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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 258/13
vom
10. Oktober 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
–––––––––––––––––––––––––––––
1. Eine gemeinschaftliche Tatbegehung nach § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB setzt
voraus, dass bei der Verwirklichung der Grundtatbestände des § 176 Abs. 1
und 2 StGB mindestens zwei Personen grundsätzlich vor Ort mit gleicher
Zielrichtung täterschaftlich derart bewusst zusammenwirken, dass sie in der
Tatsituation zusammen auf das Tatopfer einwirken oder sich auf andere
Weise psychisch oder physisch aktiv unterstützen.
2. Der Qualifikationstatbestand des § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB ist auch dann
erfüllt, wenn von zwei am Tatort aktiv zusammenwirkenden Tätern sich der
eine nach § 176 Abs. 1 StGB, der andere nach § 176 Abs. 2 StGB strafbar
macht.
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13 – LG Essen
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Oktober
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Richter am Amtsgericht
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
als Verteider,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers D. ,
Rechtsanwältin
als Vertreterin des Nebenklägers Y. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 4. Februar 2013 aufgehoben
a) hinsichtlich der Verurteilung im Fall II. 1 f der Urteilsgründe ; insoweit wird der Angeklagte freigesprochen; im Umfang des Freispruches fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen in den Fällen II. 1 e und II. 2 der Urteilsgründe;
c) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aa) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II. 1 a bis d und II. 3 der Urteilsgründe, bb) im Gesamtstrafenausspruch.
2. In dem nach dem Teilfreispruch verbleibenden Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen in drei Fällen, schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes, sexuellen Missbrauchs eines Kindes, versuchten sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen sowie wegen Verbreitung pornographischer Schriften in Tateinheit mit Verbreitung und Erwerb kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Erwerb jugendpornographischer Schriften und wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, vom Generalbundesanwalt überwiegend vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Mit ihrer umfassend erhobenen Rüge der Verletzung materiellen Rechts beanstandet die Staatsanwaltschaft insbesondere, dass das Landgericht in den Fällen II. 1 a bis e der Urteilsgründe keinen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB angenommen hat. Ferner wendet sie sich gegen die Strafzumessung.
2
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II. 1 e und f sowie II. 2 der Urteilsgründe – im Fall II. 1 f der Urteilsgründe zu Gunsten des Angeklagten mit der Folge eines Teilfreispruchs –, der Einzelstrafen für die Taten II. 1 a bis d und II. 3 der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe. Im Übrigen erweist sich die Revision als unbegründet.

I.


3
Nach den Feststellungen sprach der Angeklagte den gesondert verfolgten Z. , den er Anfang des Jahres 2012 über das Internet kennen gelernt hatte und mit dem es gegen Bezahlung durch den Angeklagten zum Austausch von sexuellen Handlungen gekommen war, darauf an, ob er nicht auch jüngere Personen männlichen Geschlechts kennen würde, die Interesse an entgeltlichen sexuellen Kontakten mit dem Angeklagten hätten. Z. , der sich durch die Vermittlung von Jungen aus seinem Wohnumfeld ein lukratives Geschäft versprach , ging auf das Ansinnen des Angeklagten ein. In der Folgezeit wandte er sich an den 15-jährigen Y. , den am 17. April 1998 geborenen K. , die jeweils 13 Jahre alten D. und G. sowie den zwölfjährigen H. und veranlasste die Jungen, gegen ein jeweils vom Angeklagten geleistetes Entgelt von 20 € bis 30 € an Treffen mit dem Angeklagten teilzunehmen, bei denen jeweils auch der gesondert verfolgte Z. zugegen war und es zu sexuellen Handlungen zwischen dem Angeklagten und den Jungen kam. Im Einzelnen ereigneten sich folgende Missbrauchstaten:
4
Am 22. März 2012 suchte der gesondert verfolgte Z. zusammen mit Y. und K. den Angeklagten in dessen Wohnung in K. auf. Nachdem Z. , Y. und K. sich auf Frage des Angeklagten hin ausgezogen und alle Beteiligten zunächst an ihren Penissen masturbiert hatten, manipulierte der Angeklagte an den Geschlechtsteilen des Z. und der beiden Jungen, während Z. dem 13 Jahre alten K. und dem weiteren Geschädigten Y. zur Stimulation einen Pornofilm auf seinem Mobiltelefon zeigte. Im weiteren Verlauf führte der Angeklagte bei Y. und Z. den Oralverkehr aus, ehe der Geschädigte K. der Aufforderung des gesondert verfolgten Z. , seinerseits an dem erigierten Penis des Angeklagten den Oralverkehr durchzuführen , nachkam und kurzzeitig das Glied des Angeklagten in den Mund nahm (II. 1 a der Urteilsgründe). An einem weiteren von Z. vermittelten Treffen mit dem Angeklagten zwischen dem 22. März 2012 und dem 21. April 2012 nahm neben Z. und Y. der Geschädigte D. teil. Nachdem der Ge- schädigte – einer Aufforderung des Z. Folge leistend – seine Hose heruntergezogen und den Oberkörper entblößt hatte, manipulierte der Angeklagte mit der Hand am Glied des Jungen und führte anschließend bei dem Kind den Oralverkehr aus (II. 1 b der Urteilsgründe). Am 21. April 2012 holte der Angeklagte entsprechend einer mit dem gesondert verfolgten Z. getroffenen Absprache diesen und die Geschädigten Y. und G. in G. ab und nahm sie mit in seine Wohnung. Dort forderte Z. die Jungen auf, sich zu entkleiden. Z. und die beiden Jungen entblößten ihre Geschlechtsteile, an denen sie anschließend jeweils mit ihren Händen manipulierten. Der gesondert verfolgte Z. zeigte dem Geschädigten G. auf seinem Mobiltelefon einen Pornofilm, weil er wollte, dass der Junge für die sexuellen Handlungen durch den Angeklagten entsprechend erregt war. Sodann führte der Angeklagte bei Z. und den beiden Jungen jeweils den Oralverkehr durch (II. 1 c der Urteilsgründe ). Für den 29. April 2012 vereinbarten der gesondert verfolgte Z. und der Angeklagte ein erneutes Treffen, bei dem der jetzt 14-jährige K. und der weitere Geschädigte H. dem Angeklagten zugeführt werden sollten. Vereinbarungsgemäß fuhr der Angeklagte nach G. , wo er mit Z. und den Jungen K. und H. zusammentraf. Nachdem Z. und K. ihre Genitalien entblößt und der Geschädigte H. – dem Beispiel der anderen folgend – seine Hose und Unterhose heruntergezogen und den Oberkörper durch Hochziehen der Oberbekleidung freigelegt hatte, nahm der Angeklagte den Penis des Geschädigten H. in den Mund und führte kurzzeitig den Oralverkehr an diesem durch, während die beiden anderen jeweils mit den Händen an ihren Geschlechtsteilen manipulierten. Anschließend nahm der Geschädigte K. für kurze Zeit den Oralverkehr am Angeklagten vor(Fall II. 1 d der Urteilsgründe).
5
Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt fasste der gesondert verfolgte Z. gemeinsam mit zwei Bekannten den Entschluss, den Angeklagten mittels kompromittierender Fotos zu erpressen, die während der Sexualkontakte entstehen sollten. Der Zeuge Y. fand sich bereit, an dem Erpressungsvorhaben mitzuwirken. In Ausführung des Tatplans meldete sich Z. beim Angeklagten und initiierte ein neuerliches Treffen, für das Y. den Geschädigten H. akquirieren wollte. Da H. zu einem weiteren Treffen mit sexuellen Handlungen zunächst nicht bereit war, setzte Y. ihn unter Druck, indem er ihm durch Umdrehen eines Fingers Schmerzen zufügte, und erreichte auf diese Weise, dass der Geschädigte widerwillig an dem vereinbarten Treffen mit dem Angeklagten teilnahm. Am 16. Mai 2012 begab sich der Angeklagte mit Z. , Y. und dem Geschädigten H. zu der für den Sexualkontakt vorgesehenen Lichtung bei einer Abraumhalde in G. . Dort berührte der Angeklagte den Geschädigten mit der Hand an dessen freigelegtem Oberkörper , wobei er selbst an sich bis zum Samenerguss onanierte. Der gesondert verfolgte Z. fertigte hiervon Lichtbilder mit seinem Mobiltelefon (II. 1 e der Urteilsgründe). Um den Angeklagten mit den Lichtbildern zu konfrontieren und die Erpressung ins Werk zu setzen, vereinbarte Z. mit dem Angeklagten ein weiteres Treffen, für das dem Angeklagten wahrheitswidrig Y. als „Sexualobjekt“ angekündigt wurde. Tatsächlich bestand zwischen Z. und Y. Einvernehmen, dass es bei diesem Treffen zu keinem Sexualkontakt mit dem Angeklagten kommen werde. Absprachegemäß suchte der Angeklagte am 28. Mai 2012 in der sicheren Vorstellung, dort den Oralverkehr an Y. vornehmen zu können, die an der Abraumhalde gelegene Lichtung auf. Als er und Z. an der Lichtung auf Y. trafen, lief dieser rasch weg (II. 1 f der Urteilsgründe ).
6
Der Angeklagte stand über das Internet in Kontakt mit dem 15-jährigen T. . Im Rahmen der Kommunikation, die mit sich steigernder Intensität sexuelle Themen zum Gegenstand hatte, übermittelte T. auf Aufforderung des Angeklagten Bilder von sich, auf denen er unbekleidet masturbierend und seinen Anus präsentierend zu sehen war. Des Weiteren tauschten der Angeklagte und T. kinderpornographische Bilder aus, wobei der Angeklagte an T. fünf Bilder sandte und von T. aufforderungsgemäß drei Bilder erhielt (II. 2 der Urteilsgründe). Auf dem Computer „Macbook“ und der externen Festplatte „Freecom“ des Angeklagten, die bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten sichergestellt wurden, befanden sich unter anderem neun Bilder mit kinderpornographischen Inhalten (II. 3 der Urteilsgründe).

II.


7
1. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Landgericht einen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern nach § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB in den Fällen II. 1 a bis d der Urteilsgründe nicht angenommen und im Fall II. 1 e der Urteilsgründe nicht geprüft hat.
8
a) Nach § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB wird der sexuelle Missbrauch von Kindern in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 StGB als schwerer sexueller Missbrauch von Kindern mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird. Die Qualifikationsnorm des § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB, die vom Gesetzgeber durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl. I, S. 164) in Anlehnung an die Vorschrift des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB in das Strafgesetzbuch eingefügt worden ist (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8587, S. 31 f.), trägt dem gesteigerten Tatunrecht Rechnung, welches daraus resultiert, dass regelmäßig die psychischen Widerstandskräfte des Kindes in höherem Maße beeinträchtigt sind und die Gefahren für dessen ungestörte sexuelle Entwicklung zunehmen, wenn das Opfer dem gemeinsamen sexuellen Ansinnen mehrerer ausgesetzt ist (vgl. Hörnle in LK-StGB, 12. Aufl., § 176a Rn. 32; Perron/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 176a Rn. 9). Mit Blick auf diesen Normzweck setzt eine gemeinschaftliche Tatbegehung nach § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB voraus, dass bei der Verwirklichung der Grundtatbestände des § 176 Abs. 1 und 2 StGB mindestens zwei Personen grundsätzlich vor Ort mit gleicher Zielrichtung derart bewusst zusammenwirken , dass sie in der Tatsituation zusammen auf das Tatopfer einwirken oder sich auf andere Weise psychisch oder physisch aktiv unterstützen (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 176a Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572, 573; Beschluss vom 14. Oktober 1999 – 4 StR 312/99, NStZ 2000, 194 jeweils zu § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Erforderlich ist aufgrund des von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB abweichenden Wortlauts der Vorschrift ein täterschaftliches Verhalten (vgl. MüKoStGB/ Renzikowski, 2. Aufl., § 176a Rn. 24; Fischer, aaO; Perron/Eisele, aaO; aA Hörnle, aaO, Rn. 34). Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB müssen allerdings nicht vorliegen. Dies folgt daraus, dass durch § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB seinem ausdrücklichen Regelungsgehalt nach gerade auch die gemeinschaftliche Begehung der Taten gemäß § 176 Abs. 1 StGB qualifiziert werden soll. Bei § 176 Abs. 1 StGB handelt es sich aber um ein eigenhändiges Delikt (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1995 – 1 StR 236/95, BGHSt 41, 242, 243 ff.), was jede mittäterschaftliche Zurech- nung gemäß § 25 Abs. 2 StGB ausschließt (vgl. Hörnle, aaO, § 176 Rn. 24, 26). Für die Qualifizierung von Missbrauchstaten nach § 176 Abs. 1 StGB durch eine gemeinsame Tatbegehung reicht es daher aus, dass mehrere Personen im Rahmen eines einheitlichen Tatgeschehens jede für sich sexuelle Handlungen am Tatopfer vornehmen oder jeweils an sich vornehmen lassen.
9
Nach seinem auf Taten nach § 176 Abs. 1 und 2 StGB abstellenden Wortlaut ist der Qualifikationstatbestand des § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB auch dann erfüllt, wenn von zwei am Tatort aktiv zusammenwirkenden Tätern sich der eine nach § 176 Abs. 1 StGB, der andere nach § 176 Abs. 2 StGB strafbar macht (vgl. Hörnle, aaO, § 176a Rn. 36; Renzikowski, aaO; Fischer, aaO; Perron/Eisele, aaO; Eschelbach in Matt/Renzikowski, StGB, § 176a Rn. 20; Ziegler in von Heintschel-Heinegg, StGB, § 176a Rn. 13; Gössel, Das Neue Sexualstrafrecht, 2005, § 6 Rn. 44; Laubenthal, Handbuch Sexualstraftaten, 2012, Rn. 530; aA Wolters in SK-StGB, § 176a Rn. 19 [Stand: August 2012] und in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB, § 176a Rn. 15). Da § 176 Abs. 2 StGB die Verursachung sexueller Handlungen von oder an einem Dritten durch Einwirken auf das kindliche Opfer strafrechtlich erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1995 – 1 StR 236/95, aaO, 246), liegt die für eine gemeinschaftliche Tatbegehung nach § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB erforderliche gleiche Zielrichtung des täterschaftlichen Handelns hier darin, dass der Täter nach § 176 Abs. 2 StGB durch seinen Bestimmungsakt gerade diejenige sexuelle Handlung ermöglicht, die der andere im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB vornimmt oder an sich vornehmen lässt. Auch diese Art des Zusammenwirkens gegenüber dem Tatopfer weist den im Vergleich zu den Grundtatbeständen gesteigerten Unrechtsgehalt auf, der für die Qualifikation des § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB kennzeichnend ist.
10
b) In den Fällen II. 1 a bis d der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte danach entgegen der Auffassung der Strafkammer jeweils auch des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB schuldig gemacht. Nach den Feststellungen wurden die kindlichen Tatopfer jeweils durch den gesondert verfolgten Z. dazu bestimmt, die sexuellen Handlungen am Angeklagten vorzunehmen oder durch ihn an sich zu dulden.Z. veranlasste die Kinder nicht nur im Vorfeld zur Teilnahme an den Treffen mit dem Angeklagten , sondern war bei diesen Treffen jeweils selbst vor Ort anwesend und unterstützte die sexuellen Handlungen zwischen dem Angeklagten und den Opfern, indem er die Opfer verbal zur Mitwirkung aufforderte oder durch auf deren sexuelle Stimulation abzielende Handlungen auf die Kinder einwirkte.
11
Da der Angeklagte in den Fällen II. 1 a bis d der Urteilsgründe unter anderem jeweils wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist, berührt die unzutreffende rechtliche Wertung des Landgerichts allein den Schuldumfang der Taten, sodass die Schuldsprüche bestehen bleiben können und es nur einer Aufhebung der Einzelstrafaussprüche bedarf (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 – 4 StR 139/10, NStZ-RR 2010, 278).
12
c) Im Fall II. 1 e der Urteilsgründe lassen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen eine abschließende rechtliche Bewertung nicht zu. Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass das Tatopfer H. erst auf Druck des Zeugen Y. zu einem weiteren Treffen mit dem Angeklagten zur Vornahme sexueller Handlungen bereit war, und der Zeuge Y. zusammen mit Z. , dem Angeklagten und dem Opfer zur späteren Tatörtlichkeit fuhr. Ob Y. die Vornahme der sexuellen Handlung durch den Angeklagten vor Ort durch einen aktiven Mitwirkungsbeitrag unterstützte, ist der Sachverhaltsschilderung des angefochtenen Urteils aber nicht zu entnehmen. Ein Bestimmungsakt des Z. gegenüber dem Opfer im Sinne des § 176 Abs. 2 StGB ist ebenfalls nicht fest- gestellt. Der Schuldspruch im Fall II. 1 e der Urteilsgründe bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Prüfung.
13
2. Der Schuldspruch wegen Verbreitung pornographischer Schriften in Tateinheit mit Verbreitung und Erwerb kinderpornographischer Schriften und Erwerb jugendpornographischer Schriften im Fall II. 2 der Urteilsgründe kann bereits deshalb keinen Bestand haben, weil die Urteilsfeststellungen die Annahme einer materiell-rechtlichen Tat nicht tragen.
14
Die Übersendung und der Empfang mehrerer kinderpornographischer oder jugendpornographischer Bilder über das Internet stellt nur dann eine Tat im materiell-rechtlichen Sinne dar, wenn die Übermittlungen im Rahmen eines zusammenhängenden Kommunikationsvorgangs erfolgten. Liegen dagegen mehrere zeitlich voneinander getrennte Kommunikationsvorgänge vor, sind mehrere real konkurrierende Taten gegeben (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 – 3 StR 215/08, NStZ 2009, 208). Das Landgericht hat lediglich festgestellt , dass der gegenseitige Austausch kinderpornographischer Bilder und die Übersendung der jugendpornographischen Abbildungen von dem Zeugen T. an den Angeklagten im Rahmen der Internetkommunikation zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen vorgenommen wurden. Nähere Feststellungen zu den Einzelheiten dieser Kommunikation, insbesondere zu deren Dauer und Verlauf, hat es dagegen nicht getroffen. Nach den Urteilsgründen bleibt daher offen, ob der Übermittlung der Bilder ein einheitlicher oder mehrere getrennte Kommunikationsvorgänge zu Grunde lagen.
15
Im Übrigen begegnet die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Verbreitung kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Da die Übersendung der kinderporno- graphischen Bilder, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergaben, durch den Angeklagten an den Zeugen T. nach den Feststellungen nicht dazu diente, die Bilder einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen, hat sich der Angeklagte insoweit nicht eines Verbreitens im Sinne des § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB (zum Begriff des Verbreitens vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 2004 – 2 StR 365/04, BGHR StGB § 130 Abs. 2 Verbreiten 1; vom 24. März 1999 – 3 StR 240/98, BGHR StGB § 184 Verbreiten 1), sondern des Besitzverschaffens von kinderpornographischen Schriften nach § 184b Abs. 2 StGB schuldig gemacht.
16
3. Im Fall II. 1 f der Urteilsgründe führt die Revision der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) zur Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen gemäß § 182 Abs. 2 und 4 StGB und zum Freispruch des Angeklagten. Die vom Angeklagten angestrebte Missbrauchstat hat die Schwelle zum strafbaren Versuch nicht überschritten.
17
Nach § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt. Noch nicht tatbestandsmäßige Handlungen erfüllen diese Voraussetzung nur, wenn sie nach dem Tatplan der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals so dicht vorgelagert sind, dass das Geschehen bei ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmündet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2011 – 4 StR 454/11, BGHR StGB § 176 Abs. 1 Versuch 1 mwN). Von diesem Maßstab ausgehend liegt in dem von der Strafkammer festgestellten Aufsuchen der zur Tatbegehung vorgesehenen Örtlichkeit kein unmittelbares Ansetzen des Angeklagten zur Verwirklichung des Tatbestands des § 182 Abs. 2 StGB, da das Tatopfer noch nicht in den Zugriffsbe- reich des Angeklagten gelangt und die Vornahme des Oralverkehrs am Opfer nach den Vorstellungen des Angeklagten im Weiteren von der Bereitschaft des Opfers abhängig war, sich auf das sexuelle Ansinnen des Angeklagten einzulassen.
18
4. Der Einzelstrafausspruch im Fall II. 3 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bei der Bemessung der Einzelstrafe hat das Landgericht die Dauer der Untersuchungshaft, von der sich der Angeklagte stark beeindruckt gezeigt hat, zu Gunsten des bislang unbestraften Angeklagten strafmildernd berücksichtigt. Erlittene Untersuchungshaft ist aber regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteile vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, Rn. 3, vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100; vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21). Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Solche zusätzlichen, den Angeklagten besonders beschwerende Umstände oder Folgen des Haftvollzugs hat die Strafkammer indes nicht konkret festgestellt. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass sich die rechtlich unzutreffende Wertung der Strafkammer auf die Höhe der verhängten Einzelfreiheitsstrafe ausgewirkt hat.
19
5. Die Aufhebung der Verurteilungen in den Fällen II. 1 e und f sowie II. 2 der Urteilsgründe und der Einzelstrafen in den Fällen II. 1 a bis d und II. 3 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
20
Für die neuerlich zu treffende Gesamtstrafenentscheidung weist der Senat darauf hin, dass die Bemessung der Gesamtstrafe einer eingehenden Begründung bedarf, wenn die Einsatzstrafe nur geringfügig überschritten wird (vgl. BGH, Urteile vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568; vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271). Bei der zusammenfassenden Würdigung der einzelnen Taten wird der neue Tatrichter auch zu bedenken haben, dass sich die rechtskräftig feststehenden Missbrauchstaten in den Fällen II. 1 a bis d der Urteilsgründe jeweils gegen verschiedene kindliche Tatopfer richteten.
Sost-Scheible Cierniak Mutzbauer
Bender Quentin

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Strafrecht: Zum gemeinschaftlich begangenen sexuellen Missbrauch

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Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 347/05
vom
22. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
zu 1. und 2. wegen unerlaubten Führens einer halbautomatischen
Selbstladekurzwaffe u.a.
zu 3. wegen Anstiftung zum unerlaubten Führen einer halbautomatischen
Selbstladekurzwaffe u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Dezember
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Ö. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Cemal Ak. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Ziver Ak. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Nebenklägers Cemal Ak. wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 28. Februar 2005 in den Schuldsprüchen dahin ergänzt, dass die Angeklagten P. und Ö. auch der tateinheitlich verwirklichten versuchten gefährlichen Körperverletzung in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und der Angeklagte A. der Anstiftung hierzu schuldig sind.
2. Die weitergehenden Revisionen des Nebenklägers Cemal Ak. und die Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Nebenkläger Ziver Ak. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Nebenkläger Cemal Ak. hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen, jedoch wird die Revisionsgebühr um ein Drittel ermäßigt. Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Angeklagten P. und Ö. des unerlaubten Führens einer halbautomatischen kurzläufigen Selbstladewaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und den Angeklagten A. der Anstiftung hierzu für schuldig befunden. Es hat deswegen die Angeklagten P. und A. jeweils zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten Ö. zu einer solchen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten und des Nebenklägers Cemal Ak. . Die Angeklagten Ö. und A. rügen die Verletzung materiellen Rechts, der Angeklagte P. darüber hinaus auch die Verletzung von Verfahrensrecht. Der Nebenkläger verfolgt mit seinen Revisionen in erster Linie das Ziel einer Verurteilung der Angeklagten (auch) wegen eines versuchten Tötungsdelikts, zumindest aber wegen versuchter (gefährlicher) Körperverletzung und beanstandet mit der Sachrüge die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich als unbegründet, die des Nebenklägers Cemal Ak. nur als teilweise begründet.

II.

2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
Der Angeklagte A. beabsichtigte, den Nebenkläger Cemal Ak. für eine aus seiner Sicht ihm zugefügte Ehrverletzung zu bestrafen. Hintergrund hierfür war, dass ihm seine Ehefrau mitgeteilt hatte, der Nebenkläger habe vor Jahren versucht, sich ihr sexuell zu nähern. Die Mitangeklagten Ö. und P. erklärten sich bereit, die „Bestrafungsaktion“ gegen Zahlung von 3.000 € zu übernehmen. Hierbei wurde zunächst ins Auge gefasst, den Nebenkläger „zu schlagen“. Später kam man überein, mit einer vom Angeklagten Ö. zu beschaffenden Pistole auf das Fahrzeug des Nebenklägers zu schießen, um diesen „nachhaltig zu erschrecken“. Für ein solches Vorgehen verlangten P. und Ö. die Zahlung weiterer 4.500 €. Der Angeklagte A. erklärte sich hiermit einverstanden.
4
Am Abend des Tattages fuhren die Angeklagten P. und Ö. zu einer zuvor von P. ausgekundschafteten Stelle, die der Nebenkläger mit seinem Pkw von seiner Arbeitsstelle kommend passieren musste. Der Angeklagte Ö. hatte – wie verabredet – eine Pistole, Kaliber 9 mm, nebst Munition mitgebracht, zu deren Führung weder er noch der Angeklagte P. berechtigt waren. Mit dieser sollte der Angeklagte P. als geübter Sportschütze die Schüsse auf das Fahrzeug des Nebenklägers abgeben. Der Angeklagte Ö. positionierte sich auf einem dem späteren Tatort benachbarten Grundstück, um P. das Herannahen des Pkw des Nebenklägers mit einem Anruf seines Mobiltelefons anzukündigen. Für die Angeklagten stand fest, dass durch die Schüsse niemand verletzt werde sollte, „was sie aufgrund der Schießerfahrung des Angeklagten P. für machbar hielten“. Als der Nebenkläger – durch den Angeklagten Ö. wie vereinbart angekündigt – sich mit seinem Fahrzeug, in welchem sich noch zwei weitere Mitfahrer befanden , mit einer Geschwindigkeit von 30 – 40 km/h der Position des Angeklagten P. näherte, feuerte dieser hinter einer Hecke verborgen aus einer Entfernung von etwa fünf bis sieben Meter innerhalb weniger Sekunden in zwei oder drei kurzen Serien insgesamt sieben, auf die Reifen des Fahrzeugs gezielte Schüsse ab. Vier der Schüsse trafen das Fahrzeug. Ein Geschoß drang an der Vorderkante der linken hinteren Tür ca. 42,5 cm über dem Türschweller in die Karosserie ein. Die drei weiteren Einschläge erfolgten im Bereich des linken vorderen Reifens und Radkastens. Bei Abfeuern der Schüsse erkannte der Angeklagte P. die Möglichkeit, dass diese die Fahrzeuginsassen treffen und unter Umständen tödlich verletzen könnten. Einen solchen Erfolg wollte er jedoch nicht. Aufgrund seiner Erfahrung als Schütze vertraute er auf seine Treffsicherheit und deshalb darauf, dass die drei von ihm erkannten Fahrzeuginsassen nicht verletzt würden. Allerdings nahm er mindestens billigend in Kauf, dass es aufgrund des erwarteten und erwünschten Erschreckens des Fahr- zeugführers oder aber einer Beschädigung des Fahrzeugs, insbesondere der Reifen, zu einem Unfall kommen könnte. Es kam ihm jedoch nicht darauf an, einen Unfall herbeizuführen (UA 15).
5
Der Nebenkläger hielt sein Fahrzeug kurz an und fuhr - als er bemerkte, dass auf das Fahrzeug geschossen wurde – mit erhöhter Geschwindigkeit davon. Sowohl er wie auch seine zwei Mitfahrer blieben unverletzt.

III.

6
Die Revisionen des Nebenklägers:
7
1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der es einen Tötungsvorsatz , auch in der Form eines Eventualvorsatzes, verneint hat, lässt Rechtsfehler nicht erkennen (zur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit tatrichterlicher Beweiswürdigung vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13 und Überzeugungsbildung 33 m.w.N.).
8
a) Es hat mit tragfähigen Begründungen unter Abwägung der maßgeblichen Tatumstände und Indizien das Vorliegen eines versuchten Auftragsmordes im Rahmen einer Blutfehde zwischen der Familiengruppe des Nebenklägers und einer anderen kurdischen Familiengruppierung um den Angeklagten A. verneint. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beschwerdeführers („Scheinargumente“, „Würdigungsfehler“) decken keinen Rechtsfehler auf, sondern stellen nur den revisionsrechtlich unzulässigen Versuch dar, die eigene Beweiswürdigung an Stelle der des Tatrichters zu setzen.
9
b) Auch die weiteren Erwägungen, mit denen das Landgericht das Vorliegen eines (bedingten) Tötungsvorsatzes verneint hat, geben keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Die erkennende Strafkammer hat insoweit maßgeblich darauf abgestellt, dass von den sieben Schüssen, die der Angeklagte P. aus relativ kurzer Entfernung auf das Fahrzeug des Nebenklägers abgegeben hat, drei das Ziel völlig verfehlt haben und drei weitere im Bereich des linken Vorderreifens eingeschlagen sind. Hieraus und aus dem Umstand, dass der Angeklagte P. in den Jahren vor der Tat regelmäßig an dem Pistolen-Schusstraining seines Schützenvereins teilgenommen und als Sportschütze zumindest mittelmäßige Ergebnisse erzielt hatte, hat sie den – jedenfalls möglichen - Schluss gezogen, dass der Angeklagte ausschließlich auf die Reifen des Fahrzeugs des Nebenklägers gezielt und eine tödliche Verletzung der Fahrzeuginsassen weder wollte noch billigend in Kauf genommen hat. Soweit der weitere Schuss links hinten in Höhe der Oberkörper der Fahrzeuginsassen auftraf, hat das Landgericht in Anbetracht der genannten Umstände die Einlassung des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung, er sei bei dem Mitschwenken mit dem Schießarm gegen die Hecke gekommen, als nicht widerlegbar erachtet. Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal das Landgericht die nach Auffassung der Revision für die Annahme eines Tötungsvorsatzes sprechenden Umstände, nämlich dass die Schüsse bei Dunkelheit, auf ein sich bewegendes Ziel und mit einer dem Schützen nicht vertrauten Waffe abgegeben worden sind, ausdrücklich in seine Überlegungen mit einbezogen hat.
10
2. Aus den vorgenannten Gründen ist es auch revisionsrechtlich noch hinzunehmen, dass das Landgericht zu der Überzeugung gelangt ist, die Angeklagten hätten eine Verletzung der Fahrzeuginsassen (unmittelbar) durch die auf das Fahrzeug aufprallenden Geschosse weder gewollt noch billigend in Kauf genommen.
11
3. a) Keinen Bestand hat jedoch das Urteil, soweit das Landgericht einen (bedingten) Körperverletzungsvorsatz auch in Bezug auf ein (mögliches) durch die abgegebenen Schüsse ausgelöstes Unfallgeschehen verneint hat. Nach dem gemeinsamen Tatplan der Angeklagten sollte der Nebenkläger Cemal Ak. durch die auf sein Fahrzeug aufprallenden Geschosse „erschreckt“ werden. Das Landgericht hat hierzu – bezogen auf den Angeklagten P. – ausgeführt, er habe es bei Abgabe der Schüsse „mindestens billigend in Kauf“ genommen, dass es aufgrund des Erschreckens des Fahrzeugführers oder aber einer Beschädigung des Fahrzeugs zu einem Unfall kommen könnte. Nichts anderes gilt nach den Urteilsfeststellungen in Bezug auf die - in die wesentlichen Tatmodalitäten - eingeweihten Mitangeklagten Ö. und A. . Dass es in Anbetracht der hier gegebenen Umstände – das Fahrzeug hielt zum Zeitpunkt der Abgabe der ersten Schüsse eine Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h ein und befand sich in einem Abbiegevorgang - bei einem Unfallgeschehen, etwa einem Abkommen von der Fahrbahn und anschließendem Aufprall auf ein Hindernis, nicht zu einer – zumindest leichten - Verletzung der Insassen kommen würde, lag eher fern. Jedenfalls konnten - was das Landgericht verkannt hat - bei dieser Sachlage die Angeklagten nicht mehr ernsthaft darauf vertrauen , dass die Betroffenen bei einem Unfall unverletzt bleiben würden.
12
b) Das Landgericht hätte daher auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen die Angeklagten P. und Ö. auch der tateinheitlich verwirklichten versuchten gefährlichen Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen und den Angeklagten A. der Anstiftung hierzu für schuldig befinden müssen.
13
aa) Allerdings ist die Tatbestandsvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB („mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“) hier nicht gegeben. Sie setzt voraus, dass die Körperverletzung durch ein von Außen auf den Körper des Tatopfers einwirkendes gefährliches Tatmittel verursacht wird (Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 224 Rdn. 7; vgl. auch Schönke/SchröderStree StGB 26. Aufl. § 224 Rdn. 3). Gegenstand des (bedingten) Tatvorsatzes der Angeklagten war jedoch nicht, dass die Fahrzeuginsassen durch die mit der Waffe abgefeuerten Projektile körperlich verletzt würden, sondern durch ein infolge der Schüsse ausgelöstes Unfallgeschehen. Ein Körperverletzungserfolg wäre danach erst durch den nachfolgenden Unfall und nicht „mittels“ der eingesetzten Waffe eingetreten.
14
bb) Jedoch liegen die Voraussetzungen einer Versuchsstrafbarkeit nach §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 22, 23 StGB vor. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte P. mit einem anderen Beteiligten, dem Mitangeklagten Ö. , zu der hier relevanten Körperverletzungshandlung – Verursachung eines Unfalls – unmittelbar angesetzt; zu dieser Handlung hat der Angeklagte A. die beiden Mitangeklagten bestimmt (§ 26 StGB).
15
§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass mindestens zwei Personen bei der Körperverletzung bewusst zusammenwirken. Nicht erforderlich ist die eigenhändige Mitwirkung jedes einzelnen an der Verletzungshandlung. Vielmehr genügt es, dass eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden aktiv - physisch oder psychisch – unterstützt (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 47, 383, 386/387; BGH NStZ 2000, 194, 195 ). So verhält es sich hier. Der Mitangeklagte Ö. befand sich im näheren Tatortbereich. Er hat weiterhin mit dem Angeklagten P. bei der (versuchten) Körperverletzung täterschaftlich zusammengewirkt, indem er das Herannahen der Tatopfer mit einem Anruf seines Mobiltelefons ankündigte und es P. damit ermöglichte, hierauf rechtzeitig zu reagieren. Der Annahme gemeinschaftlicher Begehungsweise steht hier nicht entgegen, dass die Tatopfer von der Beteiligung einer zweiten Person keine Kenntnis hatten (vgl. hierzu MünchKommStGB/Hardtung § 224 Rdn. 26; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 224 Rdn. 11 a; Lackner/Kühl 25. Aufl. § 224 Rdn. 7 sowie zu § 223 a StGB a.F. BGHR § 223 a Abs. 1 gemeinschaftlich 2). Durch den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB sollen Begehungsweisen erfasst werden, bei denen durch das Zusammenwirken mehrerer eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Tatopfer begründet wird (BGHSt 47, 383, 386). Der Grad der Gefährlichkeit der Körperverletzung hängt jedoch von der konkreten Tatsituation, nicht aber von der Kenntnis des Tatopfers ab. Bei einem offen geführten Angriff werden die Täter dem Verletzten in aller Regel unmittelbar gegenüberstehen und das Tatopfer damit von der Beteiligung mehrerer Personen wissen. Wird der Angriff – wie hier – bei Dunkelheit verdeckt aus einem Hinterhalt geführt, so ist das Tatopfer vielfach gar nicht in der Lage, den oder die Angreifer wahrzunehmen. Die Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung ist in einem solchen Fall jedoch nicht geringer, sondern im Allgemeinen eher höher anzusetzen.
16
c) Der Senat hat daher die Schuldsprüche, wie aus der Urteilsformel ersichtlich , in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ergänzt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
17
4. Die Strafaussprüche können jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei Verurteilung der Angeklagten P. und Ö. auch wegen tateinheitlich verwirklichter versuchter gefährlicher Körperverletzung und des Angeklagten A. wegen Anstiftung hierzu auf höhere Freiheitsstrafen erkannt hätte, zumal es das Maß der Gefährdung der drei Fahrzeuginsassen bei der Strafzumessung nicht unberücksichtigt gelassen hat.
18
Die Revisionen der Angeklagten:
19
Die Rüge formellen Rechts des Angeklagten P. ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrügen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Soweit der Angeklagte A. speziell die Strafzumessung beanstandet, wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.

IV.

20
Von einer Überbürdung der durch die Revisionen der Angeklagten dem Nebenkläger Cemal Ak. entstandenen notwendigen Auslagen sieht der Senat ab, denn die Rechtsmittel der Angeklagten waren insgesamt und die des Nebenklägers im Wesentlichen erfolglos (§§ 472 Abs. 1 Satz 2, 473 Abs. 4 StPO; BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung 1). Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Ernemann

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 139/10
vom
18. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
BGHSt: nein
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 52 Abs. 1, § 176 a Abs. 1 und 2 Nr. 1
Tateinheit liegt vor, wenn dieselbe Handlung des Täters sowohl § 176 a
Abs. 1 StGB als auch § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB verletzt.
BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 4 StR 139/10 - Landgericht Essen -
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Mai 2010 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Januar 2010
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen der beiden in der Zeit zwischen dem 6. und dem 18. April 2009 begangenen Taten des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen schuldig ist,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über aa) die Einzelstrafen in den beiden unter Buchstabe
a) bezeichneten Fällen sowie die Gesamtfreiheitsstrafe , bb) die Anordnung der Sicherungsverwahrung. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe auch durch die sexuellen Handlungen im April 2009 die Voraussetzungen des § 176 a Abs. 1 StGB erfüllt, ist rechtsfehlerhaft; zutreffend ist die Strafkammer hingegen davon ausgegangen, dass die im Juli 2009 begangenen Verstöße gegen § 176 a Abs. 1 und 2 StGB zueinander in Tateinheit stehen.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Angeklagte am 17. Dezember 2008 - rechtskräftig seit dem 29. Mai 2009 - wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, wegen versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in zwei Fällen und wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
4
In der Zeit vom 6. bis 18. April 2009 manipulierte der Angeklagte bei zwei Gelegenheiten an dem Geschlechtsteil des am 1. Mai 1997 geborenen K. V. , dessen Alter ihm bekannt war, bis zum Samenerguss.
5
Nach Erhalt der Ladung zum Strafvollzug und der Gewährung eines Strafaufschubs führte der Angeklagte in der Zeit vom 2. bis zum 9. Juli 2009 an sechs Abenden an K. den Oralverkehr bis zur Ejakulation in seinen Mund aus.
6
2. Danach erweist sich die Verurteilung des Angeklagten wegen zweier Verstöße gegen § 176 a Abs. 1 StGB durch die beiden Übergriffe auf K. im April 2009 als rechtsfehlerhaft. Zwar hat der Angeklagte jeweils vorsätzlich sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren (Kind) vorgenommen (§ 176 Abs. 1 StGB). Jedoch war der Angeklagte zu den Tatzeitpunkten im April 2009 nicht "innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt worden" (§ 176 a Abs. 1 StGB). Denn die (einzige) Vorverurteilung des Angeklagten vom 17. Dezember 2008 ist erst am 29. Mai 2009 rechtskräftig geworden. Die Rückfallklausel des § 176 a Abs. 1 StGB setzt voraus , dass die Wiederholungstat nach einer einschlägigen rechtskräftigen Vorverurteilung begangen worden ist (vgl. Renzikowski in MünchKomm StGB § 176 a Rdn. 12, 15 sowie speziell zu dem Fall des noch laufenden Rechtsmittelverfahrens Hörnle in LK StGB 12. Aufl. § 176 a Rdn. 10). Dem steht der Hinweis der Strafkammer, dass "hinsichtlich der Fristberechnung auf den Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung abzustellen ist" (UA 22), nicht entgegen. Diesem Zeitpunkt wird zwar teilweise für die Beantwortung der Frage, welches Ereignis die Fünfjahresfrist in Lauf setzt, Bedeutung beigemessen (vgl. zu dieser Streitfrage näher Wolters in Satzger/Schmitt/Widmaier StGB § 176 a Rdn. 8; Hörnle aaO Rdn. 14 m.w.N.). Dies hat jedoch nichts mit dem schon aus dem Wortlaut der Vorschrift folgenden Erfordernis einer rechtskräftigen Vorverurteilung zu tun (vgl. z.B. Renzikowski aaO Rdn. 16).
7
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend abgeändert; § 265 StPO steht nicht entgegen. Dies zieht die Aufhebung der beiden für die Übergriffe im April 2009 verhängten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und zwei Monaten sowie der Gesamtstrafe nach sich. Der Senat schließt hingegen aus, dass die übrigen Einzelstrafen von dem aufgezeigten Rechtsfehler betroffen sind.
8
3. Zutreffend hat das Landgericht in den sechs Fällen des Oralverkehrs an K. im Juli 2009 angenommen, dass der Angeklagte tateinheitlich zu dem Tatbestand des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB die Voraussetzungen des § 176 a Abs. 1 StGB verwirklicht hat. Die erforderliche rechtskräftige Vorverurteilung lag nunmehr vor (zu deren Warnfunktion vgl. BGH, Beschl. vom 13. September 2001 - 3 StR 269/01, NStZ 2002, 198, 199). Der Senat ist mit der Strafkammer der Auffassung, dass die Verletzung sowohl des § 176 a Abs. 1 als auch des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB zueinander in Tateinheit steht (so auch Hörnle aaO Rdn. 95; Wolters aaO Rdn. 22; ders. in SK-StGB § 176 a Rdn. 28; Frommel in NK StGB 3. Aufl. § 176 a Rdn. 18), ohne dass dies notwendig im Tenor zum Ausdruck gebracht werden muss (§ 260 Abs. 4 Satz 5 StPO). Allerdings wird dieses Konkurrenzverhältnis nicht einheitlich beurteilt. So wird auch vertreten, es liege nur eine einzige Tat vor, wenn der Täter durch eine Handlung mehrere Alternativen des § 176 a StGB verwirklicht (Renzikowski aaO Rdn. 43; Lackner/Kühl StGB 26. Aufl. § 176 a Rdn. 6). Teilweise wird auch angenommen , der Tatbestand des § 176 a Abs. 2 StGB verdränge Absatz 1 (Lenckner/Perron/Eisele in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 176 a Rdn. 16; Fischer StGB 57. Aufl. § 176 a Rdn. 23; BeckOK-StGB/Ziegler § 176 a Rdn. 23). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Bei § 176 a Abs. 1 und 2 StGB handelt es sich um unterschiedliche, jeweils auf der Verwirklichung des Grundtatbestands des § 176 StGB aufbauende Qualifikationen. Die Strafverschärfungen in Absatz 1 und Absatz 2 betreffen jeweils unterschiedliche Un- rechtsaspekte, welche die Handlung zum Verbrechen aufwerten (Hörnle aaO). Absatz 1 qualifiziert Wiederholungstaten zum Verbrechen, Absatz 2 Nr. 1 besonders erhebliche sexuellen Handlungen, die dur ch ihre Intensität das sexuelle Selbstbestimmungsrecht in hohem Maße berühren (Renzikowski aaO Rdn. 2, 12, 20).
9
4. Der Wegfall der Gesamtfreiheitsstrafe entzieht der auf § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB gestützten Anordnung der Sicherungsverwahrung die Grundlage; die verbleibenden sechs Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren und fünf Monaten vermögen diesen Ausspruch nicht zu tragen.
Athing Ernemann Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 215/08
vom
10. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Juli 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 27. Februar 2008 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II. 2. und 3. der Urteilsgründe des Sich-Verschaffens kinderpornographischer Schriften schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in einem Fall sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Sie führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs wegen des Umgangs mit kinderpornographischen Schriften.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrachtete der Angeklagte im Juni 2007 kinderpornographische Seiten im Internet. Dabei wurden ohne sein Zutun aber mit seinem Wissen entsprechende Bilddateien auf der Festplatte seines Computers gespeichert. Einen Monat später lud er zwei Videodateien, die ebenfalls den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern darstellten, aus dem Internet auf seinen Computer herunter. Der Vorgang blieb unvollständig, die Filme konnten jedoch abgespielt werden.
3
Damit hat sich der Angeklagte in zwei Fällen kinderpornographische Schriften, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, verschafft (§ 184 b Abs. 4 Satz 1 StGB). Soweit der Angeklagte dabei im Verlauf einer Internetsitzung jeweils mehrere Dateien auf seinen Computer heruntergeladen hat, liegt jeweils nur eine Tat im Rechtssinn vor. Die zeitlich deutlich auseinander liegenden , jeweils auf Grund eines gesonderten Tatentschlusses erfolgten Beschaffungsvorgänge stehen dagegen zueinander in Tatmehrheit.
4
Eine - vom Landgericht angenommene - Strafbarkeit wegen Besitzes dieser Schriften (§ 184 b Abs. 4 Satz 2 StGB) kommt hingegen hier nicht in Betracht. Beim Besitz handelt es sich um einen Auffangtatbestand. Er folgt zwar zwangsläufig dem Sich-Verschaffen von Schriften - d. h. der erfolgreichen Begehungsform des Unternehmensdelikts gemäß § 184 b Abs. 4 Satz 1 StGB - nach. Die Besitzverschaffung ist am illegalen Markt der Kinderpornographie jedoch das gefährdungsintensivere Delikt. Der Besitz der Schriften tritt deshalb hinter ihr zurück (Hörnle in MünchKomm-StGB § 184 b Rdn. 35). Diese Betrachtung entspricht derjenigen im Betäubungsmittelstrafrecht. Auch dort ist der Besitz Auffangtatbestand. Eine Bestrafung kann nur erfolgen, wenn andere umfassendere Formen des strafbaren Umgangs mit Betäubungsmitteln nicht nachgewiesen werden können (vgl. Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 801, 897 m. w. N.).
5
Dies hat Auswirkungen auf die Beurteilung der Konkurrenz zwischen den beiden Taten des Sich-Verschaffens: Verschafft sich der Täter durch mehrere Handlungen jeweils den Besitz kinderpornographischer Bilddateien und speichert diese auf demselben Computer ab, so ist das subsidiäre Delikt des Besitzes nicht in der Lage, diese selbständigen Verschaffungstaten miteinander zu einer Tat zu verklammern (im Ergebnis ebenso BayObLG NJW 2003, 839, 840, das allerdings Tateinheit von Besitz und Sich-Verschaffen hinsichtlich der jeweils durch eine Handlung verschafften Dateien annimmt).
6
Soweit der Senat in seiner Entscheidung NStZ 2005, 444 ausgesprochen hat, eine Mehrzahl von Beschaffungs- und anschließenden Weitergabehandlungen werde durch den sie verbindenden Besitz der kinderpornographischen Dateien zu einer einheitlichen Straftat verklammert, gilt Folgendes: Eine Klammerwirkung des Besitzes hinsichtlich einer Datei bezüglich des vorangehenden Sich-Verschaffens und des anschließenden Dritt-Verschaffens kommt seit der Änderung der Rechtslage (Gesetz vom 27. Dezember 2003 [BGBI I S. 3007] mit Wirkung vom 1. April 2004) nicht mehr in Betracht, da die angedrohte Strafobergrenze für das Dritt-Verschaffen in § 184 b Abs. 2 StGB auf fünf Jahre angehoben worden ist (so auch Hörnle aaO; Lenckner/Perron/Eisele in Schönke /Schröder, StGB 27. Aufl. § 184 b Rdn. 19). Für die Annahme von Tateinheit mehrerer Taten des Sich-Verschaffens durch einen sich anschließenden einheitlichen Besitz der verschiedenen kinderpornographischen Dateien im Wege der Klammerwirkung ist kein Raum mehr, wenn - wie es der Senat in Anlehnung an die betäubungsmittelrechtliche Betrachtung des Besitzes nunmehr tut - der Besitz nur noch als subsidiär angesehen wird.
7
Der Senat hat den Schuldspruch geändert. Der Rechtsfolgenausspruch bleibt davon unberührt.
Becker Miebach Pfister von Lienen Sost-Scheible

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung einer Zwangslage

1.
sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird eine Person über achtzehn Jahren bestraft, die eine Person unter achtzehn Jahren dadurch missbraucht, dass sie gegen Entgelt sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.

(3) Eine Person über einundzwanzig Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch mißbraucht, daß sie

1.
sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder
2.
diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
und dabei die ihr gegenüber fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 3 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(6) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 kann das Gericht von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn bei Berücksichtigung des Verhaltens der Person, gegen die sich die Tat richtet, das Unrecht der Tat gering ist.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 454/11
vom
27. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 27. September 2011 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 19. Mai 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit versuchtem sexuellen Missbrauch eines Kindes verurteilt worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit versuchtem sexuellen Missbrauch eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts begleitete der Angeklagte die ihm unbekannte neun Jahre alte Grundschülerin C. auf ihrem Schulweg. Dabei erzählte er ihr, dass zwei etwa 12 Jahre alte Freundinnen seiner Tochter bei ihm zuhause gebadet hätten. Eine von ihnen habe auf seine Aufforderung hin seinen Penis angefasst und sei anschließend von ihm von hinten „gefickt“ worden. Im Anschluss daran forderte er C. auf, ebenfalls seinen Penis anzufassen. Diese weigerte sich, ging aber weiter neben dem Angeklagten her. Kurz darauf kam ihr Vater hinzugeeilt und stellte den Angeklagten zur Rede. Ob C. die Bedeutung des Wortes „Ficken“ geläufig war, vermochte das Landgericht nicht sicher festzustellen. Sie war jedoch in der Lage, sowohl den sexuellen Bezug der Erzählungen, als auch den Inhalt der an sie gerichteten Aufforderung zu erfassen. Noch am Folgetag wirkte sie deshalb peinlich berührt.
3
Das Landgericht hat in den Erzählungen des Angeklagten einen sexuellen Missbrauch von Kindern im Sinne von § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB und in der sich anschließenden Aufforderung seinen Penis anzufassen einen hierzu in Tateinheit stehenden versuchten sexuellen Missbrauch eines Kindes gemäß § 176 Abs. 1 Fall 2, Abs. 6 Halbsatz 1; § 23 Abs. 1, § 22 StGB gesehen.

II.

4
Ein versuchter sexueller Missbrauch eines Kindes wird durch die Feststellungen nicht belegt.
5
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Noch nicht tatbestandsmäßige Handlungen erfüllen diese Voraussetzungen nur dann, wenn sie nach dem Tatplan der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals so dicht vorgelagert sind, dass das Geschehen bei ungestörtem Fortgang ohne weiteren Zwischenakt in die Tatbestandsverwirklichung einmündet (BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 – 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 297 f.; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 22 Rn. 10 mwN). Danach kann in der Aufforderung des Angeklagten , seinen Penis anzufassen, nur dann ein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 176 Abs. 1 Fall 2 StGB gesehen werden, wenn der Angeklagte dabei angenommen hat, dass es im unmittelbaren Anschluss – also auf offener Straße – zur Vornahme der angestrebten sexuellen Handlung kommt. Ausdrückliche Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen. Obgleich der Angeklagte in der Vergangenheit mehrfach wegen exhibitionistischer Handlungen und Vornahme sexueller Handlungen in der Öffentlichkeit verurteilt werden musste, versteht sich ein solcher Tatplan hier nicht von selbst.
6
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Da das Landgericht von Tateinheit (§ 52 StGB) ausgegangen ist, betrifft die Aufhebung auch die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes nach § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB.
Ernemann Roggenbuck Franke
Bender Quentin

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung einer Zwangslage

1.
sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird eine Person über achtzehn Jahren bestraft, die eine Person unter achtzehn Jahren dadurch missbraucht, dass sie gegen Entgelt sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.

(3) Eine Person über einundzwanzig Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch mißbraucht, daß sie

1.
sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder
2.
diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
und dabei die ihr gegenüber fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 3 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(6) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 kann das Gericht von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn bei Berücksichtigung des Verhaltens der Person, gegen die sich die Tat richtet, das Unrecht der Tat gering ist.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

3
In gleicher Weise hat das Landgericht die erlittene Untersuchungshaft für sich genommen strafmildernd berücksichtigt. Eine solche ist jedoch regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, denn sie wird nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100). Aber auch wenn – wie hier – eine Freiheitsstrafe deshalb zur Bewährung ausgesetzt wird, weil der Angeklagte durch den Vollzug der Untersuchungshaft hinreichend beeindruckt ist und besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB bejaht werden, verbietet sich eine zusätzliche mildernde Berücksichtigung bei der Bemessung der Strafhöhe (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645; Schäfer/Sander/van Gemmeren , Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 742 Fn. 475). Zusätzliche, den Angeklagten besonders beschwerende Umstände des Haftvollzuges, die zu dessen Gunsten hätten gewertet werden dürfen, lassen sich dem Urteil nicht entnehmen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. Oktober 2008 – 5 StR 456/08, StV 2009, 80).

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/11
vom
13. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges oder Computerbetruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2011 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 24. März 2011 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
1. Der Angeklagte hatte als Angestellter eines Telefon-Shops eine zentrale Rolle in einem näher geschilderten System zur Erlangung von Mobiltelefonen und Notebooks auf Kosten der Telefongesellschaft. Ihr wurde unter Vorlage manipulierter Personalpapiere vorgespiegelt, (überwiegend) nicht existierende oder (in einigen Fällen) wegen falscher Angaben kaum ermittelbare Personen wollten Mobilfunkverträge abschließen. Nachdem eine - im Einzelfall nicht mehr feststellbar - automatisiert oder durch einen Mitarbeiter der Gesellschaft durch Abgleich mit Schuldnerdateien vorgenommene Bonitätsprüfung wie eingeplant wegen der erfundenen Angaben nichts Negatives ergeben hatte, wurden die Geräte in den Shop übersandt, die der Angeklagte und weitere Beteiligte für sich behielten und verwerteten.
2
2. Auf Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wahlweise wegen (gewerbsmäßigen) Betrugs oder (gewerbsmäßigen) Computerbetrugs in 51 Fällen zu drei Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
3
3. Seine uneingeschränkt eingelegte, auf die Sachrüge gestützte Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). In der Revisionsbegründung des ge- richtlich bestellten Verteidigers heißt es, dass der „Tatbestand des gewerbsmäßigen Betrugs oder Computerbetrugs erfüllt“ sei; näher begründet ist bean- tragt (§ 344 Abs. 1 StPO), den Strafausspruch aufzuheben; im Übrigen, so heißt es abschließend, sei die Sachrüge allgemein erhoben. In einem späteren Schriftsatz legt eine Wahlverteidigerin dar, warum hier kein Betrug vorliege. Trotz des zum Revisionsumfang insgesamt nicht völlig klaren Vorbringens geht der Senat hier von einer umfassenden Urteilsanfechtung aus.
4
4. Die Revision meint, der Schuldspruch könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Angeklagte keinen Einfluss darauf gehabt habe, mit wem die Telefongesellschaft nach Durchführung einer Bonitätsprüfung einen Vertrag abschließe; da dies allein deren Risiko sei, liege keine Täuschung i.S.d. § 263 StGB vor. Dieses Vorbringen versagt. Grundsätzlich reicht es aus, wenn die Täuschung (eine mit falschem Namen und/oder Anschrift bezeichnete Person will einen Vertrag abschließen), den Irrtum des Getäuschten (diese Person ist „zahlungsfähig“, da sie nicht in Schuldnerdateien eingetragen ist), mitverur- sacht hat (vgl. Satzger in SSW-StGB, § 263 Rn. 86; Cramer/Perron in Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 43; Tiedemann in LK, 11. Aufl., § 263 Rn. 93 jew. mwN). Dies gilt umso mehr, als der Irrtum über die „Zahlungsfähigkeit“ einer Person nur auf Grundlage des vom Angeklagten durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums über deren Existenz entstehen konnte. Es war in dem in Kenntnis der Abläufe bei der Telefongesellschaft geschaffenen System angelegt , dass der im Abgleich der Schuldnerdateien liegende Überprüfungsmechanismus ins Leere gehen musste. Unter diesen Umständen stellt sich daher die Frage nach einer Risikoverteilung nicht, ohne dass der Senat der Frage nachgehen müsste, ob dies in anderen Fallgestaltungen Bedeutung gewinnen kann. Die Auffassung der Revision, die gebotene Übertragung der Grundsätze zur verfassungskonformen Auslegung des Untreuetatbestandes (vgl. BVerfG NJW 2010, 3209; BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09 NJW 2011, 88; NJW 2011, 1747), ergebe (dennoch), dass hier mangels relevanter Täuschung kein Betrug vorliege, zeigt einen Rechtsirrtum des Landgerichts nicht auf.
5
5. Entsprechendes gilt im Ergebnis für das sonstige Revisionsvorbringen. Ergänzend ist lediglich hinsichtlich des Strafausspruchs zu bemerken:
6
Der Angeklagte ist türkischer Staatsbürger, der seit seiner Geburt (1985) in Deutschland lebt. Wegen der Höhe der Strafe, so führt die Revision aus, lägen beim Angeklagten gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 56 Abs. 1 Nr. 2 und § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die Voraussetzungen einer sog. „Re- gelausweisung“ vor; da somit die zuständige Behörde kein Ermessen habe, könnten besondere Härten nicht hinlänglich berücksichtigt werden. Dies hätte bei der Strafzumessung erörtert werden müssen.
7
Der Senat sieht keinen Rechtsfehler.
8
Ausländerrechtliche Folgen einer Tat sind regelmäßig keine bestimmenden Strafzumessungsgründe (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2010 - 1 StR 349/10; BGH, Beschluss vom 31. August 2007 - 2 StR 304/07, StV 2008, 298 mwN). Dies gilt auch bei einer zwingend vorgeschriebenen Ausweisung (BGH, Beschlüsse vom 31. August 2007 - 2 StR 304/07, StV 2008, 298 und 5. Dezember 2001 - 2 StR 273/01, NStZ 2002, 196 mwN); anderes kann nur dann gelten, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die die Ausweisung als besondere Härte erscheinen lassen (BGH, aaO). Der Senat braucht jedoch nicht der Frage nachzugehen, wie derartige Umstände, die sich jedenfalls von den notwendig oder erfahrungsgemäß häufig mit einer Ausweisung verbundenen Belastungen wegen einzelfallbedingter Besonderheiten in klar erkennbarer Weise nachhaltig unterscheiden müssen, konkret beschaffen sein könnten. Hier fehlt es nämlich schon an einer zwingend vorgeschriebenen Ausweisung. Auch bei einer Regelausweisung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG kann nämlich die Ausländerbehörde bei bedeutsamen atypischen Umständen von einer Ausweisung absehen (vgl. Alexy in Hofmann/Hoffmann, AusländerR, § 56 AufenthG Rn. 25 ff. mwN). Es ist daher davon auszugehen, dass auch in derartigen Fällen die Ausländerbehörden ungewöhnliche Besonderheiten im Rahmen ihrer gerichtlich überprüfbaren Entscheidung zu bedenken haben (vgl. BGH, NStZ, aaO), eine Erörterung der Voraussetzungen einer Regelausweisung als wesentlicher Strafzumessungsgrund ist daher nicht geboten.
9
6. Die Strafkammer hält es im Rahmen der Strafzumessung für „positiv“, dass gegen den Angeklagten - mehrere Monate lang auch vollzogene - Untersuchungshaft angeordnet werden musste. Dieser offenbar als stets strafmil- dernd angesehene Gesichtspunkt falle hier „umso stärker“ ins Gewicht, als es dem erstmals inhaftierten Angeklagten aus nicht konkret genannten Gesundheitsgründen dabei „nicht gut ging“. Untersuchungshaft ist jedoch, jedenfalls bei Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100; Urteil vom 19. Dezember 2002 - 3 StR 401/02, NStZ-RR 2003, 110; zusammenfassend Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 434 jew. mwN). Erstmaliger Vollzug von Untersuchungshaft (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. Dezember 1993 - 5 StR 683/93, NStZ 1994, 198; BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 - 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645) oder Krankheit während der Un- tersuchungshaft (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25. November 1983 - 2 StR 717/83, StV 1984, 151 ) können allenfalls dann strafmildernd sein, wenn damit ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden sind (zusammenfassend Fischer, StGB, 58. Aufl., § 46 Rn. 72, 73 mwN). Allein der Hinweis auf ein eingeschränktes Wohlbefinden belegt dies nicht. All dies hat sich aber nur zu Gunsten des Angeklagten ausgewirkt.
Nack Wahl Rothfuß RiBGH Prof. Dr. Jäger ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Graf Nack

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 149/05
vom
29. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Juni
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23. November 2004 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen sowie wegen unerlaubten Besitzes einer Schußwaffe und von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 13.000 € angeordnet. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte - vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkt; sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Der Angeklagte erwarb in der Zeit von 1996 bis 2001 in 16 Fällen von einem Lieferanten aus Köln jeweils zwischen 5 und 100 kg - insgesamt 507,8 kg - Haschisch zum Weiterverkauf sowie - zu einem geringen Teil - zum
Eigenkonsum. Im November 2003 war er ohne waffenrechtliche Erlaubnisse im Besitz einer Pistole und von Munition. Das Landgericht hat als Einzelstrafen für das Handeltreiben mit 100 kg Haschisch eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren (Einsatzstrafe), für die weiteren 15 Fälle des Handeltreibens jeweils eine Freiheitsstrafe zwischen zwei Jahren und drei Jahren und zehn Monaten und für den Verstoß gegen das Waffengesetz eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen festgesetzt. 2. Die Gesamtstrafenbildung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von Tat und Täterpersönlichkeit gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 5). An die Begründung der Strafhöhe sind allerdings um so größere Anforderungen zu stellen, je mehr sich die Strafe der unteren oder oberen Grenze des Zulässigen nähert. So ist auch die Gesamtstrafenbildung dann eingehend zu begründen, wenn die Einsatzstrafe nur geringfügig überschritten wird (BGHSt 24, 268, 271). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil jedoch gerecht. Das Landgericht hat die Erhöhung der Einsatzstrafe von fünf Jahren um lediglich ein Jahr rechtsfehlerfrei begründet.
Die Kammer hat dabei dem Angeklagten in erster Linie ein Geständnis "von ganz außergewöhnlichem Wert" zugute gehalten, mit dem er die im Kern nahezu ausschließlich tragende Verurteilungsgrundlage gelegt habe und das als eine bewußte Wahrnehmung der Verantwortung für eigenes Fehlverhalten zu betrachten sei. Weiterhin hat sie u.a. als strafmildernd gewertet, daß der 47jährige Angeklagte nicht vorbestraft und - außerhalb seiner betäubungsmittelrechtlichen Verfehlungen - sozial gut eingegliedert ist. Zu Lasten des Angeklagten hat sie insbesondere den "objektiv sehr gravierenden Unrechtsgehalt" der Taten gewertet, die allerdings zum Teil lange zurückliegen würden. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Staatsanwaltschaft, daß die Kammer hierbei die hohen Gesamtmengen der gehandelten Betäubungsmittel nicht gebührend berücksichtigt habe. Der hohe Unrechtsgehalt der Taten konnte sich hier offensichtlich nur aus der Menge des gehandelten Haschischs ergeben, so wie die Kammer dies in den der Festsetzung der Einzelstrafen vorangestellten Strafzumessungserwägungen - die sich nicht auf die Beurteilung der Einzeltaten beschränken, sondern das gesamte Tatgeschehen berücksichtigen - auch konkret dargelegt hat. Die Revision geht, wie den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zu entnehmen ist, im übrigen selbst - zu Recht - davon aus, daß die Kammer den im Rahmen der Festsetzung der Einzelstrafen angestellten allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch für die Bemessung der Gesamtstrafe Bedeutung beigemessen hat. Der Revision ist zwar zuzugeben, daß die Verbüßung von Untersuchungshaft grundsätzlich nicht zu einer Strafmilderung führen muß (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 20). Es stellt jedoch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Landgericht dem Angeklagten zugute hält, daß die lange Verfahrensdauer durch die - erstmalige - Inhaftierung noch erschwert wurde.
Richtig geht die Revision schließlich auch davon aus, daß auch die mit der Anordnung des Wertersatzverfalls verbundene Vermögenseinbuße in der Regel keinen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. BGH NStZ 2001, 312). Das schließt indessen nicht aus, daß das Landgericht die Höhe der Strafe und die Anordnung des Verfalls im Hinblick auf die heutigen Vermögensverhältnisse des Angeklagten "in gewissem Umfang" aufeinander abstimmen konnte (vgl. BGH NStZ 1995, 491, 492). Angesichts der umfassenden Würdigung durch die Kammer und der von ihr hervorgehobenen Besonderheiten des vorliegenden Falles kann nicht die Rede davon sein, die Gesamtstrafe erweise sich hier nicht mehr als gerechter Schuldausgleich. Nack Wahl Boetticher Kolz Elf