorhandenes Privatvermögen bleibt dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger entzogen. Das gilt auch für eine zugunsten der Gesellschaft übernommene Bürgschaft. Sie begründet zwar eine persönliche Schuld des Bürgen, aber diese ist auf die durch die Bürgschaft gesicherte Verbindlichkeit begrenzt; andere Gesellschaftsgläubiger können aus ihr keine Rechte herleiten. Derartige zusätzliche Gesellschafterleistungen werden damit in der Krise der Gesellschaft der gezeichneten Einlage gleichgestellt. Vermag diese selbst die Haftung mit dem sonstigen Privatvermögen nicht zu begründen, so kann ihr Ersatz, nämlich die Unterstützung der GmbH durch sonstige Mittel des Gesellschafters, keine weitergehende Wirkung haben. 4 Der Hinweis auf den Kapitalersatzcharakter erfaßt allerdings nicht Kredite und Kreditsicherheiten, die ein Geschäftsführer, der weder formal noch wirtschaftlich an der Gesellschaft betei[1]126,188 [ 17. Konkursverschleppung ] ligt ist, dieser zur Verfügung stellt (zutreffend Medicus GmbHR 1993,533,536). Aber abgesehen davon, daß solche Fälle selten vorkommen, zeigt der für den Gesellschafter geltende Grundsatz der Beschränkung der Haftung auf das für die GmbH eingesetzte Vermögen, daß es beim außenstehenden Kreditgeber - auch wenn er gleichzeitig deren Geschäftsführer ist - erst recht nicht anders sein kann. Der Einsatz von Vermögensteilen für Zwecke der Gesellschaft ist mit dem Risiko behaftet, bei ungünstiger Entwicklung des von dieser betriebenen Unternehmens verlorenzugehen. Hierin erschöpft sich dieses Risiko. Der - an der Gesellschaft beteiligte oder außenstehende - Kreditgeber ist gewiß in einem dem Umfang seines Engagements entsprechenden Maße daran interessiert, daß sich das Unternehmen positiv entwickelt und nicht in die Insolvenz gerät. Daß darin wegen der Geschäftsführungsbefugnis des Kreditgebers ein höheres Gefährdungspotential für die bereits vorhandenen oder die durch neue Vertragsabschlüsse hinzukommenden Gesellschaftsgläubiger zu sehen wäre (Ulmer ZIP 1993,770), kann indessen nicht zugegeben werden. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Werden die Geschäfte so geführt, daß das Unternehmen floriert, so haben die Gläubiger nichts zu befürchten; deren Interessen werden dadurch am wirksamsten gefördert (Medicus GmbHR 1993,533,535; ders. WuB II C. § 64 GmbHG 1.94). Sobald die Gesellschaft in den Bereich der Insolvenz gerät, liegen die Dinge freilich anders. Jetzt besteht das Interesse des Kredit- oder Sicherungsgebers darin, die noch vorhandenen Gesellschaftsmittel und damit auch die Erlöse aus noch in diesem Stadium für die Gesellschaft abgeschlossenen Geschäften zu seiner Befriedigung oder zur Rückführung der abgesicherten Fremdkredite zu verwenden (Canaris JZ 1993,649,650). Da er jetzt von der Gesellschaft nicht mehr viel zu erwarten hat, treten die eigenen Belange des Geschäftsführers, der naturgemäß auf die Befriedigung seiner gegen die Gesellschaft gerichteten Ansprüche bedacht sein muß, in den Vordergrund (so zutreffend Flume ZIP 1994,337,338 f.). Dies zeigt jedoch nur, daß ein Bedürfnis, die Gläubiger durch zusätzliche Zugriffsmöglichkeiten zu schützen, erst in der Insolvenznähe besteht (Soergel/Wiedemann aaO vor § 275 Rdn. 227). Diesem Bedürfnis ist mit Mitteln Rech[1]126,189 [ 17. Konkursverschleppung ] nung zu tragen, die auf die Besonderheiten dieser Situation zugeschnitten sind (siehe dazu unten II). Eine Haftung des Geschäftsführers für die Schulden einer wirtschaftlich gesunden GmbH ist weder gerechtfertigt noch nötig.

b)

Die Verurteilung des Beklagten läßt sich auch nicht auf den Gesichtspunkt der Vertreterhaftung wegen Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens stützen. Der Geschäftsführer einer GmbH nimmt, wenn er für diese in Vertragsverhandlungen eintritt, grundsätzlich nur das normale Verhandlungsvertrauen in Anspruch, für dessen Verletzung der Vertragspartner, in diesem Fall also die GmbH, einzustehen hat; von einem persönlichen Vertrauen läßt sich nur sprechen, wenn der Vertreter beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen hat (Sen.Urt. v. 1. Juli 1991 - II ZR 180/90, ZIP 1991,1140,1142 f. m. w.Nachw.). Es wird sich dabei im allgemeinen um Erklärungen im Vorfeld einer Garantiezusage handeln (Hachenburg/ Ulmer aaO § 64 Rdn. 70). An diesen Voraussetzungen fehlt es, wenn das Verhalten des Geschäftsführers sich darin erschöpft, eine Aufklärung über die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft, zu der er angesichts ihrer wirtschaftlichen Lage verpflichtet wäre, zu unterlassen; daß im vorliegenden Fall der Beklagte mehr getan hätte, ist nicht festgestellt. Allerdings bleibt die sorgfaltswidrige Verletzung der Offenbarungspflicht, die sich auf die finanzielle Unfähigkeit der Gesellschaft, die vereinbarte Vertragsleistung zu erbringen, bezieht, ohne Sanktion, wenn nur die Gesellschaft selbst dafür einzustehen hat. Deshalb ist vorgeschlagen worden, den Geschäftsführer einer GmbH als deren Repräsentanten immer als »Vertrauensträger« anzusehen, wenn er eine die Solvenz der Gesellschaft betreffende Informationspflicht schuldhaft verletzt (K. Schmidt ZIP 1988,1497,1503; ders. , GesR 2. Aufl. § 36 II 5c S. 907; ihm folgend Flume ZIP 1994,337,338). Eine solche »Repräsentantenhaftung« hätte mit der Haftung des Vertreters wegen Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nichts mehr zu tun. Sie wäre, da sie im praktischen Ergebnis die Konkursreife zur Haftungsvoraussetzung 126,190 [ 17. Konkursverschleppung ] macht und die vorvertragliche Warnpflicht des Geschäftsführers im wesentlichen mit der Konkursantragspflicht gleichlaufen läßt (K. Schmidt NJW 1993,2934,2935), ein im Wege der Rechtsfortbildung geschaffener Haftungstatbestand zum Zweck der Sanktion für die Fortführung einer konkursreifen GmbH. Dafür besteht neben der gesetzlichen Haftungsgrundlage der §§ 64 5 GmbHG,823 Abs. 2 BGB weder ein Bedürfnis noch eine Legitimation. Bei einer derartigen Ähnlichkeit, wenn nicht Gleichheit der Haftungsvoraussetzungen können nicht durch Richterrecht Haftungsfolgen geschaffen werden, die sich von denen der gesetzlichen Regelung unterscheiden.

II.

Die Klage ist gleichwohl nicht abweisungsreif, weil sich die Haftung des Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG ergeben kann. 1. Nach § 64 Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer die Eröffnung des Konkursverfahrens bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft unverzüglich (»ohne schuldhaftes Zögern«) zu beantragen. Die Vorschrift ist, worüber seit langem Einigkeit besteht, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGH zugunsten der Gesellschaftsgläubiger. Die sich daraus ergebende Haftung des Geschäftsführers ist jedenfalls gegenüber denjenigen Gläubigern, die ihre Forderung bereits vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem der Konkursantrag hätte gestellt werden müssen, auf den Betrag beschränkt, um den sich die Konkursquote, die sie bei rechtzeitiger Konkursanmeldung erhalten hätten, durch Verzögerung der Antragstellung verringert (sog. Quotenschaden; grundlegend BGHZ 29,100,102 ff.). Der Geschäftsführer hat den auf diese Weise errechneten Gesamtgläubigerschaden zu ersetzen, und zwar, wenn ein Konkursverfahren stattfindet, durch Zahlung in die Konkursmasse (vgl. K. Schmidt, GesR aaO § 36 II 5 b S. 903). Da hierbei auf den Zeitpunkt des Eintritts der Konkursantragspflicht abgestellt wird, war zunächst zweifelhaft, ob auch Gläubiger, die ihre Forderung erst später erworben haben, in den Schutzbereich der Vorschrift einbezogen sind. Diese 126,191 [ 17. Konkursverschleppung ] Frage ist, wie seit der genannten Grundsatzentscheidung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1958 außer Streit ist, zu bejahen. Auch die Neugläubiger, die, jedenfalls soweit es sich um Vertragsgläubiger handelt, bei rechtzeitiger Konkursanmeldung gar keinen Schaden erlitten hätten, sollen danach indessen nur den Quotenschaden ersetzt erhalten; für dessen Berechnung soll der Zeitpunkt maßgebend sein, in dem die jeweilige Forderung entstanden ist (BGHZ 29,100,104 ff., 107; BGHZ 100,19,23 ff.; BGH, Urt. v. 22. Januar 1962 - III ZR 198/60, WM 1962,527,530; v. 18. Juni 1979 - VII ZR 84/78, NJW 1979,2198, insoweit in BGHZ 75,23 nicht abgedruckt, und v. 8. Oktober 1987 - IX ZR 143/86, WM 1987,1431,1432; ferner beiläufig das eine Aktiengesellschaft betreffende Urteil des erkennenden Senats vom 11. November 1985, BGHZ 96,231,237; vgl. aber auch BGHZ 75,96,106: »Schutzgesetz ... jedenfalls insoweit ..., als sich durch die Verzögerung der Konkurseröffnung die Befriedigungsaussichten der Gläubiger verringert haben«). Auch das Bundesarbeitsgericht ist dieser Rechtsprechung gefolgt (Urt. v. 24. September 1974 - 3 AZR 589/73, NJW 1975,708 und v. 17. September 1991 - 3 AZR 521/ 90, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht). Das gleiche gilt für den überwiegenden Teil des Schrifttums (vgl. Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 48 f.; Scholz/ K. Schmidt, GmbHG 7. Aufl. § 64 Rdn. 35 f.; Rowedder, GmbHG 2. Aufl. § 64 Rdn. 24 - ohne eigene Stellungnahme -; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 13. Aufl. § 64 Rdn. 13; Schulze-Osterloh in: Baumbach/Hueck, GmbHG 15. Aufl. § 64 Rdn. 26 m. w.Nachw.; zu § 92 Abs. 2 AktG: Mertens, KK 2. Aufl. § 92 Rdn. 52; Meyer-Landrut, GroßKomm. [1973] § 92 Anm. 9; unklar dagegen Hefermehl in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, 1973-74, § 92 Rdn. 24; zweifelnd Roth, GmbHG 2. Aufl. § 64 Anm. 3.1). Auch die Gegenansicht - Ersatz des vollen den »Neugläubigern« infolge des Kontrahierens mit einer konkursreifen GmbH entstandenen Schadens - ist aber immer vertreten worden und bis zur Wiederaufnahme der kontroversen Diskussion im Anschluß an die die jetzige Entscheidung vorbereitenden Beschlüsse des Senats vom 1. März 1993 (aaO) und vom 20. September 1993 (ZIP 1993,1543) nicht verstummt 126,192 [ 17. Konkursverschleppung ] (Winkler MDR 1960,185,186 f.; Lambsdorff/Gilles NJW 1966,1551 f.; Kühn NJW 1970,589,590 ff.; Lindacher DB 1972,1424 f.; Gilles/Baumgart JuS 1974,226,227 f.; Uhlenbruck, Die GmbH & Co. KG in Krise, Konkurs und Vergleich, 2. Aufl. , 1988, S. 403 ff.; Stapelfeld, Die Haftung des GmbH[1]Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise, 1990, S. 166 ff.). Auch zu den dem § 64 GmbHG entsprechenden Konkursantragsvorschriften für die anderen juristischen Personen mit beschränktem Haftungsvermögen wird teilweise eine Pflicht zu vollem Schadensausgleich gegenüber den Neugläubigern angenommen (Staudinger/Coing, BGB 12. Aufl. § 42 Rdn. 10; Müller, GenG, 1976, § 99 Rdn. 9; zu § 92 Abs. 2 AktG: Meyer-Landrut, FS Barz, 1974, S. 271,277 ff.; zweifelnd Medicus, Bürgerliches Recht 16. Aufl. Rdn. 622; Meyer/Meulenbergh/Beuthien, GenG 12. Aufl. § 99 Rdn. 4). Hopt (Baumbach/ Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 130a Anm. 3 A) sieht in dem auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung eingeschränkten Haftungsumfang »eine wesentliche Schwäche« der Haftungsregelung des § 130a HGB. 2. Der erkennende Senat, auf den die Zuständigkeit zur Entscheidung über Ansprüche aus unerlaubter Handlung durch Verletzung von gesellschaftsrechtlichen Schutzgesetzen vom V I. 6 Zivilsenat übergegangen ist, hält mit Zustimmung der von dieser Rechtsprechungsänderung betroffenen Zivilsenate des Bundesgerichtshofs - nämlich des III., des VII. und des IX. Zivilsenats - sowie des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts den Geschäftsführer bei schuldhaftem Verstoß gegen die Konkursantragspflicht des § 64 Abs. 1 GmbHG für verpflichtet, den Gläubigern, die infolge des Unterbleibens des Konkursantrags mit der GmbH in Geschäftsbeziehung treten und ihr Kredit gewähren, den ihnen dadurch entstehenden Schaden über den sogenannten Quotenschaden hinaus zu ersetzen.

a)

Durch die dem Geschäftsführer einer GmbH auferlegte Konkursantragspflicht werden, wie gesagt, nicht nur die bei Eintritt der Konkursreife bereits vorhandenen Gesellschaftsgläubiger (die »Altgläubiger«), sondern auch die erst später neu hinzukommenden (die »Neugläubiger«) geschützt. Diese wären, wenn der Geschäftsführer seiner Pflicht nachgekommen wäre, 126,193 [ 17. Konkursverschleppung ] nicht in die Gläubigerstellung gelangt; sie hätten mit der Gesellschaft keinen Vertrag mehr geschlossen, ihr keinen Kredit gewährt und damit keinen Schaden erlitten. Die Ursache für diesen Schaden liegt in dem Verstoß gegen die Schutzvorschrift des § 64 Abs. 1 GmbHG. Das hat nach allgemeinen Schadensersatzregeln zur Folge, daß der dem Vertragspartner auf diese Weise rechtswidrig und schuldhaft zugefügte Schaden zu ersetzen ist (vgl. Staudinger/Coing aaO § 42 Rdn. 10). Daß demgegenüber die Altgläubiger nur bis zur Höhe der bei rechtzeitiger Konkursantragstellung erzielbaren Konkursquote entschädigt werden, ist kein Grund dafür, die Neugläubiger ebenso zu behandeln. Bis zu dem nach § 64 Abs. 1 GmbHG maßgebenden Zeitpunkt ist kein Konkursdelikt begangen worden; eine vorher eingetretene Entwertung der zu diesem Zeitpunkt bereits begründeten Forderungen fällt, soweit ein Anspruch nicht auf einer anderen Rechtsgrundlage besteht, in den Risikobereich der davon betroffenen Gläubiger. Insoweit ist diesen kein auf dem Verstoß gegen die Konkursantragspflicht beruhender Schaden entstanden. Eine Ungleichbehandlung beider Gläubigergruppen (Fleck GmbHR 1974,224,235; Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 49) läßt sich darin, daß jedem Gläubiger der gerade ihm entstandene Schaden ersetzt wird, nicht erkennen. Die Begrenzung des Ersatzanspruchs auf den Quotenschaden wird - auch - damit begründet, daß die Neugläubiger, weil sie erst durch die Anbahnung von vertraglichen Beziehungen zur GmbH zu Gläubigern werden, mit ihrem Einzelschaden keine individuell abgrenzbare Gruppe von Betroffenen, sondern Teil des Rechtsverkehrs und damit der Allgemeinheit seien, die als solche in den von § 64 Abs. 1 GmbHG gewährten Schutz nicht einbezogen sei (so Ulmer ZIP 1993,771; dagegen Wiedemann EWiR 1993,583,584; K. Schmidt NJW 1993,2934; Lutter DB 1994,129,135). Es geht indessen hier nicht um den persönlichen Schutzbereich des § 64 GmbHG - daß die Neugläubiger von ihm erfaßt werden, steht außer Streit -, sondern um den Umfang des den Neugläubigern zu ersetzenden Schadens. Wenn dieser Ersatzanspruch hinter dem zurückbleiben soll, was sich aus allgemeinen schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ergibt, so läßt sich das allenfalls damit begründen, daß ein sol[1]126,194 [ 17. Konkursverschleppung ] cher Individualschaden nicht vom objektiven Schutzzweck des § 64 Abs. 1 GmbHG erfaßt werde.

b)

Der Normzweck der gesetzlichen Konkursantragspflichten besteht darin, konkursreife Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfonds vom Geschäftsverkehr fernzuhalten, damit durch das Auftreten solcher Gebilde nicht Gläubiger geschädigt oder gefährdet werden (Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 1). Daran hat der Gesetzgeber in schadensersatzrechtlicher Hinsicht zunächst nur die Sanktion geknüpft, daß die Geschäftsführer nach § 64 Abs. 2 GmbHG verpflichtet sind, »Zahlungen«, die sie nach Eintritt der Konkursreife unter Außerachtlassung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet haben, der Gesellschaft zu ersetzen. Nach herrschender Meinung sind damit über reine Geldzahlungen hinaus alle Leistungen gemeint, die das Gesellschaftsvermögen schmälern, wobei streitig ist, ob auch die Eingehung neuer Verbindlichkeiten dazu gehört (vgl. Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 39 f. und Scholz/K. Schmidt aaO § 64 Rdn. 22, jeweils m. w.Nachw.; im hier interessierenden Zusammenhang ausführlich Wilhelm ZIP 1993,1833,1835 f.). Der Bundesgerichtshof hat aus dieser sich unmittelbar aus dem GmbH[1]Gesetz ergebenden Rechtslage geschlossen, daß ein weitergehender Schutz der Gläubiger nicht gewollt gewesen sei; das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit und die Kreditwürdigkeit eines anderen werde, so ist im Urteil vom 16. Dezember 1958 ausgeführt, im Geschäfts- und Wirtschaftsleben nicht besonders geschützt (BGHZ 29,100,106). Für Gläubiger einer Rechtsperson, deren Gesellschafter nicht mit ihrem ganzen Vermögen haften, bestehe zwar ein Bedürfnis nach einem weitergehenden Schutz der Gläubiger. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber durch § 64 Abs. 1 GmbHG über das Ziel hinaus, das zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderliche Gesellschaftsvermögen zu erhalten, die Gläubiger auch davor habe bewahren wollen, einer 7 überschuldeten Gesellschaft noch Kredit zu geben oder überhaupt noch mit ihr in Geschäftsbeziehungen zu treten. Aus den Materialien zum GmbH-Gesetz läßt sich insoweit wenig herleiten. Der Deutsche Handelstag hatte im Gesetzge[1]126,195 [ 17. Konkursverschleppung ] bungsverfahren gefordert, die im Hinblick auf »das kapitalistische Moment der neuen Gesellschaftsform« befürwortete Konkursantragspflicht dadurch sicherzustellen, daß der Zuwiderhandelnde mit seinem gesamten Vermögen in die Haftung für die Gesellschaftsschulden eintrete bzw. daß er den Gesellschaftsgläubigern persönlich für jeden einzelnen Ausfall an ihren Forderungen hafte (Amtl. Ausgabe des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, 1891, S. 136,137). Auch die preußischen Handelskammern hatten als Sanktion für die verspätete Stellung des Konkursantrags eine direkte Haftung für alle Ausfälle, die die Gläubiger im Konkurs erleiden, verlangt. Der Gesetzgeber ist diesen Forderungen zwar nicht nachgekommen, sondern hat es bei dem durch § 64 Abs. 2 GmbHG geschaffenen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer belassen (vgl. dazu auch Flume ZIP 1994,337,339). Indessen war bei Erlaß des GmbH-Gesetzes im Jahre 1892 das Bürgerliche Gesetzbuch noch nicht in Kraft getreten, und die Vorschrift des § 823 Abs. 2 BGB existierte noch nicht (darauf weisen Medicus WuB II C. § 64 GmbHG 1.94, und Wilhelm ZIP 1993,1834,1835 zutreffend hin). Die Frage, welche Schadensersatzansprüche sich aus dieser Bestimmung für die durch verspätete Konkursantragstellung geschädigten Gläubiger ergeben, kann nicht ohne weiteres mit dem Hinweis auf die - begrenzten - Ansprüche beantwortet werden, die vor der Einführung jener Vorschrift gesetzlich vorgesehen waren. Die bisherige Rechtsprechung und der Teil des Schrifttums, der ihr folgt, sehen als das »den Schutz eines anderen bezweckende Gesetz« (§ 823 Abs. 2 BGB) ausdrücklich oder der Sache nach nur Absatz 2, nicht dagegen Absatz 1 des § 64 GmbHG an, und zwar auch, soweit diese letztere Bestimmung als Schutzgesetz bezeichnet wird (nachdrücklich in diesem Sinne Gerd Müller GmbHR 1994,209: Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 2 GmbHG; vgl. auch Canaris JZ 1993,649,650); jedenfalls sollen beide Absätze der Vorschrift eine »einheitliche Schutzrichtung« haben (K. Schmidt NJW 1993,2934). Unter dieser Voraussetzung ist in der Tat nur der allen Gläubigern gleichmäßig entstandene Masseverkürzungsschaden zu erset[1]126,196 [ 17. Konkursverschleppung ] zen, und die Neugläubiger werden dann tatsächlich nur insoweit zu in den Schutz einbezogenen »Gläubigern«, als sie sich der GmbH gegenüber schon vertraglich gebunden haben (Ulmer ZIP 1993,771); denn nur in dieser Eigenschaft haben sie ein Anrecht auf Befriedigung aus dem als Konkursmasse zu erhaltenden Gesellschaftsvermögen. Eigentliches und ausschließliches Schutzgut des § 64 GmbHG ist aus dieser Sicht das Vermögen der Gesellschaft, dessen Erhaltung durch Absatz 2 dieser Vorschrift gesichert werden soll (zutreffend Flume ZIP 1994,337,339). Die von der Verkürzung der Masse betroffenen Gesellschaftsgläubiger erleiden danach lediglich einen »Reflexschaden«, und die Bedeutung des § 823 Abs. 2 BGB besteht dann in diesem Zusammenhang lediglich darin, daß sie jenen mittelbaren Schaden - zudem auch dort, wo im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer § 43 Abs. 2 GmbHG versagt, wie insbesondere beim Alleingesellschafter - außerhalb des Konkurses selbständig geltend machen können (Gerd Müller ZIP 1993,1531,1536; ders. GmbHR 1994,209,210). Dem über § 64 Abs. 2 GmbHG hinausreichenden Zweck des Absatzes 1 der Vorschrift, konkursreife Gesellschaften mit beschränktem Haftungsvermögen aus dem Rechtsverkehr zu entfernen, wird damit eine Schutzwirkung zugunsten der mit einer solchen Gesellschaft in Rechtsbeziehungen tretenden Personen versagt. Jener weitergehende Zweck des § 64 Abs. 1 GmbHG schützt dann überhaupt nicht den einzelnen Geschäftspartner einer konkursreifen GmbH, sondern ausschließlich die Allgemeinheit in ihrem - öffentlichen - Interesse an der Beseitigung einer solchen Gesellschaft. Dies ist gemeint, wenn gesagt wird, die Neugläubiger fielen nicht in den persönlichen Schutzbereich des § 64 GmbHG (Ulmer ZIP 1993,771). c) Eine solche Begrenzung des mit den Konkursantragspflichten bewirkten Schutzes wird deren Bedeutung nicht gerecht. Für juristische Personen mit beschränkter Haftungsmasse besteht nicht nur der zusätzliche Konkursgrund der Überschuldung; nur für sie gibt es auch überhaupt eine - von ihren Organen zu erfüllende - Pflicht zur Konkursanmeldung. Das beruht darauf, daß die Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der Gesellschaft (§ 13 Abs. 2 GmbHG) ihre Legitimation verlo[1]126,197 [ 17. Konkursverschleppung ] ren hat, wenn dieses Vermögen vollständig verwirtschaftet ist. Die Konsequenz besteht nach dem Gesetz nicht in einer nunmehr einsetzenden persönlichen Haftung der Gesellschafter, sondern darin, daß die für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen durch Konkursanmeldung für eine 8 rechtzeitige Beseitigung der Gesellschaft zu sorgen haben. Die Konkursantragspflicht ergänzt damit den mit den Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften bewirkten Gläubigerschutz; zusammen mit diesen stellt sie die Rechtfertigung für das Haftungsprivileg der Gesellschafter dar (K. Schmidt ZIP 1988,1497; ders. NJW 1993,2934; Stapelfeld aaO S. 171). Wegen dieses Zusammenhangs ist es verfehlt, eine über den Quotenschaden hinausgehende Haftung des Geschäftsführers - der im übrigen nicht notwendig auch Gesellschafter sein muß - gerade als dem Prinzip der Haftungsbeschränkung widersprechend zu bezeichnen (so Bauder BB 1993,2473 f.). Als Instrument des Gläubigerschutzes muß das Gebot der rechtzeitigen Konkursantragstellung schadensersatzrechtlich - und nicht nur strafrechtlich - so sanktioniert sein, daß dieser Schutz wirksam ist. Das ist bei Begrenzung der Geschäftsführerhaftung auf den Quotenschaden und Ausschluß der Ersatzpflicht für darüber hinausgehende Individualschäden nicht der Fall. Die Berechnung jenes Quotenschadens bereitet »beängstigende Schwierigkeiten der Schadensschätzung« (K. Schmidt JZ 1978,661,665), die sich, soweit es um die erst nach dem Zeitpunkt der Konkursreife hinzukommenden Gläubiger geht, noch verstärken (vgl. dazu Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 54). Der damit zusammenhängende Aufwand ist so groß, daß er in der Praxis als nicht lohnend angesehen wird. Die Quotenberechnung ist als eine »juristische Spielerei« (Gerd Müller GmbHR 1994,209,212) bezeichnet worden, die »ebenso ästhetisch anziehend wie praktisch undurchführbar« sei (Schanze AG 1993,380). Die Frage, ob eine die Konkursanmeldung betreffende Pflichtverletzung vorlag, war deshalb auf der Grundlage der bisherigen Rechtspraxis zu § 64 GmbHG, soweit es um unmittelbare Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger ging, »nicht bedeutsam« (Bauder BB 1993,2472,2473). Die Begrenzung der Haftung auf den Quotenschaden hat die Konkursan[1]126,198 [ 17. Konkursverschleppung ] tragsvorschriften als Haftungsnormen weitgehend außer Kraft gesetzt; es ist, soweit ersichtlich, kein Prozeß bekannt geworden, in dem von vornherein ein auf den Ersatz des Quotenschadens begrenzter Anspruch jemals ernstlich verfolgt worden wäre (Mertens, FS Hermann Lange, 1992, S. 561,577). Auf der anderen Seite besteht, wie schon der VI. Zivilsenat im Urteil vom 16. Dezember 1958 zum Ausdruck gebracht hat - darauf ist weiter oben bereits hingewiesen worden - ein Bedürfnis nach einem individuellen Schutz der durch Konkursverschleppungen geschädigten Gläubiger (BGHZ 29,100,106). Rechtsprechung und Wissenschaft haben versucht, diesem Bedürfnis durch Haftungstatbestände außerhalb der Konkursantragsvorschriften Rechnung zu tragen. Dazu gehören die jedenfalls in diesem Zusammenhang dogmatisch nicht haltbare, an der falschen Stelle ansetzende und die in Betracht kommenden Fälle nicht richtig erfassende Vertreterhaftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses (oben I) und der in unmittelbarer Nähe der Konkursverschleppungstatbestände ansetzende Vorschlag, eine Vertrauenshaftung des Geschäftsführers im Stadium der Insolvenz der Gesellschaft einzuführen (s. dazu oben I 2 b). Es ist ferner, wie bereits erwähnt (oben I 2a bb unter 1), erwogen worden, in den Fällen der Fortführung einer konkursreifen GmbH eine Haftung der die Gesellschaft beherrschenden, an ihr unternehmerisch beteiligten Gesellschafter anzunehmen (Roth GmbHR 1985,137,139 ff.). Dies alles zeigt, daß die gläubigerschützende Bedeutung des § 64 Abs. 1 GmbHG unter dem Aspekt der Haftungsnorm des § 823 Abs. 2 BGB zu gering eingestuft wird, wenn man annimmt, die Gesellschaftsgläubiger seien, soweit sie über den »Gesamtgläubigerschaden« hinausgehende individuelle Schäden erleiden, als Teil der Allgemeinheit durch die Konkursantragspflicht nicht geschützt. Den Neugläubigern ist deshalb gegen die Geschäftsführer bei schuldhaftem Verstoß gegen die Konkursantragspflicht ein Anspruch auf Ausgleich des Schadens zuzubilligen, der ihnen dadurch entsteht, daß sie in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen Gesellschaft getreten sind (ebenso für das österreichische Recht OGH, Beschl. v. 10. Dezember 1992, ZIP 1993,1871,1874; vgl. auch Karollus, Recht der Wirtschaft [österr.] 126,199 [ 17. Konkursverschleppung ] 1994,100 f.). Die neueren Vorschriften der §§ 130 a, 177a HGB für offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, an denen keine unbeschränkt haftende natürliche Person beteiligt ist, stehen einem solchen Verständnis der Konkursantragsvorschriften nicht entgegen; der sich aus § 823 Abs. 2 BGB ergebende Schadensersatzanspruch der Gläubiger besteht neben demjenigen der Gesellschaft, der in § 130a Abs. 3 HGB geregelt ist (Baumbach/Duden/Hopt aaO § 130a Anm. 3 C). d) Die Haftung des Geschäftsführers für die durch die Konkursverschleppung verursachten Gläubigerschäden bedeutet für diesen keine unzumutbare Belastung. Die Haftung setzt Verschulden voraus; fahrlässiges Verhalten genügt (BGHZ 75,96,111; Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 52 m. w.Nachw.; a. A. Schulze-Osterloh in: Baumbach/Hueck aaO § 64 Rdn. 27). Der Geschäftsführer hat die Entscheidung darüber, ob er die Konkurseröffnung beantragen muß, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters zu treffen. Als solcher ist er verpflichtet, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend zu beobachten. Bei Anzeichen einer Krise wird er sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand verschaffen müssen (Hachenburg/Ulmer 9 aaO § 64 Rdn. 52; Scholz/K. Schmidt aaO § 64 Rdn. 28). Stellt sich dabei eine rechnerische Überschuldung heraus, dann muß er prüfen, ob sich für das Unternehmen eine positive Fortbestehensprognose stellt (BGHZ 119,201,214; vgl. dazu auch Schüppen DB 1994, 197, 199). Gibt es begründete Anhaltspunkte, die eine solche Prognose rechtfertigen, so kann das Unternehmen weiterbetrieben werden. Hierbei ist dem Geschäftsführer ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen; vor allem kommt es nicht auf nachträgliche Erkenntnisse, sondern auf die damalige Sicht eines ordentlichen Geschäftsleiters an. Notfalls muß sich der Geschäftsführer fachkundig beraten lassen (Lutter DB 1994,129,135). Hält er sich an diese Anforderungen, die für den Geschäftsführer einer mit einem beschränkten Haftungsvermögen ausgestatteten Gesellschaft eigentlich selbstverständlich sind, dann ist das Risiko, wegen verspäteter Konkursantragstellung belangt zu werden, nicht unzumutbar groß. Die Gefahr, daß sich ein seriöser Geschäftsleiter durch die drohende Haf[1]126,200 [ 17. Konkursverschleppung ] tung von aussichtsreichen Sanierungsbemühungen abhalten läßt, braucht nicht ernstlich befürchtet zu werden. Für solche Sanierungsversuche gilt, soweit sie vertretbar sind, die Dreiwochenfrist des § 64 Abs. 1 GmbHG (vgl. dazu BGHZ 75,96,107 ff.; Scholz/K. Schmidt aaO § 64 Rdn. 15). Die Quote der masselosen GmbH-Konkurse, die bei etwa 75% liegen soll ( K. Schmidt NJW 1993,2935), zeigt, daß in vielen Fällen eine frühere Konkursanmeldung geboten wäre und keine voreilige Unternehmensbeendigung bedeuten würde. Den Beweis für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Konkursantragspflicht hat grundsätzlich der Gläubiger zu erbringen. Steht fest, daß die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt rechnerisch überschuldet war, so ist es allerdings Sache des Geschäftsführers, die Umstände darzulegen, die es aus damaliger Sicht rechtfertigten, das Unternehmen trotzdem fortzuführen. Hierzu ist er weit besser in der Lage als ein außenstehender Gläubiger, der in aller Regel von den für die Zukunftsaussichten der Gesellschaft maßgebenden Umständen keine Kenntnis haben wird. Dem Geschäftsführer ist die Darlegung dieser Umstände zumutbar, weil er, wie bereits gesagt, ohnehin zu einer laufenden Prüfung der Unternehmenslage verpflichtet ist. Ob über diese Verteilung der Darlegungslast hinaus der Geschäftsführer hinsichtlich der Fortbestehensprognose auch die Beweislast trägt (so Scholz/K. Schmidt aaO § 63 Rdn. 12 und § 64 Rdn. 38; Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdn. 19), ist dagegen zweifelhaft; das ist hier indessen nicht zu entscheiden. Mangelndes Verschulden hat freilich der Geschäftsführer zu beweisen (Sen.Urt. v. 1. März 1993 - II ZR 61/93 [81/94] unter II 2a m. w.Nachw. , zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch § 130a Abs. 3 Satz 2 HGB). e) Da es sich bei dem Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG um einen Schadensersatzanspruch handelt, kann er nach Maßgabe des § 254 BGB durch ein Mitverschulden des Vertragspartners gemindert sein. Eine solche Mitverantwortung des Geschädigten für den bei ihm eingetretenen Schaden wird anzunehmen sein, wenn für ihn bei Abschluß des Vertrages erkennbare Umstände vorlagen, die die hierdurch begründete Forderung gegen die Gesellschaft als 126,201 [ 17. Konkursverschleppung ] gefährdet erscheinen lassen mußten. Der Ansicht, daß als Anzeichen hierfür schon allein die Höhe des Stammkapitals der GmbH ausreichen könnte (vgl. dazu Flume ZIP 1994,337,341), kann jedoch nicht zugestimmt werden. Denn damit würde das Risiko einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft zumindest teilweise dem Gläubiger aufgebürdet. Das wäre im Hinblick auf die deliktische Haftung des Geschäftsführers nicht angemessen. f) Der Anspruch des »Neugläubigers« entspricht der Höhe nach seinem Vertrauensschaden, soweit dieser durch eine auf den Gläubiger entfallende Konkursquote nicht gedeckt ist. Zur Geltendmachung des Anspruchs ist auch während eines Konkursverfahrens der Gläubiger selbst befugt. Ob dazu daneben auch der Konkursverwalter nach § 64 Abs. 2 GmbHG berechtigt ist (vgl. Wilhelm ZIP 1993,1833,1836, der offenbar eine ausschließliche Einziehungsbefugnis des Konkursverwalters, bezogen auf den Erfüllungsschaden des Gläubigers, annimmt, insoweit ebenso Wellkamp DB 1994,869,873), ist hier nicht zu entscheiden.

III.

Der Rechtsstreit ist unter dem Gesichtspunkt der unter II erörterten Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG nicht entscheidungsreif. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die GmbH sei seit 1984 überschuldet gewesen und der Beklagte habe dies bei Anwendung der von ihm zu fordernden kaufmännischen Sorgfalt erkennen können, ist, wie die Revision zu Recht rügt, nicht verfahrensfehlerfrei getroffen worden.


1.

Die Revision beanstandet allerdings zu Unrecht, daß das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen F. verwertet hat. F. war Steuerberater der GmbH und sodann ihr Konkursverwalter. In seiner ersteren - früheren - Eigenschaft hatte er im Hinblick auf seine Verschwiegenheitspflicht ein Aussageverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Von dieser Verschwiegenheitspflicht hatte ihn der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH befreit. Das war - insoweit hat die Revision recht - jedenfalls nicht ausreichend; denn mit Konkurseröffnung war die Dispositionsbefugnis des "Geheimnisherrn" in Angelegenheiten der Konkursmasse grundsätzlich auf den Konkursverwalter übergegangen (vgl. BGHZ 109, 260, 270). Die Revision ist offenbar der Ansicht, an einer durch den Zeugen in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter gegenüber sich selbst als ehemaligem Steuerberater erteilten Befreiung habe es gefehlt. Sie verkennt zwar nicht, daß nach der Rechtsprechung ein Verstoß des Gerichts gegen S 383 Abs. 3 ZPO - danach dürfen die in § 383 Abs. 1 Nr. 4-6 genannten Personen von vornherein nicht über offensichtlich unter die Verschwiegenheitspflicht fallende Tatsachen befragt werden - die Aussage nicht unverwertbar macht (BGH, Urt. v. 23. Februar 1990 - V ZR 188/88, NJW 1990, 1734, 1735; a.A. Gießler, NJW 1977, 1185, 1186; Thomas/Putzo, ZPO 18. Aufl. § 383 Rdn. 11). Sie meint aber, das gelte hier deswegen nicht, weil der Zeuge durch eine verfahrenswidrige Maßnahme des Gerichts zu seiner Aussage bestimmt worden sei (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urt. v. 23. Februar 1990 a.a.O.); das Berufungsgericht habe dadurch, daß es auf die Befreiungserklärung durch den Beklagten hingewirkt habe, zum Ausdruck gebracht, der Zeuge müsse, nachdem der Beklagte die Befreiung erteilt hatte, aussagen.

Diese Ansicht ist nicht richtig. Die Zuständigkeit des Zeugen als Konkursverwalter, über seine eigene Befreiung von der Schwelgepflicht als früherer Steuerberater der GmbH zu entscheiden, lief auf ein Aussageverweigerungsrecht unter dem Gesichtspunkt des Konkursinteresses hinaus. Daß dieses durch den Gegenstand der Aussage hätte berührt sein können, war nicht erkennbar. Auch in den Fällen des § 383 Abs. 3 ZPO darf der Zeuge nur über solche Tatsachen nicht befragt werden, "in Ansehung welcher erhellt", daß sie von dem Verweigerungsrecht erfaßt werden.

2.

Die Feststellungen des Berufungsgerichts, um die es hier geht, sind jedoch in anderer Hinsicht Verfahrensfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, daß die Warenvorräte schon in der Bilanz zum 31. Dezember 1984 zu hoch angesetzt worden seien. Dieser Fehler habe sich in die Zwischenbilanz auf den 31. August 1985 hinein fortgesetzt, weil unstreitig auf diesen Stichtag der Warenvorrat nicht durch Inventur, sondern rechnerisch durch Fortschreibung des Bestands vom 31. Dezember 1984 ermittelt worden ist. Das Berufungsgericht hat sich dabei auf die vom Sachverständigen U. hervorgehobene Tatsache gestützt, daß der bilanzielle Warenbestand Ende 1984 im Vergleich zu Ende 1983 um 490.000,- DM gestiegen war, und, auch insoweit dem Sachverständigen folgend, ausgeführt, für eine solche Aufblähung des Vorratsvermögens habe betriebswirtschaftlich keine Notwendigkeit bestanden; der zu hohe Warenbestandswert hätte dem Beklagten auch deswegen auffallen müssen, weil trotz des im Jahre 1984 eingetretenen unvorhergesehenen Ausfalls einer Kundenforderung von gut 120.000,- DM das bilanzielle Jahresergebnis lediglich von + 42.000,- DM im Jahre 1983 auf - 8.000,- DM im Jahre 1984 zurückgegangen sei. Das Berufungsgericht hat sich schließlich dadurch in seiner Annahme bestätigt gesehen, daß der Zeuge F. in der Konkurseröffnungsbilanz vom 20. Juni 1986 durch buchmäßige Fortschreibung des Warenvorfahrtswerts vom 31. Dezember 1984 auf einen Betrag von 666.000,- DM gekommen sei, tatsächlich aber, wie eine körperliche Inventur ergeben habe, nur Waren im Wert von rund 300.000,- DM vorhanden gewesen seien.

a)

Die Revision wendet sich gegen den im Berufungsurteil enthaltenen Satz, "der im Jahre 1984 aufgetretene Kreditorenverlust von weit mehr als 100.000,- DM (finde) im Jahresergebnis ... keinen Ausdruck". Das Berufungsgericht hat damit jedoch nicht, wie die Revision offenbar meint, sagen wollen, der Forderungsausfall sei nicht ordentlich verbucht worden, sondern nur, das Jahresergebnis hätte bei richtigem Ansatz der Warenvorräte im Hinblick auf jenen Forderungsverlust schlechter ausfallen müssen.

b)

Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, daß sich das Berufungsgericht mit wesentlichem Vorbringen des Beklagten nicht oder jedenfalls unzureichend befaßt hat. Für die Würdigung des Berufungsgerichts war die auf den Erwägungen des Sachverständigen beruhende Annahme ausschlaggebend, die Warenvorräte seien in der Bilanz zum 31. Dezember 1984 zu hoch angesetzt worden. Dazu hat der Beklagte, worauf die Revision zutreffend hinweist, vorgetragen, bis Oktober 1984 habe die GmbH nur eine geringfügige eigene Lagerhaltung zu betreiben brauchen, weil sie auf den Lagerbestand der bis dahin im selben Gebäude befindlichen, vom Mitgesellschafter des Beklagten betriebenen P. GmbH habe zurückgreifen können. Nach dem Auszug dieses Unternehmens habe sie, um kurzfristig lieferfähig zu bleiben, ihr eigenes Lager erheblich aufstocken müssen; dies erkläre den am Jahresende 1984 im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöhten Warenbestand.

Das Berufungsgericht hat sich damit, abgesehen von einer kurzen Erwähnung ("trotz der vom Beklagten dargelegten Umstellung der Lagerhaltung"), nicht auseinandergesetzt. Es hat lediglich auf die Ausführungen im schriftlichen Sachverständigengutachten verwiesen, wonach "die Aufblähung des Vorratsvermögens ... keinen betriebswirtschaftlichen Sinn" ergebe, sondern es gerade im Hinblick auf den im Jahre 1984 eingetretenen beträchtlichen Forderungsausfall angebracht gewesen sei, den Warenbestand möglichst niedrig zu halten.

Der Sachverständige hatte sich mit jenem - späteren - Vorbringen des Beklagten aber noch nicht befassen können. Für die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts mußte es im Grundsatz unerheblich sein, ob der Beklagte sich in betriebswirtschaftlicher Hinsicht vernünftig verhalten hatte oder nicht. Hatte er das Warenlager tatsächlich aufgestockt, dann war der Ansatz in der Bilanz berechtigt, und der vom Berufungsgericht angenommene verdeckte Verlust lag nicht vor. Die Ausführungen des Berufungsgerichts könnten freilich auch so zu verstehen sein, daß es dem Beklagten wegen der angeblichen betriebswirtschaftlichen Sinnlosigkeit des behaupteten Vorgehens nicht geglaubt hat. Eine solche Würdigung seines Vorbringens wäre aber, was die Revision zu Recht rügt, ohne Erhebung des dazu angetretenen Beweises nicht zulässig gewesen.

In diesem Zusammenhang hätte sich das Berufungsgericht auch mit der offenbar unstreitigen Tatsache auseinandersetzen müssen, daß der Warenansatz in der Bilanz zum 31. Dezember 1984 nicht lediglich rechnerisch ermittelt worden ist, sondern auf einer Inventur beruht; der Beklagte hat dazu in der Beweisaufnahme Unterlagen vorgelegt.. Der Beklagte müßte deshalb, wenn die Feststellung des Berufungsgerichts zum überhöhten Bilanzansatz richtig wäre, die Bilanz bewußt gefälscht haben. Die Ausführungen im Berufungs-urteil lassen nicht erkennen, ob das Berufungsgericht eine dahingehende Feststellung hat treffen wollen.

c)

Das Berufungsgericht hat sich auch, wie die Revision ebenfalls zu Recht beanstandet, nicht mit dem Vortrag des Beklagten und der entsprechenden Aussage des Zeugen Um. befaßt, wonach das Warenlager am 31. Dezember 1985 ausweislich einer zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen Inventur so voll gewesen sein soll, daß es noch für eine Produktion von vier bis fünf Monaten ausgereicht hätte, und es sich in der Folgezeit bis März 1986 durch weitere Verkäufe verringert habe. Die Klägerin selbst hat dazu vorgetragen, das Lager sei im April 1986 weitgehend entleert gewesen. Trifft das alles zu, dann läßt die Differenz zwischen dem vom Konkursverwalter ermittelten Fortschreibungsbuchwert von 666.000,- DM und dem tatsächlich vorhandenen Warenwert von rund 300.000,- DM den daraus vom Berufungsgericht gezogenen Schluß auf einen überhöhten Warenansatz in den Bilanzen ab 1984 nicht zu.

3.

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung läßt sich das Berufungsurteil nicht allein im Hinblick auf die vom Berufungsgericht gegebene zusätzliche Begründung halten, es seien keine Umstände ersichtlich, die die Annahme rechtfertigten, die am 27. März 1986 vorhandene Überschuldung von 518.056,- DM sei erst nach der ersten Warenbestellung bei der Klägerin im Dezember 1985 eingetreten. Der vom Berufungsgericht angenommene zu niedrige Warenansatz war für seine Feststellung zum Zeitpunkt des Oberschuldungseintritts von so zentraler Bedeutung, daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß es auch ohne jenen Umstand zum selben Ergebnis gelangt wäre. Die danach zur Frage der Überschuldung noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen müssen sich auch auf die Fortbestehensprognose und den Fahrlässigkeitsvorwurf erstrecken; hierbei wird das Berufungsgericht die oben unter II 2 d dargelegten Grundsätze zu berücksichtigen haben.

IV.

Damit die noch zu treffenden tatsächlichen Feststellungen nachgeholt werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.


Boujong
Dr. Hesselberger
Röhricht
Stodolkowitz
Dr. Goette

 

 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 128/03
Verkündet am:
22. April 2004
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
KO § 82
Einen Quotenverringerungsschaden, der Teil eines Gesamtschadens ist, kann vor
Abschluß des Konkursverfahrens nur ein Konkursverwalter geltend machen.
BGB §§ 852 Abs. 1 a.F., 199 Abs. 1 n.F.
Die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz eines derartigen Quotenverringerungsschadens
beginnt für die Konkursgläubiger grundsätzlich nicht früher als mit der
Rechtskraft des Beschlusses, mit dem das Konkursverfahren aufgehoben oder eingestellt
wird.
BGH, Urteil vom 22. April 2004 - IX ZR 128/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat, vom 16. April 2003 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß der verklag te Konkursverwalter ihr zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sei, weil er die Konkursanfechtung der Verrechnung einer von einem Dritten auf ein Konto des Gemeinschuldners geleisteten Zahlung mit einem Debetsaldo unterlassen habe. Das Konkursverfahren ist noch nicht beendet.
Die Klage wurde in den Vorinstanzen als unbegründet a bgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die K lage als unzulässig abgewiesen wird.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klage sei zulässi g. Die Klägerin könne als einzelne Konkursgläubigerin noch während des laufenden Konkursverfahrens ihren vermeintlichen Quotenschaden wegen schuldhafter Verkürzung der Konkursmasse geltend machen. Die Klage sei jedoch nicht gerechtfertigt.

II.


Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung i nsofern nicht stand, als die Klage schon unzulässig ist.
1. Wird durch ein pflichtwidriges Verhalten des Konkursve rwalters die Masse geschmälert, handelt es sich um einen Schaden, welcher der Gemeinschaft der (Alt-)Gläubiger zur Last fällt (BGHZ 113, 262, 279; 126, 181, 190; 138, 211, 214) und durch Zahlung in die Konkursmasse auszugleichen ist (BGHZ 126, 181, 190). Grundsätzlich ist anerkannt, daß ein derartiger Gemeinschaftsschaden nicht durch einen einzelnen der davon betroffenen Masseoder Konkursgläubiger eingeklagt werden kann. Dies wäre mit dem Grundsatz
der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung nicht zu vereinbaren. Das der Gemeinschaft zugewiesene Verwaltungs- und Verwertungsrecht steht dem Konkursverwalter zu, so daß es durch einen Sonderverwalter oder einen neu bestellten Verwalter ausgeübt werden muß (RGZ 78, 186, 188; 89, 237, 240; 142, 184, 188; BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 - IX ZR 233/87, WM 1989, 1781, 1784; v. 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, NJW 1994, 323; OLG München ZIP 1987, 656, 657; ebenso Jaeger/Weber KO 8. Aufl. § 82 Rn. 11: Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 82 Rn. 5; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 82 KO Anm. 4; Gerhardt EWiR 1987, 703, 704).
Verkürzt der Konkursverwalter pflichtwidrig die Masse, wir d dadurch regelmäßig zugleich die Dividende (Quote) eines jeden Konkursgläubigers geschmälert. Der Gemeinschaftsschaden führt mithin auch zu Quotenschäden. Dabei handelt es sich um Einzelschäden. Die Ansprüche der Gläubiger auf Ersatz dieser Schäden und der Anspruch auf Ersatz des Gemeinschaftsschadens sind unterschiedliche Ansprüche (BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 aaO S. 1784). Der Anspruch auf Ersatz des Quotenschadens steht jedem an der Verteilung der Masse teilnehmenden Konkursgläubiger selbst und nicht der Gemeinschaft der Konkursgläubiger als solcher zu (BGH, Urt. v. 22. Februar 1973 - VI ZR 165/71, NJW 1973, 1198).
2. Eine andere Frage ist jedoch, wer Quotenschäden gel tend machen darf, solange das Konkursverfahren noch andauert.

a) In einer früheren Entscheidung hat der Bundesgerich tshof ausgesprochen , ohne dem näher nachzugehen, daß das Schicksal der einzelnen Ansprüche auf Ersatz der Quotenschäden und dasjenige des Anspruchs auf
Ersatz des Gemeinschaftsschadens "miteinander verknüpft sein mag" (BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 aaO S. 1784).

b) Später hat er einem Gläubiger zugebilligt, selbst einen Einzelschaden geltend zu machen, der auf einer Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und der Masse beruhte (BGH, Urt. v. 28. Oktober 1993 aaO S. 324). Damals ging es jedoch um den Individualschaden eines Quotengläubigers.

c) Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof einem einzel nen (Neu-)Gläubiger, der eine Forderung gegen eine GmbH nach dem Zeitpunkt erworben hatte, zu dem der Konkursantrag hätte gestellt werden müssen, auch das Recht zugebilligt, seinen - nicht auf den Quotenschaden begrenzten - Schaden während des noch laufenden Konkursverfahrens geltend zu machen, soweit der Geschäftsführer einer Schuldner-GmbH wegen Konkursverschleppung (§ 64 GmbHG) in Anspruch genommen wurde (BGHZ 126, 181, 201); dem Konkursverwalter hat er dieses Recht versagt (BGHZ 138, 211, 214).
Hinsichtlich der Altgläubiger hat der Bundesgerichtshof indessen anerkannt , daß diese durch eine Konkursverschleppung regelmäßig einen einheitlichen Quotenverringerungsschaden und insofern einen Gesamtschaden erleiden , der nur von einem Konkursverwalter (neuer Konkursverwalter oder Sonderverwalter ) geltend gemacht werden kann (BGHZ 138, 211, 214, 217).
3. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin einen Quo tenverringerungsschaden geltend, der Teil eines Gesamtschadens ist. Durch die dem Beklagten vorgeworfene Pflichtverletzung ist die Quote der Klägerin in gleicher Weise geschmälert worden wie die aller anderen Gläubiger.


a) Die Rechtszuständigkeit des Konkursverwalters, die Quoten schäden einheitlich geltend zu machen, wird auch dann berührt, wenn einer dieser Quotenschäden von einem einzelnen Konkursgläubiger im Wege einer Feststellungsklage geltend gemacht wird (a.A. Oepen ZIP 2000, 526, 532 f). Wenn diesem die Befugnis zugestanden würde, die Ersatzpflicht wegen seines Quotenschadens gerichtlich feststellen zu lassen, wäre gleichwohl im Interesse der anderen Konkursgläubiger, denen ebenfalls Quotenschäden entstanden sind, ein Verwalter zu bestellen, der den Gemeinschaftsschaden geltend zu machen hätte. Dadurch entstünde die Gefahr divergierender Entscheidungen. Es könnte die Ersatzpflicht wegen eines einzelnen Quotenschadens festgestellt, die Klage des Konkursverwalters auf Ersatz des Gemeinschaftsschadens jedoch abgewiesen werden oder umgekehrt.

b) Wenn der einzelne Konkursgläubiger gehindert ist, w ährend des Konkursverfahrens den Konkursverwalter in Anspruch zu nehmen, hat er dadurch keine nennenswerten Nachteile.
Unzutreffend ist insbesondere die Ansicht des Berufungsger ichts, der einzelne Konkursgläubiger habe ein rechtlich schutzwürdiges Interesse daran, schon während des laufenden Konkursverfahrens die Ersatzpflicht des Konkursverwalters feststellen zu lassen, weil der Beginn der Verjährung des gegenüber dem Konkursverwalter geltend zu machenden Schadensersatzanspruchs nicht eindeutig geklärt sei. Da der einzelne Konkursgläubiger während des laufenden Verfahrens nicht befugt ist, Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter geltend zu machen, beginnt für den Konkursgläubiger die Verjährungsfrist grundsätzlich nicht früher als mit der Rechtskraft des Beschlusses,
mit dem das Konkursverfahren aufgehoben oder eingestellt wird (vgl. BGHZ 93, 278, 286; Kuhn/Uhlenbruck, aaO § 82 Rn. 15 b; Kilger/K. Schmidt, aaO § 82 Anm. 5). Erst jetzt fällt die Befugnis zur Geltendmachung der einzelnen Quotenschäden - falls diese nicht schon während des Konkursverfahrens reguliert wurden - an einen jeden der Gläubiger.
Für einen Sonderverwalter oder einen anstelle des ersa tzpflichtigen Verwalters neu bestellten Verwalter beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich nicht bereits mit dessen Bestellung, sondern mit dem Zeitpunkt, in dem der neu bestellte Verwalter von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erhalten hat (vgl. BGHZ 113, 262, 280). Diese Kenntnis muß er nicht schon bei Übernahme des Amtes haben. Vielmehr obliegt ihm zunächst die Prüfung, ob der andere Verwalter sich überhaupt schadensersatzpflichtig gemacht hat. Kommt er zu einem positiven Ergebnis, kann und muß der neue Verwalter oder der Sonderverwalter die Verjährungsfrist unterbrechen oder sonstige Maßnahmen treffen, um einem Ablauf entgegenzuwirken. Für das neue Verjährungsrecht (§ 199 Abs. 1, 3 BGB n.F.; Art. 229 § 6 EGBGB) gilt entsprechendes.
4. Diese Auffassung entspricht § 92 InsO, ohne daß Anhal tspunkte dafür erkennbar wären, daß der Gesetzgeber der Insolvenzordnung zur Verwalterhaftung insoweit grundlegend neue Anschauungen entwickelt hätte.
Die Kommission für Insolvenzrecht hat dazu in ihrer Begrü ndung zu Leitsatz 3.2.8.1 ausgeführt, der Ausschluß der Verfolgung eines Gemeinschaftsschadens durch einzelne Insolvenzgläubiger während des Insolvenzverfahrens gelte auch für den Anteil am Gemeinschaftsschaden (Quotenschaden).
Die einheitliche Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter diene dem Zweck, die Insolvenzmasse im Interesse der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zu ergänzen; zugleich erleichtere sie die Insolvenzabwicklung, weil an die Stelle der Einzelrechtsverfolgung die "gebündelte" Geltendmachung zugunsten der Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit trete (vgl. hierzu auch Gerhardt ZInsO 2000, 574, 577).
Der Gesetzgeber ist dem gefolgt. Zur Geltendmachung ei nes Gemeinschaftsschadens (Gesamtschadens im Sinne von § 92 InsO) ist nur ein Sonderverwalter oder ein neu bestellter Verwalter berechtigt. Während der Dauer des Insolvenzverfahrens können die Insolvenzgläubiger auch ihren Quotenschaden nicht durchsetzen; ihnen fehlt die Einziehungs- und Prozeßführungsbefugnis (MünchKomm-InsO/Brandes, § 92 Rn. 14; HK-InsO/Eickmann, 3. Aufl. § 92 Rn. 4; Wittkowski, in: Nerlich/Römermann, InsO § 92 Rn. 5, 16; Bork, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 1333, 1337 f; Gerhardt aaO). Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt nicht schon mit dem Zeitpunkt, in dem einzelne Insolvenzgläubiger von der Masseschädigung - und damit von dem Gesamtschaden, möglicherweise auch von ihrem Quotenschaden - Kenntnis erhalten, nicht einmal mit der Bestellung des Sonderverwalters oder des neuen Verwalters, sondern erst, wenn in dessen Person die Verjährungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. MünchKomm-InsO/Brandes, § 62 Rn. 3; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 62 Rn. 2).
5. Nach dem Recht der Konkursordnung wie auch nach dem d er Insolvenzordnung ist ungeklärt, ob hinsichtlich des Verjährungsbeginns eine Ausnahme dann anzuerkennen ist, wenn sämtliche Gläubiger sich über den Schaden und die Person des Ersatzpflichtigen im klaren waren, aber keiner von ih-
nen eine Sonderverwaltung oder die Ablösung des schadensersatzpflichtigen und die Einsetzung eines neuen Verwalters beantragt hat. In diesem Fall könnte das Interesse des ersatzpflichtigen Verwalters überwiegen, daß die Verjährung des gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruchs nicht länger als nötig aufgeschoben wird. Da ein solcher Fall hier nicht in Rede steht, braucht der Senat hierzu nicht Stellung zu nehmen.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak
9
a) Ein Gesamtschaden bezieht sich auf einen solchen Schaden, den der einzelne Gläubiger ausschließlich aufgrund seiner Gläubigerstellung und damit als Teil der Gesamtheit der Gläubiger erlitten hat (HmbKomm-InsO/Pohlmann, aaO § 92 Rn. 14). Die Verkürzung der Masse muss also die Gesamtheit der Gläubiger treffen (BT-Drucks., aaO; MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 92 Rn. 11). Dagegen handelt es sich um einen nicht von § 92 InsO erfassten Einzelschaden , wenn der Gläubiger nicht als Teil der Gläubigergesamtheit, sondern individuell geschädigt wird (HmbKomm-InsO/Pohlmann, aaO § 92 Rn. 17). Ein Individualschaden verwirklicht sich bei der Verletzung eines Aussonde- rungsrechts (§ 47 InsO), weil der betroffene Gegenstand nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegt (MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 92 Rn. 12; HKInsO /Kayser, aaO § 92 Rn. 19; Jaeger/Müller, aaO § 92 Rn. 11). Wird ein Absonderungsrecht (§§ 50 ff InsO) beeinträchtigt, kann neben den Individualschaden des Absonderungsberechtigten insoweit ein Gesamtschaden treten, als ein in die Insolvenzmasse fallender Übererlös sowie Kostenpauschalen (§§ 170, 171 InsO) verloren gehen (MünchKomm-InsO/Brandes, aaO; HKInsO /Kayser, aaO; HmbKomm-InsO/Pohlmann, aaO § 92 Rn. 18). Ein Einzelschaden ist auch gegeben, sofern unpfändbare Vermögensbestandteile des Schuldners beeinträchtigt werden (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - IX ZB 172/07, WM 2008, 1691 Rn. 13).
25
c) Unter den vorstehenden Prämissen findet das Handeln oder Unterlassen des Gesellschafters in Bezug auf die Finanzausstattung der von ihm betriebenen GmbH haftungsrechtlich seine Grenze lediglich im Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB), namentlich in dem Verbot vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Gläubiger i.S. des § 826 BGB. Ob etwa innerhalb des Tatbestandes des § 826 BGB - ähnlich wie für die Fälle des existenzvernichtenden Eingriffs - Anlass und Raum ist für die Bildung einer besondere Fallgruppe der "Haftung wegen Unterkapitalisierung einer GmbH", bei der der Haftungstatbestand und dessen Rechtsfolgen einer bestimmten generalisierenden Einordnung zugänglich sein müssten, lässt der Senat offen. Denn die vorliegende besondere Fallgestaltung einer angeblich zur Bewältigung ihrer Aufgaben nicht hinreichend kapitalisierten BQG gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer Auseinandersetzung mit dieser Frage, weil hier der klagende Insolvenzverwalter damit verbundene deliktische oder sonstige Ansprüche weder aus dem originären Recht der Schuldnerin noch aus im Insolvenzverfahren allein von ihm gemäß §§ 92, 93 InsO verfolgbaren Rechten der Gläubiger gegen die Beklagten als Gesellschafter geltend machen kann.