Bundesgerichtshof Urteil, 26. März 2019 - VI ZR 171/18

bei uns veröffentlicht am26.03.2019
vorgehend
Amtsgericht Würzburg, 18 C 718/17, 13.06.2017
Landgericht Würzburg, 42 S 1207/17, 31.01.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEILVERSÄUMNIS- und TEILENDURTEIL
VI ZR 171/18 Verkündet am:
26. März 2019
Olovcic
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Aus einem Berufungsurteil, gegen das die Revision stattfindet, muss zu ersehen
sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist,
welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen
Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Fehlen solche Darstellungen
, hat das Revisionsgericht das Urteil von Amts wegen aufzuheben und
die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Dies gilt auch für ein Protokollurteil (Fortführung Senatsurteil
vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, NJW 2017, 3449).
BGH, Urteil vom 26. März 2019 - VI ZR 171/18 - LG Würzburg
AG Würzburg
ECLI:DE:BGH:2019:260319UVIZR171.18.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2019 durch den Richter Wellner als Vorsitzenden, den Richter Offenloch sowie die Richterinnen Dr. Oehler und Müller und den Richter Dr. Klein

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 31. Januar 2018 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Das Urteil ist gegen die Beklagten zu 1) vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Es hat dieses Urteil nach mündlicher Verhandlung am Ende der Sitzung verkündet und Entscheidungsformel und -gründe in das von allen Richtern unterzeichnete Sitzungsprotokoll aufgenommen.
2
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Über die Revision war, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 1) richtet, antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Beklagte im Revisionstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war; inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern auch insoweit auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.)

II.

4
Die Revision des Klägers ist schon deshalb begründet, weil das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält.
5
1. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert das Berufungsurteil die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Diese Darlegungen können bei Verkündung des Urteils im Verhand- lungstermin zwar in das Protokoll aufgenommen werden (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO), eine Absenkung der an die Darlegungen zu stellenden Anforderungen ist damit aber nicht verbunden. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung auch im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen so erschließen , dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60, 61 f.; vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03, VersR 2005, 958; BGH, Urteile vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 3/17, NZM 2017, 732 Rn. 7 f.; vom 8. Februar 2006 - XII ZR 57/03, NJW 2006, 1523 Rn. 5 f. jeweils mwN).
6
2. Diese Anforderungen erfüllt das Berufungsurteil nicht. Die im Wesentlichen auf Rechtsausführungen beschränkte Urteilsbegründung, die weder eine Bezugnahme auf das Urteil erster Instanz noch eigene Feststellungen zum Sach- und Streitstand oder Ausführungen zum weiteren Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz enthält, lässt in keiner Weise erkennen, auf welchen konkreten Lebenssachverhalt der Kläger sein Ersatzbegehren stützt. Soweit das Berufungsgericht tatsächliches Vorbringen der Parteien erwähnt, genügen diese Angaben ohne Kenntnis des weiteren Tatsachenstoffs nicht, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, insbesondere können auch die Rechtsauführungen des Berufungsgerichts nur in Kenntnis der tatsächlichen Urteilsgrundlagen gewürdigt werden (vgl. dazu Senatsurteil vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03, VersR 2005, 958 f.; BGH, Urteil vom 21. September 2016 - VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 7). Dem Urteil lässt sich zwar noch entnehmen , dass das Vermögen einer Beteiligungsgesellschaft in deliktsrechtlich relevanter Weise verschoben worden sein soll. Es erschließt sich aber nicht, in welcher Form der Kläger an dieser Gesellschaft beteiligt gewesen sein soll, auf Grund welcher Handlungen oder Unterlassungen die Beklagten für einen etwaigen Verlust des Klägers einstandspflichtig sein sollen und welchen konkreten Schaden der Kläger nach seinem Vortrag erlitten haben will. Eine revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils ist auf solcher Grundlage nicht möglich (zu einem parallelen Sachverhalt und zur Zulassungsfrage vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - IX ZR 66/18, ZIP 2019, 380 Rn. 7, 10 ff.).

III.

7
Aus diesen Gründen ist das Berufungsurteil von Amts wegen gem. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, VersR 2017, 965 Rn. 6; vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60, 63 jeweils mwN).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht dem Beklagten zu 1) alssäumiger Partei der Einspruch zu, soweit die Revision des Klägers Erfolg hat. Der Einspruch ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Teilversäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Wellner Offenloch Oehler
Müller Klein

Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 13.06.2017 - 18 C 718/17 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 31.01.2018 - 42 S 1207/17 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

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Berichtigt durch Beschluss vom 18. März 2019 Preuß, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES TEILVERSÄUMNIS- und TEILENDURTEIL IX ZR 66/18 Verkündet am: 13. Dezember 2018 Preuß Justizangestellte

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 188/15 Verkündet am: 21. September 2016 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 94/03 Verkündet am:
10. Februar 2004
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 540
Die Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind für Urteile, die in dem Termin,
in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet werden, nicht herabgesetzt.
§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO erlaubt es nur, die nach § 540 Abs. 1 Satz 1
ZPO für den Inhalt des Urteils unerläßlichen Darstellungen in das Protokoll zu verlagern.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - OLG Bamberg
LG Coburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Parteien wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 20. Februar 2003 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt, der sich der Beklagte mit einer unselbständigen Anschlußberufung angeschlossen hat. Das Berufungsgericht hat in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, das Berufungsurteil verkündet. Es hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die weitergehende Berufung des Klägers sowie die Anschlußberufung des Beklagten zurückgewiesen.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung des landge- richtlichen Urteils. Der Kläger verfolgt im Wege der Anschlußrevision einen Zahlungsanspruch in Höhe von 2179,22

Entscheidungsgründe:

I.

Die Gründe des Berufungsurteils lauten: "Von der Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO unter Bezugnahme auf die Hinweise im Protokoll vom 20. Februar 2003 abgesehen".

II.

Das Berufungsurteil ist aufzuheben, da es mangels einer tatbestandlichen Darstellung und der Wiedergabe der Berufungsanträge in der Revision nicht überprüfbar ist. 1. Auf das Berufungsverfahren ist die Zivilprozeßordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 13. August 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsurteil den Anforderungen des § 540 Abs. 1 ZPO nicht entspricht. Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO enthält das Urteil anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im ange-
fochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Da vorliegend das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet worden ist, konnten gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Protokoll diese Darlegungen nicht enthält. Auch wenn das neue Recht die Berufungsgerichte bei der Urteilsabfassung entlasten will, sind diese Mindestvoraussetzungen für den Inhalt eines Urteils nicht entbehrlich (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - WM 2004, 50 f.; BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - VersR 2003, 1415, 1416, vorgesehen zur Veröff. in BGHZ 154, 99, 100 f. und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 540 Rdn. 8). Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus seinem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen doch deren revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung auch im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen so erschließen, daß eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist, denn § 559 ZPO ist der Sache nach gegenüber § 561 ZPO a.F. unverändert (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - aaO; BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl. Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 2; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 13). Demgegenüber enthält das Protokoll im vorliegenden Fall weder eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts noch die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ebenfalls erforderliche Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen des Parteivorbringens im Beru-
fungsverfahren. Bezugnahmen finden sich nur hinsichtlich einzelner Punkte, in denen das Berufungsgericht der Begründung des angefochtenen Urteils beitritt. Das reicht jedoch nicht aus, weil die Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO für Urteile dieser Art nicht herabgesetzt werden (Musielak/Ball, aaO, § 540 Rdn. 8), sondern § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO es nur erlaubt, die für den Inhalt des Urteils unerläßlichen Darstellungen in das Protokoll zu verlagern. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung werden diese Darlegungen nicht durch die rechtlichen Hinweise im Protokoll ersetzt, weil zu deren Verständnis die Kenntnis des erstinstanzlichen Urteils und des Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren erforderlich wären und eine wirksame Bezugnahme hierauf fehlt. 2. Zudem läßt das Berufungsurteil auch unter Berücksichtigung der Bezugnahme auf die rechtlichen Hinweise im Protokoll nicht hinreichend erkennen , welches Rechtsbegehren der Klage zugrunde liegt, da es weder die Berufungsanträge noch die Klageanträge wiedergibt. Auch nach neuem Recht kann auf die Aufnahme der Berufungsanträge in das Urteil grundsätzlich nicht verzichtet werden (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - aaO; BGH, Urteile vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - zur Veröff. vorgesehen; vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - Umdruck S. 5 zur Veröff. vorgesehen. ; vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 – und vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 – jeweils aaO). Zwar ist eine wörtliche Wiedergabe nicht unbedingt erforderlich, genügend kann sein, daß aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts zu den einzelnen angegriffenen Positionen sinngemäß deutlich wird, was beide Parteien mit ihren wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln erstrebt haben (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - jeweils aaO). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die richterlichen Hinweise im Protokoll, auf die zur
Begründung des Urteils Bezug genommen wird, machen nicht verständlich, welches rechtliche Begehren dem Rechtsstreit zugrunde liegt. Sie befassen sich zwar mit den einzelnen Streitpunkten zwischen den Parteien, setzen aber zu ihrem Verständnis die Kenntnis des Tatsachenstoffes und der im bisherigen Verfahren vertretenen Rechtsauffassungen voraus, die dem Revisionsgericht hier nicht vermittelt wird und ihm deshalb eine rechtliche Nachprüfung nicht ermöglicht. 3. Aus diesen Gründen ist das Berufungsurteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - aaO; BGHZ 80, 64, 67; Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - aaO; vom 22. Dezember 2002 - VIII ZR 122/03 - Umdruck S. 4, zur Veröff. vorgesehen; vgl. auch MünchKomm ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 4; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 18; Zöller /Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 540 Rdn. 6).

III.

1. Für das weitere Verfahren weist der Senat im Hinblick auf die von der Revision vorgetragenen Sachrügen darauf hin, daß der Kläger für einen Verzugsschaden in Form entgangenen Gewinns Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen hat, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt, auch wenn § 252 BGB für den Geschädigten eine § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung enthält. Erst wenn ersichtlich ist, daß der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, wird vermutet, daß er gemacht worden wäre (vgl. BGH, Urteile vom 29. November 1982 - II ZR 80/82 - NJW
1983, 758 und vom 18. Februar 2002 - II ZR 355/00 - NJW 2002, 2553). Dem Ersatzpflichtigen obliegt dann der Beweis, daß der Gewinn nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen anderen Gründen dennoch nicht gemacht worden wäre (BGHZ 29, 393, 398 ff. unter I. 3.). Schließlich wird das Berufungsgericht in der neuen Verhandlung Gelegenheit haben, auch dem Vortrag der Revision zum Fehlen eines Feststellungsinteresses für den Feststellungsantrag des Klägers trotz der Anerkennung der Ersatzpflicht durch den Beklagten in der Erklärung vom 29. Januar 2001 nachzugehen. 2. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Gerichtskosten für das Revisionsverfahren nicht erhoben.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 362/03 Verkündet am:
28. September 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 540, 559
Zu den gemäß § 540 ZPO bestehenden Mindestanforderungen an den Inhalt eines
Berufungsurteils.
BGH, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03 - LG Berlin
AG Berlin Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2004 durch den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 59 des Landgerichts Berlin vom 27. Oktober 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil des Klägers ergangen ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von den Beklagten aufgrund Anspruchsübergangs Ersatz von Schäden, die der Feuerwehrbeamte L. am 15. Oktober 1997 durch einen Verkehrsunfall erlitten hat. Die Beklagten haften dem Grunde nach voll für
die Unfallfolgen. L. war zum Unfallzeitpunkt aufgrund einer Bandscheibenoperation nach ärztlicher Bescheinigung dienstunfähig. Er verrichtete allerdings nach dem sogenannten Hamburger Modell im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme körperlich leichtere Tätigkeiten in der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit. Nach dem Unfall war er vom 16. Oktober bis 13. November 1997 nicht in der Lage, diese Tätigkeit weiter auszuüben. Ab 14. November 1997 bis 31. Dezember 1997 nahm er sie wieder für 50 % der Wochenarbeitszeit auf. Der Kläger behauptet, L. habe durch den Unfall ein Halswirbelschleudertrauma erlitten und sei deshalb vom 15. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1997 dienstunfähig gewesen. Er begehrt u.a. Ersatz der von ihm fortgezahlten Dienstbezüge. Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht am Schluß der mündlichen Verhandlung durch Urteil unter Zurückweisung der Berufung und Abweisung der Klage im übrigen das Urteil des Amtsgerichts zum Teil abgeändert und neu gefaßt. Die Urteilsgründe, in denen die Revision zugelassen wird, hat das Landgericht gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO in das vom Vorsitzenden Richter und von der Protokollführerin unterschriebene Protokoll aufgenommen. Dort wird wegen des Sachverhalts auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Im übrigen enthält das Berufungsurteil weder die Berufungsanträge noch eine Darstellung etwaiger Än derungen oder Ergänzungen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts; hilfsweise beantragt er, die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Zur Begründung des Urteils hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Beklagten zwar die geltend gemachten Taxi- und Heilbehandlungskosten, nicht aber den Dienstausfallschaden zu tragen hätten. Der beim Unfall unstreitig verletzte Feuerwehrbeamte sei zum Unfallzeitpunkt bereits dienstunfähig und lediglich im Rahmen des Hamburger Modells täglich vier Stunden tätig gewesen. Daß aufgrund des Unfalls ein Dienstausfallschaden entstanden und die Wiederaufnahme der vollen Tätigkeit des L. verzögert worden sei, habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt.

II.

Die Revision hat Erfolg, da das Berufungsurteil eine Darstellung der tatsächlichen Feststellungen durch das Amtsgericht und deren Ä nderungen durch das Berufungsgericht nicht enthält und deshalb eine revisionsrechtliche Nachprüfung nicht möglich ist. 1. a) Nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO, die im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt (§ 26 Nr. 5 EGZPO), enthält das Urteil anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründ ung für die Abänderung , Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Auch wenn das neue Recht die Berufungsgerichte bei der Urteilsabfassung entlasten
will, sind diese Mindestvoraussetzungen für den Inhalt eines Urteils nicht entbehrlich (vgl. Senatsurteile, BGHZ 156, 216 und vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - VersR 2004, 881 f. vorges. zur Veröff. in BGHZ; BGHZ 154, 99, 100 f.; BGH, Urteile vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - NJW 2004, 1666 f. vorges. zur Veröff. in BGHZ und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 540 Rdn. 8). Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus seinem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen doch deren revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung auch im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen so erschließen, daß eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist, denn § 559 ZPO ist der Sache nach gegenüber § 561 ZPO a.F. unverändert (vgl. Senatsurteil BGHZ 156, aaO, 218; MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl. Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 2; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 13).
b) Da im vorliegenden Fall das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet worden ist, konnten gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Darlegungen zwar in das Protokoll aufgenommen werden. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Protokoll die erforderlichen Darlegungen nicht enthält. aa) Zwar wird eingangs der im Protokoll dargestellten Gründe wegen des Sachverhalts auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, doch fehlt die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderliche Darstellung der aufgrund der Beweisaufnahme getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch das Amtsgericht und etwaiger Änderungen oder Ergänzungen i m Berufungsverfahren. Diese war auch nicht entbehrlich, da dem Tatbestand des Amtsgerichts
neben der Darstellung des unstreitigen Parteienvortrages auch widerstreitender Sachvortrag zu entnehmen ist, weswegen auch eine Beweisaufnahme durch Einholung zweier Sachverständigengutachten stattgefunden hat. bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ersetzen die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts im Protokoll nicht die Darstellung der tatsächlichen Urteilsgrundlagen. Zu deren Verständnis ist gerade die Kenntnis davon erforderlich, welche tatsächlichen Feststellungen das Amtsgericht aufgrund der Beweisaufnahme getroffen hat, was die Parteien im Berufungsverfahren vorgetragen haben und welche abweichenden tatsächlichen Feststellungen das Berufungsgericht seinem abändernden Urteil zugrunde gelegt hat. Im vorliegenden Fall läßt sich den Urteilsgründen des Berufungsgerichts in keiner Weise entnehmen, in welchen Punkten das Landgericht anders als das Amtsgericht, das die Klage in vollem Umfang zugesprochen hat, den Tatsachenvortrag des Klägers für unzureichend hält.
c) Da bereits deswegen das Berufungsurteil aufzuheben ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob es bei einem Protokollurteil - wie im vorliegenden Fall - ausreicht, daß sich die Berufungsanträge aus dem übrigen Inhalt des Protokolls ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - aaO, 1667; vgl. auch Senatsurteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - aaO; BGH, BGHZ 154, 99, 100 f.; Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - BGH-Report 2004, 548).
d) Schließlich spielt auch keine Rolle mehr, daß - was die Revision rügt - das Urteil von den Richtern der Kammer nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden ist (§ 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im vorliegenden Fall fehlt jedenfalls die Verbindung zwischen Protokoll und der von den erkennenden Richtern vor Verkündung unterzeichneten Urteilsformel. Diese ist unverzichtbar, weil auch die in das Protokoll aufgenommenen Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO
Inhalt des Urteils sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - aaO; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl. § 540 Rdn. 4). Selbst wenn das Original der unterzeichneten Urteilsformel nur nicht zu den Akten, in denen sich lediglich eine beglaubigte Abschrift befindet, genommen worden wäre, ist die Unterschrift der Kammermitglieder auf dem neben den Angaben gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO die Urteilsformel wiedergebenden Schriftstück, ohne dessen Verbindung mit dem Protokoll, unzureichend. 2. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Nach den Gründen des Berufungsurteils ist das Berufungsgericht der Auffassung, daß der Kläger einen unfallbedingten Dienstausfallschaden bzw. eine unfallbedingte tatsächliche Verzögerung der Wiederaufnahme der Diensttätigkeit durch L. nicht substantiiert dargelegt habe. Hierzu steht in Widerspruch , daß L. ab 1. Oktober 1997 bis zum Zeitpunkt des Unfalls am 15. Oktober 1997 unstreitig vier Stunden täglich im Rahmen eines sogenannten Hamburger Modells dienstlich tätig war, nach dem Unfall aber bis 13. November 1997 diese Tätigkeit nicht mehr verrichten konnte. Ob das Berufungsgericht seiner tatrichterlichen Aufgabe, auf der Grundlage des § 252 BGB und des § 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen, hinreichend nachgekommen ist und wie das sogenannte Hamburger Modell zu werten ist, kann der erkennende Senat anhand des Berufungsurteils nicht überprüfen (vgl. hierzu Se-
natsurteil vom 17. Februar 1998 - VI ZR 342/96 - VersR 1998, 770, 771 f.). Soweit es für die Schadensermittlung auf eine Prognose ankommt, dürfen an die Darlegungspflicht des Klägers jedenfalls keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteile vom 31. März 1992 - VI ZR 143/91 - VersR 1992, 973; vom 6. Juli 1993 - VI ZR 228/92 - VersR 1993, 1284, 1285; vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94 - VersR 1995, 422, 424; vom 24. Januar 1995 - VI ZR 354/93 - VersR 1995, 469, 470 und vom 20. April 1999 - VI ZR 65/98 - VersR 2000, 233, 234).
Greiner Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
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1. Zwar kann nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in einem Berufungsurteil der Tatbestand (§ 313 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO) durch die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil der ersten Instanz, verbunden mit erforderlichen Berichtigungen, Änderungen und Ergänzungen, die sich aus dem Vortrag der Parteien und aus einer etwaigen Bezugnahme auf Schriftsätze vor dem Berufungsgericht ergeben, ersetzt werden. Diese Mindestvoraussetzungen sind nach ständiger Rechtsprechung aber für den Inhalt eines Berufungsurteils nicht entbehrlich. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus seinem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen deren revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60, 61; vom 4. Mai 2011 - XII ZR 142/08, GE 2011, 1079 unter 1; vom 21. September 2016 - VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 5; jeweils mwN). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, den Sachverhalt selbst zu ermitteln, um anschließend beurteilen zu können, ob die Revision begründet ist (BGH, Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216, 218; vom 29. März 2007 - I ZR 152/04, NJW 2007, 2334 Rn. 5; vom 4. Mai 2011 - XII ZR 142/08, aaO; vom 21. September 2016 - VIII ZR 188/15, aaO; vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, juris Rn. 6; jeweils mwN).
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1. Auf das Berufungsverfahren ist die Zivilprozessordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 15. Mai 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Damit sind an die Stelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die durch § 540 Abs. 1 ZPO näher geregelten Gründe des Berufungsurteils getreten. Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert das Urteil die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung , Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Diese Darlegungen können bei Verkündung des Urteils im Verhandlungstermin in das Protokoll aufgenommen werden (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 362/03 Verkündet am:
28. September 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 540, 559
Zu den gemäß § 540 ZPO bestehenden Mindestanforderungen an den Inhalt eines
Berufungsurteils.
BGH, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03 - LG Berlin
AG Berlin Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2004 durch den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 59 des Landgerichts Berlin vom 27. Oktober 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil des Klägers ergangen ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von den Beklagten aufgrund Anspruchsübergangs Ersatz von Schäden, die der Feuerwehrbeamte L. am 15. Oktober 1997 durch einen Verkehrsunfall erlitten hat. Die Beklagten haften dem Grunde nach voll für
die Unfallfolgen. L. war zum Unfallzeitpunkt aufgrund einer Bandscheibenoperation nach ärztlicher Bescheinigung dienstunfähig. Er verrichtete allerdings nach dem sogenannten Hamburger Modell im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme körperlich leichtere Tätigkeiten in der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit. Nach dem Unfall war er vom 16. Oktober bis 13. November 1997 nicht in der Lage, diese Tätigkeit weiter auszuüben. Ab 14. November 1997 bis 31. Dezember 1997 nahm er sie wieder für 50 % der Wochenarbeitszeit auf. Der Kläger behauptet, L. habe durch den Unfall ein Halswirbelschleudertrauma erlitten und sei deshalb vom 15. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1997 dienstunfähig gewesen. Er begehrt u.a. Ersatz der von ihm fortgezahlten Dienstbezüge. Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht am Schluß der mündlichen Verhandlung durch Urteil unter Zurückweisung der Berufung und Abweisung der Klage im übrigen das Urteil des Amtsgerichts zum Teil abgeändert und neu gefaßt. Die Urteilsgründe, in denen die Revision zugelassen wird, hat das Landgericht gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO in das vom Vorsitzenden Richter und von der Protokollführerin unterschriebene Protokoll aufgenommen. Dort wird wegen des Sachverhalts auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Im übrigen enthält das Berufungsurteil weder die Berufungsanträge noch eine Darstellung etwaiger Än derungen oder Ergänzungen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts; hilfsweise beantragt er, die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Zur Begründung des Urteils hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Beklagten zwar die geltend gemachten Taxi- und Heilbehandlungskosten, nicht aber den Dienstausfallschaden zu tragen hätten. Der beim Unfall unstreitig verletzte Feuerwehrbeamte sei zum Unfallzeitpunkt bereits dienstunfähig und lediglich im Rahmen des Hamburger Modells täglich vier Stunden tätig gewesen. Daß aufgrund des Unfalls ein Dienstausfallschaden entstanden und die Wiederaufnahme der vollen Tätigkeit des L. verzögert worden sei, habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt.

II.

Die Revision hat Erfolg, da das Berufungsurteil eine Darstellung der tatsächlichen Feststellungen durch das Amtsgericht und deren Ä nderungen durch das Berufungsgericht nicht enthält und deshalb eine revisionsrechtliche Nachprüfung nicht möglich ist. 1. a) Nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO, die im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt (§ 26 Nr. 5 EGZPO), enthält das Urteil anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründ ung für die Abänderung , Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Auch wenn das neue Recht die Berufungsgerichte bei der Urteilsabfassung entlasten
will, sind diese Mindestvoraussetzungen für den Inhalt eines Urteils nicht entbehrlich (vgl. Senatsurteile, BGHZ 156, 216 und vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - VersR 2004, 881 f. vorges. zur Veröff. in BGHZ; BGHZ 154, 99, 100 f.; BGH, Urteile vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - NJW 2004, 1666 f. vorges. zur Veröff. in BGHZ und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 540 Rdn. 8). Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus seinem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen doch deren revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung auch im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen so erschließen, daß eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist, denn § 559 ZPO ist der Sache nach gegenüber § 561 ZPO a.F. unverändert (vgl. Senatsurteil BGHZ 156, aaO, 218; MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl. Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 2; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 13).
b) Da im vorliegenden Fall das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet worden ist, konnten gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Darlegungen zwar in das Protokoll aufgenommen werden. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Protokoll die erforderlichen Darlegungen nicht enthält. aa) Zwar wird eingangs der im Protokoll dargestellten Gründe wegen des Sachverhalts auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, doch fehlt die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderliche Darstellung der aufgrund der Beweisaufnahme getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch das Amtsgericht und etwaiger Änderungen oder Ergänzungen i m Berufungsverfahren. Diese war auch nicht entbehrlich, da dem Tatbestand des Amtsgerichts
neben der Darstellung des unstreitigen Parteienvortrages auch widerstreitender Sachvortrag zu entnehmen ist, weswegen auch eine Beweisaufnahme durch Einholung zweier Sachverständigengutachten stattgefunden hat. bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ersetzen die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts im Protokoll nicht die Darstellung der tatsächlichen Urteilsgrundlagen. Zu deren Verständnis ist gerade die Kenntnis davon erforderlich, welche tatsächlichen Feststellungen das Amtsgericht aufgrund der Beweisaufnahme getroffen hat, was die Parteien im Berufungsverfahren vorgetragen haben und welche abweichenden tatsächlichen Feststellungen das Berufungsgericht seinem abändernden Urteil zugrunde gelegt hat. Im vorliegenden Fall läßt sich den Urteilsgründen des Berufungsgerichts in keiner Weise entnehmen, in welchen Punkten das Landgericht anders als das Amtsgericht, das die Klage in vollem Umfang zugesprochen hat, den Tatsachenvortrag des Klägers für unzureichend hält.
c) Da bereits deswegen das Berufungsurteil aufzuheben ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob es bei einem Protokollurteil - wie im vorliegenden Fall - ausreicht, daß sich die Berufungsanträge aus dem übrigen Inhalt des Protokolls ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - aaO, 1667; vgl. auch Senatsurteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - aaO; BGH, BGHZ 154, 99, 100 f.; Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - BGH-Report 2004, 548).
d) Schließlich spielt auch keine Rolle mehr, daß - was die Revision rügt - das Urteil von den Richtern der Kammer nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden ist (§ 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im vorliegenden Fall fehlt jedenfalls die Verbindung zwischen Protokoll und der von den erkennenden Richtern vor Verkündung unterzeichneten Urteilsformel. Diese ist unverzichtbar, weil auch die in das Protokoll aufgenommenen Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO
Inhalt des Urteils sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - aaO; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl. § 540 Rdn. 4). Selbst wenn das Original der unterzeichneten Urteilsformel nur nicht zu den Akten, in denen sich lediglich eine beglaubigte Abschrift befindet, genommen worden wäre, ist die Unterschrift der Kammermitglieder auf dem neben den Angaben gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO die Urteilsformel wiedergebenden Schriftstück, ohne dessen Verbindung mit dem Protokoll, unzureichend. 2. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Nach den Gründen des Berufungsurteils ist das Berufungsgericht der Auffassung, daß der Kläger einen unfallbedingten Dienstausfallschaden bzw. eine unfallbedingte tatsächliche Verzögerung der Wiederaufnahme der Diensttätigkeit durch L. nicht substantiiert dargelegt habe. Hierzu steht in Widerspruch , daß L. ab 1. Oktober 1997 bis zum Zeitpunkt des Unfalls am 15. Oktober 1997 unstreitig vier Stunden täglich im Rahmen eines sogenannten Hamburger Modells dienstlich tätig war, nach dem Unfall aber bis 13. November 1997 diese Tätigkeit nicht mehr verrichten konnte. Ob das Berufungsgericht seiner tatrichterlichen Aufgabe, auf der Grundlage des § 252 BGB und des § 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen, hinreichend nachgekommen ist und wie das sogenannte Hamburger Modell zu werten ist, kann der erkennende Senat anhand des Berufungsurteils nicht überprüfen (vgl. hierzu Se-
natsurteil vom 17. Februar 1998 - VI ZR 342/96 - VersR 1998, 770, 771 f.). Soweit es für die Schadensermittlung auf eine Prognose ankommt, dürfen an die Darlegungspflicht des Klägers jedenfalls keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteile vom 31. März 1992 - VI ZR 143/91 - VersR 1992, 973; vom 6. Juli 1993 - VI ZR 228/92 - VersR 1993, 1284, 1285; vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94 - VersR 1995, 422, 424; vom 24. Januar 1995 - VI ZR 354/93 - VersR 1995, 469, 470 und vom 20. April 1999 - VI ZR 65/98 - VersR 2000, 233, 234).
Greiner Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
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2. Die Revision rügt zu Recht, dass der Zurückweisungsbeschluss des Berufungsgerichts auch in Verbindung mit dem in Bezug genommenen Hinweisbeschluss diesen Anforderungen nicht genügt. Er enthält weder eigene tatbestandliche Feststellungen noch eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO noch die Wiedergabe der Berufungsanträge. Auch aus den Beschlussgründen lassen sich - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - weder die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, entnehmen noch ist zumindest sinngemäß ersichtlich, in welchem Umfang der Kläger das erstinstanzliche Urteil angegriffen und was er mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat. Zwar wird dort an einigen Stellen tatsächliches Vorbringen der Parteien erwähnt. Ohne Kenntnis des weiteren Tatsachenstoffs genügen diese Angaben jedoch nicht, um eine revisionsrechtliche Überprüfung des Zurückweisungsbeschlusses vornehmen zu können. Den von der Revisionserwiderung herangezogenen Formulierungen des Berufungsgerichts, das Erstgericht habe in seinem Urteil "die tragenden Gründe der Beweiswürdigung soweit angeführt, dass erkennbar geworden ist, dass eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat", und das Berufungsgericht sei "an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichtes gebunden", ist keine (konkludente) Bezugnahme auf die gesamten , über einzelne Sachverhaltselemente hinausgehenden tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts zu entnehmen.
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b) Fehlen die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO vorgeschriebenen Feststellungen, kann eine Aufhebung und Zurückverweisung dann unterbleiben, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen sowie das Rechtsschutzziel der Parteien hinreichend deutlich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergeben (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009, aaO Rn. 4). Vorliegend ist das nicht der Fall. Zwar wird hinreichend deutlich, dass der Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend macht, weil er meint, durch deren Untreuehandlungen zum Nachteil der Gesellschaft sei er persönlich geschädigt worden. Nicht erkennbar ist, welchen Schaden er in welcher Höhe geltend macht und wie er ihn begründet. Insoweit kann nicht beurteilt werden, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zutreffen, er mache lediglich einen Gesellschafts - und Gesamtschaden geltend, wozu er möglicherweise nach § 92 InsO (gegebenenfalls analog) nicht berechtigt ist, und keinen Einzelschaden. Das genügt den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht. Das angefochtene Urteil enthält damit keine tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Dieses ist weder verpflichtet noch auch nur berechtigt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt und die in den Vorinstanzen gestellten Anträge selbst aus den Akten zu ermitteln (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009, aaO).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

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1. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass aus einem Berufungsurteil, gegen das die Revision stattfindet, zu ersehen sein muss, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts , den Sachverhalt selbst zu ermitteln, um abschließend beurteilen zu können, ob die Revision begründet ist (Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216, 218; BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 164/13, NJW 2015, 3309 RN. 7; jeweils mwN). Fehlen im Berufungsurteil die entsprechenden Darstellungen, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel; das Revisionsgericht hat das Urteil in einem solchen Fall grundsätzlich aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, aaO 220; BGH, Urteile vom 5. März 2015 - I ZR 164/13, aaO Rn. 8; vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6 und 8; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 540 Rn. 6a; HkZPO /Wöstmann, 7. Aufl., § 540 Rn. 2; jeweils mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 94/03 Verkündet am:
10. Februar 2004
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 540
Die Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind für Urteile, die in dem Termin,
in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet werden, nicht herabgesetzt.
§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO erlaubt es nur, die nach § 540 Abs. 1 Satz 1
ZPO für den Inhalt des Urteils unerläßlichen Darstellungen in das Protokoll zu verlagern.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - OLG Bamberg
LG Coburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Parteien wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 20. Februar 2003 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt, der sich der Beklagte mit einer unselbständigen Anschlußberufung angeschlossen hat. Das Berufungsgericht hat in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, das Berufungsurteil verkündet. Es hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die weitergehende Berufung des Klägers sowie die Anschlußberufung des Beklagten zurückgewiesen.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung des landge- richtlichen Urteils. Der Kläger verfolgt im Wege der Anschlußrevision einen Zahlungsanspruch in Höhe von 2179,22

Entscheidungsgründe:

I.

Die Gründe des Berufungsurteils lauten: "Von der Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO unter Bezugnahme auf die Hinweise im Protokoll vom 20. Februar 2003 abgesehen".

II.

Das Berufungsurteil ist aufzuheben, da es mangels einer tatbestandlichen Darstellung und der Wiedergabe der Berufungsanträge in der Revision nicht überprüfbar ist. 1. Auf das Berufungsverfahren ist die Zivilprozeßordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 13. August 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsurteil den Anforderungen des § 540 Abs. 1 ZPO nicht entspricht. Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO enthält das Urteil anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im ange-
fochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Da vorliegend das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet worden ist, konnten gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Protokoll diese Darlegungen nicht enthält. Auch wenn das neue Recht die Berufungsgerichte bei der Urteilsabfassung entlasten will, sind diese Mindestvoraussetzungen für den Inhalt eines Urteils nicht entbehrlich (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - WM 2004, 50 f.; BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - VersR 2003, 1415, 1416, vorgesehen zur Veröff. in BGHZ 154, 99, 100 f. und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 540 Rdn. 8). Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus seinem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen doch deren revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung auch im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen so erschließen, daß eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist, denn § 559 ZPO ist der Sache nach gegenüber § 561 ZPO a.F. unverändert (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - aaO; BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl. Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 2; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 13). Demgegenüber enthält das Protokoll im vorliegenden Fall weder eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts noch die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ebenfalls erforderliche Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen des Parteivorbringens im Beru-
fungsverfahren. Bezugnahmen finden sich nur hinsichtlich einzelner Punkte, in denen das Berufungsgericht der Begründung des angefochtenen Urteils beitritt. Das reicht jedoch nicht aus, weil die Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO für Urteile dieser Art nicht herabgesetzt werden (Musielak/Ball, aaO, § 540 Rdn. 8), sondern § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO es nur erlaubt, die für den Inhalt des Urteils unerläßlichen Darstellungen in das Protokoll zu verlagern. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung werden diese Darlegungen nicht durch die rechtlichen Hinweise im Protokoll ersetzt, weil zu deren Verständnis die Kenntnis des erstinstanzlichen Urteils und des Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren erforderlich wären und eine wirksame Bezugnahme hierauf fehlt. 2. Zudem läßt das Berufungsurteil auch unter Berücksichtigung der Bezugnahme auf die rechtlichen Hinweise im Protokoll nicht hinreichend erkennen , welches Rechtsbegehren der Klage zugrunde liegt, da es weder die Berufungsanträge noch die Klageanträge wiedergibt. Auch nach neuem Recht kann auf die Aufnahme der Berufungsanträge in das Urteil grundsätzlich nicht verzichtet werden (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - aaO; BGH, Urteile vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - zur Veröff. vorgesehen; vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - Umdruck S. 5 zur Veröff. vorgesehen. ; vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 – und vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 – jeweils aaO). Zwar ist eine wörtliche Wiedergabe nicht unbedingt erforderlich, genügend kann sein, daß aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts zu den einzelnen angegriffenen Positionen sinngemäß deutlich wird, was beide Parteien mit ihren wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln erstrebt haben (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - jeweils aaO). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die richterlichen Hinweise im Protokoll, auf die zur
Begründung des Urteils Bezug genommen wird, machen nicht verständlich, welches rechtliche Begehren dem Rechtsstreit zugrunde liegt. Sie befassen sich zwar mit den einzelnen Streitpunkten zwischen den Parteien, setzen aber zu ihrem Verständnis die Kenntnis des Tatsachenstoffes und der im bisherigen Verfahren vertretenen Rechtsauffassungen voraus, die dem Revisionsgericht hier nicht vermittelt wird und ihm deshalb eine rechtliche Nachprüfung nicht ermöglicht. 3. Aus diesen Gründen ist das Berufungsurteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - aaO; BGHZ 80, 64, 67; Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - aaO; vom 22. Dezember 2002 - VIII ZR 122/03 - Umdruck S. 4, zur Veröff. vorgesehen; vgl. auch MünchKomm ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 4; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 18; Zöller /Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 540 Rdn. 6).

III.

1. Für das weitere Verfahren weist der Senat im Hinblick auf die von der Revision vorgetragenen Sachrügen darauf hin, daß der Kläger für einen Verzugsschaden in Form entgangenen Gewinns Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen hat, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt, auch wenn § 252 BGB für den Geschädigten eine § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung enthält. Erst wenn ersichtlich ist, daß der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, wird vermutet, daß er gemacht worden wäre (vgl. BGH, Urteile vom 29. November 1982 - II ZR 80/82 - NJW
1983, 758 und vom 18. Februar 2002 - II ZR 355/00 - NJW 2002, 2553). Dem Ersatzpflichtigen obliegt dann der Beweis, daß der Gewinn nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen anderen Gründen dennoch nicht gemacht worden wäre (BGHZ 29, 393, 398 ff. unter I. 3.). Schließlich wird das Berufungsgericht in der neuen Verhandlung Gelegenheit haben, auch dem Vortrag der Revision zum Fehlen eines Feststellungsinteresses für den Feststellungsantrag des Klägers trotz der Anerkennung der Ersatzpflicht durch den Beklagten in der Erklärung vom 29. Januar 2001 nachzugehen. 2. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Gerichtskosten für das Revisionsverfahren nicht erhoben.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll