Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 237/17
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
(im Anschluss an EuGH, Urteil vom 13. September 2017, Khir Amayry, C-60/16, EU:C:2017:675, Rn. 39; Modifizierung von Senat, Beschluss vom 6.April 2017 - V ZB 126/16, InfAuslR 2017, 290).
BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 - V ZB 237/17 - LG Landau AG Landau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juni 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf
beschlossen:
Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten in allen Instanzen selbst. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene, ein eritreischer Staatsangehöriger, reiste unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge richtete am 31. Oktober 2016 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-Verordnung an Italien. Hierauf reagierte Italien nicht. In der Folgezeit wurde der Asylantrag des Betroffenen als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet.
- 2
- Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 Haft bis zum 16. Januar 2018 zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen angeordnet. Auf seine Beschwerde hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag der beteiligten Behörde auf Anordnung von Sicherungshaft abgelehnt. Dagegen richtet sich die am 23. November 2017 bei dem Bundesgerichtshof eingegangene Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde. Nach der Abschiebung des Betroffenen am 21. Dezember 2017 nach Italien beantragt sie jetzt, nachdem sie zunächst die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Landgerichts beantragt hatte, dem Betroffenen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
II.
- 3
- Nach Ansicht des Beschwerdegerichts durfte Sicherungshaft nicht angeordnet werden, weil die Überstellung des Betroffenen in den zuständigen Mitgliedstaat nicht innerhalb der mit der Vollziehung der Haft beginnenden sechswöchigen Frist des Art. 28 Abs. 3 Dublin-III-VO durchführbar sei.
III.
- 4
- 1. Die Rechtsbeschwerde der Behörde ist zulässig. Sie ist nach § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft, weil sie sich gegen einen eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden Beschluss richtet. Die Rechtsbeschwerde der Behörde ist auch im Übrigen zulässig , insbesondere ist sie nicht dadurch unzulässig geworden, dass der Betroffene während des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach Italien abgeschoben wurde. Das schließt zwar eine Sachentscheidung über die Haftanordnung aus; mangels Feststellungsinteresses kann die beteiligte Behörde die Rechtsbeschwerde auch nicht mit einem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG aufrechterhalten. Sie kann das Rechtsmittel aber - wie hier geschehen - auf den Kostenpunkt beschränken und das Verfahren in diesem beschränkten Umfang fortführen (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 6 ff.).
- 5
- 2. Die Entscheidung über die Kosten ist gemäß § 83 Abs. 2 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen. Eine Entscheidung über die Kosten zugunsten des Rechtsbeschwerdeführers hat danach zu ergehen, wenn sein Rechtsmittel ohne die Erledigung der Hauptsache begründet gewesen wäre (Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2013 - V ZB 145/13, juris Rn. 5). Im vorliegenden Fall entspricht es billigem Ermessen , dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da offen ist, wie das Verfahren ohne das erledigende Ereignis ausgegangen wäre.
- 6
- a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts, das sich auf die Entscheidung des Senats vom 6. April 2017 (V ZB 126/16, InfAuslR 2017, 290) stützt, stand Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 der Dublin-III-Verordnung der Anordnung von Haft nicht entgegen. Nach dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. September 2017 (Khir Amayry, C-60/16, EU:C:2017:675, Rn. 39) gilt die in dieser Vorschrift vorgesehene Höchstfrist von sechs Wochen, innerhalb deren die Überstellung einer in Haft genommenen Person erfolgen muss, nur in dem Fall, dass sich diese bereits in Haft befindet, wenn eines der beiden in dieser Bestimmung angeführten Ereignisse (Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs oder das Ende der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer solchen Entscheidung) eintritt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2017 - V ZB 81/17, juris Rn. 3). Hier wurde die Haft aber erst nach der (gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO fingierten) Annahme des Wiederaufnahmegesuchs angeordnet. Daher findet die SechsWochen -Frist des Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 Dublin-III-Verordnung keine Anwendung.
- 7
- b) Daraus dass das Beschwerdegericht zu Unrecht annimmt, dass Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 der Dublin-III-Verordnung der Haftanordnung entgegenstand , folgt jedoch lediglich, dass es aus diesem Grund die Haftanordnung nicht hätte aufheben dürfen. Ob die von dem Betroffenen mit der Beschwerde vorgebrachten weiteren Einwendungen eine Aufhebung der Haftanordnung gerechtfertigt hätten, ist dagegen offen, weil sich das Beschwerdegericht hiermit - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht befasst hat. Diese von dem Beschwerdegericht als Tatsacheninstanz (Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 127/12, FGPrax 2014, 39 Rn. 8) vorzunehmende Prüfung kann von dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht nachgeholt werden. Eine Zurückverweisung an das Beschwerdegericht kommt nicht in Betracht, da nur noch über die Kosten zu entscheiden ist.
- 8
- 3. Hat sich die Hauptsache erledigt, muss im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Entscheidung über die Gerichtskosten für alle Rechtszüge ergehen, selbst wenn und soweit sie nur klarstellende Bedeutung hat (Senat, Beschluss vom 7. November 2013 - V ZB 111/12, juris Rn. 5). Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG werden Gerichtskosten in allen Instanzen nicht erhoben.
- 9
- 4. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
Vorinstanzen:
AG Landau in der Pfalz, Entscheidung vom 17.10.2017 - 2 XIV 56/17 B -
LG Landau, Entscheidung vom 03.11.2017 - 3 T 145/17 -
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene ist algerischer Staatsangehöriger. Seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 30. September 2015 wegen eines bereits in Bulgarien gestellten Asylantrags als unzulässig ab. Zugleich ordnete es die Abschiebung des Betroffenen nach Bulgarien an. Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht am 17. Juni 2016 die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung des Betroffenen nach Bulgarien längstens bis zum 15. Juli 2016 an.
- 2
- Nachdem eine für den 14. Juli 2016 angeordnete Rückführung des Betroffenen nach Bulgarien gescheitert war, hat das Amtsgericht auf weiteren Antrag der beteiligten Behörde durch Beschluss vom 15. Juli 2016 die Sicherungshaft bis zum 9. September 2016 verlängert. Durch Beschluss vom 1. August 2016 hat es den Haftzeitraum verkürzt auf den 18. August 2016. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. Juli 2016 hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er nach der am 18. August 2016 erfolgten Rücküberstellung nach Bulgarien die Feststellung beantragt, dass ihn die Haftverlängerung in seinen Rechten verletzt hat.
II.
- 3
- Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Verlängerung der Sicherungshaft lägen vor. Der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig , da das von ihm angestrebte Asylverfahren mit unanfechtbarem Bescheid vom 30. September 2015 abgelehnt worden sei. Es liege ein Haftgrund im Sinne der Dublin-III-Verordnung vor, und die Sechswochenfrist des Art. 28 Abs. 3 Dublin-III-Verordnung sei gewahrt. Der Betroffene habe die Abschiebung vom 14. Juli 2016 durch sein Verhalten vereitelt, so dass ein neuer Sachverhalt vorliege, auf dessen Grundlage die Verlängerung der Abschiebungshaft angeordnet worden sei und die Sechswochenfrist erneut zu laufen begonnen habe. Er habe gegenüber dem Flugkapitän ausdrücklich erklärt, nicht freiwillig nach Bulgarien fliegen zu wollen. Deshalb habe der Flugkapitän die Mitnahme des Betroffenen verweigert.
III.
- 4
- Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
- 5
- 1. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die durch die Haftverlängerung vom 15. Juli 2016 in Verbindung mit dem Änderungsbeschluss vom 1. August 2016 bis einschließlich zum 18. August 2016 angeordnete Haft wahre die Frist gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Dublin-III-Verordnung, weist im Ergebnis keinen Rechtsfehler auf.
- 6
- a) Befindet sich eine Person - so wie der Betroffene - nach Art. 28 der Dublin-III-Verordnung in Haft, erfolgt gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Verordnung die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-IIIVerordnung keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Findet eine Überstellung innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 nicht statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten (Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 4 der Dublin-III-Verordnung).
- 7
- b) Das Beschwerdegericht hat keine Feststellungen zu dem Zeitpunkt der ausdrücklichen oder stillschweigenden Annahme des Aufnahmegesuchs durch den Aufnahmestaat Bulgarien getroffen. Dies begründet entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde aber keinen Verfahrensfehler, weil es auf diesen Zeitpunkt nicht ankommt. Die Sechswochenfrist beginnt nicht vor Vollziehung der Haft zu laufen.
- 8
- aa) Art. 28 Abs. 3 Dublin-III-Verordnung verkürzt die sonst üblichen Fristen im Dublin-III-Verfahren. Während das Wiederaufnahmeersuchen im Regelfall binnen drei Monaten - bei einem Eurodac-Treffer binnen zwei Monaten - gestellt werden muss (Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung), reduziert sich die Frist im Falle der Haft auf einen Monat. Die Antwort des ersuchten Mitgliedstaates muss bei einem Wiederaufnahmeverfahren im Regelfall binnen eines Monats - bei einem Euordac-Treffer binnen zwei Wochen - eingegangen sein (Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung). Im Falle der Haft reduziert sich die Frist generell auf zwei Wochen. Die Überstellungsfrist verringert sich von der allgemeinen Sechsmonatsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung) auf sechs Wochen. Diese Fristverkürzungen verfolgen den Zweck, die Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit des Betroffenen möglichst gering zu halten. Gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Dublin-III-Verordnung hat die Haft so kurz wie möglich und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß der Verordnung durchgeführt wird.
- 9
- bb) Liegt im Zeitpunkt des Haftbeginns die Annahme des Aufnahmebzw. Wiederaufnahmegesuchs durch den ersuchten Mitgliedstaat bereits vor, führt dies nicht zu einer (weiteren) Verkürzung der in Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 und 4 Dublin-III-Verordnung bestimmten Sechswochenfrist oder sogar zu einer Unzulässigkeit der Haft, wenn die Annahme des Wiederaufnahmegesuchs bereits länger als sechs Wochen zurückliegt. Eine Inhaftnahme setzt das Vorliegen eines Haftgrundes in Gestalt einer erheblichen Fluchtgefahr voraus (Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung). Fehlt es im Zeitpunkt der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs an den Voraussetzungen der Fluchtgefahr, wäre es sinnwidrig, die (nur) für den Fall der Inhaftierung vorgesehene Sechswochenfrist bereits in Lauf zu setzen. Die Verkürzung der sonst geltenden Überstellungsfrist kommt nur dann zum Tragen, wenn sich der Betroffene bereits in Haft befindet.
- 10
- c) Da der Betroffene am 17. Juni 2016 in Haft genommen wurde und frühestens zu diesem Zeitpunkt die Frist von sechs Wochen zu laufen begann, wurde sie durch die erste, auf den 15. Juli 2016 befristete Haftanordnung gewahrt. Entsprechendes gilt für den Haftverlängerungsbeschluss vom 15. Juli 2016, durch den die Haft bis zum 18. August 2016 und damit nicht länger als sechs Wochen angeordnet worden ist. Dass die Haft insgesamt länger als sechs Wochen dauerte, macht sie nicht rechtswidrig, weil der Betroffene die Zurückführung nach Bulgarien innerhalb des zunächst angeordneten Zeitraums durch sein eigenes Verhalten am 14. Juli 2016 praktisch undurchführbar gemacht und damit eine neue Frist von sechs Wochen in Lauf gesetzt hat.
- 11
- aa) Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Dublin-III-Verordnung setzt bei der Begrenzung der Haft auf sechs Wochen voraus, dass innerhalb dieses Zeitraums eine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat praktisch durchführbar ist. Andernfalls darf die Haft schon gar nicht angeordnet werden, da sie ausschließlich der Sicherstellung des Überstellungsverfahrens im Falle einer erheblichen Fluchtgefahr dient (Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung). Praktisch durchführbar ist die Überstellung, wenn die Behörde alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen schaffen kann, insbesondere zu erwarten ist, dass die benötigten Papiere besorgt und die Rückflüge in den zuständigen Mitgliedstaat gebucht werden können.
- 12
- bb) Steht bei Haftbeginn fest, dass die Überstellung spätestens innerhalb von sechs Wochen erfolgen kann, scheitert ihre praktische Durchführbarkeit aber aus Gründen, die die zu überstellende Person zu vertreten hat, wird eine erneute Sechswochenfrist in Lauf gesetzt. Andernfalls hätte der Betroffene es in der Hand, die Rückführung zu vereiteln, obwohl die für die Inhaftierung erforderliche Fluchtgefahr weiter besteht und die Haft gerade verhindern soll, dass sich der Betroffene dem Überstellungsverfahren entzieht (Art. 28 Abs. 2, Art. 2 Buchst. n Dublin-III-Verordnung). Durch die Begrenzung der zulässigen Haftdauer soll erreicht werden, dass die zuständige Behörde den Betroffenen nach der Inhaftierung so schnell wie möglich in den für die Entscheidung über den Schutzantrag zuständigen Mitgliedstaat zurückführt. Hat die Behörde insoweit alles Erforderliche veranlasst, ist die Rückführung aber aus von dem Betroffenen zu vertretenden Gründen nicht möglich, ist er nicht schutzbedürftig, sondern muss es hinnehmen, dass sich die Haftdauer verlängert.
- 13
- cc) So liegt der Fall hier. Dass der Betroffene nicht innerhalb sechs Wochen nach seiner Inhaftierung am 17. Juni 2016 nach Bulgarien zurückgeführt werden konnte, lag nach den rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Beschwerdegerichts ausschließlich an seinem Verhalten gegenüber dem Flugkapitän während des Rückführungsversuchs am 14. Juli 2016. Dies begründete nicht nur einen Haftgrund gemäß Art. 28 Abs. 2, Art. 2 Buchst. n Dublin-III-Verordnung i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 5 und Abs. 15 Satz 1 AufenthG (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Mai 2016 - V ZB 27/16, juris Rn. 5, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - V ZB 13/16 Rn. 5), sondern setzte zugleich eine erneute Überstellungsfrist von sechs Wochen in Gang. Diese ist gewahrt worden.
- 14
- d) Der Senat ist nicht verpflichtet, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV vorzulegen, da die zitierten Vorschriften der Verordnung klar und eindeutig sind. Bei solchen Vorschriften besteht eine unionsrechtliche Pflicht zur Vorlage nicht (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415 Rn. 16).
- 15
- 2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
Vorinstanzen:
AG Meschede, Entscheidung vom 15.07.2016 - 4 XIV (B) 19/16 -
LG Arnsberg, Entscheidung vom 16.08.2016 - I-5 T 16/16 -
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.