Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2012 - IV ZR 19/11

bei uns veröffentlicht am09.05.2012
vorgehend
Landgericht Hamburg, 418 O 16/10, 11.06.2010
Hanseatisches Oberlandesgericht, 9 U 126/10, 21.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 19/11 Verkündet am:
9. Mai 2012
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die
Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai
2012

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 9. Zivilsenat, vom 21. Dezember 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, welche Verbraucher- und Lebensmittelsupermärkte betreibt, fordert eine Versicherungsleistung in Höhe von 500.000 € aus einer Vertrauensschadenversicherung, der Allgemeine Bedingungen der Beklagten (zuletzt AVB-Vertrauensschaden 2006, im Folgenden AVB) zugrunde liegen. Der Versicherungsschutz des bereits seit 1999 bestehenden Versicherungsverhältnisses wurde beginnend ab dem 1. Januar 2006 gemäß § 2 1. e) AVB auf Schäden erweitert, "die dem Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Versicherungsvertrages als Täuschungsschäden von außenstehenden Dritten durch jede Form von Betrug, Urkundenfälschung oder Urkundenunterdrückung in der Absicht , sich selbst oder einen Dritten rechtswidrig zu berei- chern, zugefügt werden …"
2
Für solche während eines Versicherungsjahres entdeckte Schäden ist der Versicherungsschutz gemäß § 10 Nr. 4 AVB auf insgesamt höchstens 1.000.000 € begrenzt; im Versicherungsschein ist eine Selbstbeteiligung der Klägerin in Höhe von 500.000 € vereinbart
3
Seit Ende 1986 hatte die Klägerin die Bargeldentsorgung ihrer Filialen von Unternehmen der mit Geld- und Werttransporten befassten HEROS-Gruppe durchführen lassen. Diese hatten es übernommen, Geld bei den Filialen der Klägerin abzuholen, auszuzählen und auf ein von der Klägerin benanntes Kontos einzuzahlen. Ihrer Verpflichtung kamen die HEROS-Unternehmen seit Mitte der 1990er Jahre wegen beginnender finanzieller Schwierigkeiten nur noch eingeschränkt nach. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, wurden zunehmend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offen stehender Forderungen, zuletzt auch für Privatentnahmen der HEROS-Verantwortlichen, verwendet. Der Ausgleich für die dadurch zunächst geschädigten Auftraggeber erfolgte zeitverzögert durch entsprechende Zugriffe auf spätere Geldtransporte, so dass die Auskehrung der Gelder sich zwar - meist nur um einen Tag - verzögerte, die Fehlbeträge im Übrigen aber lange Zeit nicht auffielen. Daraus entwickelte sich eine vielfach als "Schneeballsystem" bezeichnete Dynamik wachsender Finanzierungslücken (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 25. Mai 2011 - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918).
4
Im Februar 2006 kam es zum Zusammenbruch der HEROS-Gruppe und zur Verhaftung ihrer führenden Mitarbeiter. Im nachfolgenden Strafverfahren wurde der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der HEROS-Unternehmen vom Landgericht Hildesheim mit Urteil vom 23. Mai 2007 wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Insolvenzverschleppung, Untreue und Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Auch drei weitere leitende HEROS-Verantwortliche erhielten hohe Haftstrafen. Das Urteil ist rechtskräftig (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427).
5
Zahlreiche Auftraggeber erlitten im Zuge des Zusammenbruchs der HEROS-Gruppe Verluste. Bei der Klägerin wurden die zuletzt am 17. und 18. Februar 2006 von HEROS-Mitarbeitern abgeholten Filialeinnahmen von 3.001.860 € und 3.260.250 € nicht mehr dem vorgesehenen Konto gutgebracht. Nach späteren Zahlungen des Insolvenzverwalters der HEROS-Gruppe in Höhe von 3.317.619,97 € verblieb ein Schaden von 2.944.490,03 €.
6
Erstmals mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 forderte die Klägerin eine Versicherungsleistung von der Beklagten. Diese hält sich für leistungsfrei, weil ein bedingungsgemäßer Betrugsschaden nicht vorliege , die Klägerin den Schaden entgegen § 12 1. AVB nicht unverzüglich angezeigt und im Übrigen durch ihre Mitarbeiter grob fahrlässig mitverursacht habe; schließlich sei jedenfalls Verjährung eingetreten.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
9
I. Das Berufungsgericht meint, auch wenn die Untreue, wegen der die Verantwortlichen der HEROS-Gruppe strafrechtlich verurteilt worden sind, nicht als Betrugshandlung im Sinne von § 2 1. e) AVB gelten könne , komme es darauf im Ergebnis nicht an, weil ein bedingungsgemäßer, durch Betrug verursachter Täuschungsschaden vorliege. Das von der HEROS-Gruppe praktizierte Schneeballsystem habe Täuschungselemente enthalten. Diese seien insbesondere in den zahlreichen Schreiben der zur HEROS-Gruppe gehörenden NordCash Geldbearbeitungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Firma Nordcash) zu finden, welche wiederholt Zahlungsverzögerungen mit wahrheitswidrigen Erklärungen entschuldigt und damit zugleich über die Redlichkeit des Geschäftspartners getäuscht habe. Der so hervorgerufene Irrtum der Klägerin habe zur Fortsetzung ihrer Vertragsbeziehung mit der HEROS-Gruppe geführt. Da das letzte Entschuldigungsschreiben vom 4. Januar 2006 datiere, sei der hier in Rede stehende Schaden durch eine nach dem 1. Januar 2006 verübte Täuschung und mithin in versicherter Zeit herbeigeführt worden. Ein schon vorher einsetzender, gedehnter Versicherungsfall liege nicht vor. Der Verlust der Tageseinnahmen vom 17. und 18. Februar 2006 stelle vielmehr einen neuen Versicherungsfall dar. Ob - was zweifelhaft sei - allein schon in der jeweiligen Abholung des Geldes eine konkludente Täuschungshandlung der HEROS-Verantwortlichen liege, könne dabei offen bleiben.
10
Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beginne gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. erst, wenn die Leistung verlangt werden könne, mithin fällig sei. Das sei nach § 16 AVB erst der Fall, wenn die Leistungspflicht des Versicherers nach Grund und Höhe nachgewiesen sei, was hier nicht vor Abschluss des gegen die HEROSVerantwortlichen gerichteten Strafverfahrens habe angenommen werden können.
11
Eine grob fahrlässige Mitverursachung des Schadens durch Vertrauenspersonen der Klägerin liege nicht vor. Auch die objektive Verletzung der Obliegenheit, den Schaden unverzüglich anzuzeigen (§ 12 1. AVB), führe nicht zur Leistungsfreiheit, weil die Klägerin plausibel dargelegt habe, dass ihr der erstmals zum 1. Januar 2006 erweiterte Versicherungsschutz auf von außenstehenden Dritten verursachte Schäden erst spät bewusst geworden sei. Scheide deshalb die Annahme einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung aus, sei die Beklagte nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. nicht leistungsfrei, weil die verspätete Anzeige keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder des Leistungsumfangs gehabt habe.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
13
Das Berufungsgericht hat der Klägerin die Versicherungsleistung in Höhe von 500.000 € nach § 2 1. e) AVB zu Recht zugesprochen.
14
1. Für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden ist Versicherungsschutz nach § 2 1. e) AVB vereinbart.
15
a) Die Unternehmen der HEROS-Gruppe waren außerhalb des Versicherungsvertrages stehende Dritte. Sie haben der Klägerin mit der nicht ordnungsgemäßen Verbuchung der am 17. und 18. Februar 2006 abgeholten Filialeinnahmen einen Schaden von zunächst 6.262.110 € verursacht, der inzwischen durch Ausgleichszahlungen des HEROSInsolvenzverwalters auf 2.944.490,03 € verringert worden ist.
16
b) Dabei handelt es sich um einen bedingungsgemäßen durch Betrug verursachten Täuschungsschaden. Die Klausel, nach der "jede Form von Betrug" erfasst werden soll, gilt aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, der bei Versicherungsverträgen der in Rede stehenden Art geschäftserfahren ist, jedenfalls auch für die in § 263 Abs. 1 StGB definierte Straftat. Ein solcher Betrug liegt hier vor.
17
aa) Die Klägerin ist durch die HEROS-Verantwortlichen getäuscht worden.
18
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, deren Schneeballsystem habe Täuschungselemente enthalten. Wie auch die Revision nicht in Abrede nimmt, bedingte dieses System laufende vertragswidrige Zugriffe auf transportiertes Geld, um auf diese Weise den Ausgleich jeweils zuvor geschaffener Defizite zu ermöglichen. Nur so ließ sich der Geschäftsbetrieb der HEROS-Gruppe aufrechterhalten. Damit Kunden weiterhin bereit waren, dieser große Bargeldmengen zum Transport anzuvertrauen , war es aus Sicht der HEROS-Verantwortlichen unabdingbar , die laufenden Vertragsverstöße vor den Kunden zu verbergen. Das geschah zum einen durch Verschweigen der Geschäftspraktiken, zum anderen durch Beschwichtigung der Kunden, falls deren Misstrauen im Einzelfall durch verzögerte Einzahlungen geweckt zu werden drohte. Beide Verhaltensweisen erfüllen den Tatbestand einer Täuschung im Sinne von § 263 StGB und § 2 1. e) AVB.
19
(1) Schon das Verschweigen des Schneeballsystems stellt eine Täuschung durch Unterlassen dar. Die HEROS-Gruppe traf dabei kraft der vertraglich übernommenen besonderen Vertrauensstellung eine Garantenpflicht , der zufolge sie offenlegen musste, dass transportiertes Geld anders verbucht wurde als vertraglich geschuldet.
20
Ein Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt und die Untätigkeit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch aktives Tun entspricht. Für die objektive Zurechnung reicht es nicht aus, dass eine mögliche Handlung diesen Erfolg verhindert hätte. Vielmehr setzt die Gleichstellung des Unterlassens mit aktivem Handeln weiter voraus , dass der Täter als "Garant" für die Abwendung des strafbewehrten Erfolgs einzustehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00, wistra 2000, 419 unter II 1).
21
Zur Ermittlung einer solchen Garantenstellung bedarf es einer Abwägung der Fallumstände unter Berücksichtigung der Interessenlage und des Verantwortungsbereichs der Beteiligten. Vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften genügen dafür nicht ohne weiteres (BGH aaO m.w.N.). Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten. Diese können in einem besonderen Vertrauensverhältnis oder einer ständigen Geschäftsverbindung begründet sein.

22
So liegt der Fall hier. Kraft des Transportvertrages hatte es die HEROS-Gruppe übernommen, große Geldmengen für ihre Auftraggeber zu transportieren. Diese Dienste wurden - auch von der Klägerin - gerade zu dem Zweck beansprucht und bezahlt, sich angesichts der mit dem Transport großer Geldsummen einhergehenden Gefahren vor Verlusten zu schützen. Das bedingt ein besonderes Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien , weil die Zusage des Werttransportunternehmens, das Transportgut unter Einsatz besonderer Sachkunde und Mittel vor Verlust zu schützen, ein gesteigertes Vertrauen der Klägerin darauf erforderte und rechtfertigte, dass das Werttransportunternehmen mit dem ihm anvertrauten Geld vereinbarungsgemäß verfuhr. Die Klägerin lief anderenfalls Gefahr, nicht allein die bezahlte Transportleistung, sondern vor allem das ihrem Vertragspartner anvertraute Geld zu verlieren, welches den wirtschaftlichen Wert der vertraglich vereinbarten Dienstleistung regelmäßig um ein Vielfaches überstieg.
23
(2) Zu Recht hat das Berufungsgericht zudem in den zahlreichen Schreiben der Firma Nordcash, die der Vertuschung der wahren Ursachen für Einzahlungsverzögerungen dienten, bedingungsgemäße Täuschungshandlungen gesehen.
24
bb) Die vorgenannten Täuschungen haben bei den zuständigen Mitarbeitern der Klägerin einen Irrtum über die Geschäftspraktiken der HEROS-Gruppe hervorgerufen bzw. aufrechterhalten.
25
cc) In der Übergabe der Filialeinnahmen vom 17. und 18. Februar 2006 an die jeweils mit der Geldentsorgung beauftragten HEROS- Angestellten liegt eine Vermögensverfügung, die das Vermögen der Klägerin i.S. von § 263 Abs. 1 StGB geschädigt hat.
26
Ein solcher Schaden kann auch schon durch die konkrete Gefährdung des Vermögens eintreten, wenn diese nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage bedeutet. Das ist der Fall, wenn die Gefahr des endgültigen Verlustes eines Vermögensbestandteils bereits im Zeitpunkt der Verfügung so groß ist, dass sie eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395; BGH, Urteil vom 5. November 2003 - 1 StR 287/03, NStZ 2004, 264). Eine derartige konkrete Gefährdung wird von der Rechtsprechung jedenfalls dann angenommen, wenn der Betrogene ernstlich mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen hat (BGH, Urteil vom 20. Juli 1966 - 2 StR 188/66, BGHSt 21, 112, 113). Dem steht auch nicht die - in gleicher Weise für das Merkmal des Vermögensschadens nach § 263 Abs. 1 StGB relevante (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, wistra 2011, 387 Rn. 7) - neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vermögensnachteil i.S. des § 266 StGB (BVerfGE 126, 170, 205 ff.) entgegen, soweit sich der Gefährdungsschaden hinreichend konkret beziffern lässt (BVerfG aaO 211 f.).
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Das ist hier der Fall. Da das von der HEROS-Gruppe etablierte System der vertragswidrigen Verwendung von transportiertem Geld gerade darauf gerichtet war, Kundengelder nach Bedarf eigenmächtig zu verwenden und zu verschieben, da weiter am 17. und 18. Februar 2006 der wirtschaftliche Zusammenbruch der HEROS-Gruppe infolge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unmittelbar bevorstand, begründete schon die Hingabe des Transportguts für die Klägerin die konkrete Ge- fahr des vollständigen Verlustes. Die späteren Ausgleichszahlungen des Insolvenzverwalters der HEROS-Gruppe konnten lediglich den zuvor schon entstandenen Schaden teilweise ersetzen.
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dd) Die dargelegten Täuschungen waren ursächlich für die Verfügungen der Klägerinund die daraus folgenden Vermögensgefährdungen. Zu Unrecht meint die Revision, die Verfügungen seien nicht unmittelbare Folge der Täuschungen gewesen. Das wäre nur dann anzunehmen, wenn zwischen Täuschung und Verfügung Umstände getreten wären, die die Annahme rechtfertigten, die Klägerin hätte den HEROS-Unternehmen das Transportgut auch bei Kenntnis des Schneeballsystems anvertraut. Solche Umstände sind nicht ersichtlich, sie werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Es liegt auf der Hand, dass die in der Übergabe von Millionenbeträgen liegenden Vermögensverfügungen unterblieben wären, wenn die für die Transportaufträge zuständigen Mitarbeiter der Klägerin die tatsächliche Handhabung der Einzahlungen durch die HEROS-Unternehmen gekannt hätten. Allein die Tatsache, dass zwischen dem letzten Schreiben der Firma Nordcash vom 4. Januar 2006 und den Geldtransporten vom 17. und 18. Februar 2006 ein Zeitraum von etwa sechs Wochen lag, in dem die Klägerin - möglicherweise auch infolge des seinerzeit noch funktionierenden Schneeballsystems - trotz zahlreicher Transporte keine Schäden bemerkte, lässt die Kausalität der Täuschung für die Vermögensverfügung nicht entfallen.
29
ee) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der subjektive Betrugstatbestand sei erfüllt, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
30
(1) Die für den Geschäftsbetrieb der HEROS-Unternehmen Verantwortlichen handelten in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Ver- mögensvorteil zu verschaffen. Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, wurden im Rahmen des Schneeballsystems "frisch" zu Transportzwecken vereinnahmte Gelder regelmäßig dazu genutzt , eigene Verbindlichkeiten der HEROS-Unternehmen zu tilgen und die auf anderen Kundenkonten zuvor verursachten Fehlbeträge auszugleichen. Darin liegt ein rechtswidriger Vermögensvorteil, denn die Transportaufträge berechtigten die HEROS-Gruppe nicht dazu, in dieser Weise mit dem ihr allein zu Transportzwecken anvertrauten Geld zu verfahren.
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(2) Auch im Übrigen sind die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen eines Betruges erfüllt. Das Berufungsgericht durfte aus dem objektiven Tatgeschehen folgern, die HEROS-Verantwortlichen hätten gewusst , dass sie das Schneeballsystem vor ihren Auftraggebern verheimlichten. Auch die Annahme, sie seien davon ausgegangen, im Falle einer Offenlegung keine Transportaufträge und mithin kein Transportgeld mehr zu erhalten, und hätten mit ihren Täuschungen die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bezweckt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Revision darzulegen versucht, insbesondere die Entschuldigungsschreiben der Firma Nordcash hätten ausschließlich dem Zweck gedient, vorangegangene Untreuehandlungen zu verschleiern, zeigt diese revisionsrechtlich unbehelfliche eigene Würdigung der Tatumstände keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf.
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Soweit die Revision abweichend von den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf verweist, es sei der HEROS-Geschäftsleitung ausweislich der strafrichterlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Hildesheim unmittelbar vor ihrer Festnahme nur noch darum gegangen, das Schneeballsystem zu beenden und nach Möglichkeit mit den letzten Transportgeldern vorwiegend Fehlbeträge bei von Insolvenz bedrohten Kleinkunden auszugleichen, schließt dies einen Betrugsvorsatz nicht aus. Jede eigenmächtige Verteilung anvertrauten Geldes stellt die Nutzung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils dar, mag sie auch von dem behaupteten sozialen Anliegen geleitet sein.
33
c) Der Annahme eines versicherten Täuschungsschadens durch Betrug steht nicht entgegen, dass die Verantwortlichen der HEROSGruppe allein wegen zahlreicher rechtlich zusammentreffender Fälle der Untreue i.S. von § 266 StGB verurteilt worden sind. Der Versicherungsnehmer einer Vertrauensschadenversicherung wird bei Lektüre des § 2 1. e) AVB erkennen, dass der dortige Rückgriff auf den Betrugstatbestand allein dazu dient, das versicherte Geschehen zu beschreiben und von anderen, nicht versicherten Sachverhalten abzugrenzen. In diesem Verständnis kann er sich dadurch bestärkt fühlen, dass die Klausel nicht auf die Strafbarkeit oder Bestrafung des Schädigers wegen Betruges, sondern allein darauf abstellt, ob das schädigende Verhalten eine "Form des Betruges" darstellt. Der Versicherungsnehmer wird deshalb auch nicht auf den Gedanken kommen, der Versicherungsschutz solle entfallen , wenn das Verhalten des Schädigers zugleich weitere Tatbestände des Strafgesetzbuches erfüllt, die möglicherweise sogar eine Bestrafung des Schädigers wegen Betruges aus Konkurrenzgründen verhindern. Die strafrechtliche Konkurrenzlehre kennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht. Sie dient überdies allein dem Zweck, bei Verwirklichung mehrerer Strafnormen diejenigen Bestimmungen zu ermitteln, deren Strafdrohung die konkrete Strafe zu entnehmen ist. Das ist jedoch für die Beschreibung des Versicherungsfalles ohne Belang. Deswegen kann offen bleiben, ob eine Untreue i.S. des § 266 Abs. 1 StGB für sich ge- nommen auch als eine "Form des Betruges" i.S. des § 2 1. e) AVB anzusehen wäre.
34
d) Der Täuschungsschaden ist der Klägerin in versicherter Zeit zugefügt worden.
35
Allerdings besteht Versicherungsschutz nach § 2 1. e) AVB erst seit dem 1. Januar 2006 und bestimmt die Anschlussklausel in Nr. 9 der Police vom 14. Februar 2006, dass auf bis zur Umstellung des Versicherungsschutzes verursachte Schäden die zuvor geltenden Versicherungsbedingungen anzuwenden sind.
36
aa) Die hier in Rede stehenden Schäden sind aber nach dem 1. Januar 2006 verursacht worden. Ihr Eintritt hatte jeweils durch Täuschung verursachte Vermögensverfügungen zur Voraussetzung, die die Klägerin am 17. und 18. Februar 2006 vorgenommen hat. Ob die vorgenannte Anschlussklausel Leistungsfreiheit der Beklagten zur Folge hätte, wenn die ursächliche Täuschungshandlung vor der Vertragsumstellung begangen worden wäre, kann offen bleiben, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch die mit Schreiben der Firma Nordcash vom 4. Januar 2006 verübte Täuschung mitursächlich für den eingetretenen Schaden war. Weiter bestand auch im Jahre 2006 die oben erörterte Pflicht der HEROS-Verantwortlichen zur Offenlegung ihrer Geschäftspraktiken fort. Schon die Mitursächlichkeit jeder der beiden in die versicherte Zeit fallenden Täuschungen für die Schäden genügt, um den Eintritt der Versicherungsfälle im Jahre 2006 zu begründen.
37
bb) Auch wenn den Auftraggebern der HEROS-Gruppe deren Geschäftsgebaren über einen langen Zeitraum verschwiegen worden ist, liegt ein gedehnter - bereits in vorversicherter Zeit begonnener - Versicherungsfall nicht vor. Wesensmerkmal eines gedehnten Versicherungsfalles ist nicht sein schrittweises Eintreten, sondern die Fortdauer des bereits mit seinem Eintritt geschaffenen Zustandes über einen - mehr oder weniger langen - Zeitraum, sofern diese Fortdauer nicht nur bestimmend ist für die Pflicht des Versicherers zur Erbringung einer einmaligen Versicherungsleistung, sondern deren Umfang im Einzelfall erst bestimmt. Gedehnte Versicherungsfälle sind beispielsweise in der Krankheitskosten -, der Unfall-, der Berufsunfähigkeits- oder der Betriebsunterbrechungsversicherung anerkannt (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1989 - IVa ZR 21/88, BGHZ 107, 170, 173; vom 22. Februar 1984 - IVa ZR 63/82, VersR 1984, 630 unter III; vom 14. November 1957 - II ZR 176/56, VersR 1957, 781 unter I; vom 3. Juni 1981 - IVa ZR 121/80, VersR 1981, 875). Die hier in Rede stehende Versicherung von Täuschungsschäden kennt demgegenüber typischerweise keine gedehnten Versicherungsfälle , weil die Versicherungsleistung nach § 2 1. e) AVB für jeden eingetretenen Täuschungsschaden jeweils nur eine Ausgleichzahlung vorsieht, die sich nicht durch bloßen Zeitablauf erhöht. Versicherungsfall ist mithin nicht die fortlaufende Täuschung der Versicherungsnehmerin, sondern erst jeder infolge einer täuschungsbedingten Verfügung eintretende Vermögensschaden.
38
cc) Aus dem Senatsurteil vom 23. Januar 1991 (IV ZR 173/90, VersR 1991, 417 unter II) ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der Senat dort angenommen, der in 56 Teilakten verübte rechtswidrige Zugriff eines Sparkassenmitarbeiters auf Kundenkonten stelle einen einheitlichen Versicherungsfall der dort zugrundeliegenden Eigenschadenversicherung dar. In den dortigen Versicherungsbedingungen war aber - anders als hier - ausdrücklich geregelt, mehrfaches auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen gelte als einheitlicher Verstoß, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stünden.
39
2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, die Täuschungsschäden seien von Vertrauenspersonen der Klägerin nicht grob fahrlässig mitverursacht worden (§ 14 5. a) AVB). Die Revisionsführerin versucht lediglich, ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen. Deshalb kann offen bleiben, ob § 14 5. a) AVB einer Klauselkontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB standhielte.
40
3. Soweit das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der Obliegenheit aus § 12 1. AVB, den Versicherungsfall unverzüglich anzuzeigen nicht festgestellt hat, steht dies im Einklang mit der Senatsrechtsprechung , der zufolge ein allgemeiner Erfahrungssatz besteht, dass sich kein vernünftiger Versicherungsnehmer durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Anzeigeobliegenheit Rechtsnachteile in seinem Deckungsverhältnis zum Versicherer zuziehen will (vgl. Senatsurteil vom 3. Oktober 1979 - IV ZR 45/78, VersR 1979, 1117 unter II 5). Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht dargelegt, die erstmals im Dezember 2008 erhobene und mithin objektiv verspätete Schadenanzeige habe keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder die Feststellung oder den Umfang der Versicherungsleistung gehabt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F.).
41
4. Der Leistungsanspruch ist nicht verjährt.
42
Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gemäß dem hier noch maßgeblichen § 12 Abs. 1 VVG a.F. in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern die Fälligkeit des Anspruchs an. Es muss also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01, VersR 2002, 698 unter 2 m.w.N.).
43
a) Geldleistungen des Versicherers sind gemäß § 11 Abs. 1 VVG a.F. mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift wird von § 16 1. AVB in zulässiger Weise (§ 15 a VVG a.F.) modifiziert (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO unter 2 a). Danach wird die Entschädigung geleistet, sobald die Leistungspflicht dem Grunde und der Höhe nach nachgewiesen ist.
44
Letzteres wird der bei Verträgen der vorliegenden Art geschäftserfahrene durchschnittliche Versicherungsnehmer dahin verstehen, dass der geforderte Nachweis gegenüber dem Versicherer und nicht lediglich anderweitig erbracht sein muss. Das ergibt sich schon aus § 11 VVG a.F., der für die Fälligkeit der Versicherungsleistung auf den Abschluss der Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalles und seiner Leistungspflicht abstellt. Weiter bestimmt § 16 1. Abs. 2 AVB, dass lediglich Teilbeträge auszuzahlen sind, wenn nur für sie die Leistungspflicht festgestellt ist. Da die Leistungspflicht des Versicherers vorgerichtlich nur durch diesen selbst festgestellt werden kann, wird der Versicherungsnehmer nicht annehmen, dass bereits die anderweitig - etwa im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens - getroffene Feststellung, der Versicherungsnehmer sei durch Täuschung geschädigt worden, die Fälligkeit der Versicherungsleistungbegründet.

45
b) Hat der Versicherer die Leistung nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt endgültig und umfassend abgelehnt (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00, VersR 2002, 472 unter 1 b),hängt der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn von der Mitwirkung des Anspruchstellers, insbesondere seiner Schadenanzeige und der Vorlage der zum Nachweis des Versicherungsfalles erforderlichen Unterlagen ab. Unterbleibt diese Mitwirkung, ergibt sich weder aus den hier vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften ein früherer Verjährungsbeginn. Die Verjährung kann mithin grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen werden. Einen allgemeinen Grundsatz, dass bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängenden Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann, gibt es nicht (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO unter II 2 a m.w.N.).
46
aa) Für die Auffassung der Revision, es komme darauf an, wann die Klägerin die Versicherungsleistung mit Blick auf die Beweislage in dem gegen die HEROS-Verantwortlichen geführten Ermittlungsverfahren oder infolge der Erkenntnisse aus dem Insolvenzverfahren der HEROS-Unternehmen hätte verlangen können, gibt es keine Rechtsgrundlage. Es bliebe im Übrigen unklar, wonach sich der hierfür maßgebliche Zeitpunkt bestimmen sollte. Ebenso wenig kann die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Anfechtungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der bloßen Möglichkeit beginnen, die erforderlichen Un- terlagen einzureichen. Dies würde bei zögernden Anspruchstellern den Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegen (vgl. Senatsurteile vom 13. März 2002 aaO; vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86, VersR 1987, 1235 unter 3).
47
Schließlich kann auch nicht auf ein etwaiges Verschulden des Versicherungsnehmers abgestellt werden. Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das die Feststellung des maßgeblichen Zeitpunkts ebenfalls nicht verlässlich genug ermöglichte (Senatsurteile vom 13. März 2002 und 4. November 1987 aaO m.w.N.). Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch Verweigerung seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstößt (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB; vgl. Senatsurteil vom 13. März 2002 aaO; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rn. 11). Die Darlegungs- und Beweislast für einen derartigen Verstoß trägt der Versicherer, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. Römer aaO). Für eine solche Treuwidrigkeit der Klägerin ist hier aber nichts ersichtlich.
48
bb) Da die Klägerin die Versicherungsleistung erstmals mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 geltend gemacht hat und die Beklagte damit erst zum Ende des Jahres 2008 in die Lage versetzt war, mit ihren Erhebungen zur Prüfung ihrer Leistungspflicht zu beginnen, konnte die zweijährige Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG keinesfalls vor Ablauf des Jahres 2008 einsetzen. Somit ist die der Beklagten am 25. Januar 2010 zugestellte Klage in unverjährter Zeit erhoben.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.06.2010 - 418 O 16/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.12.2010- 9 U 126/10 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafgesetzbuch - StGB | § 13 Begehen durch Unterlassen


(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht,

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 6 Beratung des Versicherungsnehmers


(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Strafgesetzbuch - StGB | § 1 Keine Strafe ohne Gesetz


Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 11 Verlängerung, Kündigung


(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, s

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 200 Beginn anderer Verjährungsfristen


Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2002 - IV ZR 238/00

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2002 - IV ZR 40/01

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Mai 2011 - IV ZR 117/09

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Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2011 - 3 StR 115/11

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 117/09 Verkündetam:
25.Mai2011
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Valoren-Transportversicherung
Zum Begriff des Versicherungsfalles in einer Geld- und Werttransportversicherung,
wenn die Bedingungen des Transportvertrages es nicht ausschließen, dass die Versicherungsnehmerin
transportiertes Bargeld bei Ablieferung zunächst einem auf ihren
Namen lautenden Konto gutbringt (HEROS I).
BGH, Urteil vom 25. Mai 2011 - IV ZR 117/09 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, die Richterinnen
Harsdorf-Gebhardt und Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Mai 2011

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Mai 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten als führendem Versicherer anteilige Versicherungsleistungen aus einer von Unternehmen der H. -Gruppe (im Folgenden: H. -Gruppe) mit mehreren Versicherungsunternehmen abgeschlossenen "Valorenversicherung". Deren Versicherungsbedingungen (im Folgenden: VB) lauten - nach der zuletzt ausgestellten Police Nr. 7509 - auszugsweise wie folgt: "Gegenstand der Versicherung: Hartgeld, Banknoten, Schecks, Wertpapiere, Briefmarken , sämtliche Edelmetalle (ausgenommen reine Edelmetalltransporte ), Schmuck, handelsübliches Beleggut, Datenträger bzw. Belege und sonstige Wertgegenstände sowie Behältnisse wie Kassetten, Taschen, usw. im Gewahrsam von H. sowie im Gewahrsam von von H. eingesetzten Subunternehmern, einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist, während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten. … 2. UMFANGDERVERSICHERUNG 2.1 Versicherte Gefahren und Schäden 2.1.1 Gedeckt sind, soweit unter Ziffer 2.2 nicht etwas anderes bestimmt ist: 2.1.1.1 jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin. Mitversichert sind Schäden verursacht durch einen früheren Angestellten der Versicherungsnehmerin, der Güter abholt und übernimmt und sich hierbei als Angestellter der Versicherungsnehmerin ausgibt, soweit H. hierfür nach gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zu haften hat, … 2.1.2 die gesetzliche Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern 2.1.3 die von H. übernommene darüber hinausgehende vertragliche Haftung nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung durch den führenden Versicherer … 3. DAUERDERVERSICHERUNG 3.1 Die Versicherung beginnt mit Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin. 3.2 Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeich- neten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden. … 12. VERSCHOLLENHEIT Sind die Güter verschollen oder werden die Güter durch Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand angehalten oder zurückgehalten, so leistet der Versicherer Ersatz wie im Falle des Totalverlustes. Die Güter sind verschollen, wenn zum Zeitpunkt ihrer geplanten Ankunft 30 Tage verstrichen sind und keine Nachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangen ist."
2
Die Klägerin macht als Versicherte dieses Vertrages einen Schaden aus Bargeldentsorgungen in der Zeit vom 14. bis 17. Februar 2006 geltend. Hiermit war die H. T. GmbH auf der Grundlage eines mit der Muttergesellschaft der Klägerin im April 2002 geschlossenen Rahmenvertrages ("Transport- und Bearbeitungsvertrag", im Folgenden: Transportvertrag) beauftragt. Dieser lautet auszugsweise: "§ 1 1. Das Transportunternehmen führt für den Auftraggeber und/oder auftrags des Auftraggebers für dessen mittelbare und unmittelbare Beteiligungsgesellschaften mit besonders geschützten und gepanzerten Spezialfahrzeugen und ausschließlich mit dem Personal des Transportunternehmens Transporte von Bargeld, Wertpapieren und Wertsachen aus. Der Transport beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem die zu transportierenden Werte in die Obhut des Transportunternehmers übergeben werden und dauert an, bis die zu transportierenden Werte in die Obhut des Empfängers übergeben worden sind. … 2. Der Auftraggeber wird gemeinsam mit dem Transportunternehmen vor Durchführung des ersten Transports eine schriftliche Vereinbarung (Leistungsverzeichnis) … darüber treffen, wie die Transporte im einzelnen durchzuführen sind. … § 2 1. Das Transportunternehmen haftet dem Auftraggeber für Verlust, Vernichtung oder Beschädigung der ihm zur Beförderung übergebenen Gegenstände der in § 1 bezeichneten Art auf den für den Auftraggeber ausgeführten Transporten, und zwar ungeachtet der Ursache des Verlustes, der Vernichtung oder Beschädigung …. … 3. Die Haftung beginnt mit der Übergabe der Gegenstände an das Transportunternehmen und endet nach der ordnungsgemäßen Übergabe der Gegenstände an den betreffenden Auftraggeber oder die zum Empfang der Gegenstände Berechtigten. … § 4 … 3. Die Übergabe und Ablieferung des Transportgutes hat ausschließlich in den Geschäftsräumen des Auftraggebers , von Kreditinstituten oder der LZB nach näherer Maßgabe des Auftraggebers bzw. der Kreditinstitute oder LZB zu erfolgen.
§ 5 1. Das Transportunternehmen ist verpflichtet, jederzeit zur Absicherung der Haftung, die sich für das Transportunternehmen aus diesem Vertrag ergibt (§ 2), einen Versicherungsschutz zu unterhalten und dies durch eine entsprechende Bestätigung der Versicherer oder Versicherungsmakler nachzuweisen. …"
3
Darüberhinausverein barte die Muttergesellschaft der Klägerin mit der H. T. GmbH im Dezember 2004 ein gesondertes, für die Klägerin geltendes Leistungsverzeichnis. Dort ist unter anderem geregelt : "3. Bearbeitung der Werte Das Transportunternehmen übernimmt die Auszählung der einzelnen Werte und erstellt eine Abrechnung, aus der je Kasse die einzelnen Wertarten wie z.B. Papiergeld , Hartgeld, Schecks … hervorgehen. Die Werte der einzelnen Kasse sind zum Wert der Filiale der K. F. GmbH und ggf. weiter zum gesamten Bearbeitungswert aller Filialen der K. F. GmbH zu verdichten. … Die Einzahlung der ausgezählten Bargelder erfolgt am nächsten, auf die Abholung folgenden Bankarbeitstag bei der B. -Filiale zu Gunsten des für die K. F. GmbH bei der D. B. AG … geführten Kontos …. Das Transportunternehmen stellt sicher, daß die Gutschrift auf dem Konto valutarisch am ersten, auf die Abholung folgenden Bankarbeitstag erfolgt. Bei einer verzögerten Gutschrift wird vom Transportunternehmen der Zinsnachteil in Höhe des Kontokorrentzinssatzes an den Auftraggeber erstattet. …"
4
Die Klägerin erhielt im Dezember 2005 eine "Versicherungsbestätigung" , über den Abschluss einer Versicherung für die H. -Gruppe. Darin angegeben wurden unter anderem die versicherten Interessen, die Haftungshöchstsummen sowie Umfang und Gegenstand der Versicherung.
5
Im Februar 2006 kam es, nachdem Ende 2005 ein Großkunde seine Aufträge gekündigt hatte, zum Zusammenbruch der H. -Gruppe und schließlich zur Verhaftung ihrer führenden Mitarbeiter. Im nachfol- genden, gegen diese gerichteten Strafverfahren wurde ausweislich einer revisionsgerichtlichen Entscheidung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427) festgestellt, dass die H. -Gruppe spätestens seit Mitte der 1990er Jahre finanzielle Schwierigkeiten hatte. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, wurden laufend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gut gebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offen stehender Forderungen verwendet. Der Ausgleich für die dadurch zunächst geschädigten Auftraggeber erfolgte zeitverzögert durch einen entsprechenden Zugriff auf spätere Geldtransporte , so dass die Auskehrung der Gelder der Vortage sich zwar - oft nur um einen Tag - verzögerte, die Fehlbeträge im Übrigen aber nicht auffielen. Daraus hatte sich eine vielfach als "Schneeballsystem" bezeichnete Dynamik wachsender Finanzierungslücken entwickelt.
6
Zahlreichen Auftraggebern, darunter nach ihrer Behauptung auch der Klägerin, wurde den H. -Gesellschaften Mitte Februar zur Entsorgung überlassenes Bargeld nicht mehr (vollständig) auf ihren Konten gutgeschrieben. Nachdem im April 2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. -Gruppe eröffnet worden war, focht die Beklagte den Versicherungsvertrag im Januar 2007 wegen arglistiger Täuschung an.
7
Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob diese Anfechtung wirksam und die Beklagte schon daher leistungsfrei ist, ferner darüber, ob die H. T. GmbH im Umgang mit dem ihr anvertrauten Bargeld gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst hat.

8
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf Versicherungsleistung zu, da die H. T. GmbH befördertes Bargeld nicht bestimmungsgemäß auf ihr Konto eingezahlt habe. Die - ihrer Auffassung nach dafür darlegungs- und beweispflichtige - Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass eine vertragsgemäße Geldentsorgung stattgefunden habe. Die H. T. GmbH sei nicht berechtigt gewesen, zum Transport übernommenes Geld zunächst auf ein eigenes, von ihr bei der Deutschen Bundesbank geführtes Konto einzuzahlen oder sogar bereits vor der Einzahlung Bargeld der Klägerin mit dem anderer Auftraggeber zu vermischen. Hierin lägen sowohl vertragliche Pflichtverletzungen als auch ein Verlust i.S. von Ziffer 2.1.1.1 VB und eine bedingungsgemäße Unterschlagung, die jeweils einen Versicherungsfall begründeten. Der Versicherungsschutz, der sich nicht nur auf Bargeld beschränke , sondern ebenso Buch- oder Giralgeld umfasse, erstrecke sich auch auf den Fall, dass eine Weiterüberweisung unterbleibe.
9
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 87.674,13 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


10
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
11
A.DasBerufungsgeric ht hat ausgeführt:
12
Die von der H. -Gruppe bei der Beklagten genommene Valorenversicherung (Police Nr. 7509) versichere nur Bargeld, nicht aber Buch- oder Giralgeld. Es handele sich um eine Sachversicherung von Gütern, deren Versicherungsfall einen "stofflichen Zugriff" auf das Transportgut verlange. Das ergebe sich aus Wortlaut, Systematik und Sinnzusammenhang der Vertragsbedingungen. Der "Gegenstand der Versicherung" beziehe sich lediglich auf Sachen; zahlreiche weitere Bestimmungen (Ziff. 3, 4, 5, 12 VB) knüpften ebenfalls ersichtlich an Bargeld als Sache an und enthielten keine Regelungen, die dafür sprächen, dass auch Buchgeld mitversichert sei. Nichts anderes ergebe sich aus der Ziffer 2.1.1.1 VB, da dort nur der Umfang der Versicherung im Sinne einer "Allgefahrenversicherung" geregelt werde, nicht jedoch deren Gegenstand und Dauer. Dass trotz dieser abweichenden Regelungen in den Versicherungsbedingungen zwischen der H. -Gruppe und der Beklagten von Anfang an Einigkeit bestanden habe, Buchgeld sei versichert , habe die Klägerin nicht vorgetragen.
13
Wegen der alleinigen Versicherung von Bargeld liege ein Versicherungsfall hier nicht vor. Für ihn sei die Klägerin nach den Grundsätzen des Senatsbeschlusses vom 21. November 2007 (IV ZR 48/07, VersR 2008, 395) darlegungs- und beweispflichtig. Etwas anderes folge nicht aus Ziffer 12 VB. Diese Regelung sei nicht als Beweislastregelung zu Lasten der Versicherer zu verstehen.
14
Die Klägerin habe nicht schlüssig vorgetragen, dass es zu einem körperlichen Zugriff auf das Bargeld gekommen sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass dieses bereits auf der Transportstrecke bis zur Ablie- ferung bei der Deutschen Bundesbank verloren gegangen sei. Ein Verlust oder Schaden i.S. von Ziffer 2.1.1.1 VB liege nicht darin, dass transportiertes Bargeld auf ein Konto der H. -Gruppe bei der Deutschen Bundesbank ohne zeitgleichen Auftrag zur Weiterleitung auf ein Konto der Hausbank der Klägerin eingezahlt worden sei. Insoweit stehe nach dem Transportvertrag und dem für die Klägerin vereinbarten Leistungsverzeichnis schon nicht fest, dass die H. T. GmbH verpflichtet gewesen sei, eingesammeltes Geld unmittelbar auf ein Konto der Hausbank der Klägerin bei der Deutschen Bundesbank einzuzahlen (Nicht-Konto-Verfahren), jedenfalls sei es nicht praktiziert worden. Das sei für die Klägerin erkennbar gewesen und von ihr über einen längeren Zeitraum gebilligt worden.
15
Ein Versicherungsfall sei auch nicht bereits vor Einzahlung bei der Deutschen Bundesbank in einer Vermischung der Gelder verschiedener Auftraggeber zu sehen. Allein die bloße Absicht der H. -Gruppe, bei der Klägerin eingesammeltes Geld nicht weiterzuleiten, begründe noch keinen Versicherungsfall. Es fehle insoweit ebenfalls am stofflichen Zugriff auf das Transportgut. Zudem sei auch kein Fall der Verschollenheit nach Ziffer 12 VB gegeben. Die H. -Gruppe habe vielmehr um den Verbleib des Geldes gewusst.
16
Anspruch Ein auf Versicherungsleistung bestehe darüber hinaus auch deshalb nicht, weil der Versicherungsvertrag wirksam angefochten sei. Die H. -Gruppe habe den Versicherern bei Abschluss der Police Nr. 7509 arglistig unter anderem das von ihr unterhaltene "Schneeballsystem" verschwiegen. Die darauf gestützte Anfechtung sei weder vertraglich noch wegen einer etwaigen Kenntnis der Beklagten von den Geschäftspraktiken der H. -Gruppe ausgeschlossen.

17
Der Klägerin stehe weder ein Schadenersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB noch ein eigenständiger Anspruch aus der ihr übersandten Versicherungsbestätigung zu.
18
B. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
19
I. Die Beklagte ist aus der mit der H. -Gruppe abgeschlossenen Valorenversicherung nicht verpflichtet, der Klägerin als Versicherter dieses Vertrages Versicherungsschutz zu gewähren und ihr die behaupteten Schäden im Zusammenhang mit der von der H. T. GmbH durchgeführten Geldentsorgung zu erstatten.
20
Die Klägerin, die nach §§ 74 Abs. 1, 75 Abs. 2 VVG a.F. i.V.m. Ziffer 11.3.1 VB aufgrund der Ermächtigung durch den Insolvenzverwalter der H. -Gruppe zur gerichtlichen Verfolgung der sich aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Ansprüche berechtigt ist, hat nicht nachgewiesen , dass der geltend gemachte Schaden in den Schutzbereich der Versicherung fällt. Es fehlt an einem bedingungsgemäßen - stofflichen - Zugriff i.S. von Ziffer 2.1.1.1 VB auf eine versicherte Sache innerhalb des nach Ziffern 3.1 und 3.2 VB versicherten Zeitraums.
21
1. Durch den Vertrag über eine Valorenversicherung ist nur das von der H. -Gruppe transportierte Bargeld gegen typische Transportrisiken bei und während des Transports bis zu dessen Abschluss versichert. Geschützt ist das Sacherhaltungsinteresse des versicherten Auftraggebers; nicht vom Versicherungsschutz erfasst ist dagegen Buch- oder Giralgeld. Das folgt, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, aus einer Zusammenschau der Versicherungsbedingungen (zu vergleichbaren Bedingungen: Senatsbeschlüsse vom 21. November 2007 - IV ZR 48/07, VersR 2008, 395 Rn. 4 ff. und - IV ZR 70/07, TranspR 2008, 129 Rn. 4 ff.).
22
Zu diesem Ergebnis gelangt bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs der Versicherungsbedingungen auch ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Versicherungsnehmer einer Transportversicherung (vgl. für die ständige Senatsrechtsprechung zur Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen: Urteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85), der zudem die Verständnismöglichkeiten und Interessen der Versicherten beachtet (vgl. dazu Senatsurteile vom 12. März 2003 - IV ZR 57/02, VersR 2003, 720 unter 2 b und vom 16. März 1988 - IVa ZR 154/87, BGHZ 103, 370, 383). Werden Versicherungsverträge - wie hier - typischerweise mit und für einen bestimmten Personenkreis geschlossen, so sind die Verständnismöglichkeiten und Interessen der Mitglieder dieses Personenkreises maßgebend. Deshalb ist in der Transportversicherung zugunsten des Versicherers zu berücksichtigen , dass Versicherungsnehmer und Versicherter im Regelfall Kaufleute , zumindest aber geschäftserfahren und mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertraut sind (Senatsurteil vom 9. Mai 1984 - IVa ZR 176/82, VersR 1984, 830 unter I 2; MünchKomm-VVG/Reiff, AVB Rn. 80; BK/Dallmayr, VVG Vorbem. §§ 129-148 Rn. 24). Mit solchem Wissen ausgestattete Versicherungsnehmer und Versicherte werden jedoch ohne weiteres erkennen, dass die hier genommene Valorenversicherung nicht sämtliche, sich aus der Tätigkeit der H. -Gruppe ergebende Risiken abdeckt, und die durch die Versicherungsbedingungen vorgegebene Reichweite des Versicherungsschutzes ermessen können.
23
a) Gegenstand der Versicherung sind nach dem für die Auslegung in erster Linie maßgeblichen Wortlaut der dem Vertrag vorangestellten Bestimmung lediglich Sachen (z.B. Hartgeld, Banknoten), die sich im körperlichen Gewahrsam des Transporteurs befinden. Nur diese sind nach Ziffer 2.1.1.1 VB im Sinne einer Allgefahrenversicherung gegen "jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache" versichert. Dem können Versicherungsnehmer und Versicherter entnehmen , dass der Versicherungsschutz ausschließlich den stofflichen Zugriff auf versicherte Sachen erfasst.
24
aa) Allein ein solches Verständnis entspricht dem Charakter des Vertrages als Valoren-Transport-Versicherung. Sie ist keine "Geld-" oder "Geldwertversicherung", sondern als Geld- und Werttransport-Versicherung lediglich eine (Sach-)Versicherung von Gütern. Gegenstand einer solchen Versicherung sind die einzelnen Valoren während des Transports durch das befördernde Unternehmen. Kennzeichen der danach versicherten Transportgefahr ist, dass die Sache während ihrer Beförderung fremder und wechselnder Obhut überlassen werden muss und dadurch einer erhöhten Gefahr des (Sach-)Zugriffs ausgesetzt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 21. November 2007 - IV ZR 48/07, VersR 2008, 395 Rn. 8 m.w.N.; Thume, TranspR 2010, 362, 365 f.).
25
bb) Diese Beschränkung des Versicherungsschutzes auf den stofflichen Zugriff bestätigt auch ein Blick auf den Zusammenhang, in welchen Ziffer 2.1.1.1 VB gestellt ist. Denn die Leistungsausschlüsse der Ziffern 2.1 und 2.2.2 VB nehmen nur bestimmte, physisch auf die Sach- substanz einwirkende Gefahren von der Leistung aus und legen damit nahe, dass es bei dem Versicherungsschutz insgesamt allein um den Schutz körperlicher Gegenstände geht.
26
Das Erfordernis eines stofflichen Zugriffs auf das Transportgut erschließt sich Versicherungsnehmer und Versichertem zudem aus der in Ziffern 3.1 und 3.2 VB bestimmten Dauer der Versicherung: Der Versicherungsschutz erstreckt sich danach nur auf den Zeitraum von der - körperlichen - Übergabe der versicherten Güter an den Versicherungsnehmer bis zur - wiederum körperlichen - Übergabe an die von den Versicherten zu bestimmende Stelle.
27
Demgemäß werden in Ziffer 4 VB Haftungshöchstsummen vereinbart , die lediglich am Sicherheitsniveau der jeweiligen Transportstrecke und -ausführung ausgerichtet sind oder typische Risiken des Sachzugriffs wie das so genannte Bürgersteig- und das Einbruchdiebstahlrisiko betreffen. Die Berechnung der Prämien orientiert sich nach Ziffer 5.1 VB nur am Umfang von Transport, Lagerung und Bearbeitung von Sachen , namentlich Papier- und Hartgeld.
28
Letztlich findet dieses Verständnis des Vertragsinhalts seinen Niederschlag in Ziffer 12 VB, wonach die Versicherer im Fall des Totalverlustes Ersatz leisten müssen, wenn die Güter verschollen sind oder durch Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand an- oder zurückgehalten werden. Auch daraus erschließt sich, dass nur körperliche Gegenstände während des Transports versichert sind, nicht hingegen ein in ihnen verkörperter Geldwert.
29
Nichts cc) anderes folgt draus, dass sich der "Gegenstand der Versicherung" auf sämtliche Transporte, Lagerungen, Bearbeitungen und sonstige vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommene Tätigkeiten erstreckt. Diese dem Vertrag vorangestellte Beschreibung des Inhalts der Versicherung setzt ebenfalls den körperlichen Gewahrsam des Transporteurs voraus. Die darin angesprochenen Tätigkeiten sind mithin solche, die einen stofflichen Zugriff auf versicherte Sachen erfordern, selbst wenn die H. -Gruppe im Rahmen der mit ihren Auftraggebern abgeschlossenen Transportverträge weitergehende Pflichten übernommen haben sollte.
30
b) Ein weitergehender, etwa auch auf Buch- oder Giralgeld bezogener Versicherungsschutz folgt nicht daraus, dass nach Ziffer 2.1.1.1 VB Versicherungsschutz für "jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin" versprochen wird.
31
aa) Eingeschlossen werden damit nur Verluste und/oder Schäden, die aus einer Veruntreuung nach § 246 Abs. 2 StGB (veruntreuende Unterschlagung ) oder einer "einfachen" Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB resultieren, die ihrerseits einen "körperlichen Zugriff" auf die versicherte Sache voraussetzen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. November 2007 - IV ZR 48/07, VersR 2008, 395 Rn. 9). Nicht erfasst sind hingegen Verluste und/oder Schäden aufgrund einer Untreue nach § 266 StGB, weil diese Vorschrift nicht - wie § 246 StGB - die Eigentumszuordnung, sondern das Vermögen schützt (vgl. dazu Perron in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 28. Aufl. § 266 Rn. 1).
32
ZweckdieserRegelung ist es, die in Ziffer 2.1.1.1 VB für die Fälle des Verlustes oder Schadens versprochene Allgefahrendeckung ("gleichviel aus welcher Ursache") um zwei besondere Verlust- oder Schadenursachen ("einschließlich Veruntreuung und Unterschlagung") zu ergänzen, die anderenfalls nach allgemeinen Regelungen (§ 61 VVG a.F./§ 81 VVG n.F.) zur Versagung des Versicherungsschutzes führten. Indes reicht diese Erweiterung nicht so weit, dass eine Unterschlagung oder Veruntreuung durch den Versicherungsnehmer auch dann einen eigenständigen Versicherungsfall darstellt, wenn sie nicht zu einem Sachverlust oder -schaden während des versicherten Transportwegs führt, weil sie nur auf den in einer Sache verkörperten wirtschaftlichen Wert, nicht aber die Sache selbst Zugriff nimmt (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119 f.; Vogel in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2010 § 242 Rn. 163, jeweils m.w.N.).
33
bb) Ungeachtet der Frage, ob die Versicherungsbedingungen von einem durch die H. -Gruppe beauftragten Makler konzipiert und eingebracht wurden und schon daher nicht am Maßstab der §§ 305 ff. BGB zu messen wären (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22. Juli 2009 - IV ZR 74/08, VersR 2009, 1477 Rn. 2-4), ist die so verstandene Regelung der Ziffer 2.1.1.1 VB nicht unklar i.S. von § 305c BGB.
34
Die Klausel bringt klar zum Ausdruck, dass ein Versicherungsfall immer entweder den Verlust oder die Beschädigung der transportierten Sache voraussetzt und es nur im Übrigen keine Rolle spielt, auf welcher Ursache ("gleichviel aus welcher Ursache") dies beruht. Soweit die Ursachen des Sachverlustes oder Sachschadens auf Straftaten des Versicherungsnehmers erweitert werden, die ohne die Klausel § 61 VVG a.F./§ 81 VVG n.F. unterfielen, gehören die verwendeten Begriffe der "Unterschla- gung" und "Veruntreuung" der Rechtssprache an und sind im Sinne der Senatsbeschlüsse vom 21. November 2007 (IV ZR 48/07, VersR 2008, 395 Rn. 9 und IV ZR 70/07, TranspR 2008, 129 Rn. 9) zu verstehen. Ein davon abweichendes allgemeines Sprachverständnis ist hier nicht festzustellen (vgl. dazu allgemein: Senatsurteil vom 5. Juli 1995 - IV ZR 133/94, VersR 1995, 951 unter 2 b; MünchKomm-BGB/Basedow, 5. Aufl. § 305c Rn. 25; Staudinger/Schlosser, BGB [2006] § 305c Rn. 128).
35
Die c) Valoren-Transport-Versicherung ist nicht zu einer Haftpflichtversicherung für den gesamten Transportbetrieb der Versicherungsnehmerin erweitert.
36
Allerdings nennt Ziffer 2.1.2 VB "die gesetzliche Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern" als vom Versicherungsschutz umfasst. Damit wird jedoch im Anschluss an die bereits erörterten voranstehenden Klauseln lediglich die Transportgefahr konkretisiert, nicht aber der Gegenstand der Versicherung auf die Deckung der Haftung für reine Vermögensschäden erweitert. Ob sich dies für Versicherungsnehmer und Versicherte schon daraus ergibt, dass die Elemente der Transportversicherung bei einer Gesamtbetrachtung der Bedingungen überwiegen, kann hier offen bleiben (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Juni 1983 - IVa ZR 220/81, VersR 1983, 949 unter II und vom 24. November 1971 - IV ZR 135/69, VersR 1972, 85, 86; Thume in Thume/de la Motte/Ehlers, Transportversicherungsrecht 2. Aufl. VVG Rn. 412; Koller in Prölss/Martin , VVG 28. Aufl. § 130 Rn. 1; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 129 Rn. 7). Denn jedenfalls soll die Einbeziehung der gesetzlichen Haftung des Werttransportunternehmens in Abgrenzung zu einer unter Umständen weitergehenden vertraglichen Haftung i.S. von Ziffer 2.1.3 VB, für welche Versicherungsschutz nur unter der zusätzlichen Voraus- setzung vorheriger ausdrücklicher Genehmigung durch den führenden Versicherer gewährt wird, lediglich klarstellen, für welche aus einem Verlust oder einer Beschädigung des Transportguts entstehenden Ansprüche des Eigentümers die Versicherer einstehen wollen.
37
Die d) Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, es habe - abweichend vom Wortlaut des Versicherungsvertrages - zwischen der H. -Gruppe und den Versicherern Einigkeit bestanden, dass die Gewährung von Versicherungsschutz nicht davon abhinge, auf welche Art und Weise Gelder verloren gingen, so dass auch Buchgeld einbezogen worden sei.
38
Bei der Auslegung eines Vertrages kann dessen Wortlaut zwar zurücktreten , wenn feststeht, dass die Vertragschließenden mit einer bestimmten Ausdrucks- oder Darstellungsweise eine übereinstimmende Vorstellung bestimmten Inhalts verbunden haben, die vom Wortlaut nicht ohne weiteres oder nicht gedeckt ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1956 - II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110). Andererseits dürfen einem Erklärungstatbestand nicht nachträglich Inhalte beigelegt werden, von denen die Parteien bei Vertragsschluss nicht ausgegangen sind (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1975 - VI ZR 228/73, VersR 1975, 701 unter II 1).
39
Ein vom Vertragswortlaut abweichender Wille der Vertragsparteien ist hier nicht dargelegt. Dass die Klägerin, die am Abschluss des Versicherungsvertrages nicht beteiligt war, den Inhalt - nunmehr - anders verstehen will, reicht dafür nicht aus. Ohne Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG durfte das Berufungsgericht deshalb davon ausgehen, die H. - Gruppe als Versicherungsnehmerin und die Versicherer hätten den Ver- trag nicht abweichend von seinem Wortlaut dahin verstanden, dass auch "Buchgeld" versichert sei.
40
2. Ein innerhalb des nach den Ziffern 3.1 und 3.2 VB versicherten Zeitraums eingetretener Versicherungsfall ist nicht dargetan.
41
a) Als Versicherte muss die Klägerin darlegen und beweisen, dass der geltend gemachte Schaden in den vertraglich abgesteckten Schutzbereich der Versicherung fällt; erst dann hätte die Beklagte nachzuweisen , dass der Verlust nicht auf einer Transportgefahr beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 21. November 2007 - IV ZR 48/07, VersR 2008, 395 Rn. 14; BGH, Urteile vom 14. Januar 1985 - II ZR 72/84, VersR 1985, 541 unter 2 und vom 21. Februar 1957 - II ZR 175/55, BGHZ 23, 355, 358; BK/Dallmayr, VVG § 129 Rn. 14; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 129 Rn. 13; Thume in Thume/de la Motte/Ehlers, Transportversicherungsrecht 2. Aufl. VVG Rn. 415, 418; Enge, Transportversicherung 3. Aufl. S. 56).
42
Eine aa) abweichende Verteilung der Darlegungslast rechtfertigt sich weder daraus, dass die Klägerin behauptet, durch eine vorsätzliche Straftat der Versicherungsnehmerin zu Schaden gekommen zu sein, noch aus einer Auslegung des Versicherungsvertrages. Die hiervon abweichende Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 18. Dezember 2009 - I-20 U 137/08, juris Rn. 170 ff.) trifft nicht zu.
43
bb) Das Oberlandesgericht Hamm hat angenommen, ein effektiver Versicherungsschutz vor Unterschlagungen durch die Versicherungsnehmerin könne nur dann gewährleistet werden, wenn den Versicherer zumindest die Darlegungslast dafür treffe, dass das Transportgut seinen Bestimmungsort unversehrt erreicht habe. Müsse demgegenüber der Versicherte Manipulationen des Versicherungsnehmers darlegen, liefe der ihm versprochene Schutz vor Unterschlagungen leer, da ihm die für einen solchen Nachweis erforderlichen Unterlagen fehlten.
44
Dem liegt die Annahme zugrunde, dass bei den hier in Rede stehenden Verträgen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer eine engere Interessenverbindung besteht als zwischen versichertem Auftraggeber und Versicherungsnehmer, und Letzterer daher dem Lager des Versicherers zuzurechnen ist.
45
cc) Diese Ansicht lässt außer Betracht, dass der Auftraggeber infolge des mit dem Versicherungsnehmer vereinbarten Transportvertrages besseren Einblick in die für den Geldtransport verabredeten Abläufe hat als der Versicherer, der regelmäßig keine - eigene - Kenntnis von den konkreten Transportvorgängen erlangt. Den jeweiligen Auftraggebern ist - im Gegensatz zum Versicherer - zum einen bekannt, welche Gelder dem Versicherungsnehmer zum Transport anvertraut werden und was im Einzelnen nach Maßgabe des Transportvertrages mit dem jeweiligen Transportgut geschehen soll; aus diesem Transportvertrag oder auch aus den §§ 675, 666 BGB hat der Auftraggeber zum anderen Anspruch darauf, dass der Versicherungsnehmer ihm Auskunft über die weitere Behandlung und insbesondere den Verbleib und die Verbuchung der transportierten Gelder gibt. Daneben hat es der Auftraggeber über die Gestaltung des Transportvertrages selbst in der Hand, seine Interessen am Erhalt des Transportguts durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen und die Überwachung ihrer Einhaltung zu schützen. Daher erscheint es nicht geboten, dem Versicherer in Abweichung von dem Grundsatz, dass derjenige, der Versicherungsleistungen beansprucht, den Versicherungsfall darlegen und beweisen muss, die Darlegungslast dafür aufzuerlegen, dass das Transportgut seinen Bestimmungsort unversehrt erreicht hat.
46
b) Einen von Ziffer 2.1.1.1 VB vorausgesetzten Verlust von Bargeld innerhalb des versicherten Zeitraums (Ziff. 3.1 und 3.2 VB) hat die Klägerin nicht nachgewiesen.
47
aa) Nach der Behauptung der Beklagten ist das von der Versicherungsnehmerin zum Transport übernommene Geld vollständig auf ein bei der Deutschen Bundesbank geführtes Konto der H. -Gruppe eingezahlt worden.
48
Die Klägerin hat insoweit nicht abweichend vorgetragen. Sie hat lediglich dargelegt, dass das betreffende Bargeld in der Zeit vom 14. bis zum 17. Februar 2006 an die H. T. GmbH übergeben wurde , und im Weiteren nur erklärt, es sei "völlig unklar und … auch nicht bekannt, was mit den bei ihr … abgeholten Geldern tatsächlich geschehen" sei. Im Übrigen hat sie sich darauf beschränkt, den Vortrag der Beklagten zum weiteren Ablauf der Geldentsorgung - zum Teil mit Nichtwissen - zu bestreiten. Da die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht genügt hat, ist der Vortrag der Beklagten zum Ablauf der Geldentsorgung zugrunde zu legen.
49
bb) Aufgrund der Einzahlung des zu entsorgenden Bargeldes auf ein Konto der H. -Gruppe bei der Deutschen Bundesbank lässt sich ein bedingungsgemäßer Verlust des Transportguts i.S. von Ziffer 2.1.1.1 VB jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall nicht feststellen.
50
(1) Nach Ziffer 3.2 VB endet die Versicherung, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden. Hier ist der Transportvertrag erfüllt worden, weil das Transportgut körperlich zu einer Filiale der Deutschen Bundesbank verbracht und dort einem für die Entgegennahme des Geldes zuständigen Mitarbeiter übergeben wurde.
51
Der von der Klägerin behauptete "Verlust" ist erst dadurch eingetreten , dass die nachfolgend anstehende Überweisung auf ihr Konto pflichtwidrig unterblieben ist. Darin liegt aber kein stofflicher Zugriff auf versicherte - körperliche - Sachen, sondern lediglich ein treuwidriger Umgang mit nach Ende des Versicherungsschutzes nicht mehr versichertem Buchgeld (vgl. dazu Thume in Thume/de la Motte/Ehlers, Transportversicherungsrecht 2. Aufl. VVG Rn. 414; Thume, TranspR 2010, 362,

366).


52
(2) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die H. T. GmbH nicht verpflichtet war, das Geld unmittelbar und in bar auf ein Konto einer der Vertriebsgesellschaften der Klägerin einzuzahlen. Ein Verbot der Einzahlung auf ein H. -Konto sei dem Transportvertrag und dem Leistungsverzeichnis weder nach deren Wortlaut noch sonst durch Auslegung zu entnehmen.
53
Soweit Ziffer 3 des Leistungsverzeichnisses die "Einzahlung" der ausgezählten Bargelder bei der Deutschen Bundesbank zugunsten des von der Klägerin bei der D. Bank geführten Kontos vorsehe, könne dies zwar als Indiz für die Vereinbarung des Nicht-Konto-Verfahrens verstanden werden, eindeutig sei das aber nicht. Der Klägerin sei es ersichtlich auf eine Gutschrift am ersten auf die Abholung folgenden Bank- arbeitstag angekommen; das sei aber auch ohne eine Direkteinzahlung (Nicht-Konto-Verfahren) zu erreichen gewesen. Die H. T. GmbH sei infolgedessen nur hinsichtlich des Leistungserfolges, nicht aber hinsichtlich des Weges der Verbuchung gebunden gewesen.
54
(3) Damit hat das Berufungsgericht die genannten Vereinbarungen in aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Weise ausgelegt. Seine tatrichterliche Auslegung unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205 unter II 2 a; Urteil vom 7. Dezember 2004 - XI ZR 366/03, NJW-RR 2005, 581 unter II 2 a bb (2)). Das ist hier nicht der Fall.
55
(a) Sowohl den Vertragswortlaut als auch den daraus zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen hat das Berufungsgericht hinreichend berücksichtigt (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 214/08, NJW-RR 2010, 773 Rn. 14; Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205 unter II 2 a aa).
56
Anders als die Revision meint, ist weder im Transportvertrag noch im Leistungsverzeichnis konkret vorgeschrieben, auf welche Art und Weise die Einzahlung erfolgen muss. Festgelegt sind lediglich das ZielKonto , der Zeitpunkt der dortigen Wertstellung sowie die Folgen einer Verspätung; dagegen findet sich keine Regelung, die die Zwischenschaltung eines Kontos der H. -Gruppe oder eines anderen - etwa treuhänderischen - Kontos untersagt.
57
§ 1 Nr. 1 des Transportvertrages bestimmt nur, dass der Transport andauere, "bis die zu transportierenden Werte in die Obhut des Empfängers übergeben worden sind", und knüpft damit an die körperliche Übergabe an, ohne diese mit weiteren Verhaltensanforderungen zu verbinden. In diesem Sinne ist in § 2 Nr. 3 vereinbart, dass die Haftung "nach der ordnungsgemäßen Übergabe der Gegenstände an den betreffenden Auftraggeber, die Kunden oder die zum Empfang der Gegenstände Berechtigten" ende, ohne dass eine Konkretisierung der Art und Weise der Übergabe erfolgt wäre.
58
Für einen anderweitigen Willen der Parteien des Transportvertrages bei dessen Abschluss ist nichts ersichtlich. Die Klägerin hat schon nicht substantiiert vorgetragen, ob und inwieweit gerade die Art und Weise der Einzahlungsabwicklung Gegenstand der Vertragsgespräche ihrer Muttergesellschaft mit der H. T. GmbH waren, sondern legt lediglich dar, wie sie den Transportvertrag im Nachhinein versteht. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob und inwiefern für die Klägerin erkennbar war, dass Einzahlungen durch die H. T. GmbH nicht im Wege des Nicht-Konto-Verfahrens erfolgten.
59
(b) Den Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung hat das Berufungsgericht nicht verletzt. Hiernach ist eine Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen. Dabei ist maßgeblich der Einfluss zu berücksichtigen, den das Interesse der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Äußerungen bei deren Abgabe hatte (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 214/08, NJW-RR 2010, 773 Rn. 14 m.w.N.).
60
(aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei der Klägerin insbesondere auf den Zeitpunkt der Wertstellung sowie die Folgen einer Verspätung angekommen, überzeugt schon deshalb, weil allein dieses Interesse - neben detaillierten Regelungen zu Abholung und Bearbeitung des Bargeldes - einen gesonderten, objektiv feststellbaren Niederschlag im Vertragswerk der Muttergesellschaft der Klägerin mit der H. T. GmbH gefunden hat. Ein Interesse der Klägerin, gerade auch mittels der Einzahlungsmodalitäten vor dem Insolvenzrisiko der H. - Gruppe geschützt zu werden, findet im Vertragswortlaut demgegenüber keinen entsprechenden Anhalt.
61
Sind die Interessen der Klägerin trotz der gerade beim Transport von Bargeld bestehenden Gefährdungslage (vgl. nur Thume, TranspR 2010, 362, 365) in dem von ihrer Muttergesellschaft mit der H. T. GmbH geschlossenen Vertrag indes nicht hinreichend geschützt , muss sie die sich daraus ergebenden Konsequenzen - insbesondere im Verhältnis zur nicht beteiligten Beklagten - hinnehmen. Das gilt umso mehr, als sie nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, einen eigenen Versicherungsvertrag abzuschließen (vgl. dazu Thume, TranspR 2010, 362, 365), und stattdessen die H. T. GmbH nach § 5 Abs. 1 des Transportvertrages verpflichtete, ihrerseits Versicherungsschutz zu unterhalten, der eine Haftung für die beauftragten Tätigkeiten abdecken sollte. Dafür war die von der H. -Gruppe genommene Valoren-Transport-Versicherung jedoch zu Teilen ungeeignet. Sie erstreckte sich gerade nicht auf die vertragliche Haftung der H. T. GmbH, da es an der hierfür nach Ziffer 2.1.3 VB erforderlichen Genehmigung der Beklagten fehlte.
62
(bb) Die Auslegung des Transportvertrages und des Leistungsverzeichnisses durch das Berufungsgericht wird nicht zuletzt dadurch gestützt , dass bei der Verbuchung eingelieferten Bargeldes die Zwischenschaltung eines Kontos der H. -Gruppe ein nach den damaligen Regularien der Deutschen Bundesbank zulässiger Weg der Geldentsorgung war. Bei diesem als "kontogebunden" bezeichneten Verfahren fielen zudem - für die jeweiligen Auftraggeber von Geldtransporten günstig - geringere Bearbeitungsgebühren als bei einer Abwicklung im Nicht-KontoVerfahren an, da es weniger gebührenpflichtige Vorgänge beanspruchte. Daher stellt sich diese Praxis nicht als nur nachteilig für die Klägerin dar, weshalb es auch keiner ausdrücklichen Gestattung dafür bedurfte (a.A. Thume, TranspR 2010, 362, 366).
63
(4) Entgegen der Annahme der Revision kommt es für die Frage, inwieweit die Versicherungsnehmerin bei Ablieferung des Bargeldes stofflich darauf Zugriff genommen hat, auch nicht darauf an, ob eine Einwilligung der Klägerin in das kontogebundene Verfahren in dem Moment entfallen sein kann, in dem die Einzahlungen auf ein Konto der H. -Gruppe nicht mehr im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgten und nur eigenen Zwecken der H. -Unternehmen dienten. Diese allein im Verhältnis der Klägerin zur H. T. GmbH gründenden Überlegungen sind nicht geeignet, einen Anlass für eine nachträgliche Erweiterung des vertraglich abgesteckten Schutzbereichs der Transportversicherung zu geben. Sie betreffen vielmehr die Frage, ob die H. T. GmbH eine über den Transportauftrag hinausreichende Vermögensbetreuungspflicht übernommen hat. Vor deren Verletzung böte indes allenfalls eine Haftpflichtversicherung Schutz. Der stoffliche Zugriff auf das Transportgut setzt - ähnlich wie die für eine Unterschlagung i.S. von § 246 StGB vorausgesetzte Zueignung - einen nach außen in Erscheinung tretenden Akt des Zugreifenden voraus, in dem sich der Zugriff manifestiert. Daran fehlt es.
64
c) Dass die H. T. GmbH die für die Klägerin zu entsorgenden Bargelder vor Einzahlung bei der Deutschen Bundesbank möglicherweise mit denen anderer Auftraggeber vermischt hat, vermag einen Versicherungsfall i.S. von Ziffer 2.1.1.1 VB nicht zu begründen, denn allein dadurch kann ein Verlust der versicherten Sache nicht eingetreten sein. Am erforderlichen stofflichen Zugriff fehlt es schon deswegen, weil trotz des Verlustes des Alleineigentums infolge der Vermischung (§§ 948, 947 BGB) das zu transportierende Bargeld weiterhin vorhanden blieb und der tatsächliche Zugriff der Klägerin darauf nicht ausgeschlossen war.
65
3. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Versicherungsleistungen aus Ziffer 2.1.1.1 VB i.V.m. Ziffer 12 VB zu. Das der H. T. GmbH überlassene Bargeld ist nicht verschollen i.S. von Ziffer 12 Abs. 2 VB. Sein Verbleib ist nicht ungewiss. Denn mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, dass das zu entsorgende Geld vollständig bei der Deutschen Bundesbank zugunsten eines Kontos der H. -Gruppe eingezahlt wurde.
66
4. Die Folge, dass ein bedingungsgemäßer Versicherungsfall hier nicht eingetreten ist, bedarf - entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Armbrüster, r+s 2011, 89, 95 f.) - auch keiner Korrektur im Wege einer ergänzenden Auslegung des Versicherungsvertrages.
67
Selbst wenn den Auftraggebern der H. -Gruppe bei Vertragsschluss das Risiko einer weisungswidrigen Nichtweiterleitung des Geldes nicht bewusst gewesen wäre und sie als Versicherte der Valorenversicherung die Erwartung gehegt haben mögen, sämtliche Risiken seien abgedeckt, die daraus resultieren, dass das Transportgut einem Dritten anvertraut werden musste, schafft dies keine Grundlage für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes mittels ergänzender Auslegung der Vertragsbestimmungen. Damit würde der allein gewährte Sachversicherungsschutz nachträglich zu einer Haftpflichtversicherung erweitert. Dies überschritte die Grenze einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung , denn sie darf nicht zu einer Änderung oder Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen, die in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages tatsächlich Vereinbarten stünde (vgl. nur BGH, Urteile vom 17. April 2002 - VIII ZR 297/01, NJW 2002, 2310 unter II 2 und vom 25. Juni 1980 - VIII ZR 260/79, BGHZ 77, 301, 304).
68
II. Ein eigener Anspruch aufgrund der von der Beklagten abgegebenen Versicherungsbestätigung steht der Klägerin ebenfalls nicht zu. Die darin gegebene Beschreibung von Gegenstand, Umfang und Dauer der Versicherung stimmt mit dem Versicherungsvertrag überein. Auch danach konnte die Klägerin Versicherungsschutz nur für den Fall erwarten , dass es zu einem stofflichen Zugriff auf eine versicherte Sache auf der Transportstrecke kam. Gerade daran fehlt es hier.
69
III. Da nach alldem schon kein Versicherungsfall eingetreten ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte den Versicherungsvertrag nach § 123 Abs. 1 BGB wirksam anfechten konnte.
Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.09.2008 - 8 O 67/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.05.2009 - 8 U 192/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 493/07
vom
1. April 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 7. auf dessen Antrag - am
1. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Dem Angeklagten W. wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. Mai 2007 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
Damit ist der Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 4. Oktober 2007, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.
2. Die Revision des Angeklagten W. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Die Revision des Angeklagten We. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.2. der Urteilsgründe nicht der Beihilfe zur Untreue, sondern der Untreue schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.4. der Urteilsgründe nicht der Untreue in 118 Fällen , sondern der Untreue in 107 Fällen (Fälle 194-270 der Anklageschrift), der Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Unterschlagung (Fall 279 der Anklageschrift) und der Unterschlagung in zehn Fällen (Fälle 271-278, 280-281 der Anklageschrift) schuldig ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen zu Fall A.III.2. der Urteilsgründe und zu den Fällen 271-281 der Anklageschrift innerhalb des Falls A.III.4. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
5. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.1. der Urteilsgründe nicht der Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen und der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen, sondern der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen, und im Fall A.III.2. der Urteilsgründe nicht der Untreue, sondern der Beihilfe zur Untreue schuldig ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen zu den Fällen A.III.1. und A.III.2. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
7. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten D. und K. werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht, wegen Untreue und vorsätzlichen Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, den Angeklagten We. wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in 102 Fällen und Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren, den Angeklagten D. wegen Untreue in 186 Fällen und Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten K. wegen Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in zwei Fällen und Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Revisionen aller Angeklagten mit materiell-rechtlichen Bean- standungen; die Angeklagten We. , D. und K. rügen außerdem die Verletzung formellen Rechts.

I.


2
Die Verfahrensrügen der Angeklagten We. , D. und K. bleiben ohne Erfolg. Der Senat nimmt insoweit auf die jeweiligen Antragsschriften des Generalbundesanwalts Bezug. Zu der Rüge des Angeklagten We. , das Landgericht habe unzulässig Erkenntnisse verwertet, die aus Telefonüberwachungsmaßnahmen gegen die anderweitig Verfolgte M. gewonnen worden sind, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass das Urteil auf einem etwaigen Verstoß gegen ein Verwertungsverbot nicht beruhen könnte; denn das Landgericht hat die fraglichen Vorgänge schon aufgrund anderer Beweisergebnisse für erwiesen gehalten (s. UA S. 96).

II.


3
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der von den Angeklagten W. und We. erhobenen Sachrüge hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil dieser Angeklagten erbracht; sie führt lediglich zu einer geringfügigen Änderung des Schuldspruchs gegen den Angeklagten We. . Die Schuldsprüche wegen mehrfacher Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue bedürfen indessen näherer Erörterung.
4
1. Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
5
Der Angeklagte W. war zunächst Mit- und seit 1996 Alleingesellschafter aller Gesellschaften, die unter der Sammelbezeichnung H. - Unternehmensgruppe auftraten. Bis 1992 war er auch deren alleiniger Ge- schäftsführer. Bei der N. Geldbearbeitungs GmbH (im Folgenden: N. ) übernahm der Angeklagte We. zum 1. Dezember 1992 die Stellung des Alleingeschäftsführers. Der Angeklagte W. traf aber auch für diese Gesellschaft weiterhin die maßgeblichen geschäftlichen Grundentscheidungen. Die Betriebe der H. -Gruppe führten in erheblichem Umfang Geldtransporte für Banken und Handelsunternehmen durch. Für letztere übernahm die H. - Gruppe auch die "Geldbearbeitung", d. h. die Zählung und Aufarbeitung von Hart- und Notengeld sowie dessen Auskehrung durch Überweisung von Eigenkonten bei der Bundesbank, auf die das Bargeld nach Aufarbeitung und Zählung eingezahlt worden war; die Konten waren sämtlich für die N. eingerichtet , wenn auch der Kontoinhaber des bei der Bundesbankfiliale Mö. geführten Kontos die H. Transport GmbH Ha. war. Für die Banken erbrachte die H. -Gruppe neben den Geldtransporten sonstige Dienstleistungen bis hin zur Befüllung von Geldautomaten. Die Geldbearbeitung und die Automatenbefüllung führte die N. aus.
6
Da die Einkünfte der Gesellschaften "nicht auskömmlich waren", entwickelte der Angeklagte W. spätestens ab Mitte der 1990er Jahre als ständigen Finanzierungsmechanismus ein Schneeballsystem. Er veranlasste, dass Geld der Kunden zur Begleichung von Löhnen und Gehältern, Steuern und Sozialversicherungsabgaben sowie sonstiger Verbindlichkeiten seiner Unternehmen genutzt wurde. Die entnommenen Beträge wurden einen Tag oder auch erst mehrere Tage später durch das zwischenzeitlich abgeholte Geld anderer Kunden ersetzt, so dass die Auskehrung der Gelder der Vortage sich zwar verzögerte , die Fehlbeträge aber nicht auffielen. Der Angeklagte We. war darüber informiert und wirkte bei der Durchführung dieser Entnahmen mit. Im Anklagezeitraum wurden an 156 Tagen von den für die N. bei der Bun- desbank eingerichteten Konten insgesamt über 179 Mio. € an Gesellschaften der Unternehmensgruppe überwiesen.
7
Nachdem den Angeklagten wegen der Kündigung eines Großkunden Ende 2005 klar geworden war, dass sie das Schneeballsystem nicht länger aufrecht erhalten konnten, fassten die Angeklagten W. und K. Mitte Februar 2006 den Entschluss, in einer groß angelegten Umverteilungsaktion erhebliche Beträge, die von Banken zur Befüllung von Geldautomaten zur Verfügung gestellt worden waren, nicht zu diesem Zweck, sondern dazu zu verwenden, zumindest einen Teil der Verbindlichkeiten gegenüber kleineren Handelsunternehmen zu begleichen, um deren ansonsten zu befürchtende Insolvenz zu vermeiden. Sie informierten auch die Angeklagten D. und We. über diesen Plan. Der Angeklagte We. widersprach dem nicht, beteiligte sich aber auch nicht an der Umsetzung.
8
2. a) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen im Ergebnis die Verurteilungen der Angeklagten W. und We. wegen Untreue hinsichtlich der geschilderten Überweisungen im Rahmen des Schneeballsystems.
9
aa) Rechtlich zutreffend ist die - wenn auch nicht ausdrücklich dargelegte , so doch dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen zu entnehmende - Annahme des Landgerichts, dass die von den Angeklagten W. und We. veranlassten Überweisungen der Kundengelder auf Geschäftskonten der Gesellschaften der H. -Unternehmensgruppe jeweils eine vertraglich begründete Pflicht zur Betreuung fremder Vermögensinteressen im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verletzten und es dadurch in jedem Einzelfall zumindest zu einem Vermögensgefährdungsschaden der Kunden gekommen ist, weil die Fehlbeträge im Fall der Aufdeckung des Schneeballsystems und der infolge- dessen zu erwartenden Kündigungen zahlreicher Kunden nicht mehr hätten ausgeglichen werden können.
10
Voraussetzung des Treubruchstatbestandes gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist die tatsächliche Einwirkungsmacht auf fremdes Vermögen, der ein besonders schützenswertes Vertrauen in die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zugrunde liegt. Wegen der Weite des Tatbestandes sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken , in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Diese muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit (Fischer, StGB, 55. Aufl. § 266 Rdn. 28 m. w. N.). Nach ständiger Rechtsprechung ist erforderlich, dass sich die Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Beteiligten sie als solche bezeichnen. Es muss hinzukommen, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird (BGH NJW 1991, 2574 m. w. N.). Das Merkmal der Selbständigkeit bzw. des Handlungsspielraums dient dazu, die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB von bloßen Diensten der Handreichung abzugrenzen, wie sie etwa von Lieferanten und Boten erbracht werden. Hierbei ist aber nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten , ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 85; Fischer aaO Rdn. 29).
11
Nach diesen Grundsätzen begründeten die vertraglich geschuldeten Dienstleistungen der Geldbearbeitung sowie die Bankdienstleistungen in ihrer konkreten Ausgestaltung eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB. Dadurch, dass die abgeholten Kundengelder in denNiederlassungen der N. nach ihrer Zählung und Erfassung des ausgezählten Betrages in der EDV mit dem Geld anderer Kunden vermischt, nach Noten gebündelt und sodann auf die eingerichteten Bundesbankkonten eingezahlt wurden, verloren die Kunden das Eigentum an dem abgeholten Geld und erwarben gegenüber ihrem Vertragspartner lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auskehrung eines entsprechenden Betrages. Soweit mit einigen Kunden abweichende Vereinbarungen bestanden, duldeten diese nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen die von der N. praktizierte Vorgehensweise. Da Inhaber der Konten die N. bzw. die H. Transport GmbH Ha. , Niederlassung V. waren, hatten nur diese Gesellschaften einen direkten Auszahlungsanspruch gegenüber der Bundesbank. Die N. , die für die Konten verantwortlich war, verwaltete damit zumindest für einen kurzen Zeitraum, der zwischen der Vermischung des Geldes und der Auskehrung der geschuldeten Beträge lag, das Vermögen der Kunden treuhänderisch. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Geldbeträge, die ihr zur Befüllung von Geldautomaten zur Verfügung gestellt wurden: Diese wurden von den Banken entweder direkt auf die von der N. verwalteten Bundesbankkonten oder auf Treuhandkonten überwiesen, für die einzelne Mitarbeiter der N. eingeschränkt zeichnungsberechtigt waren. Von diesen Konten wurde das Bargeld abgehoben, um die Geldkassetten in den Niederlassungen der N. befüllen zu können. Durch diese Praxis hatte die N. Verfügungsmacht über die abgeholten Bargeldbeträge, so dass wiederum ein Treuhandverhältnis entstand.
12
Zwar ist den - zu den einzelnen Regelungen der Kundenverträge nur kursorischen - Feststellungen zu entnehmen, dass die Kunden ihrem Vertragspartner über die Einzahlung auf das Bundesbankkonto hinaus nur einen sehr geringen Handlungsspielraum ließen, wie mit dem eingesammelten Geld zu verfahren war, was bei Verträgen über Geldtransporte und die anschließende Geldbearbeitung auch in der Natur der Sache liegt; dies steht der Annahme einer qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht jedoch nicht entgegen. Das Einkassieren, Verwalten und Abliefern von Geld für den Auftraggeber wird in der Rechtsprechung regelmäßig als herausgehobene Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen angesehen und die Veruntreuung so eingenommener Gelder als Untreue im Sinne des § 266 StGB bewertet (BGHSt 2, 324; 13, 315; 18, 312; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Treubruch 1; Missbrauch 2). So verfügen etwa Rechtsanwälte, die für ihren Mandanten Fremdgeld entgegennehmen, nur über einen geringen Handlungsspielraum zum Umgang mit dem empfangenen Geld; gleichwohl wird bei ihnen eine herausgehobene Treuepflicht bejaht (BGH NJW 1957, 596, 597; 1960, 1629; 2006, 3219, 3221). Denn der Grad der Selbständigkeit des Verpflichteten stellt neben anderen Kriterien wie Dauer und Umfang der Tätigkeit nur ein Indiz dafür dar, dass es sich - in Abgrenzung zu bloßen Boten- und Handlangerdiensten - um Vorgänge handelt, denen die Bedeutung der qualifizierten Wahrnehmung von Vermögensinteressen zukommt (BGHSt 13, 315, 317). Schon Dauer und Umfang der Betreuung der Vermögen der Kunden - allein die unberechtigten Entnahmen im Tatzeitraum beliefen sich auf fast 180 Mio. € - sprechen hier für eine über die bloße Verrichtung von Handreichungen hinausgehende Tätigkeit. Darüber hinaus wurde ein besonderes Vertrauen in die H. -Unternehmen durch das Vorhandensein von Eigenkonten bei der Bundesbank begründet, die üblicherweise überprüften und zertifizierten Finanzdienstleistern vorbehalten sind. Dieses gesteigerte Vertrauen erlaubte den von den Kunden nicht kontrollierten und in der Zeit zwischen Ab- holung des Geldes und Auskehrung der ihnen zustehenden Beträge auch nicht kontrollierbaren Zugriff auf deren Vermögen durch die abredewidrige Überweisung des Geldes auf eigene Geschäftskonten der Gesellschaften.
13
bb) Das angefochtene Urteil leidet allerdings unter dem Mangel, dass es die vertraglichen Beziehungen zwischen den Kunden und den Unternehmen der H. -Gruppe nicht näher darstellt, so dass ihm nicht einmal zu entnehmen ist, ob die Verträge über die Geldbearbeitung unmittelbar mit der N. geschlossen wurden oder ob Vertragspartner ein anderes Unternehmen der H. -Gruppe war, das die Erledigung der Geldbearbeitung auf die N. übertrug. Dies gefährdet die Verurteilung der Angeklagten W. und We. wegen Untreue jedoch nicht; denn nach beiden denkbaren Sachvarianten war die Vermögensbetreuungspflicht auch für diese beiden Angeklagten begründet.
14
War Vertragspartner der Kunden ein anderes Unternehmen der H. - Gruppe, war der Angeklagte W. schon als dessen Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB treuepflichtig. Durch die Übertragung der Geldbearbeitungsdienstleistungen auf die N. traf die qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht auch diese Gesellschaft (vgl. BGHSt 2, 324; BGH NJW 1983, 1807; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31), die als juristische Person mit einer eigenen Betriebsorganisation auch die im Verhältnis zu dem beauftragenden anderen Unternehmen erforderliche Selbständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben besaß (vgl. BGHSt 13, 330, 331 f.). Für den Angeklagten We. folgt die Treuepflicht als Geschäftsführer der N. ebenfalls aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
15
Wurden die die qualifizierte Treuepflicht begründenden Geldbearbeitungsdienstleistungen hingegen durch die Kunden unmittelbar bei der N.
in Auftrag gegeben, traf die Treuepflicht den Angeklagten We. als deren Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB und den Angeklagten W. als deren faktischen Geschäftsführer (vgl. BGHSt 13, 330, 331). Dazu ist den Feststellungen hinreichend zu entnehmen, dass der Angeklagte W. nicht nur die geschäftlichen Grundentscheidungen für die N. traf, sondern auch im operativen Geschäft gegenüber dem Angeklagten We. Weisungen durchsetzen konnte und damit ihm gegenüber eine dominierende Stellung einnahm.
16
b) Bezüglich der "Umverteilung des Geldes" der Großbanken (Fall A.III.2. der Urteilsgründe) ist die Verurteilung des Angeklagten W. wegen Untreue aus den unter a) dargelegten Gründen im Ergebnis ebenfalls rechtsfehlerfrei; bei dem Angeklagten We. war der Schuldspruch dagegen von Beihilfe zur Untreue auf Untreue umzustellen. Die Angeklagten W. und We. verletzten die ihnen gegenüber den Kunden obliegende Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB auch dadurch, dass sie die zur Befüllung von Geldautomaten abgeholten Bargeldbeträge Kleinkunden zukommen ließen. Soweit die Kammer den Angeklagten We. wegen seiner fehlenden Mitwirkung an der Umsetzung dieses Tatentschlusses nur wegen psychischer Beihilfe zur Untreue verurteilt hat, ist dies allerdings rechtsfehlerhaft. Psychische Beihilfe leistet, wer durch aktives Tun oder garantenpflichtwidriges Unterlassen den Täter in seinem Tatentschluss bestärkt oder bei der Tatausführung unterstützt. In jedem Fall muss eine objektiv fördernde Funktion festgestellt werden (Fischer aaO § 27 Rdn. 13). Daran fehlt es hier.
17
Dies führt indes nicht zu einer Aufhebung seiner Verurteilung, vielmehr war der Schuldspruch auf Untreue zu ändern. Aus der Treuepflicht des Angeklagten We. gegenüber den Banken resultierte auch seine Pflicht, die drohende Schädigung, von der er Kenntnis erhielt, von diesen Kunden abzuwenden. Er hatte diese zumindest zu melden (BGHSt 5, 187, 190) und beging die Verletzung der Treuepflicht damit durch sein pflichtwidriges Unterlassen (vgl. BGHSt 36, 227). Die zugemessene Einzelstrafe wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt (vgl. § 13 Abs. 1 StGB einerseits, § 27 Abs. 2 StGB andererseits).
18
3. Die Verurteilung des Angeklagten We. wegen Untreue in 102 Fällen aufgrund der vom Angeklagten D. geforderten und von diesem durchgeführten Entnahme von Kundengeldern in den Jahren 2001 bis 2006, die der Angeklagte We. für sich selbst verbrauchte, begegnet aufgrund der getroffenen Feststellungen keinen Bedenken. Durch diese Entnahmen verletzte er seine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Kunden; zudem wurde die N. gegenüber den Kunden gemäß §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. §§ 266 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB schadensersatzpflichtig, so dass der Angeklagte We. auch gegenüber seiner Arbeitgeberin die ihm aus dem Anstellungsvertrag obliegende Treuepflicht verletzte.

III.


19
Die Revision des Angeklagten D. hat auf die Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
20
Der Angeklagte D. war seit dem Jahr 1995 Leiter der Niederlassung der N. in V. . Er war bereits nach kurzer Zeit bereit, an dem Schneeballsystem mitzuwirken, stellte ab dem Jahr 1996 auf Anforderung der Angeklagten W. und We. Kundenbargelder bereit und führte zur Verschleierung bzw. zum möglichst schnellen und unauffälligen Ausgleich der Geldentnahmen eine sog. Prioritätenliste, nach der entschieden wurde, in wel- chem Umfang und mit welcher zeitlichen Verzögerung bei welchem Kunden die Überweisung der abgeholten Gelder "gestreckt" werden konnte. Ab Juli 1996 erhielt er Gesamtprokura für die N. und war außerdem für das für sie bei der Bundesbankfiliale in Mö. eingerichtete Konto einzelzeichnungsberechtigt.
21
1. Er beteiligte sich an den unter I.1. dargestellten Überweisungen, indem er in 68 Fällen die Überweisungsträger selbst unterschrieb und in weiteren 43 Fällen seinen Mitarbeitern durch beanstandungsfreie Übernahme der Überweisungsbeträge in die Buchhaltung und in seine Prioritätenliste den Eindruck vermittelte, sie könnten die angeforderten Überweisungen auf Konten der Gesellschaften der Unternehmensgruppe vornehmen. Nach dem 7. Juni 2005 zog er sich aus dem Tagesgeschäft zurück und kündigte seinen Arbeitsvertrag, worauf eine neue Niederlassungsleiterin eingesetzt wurde. Seine Bestellung zum Prokuristen blieb indes im Handelsregister eingetragen; auch behielt er die Zeichnungsberechtigung für das Bundesbankkonto.
22
Die Verurteilung wegen Untreue in 68 Fällen sowie Beihilfe zur Untreue in 43 rechtlich zusammentreffenden Fällen hat im Ergebnis Bestand. Insoweit trägt zwar die Begründung, der Angeklagte D. habe als Prokurist eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt, die Verurteilung nicht, weil sich aus der Stellung als Prokurist allein die Übertragung einer Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber den Kunden nicht ergibt. Ist die Treuepflicht einem Unternehmen übertragen worden, so kann ein Angestellter neben dem Unternehmensinhaber oder - bei juristischen Personen - deren gesetzlichen Vertreter jedoch dann Träger der qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht sein, wenn ihm die diese Pflicht begründenden Tätigkeiten übertragen werden und er aufgrund der ihm eingeräumten Befugnisse bei der Erfüllung dieser Aufgaben hin- reichend selbständig agieren kann (BGH NJW 1983, 1807; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31). Dazu muss ihm auch die Möglichkeit eingeräumt sein, über das der Firma anvertraute Treugut selbständig zu verfügen (BGHSt 13, 330, 332). Dass der Angeklagte D. diese Voraussetzungen erfüllte, ist den Feststellungen des Urteils zu entnehmen: Er leitete die Niederlassung der N. mit dem höchsten Bargeldaufkommen und war für die Erfüllung der die Treuepflicht maßgeblich begründenden Vertragspflichten verantwortlich. Er war dabei gegenüber den Angeklagten W. und We. auch hinreichend eigenständig und konnte aufgrund seiner Einzelzeichnungsberechtigung von sich aus über die der N. anvertrauten Kundengelder verfügen.
23
2. Soweit die Strafkammer das Verhalten des Angeklagten D. bei der geschilderten "Umverteilung" als Beihilfe zur Untreue gewertet hat, begegnet der Schuldspruch keinen Bedenken. Der Strafausspruch war jedoch aufzuheben. Denn die Strafkammer hat nicht bedacht, dass der Angeklagte D. ,nachdem er seinen Arbeitsvertrag gekündigt hatte und nicht mehr als Niederlassungsleiter tätig war, die Vermögensinteressen der Kunden nicht mehr wahrzunehmen hatte und ihn deshalb eine durch Rechtsgeschäft begründete Treuepflicht nicht mehr traf. Damit fehlte dem Angeklagten ein die Strafbarkeit begründendes persönliches Merkmal, so dass die Strafe nicht nur nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB, sondern auch nach § 28 Abs. 1 StGB zu mildern war. Die Einzelstrafe für diesen Fall muss daher neu zugemessen werden.
24
3. Soweit die Kammer den Angeklagten D. wegen der von ihm nach dem 7. Juni 2005 in der Niederlassung in V. entnommenen Bargeldbeträge (Fälle 271-281 der Anklageschrift) wegen Untreue verurteilt hat, hat der Schuldspruch keinen Bestand. Aufgrund der Kündigung endete auch die durch den Arbeitsvertrag begründete Treuepflicht des Angeklagten D. gegenüber der N. . Der Umstand, dass die Bestellung zum Prokuristen im Handelsregister und seine Zeichnungsberechtigung für das Bundesbankkonto nicht gelöscht wurden, steht dem ebenso wenig entgegen, wie seine nach wie vor bestehende faktische Möglichkeit, von Mitarbeitern große Bargeldbeträge ausgehändigt zu bekommen. Denn über diese tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten hinaus hat die Kammer keine Feststellungen zu einer vertraglichen Verpflichtung des Angeklagten D. getroffen. Die rein tatsächliche Möglichkeit, auf fremdes Vermögen zuzugreifen, reicht zur Begründung einer Treuepflicht indes nicht aus (Fischer aaO § 266 Rdn. 28).
25
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können, und ändert den Schuldspruch in den Fällen, in denen der Angeklagte D. ohne Wissen des Angeklagten We. nur für sich Bargeld entnahm und sich so rechtswidrig zueignete (Fälle 271-278, 280-281 der Anklageschrift), dahin, dass der Angeklagte der Unterschlagung gemäß § 246 StGB schuldig ist. Im Fall 279 der Anklageschrift entnahm der Angeklagte D. auf die Aufforderung des Angeklagten We. ,ihm zur finanziellen Absicherung seiner Familie 500.000 € aus Kundengeldern auszuhändigen, insgesamt 750.000 €, gab davon 400.000 € an den Angeklagten We. weiter und behielt - womit der Angeklagte We. rechnete - 350.000 € für sich. Dieses Verhalten ist mangels einer vertraglichen Treuepflicht des Angeklagten D. lediglich als Beihilfe zur Untreue des Angeklagten We. und - hinsichtlich des Betrages, den der Angeklagte D. sich selbst zueignete - als Unterschlagung zu werten. Auch insoweit stellt der Senat den Schuldspruch entsprechend um.
26
Die Änderung des Schuldspruchs in diesen Fällen führt zur Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen. Der Wegfall mehrerer Einzelstrafen hat zur Folge, dass auch die gegen den Angeklagten D. verhängte Gesamtstrafe keinen Bestand haben kann. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch können jedoch insgesamt bestehen bleiben. Ergänzende weitere Feststellungen darf der neue Tatrichter nur treffen, soweit sie nicht in Widerspruch hierzu stehen.

IV.


27
Auch die Revision des Angeklagten K. hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.
28
1. Der Angeklagte K. , der die Verantwortung für die Geldtransporte und die Logistik aller H. -Gesellschaften hatte und dazu eigenständig Fahrzeuge leasen oder kaufen, Standorte für Niederlassungen festlegen und diesbezügliche Mietverträge abschließen konnte, unterstützte das Schneeballsystem , indem er u. a. dafür Sorge trug, dass die bei Kunden abgeholten Beträge so schnell wie möglich auf die Bundesbankkonten eingezahlt werden konnten, weil es nur so möglich war, die vermehrt auftretenden Fehlbeträge zu kompensieren. Außerdem half er ab 2004/2005 dabei, Geldanforderungen aus der Ham. er Zentrale der N. gegenüber Mitarbeitern von anderen Niederlassungen durchzusetzen. In der Zeit vom 14. Juni bis Ende Juli 2001 war der Angeklagte K. nicht für H. -Gruppe tätig.
29
Diese Feststellungen belegen nicht die Pflicht des Angeklagten K. , die Vermögensinteressen der Kunden der H. -Gesellschaften zu wahren. Er war mit den die qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht begründenden Geschäftsbereichen der Geldbearbeitung und der Bankdienstleistungen nicht betraut und hatte keinerlei Möglichkeit, über die Kundengelder zu verfügen. Dass seine Tätigkeit - wie die Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellt hat - für die Aufrechterhaltung des Schneeballsystems von großer Bedeutung war, führt zu keiner anderen Bewertung. Auch durch die - rechtlich ohnehin nicht nachvollziehbare - Wendung, der Angeklagte K. sei der "faktische Prokurist fast aller H. - Gesellschaften" gewesen, wird eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nicht belegt.
30
Soweit die Kammer ihn ab Erlangung einer sicheren Kenntnis von den Fehlbeträgen der H. -Unternehmensgruppe als Täter einer Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen angesehen hat, konnte der Schuldspruch folglich nicht bestehen bleiben; vielmehr lag lediglich Beihilfe zur Untreue der Angeklagten W. und We. vor. Diese Beihilfehandlungen bilden mit der von der Kammer ausgeurteilten Beihilfe zur Untreue für die Zeit ab der Rückkehr des Angeklagten K. im August 2001 nur eine Tat, so dass im Tatkomplex A.III.1. der Urteilsgründe lediglich zwei Fälle der Beihilfe zur Untreue vorlagen. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Dies führt zur Aufhebung sämtlicher insoweit ausgesprochener Einzelstrafen. Zwar hat das Landgericht den Angeklagten K. im ersten Teil dieses Tatkomplexes zutreffend nur wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt. Es hat jedoch dabei die zwingende Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB nicht berücksichtigt.
31
2. Auch im Fall A.III.2. der Urteilsgründe war der Schuldspruch wegen der fehlenden Treuepflicht des Angeklagten K. auf Beihilfe zur Untreue zu ändern und die verhängte Einzelstrafe aufzuheben. Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass aufgrund des rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbeitrags des Angeklagten K. allein die fehlende Treuepflicht zur Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue führt, so dass ihm die Milderung nach 28 Abs. 1, § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nur einmal zu Gute kommt (BGHSt 26, 53).
32
3. Im Fall A.III.5. der Urteilsgründe hat die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Untreue hingegen Bestand. Die Strafkammer hat hierzu festgestellt , dass er Mitte 2005 Geld für ein Immobiliengeschäft benötigte und deshalb an den Ausstatter für die Geldtransporter der H. -Unternehmensgruppe herantrat , der wegen der für ihn lukrativen Geschäftsbeziehung bereits seit Jahren für seine jeweiligen Jahresumsätze eine Rückvergütungsprovision an die H. Transport GmbH Ha. zahlte. Der Angeklagte K. forderte ihn auf, die bereits angefallenen, aber erst zum Jahresende fälligen Provisionen unmittelbar an ihn zu zahlen, was dieser in Höhe von 36.000 € auch tat. Der Angeklagte K. verwendete den Betrag wie geplant für sich.
33
Zwar vermag auch hier die Begründung der Strafkammer, der Angeklagte K. habe als "faktischer Prokurist" eine vertragliche Vermögensbetreuungspflicht gehabt, die Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nicht zu belegen. Aus den Feststellungen ergibt sich indes, dass der Angeklagte bei der Beschaffung von Fahrzeugen selbständig schalten und walten, insbesondere eigenständig Verträge abschließen konnte, so dass für diesen Bereich seine Verpflichtung, die Vermögensinteressen der H. Transport GmbH zu wahren, zu bejahen ist. Diese verletzte er, indem er den seiner Arbeitgeberin zustehenden Anspruch in Höhe der 36.000 € einzog. Denn dadurch wurde der (zukünftige ) Provisionsanspruch der H. Transport GmbH in dieser Höhe zumindest gefährdet, weil der Ausstatter nach den Feststellungen des Urteils zum Fälligkeitszeitpunkt nur noch den verbleibenden Restbetrag abzüglich der an den Angeklagten K. geleisteten Zahlung an die H. Transport GmbH auskehren wollte.
34
Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen A.III.1. und A.III.2. der Urteilsgründe und die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen führt auch beim Angeklagten K. zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch haben dagegen Bestand; weitere, dazu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen kann der neue Tatrichter auch hier treffen.

V.


35
Soweit der Senat Schuldsprüche geändert hat, steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht anders hätten verteidigen können, bzw. dem Angeklagten We. im Fall A.III.2. der Urteilsgründe bereits mit der Anklageschrift der Vorwurf der täterschaftlich begangenen Untreue gemacht worden war. Die Verschärfung des Schuldspruchs in diesem Fall scheitert auch nicht an § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO (Kuckein in KK 5. Aufl. § 358 Rdn. 18 m. w. N.).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_______________________
Zur Garantenpflicht bei Verkauf eines Grundstücks als Bauland.
BGH, Urt. vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00 - LG Stuttgart

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 162/00
vom
25. Juli 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Juli 2000,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Granderath,
Nack,
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.


Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23. Januar 1992 zwei in Sch. gelegene Anwesen zu einem Gesamtpreis von 1.600.000 DM an die Geschädigte als Geschäftsführerin und Gesellschafterin einer Bauträgergesellschaft. Es handelt sich um das Grundstück Stuttgarter Straße 49, das rund 300.000 DM wert war und das 10,86 Ar große Grundstück Christofstraße 10, dessen Wert die Beteiligten mit rund 1.300.000 DM ansetzten und das im hinteren Bereich mit einem Haus mit einer Wohnfläche von ca. 1.000 qm bebaut werden sollte. Dieses Anwesen hatte die Geschädigte, die an damals sehr knappem Bauträgergrund stark interessiert war, erst wenige Tage zuvor - am 18. Januar 1992 - besichtigt. Sie wollte sich noch bei der Gemeindeverwaltung über das Maß der Bebaubarkeit versichern, erreichte aber bis zum Notartermin den Sachbearbeiter nicht. Die erste Kaufpreisrate von 500.000
DM bezahlte sie, wie vereinbart, einige Wochen nach Vertragsschluß. Vor Fälligkeit der zweiten Rate von 1.100.000 DM stellte sich heraus, daß der angestrebten Bebauung baurechtliche Hindernisse entgegenstanden. Die genannte Gemeinde, die schon einige Zeit vor Abschluß des Kaufvertrags in einem noch nicht veröffentlichten städtebaulichen Rahmenplan intern für baurechtliche Entschließungen in diesem Gebiet eine "grüne Lunge" vorgesehen hatte, beschloß die Aufstellung eines Bebauungsplans, der den hinteren Teil des Grundstücks Christofstraße 10 als private Grünfläche auswies, und erließ eine entsprechende Veränderungssperre.
Um dem Angeklagten zu seinem Geld und der Geschädigten zu ihrem Baugrund zu verhelfen, schlossen beide am 7. September 1992 einen schriftlichen Tauschvertrag, nach dem sie, wenn sie nicht innerhalb von zwei Jahren das Anwesen wie gewünscht bebauen kann, von ihm ein geeignetes anderes Baugrundstück erhalten sollte. Daraufhin überwies die Geschädigte den Restkaufpreis. Später berief sich der Angeklagte auf die Formnichtigkeit dieses vom Notar nicht beurkundeten , sondern nur beglaubigten Vertrags.
In diesem Zusammenhang legte die gerichtlich zugelassene Anklage dem Angeklagten zwei Taten zur Last: Bei den Vertragsverhandlungen habe er der Geschädigten vorgespiegelt, das Grundstück Christofstraße 10 dürfe im rückwärtigen Teil bebaut werden; im Vertrauen hierauf habe diese den Betrag von 500.000 DM an ihn bezahlt. Nachdem die Geschädigte erfahren hatte, mit der geplanten Bebauung sei die Gemeinde nicht einverstanden, habe er ihr zum Schein andere Grundstücke zum Austausch angeboten, um sie so zu der Auszahlung des Restbetrages von 1.100.000 DM zu bewegen.
Was den zuletzt genannten Vorwurf angeht, ist das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden. Wegen im ersten Fall begangenen Betrugs hat das Landgericht den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Mit seiner Revision, die sich auf die Sachrüge und eine Aufklärungsrüge zum entstandenen Schaden stützt, erstrebt der Angeklagte seine Freisprechung. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Verfahrensrüge bedarf keiner Erörterung, weil ein sachlich-rechtliches Bedenken der Revision - das der Generalbundesanwalt teilt - durchgreift.

II.


1. Das Landgericht macht dem Angeklagten zum Vorwurf, er habe die Geschädigte getäuscht mittels Unterlassens der Angabe der ihm bekannten wahren Tatsache, "daß auf dem als Bauplatz verkauften Grundstück eine Grünzone geplant war"; dies habe bei einem tatsächlichen Wert des Anwesens von 300.000 DM zu einem Schaden von einer Million DM geführt. Eine entsprechende Garantenpflicht ist jedoch nicht hinreichend dargetan.
Begehen durch Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Während bei den Begehungsdelikten die objektive Zurechnung auf der Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs beruht, reicht bei den unechten Unterlassungsdelikten die Tatsache, daß eine mögliche Handlung den Erfolg verhindert hätte, nicht aus, um die Beeinträchtigung des Rechtsguts jedem Hand-
lungsfähigen als von ihm zu verantwortendes Unrecht zur Last legen zu können. Vielmehr muß ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, daß er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, daß der Täter als "Garant" für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, daß eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und daß sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. S. 620).
Ob eine solche Garantenposition besteht, die es rechtfertigt, das Unterlassen der Schadensabwendung dem Herbeiführen des Schadens gleichzustellen, ist nicht nach abstrakten Maßstäben zu bestimmen, mögen sich auch in der Rechtsprechung verschiedene Entstehungsgründe für eine Garantenpflicht herausgebildet haben. Die Entscheidung hängt letztlich von den Umständen des Falles ab; dabei bedarf es einer Abwägung der Interessenlage und des Verantwortungsbereichs der Beteiligten. Vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften reichen demgemäß nicht ohne weiteres zur Begründung einer strafbewehrten Garantenpflicht aus (BGHSt 39, 392, 399). Das gilt erst recht für vorvertragliche Pflichten in Fällen, in denen das Gesetz wie § 313 Satz 1 BGB den Vertragsabschluß selbst einer besonderen Form unterwirft, die dem Schutz der Beteiligten vor Übereilung dient. Im Rahmen vertraglicher Beziehungen setzt eine strafrechtlich relevante Aufklärungspflicht voraus, daß besondere Umstände vorliegen wie etwa ein besonderes Vertrauensverhältnis oder eine ständige Geschäftsverbindung - Situationen, in denen der eine darauf angewiesen ist, daß ihm der andere die für seine Entschlie-
ßung maßgebenden Umstände offenbart (BGH GA 1967, 94 f.; wistra 1988, 262 f.; ebenso Lackner in LK 10. Aufl. § 263 Rdn. 63 sowie Cramer in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 263 Rdn. 22, 23; zur Gefahrerhöhung durch Verschweigen anderweitiger Unfallversicherungen vgl. BGH NJW 1985, 1563 f.).
Die Strafkammer leitet die Pflicht des Angeklagten, die Geschädigte über die eingeschränkte Bebaubarkeit zu informieren, daraus her, daß er der Eigentümer des Grundstücks und Verkäufer von Bauland war. Diese Erwägung genügt hier nicht zur Annahme einer Garantenpflicht in dem vom Senat dargelegten Sinn. Bei der Strafzumessung berücksichtigt das Landgericht zugunsten des Angeklagten, daß "die Geschädigte ein ganz erhebliches Mitverschulden trifft, weil sie, obwohl sie erkannte, daß das Grundstück zusammen mit anderen eine grüne Lunge im Ort bildet, sich nicht - wie andere auch - bei der Gemeinde vergewisserte". Diesen Gesichtspunkt - das von der Geschädigten eingegangene Risiko der Unbebaubarkeit - hätte das Gericht schon bei der nach § 13 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Wertung in seine Betrachtung einbeziehen müssen. In diesem Zusammenhang hätten objektive und subjektive Umstände tatrichterlicher Erörterung bedurft:
Zur Zeit des Vertragsschlusses bestand weder ein Bebauungsplan, der die Bebauung des Kaufgrundstücks im hinteren Teil untersagte, noch eine entsprechende Veränderungssperre. Gemäß § 34 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) wäre das innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gelegene Vorhaben zulässig gewesen, "wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt" und die Erschließung gesichert ist. Diese Merkmale hätten vor Abschluß des Kaufvertrags geklärt werden können. In einem solchen Fall entscheidet über die Zulässigkeit eines Vorhabens die Baugenehmigungsbehörde
"im Einvernehmen mit der Gemeinde" (§ 36 Abs. 1 BauGB); dieses Einvernehmen darf nach § 36 Abs. 2 BauGB nur aus den gesetzlich genannten Gründen versagt werden. Gemäß einem noch nicht veröffentlichten städtebaulichen Rahmenplan war zwar bereits bei Vertragsschluß, wie der Angeklagte wußte, im hinteren Bereich des Kaufgrundstücks eine grüne Freifläche vorgesehen. Dabei handelt es sich indes nur um eine interne Richtlinie für den Gemeinderat bei Entschließungen über das Einvernehmen der Gemeinde, nicht um eine verbindliche Regelung. Die von der Geschädigten ins Auge gefaßte Bebauung war zweifelhaft, aber nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. auch BGH GA 1965, 208).
Als Geschäftsführerin einer Bauträgergesellschaft übte die Geschädigte, worauf die Revision hinweist, eine Tätigkeit aus, für die sie gemäß § 34c Abs. 1 der Gewerbeordnung der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedurfte. Von ihr war also eine besondere Sachkunde im Immobiliengeschäft zu erwarten. Es kommt hinzu, daß sie das Anwesen besichtigt hatte, die tatsächlichen Verhältnisse mithin kannte und daß sie es offen übernommen hatte, sich bei der Gemeinde noch über das Maß der möglichen Bebauung zu erkundigen. Obwohl es ihr nicht gelungen war, diese Auskunft einzuholen, schloß sie in Anwesenheit des früheren Mitangeklagten (das gegen diesen gerichtete Verfahren ist gemäß § 153a StPO eingestellt worden) den notariell beurkundeten Kaufvertrag mit dem Angeklagten.
Bei dieser Sachlage kann die Verurteilung des Angeklagten nicht bestehen bleiben.
2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 354 Abs. 1 StPO; vgl. BGH wistra 2000, 257, 258). Es liegt nahe, daß in einer erneuten Hauptver-
handlung Tatsachen festgestellt werden, die eine Verurteilung des Angeklagten zu tragen vermögen.
Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, daß der Angeklagte den hinteren Teil des Anwesens "als Bauland zum entsprechenden Preis verkaufte" und daß der Vertrag "nach dem Willen aller" den Baulandpreis für das gesamte Grundstück enthielt. Angesprochen wird auch eine Verhandlung, bei welcher "bei der Geschädigten mangels eingeholter Auskunft der Gemeinde noch bestehende Zweifel über das Maß der möglichen Bebauung" in Anwesenheit des Angeklagten und eines Beraters zerstreut wurden. All dies gibt Anlaß, in der neuen Verhandlung zu prüfen, ob der Angeklagte ausdrücklich oder zumindest durch schlüssiges Verhalten und damit a k t i v die Geschädigte über die Bebaubarkeit des Anwesens getäuscht hat (zur Abgrenzung von Tun und Unterlassen vgl. Jescheck in LK 11. Aufl. vor § 13 Rdn. 90). Für die vom Landgericht vorgenommenen Wahrunterstellungen wird dabei kaum Raum sein. Bei der neuen Entscheidung wird es sich auch empfehlen, den wesentlichen Inhalt des notariellen Kaufvertrags mitzuteilen und dessen Zweck zu erläutern.
An der Erfüllung des Betrugstatbestands ändert sich im übrigen nichts dadurch , daß die Geschädigte bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Täuschung hätte erkennen können (BGHSt 34, 199, 201).
Schäfer Granderath Nack Wahl Boetticher

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 287/03
vom
5. November 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. November
2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 27. Februar 2003 wird mit der Maßgabe verworfen , daß der Angeklagte im Fall II 3 der Urteilsgründe (E. ) des versuchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Der Angeklagte wurde wegen Betrugs in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine Revision ist auf die Sachrüge und hinsichtlich des Strafausspruchs auch auf eine Verfahrensrüge gestützt. Sie führt in einem Fall zur Änderung des Schuldspruchs, bleibt aber im übrigen erfolglos.

I.

Die Strafkammer hat festgestellt: Der Angeklagte war Auszubildender der G. Volksbank. Um sich zu bereichern, ging er unter Mißbrauch seiner beruflichen Möglichkeiten wie folgt vor: Er suchte sich die Daten wohlhabender Bankkunden heraus, deren baldiges Ableben er wegen ihres hohen Alters erwartete. Er fälschte sogenannte auf den Todesfall bezogene Verträge zu Gunsten Dritter, in denen die Kunden, die in Wahrheit von alledem nichts wußten, für den Fall ihres Todes Tatgenossen des Angeklagten scheinbar ihr Bankguthaben übertrugen.
Zugleich fälschte er das Handzeichen von Bankbediensteten auf dem jeweiligen Formular und erweckte dadurch den Anschein, diese hätten eine Legitimationsprüfung vorgenommen. Dadurch veranlaßte er, daß die letztlich zuständigen Bankangehörigen diese von ihm in den Geschäftsgang gegebenen Verträge für echt hielten und gegenzeichneten. In einem Fall hatte der Angeklagte letztlich (teilweise) Erfolg, in einem Fall nicht. Sein Bestreben, bei einer anderen Bank in ähnlicher Weise einen von ihm zu seinen Gunsten gefälschten Vertrag zu plazieren, kam noch vor Ableben des Kunden ans Licht. 1. Auf Grund eines 1998 gefälschten Vertrages hielt die G. Volksbank den bereits rechtskräftig abgeurteilten N. für berechtigt , nach dem Tod des 1908 geborenen S. über dessen Guthaben zu verfügen. Als S. im Januar 2001 verstarb, hatte er ein Guthaben über 470.000 DM. N. konnte 170.000 DM abheben, 50.000 DM konnte er behalten, den Rest bekam der Angeklagte. Weitere Abhebungsversuche scheiterten, weil wegen zwischenzeitlicher Proteste der Erben S. s Zweifel an N. s Legitimation aufgetaucht waren. Die Bank wurde durch die Zahlungen an N. nicht von ihrer Verpflichtung gegenüber den Erben befreit. Die Versicherung der Bank hat den Schaden ersetzt. 2. In gleicher Weise fälschte der Angeklagte ebenfalls 1998 einen Vertrag , wonach scheinbar die 1913 geborene H. , die damals über ein Guthaben von 320.000 DM verfügte, dieses mit ihrem Tod auf den inzwischen rechtskräftig abgeurteilten T. übertrug. Nachdem Frau H. im November 2000 verstorben war, erfuhr der Rechtsanwalt, dem Frau H. eine Vorsorgevollmacht erteilt hatte, von diesem Vertrag und widerrief ihn sofort. Daher kam es weder zu einer Umschreibung des Kontos noch zu einer Auszahlung.
3. Ebenfalls 1998 erhielt der Angeklagte von Ho. , der damals von der Sparkasse He. zum Bankkaufmann ausgebildet wurde, sowohl entsprechende Formulare der Sparkasse als auch die Daten des 1908 geborenen E. ; dieser verfügte damals über ein Guthaben von mehr als 650.000 DM. Der Angeklagte fälschte einen Vertrag, in dem er sich selbst als nach dem Tode E. s Berechtigten eintrug. Ho. - ob er gut- oder bösgläubig war, läßt die Strafkammer offen - "übernahm .... die Legitimationsprüfung" und gab den Vertrag dann in den Geschäftsgang. Der Zweigstellenleiter der Sparkasse fragte jedoch bei E. nach, ob mit dem Vertrag alles in Ordnung sei. Dadurch wurde die Fälschung aufgedeckt.

II.

Die Strafkammer nimmt in allen Fällen vollendeten Betrug an. Auch soweit es nicht zu Abhebungen kam, liege eine schadensgleiche Vermögensgefährdung vor. Die Revision meint dagegen, vollendeter Betrug liege nur insoweit vor, als Geld abgehoben worden sei. Dementsprechend liege im Fall S. Vollendung nur hinsichtlich der 170.000 DM vor. Insoweit sei die Strafkammer von einem zu großen Schuldumfang ausgegangen. In den Fällen H. und E. liege nur Versuch vor. Der Senat kann dem für die Fälle S. und H. nicht folgen. Im Fall E. liegt dagegen nur versuchter Betrug vor. 1. Betrug ist - soweit hier erörterungsbedürftig - vollendet, wenn die täuschungsbedingte Gefahr des endgültigen Verlusts eines Vermögensbestandteils zum Zeitpunkt der Verfügung so groß ist, daß sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat (vgl. BGHSt 34, 394, 395; zusammenfassend Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 263 Rdn. 94 f. m. zahlr. Nachw.).
Jedenfalls mit dem Tod der Kunden lag ein für die Annahme eines Betrugs ausreichender, vielfach als schadensgleiche Vermögensgefährdung bezeichneter Gefährdungsschaden (vgl. Tröndle/Fischer aaO Rdn. 94) vor. Ab diesem Zeitpunkt hielt sich die Bank auf der Grundlage der von ihr für echt gehaltenen Verträge für verpflichtet, den scheinbar Berechtigten die Guthaben auszuzahlen. Ein Grund, die Erfüllung dieser Ansprüche auch nur kurzfristig noch herauszögern zu können, bestand aus der Sicht der Bank nicht. Deshalb kommt es auf bankinterne, technische Fragen, etwa ob schon eine Umschreibung der Konten erfolgt war, in diesem Zusammenhang nicht an. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß ein vollendeter Betrug auch dann vorliegt, wenn es dem Täter gelingt, seine Bank durch Täuschung zu einer Überweisung auf ein tätereigenes Konto zu veranlassen, dieses bei Eingang der Gutschrift wegen Aufdeckung der Manipulationen aber bereits gesperrt ist (NStZ 1996, 203). Hier, wo ein endgültiger Verlust noch näher lag und nur durch das eher zufällige Eingreifen Außenstehender (der Erben und des Rechtsanwalts) gerade noch verhindert wurde, kann nichts anderes gelten. Im übrigen nimmt der Senat auf die eingehenden Ausführungen des Generalbundesanwalts vom 22. Juli 2003 Bezug. 2. Im Fall E. liegt dagegen kein vollendeter Betrug vor. Nach Auffassung des Senats ist bei einem fingierten, auf den Todesfall bezogenen Vertrag zu Gunsten Dritter, so wie er hier vorliegt, eine schadensgleiche Vermögensgefährdung (zum Nachteil der Bank) noch nicht eingetreten, solange derjenige, mit dessen Tod die Begünstigung eintreten soll, noch lebt. Die Möglichkeit eines Menschen, über sein Vermögen zu seinen Lebzeiten frei zu verfügen , kann in diesem Zusammenhang nicht als rechtlich bedeutungslos angesehen werden. Dabei kommt es weder darauf an, ob etwa im Hinblick auf das
hohe Alter des Vermögensinhabers noch mit nennenswerten Vermögensverfügungen zu rechnen ist, noch darauf, ob dem Vermögensinhaber Manipulationen , die sich nach seinem Tod auswirken sollen, unbekannt sind. Versuchter Betrug liegt demgegenüber vor, ohne daß dies näherer Darlegung bedürfte; es kommt insbesondere nicht darauf an, ob Ho. (bei Bösgläubigkeit) Tatbeteiligter oder (bei Gutgläubigkeit) Werkzeug des Angeklagten war. Daher ändert der Senat den Schuldspruch selbst; § 265 StPO steht nicht im Wege, der Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können. 3. Im übrigen ist der Schuldspruch ohne den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.

III.

Die Schuldspruchänderung im Fall E. gefährdet die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten nicht. Auch im übrigen hat der Strafausspruch Bestand. 1. Vergeblich macht die Revision eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zwischen dem Eingang der Akten bei der Staatsanwaltschaft und dem Urteil des Landgerichts geltend. Sie legt z.B. dar, die Staatsanwaltschaft habe erst nach drei Monaten Anklage erhoben, obwohl nach ihrer allerdings auch nicht konkret begründeten Annahme "ein Zeitraum von allenfalls eineinhalb Monaten bei hinreichender Verfahrensbeschleunigung ausreichend gewesen wäre". Mit dieser und damit vergleichbaren weiteren Berechnungen belegt sie eine nach ihrer Auffassung eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von elf Monaten.
Bei einem Eingang der Akten im Oktober 2001 bei der Staatsanwaltschaft und einem Urteil des Landgerichts Anfang 2003 kann vorliegend von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung bei der gebotenen Gesamtbetrachtung offensichtlich nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Dies hat auch der Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend ausgeführt. 2. Die Urteilsgründe ergeben zwar die Höhe des Guthabens von Frau H. zum Zeitpunkt der Fälschung, nicht aber die Höhe zum Zeitpunkt ihres Todes. Die Revision meint, demnach bleibe offen, ob das Guthaben zum Todeszeitpunkt nicht wesentlich geringer gewesen sei; daher sei in diesem Fall zumindest der Strafausspruch aufzuheben. Der Senat kann dem schon deshalb nicht folgen, weil ein Rückschluß auf die Höhe des Guthabens zum Todeszeitpunkt möglich ist. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß sich die Vermögensverhältnisse der 1913 geborenen Frau H. , die nach den Urteilsfeststellungen "keine Erben" hatte, zwischen 1998 und ihrem Tode Ende 2000 nachhaltig verändert haben, nahe liegt dies aber nicht. Eine sachlich-rechtliche Pflicht, eine zwar theoretisch mögliche, jedoch fernliegende Fallgestaltung zu erörtern, besteht nicht. Eine auf eine Veränderung der Vermögensverhältnisse bezogene Aufklärungsrüge ist nicht erhoben. 3. Der Generalbundesanwalt meint, im Fall E. sei im Hinblick auf die auch von ihm beantragte Schuldspruchänderung in versuchten Betrug eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 23 § 49 StGB nicht auszuschließen. Dies trifft nicht zu. Neben (versuchtem) Betrug liegt (vollendete) Urkundenfälschung vor. Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei die Strafe ausdrücklich dem Strafrahmen des § 267 StGB entnommen. Der Umstand, daß neben der vollendeten Urkundenfälschung nicht vollendeter, sondern nur versuchter Betrug vorliegt,
kann daher nicht dazu führen, daß die Strafe hier nicht dem Strafrahmen des § 267 StGB zu entnehmen wäre. Im übrigen hat die Strafkammer ausdrücklich erwogen, daß es im Fall E. "nicht zu einer Auszahlung von Geldern gekommen ist". Diese Erwägung hat sie in gleicher Weise auch im Fall H. angestellt. Im Fall S. geht sie bei der Strafzumessung von einem Schaden von (nur) 170.000 DM aus. Dies belegt, daß sie den jeweiligen Gefährdungsschaden bei der Strafzumessung außer acht gelassen hat, auch soweit er eingetreten war. Unter diesen Umständen kann der Senat ausschließen, daß die Einzelstrafe im Fall E. zum Nachteil des Angeklagten davon beeinflußt ist, daß die Strafkammer geglaubt hat, Betrug sei im Hinblick auf einen Gefährdungsschaden schon vollendet. 4. Auch im übrigen ist der Strafausspruch ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Daß im Fall S. im Hinblick auf den Verlust der Bank von 170.000 DM ein besonders schwerer Fall (§ 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB und § 267 Abs. 3 Nr. 2 StGB) nicht geprüft ist, beschwert den Angeklagten nicht. Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

7
Dies entzieht nicht nur dem Strafausspruch, sondern bereits dem Schuldspruch die Grundlage. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann dieser nicht deswegen bestehen bleiben, weil bei den Käufern auch im Falle ihres gutgläubigen Eigentumserwerbs wegen des nicht unerheblichen Prozessrisikos jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der schadensgleichen Vermögensgefährdung ein Betrugsschaden eingetreten sei (BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 - 1 StR 52/90, JR 1990, 517, 518; Beschluss vom 15. Januar 2003 - 5 StR 525/02, wistra 2003, 230 f.). Denn nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die in gleicher Weise für das Merkmal des Vermögensschadens nach § 263 Abs. 1 StGB relevant ist, ist es im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich, eigenständige Feststellungen zum Vorliegen des Vermögensschadens zu treffen, um so dieses Tatbestandsmerkmal von den übrigen Tatbestandsmerkmalen des § 263 Abs. 1 StGB so- wie die Fälle des versuchten von denen des vollendeten Betruges hinreichend deutlich abzugrenzen. Nur so lässt sich auch eine tragfähige Aussage zur Stoffgleichheit zwischen der vom Opfer erlittenen Vermögenseinbuße und dem vom Täter erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteil treffen. Von einfach gelagerten und eindeutigen Fallgestaltungen abgesehen bedeutet dies, dass der Schaden der Höhe nach zu beziffern und seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darzulegen ist (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 211 f.).

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 40/01 Verkündet am:
13. März 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Verjährung von Ansprüchen auf Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung
kann grundsätzlich nicht beginnen, bevor der Versicherungsnehmer die
nach den Versicherungsbedingungen für den Eintritt der Fälligkeit erforderlichen
Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat.
Ein früherer Verjährungsbeginn kommt - abgesehen von einer vorherigen Leistungsablehnung
des Versicherers - nur in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer
diese Mitwirkung treuwidrig unterläßt.
BGH, Urteil vom 13. März 2002 - IV ZR 40/01 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung, der die Allgemeinen UnfallversicherungsBedingungen 1961 (AUB 61) zugrunde liegen.
Am 6. März 1993 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall u.a. ein Schädelhirntrauma zweiten Grades. Im ärztlichen Erstbericht vom 7. April 1993 wurde festgestellt, daß der Unfall voraussichtlich eine dau-

ernde Beeinträchtigung (Invalidität) hinterlassen werde. Die Schwester des Klägers zeigte der Beklagten den Unfall am 23. März 1993 an. Im Anschluß an die stationären Klinikaufenthalte des Klägers rechnete die Beklagte mit Schreiben vom 20. August 1993 Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ab und wies zugleich darauf hin, daß ein Dauerschaden innerhalb von 15 Monaten ab dem Unfalltag geltend gemacht werden müsse.
Im Juli 1998 wurde für den Kläger ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Das in diesem Verfahren eingeholte ärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß er infolge einer auf den Unfall zurückzuführenden hirnorganischen Schädigung als geschäftsunfähig anzusehen sei. Am 17. September 1998 wurde dem Kläger u.a. für Vermögensangelegenheiten ein Betreuer bestellt. Der von diesem beauftragte Rechtsanwalt machte mit Schreiben vom 23. November 1998 Invaliditätsleistungen geltend. Die Beklagte lehnte diese mit Schreiben vom 12. Februar 1999 ab, weil die 15-monatige Frist des § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 nicht eingehalten worden sei; der Kläger habe Invalidität nicht rechtzeitig geltend gemacht. Nachfolgend berief sie sich auch auf Verjährung.
Mit der am 15. Dezember 1999 zunächst über einen Teil des geltend gemachten Anspruchs eingereichten, mit der Berufungsbegründung am 5. September 2000 auf die volle Invaliditätsleistung von 300.000 DM erweiterten Klage beruft sich der Kläger darauf, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise ohne Verschulden nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.

In beiden Vorinstanzen ist die Klage ohne Erfolg geblieben, weil der Anspruch gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann dahinstehen, ob mit dem Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 die Invalidität des Klägers noch fristgerecht geltend gemacht worden sei. Der Anspruch auf Invaliditätsleistung sei gemäû § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Gehe man zugunsten des Klägers davon aus, daû die Invaliditätsleistung erst zu dem Zeitpunkt habe verlangt werden können, in dem auch der Grad der Invalidität festgestanden habe - nach Auffassung des Berufungsgerichts drei Jahre nach dem Unfall -, so habe der Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG am 31. Dezember 1996 begonnen und grundsätzlich mit dem 31. Dezember 1998 geendet. Da der Kläger nach dem im Betreuungsverfahren eingeholten Gutachten zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig gewesen sei und der Mangel seiner Vertretung erst am 17. September 1998 geendet habe, habe sich die Verjährungsfrist gemäû § 206 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. bis zum 17. März 1999 verlängert. Auûerdem sei die Verjährung von der Anmeldung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung bis zur Leistungsablehnung der Beklag-

ten am 12. Februar 1999 gemäû § 12 Abs. 2 VVG gehemmt und damit jedenfalls Ende Juni 1999 vollendet gewesen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gemäû § 12 Abs. 1 VVG in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginnt die Verjährung mit Schluû des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an. Es muû also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. Mai 1983 - IVa ZR 74/81 - VersR 1983, 673 unter II; vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a und zuletzt vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - unter 1 b, zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.). Werden Leistungen, die ein Versicherer aus Anlaû eines Versicherungsfalls schuldet, zu unterschiedlichen Zeiten fällig, so laufen für die einzelnen Teilleistungen auch unterschiedliche Verjährungsfristen (Senatsurteil vom 14. April 1999 aaO).

a) Geldleistungen des Versicherers sind gemäû § 11 Abs. 1 VVG mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift ist in zulässiger Weise (§ 15 a VVG) durch die §§ 11 und 13 Abs. 1 AUB 61 modifiziert worden (vgl. BGH, Urteile vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86 - VersR 1987, 1235 unter 3 und - zu § 11 AUB 88 - vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Gemäû § 13 Abs. 1 AUB 61 wird die Entschädigung zwei Wochen nach ihrer Feststellung gemäû §§ 11 und 12 AUB 61 gezahlt. Die Feststellung des

Versicherers erfolgt, soweit Invaliditätsentschädigung beansprucht wird, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vom Anspruchsteller gemäû § 11 Satz 2 AUB 61 beizubringenden Unterlagen. Somit hängen der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn - wenn der Versicherer nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt die Leistung endgültig und umfassend abgelehnt hatte (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2002 aaO unter 1 b) - von bestimmten vorausgehenden Handlungen des Anspruchstellers ab. Ein früherer Verjährungsbeginn in Fällen, in denen diese Mitwirkung unterbleibt, ergibt sich weder aus den vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften. Die Verjährung kann deshalb grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen werden.
aa) Für die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei darauf abzuheben , wann der Kläger die Invaliditätsleistung spätestens hätte verlangen können, gibt es keine Rechtsgrundlage; zudem bliebe unklar, wonach sich der hierfür maûgebliche Zeitpunkt bestimmen soll. Ebensowenig geht es an, die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Anfechtungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der Möglichkeit beginnen zu lassen, die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Denn dadurch würde beim zögernden Anspruchsteller der Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegt (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1987 aaO unter II 3). Schlieûlich kann nicht auf ein etwaiges Verschulden des Versicherungsnehmers abgestellt werden.

Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das auch nicht verläûlich genug die Feststellung des maûgeblichen Zeitpunkts gestatten würde (BGH, Urteile vom 4. November 1987 aaO VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 c). Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns kann nur in Betracht kommen, wenn der Versicherungsnehmer durch das Unterlassen seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstöût (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB; vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG § 12 Rdn. 11). Die Darlegungs - und Beweislast für einen solchen Verstoû trägt der Versicherer, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft (vgl. Römer aaO).
bb) Diese Abhängigkeit der Fälligkeit eines Leistungsanspruchs und damit des Verjährungsbeginns von einer vorausgehenden Handlung des Gläubigers ist keine Besonderheit des Versicherungsvertragsrechts. Auch in anderen Fällen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daû die Verjährung ohne die an sich vorgesehene Handlung des Gläubigers grundsätzlich, also abgesehen von einem treuwidrigen Verhalten, nicht beginnen kann (vgl. zur vereinbarten "Zahlung gegen Dokumente" beim Kaufvertrag BGHZ 55, 340, 343 f.; zur Schluûrechnung des Auftragnehmers beim VOB-Werkvertrag Urteile vom 24. Mai 1971 - VII ZR 155/70 - NJW 1971, 1455 unter 2 d und vom 16. Juni 1977 - VII ZR 66/76 - WM 1977, 1053 unter 2; zur Honorarschluûrechnung des Architekten Urteile vom 19. Juni 1986 - VII ZR 221/85 - WM 1986, 1388 unter 2 und vom 11. November 1999 - VII ZR 73/99 - WM 2000, 675 unter II 3 a; zur Heizkostenrechnung des Vermieters BGHZ 113, 188, 195 ff.). Denn es gibt gerade keinen allgemei-

nen Grundsatz, daû bei Ansprüchen mit einer von der Disposition des Gläubigers abhängenden Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - VIII ZR 222/80 - NJW 1982, 930 unter II 2 b bb; BGHZ 113, 188, 195 sowie Urteil vom 11. November 1999 aaO WM 2000, 675 unter II 3 a (3)).

b) Der Kläger hat die Invaliditätsleistung erstmals mit Schreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Die Beklagte hat die Leistung mit Schreiben vom 12. Februar 1999 abgelehnt. Folglich konnte die Verjährung gemäû § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht vor Ablauf des Jahres 1999 beginnen. Ein treuwidriges Verhalten des Klägers ist den bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen. Die verspätete Geltendmachung der Invalidität allein genügt hierfür nicht. Treuwidrigkeit scheidet von vornherein aus, wenn er tatsächlich unfallbedingt gehindert war, die zur Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Bei dieser Sachlage ist der - für die Revision zu unterstellende - Leistungsanspruch des Klägers nicht verjährt. Vielmehr haben die Klage und die Klageerweiterung im zweiten Rechtszug die Verjährung gemäû § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen.
3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 563 ZPO a.F.).

a) Vom Eintritt der am 7. April 1993 ärztlich festgestellten unfallbedingten Invalidität des Klägers innerhalb eines Jahres seit dem Un-

falltag gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 ist nach seinem zwar bestrittenen, aber unter Beweis gestellten Vortrag für die Revision auszugehen.

b) Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht die Versäumung der 15-monatigen Frist zur Geltendmachung der Invalidität gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 entgegen. Die Frist ist eine Ausschluûfrist, deren Versäumen unbeachtlich bleibt, wenn der Versicherungsnehmer ausreichend entschuldigt ist (BGHZ 130, 171, 173 f.; Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 348/96 - VersR 1998, 175 unter 2 b cc). Es kommt daher auf die streitige und unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers an, er sei seit dem Unfall geschäftsunfähig beziehungsweise unverschuldet nicht in der Lage gewesen, den Anspruch geltend zu machen.
Daû seine Schwester, die der Beklagten den Unfall gemeldet hatte , nicht auch die Invalidität des Klägers geltend gemacht hat, ist ihm nicht zuzurechnen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Schwester als seine Vertreterin oder Repräsentantin anzusehen (zum Repräsentantenbegriff vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229 unter 2 b m.w.N.).
Allerdings beginnt bei entschuldbarer Fristversäumung keine neue Frist. Vielmehr muû der Versicherungsnehmer die Geltendmachung der Invalidität nach Wegfall des Entschuldigungsgrundes unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, nachholen (BGHZ 130, 171, 175). Der von dem Kläger behauptete Entschuldigungsgrund war spätestens mit der Bestellung des Betreuers am 17. September 1998 behoben. Zwar wurde

die Invalidität erst mit Anwaltsschreiben vom 23. November 1998 geltend gemacht. Das ist jedoch entgegen der Revisionserwiderung den bisher festgestellten Umständen nach noch als unverzüglich anzusehen. Denn der Betreuer musste sich erst einarbeiten, was nach den beigezogenen Betreuungsakten nicht ohne Schwierigkeiten möglich war.
4. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Beweisangeboten des Klägers zum bedingungsgemäûen Eintritt der Invalidität sowie zur Entschuldigung der Überschreitung der Geltendmachungsfrist gemäû § 8 II (1) Satz 1 AUB 61 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 238/00 Verkündet am:
27. Februar 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 12 Abs. 1; AVB f. Unfallvers. (AUB 88) § 7 I (1)
Die Leistungsablehnung des Versicherers bewirkt nur, daß der ihm zur Prüfung
seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daß ein noch
nicht entstandener Anspruch fällig wird.
BGH, Urteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Februar 2002

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 31. August 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung , der Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88) zugrunde liegen. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen.
Am 11. Oktober 1994 erlitt die Klägerin bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen. Sie übersandte der Beklagten Ende Oktober 1994 einen Unfallbericht. Mit Schreiben vom 4. November 1994 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Unfallversicherung ab, weil die Klägerin mit rückständigen Prämien im Verzug und der Versicherungsfall nach Ablauf der in der Mahnung gesetzten Frist von zwei Wochen eingetreten sei.

Die Klägerin trägt vor, der Eintritt unfallbedingter Invalidität sei am 22. August 1995 ärztlich festgestellt worden. Ende September 1995 habe sie die Invalidität gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Verhandlungen zwischen dem Rechtsanwalt der Klägerin und der Beklagten in der Zeit von Mitte 1996 bis März 1997 blieben ergebnislos, weil die Beklagte an der Leistungsfreiheit wegen Prämienverzugs festhielt. Im September 1997 erhielt die Klägerin von ihrem Anwalt die Mitteilung , er habe den Vorgang abgeschlossen, weil er die Ansprüche nicht für durchsetzbar halte. Am 26. August 1998 reichte die Klägerin Klage auf Zahlung von 200.000 DM Invaliditätsleistung und 6.550 DM Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ein.
In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf die Invaliditätsleistung weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, daû auch der Anspruch auf die Invaliditätsleistung verjährt ist.
1. Dem Berufungsgericht kann allerdings nicht darin gefolgt werden , daû der Anspruch der Klägerin auf die Invaliditätsleistung mit Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 4. November 1994 fällig geworden sei und die Verjährung mit dem Schluû des Jahres 1994

begonnen habe. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daû die Voraussetzungen für die Entstehung dieses Anspruchs im Jahr 1994 noch gar nicht eingetreten waren und der Anspruch demgemäû noch nicht fällig werden konnte.

a) Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf die Invaliditätsleistung ist neben dem Unfall, der den Versicherungsfall darstellt, nach § 7 I (1) AUB 88 (ebenso nach § 8 II (1) AUB 61), daû unfallbedingt Invalidität eingetreten ist, und zwar innerhalb eines Jahres nach dem Unfall, und daû dies spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt worden ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 1978 - IV ZR 7/77 - VersR 1978, 1036 unter 1; BGHZ 137, 174, 176 ff.).
Diese Voraussetzungen lagen bis zum Ende des Jahres 1994 noch nicht vor. Ob der Unfall vom 11. Oktober 1994 zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin geführt hatte oder führen würde, war nicht abzusehen. Ebenso gab es keine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität. Diese ist nach Behauptung der Klägerin erst im August 1995 getroffen worden.

b) Nach § 198 Satz 1 BGB (in der hier noch anzuwendenden früheren Fassung) beginnt die Verjährung eines Anspruchs im Zeitpunkt seiner erstmaligen Entstehung. Hierunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1999 - V ZR 448/98 - NJW-RR 2000, 647 unter II 2 c). Vorher kann die Verjährung nicht beginnen. § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG weicht davon nur in-

soweit und zugunsten des Versicherungsnehmers ab, als für den Beginn der Verjährung nicht schon die Entstehung des Anspruchs, sondern erst seine Fälligkeit in dem Sinne maûgebend ist, daû nicht nur auf Feststellung , sondern auf sofortige Leistung geklagt werden kann (BGH, Urteile vom 20. Januar 1955 - II ZR 108/54 - VersR 1955, 97; vom 23. Juni 1954 - II ZR 69/54 - VersR 1954, 388 unter I 1; vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86 - VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a m.w.N.). Bei einem Anspruch auf Invaliditätsentschädigung ist Voraussetzung für die Leistungsklage nicht nur, daû es die in § 7 I AUB 88 geforderte fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung objektiv gibt; vielmehr muû der Versicherungsnehmer davon auch Kenntnis haben. Nach einem Unfall gibt es oft zahlreiche ärztliche Stellungnahmen und Gutachten zur Frage unfallbedingter Invalidität, von denen der Versicherungsnehmer nicht immer alle kennt. Es ist nicht gerechtfertigt, für die Fälligkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG, von der der Beginn der Verjährung abhängt, auf eine dem Versicherungsnehmer unbekannte ärztliche Feststellung abzuheben (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 b und BGHZ 73, 363, 365 ff.).

c) Allerdings gibt es zugunsten des Versicherers besondere Fälligkeitsregelungen. Nach § 11 Abs. 1 VVG ist die Fälligkeit bis zur Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen aufgeschoben. Darüber hinausgehend enthält § 11 I bis III AUB 88 weitere Fälligkeitsregelungen zugunsten des Versicherers. Diese betreffen aber nur den Fall der positiven Entscheidung über den vom Versicherungsnehmer erhobenen An-

spruch (BGH, Urteil vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Dies gilt jedenfalls insoweit, als es um die Feststellungen zum Versicherungsfall und zum Umfang der Leistungspflicht geht. Davon abgesehen richtet sich die Fälligkeit bei Leistungsablehnung nach § 11 Abs. 1 VVG. Mit der Leistungsablehnung stellt der Versicherer klar, daû keine weiteren Feststellungen zur Entschlieûung über den erhobenen Anspruch erforderlich sind; dann aber besteht kein Grund, die Fälligkeit weiter hinauszuschieben (Senatsurteil vom 22. März 2000 aaO). Die Leistungsablehnung bewirkt demgemäû nur, daû der dem Versicherer zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daû ein noch gar nicht entstandener Anspruch fällig wird (vgl. zum Eintritt des Verzugs bei Erfüllungsverweigerung schon vor Fälligkeit Staudinger /Löwisch [2001] § 284 Rdn 77).
2. Der Anspruch auf die Invaliditätsleistung ist aber im Jahr 1995 fällig geworden, so daû die Verjährung mit dem Schluû dieses Jahres begonnen hat und mit Ablauf des Jahres 1997 eingetreten ist.
Die Voraussetzungen für eine Klage auf sofortige Leistung lagen 1995 vor. Nach dem Vortrag der Klägerin wuûte sie, daû Ende August 1995 unfallbedingte Invalidität eingetreten und ärztlich festgestellt worden war. Einer Geltendmachung der Invalidität und einer erneuten Leistungsablehnung danach bedurfte es wegen der Leistungsablehnung vom 4. November 1994 nicht mehr. Denn die Leistungsablehnung vom 4. November 1994 hat die Fälligkeit in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem alle übrigen Voraussetzungen für das klageweise Geltendmachen des Anspruchs eingetreten waren. Die Beklagte hatte Leistungen aus der Un-

fallversicherung endgültig und umfassend wegen Leistungsfreiheit nach § 39 Abs. 2 VVG abgelehnt. Damit hatte sie unmiûverständlich klargestellt , daû ihre Feststellungen zum Versicherungsfall beendet sind und weitere Feststellungen zu einzelnen Leistungsarten von vornherein nicht in Betracht kommen. Bei einer so gearteten Leistungsablehnung kommt es für die Fälligkeit auf Mitwirkungshandlungen des Versicherungsnehmers wie die Geltendmachung der Invalidität und das Beibringen von Unterlagen i.S. von § 11 I Abs. 1 AUB 88 nicht mehr an. Die Fälligkeit durch Leistungsablehnung wirkt einheitlich für und gegen beide Seiten und nicht nur zugunsten des Versicherungsnehmers.
Auf die von der Revision angesprochene Frist von einem Jahr nach Eintritt des Unfalls gemäû § 11 II Abs. 2 AUB 88 kommt es nicht an. Diese Frist war Mitte Oktober 1995 abgelaufen und steht dem Beginn der Verjährung mit Ablauf des Jahres 1995 damit nicht entgegen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.