Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2017 - VII ZB 81/16
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Borris
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger hat gegen ein landgerichtliches Urteil Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 18. Februar 2016 hat das Berufungsgericht angekündigt, dass beabsichtigt sei, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, und dem Kläger hierzu zuletzt eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15. April 2016 eingeräumt. Der Kläger hat innerhalb der Frist mit Schriftsatz vom 15. April 2016 zum Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts Stellung genommen. Nachdem das Berufungsgericht diesen Schriftsatz am 18. April 2016 an den Beklagten hinausgegeben hatte, hat es mit Beschluss vom 19. April 2016 die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist dem Beklagten zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 25. April 2016 zugestellt worden. Zuvor hatte der Beklagte auf den ihm am 19. April 2016 zugegangenen Schriftsatz des Klägers mit Schriftsatz vom 21. April 2016, eingegangen beim Berufungsgericht am 22. April 2016, beantragt , die Berufung des Klägers zurückzuweisen, und dies näher begründet.
- 2
- Auf Antrag des Beklagten hat das Landgericht die vom Kläger zu erstattenden Kosten für die Berufungsinstanz in Höhe von 586,40 € (netto) festgesetzt , die sich aus einer 1,6 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 RVG-VV in Höhe von 566,40 € und einer Pauschale in Höhe von 20 € gemäß Nr. 7002 RVG-VV zusammensetzen. Die vom Kläger gegen diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.
- 3
- Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Kläger weiterhin gegen die zugunsten des Beklagten festgesetzte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 RVG-VV.
II.
- 4
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache nicht begründet.
- 5
- 1. Das Beschwerdegericht führt aus, der Schriftsatz des Beklagten, mit dem die Zurückweisung der Berufung beantragt worden sei, lasse eine 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG-VV in der Rechtsmittelinstanz entstehen. Habe das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einen einstimmigen Beschluss zurückzuweisen und habe der Vertreter des Berufungsbeklagten danach einen mit Gründen versehenen Zurückweisungsantrag gestellt, so falle eine 1,6 Verfahrensgebühr an, die auch zu erstatten sei. Denn der Mandant habe ein Interesse daran, die Beschlussfassung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch eigene zusätzliche Argumente zu fördern.
- 6
- Der Sachantrag und der Sachvortrag des Beklagten seien zwar nach Erlass des Zurückweisungsbeschlusses erfolgt. Allerdings habe der Beklagte bei Einreichung seines Schriftsatzes noch keine Kenntnis von dem am 19. April 2016 ergangenen Beschluss haben können, da ihm dieser erst am 25. April 2016 zugestellt worden sei. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 18. April 2012 - 3 AZB 22/11) sei die Erstattungsfähigkeit der 1,6 Verfahrensgebühr zu bejahen.
- 7
- 2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 8
- Das Beschwerdegericht hat zu Recht entschieden, dass der Beklagte für das Berufungsverfahren eine 1,6 Verfahrensgebührnach Nr. 3200 RVG-VV gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO von dem Kläger erstattet verlangen kann. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG-VV entsteht auch dann in voller Höhe des 1,6-fachen der Gebühr nach § 13 RVG, wenn der Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten die Berufungserwiderung erst zu einem Zeitpunkt gefertigt und beim Berufungsgericht eingereicht hat, als dieses bereits den Beschluss gefasst hatte, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, dieser Beschluss jedoch dem Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten erst zuging, als sein Schriftsatz bereits beim Berufungsgericht eingegangen war (vgl. BAG, Beschluss vom 18. April 2012 - 3 AZB 22/11, juris Rn. 9).
- 9
- a) Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten , soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Maßstab dafür ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslö- sende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Vornahme als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - III ZB 63/05, BGHZ 166, 117 Rn. 20; Beschluss vom 4. April 2006 - VI ZB 66/04, VersR 2006, 1089 Rn. 6; Beschluss vom 20. Oktober 2005 - VII ZB 53/05, NJW 2006, 446 Rn. 12; Beschluss vom 23. März 2004 - VIII ZB 145/03, FamRZ 2004, 866, juris Rn. 27 m.w.N.).
- 10
- Der Schriftsatz des Beklagten vom 21. April 2016, mit dem er die Zurückweisung der Berufung beantragt und diesen Antrag näher begründet hat, ist zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen. Nach Begründung des Rechtsmittels hat der Berufungsbeklagte ein berechtigtes Interesse daran, mit anwaltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu erwidern. Das gilt auch, wenn das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass es beabsichtigt, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, und der Berufungskläger hiergegen Einwände erhoben hat. Ein in dieser Prozesslage gestellter begründeter Antrag auf Zurückweisung der Berufung löst daher grundsätzlich die 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG-VV aus (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - VII ZB 17/03, NJW 2004, 73, juris Rn. 9; Gerold/ Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., VV 3201 Rn. 62 m.w.N.).
- 11
- b) Der Umstand, dass der begründete Antrag des Beklagten vom 21. April 2016 auf Zurückweisung der Berufung erst zu einem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen ist, als der Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO bereits erlassen war, führt nicht dazu, die dem Beklagten insoweit entstandenen Kosten als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen. Der Beklagte durfte zu dem Zeitpunkt, als er den Schriftsatz vom 21. April 2016 an das Berufungsgericht absandte, davon ausgehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zwecks Stellung eines Antrags auf Zurückweisung der Berufung und zur Fertigung einer Berufungserwiderung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war.
- 12
- Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die durch die Einreichung einer Berufungserwiderung nach Berufungsrücknahme entstandenen Kosten eines Rechtsanwalts auch dann nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig sind, wenn der Berufungsbeklagte die Rechtsmittelrücknahme nicht kannte oder kennen musste (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - III ZB 66/15, BGHZ 209, 120 Rn. 10; kritisch hierzu: Müller-Rabe, JurBüro 2017, 3; Hansens, RVGreport 2016, 186), steht dem nicht entgegen. Anders als bei einer Rechtsmittelrücknahme , die mit Eingang bei Gericht unmittelbar zur Prozessbeendigung führt (§ 516 Abs. 2 ZPO), wird der Zurückweisungsbeschluss gemäß § 329 Abs. 2 ZPO erst wirksam, wenn er den Parteien bekannt gemacht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - VIII ZR 217/04, BGHZ 164, 347, 351 f., juris Rn. 10 f.).
III.
- 13
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 29.07.2016 - 65 O 3590/14 -
OLG München, Entscheidung vom 20.10.2016 - 11 W 1556/16 -
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Tenor
-
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. März 2011 - 3 Ta 37/11 - wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
- 1
-
I. Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach er der Beklagten wegen eines von ihm eingeleiteten Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG zu erstatten hat.
- 2
-
Die Parteien hatten ursprünglich darüber gestritten, ob der Kläger ab dem 1. Oktober 2006 eine Vergütung nach der tariflichen Gehaltsgruppe C 8 beanspruchen kann. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hatte die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Vor dem Landesarbeitsgericht war die Beklagte durch Rechtsanwälte R vertreten worden. Gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 17. August 2010. Abschriften der Nichtzulassungsbeschwerdeschrift wurden den Rechtsanwälten R am 27. Juli 2010, Abschriften der Beschwerdebegründungsschrift wurden ihnen am 27. August 2010 zugestellt. Mit Beschluss vom 25. August 2010 wies das Bundesarbeitsgericht die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision kostenpflichtig zurück. Abschriften dieses Beschlusses gingen den Rechtsanwälten R am 9. September 2010 zu. Bereits zuvor, nämlich am 6. September 2010, war beim Bundesarbeitsgericht der Schriftsatz der Rechtsanwälte R vom 3. September 2010 eingegangen, in welchem sich diese für die Beklagte gemeldet und beantragt hatten, die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zurückzuweisen.
- 3
-
Auf Antrag der Beklagten und nach Anhörung des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 989,60 Euro (nebst Zinsen) festgesetzt. Dieser Betrag beinhaltet eine Verfahrensgebühr gem. Nr. 3506 VV-RVG sowie die Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,00 Euro. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Erinnerung eingelegt. Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung als sofortige Beschwerde ausgelegt, ihr nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde macht der Kläger weiterhin geltend, zur Erstattung der Verfahrensgebühr nicht verpflichtet zu sein.
- 4
-
II. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat die nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 25. August 2010 vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten nach § 104 ZPO zu Recht auf insgesamt 989,60 Euro festgesetzt. Neben der Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,00 Euro, über deren Berechtigung und Erstattungsfähigkeit die Parteien nicht streiten, war bei der Kostenfestsetzung die Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG in unstreitiger Höhe von 969,60 Euro zu berücksichtigen. Die Rechtsanwälte R können für ihr Tätigwerden im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG beanspruchen. Die Verfahrensgebühr ist auch erstattungsfähig iSd. § 91 ZPO.
- 5
-
1. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG ist in voller Höhe entstanden. Der Gebührenanspruch der Rechtsanwälte R im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bestimmt sich nach Nr. 3506 VV-RVG. Danach beläuft sich die Verfahrensgebühr auf das 1,6-fache der Gebühr nach § 13 RVG. Bei einem Gegenstandswert von 17.408,52 Euro sind dies 969,60 Euro.
- 6
-
a) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers scheitert die Entstehung der Gebühr nicht an einer fehlenden Prozessvollmacht der Rechtsanwälte R für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Die Prozessvollmacht, die die Beklagte ihren Prozessbevollmächtigten für das Berufungsverfahren erteilt hatte, ermächtigte diese zur Führung „des ganzen Prozesses“ in allen Instanzen, mithin auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren.
- 7
-
Dem steht nicht entgegen, dass gem. § 16 Nr. 11, § 17 Nr. 9 RVG das Verfahren über ein Rechtsmittel und das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels verschiedene Angelegenheiten sind. Diese Bestimmungen des RVG haben nur Bedeutung für die Frage, ob im Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung des Rechtsmittels gesonderte Gebühren entstehen. Sie regeln nicht den Umfang der Prozessvollmacht. Dieser bestimmt sich ausschließlich nach §§ 81, 82 ZPO. Nach § 81 ZPO ermächtigt die Prozessvollmacht zu allen den „Rechtsstreit“ betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden, zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen, zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtsleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs sowie zur Empfangnahme der vom Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten. Nach dieser Bestimmung ermächtigt die Prozessvollmacht demnach zur Führung des ganzen Prozesses („Rechtsstreit“) in allen Instanzen (vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 ABR 12/08 - Rn. 10, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 203 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 32).
- 8
-
Der Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist auch eine Prozesshandlung iSd. § 81 ZPO. Der Begriff der Prozesshandlung iSd. § 81 ZPO ist weit zu verstehen. Hierzu gehören alle Handlungen, die nach ihrer Zweckbestimmung den Rechtsstreit betreiben, fördern oder beendigen oder der Durchsetzung einer ergangenen Entscheidung dienen sollen. Dazu gehören auch Anträge oder Erklärungen in Schriftsätzen (vgl. BAG 10. August 1977 - 5 AZR 394/76 - zu I 1 a aa der Gründe, AP ZPO § 81 Nr. 2 = EzA ZPO § 81 Nr. 1; MünchKommZPO/v. Mettenheim 3. Aufl. § 81 Rn. 3).
- 9
-
b) Die Gebühr ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht nach Nr. 3507 VV-RVG iVm. Nr. 3201 VV-RVG auf den 1,1-fachen Gebührensatz zu ermäßigen. Der Auftrag wurde nicht vorzeitig beendet. Zwar haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Schriftsatz vom 3. September 2010 erst zu einem Zeitpunkt gefertigt und beim Bundesarbeitsgericht eingereicht, als das Bundesarbeitsgericht bereits den Beschluss vom 25. August 2010, mit dem die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen wurde, gefasst hatte; nach außen wirksam wurde der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 25. August 2010 jedoch erst mit seiner Zustellung. Abschriften des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts sind den Rechtsanwälten R erst am 9. September 2010 zugegangen, also zu einem Zeitpunkt, als ihr Schriftsatz bereits beim Bundesarbeitsgericht eingegangen war.
- 10
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2. Die Kosten der Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind auch erstattungsfähig. Zwar hat die unterliegende Partei die dem Gegner erwachsenen Kosten - nur - insoweit zu erstatten, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung objektiv notwendig waren, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Maßstab dafür ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte (BGH 26. Januar 2006 - III ZB 63/05 - Rn. 20, BGHZ 166, 117). Allerdings gelten gem. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverteidigung(„sind in allen Prozessen zu erstatten“). Aus dieser Bestimmung folgt, dass eine Partei im Prozess einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten auch erstattungsfähig sind (BGH 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02 - zu II 3 c der Gründe, NJW 2003, 756). Eine Ausnahme von der Erstattungsfähigkeit für die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren kommt nur mit Blick auf das allgemeine Gebot sparsamer Prozessführung in Betracht. Danach trifft die Partei aufgrund des Prozessrechtsverhältnisses die Verpflichtung, die Kosten möglichst gering zu halten (vgl. BGH 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03 - zu II 2 der Gründe, NJW 2003, 2992). Demzufolge kann eine Erstattung der Anwaltsgebühren dann nicht verlangt werden, wenn für die Tätigkeit des Anwalts ausnahmsweise kein Anlass bestand (BGH 26. Januar 2006 - III ZB 63/05 - Rn. 20, aaO). Da der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde nicht lediglich zur Fristwahrung eingelegt, sondern sie bereits begründet hatte und die Prozessbevollmächtigten der Beklagten erst am 9. September 2010 Kenntnis vom Beschluss des Bundesarbeitsgerichts über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde erlangt haben, durften sie die Fertigung des Schriftsatzes vom 3. September 2010 zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten für erforderlich halten.
- 11
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3. Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 544 Abs. 3 ZPO auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht Anwendung findet, kam es vorliegend nicht an.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
-
Gräfl
Schlewing
Spinner
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
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2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Tenor
-
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. März 2011 - 3 Ta 37/11 - wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
- 1
-
I. Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach er der Beklagten wegen eines von ihm eingeleiteten Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG zu erstatten hat.
- 2
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Die Parteien hatten ursprünglich darüber gestritten, ob der Kläger ab dem 1. Oktober 2006 eine Vergütung nach der tariflichen Gehaltsgruppe C 8 beanspruchen kann. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hatte die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Vor dem Landesarbeitsgericht war die Beklagte durch Rechtsanwälte R vertreten worden. Gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 17. August 2010. Abschriften der Nichtzulassungsbeschwerdeschrift wurden den Rechtsanwälten R am 27. Juli 2010, Abschriften der Beschwerdebegründungsschrift wurden ihnen am 27. August 2010 zugestellt. Mit Beschluss vom 25. August 2010 wies das Bundesarbeitsgericht die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision kostenpflichtig zurück. Abschriften dieses Beschlusses gingen den Rechtsanwälten R am 9. September 2010 zu. Bereits zuvor, nämlich am 6. September 2010, war beim Bundesarbeitsgericht der Schriftsatz der Rechtsanwälte R vom 3. September 2010 eingegangen, in welchem sich diese für die Beklagte gemeldet und beantragt hatten, die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zurückzuweisen.
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Auf Antrag der Beklagten und nach Anhörung des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 989,60 Euro (nebst Zinsen) festgesetzt. Dieser Betrag beinhaltet eine Verfahrensgebühr gem. Nr. 3506 VV-RVG sowie die Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,00 Euro. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Erinnerung eingelegt. Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung als sofortige Beschwerde ausgelegt, ihr nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde macht der Kläger weiterhin geltend, zur Erstattung der Verfahrensgebühr nicht verpflichtet zu sein.
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II. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat die nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 25. August 2010 vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten nach § 104 ZPO zu Recht auf insgesamt 989,60 Euro festgesetzt. Neben der Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,00 Euro, über deren Berechtigung und Erstattungsfähigkeit die Parteien nicht streiten, war bei der Kostenfestsetzung die Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG in unstreitiger Höhe von 969,60 Euro zu berücksichtigen. Die Rechtsanwälte R können für ihr Tätigwerden im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG beanspruchen. Die Verfahrensgebühr ist auch erstattungsfähig iSd. § 91 ZPO.
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1. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3506 VV-RVG ist in voller Höhe entstanden. Der Gebührenanspruch der Rechtsanwälte R im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bestimmt sich nach Nr. 3506 VV-RVG. Danach beläuft sich die Verfahrensgebühr auf das 1,6-fache der Gebühr nach § 13 RVG. Bei einem Gegenstandswert von 17.408,52 Euro sind dies 969,60 Euro.
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a) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers scheitert die Entstehung der Gebühr nicht an einer fehlenden Prozessvollmacht der Rechtsanwälte R für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Die Prozessvollmacht, die die Beklagte ihren Prozessbevollmächtigten für das Berufungsverfahren erteilt hatte, ermächtigte diese zur Führung „des ganzen Prozesses“ in allen Instanzen, mithin auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren.
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Dem steht nicht entgegen, dass gem. § 16 Nr. 11, § 17 Nr. 9 RVG das Verfahren über ein Rechtsmittel und das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels verschiedene Angelegenheiten sind. Diese Bestimmungen des RVG haben nur Bedeutung für die Frage, ob im Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung des Rechtsmittels gesonderte Gebühren entstehen. Sie regeln nicht den Umfang der Prozessvollmacht. Dieser bestimmt sich ausschließlich nach §§ 81, 82 ZPO. Nach § 81 ZPO ermächtigt die Prozessvollmacht zu allen den „Rechtsstreit“ betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden, zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen, zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtsleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs sowie zur Empfangnahme der vom Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten. Nach dieser Bestimmung ermächtigt die Prozessvollmacht demnach zur Führung des ganzen Prozesses („Rechtsstreit“) in allen Instanzen (vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 ABR 12/08 - Rn. 10, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 203 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 32).
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Der Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist auch eine Prozesshandlung iSd. § 81 ZPO. Der Begriff der Prozesshandlung iSd. § 81 ZPO ist weit zu verstehen. Hierzu gehören alle Handlungen, die nach ihrer Zweckbestimmung den Rechtsstreit betreiben, fördern oder beendigen oder der Durchsetzung einer ergangenen Entscheidung dienen sollen. Dazu gehören auch Anträge oder Erklärungen in Schriftsätzen (vgl. BAG 10. August 1977 - 5 AZR 394/76 - zu I 1 a aa der Gründe, AP ZPO § 81 Nr. 2 = EzA ZPO § 81 Nr. 1; MünchKommZPO/v. Mettenheim 3. Aufl. § 81 Rn. 3).
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b) Die Gebühr ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht nach Nr. 3507 VV-RVG iVm. Nr. 3201 VV-RVG auf den 1,1-fachen Gebührensatz zu ermäßigen. Der Auftrag wurde nicht vorzeitig beendet. Zwar haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Schriftsatz vom 3. September 2010 erst zu einem Zeitpunkt gefertigt und beim Bundesarbeitsgericht eingereicht, als das Bundesarbeitsgericht bereits den Beschluss vom 25. August 2010, mit dem die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen wurde, gefasst hatte; nach außen wirksam wurde der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 25. August 2010 jedoch erst mit seiner Zustellung. Abschriften des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts sind den Rechtsanwälten R erst am 9. September 2010 zugegangen, also zu einem Zeitpunkt, als ihr Schriftsatz bereits beim Bundesarbeitsgericht eingegangen war.
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2. Die Kosten der Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind auch erstattungsfähig. Zwar hat die unterliegende Partei die dem Gegner erwachsenen Kosten - nur - insoweit zu erstatten, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung objektiv notwendig waren, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Maßstab dafür ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte (BGH 26. Januar 2006 - III ZB 63/05 - Rn. 20, BGHZ 166, 117). Allerdings gelten gem. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverteidigung(„sind in allen Prozessen zu erstatten“). Aus dieser Bestimmung folgt, dass eine Partei im Prozess einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten auch erstattungsfähig sind (BGH 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02 - zu II 3 c der Gründe, NJW 2003, 756). Eine Ausnahme von der Erstattungsfähigkeit für die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren kommt nur mit Blick auf das allgemeine Gebot sparsamer Prozessführung in Betracht. Danach trifft die Partei aufgrund des Prozessrechtsverhältnisses die Verpflichtung, die Kosten möglichst gering zu halten (vgl. BGH 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03 - zu II 2 der Gründe, NJW 2003, 2992). Demzufolge kann eine Erstattung der Anwaltsgebühren dann nicht verlangt werden, wenn für die Tätigkeit des Anwalts ausnahmsweise kein Anlass bestand (BGH 26. Januar 2006 - III ZB 63/05 - Rn. 20, aaO). Da der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde nicht lediglich zur Fristwahrung eingelegt, sondern sie bereits begründet hatte und die Prozessbevollmächtigten der Beklagten erst am 9. September 2010 Kenntnis vom Beschluss des Bundesarbeitsgerichts über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde erlangt haben, durften sie die Fertigung des Schriftsatzes vom 3. September 2010 zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten für erforderlich halten.
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3. Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 544 Abs. 3 ZPO auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht Anwendung findet, kam es vorliegend nicht an.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gräfl
Schlewing
Spinner
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf 929,85
Gründe:
I.
Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte für das Berufungsverfahren trotz Rücknahme des Rechtsmittels die Erstattung der vollen anwaltlichen Prozeßgebühr verlangen kann. Der Kläger hatte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt und diese begründet. Kurz darauf stellte der Beklagte einen Berufungszurückweisungsantrag. Nachdem das Gericht den Kläger auf die fehlenden Er-folgsaussichten seines Rechtsmittels aufmerksam gemacht und eine Zurückweisung durch Beschluß nach § 522 Abs. 2 ZPO angekündigt hatte, nahm dieser seine Berufung zurück. Das Landgericht hat auf Antrag des Beklagten die für dessen Rechtsanwälte angefallene volle Prozeßgebühr nach §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO festgesetzt. Das Beschwerdegericht hat auf Rechtsmittel des Klägers lediglich eine halbe Gebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO zuerkannt. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beklagten. Eine zuvor beim Beschwerdegericht eingelegte Gegenvorstellung ist erfolglos geblieben.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts. 1. Das Beschwerdegericht meint, der Antrag auf Zurückweisung der Berufung sei zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO unmittelbar nach Berufungsbegründung noch nicht erforderlich gewesen. Der Beklagte habe nach Rechtsmitteleinlegung einen Anwalt mit seiner Vertretung in zweiter Instanz beauftragen dürfen. Vor Stellung eines Sachantrages habe er aber das Ergebnis der vom Gericht von Amts wegen anzustellenden Prüfung nach § 522 Abs. 2 ZPO abwarten müssen, ob die Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist. Im übrigen habe sich die kurz nach dem Zurückweisungsantrag eingereichte Stellungnahme des Beklagten in einer zustimmenden Äußerung zu der beabsichtigten Vorgehensweise des Gerichts sowie einem Hinweis auf einen bereits in erster Instanz ausreichend dargelegten Gesichtspunkt erschöpft.2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Richtig ist allerdings, daß bei einer nur zur Fristwahrung eingelegten Berufung ein die volle Prozeßgebühr auslösender Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels im erstattungsrechtlichen Sinne nicht notwendig ist, solange ein Berufungsantrag nicht gestellt und eine Begründung nicht eingereicht worden ist (BGH, Beschluß vom 17. Dezember 2002 – X ZB 27/02, NJW 2003, 1324; BGH, Beschluß vom 3. Juni 2003 – VIII ZB 19/03, BB 2003, 1754). Ein solcher Fall lag nicht vor; die Berufung war bereits begründet, als der Beklagte deren Zurückverweisung beantragte.
b) Bis zu einer Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluß nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO mußte der Beklagte mit der Stellung eines Sachantrags nicht abwarten. aa) Der Bundesgerichtshof hat dem Rechtsmittelbeklagten, der einen Sachantrag vor Begründung des Rechtsmittels stellen läßt, die Erstattung der vollen Prozeßgebühr versagt, weil er sich inhaltlich nicht mit dem Antrag und der Begründung auseinandersetzen und das Verfahren durch einen entsprechenden Gegenantrag fördern könne (BGH, Beschluß vom 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03, BB 2003, 1754). Diese Erwägung trägt nach Einreichung der Berufungsbegründung auch dann nicht mehr, wenn das Berufungsgericht noch nicht über eine mögliche Zurückweisung der Berufung durch Beschluß entschieden hat. Nach Begründung des Rechtsmittels hat der Berufungsbeklagte ein berechtigtes Interesse daran, mit anwaltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu erwidern und eine vom Berufungsgericht beabsichtigte Zurückweisung der Berufung im Beschlußwege durch eigene zusätzliche Argumente zu fördern. An einer Entscheidung im Beschlußwege hat der Berufungsbeklagte nicht nur wegen der damit regelmäßig verbundenen Beschleunigung, sondern auch wegen
der durch § 522 Abs. 3 ZPO angeordneten Unanfechtbarkeit ein besonderes Interesse. Wäre die Auffassung des Beschwerdegerichts richtig, so müßte der Berufungsbeklagte bis zu einer Antragstellung und Erwiderung zunächst die Terminierung abwarten; ihm würde dadurch die Chance genommen, in seinem Sinne auf die Entscheidung des Gerichts nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO einzuwirken. bb) Ob die vom Beklagten gegen die Berufung vorgebrachten Gesichtspunkte neu waren oder sich die zur Rechtfertigung des Zurückweisungsantrags vorgebrachten Argumente in bloßen Wiederholungen erschöpften, ist kostenrechtlich ohne Belang. Die Ausgestaltung der anwaltlichen Gebühren als im wesentlichen streitwertabhängige Pauschalen verbietet eine Prüfung, welcher Aufwand mit der Stellung des Gegenantrages und der Begründung für den Anwalt verbunden war.
c) Der Beklagte kann die Erstattung der vollen Prozeßgebühr nach §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auch dann verlangen, wenn seinem Bevollmächtigten der Hinweis des Berufungsgerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung im Beschlußwege bei Antragstellung bereits bekannt gewesen sein sollte. Der Hinweis gab nur eine vorläufige Auffassung des Gerichts wieder, eine Zurückweisung der Berufung im Beschlußwege war bei seiner Erteilung nicht sicher. Der Beklagte mußte deshalb nicht zunächst abwarten, ob der Kläger seine Berufung zurücknehmen oder das Gericht sie entsprechend seiner Absicht zurückweisen würde.
d) Die Erstattungsfähigkeit der vollen Prozeßgebühr scheitert auch nicht daran, daß der Kläger den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten bei Berufungseinlegung gebeten hatte, von Gegenanträgen abzusehen, bis das Berufungsgericht Erwiderungsfrist gesetzt oder Verhandlungstermin anberaumt hat.
aa) Daß der Beklagte sich zu einem diesem Wunsch entsprechenden Verhalten ausdrücklich verpflichtet hätte, macht der Kläger nicht geltend. Aus dessen Schweigen durfte der Kläger nicht schließen, daß dieser mit einer Antragstellung unter Zurückstellung seiner eigenen Interessen tatsächlich bis zu einer Terminierung oder Fristsetzung warten werde. bb) Ob, wie es der Kläger behauptet hat, sämtliche im Bezirk des Oberlandesgerichts O. tätigen Rechtsanwälte zugesagt haben, vor einem Beschluß nach § 522 ZPO oder Terminierung keinen Antrag auf Berufungszurückzuweisung zu stellen, kann dahingestellt bleiben. Sollte die damit behauptete anwaltliche Übung tatsächlich bestehen, so wäre diese für den Beklagten nicht bindend. Dieser ist durch eine unter Anwälten bestehende Übung nicht gehindert, seine eigenen Interessen durch eine Antragstellung nach Begründung der Berufung zu wahren. Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.
(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.
(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)