Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Mai 2017 - VIII ZB 15/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:300517BVIIIZB15.17.0
bei uns veröffentlicht am30.05.2017
vorgehend
Amtsgericht Osnabrück, 83 C 489/15, 15.06.2016
Landgericht Osnabrück, 12 S 309/16, 19.12.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 15/17
vom
30. Mai 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erfüllt ein Schriftsatz, mit dem um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht
wird, zugleich auch die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründung
, setzt die Annahme, er sei nicht als unbedingte Berufungsbegründung
bestimmt, voraus, dass sich dies aus dem Schriftsatz beziehungsweise
seinen Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden
Deutlichkeit ergibt (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember
2008 - XII ZB 185/08, NJW-RR 2009, 433 Rn. 9; vom 27. Mai 2009 - III ZB
30/09, FamRZ 2009, 1408 Rn. 7; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, NJW-RR
2012, 755 Rn. 11; vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, FamRZ 2015, 1791
Rn. 18; jeweils mwN).
BGH, Beschluss vom 30. Mai 2017 - VIII ZB 15/17 - LG Osnabrück
AG Osnabrück
ECLI:DE:BGH:2017:300517BVIIIZB15.17.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Mai 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Hoffmann
beschlossen:
Im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 5. April 2017 wird den Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der eingelegten Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 19. Dezember 2016 gewährt. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - der vorbezeichnete Beschluss des Landgerichts Osnabrück hinsichtlich der ausgesprochenen Verwerfung der Berufung als unzulässig aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung zu gewähren, ist gegenstandslos. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 1.100 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Mietkaution für eine von ihnen angemietete Wohnung des Klägers, die ehemals im Eigentum der in Privatinsolvenz geratenen Beklagten zu 2 stand.
2
Das Amtsgericht hat die Beklagten durch Versäumnisurteil zur Zahlung rückständiger Mieten und einer nicht geleisteten Mietkaution in Höhe von insgesamt 1.975 € nebst Zinsen verurteilt. Auf den gegen die Verurteilung zur Zah- lung von 1.100 € Mietkaution (nebst Zinsen) eingelegten Einspruch der Beklag- ten hat das Amtsgericht mit Schlussurteil vom 15. Juni 2016 das Versäumnisurteil im angegriffenen Umfang aufrechterhalten und die Beklagten aufgrund einer Klageerweiterung zusätzlich zur Zahlung rückständiger Mieten in Höhe von 774,90 € nebst Zinsen verurteilt.
3
Gegen dieses - ihrem Prozessbevollmächtigten am 16. Juni 2016 zugestellte - Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht beim Landgericht Berufung eingelegt. Die Frist zur Berufungsbegründung ist antragsgemäß bis 16. September 2016 verlängert worden. Mit am letzten Tag der verlängerten Frist beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Beklagten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
4
Der Schriftsatz enthält zugleich den Hinweis, welche Anträge nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Berufungsverfahren gestellt werden sollten. Danach sollte eine Abänderung des angefochtenen Urteils nur hinsichtlich der Kautionsforderung (1.100 €) begehrt werden. Weiter enthält der vom Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterzeichnete Schriftsatz eine - inhaltlich und auch vom Aufbau den üblichen Gepflogenheiten einer Berufungsbegründung entsprechende - Begründung, die eingeleitet wird mit den Sätzen: "Eine Erklärung der Antragsteller über deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse nebst Belegen fügen wir - nur für das Gericht - bei. Die Anträge für das Berufungsverfahren werden sodann wie folgt begründet werden."
5
Im Hinblick auf die angeführten Passagen hat der Vorsitzende der Berufungskammer den Prozessbevollmächtigten der Beklagten darauf hingewiesen, innerhalb der Berufungsbegründungsfrist sei nur eine bedingte, an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geknüpfte Berufungsbegründung eingegangen, weswegen das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen sei. Die Beklagten haben daraufhin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und sich dabei darauf berufen, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei vor einer Entscheidung über die Zulässigkeit ihrer Berufung zunächst über den gestellten Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden.
6
Hierauf hat das Landgericht den Beklagten zwar mit Beschluss vom 4. November 2016 Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens bewilligt. Deren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine Versäumung der Begründungsfrist hat es aber mit Beschluss vom 19. Dezember 2016 zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten hätten bereits nicht dargetan , dass ihre Mittellosigkeit für die Versäumung der Begründungsfrist kausal geworden sei. Immerhin habe ihr Prozessbevollmächtigter bereits im Prozesskostenhilfegesuch ausführlich dargelegt, wie die Berufung im Falle der Gewährung von Prozesskostenhilfe voraussichtlich begründet und welcher Antrag gestellt werden würde. Zudem hätten die Beklagten die versäumte Prozesshandlung nicht - wie gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderlich - nachgeholt.
7
Mit am 18. Januar 2017 beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz haben die Beklagten um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde gegen diesen - ihnen am 23. Dezember 2016 zugestellten - Beschluss nachgesucht. Dem hat der Senat mit Beschluss vom 14. März 2017 (VIII ZA 3/17) entsprochen, der dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 17. März 2017 zugestellt worden ist. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit am 22. März 2017 beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz Rechtsbeschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vo- rigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt. Der Senat hat mit Beschluss vom 5. April 2017 den Beklagten Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bewilligt. Am 11. April 2017 ist die Begründung der Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingegangen.

II.

8
Den Beklagten ist antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren (§§ 233, 234 Abs. 1, § 236 Abs. 1, 2 ZPO).

III.

9
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der ausgesprochenen Verwerfung der Berufung als unzulässig und zur Klarstellung, dass der gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die vermeintliche Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gegenstandslos ist.
10
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, denn es hat die Anforderungen an eine Berufungsbegründung überspannt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, BGHZ 165, 318, 320; vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07, juris Rn. 5) und damit den Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert.
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der am 16. September 2016 und damit rechtzeitig beim Berufungsgericht eingegangene Schriftsatz nicht nur eine Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs enthält, sondern bei gebotener Auslegung zugleich auch zur Begründung der Berufung bestimmt war. Die Berufung der Beklagten hätte daher , ohne dass sich die Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung stellte, nicht als unzulässig verworfen werden dürfen.
12
a) Das Berufungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend angenommen , dass eine - wie hier - unbedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, wenn bis zum Ablauf der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung des Rechtsmittels bestimmt ist. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO S. 320 f.). Daher muss der Rechtsmittelführer bei grundsätzlich zulässiger Verbindung eines Rechtsmittels oder seiner Begründung mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe alles vermeiden, was den Eindruck erwecken könnte, er wolle eine "künftige" Prozesshandlung lediglich ankündigen und sie von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig machen (BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86, FamRZ 1986, 1087; vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563 unter I 2 b aa; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553 unter II 2 a; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 27. Mai 2009 - III ZB 30/09, FamRZ 2009, 1408 Rn.7; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, NJW-RR 2012, 755 Rn. 11).
13
b) Jedoch hat das Berufungsgericht die in dem am 16. September 2016 eingegangenen Schriftsatz zum Ausdruck kommende Willensrichtung der Be- klagten nicht hinreichend geprüft. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung der Prozesserklärung uneingeschränkt nachprüfen und die erforderliche Auslegung selbst vornehmen (BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO unter I 2 b; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO unter II 2 a; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO Rn. 12; jeweils mwN).
14
aa) Dabei ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen; vielmehr ist im Zweifel dasjenige gewollt, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2016 - V ZR 272/15, NJW-RR 2016, 1404 Rn. 10 mwN). Maßgebend ist letztlich, ob sich beim Fehlen einer ausdrücklich erklärten Bestimmung als Berufungsbegründung eine solche aus dem Zusammenhang der in dem Schriftsatz erfolgten Ausführungen und seinen Begleitumständen ergibt (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, NJW-RR 2015, 1409 Rn. 18). Dabei kommt es allein auf den vom Berufungskläger erklärten, nach außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, aaO mwN); "klarstellende" Parteierklärungen nach Ablauf der Begründungsfrist bleiben unberücksichtigt (BGH, Beschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07, aaO Rn. 8 mwN; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO Rn. 19).
15
bb) Hiervon ausgehend ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags verbunden mit einem Schriftsatz, der die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als unbedingt eingelegtes und begründetes Rechtsmittel zu behandeln (BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XII ZB 6/07, aaO Rn. 7). Die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt, ist in sol- chen Fällen nur dann gerechtfertigt, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO unter I 2 b aa mwN; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07, NJW-RR 2007, 1565 Rn. 10; vom 25. September 2007 - XII ZB 6/07, aaO; vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 185/08 - NJW-RR 2009, 433 Rn. 9; vom 27. Mai 2009 - III ZB 30/09, aaO; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO Rn. 11; vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, aaO; vom 16. Juni 2016 - IX ZB 22/15, juris Rn. 5). Denn im Allgemeinen will keine Partei die mit einer Fristversäumung verbundenen Nachteile in Kauf nehmen (BGH, Beschlüsse vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00, NJW-RR 2001, 789 unter II mwN; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04, NJW 2008, 1740 Rn. 12; vom 27. Mai 2009 - III ZB 30/09, aaO; vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, aaO mwN).
16
cc) Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass der am letzten Tag der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangene Schriftsatz sich nicht in einem Prozesskostenhilfegesuch erschöpft, sondern zugleich die Rechtsmittelbegründung enthält.
17
(1) Der vom postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten eigenhändig unterzeichnete (§ 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO) Schriftsatz ist zwar nicht ausdrücklich als Berufungsbegründung bezeichnet, er erfüllt aber die inhaltlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Denn er enthält nicht nur die Erklärung, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten und welcher Berufungsantrag gestellt werden soll (§ 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), sondern auch die konkreten Berufungsangriffe gegen die vom Amtsgericht dem Kläger zuerkannte Mietkaution. Dabei werden sowohl die Umstände, aus der sich die gerügte Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben sollen (§ 530 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) bezeichnet, als auch konkrete Anhaltspunkte , die konkrete Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil wecken sollen (§ 530 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). Es bedarf daher einer eindeutigen, jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden ausdrücklichen Erklärung, dass noch keine unbedingte Berufungsbegründung erfolgen solle. Daran fehlt es im Streitfall.
18
(2) Das Berufungsgericht hat die in dem angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung, die Beklagten hätten die Frist zur Begründung der Berufung versäumt, nicht näher begründet. Ausweislich des vom Vorsitzenden der Berufungskammer zuvor erteilten Hinweises hat dieser im Hinblick auf die den Berufungsantrag und die Berufungsangriffe einleitenden Passagen ("Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll beantragt werden"; "Die Anträge des Berufungsverfahrens werden sodann wie folgt begründet werden") angenommen, die Berufungsbegründung sei von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass Prozesskostenhilfe gewährt werde, so dass innerhalb der verlängerten Begründungsfrist keine ordnungsgemäße Berufungsbegründung eingegangen sei. Diese - offensichtlich auch dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende - Beurteilung hat nicht alle auslegungsrelevanten Umstände in den Blick genommen.
19
(a) Zwar kann unter Umständen eine für die Annahme einer derartigen Bedingung sprechende ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung darin gesehen werden, dass der entsprechende Schriftsatz selbst ausdrücklich als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung von Prozesskostenhilfe" begründet werde (BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO S. 322 f.; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO). Entscheidend sind aber die jeweiligen Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07, aaO Rn. 13; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO mwN). Insbesondere kann eine einem angekündigten Antrag vorausgestellte Wendung "Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" auch nur als eine temporale Staffelung (zunächst/nach Bewilligung) gemeint sein, die nicht im Sinne einer Bedingung , sondern nur als Ausdruck des legitimen Wunsches zu verstehen ist, über die Gewährung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung der Berufung solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO).
20
(b) So verhält es sich bei zutreffender Auslegung des am 16. September 2016 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatzes.
21
(aa) Der Schriftsatz ist zwar nicht mit der Bezeichnung Berufungsbegründung überschrieben. Er ist aber auch nicht als bloßes Prozesskostenhilfegesuch bezeichnet worden; vielmehr trägt er überhaupt keine Überschrift. Aufbau und Begründungsweise des Schriftsatzes entsprechen den üblicherweise bei einer Berufungsbegründung anzutreffenden Gepflogenheiten.
22
Es wird in Fettdruck ein bestimmter Berufungsantrag angekündigt, was im Hinblick darauf, dass Anträge erst in der mündlichen Verhandlung verlesen (§§ 525, 297 ZPO) und damit gestellt werden, der Üblichkeit entspricht und damit nicht eindeutig auf eine Bedingung schließen lässt. Im Rahmen des angekündigten Berufungsantrags hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auch bereits festgelegt, in welchem Umfang die zunächst uneingeschränkt eingelegte Berufung zu begründen war; das Urteil des Amtsgerichts sollte nicht in vollem Umfang, sondern nur hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von 1.100 € Kaution angegriffen werden. Vor diesem Hintergrund lässt der Zusatz, dass "nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt werde", für sich genommen nicht die erforderliche zweifelsfreie Deutung zu, dass die Berufungsbegründung nur bedingt unter der Voraussetzung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erfolgen solle und hiermit nicht lediglich zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass allein die weitere Durchführung des Berufungsverfahrens (einschließlich der Auslösung von anwaltlichen Termingebühren) von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden sollte.
23
Entsprechendes gilt - sowohl für sich genommen als auch im Zusammenhang mit der den Berufungsantrag ankündigenden Wendung - für die im Anschluss an den angekündigten Antrag unter der hervorgehobenen Überschrift "Begründung" geführten Berufungsangriffe. Dabei wird nicht auf die inhaltlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO (hinreichende Erfolgsaussicht, keine Mutwilligkeit) eingegangen; vielmehr werden bereits die aus Sicht des Prozessbevollmächtigten gegen die Zuerkennung einer Mietkaution von 1.100 € erforderlichen Berufungsangriffe im Sinne von § 520 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO im Einzelnen ausgeführt. Von einer klassischen Berufungsbegründung unterscheidet sich der Schriftsatz letztlich nur dadurch, dass dem Berufungsantrag vorangestellt ist ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, dass der sich daran anschließend angekündigte Berufungsantrag mit der Wendung eingeleitet wird: "Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll beantragt werden" und dass vor der nachfolgenden Überschrift "Begründung" ausgeführt ist: "Eine Erklärung der Antragsteller über deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse fügen wir - nur für das Gericht - bei. Die Anträge des Berufungsverfahrens werden sodann wie folgt begründet werden […]."
24
(bb) Für eine Bedingung dahin, dass der Schriftsatz nur dann als Berufungsbegründung gelten sollte, sofern und soweit Prozesskostenhilfe bewilligt würde, gab es bei vernünftiger Betrachtung auch keinen Anlass. Die Beklagten hatten bereits unbedingt Berufung eingelegt und damit schon das Kostenrisiko eines Rechtsmittels auf sich genommen. In Anbetracht dieser Interessenlage und der im Schriftsatz bereits im Einzelnen ausgeführten Berufungsangriffe sind keine plausiblen Gründe ersichtlich, die die Beklagten oder ihren Prozessbevollmächtigten - trotz der erfolgten eingehenden Befassung mit der Frage der Begründetheit der Berufung - davon hätten abhalten können, vorerst noch von einer endgültigen Berufungsbegründung abzusehen.
25
Zwar mögen für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel aber - wie hier - bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO S. 321 f.). Im Streitfall sprechen Kostengesichtspunkte sogar gegen die Auslegung, dass noch keine Berufungsbegründung erfolgen sollte. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (Kaution und Mietrückstände). Bei diesem höheren Gebührenstreitwert wäre es geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu begrenzen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz infolge des darin angekündigten eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Verurteilung zur Zahlung von Mietrückständen hingenommen worden ist, zu einem ge- ringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO).
26
(c) Der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte nach dem Hinweis des Berufungsgerichts nicht mitgeteilt hat, er habe unbedingt Berufung eingelegt , sondern stattdessen einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt hat, ist unbeachtlich (BGH, Beschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07, aaO Rn. 8 mwN; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO; vgl. auch Beschluss vom 16. Juni 2016 - IX ZR 22/15, aaO Rn. 6). Auf spätere Stellungnahmen kommt es nicht an, weil allein die Umstände , die bis zum Ablauf der Begründungsfrist erkennbar waren, maßgeblich sind. Außerdem lag der Fokus des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei dieser Stellungnahme darauf, das Gericht darauf hinzuweisen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Verwerfung der Berufung als unzulässig nicht vor der Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch erfolgen darf. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Hoffmann
Vorinstanzen:
AG Osnabrück, Entscheidung vom 15.06.2016 - 83 C 489/15 -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 19.12.2016 - 12 S 309/16 -

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Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 26.04.2017, Az. 11 O 58/16, wird verworfen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -
5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Sie ist auch begründet , weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufung überspannt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 30/09
vom
27. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters
und Hucke

beschlossen:
Dem Beklagten zu 3 wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung sowie zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf seine Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. November 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Beklagten zu 3 an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 33.460,87 €

Gründe:


I.


1
Das in dieser Sache ergangene erstinstanzliche Urteil vom 30. Mai 2008, das eine im Wesentlichen den Klageanträgen folgende Verurteilung des Beklag- ten zu 3 enthält, wurde seiner Prozessbevollmächtigen am 2. Juni 2008 zugestellt. Mit Fax-Schreiben vom 30. Juni 2008 legte diese dagegen Berufung ein. In diesem Schriftsatz heißt es unter anderem: "Die Durchführung der Berufung wird von der Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Beklagten und Berufungskläger abhängig gemacht“ und weiter: "Die beabsichtigte Berufungsdurchführung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist auch nicht mutwillig, insoweit wird vorsorglich auf den anliegenden Entwurf einer Berufungsbegründung Bezug genommen. Im Weiteren bleiben die Anträge und Begründung der Berufung, sofern die beantragte Prozesskostenhilfe gewährt werden sollte, einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten". Beigefügt war ein weiterer Schriftsatz , ebenfalls vom 30. Juni 2008, der die Überschrift: "Berufungsbegründung" trägt, von der Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterschrieben ist, und in dem ein konkreter Berufungsantrag sowie eine eingehende Begründung des Rechtsmittels enthalten sind.
2
Das Berufungsgericht bewilligte dem Beklagten zu 3 mit Beschluss vom 24. September 2008 Prozesskostenhilfe. Unter dem 6. November 2008 erteilte es einen schriftlichen Hinweis, wonach die Berufung unzulässig sei, weil die Berufungsbegründungsschrift bislang nicht vorliege. Mit Einlegung des Rechtsmittels sei lediglich zur Begründung des zugleich gestellten Prozesskostenhilfeantrags der Entwurf einer Begründung eingereicht worden. Nunmehr sei die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, zumal ein dahingehender Antrag nicht gestellt worden und auch die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist verstrichen sei. Hiergegen wandte sich die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3 mit Schriftsatz vom 26. November 2008, stellte vorsorglich einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und reichte den mit „Berufungsbegründung“ überschriebenen Schriftsatz vom 30. Juni 2008 abermals ein.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. November 2008 hat das Berufungsgericht die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen, weil der mit Berufungseinlegung gleichzeitig vorgelegte Schriftsatz nicht als unbedingte Rechtsmittelbegründung aufzufassen sei. Vielmehr sei er ausdrücklich nur als Entwurf einer Berufungsbegründung bezeichnet worden; die Antragstellung und Begründung der Berufung seien einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten worden. Damit sei die erst mit dem Schriftsatz vom 26. November 2008 eingereichte Begründung des Rechtsmittels verspätet; der vorsorglich gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3 habe die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt, weil sie sich über die Voraussetzungen einer unbedingten und damit zulässigen Berufungsbegründung in Verbindung mit einem Prozesskostenhilfeantrag ohne weiteres anhand der einschlägigen Kommentarliteratur hätte informieren können.
4
Hiergegen richtet sich der Beklagte zu 3 mit der Rechtsbeschwerde, die er nach Gewährung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Senats vom 19. März 2009 gleichzeitig mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der insoweit versäumten Fristen eingelegt und begründet hat.

II.


5
1. Dem Beklagten zu 3 war auf seinen fristgerecht gestellten Antrag die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, nachdem er bis zur Zustellung des Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses am 25. März 2009 schuldlos an den erforderlichen Prozesshandlungen gehindert war.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen (Verwerfungs-)Beschlusses mit der Folge, dass das Berufungsverfahren fortzusetzen ist.
7
Zunächst a) geht das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe verbundene Berufungseinlegung im Streitfall unbedingt und damit in zulässiger Weise erfolgt ist. Soweit es jedoch der Auffassung ist, eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung sei dem der Rechtsmittelschrift beigefügten weiteren Schriftsatz vom gleichen Tag nicht zu entnehmen, steht dies nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zwar muss der Rechtsmittelführer bei grundsätzlich zulässiger Verbindung eines Rechtsmittels oder seiner Begründung mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe alles vermeiden, was den Eindruck erwecken könnte, er wolle eine "künftige" Prozesshandlung lediglich ankündigen und sie von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. BGHZ 165, 318, 320 f; BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1087). Sind aber die gesetzlichen Vorausset- zungen an eine Berufungsschrift oder - wie hier - Berufungsbegründung erfüllt, kommt die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt, allenfalls dann in Betracht, wenn dies den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zu entnehmen ist (vgl. BGHZ aaO; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 185/08 - NJW-RR 2009, 433, 434, Rn. 9 m.w.N.). Da im Allgemeinen keine Partei die mit einer Fristversäumung verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, ist deshalb im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügender, von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichneter Schriftsatz schon als formelle Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein entgegenstehender Wille des Rechtsmittelführers deutlich erkennbar wird (vgl. BGHZ aaO; BGH, Beschlüsse vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04 - NJW 2008, 1740, 1741, Rn. 12, vom 19. Mai 2004, aaO und vom 16. August 2000 - XII ZB 65/2000 - NJW-RR 2001, 789). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung bzw. Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche und zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die z.B. darin gesehen werden kann, dass der entsprechende Schriftsatz selbst ausdrücklich als "Entwurf einer Berufungsbegründung“ bezeichnet wird (vgl. BGHZ, aaO).
8
b) Ein derartiger ausdrücklich erklärter Wille und damit eine eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung sind den im Streitfall zu beurteilenden Schriftsätzen nicht zu entnehmen.
9
Der mit der Berufungseinlegung gleichzeitig eingereichte Schriftsatz erfüllt alle Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Er enthält die Erklärung, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten werden soll und welche Berufungsanträge gestellt werden sollen. Darüber hinaus ist der Berufungsangriff eingehend begründet und der Schriftsatz ist von der postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3 eigenhändig unterzeichnet worden. Dies spricht dafür, dass es der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3 nicht nur darum ging, das Prozesskostenhilfegesuch zu begründen, sondern zugleich auch die Begründung der Berufung vorzunehmen. Die weiteren Formulierungen in dem Berufungsschriftsatz stehen dem nicht entgegen. Zwar heißt es darin, die Durchführung der Berufung werde von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht; indes ist dies gerade im Hinblick auf die sonstigen Umstände nicht im Sinne der Auffassung des Berufungsgerichts zu verstehen. Denn der beigefügte Schriftsatz ist ausdrücklich mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält keine erkennbare Einschränkung, wonach die Begründung nicht oder noch nicht eingereicht werden solle. Weiter ist dieser Schriftsatz weder selbst als Entwurf bezeichnet noch ist darin die Rede von einer Abhängigkeit von dem Prozesskostenhilfeantrag.
10
Soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung vor allem auf den in der Berufungsschrift enthaltenen Hinweis auf einen beigefügten "Entwurf einer Berufungsbegründung" sowie die Formulierungen stützt, wonach im Weiteren Anträge und die Begründung der Berufung, sofern Prozesskostenhilfe gewährt werde, einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten blieben, kann dem nicht gefolgt werden. Dies steht einer Wertung des Schriftsatzes vom 30. Juni 2008 als ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht entgegen. Denn daraus kann nicht mit der erforderlichen hinreichenden Deutlichkeit entnommen werden, dass der gleichzeitig mit der Einlegung der Berufung eingereichte Schriftsatz nur zur Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs, nicht aber bereits auch zur Begründung der eingelegten Berufung bestimmt sein sollte und stattdessen eine solche überhaupt erst ankündigen wollte. Diese Deutung legt vor allem die Unterzeichnung dieses Schriftsatzes nahe, die bei einem lediglich der Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs dienenden Entwurf nicht erforderlich gewesen wäre und üblicherweise auch unterbleibt. Der Hinweis in der Berufungsschrift auf einen beigefügten "Entwurf" kann im Übrigen auch darauf hindeuten, dass im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozesskostenhilfe zum Beispiel nur teilweise bewilligenden Entscheidung, eine Modifizierung der Berufungsanträge, eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der Prozesskostenhilfeentscheidung oder auch die Rücknahme des Rechtsmittels vorbehalten bleiben sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004, aaO).
11
Liegt damit ein ausdrücklicher und zweifelsfreier Hinweis auf eine noch nicht als solche anzusehende Berufungsbegründung nicht vor, ist bei einer derartigen Sachlage auch mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer Fristversäumung zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nehmen will als zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - NJW-RR 2007, 1565, 1566 m.w.N.).
12
3. Da der Beklagte zu 3 seine Berufung rechtzeitig eingelegt und begründet hat, ist der vorsorglich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gegenstandslos. Der Beschluss des Berufungsgerichts war daher aufzuheben.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 30.05.2008 - 5 O 328/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 28.11.2008 - 8 U 863/08 -
11
aa) Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künftige ) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400). Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - juris Rn. 7). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzuläs- sigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer beabsichtigten "Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
11
aa) Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künftige ) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400). Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - juris Rn. 7). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzuläs- sigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer beabsichtigten "Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400).
10
bb) Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist aber nicht allein der Wortlaut maßgebend. Im Zweifel ist dasjenige gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13, NJW 2014, 3314 Rn. 15; Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, NJW-RR 2015, 915 Rn. 8; BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 21/99, NJW 2001, 3789, 3790). Die Auslegung des Klageantrags, die der Senat als Revisionsgericht selbst vornehmen kann, ergibt, dass der Antrag des Klägers auf die Feststellung zielt, der Beklagten habe kein Recht zugestanden, ihm am 21. Februar 2013 den Zugang zu der in dem Rathaus stattfindenden Versammlung zu untersagen. In Rede steht deshalb das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO. Bei einem Antrag auf „Feststellung der Rechtswidrigkeit oder der Unwirksamkeit eines Hausverbots“ handelt es sich lediglich um eine abgekürzte Ausdrucksweise für eine solche Feststellung. In diesem Sinne sind auch die von dem Berufungsgericht zitierten Entscheidungen des Senats (Urteile vom 30. Oktober 2009 - V ZR 253/08, NJW 2010,534 Rn. 8 und vom 9. März 2012 - V ZR 115/11, NJW 2012, 1725 Rn. 28) zu verstehen.
18
Dabei muss der Schriftsatz jedoch nicht als Berufungsbegründung bezeichnet sein. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine Eingabe, mit der der Berufungskläger um die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil oder um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachsucht, gleichzeitig die Berufungsbegründung darstellen (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 11 und vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113; Senatsurteil vom 15. Februar 1989 - IVb ZR 55/88 - FamRZ 1989, 849; vgl. auch BGH Beschluss vom 30. Juli 1998 - III ZB 19/98 - NJW-RR 1999, 212). Dies muss der Berufungskläger nicht ausdrücklich hervorheben, sondern es genügt, dass sich eine entsprechende Bestimmung aus dem Zusammenhang und den Begleitumständen ergibt. Da im Allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen prozessualen Nachteile in Kauf nehmen will, ist davon auszugehen, dass ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes Gesuch um Prozesskostenhilfe oder Einstellung der Zwangsvollstreckung auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern sich nicht ein anderer Wille des Berufungsklägers aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Bei der hiernach erforderlichen Prüfung der Willensrichtung des Beru- fungsklägers kommt es allein auf dessen erklärten, nach außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an (Senatsbeschlüsse vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04 - FamRZ 2008, 1063 Rn. 12; BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400 und vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113; Senatsurteil vom 15. Februar 1989 - IVb ZR 55/88 - FamRZ 1989, 849 f.; BGH Beschluss vom 14. März 1995 - VI ZB 4/95 - VersR 1995, 1462).
5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Sie ist auch begründet , weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufung überspannt hat.
11
aa) Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künftige ) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400). Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - juris Rn. 7). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzuläs- sigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer beabsichtigten "Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -
10
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, wonach ein Schriftsatz , der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als wirksam eingelegte Prozesserklärung zu behandeln ist. Eine Deutung dahin, dass er gleichwohl nicht unbedingt als Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt ist, kommt nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (Senatsbeschlüsse vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 f.; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - NJW 2002, 1352). Solches ist hier jedoch entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht der Fall. Denn im Zweifel ist zugunsten eines Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird.
9
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, wonach ein Schriftsatz , der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als wirksam eingelegte Prozesserklärung zu behandeln ist. Eine Deutung dahin, dass er gleichwohl nicht unbedingt als Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt ist, kommt nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (Senatsbeschlüsse vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - FamRZ 2007, 1726, 1727, vom 20. Juli 2005 - XII ZR 31/05 - FamRZ 2005, 1537 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554). Solches ist hier jedoch entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht der Fall.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 30/09
vom
27. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters
und Hucke

beschlossen:
Dem Beklagten zu 3 wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung sowie zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf seine Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. November 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Beklagten zu 3 an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 33.460,87 €

Gründe:


I.


1
Das in dieser Sache ergangene erstinstanzliche Urteil vom 30. Mai 2008, das eine im Wesentlichen den Klageanträgen folgende Verurteilung des Beklag- ten zu 3 enthält, wurde seiner Prozessbevollmächtigen am 2. Juni 2008 zugestellt. Mit Fax-Schreiben vom 30. Juni 2008 legte diese dagegen Berufung ein. In diesem Schriftsatz heißt es unter anderem: "Die Durchführung der Berufung wird von der Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Beklagten und Berufungskläger abhängig gemacht“ und weiter: "Die beabsichtigte Berufungsdurchführung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist auch nicht mutwillig, insoweit wird vorsorglich auf den anliegenden Entwurf einer Berufungsbegründung Bezug genommen. Im Weiteren bleiben die Anträge und Begründung der Berufung, sofern die beantragte Prozesskostenhilfe gewährt werden sollte, einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten". Beigefügt war ein weiterer Schriftsatz , ebenfalls vom 30. Juni 2008, der die Überschrift: "Berufungsbegründung" trägt, von der Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterschrieben ist, und in dem ein konkreter Berufungsantrag sowie eine eingehende Begründung des Rechtsmittels enthalten sind.
2
Das Berufungsgericht bewilligte dem Beklagten zu 3 mit Beschluss vom 24. September 2008 Prozesskostenhilfe. Unter dem 6. November 2008 erteilte es einen schriftlichen Hinweis, wonach die Berufung unzulässig sei, weil die Berufungsbegründungsschrift bislang nicht vorliege. Mit Einlegung des Rechtsmittels sei lediglich zur Begründung des zugleich gestellten Prozesskostenhilfeantrags der Entwurf einer Begründung eingereicht worden. Nunmehr sei die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, zumal ein dahingehender Antrag nicht gestellt worden und auch die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist verstrichen sei. Hiergegen wandte sich die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3 mit Schriftsatz vom 26. November 2008, stellte vorsorglich einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und reichte den mit „Berufungsbegründung“ überschriebenen Schriftsatz vom 30. Juni 2008 abermals ein.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. November 2008 hat das Berufungsgericht die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen, weil der mit Berufungseinlegung gleichzeitig vorgelegte Schriftsatz nicht als unbedingte Rechtsmittelbegründung aufzufassen sei. Vielmehr sei er ausdrücklich nur als Entwurf einer Berufungsbegründung bezeichnet worden; die Antragstellung und Begründung der Berufung seien einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten worden. Damit sei die erst mit dem Schriftsatz vom 26. November 2008 eingereichte Begründung des Rechtsmittels verspätet; der vorsorglich gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3 habe die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt, weil sie sich über die Voraussetzungen einer unbedingten und damit zulässigen Berufungsbegründung in Verbindung mit einem Prozesskostenhilfeantrag ohne weiteres anhand der einschlägigen Kommentarliteratur hätte informieren können.
4
Hiergegen richtet sich der Beklagte zu 3 mit der Rechtsbeschwerde, die er nach Gewährung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Senats vom 19. März 2009 gleichzeitig mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der insoweit versäumten Fristen eingelegt und begründet hat.

II.


5
1. Dem Beklagten zu 3 war auf seinen fristgerecht gestellten Antrag die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, nachdem er bis zur Zustellung des Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses am 25. März 2009 schuldlos an den erforderlichen Prozesshandlungen gehindert war.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen (Verwerfungs-)Beschlusses mit der Folge, dass das Berufungsverfahren fortzusetzen ist.
7
Zunächst a) geht das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe verbundene Berufungseinlegung im Streitfall unbedingt und damit in zulässiger Weise erfolgt ist. Soweit es jedoch der Auffassung ist, eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung sei dem der Rechtsmittelschrift beigefügten weiteren Schriftsatz vom gleichen Tag nicht zu entnehmen, steht dies nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zwar muss der Rechtsmittelführer bei grundsätzlich zulässiger Verbindung eines Rechtsmittels oder seiner Begründung mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe alles vermeiden, was den Eindruck erwecken könnte, er wolle eine "künftige" Prozesshandlung lediglich ankündigen und sie von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. BGHZ 165, 318, 320 f; BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1087). Sind aber die gesetzlichen Vorausset- zungen an eine Berufungsschrift oder - wie hier - Berufungsbegründung erfüllt, kommt die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt, allenfalls dann in Betracht, wenn dies den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zu entnehmen ist (vgl. BGHZ aaO; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 185/08 - NJW-RR 2009, 433, 434, Rn. 9 m.w.N.). Da im Allgemeinen keine Partei die mit einer Fristversäumung verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, ist deshalb im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügender, von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichneter Schriftsatz schon als formelle Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein entgegenstehender Wille des Rechtsmittelführers deutlich erkennbar wird (vgl. BGHZ aaO; BGH, Beschlüsse vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04 - NJW 2008, 1740, 1741, Rn. 12, vom 19. Mai 2004, aaO und vom 16. August 2000 - XII ZB 65/2000 - NJW-RR 2001, 789). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung bzw. Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche und zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die z.B. darin gesehen werden kann, dass der entsprechende Schriftsatz selbst ausdrücklich als "Entwurf einer Berufungsbegründung“ bezeichnet wird (vgl. BGHZ, aaO).
8
b) Ein derartiger ausdrücklich erklärter Wille und damit eine eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung sind den im Streitfall zu beurteilenden Schriftsätzen nicht zu entnehmen.
9
Der mit der Berufungseinlegung gleichzeitig eingereichte Schriftsatz erfüllt alle Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Er enthält die Erklärung, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten werden soll und welche Berufungsanträge gestellt werden sollen. Darüber hinaus ist der Berufungsangriff eingehend begründet und der Schriftsatz ist von der postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3 eigenhändig unterzeichnet worden. Dies spricht dafür, dass es der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3 nicht nur darum ging, das Prozesskostenhilfegesuch zu begründen, sondern zugleich auch die Begründung der Berufung vorzunehmen. Die weiteren Formulierungen in dem Berufungsschriftsatz stehen dem nicht entgegen. Zwar heißt es darin, die Durchführung der Berufung werde von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht; indes ist dies gerade im Hinblick auf die sonstigen Umstände nicht im Sinne der Auffassung des Berufungsgerichts zu verstehen. Denn der beigefügte Schriftsatz ist ausdrücklich mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält keine erkennbare Einschränkung, wonach die Begründung nicht oder noch nicht eingereicht werden solle. Weiter ist dieser Schriftsatz weder selbst als Entwurf bezeichnet noch ist darin die Rede von einer Abhängigkeit von dem Prozesskostenhilfeantrag.
10
Soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung vor allem auf den in der Berufungsschrift enthaltenen Hinweis auf einen beigefügten "Entwurf einer Berufungsbegründung" sowie die Formulierungen stützt, wonach im Weiteren Anträge und die Begründung der Berufung, sofern Prozesskostenhilfe gewährt werde, einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten blieben, kann dem nicht gefolgt werden. Dies steht einer Wertung des Schriftsatzes vom 30. Juni 2008 als ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht entgegen. Denn daraus kann nicht mit der erforderlichen hinreichenden Deutlichkeit entnommen werden, dass der gleichzeitig mit der Einlegung der Berufung eingereichte Schriftsatz nur zur Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs, nicht aber bereits auch zur Begründung der eingelegten Berufung bestimmt sein sollte und stattdessen eine solche überhaupt erst ankündigen wollte. Diese Deutung legt vor allem die Unterzeichnung dieses Schriftsatzes nahe, die bei einem lediglich der Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs dienenden Entwurf nicht erforderlich gewesen wäre und üblicherweise auch unterbleibt. Der Hinweis in der Berufungsschrift auf einen beigefügten "Entwurf" kann im Übrigen auch darauf hindeuten, dass im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozesskostenhilfe zum Beispiel nur teilweise bewilligenden Entscheidung, eine Modifizierung der Berufungsanträge, eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der Prozesskostenhilfeentscheidung oder auch die Rücknahme des Rechtsmittels vorbehalten bleiben sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004, aaO).
11
Liegt damit ein ausdrücklicher und zweifelsfreier Hinweis auf eine noch nicht als solche anzusehende Berufungsbegründung nicht vor, ist bei einer derartigen Sachlage auch mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer Fristversäumung zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nehmen will als zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - NJW-RR 2007, 1565, 1566 m.w.N.).
12
3. Da der Beklagte zu 3 seine Berufung rechtzeitig eingelegt und begründet hat, ist der vorsorglich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gegenstandslos. Der Beschluss des Berufungsgerichts war daher aufzuheben.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 30.05.2008 - 5 O 328/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 28.11.2008 - 8 U 863/08 -
11
aa) Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künftige ) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400). Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - juris Rn. 7). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzuläs- sigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer beabsichtigten "Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400).
18
Dabei muss der Schriftsatz jedoch nicht als Berufungsbegründung bezeichnet sein. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine Eingabe, mit der der Berufungskläger um die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil oder um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachsucht, gleichzeitig die Berufungsbegründung darstellen (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 11 und vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113; Senatsurteil vom 15. Februar 1989 - IVb ZR 55/88 - FamRZ 1989, 849; vgl. auch BGH Beschluss vom 30. Juli 1998 - III ZB 19/98 - NJW-RR 1999, 212). Dies muss der Berufungskläger nicht ausdrücklich hervorheben, sondern es genügt, dass sich eine entsprechende Bestimmung aus dem Zusammenhang und den Begleitumständen ergibt. Da im Allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen prozessualen Nachteile in Kauf nehmen will, ist davon auszugehen, dass ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes Gesuch um Prozesskostenhilfe oder Einstellung der Zwangsvollstreckung auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern sich nicht ein anderer Wille des Berufungsklägers aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Bei der hiernach erforderlichen Prüfung der Willensrichtung des Beru- fungsklägers kommt es allein auf dessen erklärten, nach außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an (Senatsbeschlüsse vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04 - FamRZ 2008, 1063 Rn. 12; BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400 und vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113; Senatsurteil vom 15. Februar 1989 - IVb ZR 55/88 - FamRZ 1989, 849 f.; BGH Beschluss vom 14. März 1995 - VI ZB 4/95 - VersR 1995, 1462).
5
1. Sind die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungs- oder Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allenfalls dann von einer unzulässigen bedingten Berufung oder Berufungsbegründung ausgegangen werden, wenn dies den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zu entnehmen ist (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, BGHZ 165, 318, 320 f; vom 27. Mai 2009 - III ZB 30/09, FamRZ 2009, 1408 Rn. 7; ebenso BFHE 235, 151 Rn. 12).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 65/00
vom
16. August 2000
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne,
Gerber und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 8. Zivilsenats - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 13. März 2000 aufgehoben. Wert: 2.138 DM.

Gründe:

I.

Der Kläger ist ein volljähriger Sohn des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Mit der Klage macht er einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt geltend. Beide Eltern sind berufstätig, das Kindergeld wird der Mutter ausgezahlt. Der Beklagte hat einen Anspruch auf Zahlung von 500 DM monatlich anerkannt , insofern ist ein Teilanerkenntnisurteil ergangen. Der weitergehenden Klage hat das Familiengericht durch Schlußurteil vom 11. November 1999 teilweise stattgegeben, im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit einem per Fax am 27. Dezember 1999 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger zur Durchführung einer beabsichtigten Berufung Prozeßkostenhilfe beantragt. Wegen der Erfolgsaussicht hat er auf einen als Anlage beigefügten "Entwurf der Berufungsbegründung" verwiesen. Die Anlage ist mit "Be-
rufung" überschrieben, ohne einen weiteren Zusatz, daß es sich lediglich um einen Entwurf handelt. Sie enthält das volle Rubrum, Berufungsanträge und auf insgesamt acht Seiten eine Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil. Der Prozeßkostenhilfeantrag und die Anlage sind unterzeichnet von einer beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwältin. Durch Beschluß vom 7. Januar 2000 hat das Berufungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung , die wirtschaftlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben, weil der Kläger von seinen Eltern einen Prozeßkostenvorschuß verlangen könne. Dieser Beschluß wurde dem Kläger am 12. Januar 2000 zugestellt. Daraufhin hat er mit einem am 25. Januar 2000 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und erneut zur Durchführung der Berufung Prozeßkostenhilfe beantragt. Ausführungen zur Begründung der Berufung enthält dieser Schriftsatz nicht. Durch Beschluß vom 26. Januar 2000 hat das Berufungsgericht dem Kläger wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt und seinen erneuten Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. März 2000 die Ansicht vertreten, die Berufung sei bereits mit der Anlage zu dem ersten Prozeßkostenhilfegesuch ordnungsgemäß begründet worden. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.

II.


Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Das Berufungsgericht führt aus, die Berufung sei unzulässig, weil sie nicht rechtzeitig begründet worden sei (§ 519 ZPO). Der Schriftsatz, der als Anlage zu dem ersten Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht worden sei, erfülle zwar inhaltlich die an eine Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen. Er könne aber nicht als Berufungsbegründung gewertet werden, weil der Kläger ihn in dem Prozeßkostenhilfegesuch ausdrücklich als Entwurf bezeichnet habe. Nachdem der Kläger Berufung eingelegt habe, habe er zur Begründung dieser Berufung nichts mehr vorgetragen und auch nicht - jedenfalls nicht rechtzeitig - auf den zuvor eingereichten Entwurf einer Berufungsbegründung Bezug genommen. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht beruft sich für seine Ansicht zu Unrecht auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (FamRZ 2000, 240), die - wie das Berufungsgericht zutreffend anführt - vom Bundesgerichtshof bestätigt worden ist (Senatsbeschluß vom 15. September 1999 - XII ZB 114/99). In dem damals entschiedenen Fall war zwar auch zusammen mit einem Prozeßkostenhilfegesuch der Entwurf einer eine Begründung enthaltenden Berufungsschrift eingereicht worden. Es handelte sich damals aber nicht darum, ob die Anlage als ordnungsgemäße Berufungsbegründung angesehen werden könne, es handelte sich vielmehr darum, ob die Partei ordnungsgemäß Berufung eingelegt habe. Der Senat hat diese Frage verneint und entscheidend darauf abgestellt, wenn eine Partei Prozeßkostenhilfe beantrage und den Entwurf einer Berufungsschrift vorlege, könne man daraus nicht entnehmen, daß sie schon unbedingt Berufung einlegen wolle, weil sie im Falle
der unbedingten Einlegung eines Rechtsmittels ein Kostenrisiko eingehen würde , das sie gerade vermeiden wolle. Dieser Gesichtspunkt hat für den vorliegenden Fall keine Bedeutung. Es entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß auch die Bezugnahme auf ein bei den Akten befindliches Prozeßkostenhilfegesuch , die nicht ausdrücklich erfolgen muß, sondern sich auch aus den Begleitumständen oder dem Zusammenhang ergeben kann, als Berufungsbegründung ausreichend sein kann. Da im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 519 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (Senatsbeschluß vom 9. November 1988 - IVb ZB 154/88 - FamRZ 1989, 269; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl. § 519 Rdn. 5; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 519 Rdn. 37; Musielak /Ball, ZPO § 519 Rdn. 35; Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. § 519 Rdn. 2; Baumbach/Albers, ZPO 58. Aufl. § 519 Rdn. 28, jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Willen des Rechtsmittelführers , der sich zum Beispiel daraus ergeben könnte, daß er in irgendeiner Form die Einreichung einer eigenen Berufungsbegründung angekündigt hat, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich. Der Kläger ist vielmehr erkennbar davon ausgegangen, eine weitere Begründung der Berufung sei nicht mehr erforderlich.
Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit das Berufungsgericht in der Sache über die Berufung des Klägers entscheiden kann. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -
12
Da im Allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittel - oder einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muss im Zweifel angenommen werden, dass ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes Prozesskostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist. Auch die (ggf. konkludente) Bezugnahme auf ein bei Berufungseinlegung bereits bei den Akten befindliches Prozesskostenhilfegesuch kann dabei ausreichen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - FamRZ 2007, 1726, 1727, BGHZ 165, 318, 320 f. = FamRZ 2006, 400, vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 und vom 9. November 1988 - IVb ZB 154/88 - FamRZ 1989, 269). Das ist hier der Fall, weil die Beklagte in ihrem innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 30. April 2004 im Hinblick auf den Prozesskostenhilfebeschluss des Gerichts einzelne Punkte des im Verfahren der Prozesskostenhilfe von seinem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bereits vorgetragenen Sachverhalts ergänzt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 30/09
vom
27. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters
und Hucke

beschlossen:
Dem Beklagten zu 3 wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung sowie zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf seine Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. November 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Beklagten zu 3 an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 33.460,87 €

Gründe:


I.


1
Das in dieser Sache ergangene erstinstanzliche Urteil vom 30. Mai 2008, das eine im Wesentlichen den Klageanträgen folgende Verurteilung des Beklag- ten zu 3 enthält, wurde seiner Prozessbevollmächtigen am 2. Juni 2008 zugestellt. Mit Fax-Schreiben vom 30. Juni 2008 legte diese dagegen Berufung ein. In diesem Schriftsatz heißt es unter anderem: "Die Durchführung der Berufung wird von der Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Beklagten und Berufungskläger abhängig gemacht“ und weiter: "Die beabsichtigte Berufungsdurchführung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist auch nicht mutwillig, insoweit wird vorsorglich auf den anliegenden Entwurf einer Berufungsbegründung Bezug genommen. Im Weiteren bleiben die Anträge und Begründung der Berufung, sofern die beantragte Prozesskostenhilfe gewährt werden sollte, einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten". Beigefügt war ein weiterer Schriftsatz , ebenfalls vom 30. Juni 2008, der die Überschrift: "Berufungsbegründung" trägt, von der Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterschrieben ist, und in dem ein konkreter Berufungsantrag sowie eine eingehende Begründung des Rechtsmittels enthalten sind.
2
Das Berufungsgericht bewilligte dem Beklagten zu 3 mit Beschluss vom 24. September 2008 Prozesskostenhilfe. Unter dem 6. November 2008 erteilte es einen schriftlichen Hinweis, wonach die Berufung unzulässig sei, weil die Berufungsbegründungsschrift bislang nicht vorliege. Mit Einlegung des Rechtsmittels sei lediglich zur Begründung des zugleich gestellten Prozesskostenhilfeantrags der Entwurf einer Begründung eingereicht worden. Nunmehr sei die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, zumal ein dahingehender Antrag nicht gestellt worden und auch die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist verstrichen sei. Hiergegen wandte sich die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3 mit Schriftsatz vom 26. November 2008, stellte vorsorglich einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und reichte den mit „Berufungsbegründung“ überschriebenen Schriftsatz vom 30. Juni 2008 abermals ein.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. November 2008 hat das Berufungsgericht die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen, weil der mit Berufungseinlegung gleichzeitig vorgelegte Schriftsatz nicht als unbedingte Rechtsmittelbegründung aufzufassen sei. Vielmehr sei er ausdrücklich nur als Entwurf einer Berufungsbegründung bezeichnet worden; die Antragstellung und Begründung der Berufung seien einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten worden. Damit sei die erst mit dem Schriftsatz vom 26. November 2008 eingereichte Begründung des Rechtsmittels verspätet; der vorsorglich gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3 habe die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt, weil sie sich über die Voraussetzungen einer unbedingten und damit zulässigen Berufungsbegründung in Verbindung mit einem Prozesskostenhilfeantrag ohne weiteres anhand der einschlägigen Kommentarliteratur hätte informieren können.
4
Hiergegen richtet sich der Beklagte zu 3 mit der Rechtsbeschwerde, die er nach Gewährung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Senats vom 19. März 2009 gleichzeitig mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der insoweit versäumten Fristen eingelegt und begründet hat.

II.


5
1. Dem Beklagten zu 3 war auf seinen fristgerecht gestellten Antrag die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, nachdem er bis zur Zustellung des Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses am 25. März 2009 schuldlos an den erforderlichen Prozesshandlungen gehindert war.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen (Verwerfungs-)Beschlusses mit der Folge, dass das Berufungsverfahren fortzusetzen ist.
7
Zunächst a) geht das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe verbundene Berufungseinlegung im Streitfall unbedingt und damit in zulässiger Weise erfolgt ist. Soweit es jedoch der Auffassung ist, eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung sei dem der Rechtsmittelschrift beigefügten weiteren Schriftsatz vom gleichen Tag nicht zu entnehmen, steht dies nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zwar muss der Rechtsmittelführer bei grundsätzlich zulässiger Verbindung eines Rechtsmittels oder seiner Begründung mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe alles vermeiden, was den Eindruck erwecken könnte, er wolle eine "künftige" Prozesshandlung lediglich ankündigen und sie von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. BGHZ 165, 318, 320 f; BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1087). Sind aber die gesetzlichen Vorausset- zungen an eine Berufungsschrift oder - wie hier - Berufungsbegründung erfüllt, kommt die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt, allenfalls dann in Betracht, wenn dies den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zu entnehmen ist (vgl. BGHZ aaO; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 185/08 - NJW-RR 2009, 433, 434, Rn. 9 m.w.N.). Da im Allgemeinen keine Partei die mit einer Fristversäumung verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, ist deshalb im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügender, von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichneter Schriftsatz schon als formelle Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein entgegenstehender Wille des Rechtsmittelführers deutlich erkennbar wird (vgl. BGHZ aaO; BGH, Beschlüsse vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04 - NJW 2008, 1740, 1741, Rn. 12, vom 19. Mai 2004, aaO und vom 16. August 2000 - XII ZB 65/2000 - NJW-RR 2001, 789). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung bzw. Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche und zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die z.B. darin gesehen werden kann, dass der entsprechende Schriftsatz selbst ausdrücklich als "Entwurf einer Berufungsbegründung“ bezeichnet wird (vgl. BGHZ, aaO).
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b) Ein derartiger ausdrücklich erklärter Wille und damit eine eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung sind den im Streitfall zu beurteilenden Schriftsätzen nicht zu entnehmen.
9
Der mit der Berufungseinlegung gleichzeitig eingereichte Schriftsatz erfüllt alle Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Er enthält die Erklärung, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten werden soll und welche Berufungsanträge gestellt werden sollen. Darüber hinaus ist der Berufungsangriff eingehend begründet und der Schriftsatz ist von der postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3 eigenhändig unterzeichnet worden. Dies spricht dafür, dass es der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3 nicht nur darum ging, das Prozesskostenhilfegesuch zu begründen, sondern zugleich auch die Begründung der Berufung vorzunehmen. Die weiteren Formulierungen in dem Berufungsschriftsatz stehen dem nicht entgegen. Zwar heißt es darin, die Durchführung der Berufung werde von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht; indes ist dies gerade im Hinblick auf die sonstigen Umstände nicht im Sinne der Auffassung des Berufungsgerichts zu verstehen. Denn der beigefügte Schriftsatz ist ausdrücklich mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält keine erkennbare Einschränkung, wonach die Begründung nicht oder noch nicht eingereicht werden solle. Weiter ist dieser Schriftsatz weder selbst als Entwurf bezeichnet noch ist darin die Rede von einer Abhängigkeit von dem Prozesskostenhilfeantrag.
10
Soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung vor allem auf den in der Berufungsschrift enthaltenen Hinweis auf einen beigefügten "Entwurf einer Berufungsbegründung" sowie die Formulierungen stützt, wonach im Weiteren Anträge und die Begründung der Berufung, sofern Prozesskostenhilfe gewährt werde, einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten blieben, kann dem nicht gefolgt werden. Dies steht einer Wertung des Schriftsatzes vom 30. Juni 2008 als ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht entgegen. Denn daraus kann nicht mit der erforderlichen hinreichenden Deutlichkeit entnommen werden, dass der gleichzeitig mit der Einlegung der Berufung eingereichte Schriftsatz nur zur Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs, nicht aber bereits auch zur Begründung der eingelegten Berufung bestimmt sein sollte und stattdessen eine solche überhaupt erst ankündigen wollte. Diese Deutung legt vor allem die Unterzeichnung dieses Schriftsatzes nahe, die bei einem lediglich der Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs dienenden Entwurf nicht erforderlich gewesen wäre und üblicherweise auch unterbleibt. Der Hinweis in der Berufungsschrift auf einen beigefügten "Entwurf" kann im Übrigen auch darauf hindeuten, dass im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozesskostenhilfe zum Beispiel nur teilweise bewilligenden Entscheidung, eine Modifizierung der Berufungsanträge, eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der Prozesskostenhilfeentscheidung oder auch die Rücknahme des Rechtsmittels vorbehalten bleiben sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004, aaO).
11
Liegt damit ein ausdrücklicher und zweifelsfreier Hinweis auf eine noch nicht als solche anzusehende Berufungsbegründung nicht vor, ist bei einer derartigen Sachlage auch mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer Fristversäumung zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nehmen will als zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - NJW-RR 2007, 1565, 1566 m.w.N.).
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3. Da der Beklagte zu 3 seine Berufung rechtzeitig eingelegt und begründet hat, ist der vorsorglich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gegenstandslos. Der Beschluss des Berufungsgerichts war daher aufzuheben.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 30.05.2008 - 5 O 328/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 28.11.2008 - 8 U 863/08 -
18
Dabei muss der Schriftsatz jedoch nicht als Berufungsbegründung bezeichnet sein. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine Eingabe, mit der der Berufungskläger um die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil oder um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachsucht, gleichzeitig die Berufungsbegründung darstellen (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 11 und vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113; Senatsurteil vom 15. Februar 1989 - IVb ZR 55/88 - FamRZ 1989, 849; vgl. auch BGH Beschluss vom 30. Juli 1998 - III ZB 19/98 - NJW-RR 1999, 212). Dies muss der Berufungskläger nicht ausdrücklich hervorheben, sondern es genügt, dass sich eine entsprechende Bestimmung aus dem Zusammenhang und den Begleitumständen ergibt. Da im Allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen prozessualen Nachteile in Kauf nehmen will, ist davon auszugehen, dass ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes Gesuch um Prozesskostenhilfe oder Einstellung der Zwangsvollstreckung auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern sich nicht ein anderer Wille des Berufungsklägers aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Bei der hiernach erforderlichen Prüfung der Willensrichtung des Beru- fungsklägers kommt es allein auf dessen erklärten, nach außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an (Senatsbeschlüsse vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04 - FamRZ 2008, 1063 Rn. 12; BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400 und vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113; Senatsurteil vom 15. Februar 1989 - IVb ZR 55/88 - FamRZ 1989, 849 f.; BGH Beschluss vom 14. März 1995 - VI ZB 4/95 - VersR 1995, 1462).

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -
11
aa) Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künftige ) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400). Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - juris Rn. 7). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzuläs- sigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer beabsichtigten "Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -
10
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, wonach ein Schriftsatz , der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als wirksam eingelegte Prozesserklärung zu behandeln ist. Eine Deutung dahin, dass er gleichwohl nicht unbedingt als Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt ist, kommt nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (Senatsbeschlüsse vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 f.; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - NJW 2002, 1352). Solches ist hier jedoch entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht der Fall. Denn im Zweifel ist zugunsten eines Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
10
1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
11
Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
12
a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
13
Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
14
Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
15
Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
16
Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
17
b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
18
aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
19
bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
20
Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
21
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
22
Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
23
2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
24
Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
25
Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
27
3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
28
Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
29
Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(1) Die Anträge sind aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden.

(2) Die Verlesung kann dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, die die Anträge enthalten.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/05
vom
21. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein mit "Berufungsbegründung" überschriebener Schriftsatz genügt den Anforderungen
dann, wenn darin "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der Berufungsantrag
mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich
beantragen, …" angekündigt wird.
Nr. 2
Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
, mit dem das Berufungsgericht den (hilfsweise) gestellten Antrag auf
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen
Anwaltsverschuldens zurückgewiesen und sich die Verwerfung der Berufung
vorbehalten hat, wenn diese Frist in Wirklichkeit nicht versäumt ist.
Zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in einem solchen
Fall.
BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und der Wiedereinsetzung zu gewähren, ist gegenstandslos. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Beschwerdewert: 16.689 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagten sind die Töchter des Klägers. Dieser war durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. November 1994 verurteilt worden, ihnen rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen.
2
Der Vollstreckungsabwehrklage des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wegen der für den Zeitraum vom 22. November 1994 bis 2. März 1997 titulierten Ansprüche in Höhe von 32.640 DM für unzulässig zu erklären, gab das Amtsgericht statt und wies die auf Zahlung weiteren Unterhalts gerichtete Widerklage der Beklagten ab.
3
Gegen dieses ihnen am 2. April 2004 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 30. April 2004 Berufung ein. Am letzten Tag der auf ihren Antrag bis zum 1. Juli 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist reichte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen mit "Berufungsbegründung" überschriebenen Schriftsatz ein, in dem es eingangs heißt: "stelle ich hiermit zunächst Prozesskostenhilfeantrag…" und sodann: "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … betreffend die ausgeurteilte Klageforderung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen."
4
In dem folgenden, mit "Begründung" überschriebenen Abschnitt, der sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt , heißt es auf Seite 7:
5
"Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden."
6
Mit Beschluss vom 24. September 2004, den Beklagten zugestellt am 6. Oktober 2004, bewilligte das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe.
7
Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 10. November 2004, bislang liege weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung noch eine - unbedingte - Berufungsbegründung nebst Berufungsantrag vor, beantragten die Beklagten vorsorglich , ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung sowie der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren.
8
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 19. November 2004 zurück und behielt sich vor, die Berufung der Beklagten demnächst als unzulässig zu verwerfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

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Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 155, 21, 22) und zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. BGHZ 151, 221, 227 f.). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung überspannt hat.
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1. Die Beklagten haben die Frist zur Begründung ihrer Berufung gewahrt, so dass sich die Frage der Wiedereinsetzung und auch der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist nicht stellt.
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Der hier innerhalb verlängerter Begründungsfrist eingegangene, eingangs als "Berufungsbegründung" (und nicht etwa als Entwurf einer solchen) bezeichnete und von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschriebene Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
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a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nicht nur eine bedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, sondern auch eine unbedingt eingelegte Berufung, wenn innerhalb der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung der Berufung bestimmt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll.
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Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Sind aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995 und vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungsbegründung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 m.N.).
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Demgegenüber ist dem hier zu beurteilenden Schriftsatz eine solche eindeutige , jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist im Gegenteil mit "Berufungsbegründung" überschrieben und enthält auch im Folgenden keine Einschränkung dahin, dass er entgegen dieser Überschrift nicht oder noch nicht oder nur unter einer bestimmten Bedingung als solche gelten solle. Die Wendung "Es ist daher wie diesseits beantragt zu entscheiden" bezieht sich ersichtlich nicht nur auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag , sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass die Beklagten eine Entscheidung in der Sache erstreben und die prozessualen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansehen.
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Zu einer gegenteiligen Auslegung des Schriftsatzes besteht auch schon deshalb kein Anlass, weil bei einer bereits eingelegten Berufung keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, die den Prozessbevollmächtigten hätten bewegen können, einen den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügenden Schriftsatz nicht als solche einzureichen. Für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, mögen zwar regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig. Im hier vorliegenden Fall würden Kostengesichtspunkte sogar - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen dessen Auslegung sprechen. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (einschließlich der Abweisung ihrer Widerklage). Dabei wäre es bei der notwendigen Verwerfung der Berufung geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu kennzeichnen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz demgegenüber infolge des eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Abweisung der Widerklage hingenommen wurde, zu einem geringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen.
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Jedenfalls ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass eine Partei Prozesskostenhilfe für eine bereits eingelegte Berufung begehrt, zugleich aber die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass ein inhaltlich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügender Schriftsatz auch als Berufungsbegründung dienen soll, wenn eine solche erforderlich und nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (vgl. zur Berufungsschrift Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554 und vom 20. Juli 2005 aaO).
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b) Dem steht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - insbesondere nicht entgegen, dass in diesem Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragt und der - eingeschränkte - Berufungsantrag mit den Worten "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" eingeleitet wird.
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aa) Selbst wenn darin mit dem Berufungsgericht ein bedingter Berufungsantrag zu sehen wäre, könnte zumindest in Zweifel gezogen werden, ob eine Berufungsbegründung allein wegen eines solchen Antrages nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Denn diese Vorschrift regelt nur, auch soweit sie einen Berufungsantrag verlangt, die formellen Anforderungen an die Berufungsbegründungsschrift. Deshalb erscheint fraglich, ob dieser Antrag auch schon bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen in jeder Hinsicht zulässigen Inhalt haben muss. Ob eine Berufung mit einem von der Ge- währung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungsantrag auch dann zulässig ist, wenn diese Bedingung erst nach Ablauf der Frist eintritt oder fallen gelassen wird, ist daher nicht unumstritten (unzulässig: OLG Karlsruhe OLGR 1986, 197, 200; zulässig: Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 64. Aufl. § 520 Rdn. 18).
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bb) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, da der hier gestellte Berufungsantrag nicht unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe stand.
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Die dem Wortlaut des Berufungsantrags vorausgestellte Wendung "werde ich beantragen, …" ist eine übliche, regelmäßig nicht beanstandete und nicht zu beanstandende Formulierung, mit der der Umfang des Berufungsbegehrens gekennzeichnet und zugleich angekündigt wird, welcher Antrag demnächst in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen werden soll. Auch für die Wendung "Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde ich beantragen, …", gilt grundsätzlich nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - im gleichen Schriftsatz "zunächst" Prozesskostenhilfe begehrt wird.
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem nämlich nicht zu entnehmen, dass zunächst "nur" Prozesskostenhilfe begehrt werde und die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils oder deren Umfang in der Schwebe gehalten werden solle. Vielmehr ist diese temporale Staffelung (zunächst / nach Bewilligung) mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte nicht im Sinne einer Bedingung zu verstehen, sondern als Ausdruck des legitimen Wunsches , über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung des Rechtsmittels solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1554), oder der Anwalt beabsichtige, erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzutreten und den Antrag zu verlesen.
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Unerheblich ist jedenfalls, ob der hier zu beurteilende Schriftsatz etwa dahin auszulegen ist, dass lediglich die genaue Formulierung des Berufungsantrages (unter Berücksichtigung sich aus der Prozesskostenbewilligung gegebenenfalls ergebender Bedenken oder Anregungen) vorbehalten bleiben sollte, oder ob es zwar bei der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils verbleiben solle, soweit dem Abänderungsbegehren des Klägers entsprochen wurde, die Beklagten sich aber vorbehalten, bei nur eingeschränkter Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung nur noch im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung zu stellen. Beides stünde der Zulässigkeit der Berufung nämlich nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1975 aaO S. 2014 unter 2 a).
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2. Der Rechtsbeschwerde war der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen , weil die Entscheidung des Berufungsgerichts, Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, als im Ergebnis richtig und nur in der Begründung falsch anzusehen wäre. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor und kann daher auch nicht gewährt werden.
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Ein gleichwohl - auch hilfsweise - gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist dann gegenstandslos (Senatsbeschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113).
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Deswegen ist ein Beschluss, der einen solchen Antrag zurückweist, auch ohne zugleich das Rechtsmittel zu verwerfen, auf die Rechtsbeschwerde hiergegen zur Klarstellung aufzuheben. Denn das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsver- schuldens als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04 - unveröffentlicht).
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Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der in erster Linie die Auffassung vertritt, die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist gewahrt zu haben, aus anwaltlicher Vorsorge gezwungen ist, gegen einen derartigen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen. Ihm ist nicht zuzumuten, die angekündigte gesonderte Verwerfung des Rechtsmittels abzuwarten und erst dagegen Rechtsmittel einzulegen, weil dieses dann nicht mehr hilfsweise auch auf Wiedereinsetzungsgründe gestützt werden kann (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO 25. Aufl. § 522 Rdn. 16 m.N.).
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3. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts nicht angefallen wären.
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Die Entscheidung über die übrigen Kosten der Rechtsbeschwerde ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorzubehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286) und wird an deren Ergebnis auszurichten sein.
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Diese Kosten unabhängig vom Erfolg in der Hauptsache den Beklagten aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt. Denn ihre Rechtsbeschwerde hat Erfolg, und eine unmittelbare Anwendung des § 238 Abs. 4 ZPO, demzufolge die Kosten der Wiedereinsetzung dem Antragsteller zur Last fallen, kommt hier nicht in Betracht, da es einer Wiedereinsetzung nicht bedurfte. Auch eine entsprechende Anwendung ist nicht gerechtfertigt, da diese Vorschrift - wie auch § 344 ZPO - ihren Grund in der Säumnis der Partei hat, hier aber keine Frist versäumt wurde. Umgekehrt gilt dies auch zugunsten des Klägers. Denn er hat der beantragten Wiedereinsetzung nicht widersprochen und sich der Rechtsbeschwerde nicht widersetzt. Aus § 238 Abs. 4, 2. Halbs. ZPO ist die Wertung des Gesetzes ersichtlich, dass die Kosten einer Entscheidung über die Frage der Wiedereinsetzung nur dann (unabhängig vom Ausgang der Hauptsache) dem Gegner des Antragstellers aufzuerlegen sind, wenn und soweit er sie durch unbegründeten Widerspruch gegen die Wiedereinsetzung verursacht hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 26.03.2004 - 30 F 156/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - II-5 UF 115/04 -
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Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Sie ist auch begründet , weil das Berufungsgericht die Anforderungen an eine zulässige Berufung überspannt hat.
11
aa) Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künftige ) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400). Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - juris Rn. 7). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzuläs- sigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer beabsichtigten "Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400).