vorgehend
Landgericht Leipzig, 11 O 2819/06, 16.01.2008
Oberlandesgericht Dresden, 3 W 236/08, 14.03.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 24/08
vom
18. November 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags
ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben
waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz
von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können
(Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08).
BGH, Beschluss vom 18. November 2008 - VI ZB 24/08 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 14. März 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 3.641,47 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat die Beklagte zu 1 als Halterin, den Beklagten zu 2 als Fahrer und die Beklagte zu 3 als Haftpflichtversicherer eines Mietfahrzeuges aus einem Verkehrsunfall vom 31. Januar 2005 zunächst vorprozessual auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Da die Beklagte zu 3 aufgrund der Schadensmerkmale an den beteiligten Fahrzeugen und der Unfallschilderung den dringenden Verdacht hatte, dass das Ausmaß des Schadens dem behaupteten Unfallgeschehen nicht entspreche, gab sie im April 2005 ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten in Auftrag, das den Verdacht bestätigte. Daraufhin lehnte die Beklagte zu 3 den Ausgleich der angemeldeten Ersatzansprüche ab. Im August 2006 reichte der Kläger Klage ein, die, nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens mit ähnlichem Ergebnis (rechtskräftig) auf Kosten des Klägers abgewiesen wurde.
2
Dem Antrag der Beklagten, die durch die Einholung des vorprozessualen Sachverständigengutachtens entstandenen Kosten in Höhe von 4.089,52 € gegen den Kläger festzusetzen, hat die Rechtspflegerin des Landgerichts nicht entsprochen, sondern allein die Erstattung der gleichfalls angemeldeten Anwaltskosten angeordnet. Auf die Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts teilweise geändert und - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - auch die Kosten des Privatgutachtens (teilweise) in Höhe von 3.641,47 € festgesetzt. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts in vollem Umfang.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 575, 551 Abs. 2 Satz 5, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
4
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im Streitfall die Kosten für die Einholung des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
5
1. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei "die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren".
6
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 153, 235; Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - VersR 2006, 1236, 1237 f. und vom 4. März 2008 - VI ZB 72/06 - VersR 2008, 801) die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten grundsätzlich nur dann als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden können, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind. Dagegen sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig.
7
Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat dabei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen.
8
b) Der Senat (BGHZ 153, 235, 237 f.) hat dies für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbegehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht worden war. Bei einer konkreten Klageandrohung kann die Beauftragung eines Privatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Vielmehr liegt in einem solchen Fall auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststel- lung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte.
9
c) Mit Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - (VersR 2006, 1236) hat der Senat die Erstattungsfähigkeit auch in einem Fall bejaht, in dem das Sachverständigengutachten zwar schon vor Klageandrohung in Auftrag gegeben worden war, jedoch erst nach Klageandrohung erstellt wurde. Auch das kann zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit genügen. Es macht in der Regel keinen Unterschied, ob der Sachverständige das Gutachten aufgrund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrags erstellt oder aufgrund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrags. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutachtens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (vgl. Senat BGHZ 153, 235, 238), zumal die Kosten des Sachverständigengutachtens erst nach seiner Erstellung - und damit nach Klageandrohung - entstanden sind.
10
2. Der Senat hat bisher die umstrittene Frage offen gelassen, ob für die Annahme der Prozessbezogenheit schon ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (vgl. OLG Frankfurt/Main OLGR 2000, 11 f.; OLG Hamburg MDR 1992, 194 f.), ob zusätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1988, 761 f.; JurBüro 1990, 1468, 1469; JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm OLGR 1994, 142 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 91 Rn. 59; ablehnend Mümmler JurBüro 1988, 761 f.), oder ein langer zeitlicher Zwischenraum sogar ein Indiz für das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs (vgl. OLG München JurBüro 1992, 172 f.; OLG Koblenz VersR 2007, 1100, 1101) ist. Die Frage ist auch jetzt nicht zu entscheiden.
11
Nach der Rechtsprechung des Senats und der Oberlandesgerichte wird nämlich eine die Erstattungsfähigkeit auslösende Prozessbezogenheit trotz Fehlens eines engen zeitlichen Zusammenhangs in den Fällen bejaht, in denen sich der Verdacht eines Versicherungsbetrugs aufdrängt, weil sich der Versicherer dann von vornherein auf einen Deckungsprozess einstellen muss (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08 - z.V.b. und vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02 - VersR 2003, 481 f.; KG Berlin JurBüro 1989, 813; OLG Brandenburg VersR 2006, 287, 288; OLG Frankfurt VersR 1996, 122; OLG Karlsruhe VersR 2004, 931, 932; OLG Köln VersR 2004, 803; OLG Hamburg JurBüro 1989, 819 und JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm zfs 2003, 145; OLG Koblenz VersR 2004, 933 und JurBüro 2006, 543 f., sowie die oben genannten Stimmen in der Literatur; a.A. OLG Karlsruhe JurBüro 2005, 656). Sind ausreichende Anhaltspunkte für den Versuch eines Versicherungsbetrugs vorhanden, ist von Anfang an damit zu rechnen, dass es zum Prozess kommt, weil der Täter bei Ablehnung der Einstandspflicht versuchen wird, sein Ziel einer nicht gerechtfertigten Schadensregulierung durch einen Rechtsstreit zu erreichen. In einem solchen Fall ist das Privatgutachten - unabhängig von einer ausreichenden zeitlichen Nähe zum Rechtsstreit - regelmäßig als prozessbezogen anzusehen. Die Kosten hierfür sind daher im Rahmen der Bestimmungen auch dann erstattungsfähig, wenn ein Verlust von Beweismitteln nicht zu besorgen ist. Der Versicherer besitzt nämlich in der Regel selbst nicht die erforderliche Sachkenntnis, um eine Verursachung der Schäden durch eine Straftat mit hinreichender Überzeugungskraft und Sicherheit auszuschließen. Er kann deshalb billigerweise nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr ist es in einem solchen Fall zweckmäßig und prozessökonomisch, wenn die Partei sich sachkundig beraten lässt, ehe sie vorträgt.
12
Im hier zu entscheidenden Fall hat das eingeholte Gutachten den hinreichenden Verdacht eines versuchten Versicherungsbetrugs bestätigt. Der Kläger hat nämlich auch Schadenspositionen als unfallbedingt abgerechnet, die durch den behaupteten Unfallhergang nicht entstanden sein können.
13
3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 16.01.2008 - 11 O 2819/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 14.03.2008 - 3 W 236/08 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

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(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen. (2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründun

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 7/05
vom
23. Mai 2006
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
(Fortführung von BGHZ 153, 235).
BGH, Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2006 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. Februar 2005 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 22. Juli 2004 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren. Gegenstandswert: 2.862,88 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat die Beklagte zu 1 als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges mit Schreiben vom 15. Juli 2002 auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wobei er auf der Grundlage eines außergerichtlichen Gutachtens Reparaturkosten in Höhe von 7.085,86 € geltend machte. Die Beklagte zu 1 hatte Zweifel an der Schilderung des Unfallablaufs und an der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadens. Am 18. Juli 2002 beauftragte sie daher den Sachverständigen B. mit einer Prüfung der "Kompatibilität der Schäden der beteiligten Fahrzeuge" unter Berücksichtigung der Angaben zu dem Schadenshergang und mit einer Überprüfung der Schadenshöhe. Mit Schreiben vom 2. September 2002 erinnerte der Kläger die Beklagte an sein Anspruchsschreiben vom 15. Juli 2002 und setzte ihr zur Zahlung eine Frist bis zum 10. September 2002. Für den Fall der Nichtzahlung innerhalb dieser Frist kündigte er die Erhebung einer Klage an. Am 20. September 2002 erstellte der Sachverständige B. das von der Beklagten zu 1 in Auftrag gegebene Gutachten. Er kam zwar zu dem Ergebnis, der vom Kläger geschilderte Unfallablauf sei nachvollziehbar und die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen seien kompatibel , meinte jedoch, wegen bisher nicht berücksichtigter Vorschäden und eines Abzugs Neu für Alt seien die erforderlichen Reparaturkosten entgegen dem vom Kläger vorgelegten Gutachten nur auf 3.457,91 € anzusetzen. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2002 lehnte die Beklagte zu 1 daraufhin eine Schadensregulierung ab, da sie nach Abschluss ihrer Ermittlungen nicht von einem "reellen Schadensereignis" ausgehen könne. Am 26. März 2003 erhob der Kläger daraufhin Klage gegen die Beklagte zu 2 als Halterin und die Beklagte zu 1 als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges auf Zahlung der geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 7.085,86 €. Die Beklagten traten der Klage entgegen und bestritten sowohl das vom Kläger behauptete Unfallereignis als auch die Höhe des geltend gemachten Schadens. Nachdem das Landgericht die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Frage der Kompatibilität der Schäden mit dem vom Kläger behaupteten Unfallereignis und zur Frage der Schadenshöhe beschlossen hatte, stellte die Beklagte zu 1 das von ihr eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen B. sowohl dem gerichtlichen Sachverständigen als auch dem Gericht und dem Kläger zur Verfügung. Nachdem der Gerichtssachverständige in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen war, die vom Kläger angegebenen Schäden an seinem Fahrzeug seien nur teilweise mit dem geschilderten Unfallereignis vereinbar und es seien auch andere - nicht vereinbare - Schäden vorhanden, die, wenn sie bereits vor dem Unfall entstanden seien, eine Schadenserhöhung durch den vom Kläger geschilderten Unfall nicht feststellbar machten, wies das Landgericht die Klage mit Urteil vom 2. April 2004 ab.
2
Mit Beschluss vom 22. Juli 2004 hat die Rechtspflegerin die vom Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf 6.561,14 € nebst Zinsen festgesetzt. Hierin ist ein Betrag von 2.862,88 € enthalten, welchen die Beklagte zu 1 für das vorgerichtliche Gutachten des Sachverständigen B. aufgewendet hat. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hatte Erfolg und führte zu einer entsprechenden Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses durch das Beschwerdegericht. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten eine Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts.

II.

3
1. Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Kosten für das von der Beklagten zu 1 eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen B. seien keine "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, weil sie veranlasst worden seien, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abgezeichnet habe. Am 18. Juli 2002, als die Beklagte zu 1 den Sachverständigen B. beauftragte, habe es noch keine konkrete Aussicht auf einen etwa erforderlichen Rechtsstreit gegeben, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch keine Klage angedroht gehabt habe. Das Schreiben des Klägervertreters vom 15. Juli 2002 sei ein übliches Anspruchsschreiben nach einem Verkehrsunfall gewesen, in welchem der Kläger zunächst von einer außergerichtlichen Regulierung ausgegangen sei. Erst das weitere Schreiben des Klägervertreters vom 2. September 2002 enthalte eine Klageandrohung, nachdem die Beklagte zu 1 bis dahin auf das Anspruchsschreiben nicht reagiert habe. Zum Zeitpunkt der Klageandrohung habe die Beklagte zu 1 den Sachverständigen B. jedoch schon beauftragt gehabt, so dass die Klageandrohung für die entstandenen Sachverständigenkosten keine Rolle gespielt habe.
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 ZPO) und auch ansonsten zulässig (§§ 575 Abs. 1 und 2, 551 Abs. 2 Satz 5 und 6, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Wiederherstellung des ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschlusses.
5
a) Das Beschwerdegericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass der unterlegene Kläger die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten hat, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren (§§ 91 Abs. 1 Satz 1, 103 Abs. 1 ZPO), und dass dies bei Kosten für ein vorprozessual eingeholtes Sachverständigengutachten nur ausnahmsweise der Fall ist (vgl. Senat, BGHZ 153, 235).
6
Ein Privatgutachten wird nicht schon durch seine Vorlage im Rechtsstreit "prozessbezogen". § 91 Abs. 1 ZPO sieht einer Erstattungspflicht nur für die dem Gegner erwachsenen "Kosten des Rechtsstreits" vor. Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Jede Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in anderem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem Rechtsstreit stehen.
7
Der Senat (aaO, 235) hat dies für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbe- gehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht worden war. Im Hinblick auf eine konkrete Klageandrohung kann die Beauftragung eines Privatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Vielmehr liegt auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststellung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte.
8
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zu 1 den Sachverständigen B. zwar schon vor Klageandrohung mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens beauftragt, das Sachverständigengutachten wurde jedoch erst nach Klageandrohung erstellt. Dies genügt ebenfalls zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob der Sachverständige das Gutachten aufgrund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrags erstellt oder aufgrund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrages. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutachtens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (vgl. Senat aaO), zumal die Kosten des Sachverständigengutachtens erst nach seiner Erstellung - hier nach Klageandrohung - entstehen (und der Auftrag vorher grundsätzlich gekündigt werden kann).
9
b) Der Auftrag an den Privatsachverständigen war im konkreten Fall auch notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
10
Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei diese die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Über diesen Blickpunkt kommt eine Erstattung der Kosten eines Privatgutachtens dann in Betracht, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (vgl. Senat aaO, 238 m.w.N.).
11
Dies kann der erkennende Senat unter den gegebenen Umständen ebenfalls bejahen, ohne dass es hierzu noch tatsächlicher Feststellungen bedarf. Die Beklagte zu 1 hatte aufgrund des Klägervortrags Zweifel an der Schilderung des Unfallablaufs und an der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadens. In solchen Fällen, in denen ein Versicherungsbetrug in Betracht kommt, gestaltet sich für den beklagten Versicherer der Nachweis eines versuchten Versicherungsbetrugs erfahrungsgemäß schwierig. Der Versicherer wird in der Regel selbst nicht die Sachkenntnis besitzen, die erforderlich ist, um eine Verursachung der geltend gemachten Schäden durch den Unfall mit hinreichender Sicherheit und Überzeugungskraft auszuschließen. Er bedarf daher regelmäßig sachverständiger Hilfe, um den zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlichen Vortrag halten zu können und kann deshalb nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht abzuwarten. Jedenfalls ist es in einem solchen Fall zweckmäßig , wenn die Partei sich sachkundig beraten lässt, ehe sie vorträgt (vgl. Senat aaO, 239 m.w.N.).
12
c) Da der Kläger gegen die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten keine Einwendung erhoben hat, kann der Senat in der Sache abschließend entscheiden und unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwer- degerichts den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts wieder herstellen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 22.07.2004 - 9 O 161/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.02.2005 - 15 W 44/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 72/06
vom
4. März 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
(Abgrenzung zu den Senatsbeschlüssen BGHZ 153, 235 und
vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - VersR 2006, 1236).
BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - VI ZB 72/06 - LG Berlin
AGBerlin-Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. März 2008 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die
Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 82 des Landgerichts Berlin vom 4. Oktober 2006 wird auf Kosten der Beklagten zu 2 und 3 zurückgewiesen. Beschwerdewert: 1.096,20 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger nahm den Beklagten zu 1 als Fahrer, die Beklagte zu 2 als Halterin und die Beklagte zu 3 als Haftpflichtversicherer aus einem Verkehrsunfall vom 7. Juli 2004 auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte zu 1 führte dabei einen bei der Beklagten zu 2 gemieteten LKW vom Typ Ford Transit. Die Beklagte zu 2 hat ihre Fahrzeuge und auch den vom Beklagten zu 1 gemieteten Ford Transit als Schutz gegen manipulierte Verkehrsunfälle mit einem Unfalldatenschreiber versehen. Noch am Tag des Schadensereignisses schaltete die Beklagte zu 2 einen Privatsachverständigen ein, der noch am selben Tag die Unfallstelle aufsuchte, die Lage des Mietfahrzeuges feststellte, den Unfalldatenschreiber auswertete, den sich noch an der Unfallstelle befindlichen Beklag- ten zu 1 zum Schadenshergang befragte und die Schäden am Ford Transit und später auch an dem vom Kläger geführten Fahrzeug in Augenschein nahm.
2
Mit Schreiben vom 6. August 2004 forderte der Kläger die Beklagte zu 3 unter Beifügung von Belegen vergeblich zur Schadensregulierung auf und setzte ihr mit Schreiben vom 18. August 2004 zur Regulierung des behaupteten Unfallschadens eine Frist von drei Werktagen. In seinem Schreiben vom 26. August 2004 kündigte der Kläger schließlich an, die Angelegenheit nunmehr einer Rechtsanwaltskanzlei übergeben zu wollen. Hierauf lehnte die Beklagte zu 3 mit Schreiben vom 10. September 2004 die außergerichtliche Regulierung ab, da es sich bei dem Vorfall um ein "nicht unfreiwilliges Ereignis" gehandelt habe. Nachdem die Beklagte zu 3 auch nach anwaltlicher Aufforderung die außergerichtliche Schadensregulierung erneut abgelehnt hatte, machte der Kläger mit seiner Klageschrift vom 8. August 2005 gegen alle drei Beklagte Ansprüche aus dem Vorfall vom 7. Juli 2004 in Höhe von 4.851,81 € geltend. Mit ihrer Klageerwiderung vom 17. November 2005 beantragten die Beklagten zu 2 und 3 durch ihren Prozessbevollmächtigten die Abweisung der Klage, während der Beklagte zu 1 ausdrücklich nicht von deren Prozessbevollmächtigten vertreten wurde. Vielmehr trat die Beklagte zu 3 dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten zu 1 im Wege der Nebenintervention bei. Die Beklagten zu 2 und 3 rügten in ihrer Klageerwiderung die Aktivlegitimation des Klägers, der nicht nachgewiesen habe, dass er Eigentümer des Unfallfahrzeuges gewesen sei, zum anderen bestritten sie den Vorfall vom 7. Juli 2004 mit Nichtwissen und erhoben nicht näher bezeichnete Einwendungen zum Haftungsgrund und zur Haftungshöhe. Daraufhin erklärte der Kläger die Klagerücknahme, worauf das Amtsgericht dem Kläger durch Beschluss die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2005 stellte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 2 und 3 u.a. einen Kostenfestsetzungsantrag, der neben den Rechtsanwaltskosten die Aufwendungen für die Einholung zweier Handelsregis- terauszüge in Höhe von jeweils 10 € und vorgerichtliche Sachverständigenkosten für ein als "Tätigkeitsbericht/Kurzstellungnahme" überschriebenes Schriftstück des eingeschalteten Privatgutachters vom 23. Juli 2004 in Höhe von 1.076,20 € enthielt. In dem daraufhin ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss wurden lediglich die Anwaltsgebühren und - auslagen festgesetzt, die Festsetzung der Kosten für die Handelsregisterauszüge und für das Privatgutachten wurde dagegen abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beklagten zu 2 und 3 ihr Kostenfestsetzungsbegehren weiter, soweit ihm nicht entsprochen worden ist.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 104 Abs. 3 ZPO) und auch ansonsten zulässig (§§ 575 Abs. 1 und 2, 551 Abs. 2 Satz 5 und 6, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO), sie ist jedoch nicht begründet.
4
Das Berufungsgericht ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kosten für die Einholung des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens und die Kosten für die Einholung der Handelsregisterauszüge im Streitfall im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erstattungsfähig sind.
5
1. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
6
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 153, 235 und Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - VersR 2006, 1236, 1237) können die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird, was hier noch nicht einmal geschehen ist, sondern das Gutachten muss sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig.
7
b) Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat dabei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen.
8
c) Der Senat (BGHZ 153, 235, 237 f.) hat dies für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbegehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht worden war. Bei einer konkreten Klageandrohung kann die Beauftragung eines Privatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Vielmehr liegt in einem solchen Fall auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststel- lung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte.
9
d) Mit Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - (aaO) hat der Senat die Erstattungsfähigkeit auch in einem Fall bejaht, in dem das Sachverständigengutachten zwar schon vor Klageandrohung in Auftrag gegeben worden war, jedoch erst nach Klageandrohung erstellt wurde. Auch das kann zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit genügen. Es macht in der Regel keinen Unterschied , ob der Sachverständige das Gutachten aufgrund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrages erstellt oder aufgrund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrages. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutachtens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (vgl. Senat BGHZ 153, 235, 238), zumal die Kosten des Sachverständigengutachtens erst nach seiner Erstellung - und damit nach Klageandrohung - entstanden sind.
10
2. Ob auch die Kosten eines vorprozessual erstellten Privatgutachtens prozessbezogen und in einem späteren Kostenfestsetzungsverfahren als Kosten des Rechtsstreits erstattungsfähig sein können, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Im Streitfall diente das vorprozessual erstellte Privatgutachten nach dem von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Vorbringen der Beklagten zu 2 und 3 nämlich lediglich der allgemeinen und eher routinemäßigen Prüfung der Frage, ob es sich um ein vorgetäuschtes Unfallgeschehen handelte, und damit um eine Prüfung der Einstandspflicht, welche die Partei grundsätzlich in eigener Verantwortung vorzunehmen hat. Den dadurch entstehenden Aufwand hat sie mithin grundsätzlich selbst zu tragen (vgl. Senat BGHZ 153, 235, 236 f.). Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn hinreichende Anhaltspunkte für einen lediglich vorgetäuschten Verkehrsunfall und einen bevorstehenden Versuch eines Versicherungsbetrugs sprechen und deshalb zu besorgen ist, dass ohne die zeitnahe Einschaltung eines Privatsachverständigen Beweismittel für einen späteren Prozess verloren gehen oder ihre Benutzung erschwert wird, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Denn dem Vorbringen der Beklagten sind solche konkreten Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen nicht zu entnehmen. Die Tatsache, dass die Fahrzeuge der Beklagten zu 2 in der Vergangenheit häufig für manipulierte Verkehrsunfälle benutzt wurden, reicht für sich allein nicht aus, um die Kosten für die Einholung vorgerichtlicher Privatgutachten zur generellen Prüfung dieser Frage zu "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 ZPO und damit zum Gegenstand eines späteren Kostenfestsetzungsverfahrens zu machen. Entsprechendes gilt für die Kosten der Einholung zweier Handelsregisterauszüge, die nach dem Vorbringen der Beklagten zu 2 ebenfalls dazu dienen sollten, Nachforschungen über etwaige personelle Verflechtungen auf der Gesellschafter-Geschäftsführer-Ebene zwischen dem vom Kläger betriebenen Unternehmen und dem Reparaturunternehmen durchzuführen.

11
3. Nach alledem können die geltend gemachten Kosten nicht im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzt werden. Ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bleibt hiervon unberührt. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 29.03.2006 - 111 C 3190/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 04.10.2006 - 82 T 261/06 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 7/05
vom
23. Mai 2006
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
(Fortführung von BGHZ 153, 235).
BGH, Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2006 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. Februar 2005 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 22. Juli 2004 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren. Gegenstandswert: 2.862,88 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat die Beklagte zu 1 als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges mit Schreiben vom 15. Juli 2002 auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wobei er auf der Grundlage eines außergerichtlichen Gutachtens Reparaturkosten in Höhe von 7.085,86 € geltend machte. Die Beklagte zu 1 hatte Zweifel an der Schilderung des Unfallablaufs und an der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadens. Am 18. Juli 2002 beauftragte sie daher den Sachverständigen B. mit einer Prüfung der "Kompatibilität der Schäden der beteiligten Fahrzeuge" unter Berücksichtigung der Angaben zu dem Schadenshergang und mit einer Überprüfung der Schadenshöhe. Mit Schreiben vom 2. September 2002 erinnerte der Kläger die Beklagte an sein Anspruchsschreiben vom 15. Juli 2002 und setzte ihr zur Zahlung eine Frist bis zum 10. September 2002. Für den Fall der Nichtzahlung innerhalb dieser Frist kündigte er die Erhebung einer Klage an. Am 20. September 2002 erstellte der Sachverständige B. das von der Beklagten zu 1 in Auftrag gegebene Gutachten. Er kam zwar zu dem Ergebnis, der vom Kläger geschilderte Unfallablauf sei nachvollziehbar und die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen seien kompatibel , meinte jedoch, wegen bisher nicht berücksichtigter Vorschäden und eines Abzugs Neu für Alt seien die erforderlichen Reparaturkosten entgegen dem vom Kläger vorgelegten Gutachten nur auf 3.457,91 € anzusetzen. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2002 lehnte die Beklagte zu 1 daraufhin eine Schadensregulierung ab, da sie nach Abschluss ihrer Ermittlungen nicht von einem "reellen Schadensereignis" ausgehen könne. Am 26. März 2003 erhob der Kläger daraufhin Klage gegen die Beklagte zu 2 als Halterin und die Beklagte zu 1 als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges auf Zahlung der geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 7.085,86 €. Die Beklagten traten der Klage entgegen und bestritten sowohl das vom Kläger behauptete Unfallereignis als auch die Höhe des geltend gemachten Schadens. Nachdem das Landgericht die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Frage der Kompatibilität der Schäden mit dem vom Kläger behaupteten Unfallereignis und zur Frage der Schadenshöhe beschlossen hatte, stellte die Beklagte zu 1 das von ihr eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen B. sowohl dem gerichtlichen Sachverständigen als auch dem Gericht und dem Kläger zur Verfügung. Nachdem der Gerichtssachverständige in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen war, die vom Kläger angegebenen Schäden an seinem Fahrzeug seien nur teilweise mit dem geschilderten Unfallereignis vereinbar und es seien auch andere - nicht vereinbare - Schäden vorhanden, die, wenn sie bereits vor dem Unfall entstanden seien, eine Schadenserhöhung durch den vom Kläger geschilderten Unfall nicht feststellbar machten, wies das Landgericht die Klage mit Urteil vom 2. April 2004 ab.
2
Mit Beschluss vom 22. Juli 2004 hat die Rechtspflegerin die vom Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf 6.561,14 € nebst Zinsen festgesetzt. Hierin ist ein Betrag von 2.862,88 € enthalten, welchen die Beklagte zu 1 für das vorgerichtliche Gutachten des Sachverständigen B. aufgewendet hat. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hatte Erfolg und führte zu einer entsprechenden Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses durch das Beschwerdegericht. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten eine Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts.

II.

3
1. Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Kosten für das von der Beklagten zu 1 eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen B. seien keine "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, weil sie veranlasst worden seien, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abgezeichnet habe. Am 18. Juli 2002, als die Beklagte zu 1 den Sachverständigen B. beauftragte, habe es noch keine konkrete Aussicht auf einen etwa erforderlichen Rechtsstreit gegeben, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch keine Klage angedroht gehabt habe. Das Schreiben des Klägervertreters vom 15. Juli 2002 sei ein übliches Anspruchsschreiben nach einem Verkehrsunfall gewesen, in welchem der Kläger zunächst von einer außergerichtlichen Regulierung ausgegangen sei. Erst das weitere Schreiben des Klägervertreters vom 2. September 2002 enthalte eine Klageandrohung, nachdem die Beklagte zu 1 bis dahin auf das Anspruchsschreiben nicht reagiert habe. Zum Zeitpunkt der Klageandrohung habe die Beklagte zu 1 den Sachverständigen B. jedoch schon beauftragt gehabt, so dass die Klageandrohung für die entstandenen Sachverständigenkosten keine Rolle gespielt habe.
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 ZPO) und auch ansonsten zulässig (§§ 575 Abs. 1 und 2, 551 Abs. 2 Satz 5 und 6, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Wiederherstellung des ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschlusses.
5
a) Das Beschwerdegericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass der unterlegene Kläger die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten hat, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren (§§ 91 Abs. 1 Satz 1, 103 Abs. 1 ZPO), und dass dies bei Kosten für ein vorprozessual eingeholtes Sachverständigengutachten nur ausnahmsweise der Fall ist (vgl. Senat, BGHZ 153, 235).
6
Ein Privatgutachten wird nicht schon durch seine Vorlage im Rechtsstreit "prozessbezogen". § 91 Abs. 1 ZPO sieht einer Erstattungspflicht nur für die dem Gegner erwachsenen "Kosten des Rechtsstreits" vor. Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Jede Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in anderem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem Rechtsstreit stehen.
7
Der Senat (aaO, 235) hat dies für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbe- gehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht worden war. Im Hinblick auf eine konkrete Klageandrohung kann die Beauftragung eines Privatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Vielmehr liegt auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststellung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte.
8
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zu 1 den Sachverständigen B. zwar schon vor Klageandrohung mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens beauftragt, das Sachverständigengutachten wurde jedoch erst nach Klageandrohung erstellt. Dies genügt ebenfalls zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob der Sachverständige das Gutachten aufgrund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrags erstellt oder aufgrund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrages. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutachtens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (vgl. Senat aaO), zumal die Kosten des Sachverständigengutachtens erst nach seiner Erstellung - hier nach Klageandrohung - entstehen (und der Auftrag vorher grundsätzlich gekündigt werden kann).
9
b) Der Auftrag an den Privatsachverständigen war im konkreten Fall auch notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
10
Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei diese die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Über diesen Blickpunkt kommt eine Erstattung der Kosten eines Privatgutachtens dann in Betracht, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (vgl. Senat aaO, 238 m.w.N.).
11
Dies kann der erkennende Senat unter den gegebenen Umständen ebenfalls bejahen, ohne dass es hierzu noch tatsächlicher Feststellungen bedarf. Die Beklagte zu 1 hatte aufgrund des Klägervortrags Zweifel an der Schilderung des Unfallablaufs und an der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadens. In solchen Fällen, in denen ein Versicherungsbetrug in Betracht kommt, gestaltet sich für den beklagten Versicherer der Nachweis eines versuchten Versicherungsbetrugs erfahrungsgemäß schwierig. Der Versicherer wird in der Regel selbst nicht die Sachkenntnis besitzen, die erforderlich ist, um eine Verursachung der geltend gemachten Schäden durch den Unfall mit hinreichender Sicherheit und Überzeugungskraft auszuschließen. Er bedarf daher regelmäßig sachverständiger Hilfe, um den zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlichen Vortrag halten zu können und kann deshalb nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht abzuwarten. Jedenfalls ist es in einem solchen Fall zweckmäßig , wenn die Partei sich sachkundig beraten lässt, ehe sie vorträgt (vgl. Senat aaO, 239 m.w.N.).
12
c) Da der Kläger gegen die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten keine Einwendung erhoben hat, kann der Senat in der Sache abschließend entscheiden und unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwer- degerichts den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts wieder herstellen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 22.07.2004 - 9 O 161/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.02.2005 - 15 W 44/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 16/08
vom
14. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags
ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben
waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz
von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können.
BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Oktober 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Februar 2008 wird auf Kosten des Klägers, der auch die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten zu tragen hat, zurückgewiesen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 769,34 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 1 sei am 28. April 2006 mit einem Pkw VW Passat (Fahrleistung ca. 199.000 km, annähernd neun Jahre alt) auf den Pkw Mercedes Benz des Klägers aufgefahren. Er hat mit Anwaltsschreiben vom 11. Mai 2006 der Beklagten zu 2, dem Haftpflichtversicherer des vom Beklagten zu 1 gefahrenen Fahrzeugs, die Kopie einer vom Beklagten zu 1 handschriftlich gefertigten Erklärung mit Datum des Unfalltages vorgelegt, mit welcher der Beklagte zu 1 bestätigt hat, den Unfall verursacht zu haben. Die Unfallbeteiligten hatten auf eine polizeiliche Unfallaufnahme verzichtet. Unbeteiligte Zeugen gab es nicht. Die Halterin des VW Passats hatte die Prämie für die etwa 2½ Monate zuvor abgeschlossene Haftpflichtversicherung bis dahin nicht bezahlt.
2
Auf der Grundlage eines außergerichtlichen Gutachtens begehrte der Kläger Erstattung von Reparaturkosten für den Mercedes Benz in Höhe von 12.306,61 € nebst den Kosten für das Gutachten von 1.042,76 € und einer Auslagenpauschale von 25 €. Mit Anwaltsschreiben vom 1. Juni 2006 verlangte er ferner die Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 1.638 €.
3
Weil die Beklagte zu 2 den Verdacht hegte, es könne ein versuchter Versicherungsbetrug vorliegen, beauftragte sie am 2. Juni 2006 ihrerseits einen Sachverständigen mit der Prüfung, ob die vom Kläger geltend gemachten Beschädigungen an seinem Pkw durch den Unfall verursacht worden sein könnten. In seinem Gutachten vom 25. Juli 2006 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass ein Auffahren des Passats auf den Mercedes des Klägers nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei aber unmöglich, dass sämtliche Schäden , die in dem Gutachten des Klägers als unfallbedingt aufgeführt seien, durch den behaupteten Auffahrunfall verursacht worden seien. Darauf teilte die Beklagte zu 2 dem Kläger mit Schreiben vom 4. August 2006 mit, dass sie die von ihm gestellten Ansprüche zurückweise und außergerichtlich keine Zahlungen leisten werde.
4
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 erhob der Kläger Klage auf Ersatz seines Schadens zum Landgericht Leipzig. Die Beklagte zu 2 beantragte unter Berufung auf das von ihr eingeholte Privatgutachten Klageabweisung. Im Hinblick auf den von ihm zu erbringenden Kostenvorschuss nahm der Kläger die Klage zurück. Das Landgericht legte dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auf.
5
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Juli 2007 hat die Rechtspflegerin auch die Kosten des vorprozessual von der Beklagten zu 2 eingeholten Gutachtens in Höhe von 769,34 € gegen den Kläger festgesetzt. Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Kläger eingewendet, die Kosten dieses Gutachtens seien nicht erstattungsfähig, weil die Beklagte zu 2 das Gutachten in Auftrag gegeben und erhalten habe, bevor eine Klage auch nur angedroht gewesen sei. Das Gutachten sei nicht prozessbezogen, seine Richtigkeit habe die Beklagte zu 2 nicht bewiesen. Der Sachverständige habe nicht ausschließen können, dass die Beschädigungen durch den Unfall verursacht worden seien. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das Beschwerdegericht, dem der Einzelrichter die Sache zur Entscheidung übertragen hat, hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Ansicht, die Sachverständigenkosten seien im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe festzusetzen , im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger müsse nach Rücknahme der Klage die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits erstatten. Zwar könnten die Kosten vorprozessual erstatteter Privatgutachten nur dann ausnahmsweise Kosten des Rechtsstreits sein, wenn das Gutachten prozessbezogen eingeholt worden sei. Eine derartige Prozessbezogenheit sei anzunehmen, wenn der an der Rechtmäßigkeit eines Schadensersatzverlangens zweifelnde Haftpflichtversicherer sein Gutachten zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben habe, zu dem die Klage bereits angedroht gewesen sei oder wenn das Gutachten nach Klageandrohung erstattet worden sei. Ausnahmsweise seien die Kos- ten eines Gutachtens auch unabhängig von einer ausdrücklichen Klageandrohung dann zu erstatten, wenn sich der Verdacht auf einen Versicherungsbetrug aufgedrängt habe. Dem in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer bleibe, wenn andere Erkenntnismöglichkeiten fehlten, nur ein Gutachten zur Überprüfung der Plausibilität des behaupteten Unfallhergangs und der dadurch angeblich verursachten Schäden, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Der Auftrag an den Sachverständigen sei notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gewesen, weil eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Maßnahme ex ante als sachdienlich habe ansehen dürfen. Die Beklagte zu 2 habe aufgrund des Vortrags des Klägers berechtigte Zweifel an dem geschilderten Unfallablauf und an der Höhe des geltend gemachten Schadens gehabt und keine ausreichende Sachkenntnis besessen, um eine Verursachung der Schäden durch den Unfall auszuschließen. Es sei daher zweckmäßig gewesen , sich beraten zu lassen. Darauf, ob das Gutachten den Verdacht bestätigt habe, komme es nicht an. Entscheidend sei die objektive Erforderlichkeit und Eignung aus der Sicht der Partei, die hier anzunehmen seien. Zudem habe der Sachverständige festgestellt, dass jedenfalls ein Großteil der Schäden nicht durch den behaupteten Unfall verursacht worden sei.
7
2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
8
Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 575, 551 Abs. 2 Satz 5, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
9
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 153, 235 ff.; Beschlüsse vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - VersR 2006, 1236 f. und vom 4. März 2008 - VI ZB 72/06 - VersR 2008, 801 f.) können die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit ge- nügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird, sondern das Gutachten muss sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor der Rechtsstreit sich einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig.
10
Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dabei entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen.
11
b) Der erkennende Senat hat bisher die umstrittene Frage offen gelassen , ob für die Annahme der Prozessbezogenheit schon ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (vgl. OLG Frankfurt/Main OLGR 2000, 11 f.; OLG Hamburg MDR 1992, 194 f.), ob zusätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1988, 761 f.; JurBüro 1990, 1468, 1469; JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm OLGR 1994, 142 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rn. 59; ablehnend Mümmler JurBüro 1988, 762) oder ein langer zeitlicher Zwischenraum sogar ein Indiz für das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs (vgl. OLG München JurBüro 1992, 172 f.; OLG Koblenz VersR 2007, 1100, 1101) ist. Die Frage ist auch jetzt nicht zu entscheiden.
12
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats und der Oberlandesgerichte wird nämlich eine die Erstattungsfähigkeit auslösende Prozessbe- zogenheit trotz Fehlens eines engen zeitlichen Zusammenhangs in den Fällen bejaht, in denen sich der Verdacht eines Versicherungsbetrugs aufdrängt, weil sich der Versicherer dann von vornherein auf einen Deckungsprozess einstellen muss (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02 - VersR 2003, 481, 482; KG JurBüro 1989, 813; OLG Brandenburg VersR 2006, 287, 288; OLG Frankfurt VersR 1996, 122; OLG Karlsruhe VersR 2004, 931, 932; OLG Köln VersR 2004, 803; OLG Hamburg JurBüro 1989, 819 und JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm zfs 2003, 145; OLG Koblenz VersR 2004, 933 und JurBüro 2006, 543 f., sowie die oben genannten Stimmen in der Literatur; a.A. OLG Karlsruhe JurBüro 2005, 656). Sind ausreichende Anhaltspunkte für den Versuch eines Versicherungsbetrugs vorhanden, ist von Anfang an damit zu rechnen, dass es zum Prozess kommen wird, weil der Täter bei Ablehnung der Einstandspflicht versuchen wird, sein Ziel einer nicht gerechtfertigten Schadensregulierung auch durch einen Rechtsstreit zu erreichen. In einem solchen Fall ist das Privatgutachten - unabhängig von einer ausreichenden zeitlichen Nähe zum Rechtsstreit - regelmäßig als prozessbezogen anzusehen. Die Kosten hierfür sind daher im Rahmen der Bestimmungen auch dann erstattungsfähig , wenn ein Verlust von Beweismitteln nicht zu besorgen ist. Der Versicherer besitzt nämlich in der Regel selbst nicht die erforderliche Sachkenntnis, um eine Verursachung der Schäden durch eine Straftat mit hinreichender Überzeugungskraft und Sicherheit auszuschließen. Er kann deshalb billigerweise nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr ist es in einem solchen Fall zweckmäßig und prozessökonomisch , wenn die Partei sich sachkundig beraten lässt, ehe sie vorträgt.
13
Im hier zu entscheidenden Fall hat das eingeholte Gutachten den Versuch eines Versicherungsbetrugs bestätigt. Der Kläger hat nämlich auch Schadenspositionen als unfallbedingt abgerechnet, die durch den behaupteten Un- fallhergang nicht entstanden sein können. Der Kläger hat sich zwar gegen dieses Gutachten gewendet, es aber nicht mit Einwendungen im Einzelnen entkräftet , sondern "aus Kostengründen" die Klage zurückgenommen.
14
3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.07.2007 - 9 O 4343/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 18.02.2008 - 10 W 1061/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 56/02
vom
17. Dezember 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen.
BGH, Beschluß vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Dezember 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
sowie die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Mai 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 3.781,-

Gründe:

A.

Der Kläger hat die Beklagte als Haftpflichtversicherer eines an einem Unfall beteiligten Kraftfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Beklagte befürchtete u.a. aufgrund der Einlassung des Klägers, es könne sich um einen in Betrugsabsicht gestellten Antrag handeln, mit dem für bereits vor dem Unfall vorhandene Schäden Ersatz begehrt werde; auch hegte sie den Verdacht, der Unfall sei im Zusammenwirken mit ihrem Versicherungsnehmer herbeigeführt worden. Am 8. Mai 2001 beauftragte sie den Sachverständigen B. mit der Erstellung eines Gutachtens dazu, welche Schäden durch den behaup-
teten Unfall verursacht worden seien. B. hat sein Gutachten nach der im Juli 2001 erhobenen Klage unter dem 9. September 2001 fertiggestellt. Die Be- klagte hat ihre Klageerwiderung auf dieses Gutachten gestützt. Der Kläger hat die Klage nach Zustellung der Terminsverfügung und der Klageerwiderung zurückgenommen. Den Antrag der Beklagten, die durch die Beauftragung des Sachverständigen B. entstandenen Kosten in Höhe von 7.395 DM (= 3.781 Kläger festzusetzen, hat der Rechtspfleger mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 18. Januar 2002 zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Festsetzung der Kosten für das Privatgutachten weiter.

B.

I. Das Oberlandesgericht hat zur Zurückweisung der Beschwerde im wesentlichen ausgeführt, die Kosten für das Gutachten seien nicht erstattungsfähig ; es fehle an der dafür erforderlichen unmittelbaren Prozeßbezogenheit dieser Aufwendungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts könnten die Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen nur dann den Kosten eines Prozesses zugeordnet werden, wenn diese Aufwendungen zu einem konkret bevorstehenden Rechtsstreit in unmittelbarer Beziehung gestanden hätten und dessen Vorbereitung und Förderung dienen sollten. Das sei nicht der Fall, wenn das Privatgutachten - wie hier - dem Auftraggeber Klarheit über bestimmte Voraussetzungen seiner Rechtsposition verschaffen und Erkenntnisse für sein künftiges Verhalten liefern solle.
Daß die Klage noch vor Fertigstellung des Gutachtens erhoben worden sei, stelle nicht nachträglich die Prozeßbezogenheit des Gutachtens her. Zwar sei Gegenstand des Rechtsstreits nach Ansicht der Beklagten ein versuchter Versicherungsbetrug gewesen; das rechtfertige aber entgegen einer in der Rechtsprechung verschiedentlich vertretenen Auffassung keine andere Beurteilung. Auch in einem solchen Fall könne ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang mit dem Rechtsstreit erst nach einem unbedingten Entschluß zur Prozeßführung bejaht werden, der hier bei Auftragserteilung nicht gegeben gewesen sei. II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 ZPO) und zulässig (§§ 575 Abs. 1 und 2, 551 Abs. 2 Satz 5 und 6, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Beschwerdegericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, daß der unterlegene Kläger die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten hat, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren (§§ 91 Abs. 1 Satz 1, 103 Abs. 1 ZPO). 1. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, daß die Kosten für vorprozessual erstattete Privatgutachten nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits angesehen werden können. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird, sondern das Gutachten muß sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozeß in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlaßt werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, nicht erstattungsfähig (vgl. OLG Bamberg, VersR 1981, 74 f.; JurBüro 1985, 617; OLG Bremen, VersR 1982, 362; OLG Frankfurt, VersR 1996, 122; OLGR 1998, 384; OLG Hamm, JurBüro
1992, 818; OLG München, JurBüro 1992, 172; MDR 1992, 415 f.; OLG Karlsruhe , VersR 1994, 1206 f.; OLG Koblenz, JurBüro 1989, 1701 f.; JurBüro 1991, 247; JurBüro 1994, 421 f.; JurBüro 1995, 36 f.; zfs 2002, 298; OLG Köln, Rechtspfleger 1990, 526; r+s 1994, 118; OLG Rostock, VersR 2001, 1534 f.; OLG Stuttgart, JurBüro 1985, 122 f.; VersR 2001, 1535; OLG Zweibrücken, JurBüro 1983, 1399). Der vorliegende Sachverhalt nötigt nicht zur Entscheidung der umstrittenen Frage, ob für die Annahme der Prozeßbezogenheit schon ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2000, 11 f.; OLG Hamburg, MDR 1992, 194 f.), ob zusätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. OLG Hamburg, JurBüro 1988, 761 f.; JurBüro 1990, 1468, 1469; JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm, OLGR 1994, 142 f.; Musielak/Wolst, ZPO 3. Auflage, § 91 Rn. 59; ablehnend Mümmler, JurBüro 1988, 762) oder ob ein langer zeitlicher Zwischenraum sogar als ein Indiz für fehlenden sachlichen Zusammenhang (vgl. OLG München, JurBüro 1992, 172 f.) zu werten ist. Das dem Rechtsstreit zugrundeliegende Gutachten ist zwar vor Zustellung der Klage in Auftrag gegeben , aber erst nach Zustellung der Klage erstellt worden. Damit ist ein Zweifel an einem ausreichend engen zeitlichen Zusammenhang nicht gegeben. Allerdings wird ein Privatgutachten entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht schon durch seine Vorlage im Rechtsstreit „prozeßbezogen“. § 91 Abs. 1 ZPO sieht eine Erstattungspflicht nur für die dem Gegner erwachsenen „Kosten des Rechtsstreits“ vor. Damit soll verhindert werden, daß eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozeßfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozeß verteuert. Jede Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb
genügt die Vorlage eines in anderem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muß vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem Rechtsstreit stehen. Im vorliegenden Fall ist das Gutachten für den konkreten Rechtsstreit eingeholt worden und damit „unmittelbar prozeßbezogen“. Das Beschwerdegericht legt seiner abweichenden Auffassung zugrunde, es könne unbedenklich davon ausgegangen werden, daß die Beklagte sich bei Beauftragung des Sachverständigen noch nicht schlüssig gewesen sei, ob und inwieweit sie ihre Haftung für die vom Kläger geltend gemachten Schäden anerkennen oder ob sie die Schadensersatzansprüche ganz oder teilweise als ungerechtfertigt zurückweisen solle. Das Bemühen der Beklagten um Aufklärung des Sachverhalts lasse nämlich den Schluß zu, daß sie das Gutachten zu den Ursachen und zur Höhe des Schadens in Auftrag gegeben habe, um sich die für die Prüfung ihrer Einstandspflicht notwendige Gewißheit zu verschaffen. Das zeige, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen noch nicht entschlossen gewesen sei, es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Kläger ankommen zu lassen, und daß das Privatgutachten nicht prozeßbezogen sei. Diese Folgerung hält rechtlicher Überprüfung jedoch nicht stand, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgeht. Die Rechtsbeschwerde rügt nämlich mit Recht, das Oberlandesgericht habe verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt, daß zum Zeitpunkt des Gutachtensauftrags am 8. Mai 2001 bereits die Klage angedroht war (§§ 575 Abs. 3 Nr. 3 lit. b, 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Unter diesen Umständen kann die Prozeßbezogenheit des Privatgutachtens nicht verneint werden. Im Hinblick auf die konkrete Klageandrohung kann die Beauftragung des Privatsachverständigen und der hiermit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Viel-
mehr liegt auf der Hand, daß das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststellung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte (vgl. OLG Bamberg, VersR 1981, 74, 75; OLG Frankfurt, Rechtspfleger 1980, 392, 393; AnwBl. 1981, 114; VersR 1996, 122; OLG Hamm, JurBüro 1992, 818; OLG München, NJW 1972, 2273 f.; a.A. OLG Karlsruhe, VersR 1980, 337, 338; OLG Köln, r+s 1994, 118). Das genügt zur Bejahung unmittelbarer Prozeßbezogenheit. Eine ausschließliche Ausrichtung des Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozeß ist nicht erforderlich. 2. Der Auftrag an den Privatsachverständigen war im konkreten Fall auch notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei diese die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Unter diesem Blickpunkt kommt eine Erstattung der Kosten eines Privatgutachtens dann in Betracht, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1980, 132 f.; JurBüro 1983, 1097; JurBüro 1989, 1568 f.; OLG Düsseldorf, JurBüro 1981, 436 f.; OLG Frankfurt, Rechtspfleger 1990, 182; OLG Hamburg, JurBüro 1981, 439, 440; OLG Hamm, Rechtspfleger 1973, 28; NJW-RR 1996, 830, 831; Kammergericht, JurBüro 1972, 63; JurBüro 1989, 813, 815; OLG Karlsruhe, JurBüro 1992, 746; OLG Koblenz, Rechtspfleger 1978, 328; JurBüro 1988, 878; JurBüro 1992, 611; OLG Köln, JurBüro 1978, 1075 f.). Das kann der erkennende Senat unter den gegebenen Umständen bejahen , ohne daß es hierzu noch tatsächlicher Feststellungen bedarf. Maßgeblich
ist, daß die Beklagte aufgrund des Klägervortrags den Verdacht hatte, es liege ein Versicherungsbetrug vor. In solchen Fällen gestaltet sich für den beklagten Versicherer der Nachweis eines versuchten Versicherungsbetrugs erfahrungsgemäß schwierig. Der Versicherer wird in der Regel selbst nicht die Sachkenntnis besitzen, die erforderlich ist, um eine Verursachung der geltend gemachten Schäden durch den Unfall mit hinreichender Sicherheit und Überzeugungskraft auszuschließen. Er bedarf daher regelmäßig sachverständiger Hilfe, um den zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlichen Vortrag halten zu können , und kann deshalb nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr ist es in einem solchen Fall zweckmäßig, wenn die Partei sich sachkundig beraten läßt, ehe sie vorträgt (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 1992, 331, 332; DAR 2002, 125, 126; OLG Koblenz, JurBüro 1991, 247 f.). Aus diesem Grund ist die Erstattung von Kosten eines Privatgutachtens in vergleichbaren Fällen von der Rechtsprechung mehrfach bejaht worden (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2002, 125; OLG Frankfurt, OLGR 1996, 216; SP 2000, 323 f.; Kammergericht, AGS 1999, 63, 64; OLG Koblenz, Rechtspfleger 2002, 483). Dem schließt der Senat sich an.
Gleichwohl kann in der Sache nicht abschließend entschieden werden, weil der Kläger gegen die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten Einwendungen erhoben hat, auf die das Beschwerdegericht - folgerichtig - bisher nicht eingegangen ist.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)