Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2020 - 4 StR 552/19

bei uns veröffentlicht am27.02.2020
vorgehend
Landgericht Essen, 7, Js 501/18
Landgericht Essen, , 1 KLs 8/19

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 552/19
vom
27. Februar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2020:270220U4STR552.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Februar 2020, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Quentin, als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt , als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 12. Juni 2019 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Des Weiteren hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Mit ihrer im Ergebnis wirksam auf den Strafausspruch beschränkten, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, erstrebt die Staatsanwaltschaft die Verhängung einer zu vollstreckenden Gesamtfreiheitsstrafe. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen veräußerte der Angeklagte am 19. September 2018 gemeinsam mit einem unbekannt gebliebenen Tatgenossen nach telefonischer Anforderung 984,83 g Marihuana mit Wirkstoffgehalten von 15,1 und 15,6 % THC für 5.200 € an einen Abnehmer. Bei einer Durchsuchung am 6. Dezember 2018 wurden in der Wohnung des Angeklagten ca. 735 g Marihuana aufgefunden. Das Marihuana, das Wirkstoffgehalte von 16 und 19,3 % THC aufwies, war vom Angeklagten zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt.
3
Der bereits im Jahr 2008 mit einer Bewährungsstrafe von neun Monaten vorgeahndete Angeklagte war zuletzt am 30. August 2016 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden und stand bei der Begehung der abgeurteilten Taten unter Bewährung.
4
Die Strafkammer hat zur Ahndung der beiden jeweils als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gewürdigten Taten ausgehend vom Normalstrafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten sowie einem Jahr und drei Monaten verhängt und hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Rahmen der Strafzumessung hat sie neben der jeweils erheblichen Überschreitung der Grenze zur nicht geringen Menge strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte bereits strafrechtlich ‒ wenn auch nicht einschlägig ‒ in Erscheinung getreten ist. Strafmildernd hat das Landgericht unter anderem die erlittene Untersuchungshaft von ca. fünf Monaten Dauer sowie ‒ bei der Prüfung besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB ‒ den Umstand gewertet, dass sich der Angeklagte mit der Einziehung bei ihm sichergestellter 22.700 € einverstanden erklärt hat.

II.


5
Das Rechtsmittel ist wirksam auf den Strafausspruch des angefochtenen Urteils beschränkt.
6
In ihrer Revisionsbegründung hat die Staatsanwaltschaft ausweislich der Einzelausführungen in der Begründungsschrift und des abschließenden Revisionsantrags ihr Rechtsmittel zunächst auf den Schuldspruch bezüglich der Tat am 6. Dezember 2018 und im Übrigen auf den Strafausspruch des angefochtenen Urteils beschränkt. Die nur die Tat am 19. September 2018 betreffende Einziehungsentscheidung, die in der Revisionsbegründung nicht angesprochen und vom Aufhebungsantrag der Beschwerdeführerin nicht erfasst wird, ist damit nicht Gegenstand des Revisionsangriffs geworden. Durch die von der Generalstaatsanwaltschaft mit Vorlage der Akten ausdrücklich erklärte Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch, durch welche der Anfechtungsumfang nicht mehr erweitert werden konnte, ist des Weiteren auch der Schuldspruch hinsichtlich der Tat vom 6. Dezember 2018 im Wege einer Teilrücknahme des Rechtsmittels vom Revisionsangriff ausgenommen worden.
7
Die mithin aus den Rechtsmittelerklärungen von Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft resultierende Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist wirksam. Den Gründen des angefochtenen Urteils lassen sich keine Gesichtspunkte entnehmen, die der grundsätzlich gegebenen Trennbarkeit von Schuld- und Strafausspruch ausnahmsweise entgegenstehen (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 318 Rn. 16 ff. mwN).

III.


8
Die Revision ist begründet. Der Strafausspruch des angefochtenen Urteils hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
9
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. In die Strafzumessungsentscheidung des Tatrichters kann das Revisionsgericht nur eingreifen, wenn diese Rechtsfehler aufweist, weil die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen hat oder sich die verhängte Strafe nach oben oder nach unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nur in diesem Rahmen kann eine Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO vorliegen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 ‒ GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349).
10
Bei der Darstellung seiner Strafzumessungserwägungen im Urteil ist das Tatgericht nur gehalten, die bestimmenden Zumessungsgründe mitzuteilen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Eine erschöpfende Aufzählung aller für die Strafzumessungsentscheidung relevanter Gesichtspunkte ist dagegen weder gesetzlich vorgeschrieben noch in der Praxis möglich (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 14. März 2018 ‒ 2 StR 416/18, NStZ 2019, 138, 139; vom 2. August 2012 ‒ 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337). Ein der Strafzumessung in sachlich-rechtlicher Hinsicht anhaftender Rechtsfehler liegt auch dann vor, wenn das Tatgericht bei seiner Zumessungsentscheidung einen Gesichtspunkt, der nach den Gegebenheiten des Einzelfalls als bestimmender Strafzumessungsgrund in Betracht kommt, nicht erkennbar erwogen hat (vgl. BGH, Urteile vom 4. April 2019 ‒ 3 StR 31/19 Rn. 15; vom 14. März 2018 ‒ 2 StR 416/16, aaO, S. 140; vom 25. Februar 2009 ‒ 2 StR 554/08, NStZ-RR 2009, 203).
11
2. Diesen Anforderungen wird der Strafausspruch des angefochtenen Urteils nicht in jeder Hinsicht gerecht.
12
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist allerdings nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die etwa fünfmonatige Untersuchungshaft des Angeklagten strafmildernd gewertet hat (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 2018 ‒ 4 StR 312/18, NStZ 2019, 81; vom 2. Februar 2017 ‒ 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; vom 10. Oktober 2013 ‒ 4 StR 258/13 Rn. 18, insoweit in BGHSt 59, 28 nicht abgedruckt; vom 14. Juni 2006 ‒ 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21). Denn das Landgericht hat in diesem Zusammenhang die aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands erhöhte Haftempfindlichkeit des Angeklagten in den Blick genommen und auf die daraus für den Angeklagten resultierenden besonderen Belastungen abgestellt.
13
Die im Rahmen der Prüfung besonderer Umstände gemäß § 56 Abs. 2 StGB erfolgte Berücksichtigung des freiwilligen Verzichts auf die Rückgabe des sichergestellten Bargelds begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Unbeschadet des Umstands, dass der Einziehung von Taterträgen oder des Wertes von Taterträgen auch nach der umfassenden Umgestaltung der gesetzlichen Regelungen zur Vermögensabschöpfung durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl I. S. 872) kein strafender oder strafähnlicher Charakter zukommt (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 ‒ 1 StR 651/17, wistra 2018, 431; vom 24. Mai 2018 ‒ 5 StR 623 und 624/17 Rn. 17), liegt in dem Verzicht auf die Rückgabe sicher- gestellter Gegenstände eine freiwillige Leistung des Angeklagten, welcher der Tatrichter strafmildernde Bedeutung beimessen kann.
14
b) Die Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts erweist sich indes als lückenhaft, weil die strafrechtliche Vorbelastung des Angeklagten nur unvollständig gewürdigt worden ist. Die Strafkammer hatte zwar zum Nachteil des Angeklagten den Umstand in ihre Strafzumessungsüberlegungen eingestellt , dass der Angeklagte bereits ‒ wenn auch nicht einschlägig ‒ strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Sie hat aber nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der beiden neuerlichen Taten hinsichtlich einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe unter Bewährung stand und er bei der Begehung der Taten jeweils die einer Bewährungsverurteilung zukommende gesteigerte Warnwirkung außer Acht ließ (vgl. BGH, Urteil vom 4. August 1971 ‒ 2 StR 13/71, BGHSt 24, 198, 200; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl. Rn. 657 mwN). Das jeweilige Bewährungsversagen des Angeklagten ist ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Strafzumessungsentscheidung als bestimmender Strafschärfungsgrund erkennbar hätte erwogen werden müssen.
15
c) Der Umstand, dass der Angeklagte während einer laufenden Bewährungszeit zwei gravierende Betäubungsmittelstraftaten beging, hätte auch in die nach § 56 Abs. 1 StGB zu treffende Prognoseentscheidung als prognostisch relevantes Kriterium miteinbezogen werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. März 2012 ‒ 1 StR 100/12, NStZ-RR 2012, 201; Urteil vom 10. November 2004 ‒ 1 StR 339/04, NStZ-RR 2005, 38; Beschluss vom 4. Januar 1991 ‒ 5 StR 573/90, BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 15).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak Bender Quentin

Vorinstanz:
Essen, LG, 12.06.2019 - 71 Js 501/18 51 KLs 8/19

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Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 56 Strafaussetzung


(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 132/12
vom
2. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
2. August 2012 an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 22. Dezember 2011 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Das Landgericht hat einen minder schweren Fall des Totschlags gemäß § 213 Alt. 1 StGB angenommen und diesen Sonderstrafrahmen nochmals gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert. Dies ist frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten. Entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts lässt aber auch die Strafzumessung im engeren Sinne im Ergebnis einen durchgreifenden, den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landgericht hat insoweit zu Gunsten des Angeklag- ten berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft, als Erstverbüßer und nicht Deutsch sprechender Ausländer besonders strafempfindlich sei und dass er sich bereits mehr als sechs Monate in Untersuchungshaft befinde. Mildernd habe sich zudem ausgewirkt, dass er sich geständig eingelassen habe und durch die Tat auch selbst körperlich und psychisch verletzt worden sei. Das Landgericht hat "besondere Umstände, die sich zu seinen Lasten ausgewirkt hätten, nicht festgestellt". Dass es dennoch innerhalb des von ihm zugrunde gelegten Strafrahmens von drei Monaten bis sieben Jahre und sechs Monaten Freiheitsstrafe eine solche von fünf Jahren zugemessen hat, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
3
1. Die Strafbemessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, so dass das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen darf. Ein solcher kann etwa dann gegeben sein, wenn die Begründung für die verhängte Strafe dem Revisionsgericht die ihm obliegende sachlichrechtliche Nachprüfung nicht ermöglicht, die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind oder sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 20 ff.; KKEngelhardt , 6. Aufl., § 267 Rn. 25 mwN). Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB hat das Gericht die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für und gegen den Täter sprechen. Dies bedeutet indes nicht, dass jeder derartige Umstand der ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedarf und dass die Nichterörterung stets einen Rechtsfehler begründet. Das Gericht ist vielmehr lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entschei- den (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1994 - 3 StR 311/94, NStE Nr. 42 zu § 267 StPO mwN; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 267 Rn. 18).
4
2. Nach diesen Maßstäben ist ein revisionsrechtlich bedeutsamer Fehler der Strafbemessung hier nicht ersichtlich.
5
a) Zunächst ist mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu besorgen, dass das Landgericht innerhalb des nach zweifacher Milderung gewählten Strafrahmens ausschließlich für den Angeklagten sprechende Gesichtspunkte erwogen und gleichwohl eine im oberen Bereich des Strafrahmens angesiedelte Strafe verhängt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 2 StR 463/02, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 23). Vielmehr hat das Landgericht auch gegen den Angeklagten sprechende Umstände festgestellt, diese aber ersichtlich lediglich nicht als bestimmend im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO angesehen und daher in den schriftlichen Urteilsgründen bei der Strafzumessung nicht angeführt. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung, es habe besondere Umstände zu seinen Lasten nicht feststellen können. Hinzuweisen ist etwa auf folgende Gesichtspunkte, die im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB gegen den Angeklagten sprechen: So nahm das Opfer den Angeklagten unmittelbar nach dessen Einreise aus Brasilien in seine Wohnung auf, gewährte ihm mehrere Wochen lang Unterkunft und führte mit ihm eine Liebesbeziehung. Nach einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem Opfer stach der Angeklagte mehrfach auf dieses ein, brachte ihm dabei (mindestens ) drei Stichverletzungen in den Hals bei und fügte dem nunmehr am Boden Liegenden mit einem Zimmermannshammer fünfzehn Kopfverletzungen zu, die zu trümmerartigen Brüchen des Hirnschädels und zum Tode führten. Diese besonderen Tatmodalitäten zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen , begegnet hier keinen rechtlichen Bedenken, da auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich ist, so dass für eine strafschärfende Verwertung der Handlungsintensität Raum bleibt, wenn auch nur nach dem Maß der geminderten Schuld (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 - 1 StR 223/00, StV 2001, 615, 616).
6
b) Danach besteht entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kein Widerspruch zwischen der verhängten Freiheitsstrafe und der tatrichterlichen Bewertung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände. Namentlich kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden, dass Strafschärfungsgründe gänzlich fehlten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar2003 - 2 StR 463/02, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 23) oder diese dem Landgericht bei der Strafzumessung völlig aus dem Blick geraten wären. Deshalb liegt auch eine rechtsfehlerhafte Lücke in der Begründung der Strafbemessung nicht vor. Die vom Generalbundesanwalt für seine gegenteilige Ansicht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2009 - 5 StR 241/09, NStZ-RR 2009, 336) hatte die Verhängung einer Strafe zum Gegenstand, die innerhalb des Regelstrafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB als "eine beträchtliche Übersetzung der erheblichen Mindeststrafe" unbegründet geblieben war. Hier ist dagegen die Strafe einem Strafrahmen entnommen, der sich infolge zweifacher Milderung des Regelstrafrahmens ergeben hatte. In diesen Fällen kann das Gewicht, das den Milderungsgründen zukommt, schon durch die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens so weit relativiert sein, dass es innerhalb dieses Strafrahmens kaum noch mildernde Wirkung zu entfalten vermag und die gegen den Täter sprechenden Umstände, insbesondere die Schwere der Tat, eine Strafe im oberen Bereich des gemilderten Strafrahmens rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1987 - 1 StR 77/87, BGHSt 34, 355, 359 ff.).
Becker Hubert Schäfer
Mayer Ri'in BGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
15
a) Die Strafzumessung und die Wahl des Strafrahmens sind Sache des Tatgerichts, dessen Aufgabe es ist, aufgrund der Hauptverhandlung die wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nach ständiger Rechtsprechung nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 18. Oktober 2018 - 3 StR 292/18, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 4. Dezember 2018 - 1 StR 477/18, NStZ-RR 2019, 105, jeweils mwN). Bei der Darstellung seiner Strafzumessungserwägungen ist das Tatgericht nur gehalten, die bestimmenden Zumessungsgründe mitzuteilen. Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Aus dem Umstand, dass ein für die Zumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, das Tatgericht habe ihn nicht gesehen oder nicht gewertet (Senat, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 413/11, NStZ-RR 2012, 168 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 2. März 1989 - 1 StR 7/89, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 18 Rn. 2 f., jeweils mwN). Einen durchgreifenden Rechtsfehler stellt es indes dar, wenn das Tatgericht bei der Strafrahmenwahl einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) erkennbar außer Betracht lässt (BGH, Urteil vom 25. Februar 2009 - 2 StR 554/08, NStZ-RR 2009, 203).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 416/16
vom
14. März 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2018:140318U2STR416.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 24. Januar 2018 in der Sitzung am 14. März 2018, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Zeng, Schmidt,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung, Rechtsanwalt in der Verhandlung, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten O. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung, Rechtsanwalt in der Verhandlung, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten J. ,
Rechtsanwalt , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Amtsinspektorin in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 9. Juli 2015 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Untreue in zwei Fällen verurteilt, wobei es gegen den Angeklagten J. eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, gegen die Angeklagten K. und P. jeweils eine solche von zwei Jahren und gegen den Angeklagten O. eine solche von einem Jahr und elf Monaten verhängt hat. Die Vollstreckung der drei letztgenannten Gesamtfreiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihrer zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten, auf die Strafaussprüche beschränkten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Die geschädigte Sal. Oppenheim jr. & Cie KG aA ist eine Privatbank mit Sitz in Köln (im Folgenden: das Bankhaus), deren persönlich haftende Gesellschafter die vier Angeklagten waren. Diese nahmen folglich eine Mischform aus Vorstand und Komplementär ein und hafteten deshalb gesamtschuldnerisch mit ihrem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft. Eigentümerin sämtlicher Kommanditaktien des Bankhauses war eine S. luxemburgischen Rechts, deren Anteile wiederum eine Gesamthand luxemburgischen Rechts hielt.
4
Anteilsinhaber – und damit über dieses gestufte Verhältnis mittelbare Eigentümer des Bankhauses – waren neben den Angeklagten etwa 50, zum Teil mit den Angeklagten K. und O. verwandte, natürliche Personen, deren Interessen satzungsgemäß der durch sie zu besetzende Aktionärsausschuss wahrnahm.
5
Ab dem Jahr 2001 kam es zu wirtschaftlichen Verflechtungen des Bankhauses und der Angeklagten mit der Zeugin S. , die in einem unvertretbaren Engagement des Bankhauses bei der A. AG (vormals: K. AG), welche Versand- und Kaufhäuser betrieb, mündeten (Fall 1 der Urteilsgründe). Das Bankhaus reichte in den Jahren 2001 bis 2005 – teilweiseüber Strohmanngesellschaften, die das Risiko in den Büchern des Bankhauses verschleierten – Darlehen in Höhe von insgesamt 720 Mio. € an die A. AG, mit ihr verbundene Unternehmen und ihre Großaktionärin aus. Dass die Darlehen zum Teil durch Bürgschaften der Angeklagten K. und O. gesichert waren, legte das Bankhaus gegenüber der Bankenaufsicht nicht offen. Die A. AG geriet trotz dieses Kapitalzu- flusses zunehmend in eine wirtschaftliche Schieflage. Sie war gezwungen, ihr gehörende Warenhaus-Grundstücke zu verkaufen und zurück zu mieten, eine Versandhandelssparte ohne Gewinn zu veräußern und ihre Anteile an einem ihr gehörenden rentablen Reiseanbieter an Konsortialbanken – zu denen nicht das geschädigte Bankhaus gehörte – zu verpfänden. Im September 2008 lehnte eine der Konsortialbanken angesichts dieser wirtschaftlichen Lage eine weitere Darlehensgewährung kurzfristig und für alle Beteiligten überraschend ab. In der Folge entschlossen sich die Angeklagten am Wochenende des 27./28. September 2008 aus Sorge vor einer Insolvenz der A. AG bei Börsenöffnung am Montagmorgen zu einer mit dem Aktionärsausschuss nicht abgestimmten, ungesicherten Darlehensgewährung in Höhe von insgesamt 50 Mio. €, die absprachegemäß nur zu 20 Mio. € abgerufen wurde; gleichzeitig engagierte sich das Bankhaus in dieser zugespitzten Situation mit 59,8 Mio. € an der A. AG, wodurch ihr im Rahmen einer Kapitalerhöhung geschaffene Aktien im Wert von 19,1 Mio. € zuflossen. Die Angeklagten handelten in Kenntnis der wirtschaftlichen Situation und ohne Vorlage eines Sanierungsplans oder eines Fortführungskonzepts. Rückzahlungen auf die Darlehensvaluta oder Zinszahlungen erhielt das Bankhaus nicht. Die A. AG stellte im Juni 2009 einen Insolvenzantrag über ihr Vermögen. Auch wenn die Angeklagten auf sein Ausbleiben hofften, nahmen sie den eingetretenen Verlust in Höhe von 60,7 Mio. € billigend in Kauf.
6
Daneben schädigten die Angeklagten das Bankhaus durch ein Grundstücksgeschäft um mehr als 23 Mio. €, weil der Wert des im Rahmen eines „Share-Deals“ angekauften Grundstücks mindestens um diesen Betrag hinter dem Kaufpreis zurückblieb (Fall 2 der Urteilsgründe).
7
Das in Köln beheimatete Bankhaus unterhielt im Jahr 2006 für das Investmentbanking mehrere angemietete Standorte in Frankfurt am Main, was die Angeklagten als unbefriedigend empfanden, zumal sie mit weiterem Wachstum rechneten. Mitarbeiter des Bankhauses fanden ein anspruchsgerechtes Grundstück , dessen Gebäude für die Zwecke des Bankhauses teilweise abzureißen und neu zu errichten waren. Dieses Grundstück wurde jedoch nicht vom Bankhaus selbst, sondern von der zu diesem Zweck gegründeten „Grundstücksgesellschaft B. GbR“ (im Folgenden: GbR) erworben und umgebaut. Gesellschafter dieser GbR, die die Immobilie im fertigen Zustand an das Bankhaus vermieten sollte, waren zu 50 % K. U. , die Schwiegermutter des Angeklagten K. , dieser selbst, sein Schwager G. U. und der Angeklagte O. mit jeweils 8,3 % sowie der vormals Mitangeklagte E. und seine Ehefrau mit insgesamt 25,1 %. Die Einlagen finanzierten die Gesellschafter zu 75 % durch Darlehen des Bankhauses.
8
Nachdem sich im ersten Halbjahr 2008 die wirtschaftliche Situation eingetrübt und insbesondere das Investmentbanking negative Ergebnisse erzielt hatte, beschlossen die Angeklagten K. und J. , auf den Handelsraum und den Umzug wesentlicher Abteilungen des Investmentbankings zu verzichten. Ab diesem Zeitpunkt handelte es sich bei der geplanten Immobilie nicht mehr um ein Objekt, das allein auf die eigenen Bedürfnisse ausgerichtet war und vollständig für das Bankhaus benötigt wurde. In dieser Situation kamen die vier Angeklagten Anfang Dezember 2008 mit den GbR-Gesellschaftern überein, dass das Bankhaus zu 94,9 % in die Gesellschafterstellung der GbRGesellschafter eintreten sollte. Dies geschah, obwohl die Fachabteilungen des Bankhauses in Ermangelung einer Liegenschaftswertermittlung und wegen des fehlenden Nachweises einer Drittverwendbarkeit hiervon abrieten. Die 94,9 %- ige Rückführung der Darlehensvaluten der GbR-Gesellschafter und die anteilige Begleichung offener Forderungen aus dem Grundstückskauf-, dem Bau- und einem Steuerberatervertrag führte zu einem Abfluss von 117,9 Mio. €, während der sich aus dem anteiligen Fertigstellungswert des Objektes ergebende Wert der zugeflossenen Gesellschaftsanteile allenfalls 94,3 Mio. € betrug. Die bedingt vorsätzlich handelnden Angeklagten wollten diesen Schaden vermeiden. Ihnen war aber bewusst, dass ihre Entscheidung auf einer evident unzureichenden Informationsgrundlage gegen den Rat der Fachabteilungen erfolgte und ein Schadenseintritt daher möglich war.
9
Das Landgericht hat jeweils einen besonders schweren Fall der Untreue wegen des Herbeiführens eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes angenommen. Es hat in Fall 1 der Urteilsgründe Einzelstrafen zwischen einem Jahr und drei Monaten und zwei Jahren und zwei Monaten verhängt. In Fall 2 der Urteilsgründe hat es auf Einzelstrafen zwischen einem Jahr und einem Monat und einem Jahr und sechs Monaten erkannt. Tatbezogen hat das Landgericht zu Gunsten der Angeklagten unter anderem berücksichtigt, dass das „Klima im Bankhaus“ von nachlässiger Ausübung der Kontrolleinrichtungen geprägt war. Strafschärfend hat es die große Schadenshöhe gesehen und vor allem ihretwegen nicht die Regelbeispielswirkung entfallen lassen. Keine Erwähnung haben im Rahmen der Strafzumessung die Verschleierungs-Handlungen der Angeklagten gegenüber staatlichen Aufsichtsbehörden gefunden.
10
Neben Angriffen gegen einzelne Strafzumessungserwägungen wendet die Staatsanwaltschaft im Wesentlichen ein, das Landgericht habe mit Blick auf die hohen Schäden keine schuldangemessenen Strafen verhängt. Sie meint, die Rechtsprechung zur Steuerhinterziehung im Millionenbereich sei auf Fälle der Untreue zu übertragen.

II.

11
Die wirksam (vgl. den die Revisionen der Angeklagten betreffenden Beschluss des Senats vom 7. März 2018 – 2 StR 416/16) auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Strafrahmenwahl, Strafzumessung und Bewährungsentscheidungen weisen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
12
1. Die Strafzumessung ist Sache des Tatgerichts. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle durch das Revisionsgericht ist ausgeschlossen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn ein Rechtsfehler vorliegt, namentlich das Tatgericht von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, seine Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind oder rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Acht lassen oder wenn sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, soweit nach oben oder unten löst, dass ein grobes Missverhältnis von Schuld und Strafe offenkundig ist (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 3 StR 441/10, NStZ 2011, 270). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Senat, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; BGH, Urteil vom 22. März 1995 – 3 StR 625/94, BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 1; Urteil vom 25. Oktober 2000 – 3 StR 351/00, juris Rn. 2). In Zweifelsfällen hat das Revisionsgericht die Wertung des Tatgerichts hinzunehmen (st. Rspr.; vgl. schon Senat, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349).
13
2. Daran gemessen begegnen die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts keinen durchgreifenden Bedenken. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:
14
a) Die Strafzumessungserwägungen sind nicht in sich fehlerhaft.
15
aa) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt , dass diese die Taten innerhalb eines Klimas im Bankhaus begangen hätten, das von nachlässiger Kontrolle geprägt gewesen sei.
16
Organisationsmängel in einem Unternehmen oder einer Gesellschaft können strafmildernd wirken, wenn dadurch ein Täter in die Lage versetzt wird, sein Vorhaben ohne die an sich vorgesehene und gebotene Kontrolle umzusetzen. Fehlt es insoweit an der verkehrsüblichen Aufsicht, ist dies ein für den Täter sprechender Umstand (vgl. LK-Theune, 12. Aufl., § 46 Rn. 231, 233; s. auch BGH, Beschluss vom 8. März 1988 – 1 StR 100/88, StV 1988, 253).
17
Nach den Feststellungen machten die insoweit zuständigen Bankgremien , insbesondere der nach der Satzung zur Kontrolle der Tätigkeit der Angeklagten berufene Aktionärsausschuss, über einen langen Zeitraum von ihren Kontroll-, Informations- und Prüfmöglichkeiten weitgehend keinen Gebrauch. Gegen eine sich daraus ergebende strafmildernde Berücksichtigung der nachlässigen Wahrnehmung der bankinternen Aufsicht durch die Repräsentanten der Eigentümer der Bank spricht entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch nicht die Erwägung, es habe den Angeklagten als für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verantwortlichen Geschäftsleitern i.S.d. § 25a Abs. 1 Satz 2 KWG oblegen, für eine wirksame Kontrolle zu sorgen. Das Landgericht hat sich vielmehr mit diesem Gesichtspunkt auseinandergesetzt und insoweit ohne Rechtsfehler darauf hingewiesen, dass die Angeklagten für die aufgezeigten Kontrolldefizite nicht verantwortlich gewesen seien, da nicht sie als persönlich haftende Gesellschafter, sondern die Gesamtheit der Aktionäre über die Besetzung der maßgebenden Gremien entschieden hätten. Auch habe die Art und Weise, wie die Kontrollgremien die ihnen nach der Sat- zung obliegenden Aufgaben erfüllten, allein in deren eigener Verantwortung gelegen. Diese Wertung ist auf der Grundlage der hierzu rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aus revisions-richterlicher Sicht nicht zu beanstanden.
18
bb) Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts erweisen sich auch nicht als lückenhaft. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang rügt, dass in Fall 1 der Urteilsgründe das Verschleierungsverhalten der Angeklagten gegenüber den Aufsichtsbehörden nicht als strafschärfender Umstand berücksichtigt worden sei, zeigt sie keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
19
Nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO müssen die schriftlichen Urteilsgründe lediglich die für die Strafe bestimmenden Gründe enthalten. Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist weder gesetzlich vorgeschrieben noch in der Praxis möglich. Deshalb kann daraus, dass ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, nicht ohne Weiteres geschlossen werden, das Tatgericht habe ihn überhaupt nicht gesehen oder nicht gewertet (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 12. Mai 2005 – 5 StR 86/05; vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337). Im Übrigen ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden, was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist (vgl. BGH, Urteile vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337 mwN; vom 31. Juli 2014 – 4 StR 216/14, NStZ-RR 2014, 320 [Ls]).
20
Gemessen daran ist ein Rechtsfehler des Landgerichts nicht zu erkennen. Dies gilt sowohl für die festgestellten Handlungen der Angeklagten vor der Untreuetat als auch für diejenigen, die danach begangen wurden.
21
Zwar können eine sorgfältige Planung und vor der eigentlichen Tat unternommene Verschleierungshandlungen grundsätzlich bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden (BGH, Urteil vom 14. Februar 1996 – 3 StR 445/95, BGHSt 42, 43, 46); denn sie können gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB Ausdruck des bei der Tat aufgewendeten Willens sein. Jedoch sind im vorliegenden Fall Anhaltspunkte dafür nicht festgestellt, dass etwa im Jahre 2005 und damit eine längere Zeit vor der im Jahre 2008 begangenen Untreuetat abgegebene unrichtige Auskünfte gegenüber den Aufsichtsbehörden zu bestimmten Kreditengagements zielgerichtet oder zumindest mit Blick auf die späteren, hier abgeurteilten Untreuehandlungen abgegeben wurden. Damit ist ein relevanter Zusammenhang mit der hier abgeurteilten Tat im Sinne eines bei dieser aufgewendeten Willens jedenfalls nicht in dem Maße gegeben, dass die unterbliebene Berücksichtigung dieser „Verschleierungshandlungen“ zum Nachteil der Angeklagten als Nichtbeachtung eines bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunktes und damit als revisionsrechtlich bedeutsamer Rechtsfehler anzusehen ist.
22
Auch das Verhalten des Täters nach der Tat ist grundsätzlich ein Umstand , der nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB bei der Strafzumessung Berücksichtigung finden kann. Insoweit können Verschleierungshandlungen, sofern in ihnen nicht nur der Versuch zum Ausdruck kommt, sich der Strafverfolgung zu entziehen , sondern sich darin eine rechtsfeindliche Gesinnung des Täters dokumentiert oder neues Unrecht geschaffen wird, geeignet sein, eine Strafschärfung zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 1993 – 5 StR 229/93, wistra 1993, 297; Senat, Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 StR 493/10, NStZ 2011, 512). Im hier zugrunde liegenden Fall ist dabei allerdings zu berücksichtigen, dass Schutzrichtung des staatlichen Auskunftsrechts aus § 44 Abs. 1 Satz 1 KWG, das durch die Angeklagten mit ihren verzögernden und verschleiernden Antworten auf ergangene Anfragen verletzt wurde, nicht das Vermögensinteresse der Bank ist. Vielmehr sollen Auskunft und dadurch ermöglichte Aufsicht das Entstehen von Schäden im Kreditwesen und von Verlusten der Institutsgläubiger verhindern, mithin vorwiegend gefahrenabwehrend zugunsten der Gesamtwirtschaft wirken (vgl. etwa Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRRVO , 5. Aufl., Einf. Rn. 166 mwN). Der gesetzlich geregelte Mechanismus schützt somit lediglich als Reflex auch das Vermögen der geschädigten Bank selbst. Vor diesem Hintergrund stellt auch seine nach der Tat durch die unzureichenden Auskünfte bewirkte Umgehung jedenfalls keinen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar, den das Landgericht bei seiner Strafzumessung ausdrücklich hätte berücksichtigen müssen.
23
b) Weiter lösen sich die Strafen, auf die das Landgericht erkannt hat, nicht nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein.
24
aa) Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB ist die Schuld des Täters Grundlage für die Zumessung der Strafe. Zur Ermittlung der für die Straffrage maßgeblichen Strafzumessungsschuld sind alle Umstände heranzuziehen, die den Unrechts - und Schuldgehalt der Tat im Einzelfall kennzeichnen. § 46 Abs. 2 StGB benennt beispielhaft und nicht abschließend einige Bereiche derjenigen Umstände , die für die Strafzumessung aussagekräftig sind. Bewertungsrichtung und Gewicht dieser Strafzumessungstatsachen bestimmt in erster Linie das Tatgericht, dem hierbei von Rechts wegen ein weiter Entscheidungs- und Wertungsspielraum eröffnet ist (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juni 2016 – 2 StR 150/15, NStZ 2017, 216, 217).
25
Die Urteilsgründe lassen erkennen, dass die Strafkammer alle wesentlichen Gesichtspunkte im Rahmen der notwendigen, von Gesetzes wegen vorgeschriebenen Gesamtabwägung gesehen und gewichtet hat. Sie hat die Zumessung der Strafen umfassend begründet und dabei die unterschiedliche je- weilige Beteiligung jedes einzelnen Angeklagten an den Taten, die gegen sie sprechenden Umstände und die Strafmilderungsgründe in die Bewertung eingestellt. Dabei hat sie ausdrücklich strafschärfend auch die festgestellten hohen Schadenssummen in den Blick genommen, diesen allerdings den getroffenen Feststellungen entsprechend eine Vielzahl gewichtiger Milderungsgründe gegenübergestellt. So hat sie etwa die von den Angeklagten K. und O. abgelegten Geständnisse ebenso gesehen wie den Umstand, dass der Angeklagte P. in seinem letzten Wort sein Bedauern zum Ausdruck gebracht hat. Auch die bisherige Unbestraftheit und besondere Haftempfindlichkeit der Angeklagten hat sie ohne Rechtsfehler zu deren Gunsten eingestellt , ebenso die geordneten sozialen Verhältnisse, in denen sie leben. Daneben hat das Landgericht zu ihren Gunsten gewertet, dass die Taten weit zurückliegen und dass das lang dauernde Verfahren mit einer intensiven, über das Normalmaß hinausgehenden medialen Begleitung einherging. Ebenfalls strafmildernd hat die Kammer den Eintritt privater Verluste bei den Angeklagten berücksichtigt, die aus der besonderen Konstruktion des Bankhauses als Privatbank resultieren und die sie in ihrer Stellung als persönlich haftende Gesellschafter i.S.d. § 278 Abs. 2 AktG treffen. Nach alldem lässt sich mit Blick auf die Vielzahl der angeführten gewichtigen Milderungsgründe unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs nicht feststellen, dass die verhängten Freiheitsstrafen ein derart grobes Missverhältnis von Schuld und Strafe offenbaren, dass sie als nicht mehr vertretbar niedrig angesehen werden müssen.
26
bb) Entgegen der Auffassung der Revision sind die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in Fällen der Steuerhinterziehung bezüglich der Bedeutung des Hinterziehungsbetrages entwickelt hat, auf Fälle der Untreue nicht in gleicher Weise anzuwenden.
27
Nach dieser in der Grundsatzentscheidung vom 2. Dezember 2008 (1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 84 ff.) begründeten und sodann fortentwickelten Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 1 StR 116/11, NStZ 2011, 643, 644; Beschluss vom 12. Juli 2011 – 1 StR 81/11, wistra 2011, 396; Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 1 StR 579/11, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 1 Großes Ausmaß 4; Urteil vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 130) ist der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung bei besonders hohen Hinterziehungsbeträgen dadurch Rechnung zu tragen, dass bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein kann. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 86; Urteil vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 130 f.).
28
Diese Maßstäbe können bereits deshalb nicht auf Fälle der Untreue übertragen werden, weil zwischen den jeweils strafbaren Sachverhalten maßgebliche Unterschiede bestehen. So sind Fälle der Steuerhinterziehung – ausgehend von einer in der Abgabenordnung oder speziellen Steuergesetzen geregelten Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen und einer sich daran anschließenden Entrichtung durch die Steuerbehörde festgesetzter Abgabebeträge – von einem gleichförmigen Tatbild geprägt; sie sind regelmäßig von einem eigennützigen Gewinnstreben getragen, wobei häufig der Hinterziehungsbetrag in seiner Größenordnung absehbar ist. Es besteht deshalb eine hohe Kongruenz zwischen Handlungs- und Erfolgsunrecht (vgl. Streng, StV 2009, 639, 640). Demgegenüber kann der Untreuetatbestand mit seinen abstrakt-generellen Tatbestandsmerkmalen auf ganz unterschiedliche Lebenssachverhalte im Wirtschaftsleben Anwendung finden, so dass sich die in Betracht kommenden Fallgestaltungen einer generalisierenden Betrachtung entziehen. § 266 StGB erfasst etwa auch – wie auch im hier zugrunde liegenden Fall 1 der Urteilsgründe – Risikogeschäfte mit nicht ohne Weiteres der Höhe nach vorhersehbaren Schäden. In solchen Fällen wiegt das Handlungsunrecht mitunter deutlich weniger schwer, obwohl es zu großen Schadensbeträgen und damit einem hohen Erfolgsunrecht führt. Ein durch die Tat herbeigeführter hoher Schaden ist deshalb im Rahmen der Untreue nicht zwangsläufig Ausdruck eines vergleichbaren Handlungsunrechts, so dass sich hier eine schematisierende, vornehmlich im Wesentlichen an der Höhe des durch den Schaden konkretisierten Erfolgsunrechts orientierte Strafzumessung verbietet.
29
Im Übrigen gilt Folgendes: Zwar ist nicht zu verkennen, dass bei der Untreue nach § 266 StGB und sonstigen Straftaten, die sich gegen fremdes Vermögen richten, die Höhe des verursachten Schadens regelmäßig den Unrechtsgehalt der Tat wesentlich prägt und als bestimmender Grund in die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts einzustellen ist (vgl. etwa zum Betrug BGH, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457). Dies zeigt etwa schon die Regelung des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB, wonach bei einem Vermögensverlust großen Ausmaßes in der Regel ein höherer Strafrahmen zur Anwendung kommt. Jedoch verlieren hierdurch die in den §§ 46 ff. StGB gesetzlich geregelten allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nicht ihre Bedeutung. Danach ist die individuelle Schuld des Täters Grundlage der Zumessung der Strafe (§ 46 Abs. 1 StGB), bei der nach der gesetzgeberischen Wertung in § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abgewogen werden sollen. Mit diesen auf eine Gesamtbewertung aller für die Strafzumessung wesentlichen Umstände durch das Tatgericht abstellenden, für das System des Strafzumessungsrechts essentiellen Grundsätzen ist eine Bewertung nicht vereinbar , die sich so stark an einem durch das Revisionsgericht vorgegebenen Schadensbetrag und damit an einem einzelnen Strafzumessungsgesichtspunkt orientiert, dass sie im Wesentlichen allein von diesem die Wahl der Strafart oder eine bestimmte Höhe einer festzusetzenden Freiheitsstrafe abhängig macht.
30
3. Der Revision bleibt der Erfolg auch versagt, soweit sie sich mit dem umfassenden Angriff gegen die Rechtsfolgenentscheidung auch gegen die Aussetzung der Vollstreckung von drei der erkannten Freiheitsstrafen zur Bewährung wendet.
31
a) Das Landgericht hat den Angeklagten K. , O. und P. rechtsfehlerfrei günstige Sozialprognosen gestellt und dasVorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB bejaht.
32
b) Die Strafkammer hat sich zwar nicht ausdrücklich damit auseinandergesetzt , ob die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Strafe gebietet (§ 56 Abs. 3 StGB). Dies ist hier aus Rechtsgründen jedoch nicht zu beanstanden. Strafaussetzung zur Bewährung kann nach § 56 Abs. 3 StGB nur versagt werden, wenn sie im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1970 – 1 StR 353/70, BGHSt 24, 40, 46; Beschluss vom 21. Januar 1971 – 4 StR 238/70, BGHSt 24, 64, 66, jew. zu § 23 Abs. 3 StGB aF; Urteil vom 6. Juli 2017 – 4 StR 415/16, NStZ 2018, 29, 31). Eine Erörterung dieser Frage ist nur dann unerlässlich, wenn die aus dem Urteil ersichtlichen Tatsachen dies nahelegen.
Dies ist vorliegend mit Blick auf die umfassende und sorgfältige Würdigung der Taten und der Täterpersönlichkeiten sowie der zahlreichen festgestellten Strafmilderungsgründe nicht der Fall.
Schäfer Krehl Eschelbach Zeng Schmidt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 312/18
vom
25. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2018:251018U4STR312.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktober 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Erster Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt und Rechtsanwalt – jeweils nur in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19. März 2018 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben , soweit es den Angeklagten A. betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und zwei Mobiltelefone als Tatmittel eingezogen. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte , mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts geführte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Kurz vor dem 11. März 2017 bestellte der bereits einschlägig vorbestrafte Angeklagte – etwa sechs Monate nach seiner Entlassung aus der Strafhaft – bei dem gesondert verfolgten O. in A. die Lieferung von Kokain. Am 11. März 2017 holte er diesen und eine Kurierin, die rund 200 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 20 % versteckt in ihrer Scheide in das Bundesgebiet eingeschmuggelt hatte, in S. ab. Man fuhr zur Wohnung des Angeklagten; dort wurde ihm das Rauschgift für den gewinnbringenden Weiterverkauf übergeben. Anschließend sorgte er für die Rückkehr der beiden Personen nach A. .
3
Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer die Annahme eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG abgelehnt und den sich aus § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergebenden Strafrahmen zugrunde gelegt. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat sie zugunsten des Angeklagten die nicht auszuschließende geringe Qualität des Kokains sowie die erlittene Untersuchungshaft berücksichtigt, zu seinen Lasten, dass er mehrfach einschlägig vorbestraft ist.
4
2. Der Strafausspruch hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand (vgl. zum Prüfungsmaßstab BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320), weil die Strafkammer bei ihrer Bemessung zugunsten des Angeklagten die erlittene Untersuchungshaft von rund neun Monaten strafmildernd berücksichtigt hat, ohne hierfür eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Begründung zu geben.
5
Erlittene Untersuchungshaft ist regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird. Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 12. April 2018 – 4 StR 336/17; vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 302/13 Rn. 9; vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, NStZ 2014, 31; vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13 Rn. 18, insoweit in BGHSt 59, 28 ff. nicht abgedruckt; vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100; vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21). Solche zusätzlichen, den Angeklagten besonders beschwerenden Umstände oder Folgen des Haftvollzugs hat die Strafkammer nicht festgestellt.
6
Der Strafausspruch beruht auf dem aufgezeigten Rechtsfehler, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass die Strafhöhe zugunsten des Angeklagten durch die strafmildernde Berücksichtigung der Untersuchungshaft beeinflusst worden ist.
Franke Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 481/16
vom
2. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:020217U4STR481.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Februar 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Quentin, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 9. Mai 2016 wird verworfen.
2. Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, „bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier Schusswaffen, davon einer halbautomatischen“ und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 5.000 Euro angeordnet. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Am 30. Juli 2015 verkaufte der Angeklagte in B. für 5.000 Euro 100 Gramm Kokain an einen unbekannt gebliebenen Abnehmer. Das Rauschgift hatte einen Kokainhydrochlorid-Anteil von mindestens 80 %, was einer Menge von mindestens 80 Gramm Kokainhydrochlorid entspricht (Tat II.2.a).
4
Am 7. September 2015 lagerte der Angeklagte in seiner Garage in Re. in einem unverschlossenen Tresor 458,95 Gramm Kokain (412 Gramm Kokainhydrochlorid), das in einem Stoffbeutel verpackt war. Auf dem Tresor befanden sich mehrere „Bubbles“ mit insgesamt 51,27 Gramm Kokain (45,6 Gramm Kokainhydrochlorid). Das Rauschgift war zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Unmittelbar neben dem Stoffbeutel mit dem Kokain verwahrte der Angeklagte einen ungeladenen Revolver ERMA Ka. 357 Magnum/38 Spezial mit entsprechender Munition und eine umgebaute PTB-Schusswaffe Röhm RG 9 Kal. 8 mm, mit der „scharfe Munition“ verschossen werden konnte.In die PTB-Schusswaffe war ein Magazin mit drei Patronen Kaliber 6,22 eingeführt. Dem Angeklagten war bewusst, dass die beiden Waffen griffbereit in der Nähe des Rauschgifts lagerten und er jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne Schwierigkeiten über sie verfügen konnte. Das Kokain und die Waffen wurden am 8. September 2015 sichergestellt (Tat II.2.b).
5
Der Angeklagte beabsichtigte, am 7. September 2015 in den Niederlanden zwei Kilogramm Kokain anzukaufen und am Folgetag in die Bundesrepublik Deutschland zum gewinnbringenden Weiterverkauf einzuschmuggeln. Weil er Grenzkontrollen befürchtete, bat er seinen Bruder R. , bei der Rückfahrt die Grenze zu beobachten. R. willigte ein. Der Angeklagte fuhr am Nachmittag des 7. September 2015 mit einem Pkw nach A. und erwarb dort zwei Kilogramm Kokain. Das Rauschgift versteckte er anschließend in einem hinter dem rückwärtigen Kennzeichen seines Fahrzeugs befindlichen Hohlraum. Am 8. September 2015 fuhr R. in Begleitung des Mitangeklagten D. mit einem Pkw in die Niederlande und traf sich in Ro. mit dem Angeklagten. Seit dem Grenzübertritt und während der weiteren Handlungen wurden der Angeklagte und R. von der Kriminalpolizei observiert. Ab 18.08 Uhr fuhren R. und der Mitangeklagte D. in Richtung deutscher Grenze, während der Angeklagte zunächst in Ro. verblieb. Nachdem R. in der verabredeten Zeit keine Meldung über Auffälligkeiten an der Grenze gemacht hatte, fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw über die niederländisch-deutsche Grenze und verbrachte so das in seinem Fahrzeug befindliche Kokain in das Bundesgebiet. Nach der Einreise wurde er von der Polizei angehalten und festgenommen. Das in seinem Fahrzeug versteckte Kokain wurde sichergestellt. Es hatte ein Gesamtgewicht von 1.992,07 Gramm. Darin waren 1.817 Gramm Kokainhydrochloridenthalten (Tat II.2.c).
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II.2.a), bewaffnetes unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier Schusswaffen, davon einer halbautomatischen (Tat II.2.b) und unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II.2.c) bewertet. Die Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.a), fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.b) und zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.c) hat sie den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG (Tat II.2.a), § 30a Abs. 1 BtMG (Tat II.2.b) sowie § 30 Abs. 1 BtMG (Tat II.2.c) entnommen. Minderschwere Fälle hat sie jeweils verneint. Die Gesamtstrafe hat das Landgericht unter „maßvoller Erhöhung“ der höchsten Einzelstrafe festgesetzt.

II.


7
Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
8
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt.
9
a) Ob der Rechtsmittelführer nur die Strafzumessung angreifen will, ist eine Frage, die im Zweifelsfall im Wege der Auslegung seiner Rechtsmittelerklärungen zu beantworten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 [zu § 318 StPO]; Beschluss vom 28. Januar 2004 – 2 StR 493/03, bei Becker, NStZ-RR 2005, 65, 68). Dabei kann die Auslegung der Revisionsbegründung auch bei einem unbeschränkten Revisionsantrag eindeutig zu dem Ergebnis führen, dass sich der Beschwerdeführer – im Widerspruch zu seinem Antrag – lediglich gegen den Strafausspruch wen- det. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Beschwerdeführer um die Staatsanwaltschaft handelt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Urteil vom 4. September 2008 – 1 StR 383/08, bei Cierniak/ Zimmermann, NStZ-RR 2011, 225, 234; Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, bei Becker, NStZ-RR 2003, 1 Nr. 18; Urteil vom 7. August 1997 – 1 StR 319/97, NStZ 1998, 210).
10
b) Die Auslegung der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt hier unbeschadet des umfassenden Aufhebungsantrags und der allgemein erhobenen Sachrüge eindeutig, dass lediglich die Einzelstrafen und der Gesamtstrafenausspruch angegriffen werden.
11
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Revisionsbegründung zunächst die Verletzung materiellen Rechts gerügt und im Anschluss daran ausgeführt, dass die durch die Strafkammer verhängten Einzelstrafen und die Bildung der Gesamtstrafe rechtlicher Überprüfung nicht standhielten. Die Revisionsbegründung erschöpft sich im Weiteren in Einzelangriffen gegen die Strafzumessung im engeren Sinn und gegen die Gesamtstrafe.
12
Der Senat entnimmt diesem Revisionsvorbringen, dass allein der Strafausspruch angefochten werden soll. Den Schuldspruch oder die Anordnung des Wertersatzverfalls betreffende Einzelbeanstandungen werden nicht erhoben. Dem kommt hier besondere Bedeutung zu, denn die Staatsanwaltschaft ist nach Nr. 156 Abs. 2 RiStBV gehalten, keine allgemeinen Sachrügen zu erheben und Revisionen so zu begründen, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils eine Rechtsverletzung gesehen und auf welche Gründe diese Rechtsauffassung gestützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, bei Becker, NStZ-RR 2003, 1, 6). Gegen eine Anfechtung des Schuldspruchs spricht schließlich auch, dass dieser mit Ausnahme der Bewertung der Waffendelikte bei der Tat II.2.b (Besitz statt Führen, kein Besitz von Munition) mit der rechtlichen Würdigung der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift übereinstimmt. Die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von 5.000 Euro entspricht dem Schlussantrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft.
13
2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist auch rechtswirksam.
14
Eine den Schuldspruch unberührt lassende isolierte Anfechtung des Strafausspruchs ist grundsätzlich möglich und in der Regel wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/53, NJW 1954, 441; RGSt 45, 149, 150, st. Rspr.). Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung von Schuld- und Straffrage ergibt.
15
Eine Erstreckung des Revisionsangriffs auf die Verfallsentscheidung ist nicht veranlasst. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist wie die Anordnung des Verfalls in der Regel kein Strafmilderungsgrund und deshalb von der Straffestsetzung unabhängig (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 – 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271 mwN). Eine ein Trennbarkeitshindernis begründende Verknüpfung wurde in den Urteilsgründen nicht hergestellt.
16
3. Im Rahmen ihres Anfechtungsumfangs bleibt die Revision ohne Erfolg. Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil oder zum Vorteil (§ 301 StPO) des Angeklagten auf.
17
a) Die Strafbemessung (Strafrahmenbestimmung, Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 16. April 2015 – 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 240; Urteil vom 22. Oktober 1953 – 5 StR 230/53, BGHSt 5, 57, 59 mwN). Dabei ist der Tatrichter lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. August2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337 mwN).
18
b) Mit Blick auf diesen eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die konkrete Bemessung der Einzelstrafen revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
19
aa) Soweit die Staatsanwaltschaft geltend macht, das Landgericht habe dem erst nach der Durchführung eines wesentlichen Teils der Beweisaufnahme abgelegten Geständnis des Angeklagten ein zu hohes Gewicht beigemessen, vermag sie keinen Rechtsfehler aufzuzeigen. Maßgeblich für die Bedeutung eines Geständnisses ist es, inwieweit darin ein Bekenntnis des Angeklagten zu seiner Tat liegt, in ihm Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommen und durch seine Ablegung das Prozessziel der Erreichung von Rechtsfrieden gefördert wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 1997 – 4 StR 240/97, BGHSt 43, 195, 209 f.). Das strafmildernde Gewicht eines Geständnisses kann daher geringer sein, wenn dafür prozesstaktische Überlegungen bestimmend waren und die Strafkammer dies durch ein in den Urteilsgründen darzulegendes Prozessverhalten bestätigt sieht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 – 1 StR 193/07, NStZ-RR 2007, 232 [Ls]). Das Landgericht hat dem Geständnis des Angeklagten mit nachvollziehbaren Erwägungen zu entnehmen vermocht, dass der Angeklagte sich mit seiner Tat auseinandergesetzt hat und diese tatsächlich bereut. Dabei hat es die Beweislage in den Blick genommen und gewürdigt. Hiergegen ist von Seiten des Revisionsgerichts nichts zu erinnern.
20
bb) Die strafmildernde Berücksichtigung der erlittenen Untersuchungshaft lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen. Erlittene Untersuchungshaft ist bei einer Verurteilung zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, Rn. 18 [insoweit in BGHSt 59, 28 und NStZ 2014, 34 nicht abgedruckt]; Urteil vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, NStZ-RR 2014, 106; Urteil vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100 mwN). Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 302/13, Rn. 9 [insoweit in StV 2016, 611 nicht abgedruckt]; Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Von diesem Maßstab ist das Landgericht ausgegangen. Soweit es dabei in der Dauer der Untersu- chungshaft (acht Monate) und einer „erkennbaren“ Belastung für den Angeklag- ten als Erstverbüßer besondere Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung gesehen hat, liegt dies – auch mit Rücksicht auf § 121 Abs. 1 Satz 1 StPO – noch innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums.
21
cc) Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer bei der Bestimmung der Einzelstrafen für die Tat II.2.b aus dem Blick verloren hat, dass der Angeklagte über zwei Schusswaffen verfügte, zumal sie den tateinheitlichen Verstoß gegen das Waffengesetz zu seinem Nachteil gewertet hat. Dass das Landgericht nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass der Angeklagte bei der Tat II.2.c einen versteckten Hohlraum seines Fahrzeugs für den Rauschgifttransport nutzte, ist mit Rücksicht auf die sich aus § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO ergebenden eingeschränkten Darlegungsanforderungen nicht rechtsfehlerhaft.
22
c) Auch die Bestimmung der Gesamtstrafe lässt durchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen.
23
aa) Die Bemessung der Gesamtstrafe nach § 54 Abs. 1 StGB ist ein eigenständiger Zumessungsakt, bei dem die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind. Dabei sind vor allem das Verhältnis der einzelnen Taten zueinander, ihre größere oder geringere Selbstständigkeit , die Häufigkeit der Begehung, die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und der Begehungsweisen sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16; Beschluss vom 17. Dezember 2013 – 4 StR 261/13, Rn. 3; Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 269 f.). Besteht zwischen den einzelnen Taten ein enger zeitlicher , sachlicher und situativer Zusammenhang, hat die Erhöhung der Einsatzstrafe in der Regel geringer auszufallen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2010 – 3 StR 71/10, NStZ-RR 2010, 238 [Ls]). Auch hierbei braucht der Tatrichter nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO nur die bestimmenden Zumessungsgründe im Urteil darzulegen. Eine Bezugnahme auf die zu den Einzelstrafen gemachten Ausführungen ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16; Urteil vom 17. August 1988 – 2 StR 353/88, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Satz 1 Bemessung 1; Urteil vom 30. November1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271 mwN). Einer eingehenderen Begründung bedarf es hingegen, wenn die Einsatzstrafe nur geringfügig überschritten oder die Summe der Einzelstrafen nahezu erreicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271).
24
bb) Danach erweisen sich die Bemessung der Gesamtstrafe und deren Darlegung hier (noch) nicht als rechtsfehlerhaft.
25
Die Strafkammer hat die Erhöhung der Einsatzstrafe im Wesentlichen durch eine Bezugnahme auf die Strafzumessungserwägungen begründet, die den verhängten Einzelstrafen zugrunde liegen, und dabei die Bedeutung des Geständnisses des Angeklagten nochmals hervorgehoben. Dass sich die Urteilsgründe nicht ausdrücklich dazu verhalten, dass zwischen den Einzeltaten ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht, der einen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen rechtfertigt, ist hier unschädlich, weil sich dies aus den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen von selbst ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16). Die maßvolle Bemessung der Gesamtstrafe lässt unter diesen Umständen nicht besorgen, dass die Strafkammer die Grundsätze der Gesamtstrafenbildung verkannt hat.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke
18
4. Der Einzelstrafausspruch im Fall II. 3 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bei der Bemessung der Einzelstrafe hat das Landgericht die Dauer der Untersuchungshaft, von der sich der Angeklagte stark beeindruckt gezeigt hat, zu Gunsten des bislang unbestraften Angeklagten strafmildernd berücksichtigt. Erlittene Untersuchungshaft ist aber regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteile vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, Rn. 3, vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100; vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21). Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Solche zusätzlichen, den Angeklagten besonders beschwerende Umstände oder Folgen des Haftvollzugs hat die Strafkammer indes nicht konkret festgestellt. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass sich die rechtlich unzutreffende Wertung der Strafkammer auf die Höhe der verhängten Einzelfreiheitsstrafe ausgewirkt hat.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 651/17
vom
15. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:150518U1STR651.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Mai 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener, der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Hohoff,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten Pa. , Rechtsanwalt – in der Verhandlung –, Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten P. , Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 25. Juli 2017 werden verworfen.
2. Die Beschwerdeführer haben die jeweiligen Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit die Einziehung des Wertes von Taterträgen unterblieben ist.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten Pa. wegen Betruges sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges zu einer solchen von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Einziehung von Taterträgen oder deren Wertersatz ist durch das Landgericht abgelehnt worden.
2
Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit unterschiedlichen Verfahrensbeanstandungen sowie mit ausgeführten Sachrügen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer darauf beschränkten Revision das Unterbleiben von Maßnahmen der Vermögensabschöpfung. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

A.

3
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelten der Angeklagte P. bei beiden verfahrensgegenständlichen Taten und der Angeklagte Pa. bei der Tat II.2. als Mitglieder einer Bande. Deren Vorgehen zielte darauf ab, ältere Personen anzurufen und diese unter Vorspiegelung, mit Angehörigen von Strafverfolgungsorganen zu telefonieren, dazu zu bewegen, Bandenangehörigen Geld und Wertgegenstände in dem Glauben zu überlassen , die Vermögensgegenstände müssten sichergestellt werden, damit Straftäter nicht darauf zugreifen könnten. Den Bandenmitgliedern einschließlich der Angeklagten in dieser Eigenschaft kam es dabei darauf an, sich durch die Taten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.
4
II. Im Fall II.1. der Urteilsgründe gab sich ein unbekannt gebliebener Anrufer gegenüber der 68-jährigen Geschädigten wahrheitswidrig als Polizeibeamter aus. Mit der ebenfalls unwahren Behauptung, bei zwei Tatverdächtigen sei eine auch den Namen der Geschädigten enthaltende Liste gefunden worden, veranlasste der Anrufer sie dazu, 70.000 Euro in bar von ihrem Konto abzuheben. Ebenfalls dessen Weisung folgend deponierte die Geschädigte das Geld sowie fünf hochwertige Markenuhren, deren konkreten Wert das Landgericht allerdings nicht festzustellen vermochte, im Kofferraum ihres Pkw. Den dazu passenden Schlüssel legte sie, weiterhin den Anweisungen entsprechend, auf einen der Vorderreifen.
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Nachdem der Angeklagte P. von einem anderweitig verfolgten Bandenmitglied telefonisch den Auftrag erhalten hatte, Geld abzuholen, verständigte dieser den Mitangeklagten Pa. , teilte ihm die Zieladresse der Geschädigten mit und übermittelte weiteren Mitgliedern der Bande die Mobilfunknummer des Mitangeklagten. Pa. entnahm das Bargeld und die Uhren aus dem Pkw der Geschädigten und verbrachte die Beute in seine eigene Wohnung. Dort wurde die Beute durch den mittlerweile von Pa. informierten Angeklagten P. an zwei der Bande angehörende Personen übergeben. P. erhielt bei dieser Gelegenheit 3.500 Euro aus der Beute, von denen er entweder 1.000 oder 1.500 Euro an den Angeklagten Pa. weiterreichte.
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III. Bei der Tat II.2. meldete sich ein ebenfalls unbekannt gebliebener Anrufer bei dem hier 86-jährigen Geschädigten und gab sich der Wahrheit zuwider als Polizeibeamter aus. Ebenfalls mit der falschen Behauptung, bei zwei Festgenommenen sei ein Schriftstück mit Namen und Adresse des Geschädigten sowie dem Hinweis gefunden worden, in seiner Wohnung befänden sich Geld und Wertgegenstände, vermochte der Anrufer dem Geschädigten Angaben darüber zu entlocken, dass dieser 313.500 Euro Bargeld in seiner Wohnung aufbewahrte. Nach Einschaltung weiterer Anrufer, die sich als „Oberstaatsanwalt“ und als „Leiter der SEK-Einheit“ ausgaben, wurde der Geschädigte veran- lasst, das gesamte Geld in eine Geldkassette zu legen und diese nach Nennung eines Codeworts an einen vermeintlich rumänischen Polizeibeamten auszuhändigen.
7
Der durch Bandenmitglieder verständigte Angeklagte P. begab sich gemeinsam mit dem Angeklagten Pa. mit einem Pkw zu der Wohnung des Geschädigten. Dort nahm Pa. unter Nennung des Codeworts die Geldkassette entgegen. Beide fuhren anschließend von dem Wohnort des Geschädigten nach S. und übergaben das Bargeld an eine unbekannt gebliebene Person. Im Anschluss an die Aushändigung der Kassette an Pa. brachte der vorgebliche „Oberstaatsanwalt“ den Geschädigten dazu, auch seine mehr als 1.000 Münzen umfassende Sammlung zur Sicherstellung vorzubereiten. Die beiden Angeklagten wurden telefonisch zum Wohnort des Geschädigten zurückbeordert. Dort händigte ihnen dieser die Münzsammlung aus. Beide fuhren anschließend in die Wohnung von Pa. , wo die Münzen gelagert wurden und später aufgefunden werden konnten.
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Den Angeklagten war für diese Abholung ein Anteil von 3 % des Beutewertes angeboten worden, was gut 10.000 Euro entsprach. Wegen ihrer Festnahme kam es zur Zahlung aber nicht mehr.
B. Revision des Angeklagten Pa.
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Das Rechtsmittel des Angeklagten erzielt keinen Erfolg.
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I. Die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nennt keine konkrete Beweisbehauptung und kein Beweismittel, durch das eine solche bewiesen werden könnte. Sie entspricht deshalb nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
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II. Das Urteil enthält auch keinen dem Angeklagten nachteiligen sachlichrechtlichen Mangel.
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1. Die Feststellung, der Angeklagte habe im Fall II.1. bei der Entgegennahme der 70.000 Euro und der fünf Markenuhren aus dem Kofferraum des Fahrzeugs der Geschädigten mit bedingtem Vorsatz hinsichtlich der Begehung eines Betruges gehandelt (UA S. 9), beruht auf einer zwar knappen, aber rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
13
Der vom Landgericht aus dem vom Angeklagten selbst eingestandenen objektiven Geschehen und den während des Abholvorgangs in einem Zeitraum von 26 Minuten (UA S. 6) geführten vier Telefonaten zwischen dem von dem vermeintlichen Polizeibeamten genutzten und dem dem Angeklagten zugeordneten Mobiltelefon im Rahmen einer Gesamtschau gezogene Schluss auf einen bedingten Betrugsvorsatz ist möglich und deshalb revisionsrechtlich hinzunehmen (zum Maßstab siehe nur BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Angesichts der festgestellten Umstände der Abholung der Beute weist dieser eine ausreichend tragfähige Grundlage auf, zumal das Landgericht erkennbar eine vorsichtige Würdigung vorgenommen und sich für die Tat II.1. gerade noch nicht von einer Einbindung des Angeklagten in die Bande und von einem gewerbsmäßigen Handeln hat überzeugen können.
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2. Die getroffenen Feststellungen tragen auch die Verurteilung des Angeklagten als Mittäter des Betruges im Fall II.1..
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a) Mittäterschaft ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückli- che oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; etwa BGH, Beschlüsse vom 21. November 2011 – 1 StR 491/17, NStZRR 2018, 105 Rn. 9 und vom 28. November 2011 – 3 StR 466/17, Rn. 11 jeweils mwN).
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b) Bei Berücksichtigung dieser Anforderungen weist die Verurteilung des Angeklagten Pa. im Fall II.1. als Mittäter eines Betruges keine Rechtsfehler auf. Selbst ohne ausdrückliche Erwägungen des Landgerichts zu einem gemeinsamen Tatentschluss mit dem Mitangeklagten P. und wenigstens dem als Polizeibeamten gegenüber der Geschädigten auftretenden Tatbeteiligten tragen die festgestellten Umstände den entsprechenden Schuldspruch. Dem Tatbeitrag des Angeklagten Pa. kam in objektiver Hinsicht ersichtlich erhebliche Bedeutung zu. Denn durch die von ihm vorgenommene Abholung des Bargeldes und der Uhren ist der Vermögensschaden der Geschädigten eingetreten, mithin der Sachbetrug vollendet worden. Durch den nachfolgenden Abtransport sowie die zeitweilige Aufbewahrung durch ihn in seiner Wohnung und die über den Mitangeklagten P. erfolgte Weitergabe an andere Tatbeteiligte hat der Angeklagte Pa. zudem den Eintritt des endgültigen Vermögensvorteils bewirkt und so die Beendigung der Tat herbeigeführt (zu den Anforderungen an die Beendigung siehe nur BGH, Beschluss vom 16. April 2014 – 2 StR 435/13, NStZ 2014, 516 f.). Die unmittelbar nach der Weitergabe der Beute erhaltene finanzielle Beteiligung in Höhe von wenigstens 1.000 Euro lässt angesichts der sonstigen festgestellten Einkommensverhält- nisse auch ein Tatinteresse des Angeklagten erkennen. In der Gesamtschau von Feststellungen und zugrunde liegender Beweiswürdigung zu Tat II.1. bilden vor allem die Erkenntnisse über die Benachrichtigung des Angeklagten durch den Mitangeklagten P. , die insgesamt achtzehn Telefonate mit diesem sowie vier Telefonate mit weiteren Tatbeteiligten in dem kurzen Zeitraum des Zugriffs auf die Beute im Pkw der Geschädigten eine tragfähige Grundlage für das Vorliegen eines zumindest konkludent gefassten gemeinsamen Tatentschlusses , der auch die Begehung eines Betruges umfasste.
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3. Die Feststellungen zu der Tat II.2. sind in rechtsfehlerfreier Weise – gestützt vor allem auf das Geständnis des Mitangeklagten P. – getroffen; sie tragen im Hinblick auf den Inhalt der während des Türkeiaufenthalts der beiden Angeklagten getroffenen Absprachen mit anderen Bandenmitgliedern den Schuldspruch wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges.
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4. Der Strafausspruch enthält weder zu den beiden Einzelstrafen noch zu der Gesamtstrafe Rechtsfehler. C. Revision des Angeklagten P.
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I. Die erhobenen Verfahrensrügen dringen, soweit sie überhaupt in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügender Weise ausgeführt worden sind, nicht durch. Näherer Ausführungen bedarf lediglich das Folgende:
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1. Die durch Rechtsanwalt G. erhobene Rüge der Verletzung von § 257 Abs. 1 StPO lässt zwar ihre Angriffsrichtung hinreichend erkennen, ist aber im Übrigen nicht zulässig ausgeführt. Die Pflicht des Vorsitzenden zur Befragung des Angeklagten darüber, ob er sich zu der vorangegangenen Beweiserhebung erklären möchte, ist Ausfluss des Anspruchs des Angeklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG sowie der gerichtlichen Fürsorge- pflicht (Cierniak/Niehaus in Münchener Kommentar zur StPO, Band 2, § 257 Rn. 2). Ihm soll die Möglichkeit eröffnet werden, sich zeitnah zur Beweiserhebung zu äußern, um denkbaren Verfestigungen eines Meinungsbildes des Gerichts entgegenwirken zu können (Cierniak/Niehaus aaO; siehe auch BeckOKStPO /Eschelbach, 29. Edit., § 257 Rn. 1). Vor dem Hintergrund dieses Normzwecks bedarf es, um § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu genügen, nicht nur tatsächlichen Vortrags zu dem Unterbleiben der Befragung durch den Vorsitzenden, sondern auch dazu, welche Äußerungsmöglichkeiten mit welchen Inhalten dem Angeklagten verloren gegangen sind und aus welchen Gründen er durch den Verstoß gegen § 257 Abs. 1 StPO in seinen Verteidigungsmöglichkeiten aufgrund unzureichenden rechtlichen Gehörs unzulässig beschränkt worden ist (vgl. Cierniak/Niehaus aaO § 257 Rn. 24; LR/Stuckenberg, 26. Aufl., § 257 Rn. 38; siehe auch Eschelbach aaO § 257 Rn. 23 sowie BGH, Beschluss vom 23. August 2016 – 3 StR 166/16, Rn. 4 bzgl. des Beruhenszusammenhangs). An derartigem Vortrag mangelt es. Auf der Grundlage des Revisionsvortrags wäre im Übrigen angesichts des vollumfänglichen Geständnisses sowie der Möglichkeit der Äußerung bei den Schlussvorträgen und im letzten Wort das Beruhen des Urteils auf der unterbliebenen Befragung aus § 257 Abs. 1 StPO sicher ausgeschlossen (vgl. BGH aaO).
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Angesichts dessen bedarf keiner Entscheidung, ob die Verletzung von § 257 Abs. 1 StPO jedenfalls bei einem wie hier verteidigten Angeklagten lediglich dann in der Revision geltend gemacht werden kann, wenn in der tatrichterlichen Hauptverhandlung Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 238 Abs. 2 StPO gestellt worden war; für die Verletzung des Äußerungsrechts aus § 257 Abs. 2 StPO ist diese Obliegenheit anerkannt (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2006 – 1 StR 503/06, NStZ 2007, 234, 235).
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2. Die zahlreichen, durch Rechtsanwalt Sv. erhobenen Verfahrensbeanstandungen bleiben erfolglos. Dabei kann offenbleiben, ob die Rügen nicht bereits sämtlich unzulässig ausgeführt sind, weil entgegen den aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO folgenden Anforderungen wesentliche Schriftstücke und Aktenbestandteile nicht durchgängig unmittelbar den einzelnen Rügen zugewiesen , sondern in einen Konvolut, das überflüssigerweise auch das angefochtene Urteil und die gesamte Sitzungsniederschrift beinhaltet, angefügt wurden, so dass das Revisionsgericht gehalten ist, die in Bezug genommenen Partien an passender Stelle zu ergänzen (vgl. dazu KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 39).
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a) Soweit die Verletzung von „Mitteilungs- bzw. Protokollierungsvorschriften nach § 243 IV StPO“ (RB RA Sv. S. 1-7) beanstandet wird, greift die Rüge unter keinem in der jeweiligen Angriffsrichtung ausreichend klargestellten rechtlichen Aspekt durch.
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aa) Die von der Revision ausschließlich unter Verweis auf den Inhalt der Sachakten vorgetragenen Gespräche zwischen dem sachbearbeitenden Staatsanwalt und dem Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt G. , im Zeitraum zwischen dem 29. März 2017 und dem 1. Juni 2017 fanden ohne Beteiligung des später erkennenden Gerichts sämtlich vor der Anklageerhebung am 20. Juni 2017 statt. Derartige Erörterungen in dem vorgenannten Verfahrensstadium begründen keine Mitteilungspflicht des Vorsitzenden aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 5 StR 258/13, NStZ 2015, 232 und Urteil vom 16. Juni 2016 – 1 StR 20/16, Rn. 27).
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bb) Die Behauptung, es habe kurz vor der Hauptverhandlung Erörterungen zwischen dem Vorsitzenden und dem Verteidiger gegeben, innerhalb derer der Vorsitzende eine konkrete Strafhöhe für den Fall des Geständnisses ge- nannt habe, ist jedenfalls nicht bewiesen. Der Vorsitzende hat in seiner dienstlichen Stellungnahme erklärt, gegenüber Rechtsanwalt G. zum Ausdruck gebracht zu haben, dass zum Zeitpunkt von dessen Anruf am 6. Juli 2017 Gespräche über die Strafhöhe verfrüht seien und erst die Hauptverhandlung in voller Kammerbesetzung abgewartet werden müsse. Das steht in Einklang mit dem von der Revision selbst vorgetragenen Vermerk des Vorsitzenden vom 6. Juli 2017. Aus diesem ergibt sich, dass der Verteidiger ein Geständnis und weitergehende Angaben des Angeklagten angekündigt sowie um eine möglichst frühzeitige Terminierung der Hauptverhandlung gebeten hat. Anhaltspunkte für ein die Möglichkeit einer Verfahrensabsprache beinhaltendes Gespräch (zu den Voraussetzungen BGH, Beschluss vom 18. Mai 2017 – 3 StR 511/16, NStZ 2017, 596, 597 mwN) enthält auch der Vermerk nicht. Dementsprechend fehlt es an einem die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO auslösenden Sachverhalt.
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b) Soweit die Revision mit den Ausführungen zu angeblich gegen § 257c StPO verstoßenden Zusagen des sachbearbeitenden Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren (RB RA Sv. S. 6) auch eine Verletzung von § 136a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 StPO rügen und daraus die Unverwertbarkeit selbst des in der Hauptverhandlung abgelegten Geständnisses geltend machen wollte, dringt eine solche Verfahrensbeanstandung nicht durch. Aus den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Vermerken des sachbearbeitenden Staatsanwalts vom 29. März 2017 und vom 24. Mai 2017 ergibt sich eindeutig, dass keine Zusagen über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls sowie über eine aussetzungsfähige Strafe abgegeben worden sind. Die Ausführungen über die straf- mildernde Wirkung von „zielführenden Angaben“ des (jetzigen) Angeklagten (Vermerk vom 24. Mai 2017, Sachakten Bl. 336) geben sowohl im Hinblick auf die allgemein strafmildernde Wirkung eines Geständnisses als auch das mögliche Eingreifen des vertypten Strafmilderungsgrundes gemäß § 46b StGB ledig- lich die Rechtslage wieder. Es handelt sich daher nicht um Versprechen i.S.v. § 136a Abs. 1 Satz 3 StPO (Schuhr in Münchener Kommentar zur StPO, Band 1, § 136a Rn. 61 mwN).
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c) Die Rügen der Verletzung von „Mitteilungs- und Protokollierungspflicht nach § 251 IV Nr. 1 StPO“ (RB RA Sv. S. 7-16) in Bezug auf die Verlesung der Niederschriften polizeilicher Zeugenvernehmungen beider Geschädigter versteht der Senat in der Angriffsrichtung dahin, dass der Beschwerdeführer Verstöße gegen § 251 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 250 Satz 2 StPO beanstandet, weil die gerichtlichen Anordnungsbeschlüsse über die Verlesung nicht mit Gründen versehen waren. Damit erzielt die Revision ebenfalls keinen Erfolg. Die Behauptung der Revision, keinem Beteiligten, die gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO jeweils der Verlesung zugestimmt hatten, sei der Grund der Verlesung klar gewesen, hat sich nicht bestätigt. Mithin beruht das Urteil jedenfalls nicht auf Verletzungen von § 251 Abs. 4 Satz 2 StPO.
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aa) Sowohl mit dem Beschlusserfordernis aus § 251 Abs. 4 Satz 1 StPO als auch der Begründungspflicht in Satz 2 der genannten Vorschriften sollen einerseits die Verfahrensbeteiligten über den Grund der Verlesung unterrichtet und deren Umfang eindeutig bestimmt werden. Andererseits bezweckt die Regelung bei Entscheidungen durch ein Kollegialgericht die Sicherstellung der Entscheidungsfindung durch den gesamten Spruchkörper; sie gewährleistet zudem, dass den Schöffen im Hinblick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz der Ausnahmecharakter der Verlesung verdeutlicht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2015 – 3 StR 113/15, NStZ 2016, 117, 118 bzgl. § 251 Abs. 4 Satz 1 StPO; siehe auch LR/Sander/Cirener, StPO, 26. Aufl., § 251 Rn. 79 f. mwN). Angesichts dessen beruht ein Urteil jedenfalls dann nicht auf der fehlenden Begründung des anordnenden Beschlusses, wenn der Grund für die Verlesung ohnehin allen Verfahrensbeteiligten bekannt ist (BGH, Urteil vom 5. August 1975 – 1 StR 376/75 und Beschluss vom 7. Januar 1986 – 1 StR 571/85, NStZ 1986, 325; vgl. auch Beschluss vom 9. Juni 2015 – 3 StR 113/15, NStZ 2016, 117, 118; LR/Sander/Cirener aaO § 251 Rn. 97 mwN; Kreicker in Münchener Kommentar zur StPO, § 251 Rn. 92; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 – 2 StR 78/10, NStZ 2010, 649).
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bb) So verhält es sich vorliegend. Ausweislich der durch den Vermerk des Vorsitzenden vom 6. Juli 2017 (Bl. 624 der Sachakten) bestätigten Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft hatte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt G. , mit der Ankündigung eines Geständnisses die Bitte um einen frühen Termin zur Hauptverhandlung verbunden. Als Reaktion darauf stellte der Vorsitzende nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger des Mitangeklagten Pa. einen außerordentlichen Sitzungstermin für den 25. Juli 2017 in Aussicht. Zugleich hatte der Vorsitzende beide Verteidiger vorsorglich um eine Erklärung zum Verzicht auf die vorgesehenen Einlassungs- und Ladungsfristen gebeten und bereits am 6. Juli 2017 eine Mitteilung an die beiden polizeilichen Zeuginnen über den voraussichtlichen Hauptverhandlungstermin verfügt (Bl. 624 f. der Sachakten). Angesichts dieser den Verteidigern bekannten, von dem Verteidiger des Angeklagten P. sogar nachgesuchten raschen Zeitabfolge, den angekündigten Geständnissen sowie dem ebenfalls allseits bekannten Alter der Geschädigten war allen Beteiligten klar, dass die Verlesung der Vernehmungsniederschriften dazu diente, den Geschädigten die Zeugenaussage vor dem erkennenden Gericht zu ersparen. Unter Berücksichtigung teils bereits im Ermittlungsverfahren erfolgter und für die Hauptverhandlung angekündigter Geständnisse sowie der Ladung der beiden polizeilichen Hauptsachbearbeiterinnen, durch deren Angaben neben den sonstigen Sachbeweisen die Zuverlässigkeit der geständigen Einlassung des Angeklagten überprüft wurde, ist ausgeschlossen, dass die Verfahrensbe- teiligten über den Grund der Verlesung der Vernehmungsniederschriften im Unklaren waren.
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cc) Da die Anordnungsbeschlüsse in § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO eine tragfähige Grundlage finden, ist § 250 Satz 2 StPO nicht verletzt worden.
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d) Soweit die Revision einen Verfahrensfehler darin sehen möchte, dass die Anordnungsbeschlüsse „alleine vom Vorsitzenden verkündet“ worden sind (RB RA Sv. S. 12), erschließt sich dem Senat nicht, wie eine mündliche Verkündung einer gerichtlichen Entscheidung anders als auf die beanstandete Weise erfolgen könnte.
32
e) Die Rügen, mit denen die Revision das Unterbleiben der unmittelbaren zeugenschaftlichen Vernehmungen der Geschädigten als Verletzung der Pflicht aus § 244 Abs. 2 StPO beanstandet, sind nicht zulässig ausgeführt. Angesichts des umfassenden Geständnisses des Angeklagten, den Erkenntnissen aus den Verkehrsdaten der bei den Taten genutzten Mobiltelefone und vor allem des Auffindens jedenfalls der dem Geschädigten I. gehörenden Münzsammlung in der Wohnung des Mitangeklagten Pa. war die Revision gehalten, solche dem Tatgericht bekannten oder erkennbaren tatsächlichen Umstände vorzutragen, die zu weiterer Aufklärung bestimmt zu benennender Tatsachen gedrängt hätten (siehe nur KK-StPO/Gericke aaO § 344 Rn. 52 mwN). Daran fehlt es. Die Revision erschöpft sich in dem Unterfangen, ohne tragfähige Tatsachengrundlage eine vom Landgericht abweichende Beweiswürdigung vorzunehmen.
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f) Die weiteren Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen erfolglos, die der Generalbundesanwalt bereits in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat. Diese sind durch nachfolgende Ausführungen der Revision nicht in Frage gestellt.

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II. Der Schuldspruch beruht auf rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , die ihrerseits in der Beweiswürdigung, vor allem in dem Geständnis des Angeklagten, eine tragfähige Grundlage finden. Der mehrere Tage nach der Verkündung des Urteils erfolgte „Widerruf“ des Geständnisses ändert daran nichts.
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III. Der Strafausspruch enthält ebenfalls keine dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler. Das Landgericht hat in nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes aus § 46b StGB in die Bewertung minderschwerer Fälle gemäß § 263 Abs. 5 StGB einbezogen (UA S. 17), solche aber rechtsfehlerfrei trotz der Aufklärungshilfe im Hinblick auf die Auswahl der Opfer und die Höhe der diesen zugefügten Vermögensschäden verneint und stattdessen den Strafrahmen gemäß § 46b, § 49 Abs. 1 StGB gemildert.
D. Revision der Staatsanwaltschaft
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Das auf das Unterbleiben von Maßnahmen der Vermögensabschöpfung beschränkte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Ablehnung der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen beide Angeklagte hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
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I. Die Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich ungeachtet ihres die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs umfassenden Wortlauts nach der Rechtsmittelbegründung lediglich gegen das Unterbleiben von Maßnahmen der Vermögensabschöpfung gegen die Angeklagten.
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1. Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , ist unter Berücksichtigung von § 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 20. September2017 – 1 StR 112/17, Rn. 12 mwN). Dies führt zu der genannten Beschränkung. Die rechtzeitig erfolgte Begründung der Staatsanwaltschaft verhält sich ausschließlich zu der Ablehnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§§ 73 ff. StGB) und nicht zu Rechtsfehlern im Strafausspruch als Teil des Rechtsfolgenausspruchs.
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2. Die Beschränkung ist wirksam, weil weder zwischen den Schuldsprüchen und der Vermögensabschöpfung noch zwischen dieser und den Strafaussprüchen ein untrennbarer Zusammenhang besteht. An dieser bereits hinsichtlich des bis zum 30. Juni 2017 geltenden Rechts vertretenen Rechtsauffassung (siehe nur BGH, Urteile vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 Rn. 3 mwN und vom 15. Mai 2013 – 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279 f.) hält der Senat für das hier anwendbare neue Recht (Art. 316h Satz 1 EGStGB) fest.
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Auch nach der Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat diese mit Ausnahme der Einziehung gemäß §§ 74, 74a StGB – wie bereits nach vormaligem Recht – keinen strafenden oder strafähnlichen Charakter (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 ff. zu Verfall und erweitertem Verfall nach bisherigem Recht). Mit der Einziehung von Taterträgen (§ 73 StGB) oder deren Wertersatz (§ 73c StGB) reagiert das Gesetz auf eine Störung der Vermögensordnung durch einen „korrigierenden und normbekräftigenden Eingriff“. An diesem durch das Bundesverfas- sungsgericht bereits dem vormaligen Recht der Vermögensabschöpfung zugeschriebenen Rechtscharakter (BVerfG aaO, BVerfGE 110, 1, 22) hat der Reformgesetzgeber festgehalten (vgl. BT-Drucks. 18/11640 S. 82). Der kondiktionsähnliche und gerade nicht pönale Charakter der Vermögensabschöpfung in Gestalt der vorliegend allein fraglichen Wertersatzeinziehung (§ 73c StGB) ist im neuen Recht vor allem durch die in § 73d Abs. 1 StGB eröffneten Abzugsmöglichkeiten für Aufwendungen sogar noch verstärkt worden. Nach den im Gesetzeswortlaut von § 73d Abs. 1 StGB eindeutig zum Ausdruck kommenden Vorstellungen des Gesetzgebers bezweckt die Vorschrift gerade den Ausschluss ansonsten in Folge der (Fort)Geltung des Bruttoprinzips denkbarer strafähnlicher Wirkungen der Wertersatzeinziehung (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 68; Köhler NStZ 2017, 497, 502). Durch die Ausgestaltung der Abzugsmöglichkeiten wird unter Rückgriff auf bereicherungsrechtliche Grundsätze aus § 817 Satz 2 BGB sichergestellt, dass Aufwendungen der von der Abschöpfung betroffenen Tatbeteiligten für selbst nicht zu beanstandende Leistungen sogar dann vom Wert des Erlangten abzuziehen sind, wenn die Aufwendungen in demselben tatsächlichen Verhältnis angefallen sind wie der strafrechtlich missbilligte Vorgang (näher dazu Köhler NStZ 2017, 497, 504 ff.; Rönnau/ Begemann GA 2017, 1, 11 ff.). Wegen der fehlenden Strafnatur der Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen kann daher grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass bei Anordnung der Vermögensabschöpfung niedrigere Strafen verhängt würden. Das gilt auch für das angefochtene Urteil.
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II. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Satz 1 StGB) rechtsfehlerhaft abgelehnt. Die Entscheidung des Landgerichts, von der Anordnung der Wertersatzeinziehung selbst in der Höhe des Wertes der festgestellten Beuteschäden (Bargeld) abzusehen, obwohl beide Angeklagten nach den Feststellungen die ursprüngliche Beute in Gestalt von Bargeld und Wertgegenständen i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB durch die Tat erlangt (zu den Voraussetzungen etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 85 mwN; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 73 Rn. 26 mwN; siehe auch BT-Drucks. 18/9525 S. 62) hatten, findet im einfachen Gesetzesrecht keine Stütze und ist verfassungsrechtlich nicht veranlasst.
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1. Liegen die Voraussetzungen der Einziehung von Taterträgen (§ 73 StGB) oder – wie hier – der Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen (§ 73c Abs. 1 StGB) vor, hat die Anordnung der entsprechenden Vermögensabschöpfung zu erfolgen (siehe nur Köhler NStZ 2017, 497, 498). Soweit nicht prozessual gemäß § 421 StPO verfahren worden ist, unterbleibt die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder seines Wertersatzes aus materiell-rechtlichen Gründen im Erkenntnisverfahren lediglich dann, wenn der (zivilrechtliche) Anspruch des Geschädigten bis zu dessen Abschluss erloschen ist (§ 73e Abs. 1 StGB) oder in den Fällen eines gutgläubigen Drittbegünstigten (§ 73b StGB) dessen Bereicherung weggefallen ist (§ 73e Abs. 2 StGB; dazu BTDrucks. 18/9525 S. 69; näher Köhler/Burkhard NStZ 2017, 665, 674). Diese zum Ausschluss der Anordnung der Wertersatzeinziehung führenden Konstellationen sind auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen gerade nicht gegeben.
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2. Das Unterbleiben der Anordnung der Wertersatzeinziehung konnte das Landgericht weder auf eine unmittelbare noch eine entsprechende Anwendung von § 459g Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO stützen, ohne dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen der genannten Vorschrift ankommt.
44
a) § 459g StPO normiert ausschließlich die Vollstreckung von Nebenfolgen und damit gemäß § 459g Abs. 2 StPO auch diejenige der Wertersatzeinziehung. Im Erkenntnisverfahren gilt sie nicht.
45
b) Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung sind offensichtlich nicht gegeben. Der Gesetzgeber hat eine bewusste Entscheidung dafür getroffen , abweichend vom früheren Recht, Härten, die im Einzelfall mit der Wertersatzeinziehung verbunden sein können, nicht bereits im Erkenntnisverfahren (§ 73c StGB aF), sondern erst im Rahmen der Vollstreckung zu berücksichtigen (vgl. Köhler NStZ 2017, 497, 500). Damit fehlt es von vornherein an einer planwidrigen Regelungslücke. Sowohl der Wegfall der Bereicherung als auch die Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung werden durch § 459g StPO erfasst.
46
3. Verfassungsrechtlich ist eine Berücksichtigung des Wegfalls der Bereicherung oder einer sonstigen Unverhältnismäßigkeit der Einziehung des Wertes von Taterträgen jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation weder geboten noch in methodisch zulässiger Weise begründbar.
47
Die Anwendung des seit 1. Juli 2017 geltenden Rechts der Vermögensabschöpfung auf Sachverhalte, bei denen die die Einziehung auslösende Straftat bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung begangen worden ist (Art. 316h Satz 1 EGStGB), steht mit Verfassungsrecht in Einklang.
48
a) Ein Verstoß gegen das in Art. 103 Abs. 2 GG normierte strafrechtliche Rückwirkungsverbot ist damit nicht verbunden (BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17). Weder die Einziehung von Taterträgen noch die hier fragliche Wertersatzeinziehung sind Strafen oder weisen strafähnlichen Charakter auf (oben Rn. 40; BT-Drucks. 18/11640 S. 84; zum früheren Recht BVerfG aaO, BVerfGE 110, 1, 14 ff.).
49
b) Das allgemeine, im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnde Rückwirkungsverbot ist ebenfalls nicht beeinträchtigt, weil kein schutzwürdiges Vertrauen auf strafrechtswidrig geschaffene Vermögenslagen erfassende gesetzliche Regelungen besteht (BT-Drucks. 18/11640 S. 84).
50
Im Übrigen berücksichtigt das neue Recht bereits auf der Ebene der Anordnungsvoraussetzungen – insoweit teilweise abweichend von der früheren Regelung – Aufwendungen des Tatbeteiligten zu dessen Gunsten bei der Bestimmung der Höhe der abzuschöpfenden Wertersatzeinziehung und zieht den Wegfall der Bereicherung sowie die Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung angeordneter Einziehungen als Gründe dafür heran, dass aufgrund gerichtlicher Entscheidung die Vollstreckung unterbleibt (§ 459g Abs. 5 StPO). Eine für die von der Wertersatzeinziehung Betroffenen nachteilige Ausgestaltung des neuen Rechts ist damit jedenfalls für die hier vorliegende Konstellation der Einziehung des Wertes von Taterträgen nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17).
51
c) Wegen des fehlenden Strafcharakters der Wertersatzeinziehung ist das strafrechtliche Schuldprinzip (siehe nur BVerfG, Urteil vom 19. März2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BverfGE 133, 168, 225 f. Rn. 102 f. mwN) ebenfalls nicht berührt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 ff.).
52
d) Der mit der Anordnung der Wertersatzeinziehung (§ 73c StGB) ohne Berücksichtigung der von § 459g Abs. 5 StPO erfassten Fallgestaltungen bereits im Erkenntnisverfahren verbundene Eingriff in grundrechtliche geschützte Rechtspositionen ist auch im Übrigen verfassungsgemäß.
53
Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob die mit der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen verbundene Begründung eines Zahlungstitels des Staates gegen den Tatbeteiligten (Köhler NStZ 2017, 497, 499) sich als Eingriff an den Gewährleistungen des Art. 14 GG darstellt oder lediglich an denen der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (dazu näher Rönnau/Begemann GA 2017, 1, 6 ff.). Nach beiden Maßstäben erweist sich die Anordnung der Wertersatzeinziehung in der hier vorliegenden Konstellation jeweils als verhältnismäßiger Eingriff.
54
aa) Die Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG ergibt sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung für die geltende Rechtslage aus denselben Gründen, die das Bundesverfassungsgericht bereits zum erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB aF ausgeführt hat (BVerfG aaO BVerfGE 110, 1, 28-30). Der Gesetzgeber verfolgt mit der Neuregelung der Vermögensabschöpfung insgesamt und damit auch der Einziehung von Taterträgen bzw. ihres Wertes weiterhin das Ziel, möglichen Beeinträchtigungen des Vertrauens der Bevölkerung in die Gerechtigkeit und die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung zu begegnen, die sich ergeben können, wenn Straftäter deliktisch erlangte Vermögenswerte dauerhaft behalten dürften (BT-Drucks. 18/9525 S. 45). Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung ist ein geeignetes Mittel, um gerade solchen Beeinträchtigungen entgegen zu wirken, weil sie der Bevölkerung den Eindruck vermittelt, der Staat unternehme das ihm rechtsstaatlich Mögliche, um eine Nutznießung von Verbrechensgewinnen zu unterbinden (BVerfG aaO BVerfGE 110, 1, 29 mwN). Die gesetzgeberische Annahme, durch Maßnahmen der Vermögensabschöpfung die genannte generalpräventive Wirkung erreichen zu können, hält sich auch ohne gesicherte rechtstatsächliche Erkenntnisse über solche Zusammenhänge innerhalb des dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen eingeräumten Beurteilungsspielraums (Julius ZStW 109 [1997], 58, 87 ff.; Rönnau/ Begemann GA 2017, 1, 8 mwN).
55
bb) Jedenfalls für die hier zu beurteilende Konstellation der Wertersatzeinziehung stellt sich deren Anordnung auch als verhältnismäßig im engeren Sinne dar, obwohl das geltende Recht Fallgestaltungen der Entreicherung und der sonstigen Härte der Maßnahme erst bei der Vollstreckung berücksichtigt, soweit nicht die Voraussetzungen von § 73e StGB vorliegen. § 459g StPO gewährleistet unabhängig von der hier nicht bedeutsamen Beschränkung des Wertes des Erlangten über § 73d Abs. 1 StGB, dass mit der Wertersatzeinziehung nicht in unverhältnismäßiger Weise in das Eigentumsrecht – und bezogen auf Art. 2 Abs. 1 GG in die allgemeine Handlungsfreiheit eingegriffen wird. Das folgt aus einer Zusammenschau der zum Ausschluss der Vollstreckung führenden Gründe und ihrer verfahrensmäßigen Berücksichtigung.
56
(1) Handelt es sich bei der die Wertersatzeinziehungsentscheidung auslösenden Tat um eine gegen Individualrechtsgüter gerichtete Tat mit einem Verletzten (i.S.v. § 73e StGB), kommt eine Vollstreckung des Zahlungstitels des Staates schon dann nicht mehr in Betracht, wenn der materiell-rechtliche Anspruch des Verletzten, etwa durch Erfüllung, erloschen ist (§ 459g Abs. 4 StPO). Eine doppelte Inanspruchnahme des von der Maßnahme betroffenen Tatbeteiligten durch den Verletzten und den Staat ist damit ausgeschlossen (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 94). Das gälte auch für die Angeklagten, die den beiden durch die Betrugstaten Geschädigten ohnehin zivilrechtlich gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, § 830 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz in Höhe der jeweiligen Tatbeute verpflichtet sind.
57
(2) Abweichend vom früheren Recht in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB, der dem erkennenden Gericht bei Entreicherung lediglich das Ermessen eröffnete, von Verfallsentscheidungen abzusehen, schreibt § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO das Unterbleiben der Vollstreckung zwingend vor, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Tatbeteiligten vorhanden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17 sowie BeckOK-StPO/Coen, 29. Ed., § 459g Rn. 23). Eine wertende Entscheidung des zuständigen Gerichts, die etwa die Gründe für die Entreicherung einbezöge (vgl. zum früheren Recht BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 – 1 StR 606/15, NStZ-RR 2017, 14, 15 mwN), ist nicht mehr möglich. Das Ausbleiben der Vollstreckung erfolgt selbst dann zwingend , wenn festgestellt wird, dass zwar Vermögen beim Betroffenen vorhanden ist, dieses aber ohne jeden Zusammenhang mit den zugrunde liegenden Straftaten erworben worden ist (Beck-StPO/Coen, aaO, § 459g Rn. 25). Im Übrigen ermöglicht § 459g Abs. 5 StPO über die allgemeine Verhältnismäßigkeitsklau- sel auch jenseits der Entreicherung eine „erdrückende Wirkung“ (BT-Drucks. 18/9525 S. 94) der Wertersatzeinziehungsentscheidung auf der Vollstreckungsebene zu vermeiden.
58
(3) Da die Entscheidung über die Anwendung von § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO gemäß § 462a Abs. 2 Satz 1 StPO von Amts wegen zu erfolgen hat (vgl. Beck-StPO/Coen, aaO, § 459g Rn. 19), ist prozedural die Einhaltung der Vorgaben für das Unterbleiben der Vollstreckung von Wertersatzeinziehungsentscheidungen hinreichend gewährleistet. Auch dies begrenzt den Eingriff auf ein im engeren Sinne verhältnismäßiges Maß.
59
cc) Aus den vorstehenden Gründen handelt es sich bei der Anordnung von Wertersatzeinziehung zumindest in der hier vorliegenden Konstellation auch bezogen auf die allgemeine Handlungsfreiheit nicht um einen unverhältnismäßigen Eingriff.
60
4. Da das Unterbleiben der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Abs. 1 StGB) gegen beide Angeklagten keine gesetzliche Grundlage hat, war das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen zugrundeliegenden Feststellungen, die deshalb bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO), kommen die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB in Betracht.
61
Eine eigene Anordnungsentscheidung durch den Senat ist nicht veranlasst , weil es hinsichtlich der bei der Tat II.1. als Beute auch erlangten fünf Uhren an tatrichterlichen Feststellungen zu deren Wert fehlt. Aufgrund der vom Landgericht mitgeteilten Uhrenmarken lässt sich aber nicht ausschließen, dass diesen ein beträchtlicher Wert zukommt. Die Voraussetzungen eines Absehens von einer Einziehungsentscheidung gemäß § 421 Abs. 1 StPO liegen daher nicht vor.
62
5. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, für die Entscheidung über den Wert des Erlangten ergänzende Feststellungen zu dem Wert der Uhren im Fall II.1. der Urteilsgründe zu treffen. Raum Jäger Cirener Radtke Hohoff

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 100/12
vom
21. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2012 beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 9. Dezember 2011 aufgehoben, soweit der Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist, einschließlich der hierzu getroffenen Feststellungen. Die weitergehende Revision wird verworfen. Der Tenor der schriftlichen Urteilsgründe wird wie folgt ergänzt: Die Fahrerlaubnis wird der Angeklagten entzogen, ihr Führerschein wird eingezogen, die Verwaltungsbehörde darf ihr vor Ablauf von noch drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Diebstahls und Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt.
2
Das Rechtsmittel der Angeklagten hat Erfolg, soweit ihr Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist; im Übrigen ist es im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
3
Der Verurteilung lag neben einer Nötigung ein Ladendiebstahl (Waren, insbesondere Katzenfutter, im Wert von 72,46 €) zu Grunde. Die 72-jährige Angeklagte war schon mehrfach wegen vergleichbarer Vorkommnisse mit Geldund Bewährungsfreiheitsstrafen geahndet worden und hat diese Tat innerhalb einer Bewährungszeit begangen. Sie war zuletzt am 25. Februar 2008 wegen zweier Diebstähle aus einem Verbrauchermarkt zu der Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung bis 3. März 2012 zur Bewährung ausgesetzt worden war. Deshalb entspricht die nunmehr für den Diebstahl verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und zwei Monaten noch dem Unrechtsund Schuldgehalt der festgestellten Tat. Sie ist nicht unvertretbar hoch und löst sich noch nicht nach oben von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2003 - 2 StR 54/03, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafhöhe 18).
4
Das Landgericht hat die Frage, ob der Vollzug der gegen die Angeklagte verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann, in den Urteilsgründen nicht erörtert. Dies verstieß schon gegen § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO, da der Verteidiger den Antrag gestellt hatte, auf Bewährung zu erkennen. Aus sachlich-rechtlichen Gründen sind Urteilsausführungen zur Strafaussetzung erforderlich, wenn eine Erörterung dieser Frage als Grundlage für die revisionsrechtliche Nachprüfung geboten erscheint (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. März 1997 - 2 StR 63/97; vom 6. März 2012 - 1 StR 50/12, Rn. 4). Dies war hier der Fall.
5
Zwar muss aus materiell-rechtlicher Sicht die Frage der Aussetzung des Vollzugs einer verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung in den Urteilsgründen nicht zwingend ausdrücklich erörtert werden, wenn nach den Feststellungen die Strafaussetzung völlig fern liegt. Eine Straftat während einer Bewährungszeit zeigt schon, dass die frühere Prognose falsch war. Dennoch schließt ein Bewährungsbruch eine günstige Prognose nicht von vorneherein aus. Hat ein Täter etwa erstmals Freiheitsentzug erlitten, kann ihn dies so beeindruckt haben, dass die Prognose deswegen nunmehr günstig ist (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 136, 139 mwN).
6
In dieser Sache war die Angeklagte vom 11. November 2011 bis zum 9. Dezember 2011 - erstmals - in Haft (§ 230 Abs. 2 StPO) in der Justizvollzugsanstalt Aichach. Deshalb lag hier eine Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung nicht so fern, dass auf eine Gesamtwürdigung der wesentlichen Umstände im Hinblick auf die der Angeklagten zu stellende Kriminalprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) und auf das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB verzichtet werden konnte.
7
Der Passus zur Fahrerlaubnisentziehung wurde nicht in den Tenor der schriftlichen Urteilsgründe aufgenommen. Dabei handelt es sich aber lediglich um ein offensichtliches Schreibversehen, wie den Urteilsgründen und dem verkündeten Urteil ausweislich der Sitzungsniederschrift zu entnehmen ist. Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.