Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 01. Feb. 2011 - 14 W 63/11

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2011:0201.14W63.11.0A
bei uns veröffentlicht am01.02.2011

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 04.11.2011 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichtes Koblenz vom 26.10.2010 (5 O 553/07) betreffend die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.265,76 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel ist in der Sache ohne Erfolg. Der Rechtspfleger hat die von der beklagten Kfz. – Haftpflichtversicherung geltend gemachten Privatgutachterkosten zu Recht in die Kostenausgleichung einbezogen.

2

Die Kosten eines von einer Partei eingeholten Privatgutachtens sind als Prozesskosten erstattungsfähig, wenn das Gutachten prozessbezogen erstellt wurde und überdies zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich war. Die Kosten sind dann auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.

3

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte zu 2) hatte als Haftpflichtversicherer Bedenken gegenüber der Unfallschilderung der Klägerin und der Höhe des von ihr geltend gemachten Schadens. Dass diese Bedenken nicht von der Hand zu weisen waren, belegen das Urteil des Landgerichtes ebenso wie der Hinweisbeschluss des 12. Zivilsenates des Oberlandesgerichtes Koblenz vom 13.08.2010. Die Bedenken bestanden auch schon bevor das Gutachten vorlag, wie sich aus dem Leistungsablehnungsschreiben der Beklagten zu 2) vom 09.05.2007 ergibt, in dem ausgeführt wird, dass der Schlussbericht des Gutachters "noch nicht vorliegt", jedoch davon ausgegangen werde, dass kein unfreiwilliges Ereignis vorliege.

4

Die Klägerin selbst räumt im Schriftsatz vom 20.09.2010 gegenüber dem vom Oberlandesgericht nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO erteilten Hinweis ein, dass die Klageerwiderung und das Urteil im wesentlichen auf den Ausführungen des Sachverständigen S. beruhen. Der Sachverständige wurde in der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vor dem Landgericht am 10.07.2009 vernommen und hat über seine ausführlichen Recherchen im Hinblick auf die Auffälligkeiten des Unfallgeschehens und des Schadens sowie von seiner Ortsbesichtigung berichtet. Die Prozessbezogenheit seiner Tätigkeit kann deshalb kaum in Abrede gestellt werden. Kam ein Versicherungsbetrug in Betracht, durfte sich die Beklagte zu 2) grundsätzlich sachverständiger Hilfe bedienen, um im Rechtsstreit vorzutragen, und brauchte sich nicht darauf verweisen zu lassen, eine gerichtliche Beweiserhebung abzuwarten (BGH NJW 2006, 2415; Senat v. 13.02.2008, 14 W 81/08). Dass ein Rechtsstreit droht, wenn die begehrte Versicherungsleistung mit einer solchen Begründung verweigert wird, liegt auf der Hand (BGH v. 14.10.2008, VI ZB 16/08 = VersR 2009, 280, Rz. 12, m.w.N., zitiert nach juris; BGH v. 18.11.2008, VI ZB 24/08 = VersR 2009, 563; Senat v. 17.07.2006, 14 W 418/06 = JurBüro 2006, 543; Senat v. 09.12.2003, 14 W 823/03 = NJW-RR 2004, 286) und wird durch den vorliegenden Rechtsstreit erneut bestätigt.

5

Einwände gegen die Höhe der Gutachterkosten greifen aus den in der Nichtabhilfeentscheidung genannten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht durch.

6

Die Kostenentscheidung folgt Nr. 1812 KV GKG, § 97 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2008 - VI ZB 16/08

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 16/08 vom 14. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverstä

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 16/08
vom
14. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags
ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben
waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz
von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können.
BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Oktober 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Februar 2008 wird auf Kosten des Klägers, der auch die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten zu tragen hat, zurückgewiesen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 769,34 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 1 sei am 28. April 2006 mit einem Pkw VW Passat (Fahrleistung ca. 199.000 km, annähernd neun Jahre alt) auf den Pkw Mercedes Benz des Klägers aufgefahren. Er hat mit Anwaltsschreiben vom 11. Mai 2006 der Beklagten zu 2, dem Haftpflichtversicherer des vom Beklagten zu 1 gefahrenen Fahrzeugs, die Kopie einer vom Beklagten zu 1 handschriftlich gefertigten Erklärung mit Datum des Unfalltages vorgelegt, mit welcher der Beklagte zu 1 bestätigt hat, den Unfall verursacht zu haben. Die Unfallbeteiligten hatten auf eine polizeiliche Unfallaufnahme verzichtet. Unbeteiligte Zeugen gab es nicht. Die Halterin des VW Passats hatte die Prämie für die etwa 2½ Monate zuvor abgeschlossene Haftpflichtversicherung bis dahin nicht bezahlt.
2
Auf der Grundlage eines außergerichtlichen Gutachtens begehrte der Kläger Erstattung von Reparaturkosten für den Mercedes Benz in Höhe von 12.306,61 € nebst den Kosten für das Gutachten von 1.042,76 € und einer Auslagenpauschale von 25 €. Mit Anwaltsschreiben vom 1. Juni 2006 verlangte er ferner die Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 1.638 €.
3
Weil die Beklagte zu 2 den Verdacht hegte, es könne ein versuchter Versicherungsbetrug vorliegen, beauftragte sie am 2. Juni 2006 ihrerseits einen Sachverständigen mit der Prüfung, ob die vom Kläger geltend gemachten Beschädigungen an seinem Pkw durch den Unfall verursacht worden sein könnten. In seinem Gutachten vom 25. Juli 2006 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass ein Auffahren des Passats auf den Mercedes des Klägers nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei aber unmöglich, dass sämtliche Schäden , die in dem Gutachten des Klägers als unfallbedingt aufgeführt seien, durch den behaupteten Auffahrunfall verursacht worden seien. Darauf teilte die Beklagte zu 2 dem Kläger mit Schreiben vom 4. August 2006 mit, dass sie die von ihm gestellten Ansprüche zurückweise und außergerichtlich keine Zahlungen leisten werde.
4
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 erhob der Kläger Klage auf Ersatz seines Schadens zum Landgericht Leipzig. Die Beklagte zu 2 beantragte unter Berufung auf das von ihr eingeholte Privatgutachten Klageabweisung. Im Hinblick auf den von ihm zu erbringenden Kostenvorschuss nahm der Kläger die Klage zurück. Das Landgericht legte dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auf.
5
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Juli 2007 hat die Rechtspflegerin auch die Kosten des vorprozessual von der Beklagten zu 2 eingeholten Gutachtens in Höhe von 769,34 € gegen den Kläger festgesetzt. Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Kläger eingewendet, die Kosten dieses Gutachtens seien nicht erstattungsfähig, weil die Beklagte zu 2 das Gutachten in Auftrag gegeben und erhalten habe, bevor eine Klage auch nur angedroht gewesen sei. Das Gutachten sei nicht prozessbezogen, seine Richtigkeit habe die Beklagte zu 2 nicht bewiesen. Der Sachverständige habe nicht ausschließen können, dass die Beschädigungen durch den Unfall verursacht worden seien. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das Beschwerdegericht, dem der Einzelrichter die Sache zur Entscheidung übertragen hat, hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Ansicht, die Sachverständigenkosten seien im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe festzusetzen , im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger müsse nach Rücknahme der Klage die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits erstatten. Zwar könnten die Kosten vorprozessual erstatteter Privatgutachten nur dann ausnahmsweise Kosten des Rechtsstreits sein, wenn das Gutachten prozessbezogen eingeholt worden sei. Eine derartige Prozessbezogenheit sei anzunehmen, wenn der an der Rechtmäßigkeit eines Schadensersatzverlangens zweifelnde Haftpflichtversicherer sein Gutachten zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben habe, zu dem die Klage bereits angedroht gewesen sei oder wenn das Gutachten nach Klageandrohung erstattet worden sei. Ausnahmsweise seien die Kos- ten eines Gutachtens auch unabhängig von einer ausdrücklichen Klageandrohung dann zu erstatten, wenn sich der Verdacht auf einen Versicherungsbetrug aufgedrängt habe. Dem in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer bleibe, wenn andere Erkenntnismöglichkeiten fehlten, nur ein Gutachten zur Überprüfung der Plausibilität des behaupteten Unfallhergangs und der dadurch angeblich verursachten Schäden, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Der Auftrag an den Sachverständigen sei notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gewesen, weil eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Maßnahme ex ante als sachdienlich habe ansehen dürfen. Die Beklagte zu 2 habe aufgrund des Vortrags des Klägers berechtigte Zweifel an dem geschilderten Unfallablauf und an der Höhe des geltend gemachten Schadens gehabt und keine ausreichende Sachkenntnis besessen, um eine Verursachung der Schäden durch den Unfall auszuschließen. Es sei daher zweckmäßig gewesen , sich beraten zu lassen. Darauf, ob das Gutachten den Verdacht bestätigt habe, komme es nicht an. Entscheidend sei die objektive Erforderlichkeit und Eignung aus der Sicht der Partei, die hier anzunehmen seien. Zudem habe der Sachverständige festgestellt, dass jedenfalls ein Großteil der Schäden nicht durch den behaupteten Unfall verursacht worden sei.
7
2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
8
Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 575, 551 Abs. 2 Satz 5, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
9
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 153, 235 ff.; Beschlüsse vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - VersR 2006, 1236 f. und vom 4. März 2008 - VI ZB 72/06 - VersR 2008, 801 f.) können die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit ge- nügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird, sondern das Gutachten muss sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor der Rechtsstreit sich einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig.
10
Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dabei entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen.
11
b) Der erkennende Senat hat bisher die umstrittene Frage offen gelassen , ob für die Annahme der Prozessbezogenheit schon ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (vgl. OLG Frankfurt/Main OLGR 2000, 11 f.; OLG Hamburg MDR 1992, 194 f.), ob zusätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1988, 761 f.; JurBüro 1990, 1468, 1469; JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm OLGR 1994, 142 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rn. 59; ablehnend Mümmler JurBüro 1988, 762) oder ein langer zeitlicher Zwischenraum sogar ein Indiz für das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs (vgl. OLG München JurBüro 1992, 172 f.; OLG Koblenz VersR 2007, 1100, 1101) ist. Die Frage ist auch jetzt nicht zu entscheiden.
12
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats und der Oberlandesgerichte wird nämlich eine die Erstattungsfähigkeit auslösende Prozessbe- zogenheit trotz Fehlens eines engen zeitlichen Zusammenhangs in den Fällen bejaht, in denen sich der Verdacht eines Versicherungsbetrugs aufdrängt, weil sich der Versicherer dann von vornherein auf einen Deckungsprozess einstellen muss (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02 - VersR 2003, 481, 482; KG JurBüro 1989, 813; OLG Brandenburg VersR 2006, 287, 288; OLG Frankfurt VersR 1996, 122; OLG Karlsruhe VersR 2004, 931, 932; OLG Köln VersR 2004, 803; OLG Hamburg JurBüro 1989, 819 und JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm zfs 2003, 145; OLG Koblenz VersR 2004, 933 und JurBüro 2006, 543 f., sowie die oben genannten Stimmen in der Literatur; a.A. OLG Karlsruhe JurBüro 2005, 656). Sind ausreichende Anhaltspunkte für den Versuch eines Versicherungsbetrugs vorhanden, ist von Anfang an damit zu rechnen, dass es zum Prozess kommen wird, weil der Täter bei Ablehnung der Einstandspflicht versuchen wird, sein Ziel einer nicht gerechtfertigten Schadensregulierung auch durch einen Rechtsstreit zu erreichen. In einem solchen Fall ist das Privatgutachten - unabhängig von einer ausreichenden zeitlichen Nähe zum Rechtsstreit - regelmäßig als prozessbezogen anzusehen. Die Kosten hierfür sind daher im Rahmen der Bestimmungen auch dann erstattungsfähig , wenn ein Verlust von Beweismitteln nicht zu besorgen ist. Der Versicherer besitzt nämlich in der Regel selbst nicht die erforderliche Sachkenntnis, um eine Verursachung der Schäden durch eine Straftat mit hinreichender Überzeugungskraft und Sicherheit auszuschließen. Er kann deshalb billigerweise nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr ist es in einem solchen Fall zweckmäßig und prozessökonomisch , wenn die Partei sich sachkundig beraten lässt, ehe sie vorträgt.
13
Im hier zu entscheidenden Fall hat das eingeholte Gutachten den Versuch eines Versicherungsbetrugs bestätigt. Der Kläger hat nämlich auch Schadenspositionen als unfallbedingt abgerechnet, die durch den behaupteten Un- fallhergang nicht entstanden sein können. Der Kläger hat sich zwar gegen dieses Gutachten gewendet, es aber nicht mit Einwendungen im Einzelnen entkräftet , sondern "aus Kostengründen" die Klage zurückgenommen.
14
3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.07.2007 - 9 O 4343/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 18.02.2008 - 10 W 1061/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 24/08
vom
18. November 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags
ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben
waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz
von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können
(Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08).
BGH, Beschluss vom 18. November 2008 - VI ZB 24/08 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 14. März 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 3.641,47 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat die Beklagte zu 1 als Halterin, den Beklagten zu 2 als Fahrer und die Beklagte zu 3 als Haftpflichtversicherer eines Mietfahrzeuges aus einem Verkehrsunfall vom 31. Januar 2005 zunächst vorprozessual auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Da die Beklagte zu 3 aufgrund der Schadensmerkmale an den beteiligten Fahrzeugen und der Unfallschilderung den dringenden Verdacht hatte, dass das Ausmaß des Schadens dem behaupteten Unfallgeschehen nicht entspreche, gab sie im April 2005 ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten in Auftrag, das den Verdacht bestätigte. Daraufhin lehnte die Beklagte zu 3 den Ausgleich der angemeldeten Ersatzansprüche ab. Im August 2006 reichte der Kläger Klage ein, die, nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens mit ähnlichem Ergebnis (rechtskräftig) auf Kosten des Klägers abgewiesen wurde.
2
Dem Antrag der Beklagten, die durch die Einholung des vorprozessualen Sachverständigengutachtens entstandenen Kosten in Höhe von 4.089,52 € gegen den Kläger festzusetzen, hat die Rechtspflegerin des Landgerichts nicht entsprochen, sondern allein die Erstattung der gleichfalls angemeldeten Anwaltskosten angeordnet. Auf die Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts teilweise geändert und - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - auch die Kosten des Privatgutachtens (teilweise) in Höhe von 3.641,47 € festgesetzt. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts in vollem Umfang.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 104 Abs. 3, 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 575, 551 Abs. 2 Satz 5, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
4
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im Streitfall die Kosten für die Einholung des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
5
1. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei "die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren".
6
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 153, 235; Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - VersR 2006, 1236, 1237 f. und vom 4. März 2008 - VI ZB 72/06 - VersR 2008, 801) die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten grundsätzlich nur dann als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden können, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind. Dagegen sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig.
7
Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat dabei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen.
8
b) Der Senat (BGHZ 153, 235, 237 f.) hat dies für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbegehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht worden war. Bei einer konkreten Klageandrohung kann die Beauftragung eines Privatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Vielmehr liegt in einem solchen Fall auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststel- lung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte.
9
c) Mit Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - (VersR 2006, 1236) hat der Senat die Erstattungsfähigkeit auch in einem Fall bejaht, in dem das Sachverständigengutachten zwar schon vor Klageandrohung in Auftrag gegeben worden war, jedoch erst nach Klageandrohung erstellt wurde. Auch das kann zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit genügen. Es macht in der Regel keinen Unterschied, ob der Sachverständige das Gutachten aufgrund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrags erstellt oder aufgrund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrags. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutachtens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (vgl. Senat BGHZ 153, 235, 238), zumal die Kosten des Sachverständigengutachtens erst nach seiner Erstellung - und damit nach Klageandrohung - entstanden sind.
10
2. Der Senat hat bisher die umstrittene Frage offen gelassen, ob für die Annahme der Prozessbezogenheit schon ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (vgl. OLG Frankfurt/Main OLGR 2000, 11 f.; OLG Hamburg MDR 1992, 194 f.), ob zusätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1988, 761 f.; JurBüro 1990, 1468, 1469; JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm OLGR 1994, 142 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 91 Rn. 59; ablehnend Mümmler JurBüro 1988, 761 f.), oder ein langer zeitlicher Zwischenraum sogar ein Indiz für das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs (vgl. OLG München JurBüro 1992, 172 f.; OLG Koblenz VersR 2007, 1100, 1101) ist. Die Frage ist auch jetzt nicht zu entscheiden.
11
Nach der Rechtsprechung des Senats und der Oberlandesgerichte wird nämlich eine die Erstattungsfähigkeit auslösende Prozessbezogenheit trotz Fehlens eines engen zeitlichen Zusammenhangs in den Fällen bejaht, in denen sich der Verdacht eines Versicherungsbetrugs aufdrängt, weil sich der Versicherer dann von vornherein auf einen Deckungsprozess einstellen muss (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08 - z.V.b. und vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02 - VersR 2003, 481 f.; KG Berlin JurBüro 1989, 813; OLG Brandenburg VersR 2006, 287, 288; OLG Frankfurt VersR 1996, 122; OLG Karlsruhe VersR 2004, 931, 932; OLG Köln VersR 2004, 803; OLG Hamburg JurBüro 1989, 819 und JurBüro 1991, 1105, 1106; OLG Hamm zfs 2003, 145; OLG Koblenz VersR 2004, 933 und JurBüro 2006, 543 f., sowie die oben genannten Stimmen in der Literatur; a.A. OLG Karlsruhe JurBüro 2005, 656). Sind ausreichende Anhaltspunkte für den Versuch eines Versicherungsbetrugs vorhanden, ist von Anfang an damit zu rechnen, dass es zum Prozess kommt, weil der Täter bei Ablehnung der Einstandspflicht versuchen wird, sein Ziel einer nicht gerechtfertigten Schadensregulierung durch einen Rechtsstreit zu erreichen. In einem solchen Fall ist das Privatgutachten - unabhängig von einer ausreichenden zeitlichen Nähe zum Rechtsstreit - regelmäßig als prozessbezogen anzusehen. Die Kosten hierfür sind daher im Rahmen der Bestimmungen auch dann erstattungsfähig, wenn ein Verlust von Beweismitteln nicht zu besorgen ist. Der Versicherer besitzt nämlich in der Regel selbst nicht die erforderliche Sachkenntnis, um eine Verursachung der Schäden durch eine Straftat mit hinreichender Überzeugungskraft und Sicherheit auszuschließen. Er kann deshalb billigerweise nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr ist es in einem solchen Fall zweckmäßig und prozessökonomisch, wenn die Partei sich sachkundig beraten lässt, ehe sie vorträgt.
12
Im hier zu entscheidenden Fall hat das eingeholte Gutachten den hinreichenden Verdacht eines versuchten Versicherungsbetrugs bestätigt. Der Kläger hat nämlich auch Schadenspositionen als unfallbedingt abgerechnet, die durch den behaupteten Unfallhergang nicht entstanden sein können.
13
3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 16.01.2008 - 11 O 2819/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 14.03.2008 - 3 W 236/08 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)