Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 43 u. 44/18
vom
5. Oktober 2018
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:051018BSTB43.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 5. Oktober 2018 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen :
1. Die Beschwerden des Beschuldigten gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 6. Juli 2018 und dessen Beschluss über die Anordnung der Beschlagnahme vom 13. August 2018 werden verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

I.

1
Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschuldigten, einen iranischen Staatsangehörigen, der seit 2014 als dritter Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in akkreditiert ist, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit und anderer Straftaten.
2
Auf Antrag des Generalbundesanwalts hatte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 6. Juli 2018 Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen (1 BGs 252/18 VS-NfD), aufgrund dessen sich dieser seit dem 9. Juli 2018 in Untersuchungshaft befand.
3
Gegenstand des - mittlerweile mit Beschluss des Ermittlungsrichters vom 4. Oktober 2018 aufgehobenen - Haftbefehls war der Vorwurf, der Beschuldigte habe seit August 2015 in München, Mailand, Venedig, Salzburg, Wien, Luxem- burg-Stadt und an anderen bislang unbekannten Orten - teilweise unter Beteiligung der in Belgien gesondert Verfolgten S. und N. sowie weiterer bisher nicht bekannter Personen - durch dieselbe Handlung – für den Geheimdienst einer fremden Macht ("MOIS") eine geheimdienst- liche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen oder Erkenntnissen gerichtet gewesen sei, – sich mit anderen dazu verabredet, eine noch unbestimmte Anzahl von Menschen heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln zu töten, – eine Straftatgegen das Leben vorbereitet, die nach den Umständen bestimmt und geeignet gewesen sei, die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen , indem er anderen eine Sprengstoffvorrichtung überlassen habe , – sich mit anderen dazu verabredet, eine Sprengstoffexplosion herbeizu- führen, durch die eine Gesundheitsschädigung einer großen Anzahl von Menschen und der Tod anderer Menschen habe eintreten sollen, und – ein Explosionsverbrechen durch das Überlassen von Sprengstoff und ei- ner zur Tat erforderlichen besonderen Vorrichtung vorbereitet, strafbar gemäß § 89a Abs. 1, 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 Nr. 1, §§ 211, 308 Abs. 1, 2, 3, § 310 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2, §§ 30, 52 StGB, § 1 Abs. 1 Nr. 4 NATO-Truppen-Schutzgesetz (BGBl. 2008 I, S. 491 ff.; im Folgenden: NTSG).
4
Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs darüber hinaus mit Beschluss vom 13. August 2018 gegen den Beschuldigten die Beschlagnahme diverser - dort im Einzelnen bezeichneter - elektronischer Geräte einschließlich Zubehör, insbesondere Datenträger und -speicher, angeordnet (1 BGs 316/18 VS-NfD), die bei Durchsuchungsmaßnahmen anlässlich seiner verkehrspolizeilichen Kontrolle am 1. Juli 2018 sichergestellt worden sind. Die Beschlagnahmeanordnung ist auf denselben Tatvorwurf gestützt.
5
Die belgischen Justizbehörden betreiben mittels Europäischen Haftbefehls wegen der nämlichen Tat die Auslieferung des Beschuldigten, die das Oberlandesgericht Bamberg mit Beschluss vom 27. September 2018 für zulässig erklärt hat.
6
Mit Schriftsatz eines seiner Verteidiger vom 28. August 2018 hat der Beschuldigte jeweils Beschwerde gegen den Haftbefehl und den Beschlagnahmebeschluss eingelegt. Er hat die Aufhebung der beiden Entscheidungen begehrt und insbesondere geltend gemacht, die Maßnahmen seien rechtswidrig, weil der Beschuldigte gemäß Art. 40 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (BGBl. 1964 II, S. 958 ff.; fortan: WÜD) diplomatische Immunität genieße.
7
Mit Beschlüssen vom 29. August 2018 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Beschwerden nicht abgeholfen.
8
Nach Aufhebung des Haftbefehls hat der Verteidiger am 5. Oktober 2018 für den Beschwerdeführer erklärt, dieser begehre die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Untersuchungshaft.

II.

9
1. Die Beschwerden sind statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 304 Abs. 5, § 306 Abs. 1 StPO).
10
Der Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Haftbefehl steht nicht entgegen , dass dieser mittlerweile aufgehoben worden ist. Zwar kann der Wegfall einer angefochtenen Maßnahme mangels gegenwärtiger Beschwer zur Unstatthaftigkeit der dagegen erhobenen Beschwerde führen (sog. prozessuale Überholung ). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 31. Oktober 2005 - 2 BvR 2233/04, StraFo 2006, 20; vom 24. August 2017 - 2 BvR 77/16, NStZ-RR 2017, 379, 380 mwN; ferner Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99 u.a., BVerfGE 104, 220, 235 f.; vom 8. April 2004 - 2 BvR 1811/03, NStZ-RR 2004, 252, 253; vom 9. September 2005 - 2 BvR 431/02, NJW 2006, 40 f.; s. auch BGH, Beschluss vom 30. März 2017 - StB 7/17, NStZ 2017, 418, 419) besteht jedoch unter dem Gesichtspunkt eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses ein Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn sich die Beschwerde gegen einen Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschuldigten richtet, soweit der Beschwerdeführer - wie hier - die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nicht anderweitig mit einem ordentlichen Rechtsmittel überprüfen lassen kann (s. hierzu BGH, Beschluss vom 4. Januar 2013 - StB 10/12 u.a., juris Rn. 4). Die Beschwerde darf in solchen Fällen weder wegen prozessualer Überholung gegen den Willen des Beschwerdeführers für erledigt erklärt noch aus diesem Grund als unzulässig verworfen werden (s. zu diesen beiden Entscheidungsmöglichkeiten BeckOK StPO/Cirener, § 296 Rn. 11). Vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich weggefallenen Maßnahme zu prüfen und gegebenenfalls deren Rechtswidrigkeit festzustellen.
11
2. Die Beschwerden bleiben in der Sache ohne Erfolg.
12
a) Das Verfahrenshindernis der diplomatischen Immunität besteht nicht. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt es sich nicht aus Art. 40 Abs. 1 WÜD.
13
aa) Der vom Beschuldigten gemietete Pkw, besetzt mit ihm, seiner Ehefrau und seinen beiden Söhnen, ist am 1. Juli 2018 gegen 13.00 Uhr auf der Rastanlage Spessart Süd der Autobahn A3 einer verkehrspolizeilichen Kontrolle unterzogen worden. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen hatten der Beschuldigte und seine Familie zuvor in verschiedenen Hotels in Deutschland und Belgien übernachtet und entlang der Fahrtstrecke Touristenattraktionen besucht. Für die folgende Nacht auf den 2. Juli 2018 hatte er eine Übernachtung in einem Hotel in Regensburg reserviert. Bei seiner Vernehmung am 1. Juli 2018 hat er angegeben, eine Ferienreise zu unternehmen. Schriftsätzlich hat der Beschuldigte am 28. August 2018 vortragen lassen, der "Zwischenaufenthalt" in Regensburg sei "nur höchst vorsorglich vorgesehen" gewesen; er habe sich jedenfalls zum Zeitpunkt der Kontrolle "im Sinne von Art. 40 Abs. 1 WÜD unmittelbar im Transit zurück zu seinem Posten" in befunden. Die iranische Botschaft in hat unter dem 28. August 2018 schriftlich bestätigt, der Beschuldigte habe am 2. Juli 2018 gegen 8 Uhr seinen Dienst antreten müssen.
14
bb) Selbst auf der Grundlage dieser Erklärungen des Beschuldigten und der Botschaft besteht für ihn keine diplomatische Immunität nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 WÜD.
15
(1) Es gilt:
16
Diplomatische Immunität wirkt nach Völkergewohnheitsrecht nicht in allen Staaten (erga omnes), sondern allein in dem Empfangsstaat, also dem Staat, in dem die diplomatische Mission des Entsendestaats errichtet ist, zu der der Diplomat gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1997 - 2 BvR 1516/96, BVerfGE 96, 68, 87 f.; Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, Band I, 2007, S. 597). In Art. 40 WÜD sind völkervertragsrechtlich zugunsten von Personen mit Immunität Ausnahmen zu diesem Grundsatz geregelt, indem unter bestimmten Voraussetzungen der Schutz auf Drittstaaten ausgedehnt wird (vgl. BVerfG aaO, S. 88). Die Auslegung und Anwendung dieser über das Völkergewohnheitsrecht hinausgehenden - aufgrund Zustimmungsgesetzes vom 6. August 1964 (BGBl. I, S. 957) als einfaches Bundesrecht geltenden - Ausnahmevorschriften obliegt originär dem Senat als Fachgericht; denn es sind keine zugunsten des Beschuldigten wirkenden allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu beurteilen, aufgrund derer gemäß Art. 100 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung berufen sein könnte (s. hierzu BVerfG aaO, S. 79 f. mwN).
17
Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 WÜD genießt ein Diplomat auch in einem Drittstaat Immunität, wenn er ihn durchreist, um "sein Amt anzutreten oder um auf seinen Posten oder in seinen Heimatstaat zurückzukehren", oder wenn er sich zu einem dieser Zwecke bereits in dem Drittstaat befindet (vgl. Seidenberger , Die diplomatischen und konsularischen Immunitäten und Privilegien, 1994, S. 124). Dass die Regelung in der zweiten Alternative ("sich befindet") nicht an jeden beliebigen Aufenthalt im Drittstaat anknüpft, sondern nur an einen solchen , der dazu dient, das Amt anzutreten oder auf den Posten oder in den Entsendestaat zurückzukehren, ergibt sich deutlicher aus der englischen und französischen Fassung der Norm (s. BGBl. 1964 II, S. 986).
18
Art. 40 Abs. 1 Satz 1 WÜD schützt somit lediglich die Durchreisedurch das Hoheitsgebiet des Drittstaats zu einem der benannten Zwecke. Umfasst sind die erste Anreise zur Aufnahme der dienstlichen Tätigkeit im Empfangsstaat , die Reisen während der Zeit der Beschäftigung sowie die endgültige Abreise nach Dienstbeendigung. Dies gilt jedoch nur für Reisen vom Entsende- in den Empfangsstaat und umgekehrt. Geschützt sind nur Reisen durch einen Drittstaat, deren Zweck ausschließlich der Transit mit dem Ziel ist, den Empfangs - oder Entsendestaat zu erreichen (vgl. Kreicker, Völkerrechtliche Exem- tionen, Band I, 2007, S. 609; ferner SK-StPO/Frister, 5. Aufl., § 18 GVG Rn. 9). Nach allgemeiner Meinung fällt ein privater Urlaub in einem Drittstaat nicht darunter (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 1983 - XII-10/83, EuGRZ 1983, 440, 447; Denza, Diplomatic Law - Commentary on the Vienna Convention on Diplomatic Relations, 4. Aufl. [2016], S. 371 ff.; Kreicker aaO; Richtsteig, Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen, 2. Aufl. [2010], Art. 40 WÜD Nr. 2; Seidenberger, Die diplomatischen und konsularischen Immunitäten und Privilegien, 1994, S. 124). Bei einem Aufenthalt in einem Drittstaat zu touristischen Zwecken kann die geplante Ausreise in den Empfangsstaat demnach keinen diplomatischen Schutz begründen.
19
Es entspricht dem Zweck des Art. 40 WÜD, seine Anwendung auf dasjenige zu beschränken, was notwendig ist, um einen ungestörten diplomatischen Verkehr zwischen dem Entsende- und dem Empfangsstaat zu ermöglichen. Private Urlaubsreisen des Diplomaten in das Hoheitsgebiet eines anderen Staats zählen hierzu nicht. Der Drittstaat hat der Tätigkeit des Diplomaten, der dort keinerlei Aufgaben zu erfüllen hat, nicht zugestimmt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1997 - 2 BvR 1516/96, BVerfGE 96, 68, 87); für diesen Staat besteht keine Möglichkeit, eine Beendigung der dienstlichen Tätigkeit durch eine Erklärung zur persona non grata nach Art. 9 WÜD zu erzwingen, weil die Vorschrift ausdrücklich nur den Empfangsstaat berechtigt (vgl. Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, Band I, 2007, S. 596).
20
Dem Beschwerdeführer ist nicht darin zu folgen, dass diesem Verständnis des Art. 40 Abs. 1 Satz 1 WÜD das vom Auswärtigen Amt verfasste Rundschreiben vom 15. September 2015 ("Zur Behandlung von Diplomaten und anderen bevorrechtigten Personen in der Bundesrepublik Deutschland") entgegensteht , mit dem die einschlägigen internationalen und nationalen Regeln zusammengefasst sowie Anwendungshilfen bekanntgemacht worden sind (vgl.
hierzu SK-StPO/Frister, 5. Aufl., Vor §§ 18-21 GVG Rn. 11). Es bindet die Gerichte im Hinblick auf Rechtsfragen ohnehin nicht (vgl. SK-StPO/Frister aaO, Rn. 43; zur Bedeutung von Äußerungen des Auswärtigen Amts zu tatsächlichen Fragen diplomatischer Tätigkeit s. OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. November 1982 - 4 Ss 106/82, Die Justiz 1983, 133, 134; MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 18 GVG Rn. 7a). Darüber hinaus bestätigt das Rundschreiben, wie das Auswärtige Amt selbst in seiner Stellungnahme für das Auslieferungsverfahren vom 4. Juli 2018 zum Ausdruck gebracht hat, gerade die hier dargelegte Auslegung: Nach Teil 1 B. 2.6 Abs. 1 Satz 2 des Rundschreibens gelten zugunsten des Diplomaten die "für seine sichere Durchreise oder Rückkehr erforderlichen Vorrechte und Befreiungen" auch dann, "wenn er in den Heimaturlaub fährt oder aus dem Urlaub an seine Dienststelle zurückkehrt". Mit der Rückkehr "aus dem Urlaub" ist die Rückkehr aus dem Urlaub im Entsendestaat gemeint; das ergibt sich insbesondere daraus, dass das Rundschreiben dem Wort "Heimaturlaub" folgend den bestimmten Artikel "dem" anstatt den unbestimmten Artikel "einem" verwendet, der sich damit - im Sinne von "diesem" - auf Heimaturlaub bezieht (s. auch Richtsteig, Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen, 2. Aufl., Art. 40 WÜD Nr. 3. b)). Zudem stellt Teil 1 B. 2.6 Abs. 2 Satz 4 des Rundschreibens klar, dass ein "mehrtägiger Aufenthalt, etwa zu touristischen Zwecken ..., ... nicht als Transit im Sinne von Artikel 40 WÜD anerkannt werden" kann.
21
Der vom Beschwerdeführer mit Verteidigerschriftsatz vom 15. September 2018 vorgelegten Kurzzusammenfassung der "Entscheidung eines Gerichts in Großbritannien" lässt sich schon deshalb nichts entnehmen, was seine abweichende Auffassung stützen könnte, weil das betreffende Erkenntnis - soweit ersichtlich - nicht zu Art. 40 WÜD, vielmehr zum "Diplomatic Privileges Act 1964 (c. 81)" ergangen ist.
22
(2) Danach sind hier die Voraussetzungen des Art. 40 Abs. 1 Satz 1 WÜD nicht gegeben. Eine von dieser Vorschrift erfasste Durchreise zwischen dem Entsendestaat, der Islamischen Republik Iran, und dem Empfangsstaat, der , liegt nicht vor. Vielmehr trat der Beschuldigte von aus eine nicht privilegierte private Urlaubsreise in weitere mitteleuropäische Staaten an, die ihn wieder dorthin zurückführen sollte.
23
b) Die Voraussetzungen für die Anordnung und den weiteren Vollzug des Haftbefehls vom 6. Juli 2018 lagen bis zu dessen Aufhebung am 4. Oktober 2018 vor.
24
aa) Der Beschuldigte war jedenfalls der geheimdienstlichen Agententätigkeit in Tateinheit mit Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und mit Vorbereitung eines Explosionsverbrechens dringend verdächtig. Dies trug die Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft. Deshalb kann offenbleiben, ob nach dem Stand der Ermittlungen auch ein dringender Tatverdacht für - ebenfalls tateinheitlich begangene - Straftaten gemäß §§ 211, 30 Abs. 2 StGB, gemäß § 89a Abs. 1, 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 StGB und gemäß § 308 Abs. 2, 3, § 30 Abs. 2 StGB bestand.
25
(1) Nach dem sich aus den Sachakten ergebenden Ermittlungsstand war im Sinne eines dringenden Tatverdachts jedenfalls von folgendem Sachverhalt auszugehen:
26
Der Beschuldigte war für den iranischen Nachrichtendienst "MOIS" (Ministry of Intelligence and Security) tätig und an Ausspähaktivitäten und Anschlagsplanungen zum Nachteil der iranischen Oppositionsgruppen "MEK" (Volksmodjahedin Iran-Organisation) und "NWRI" (Nationaler Widerstandsrat Iran) sowie deren Mitglieder in Deutschland, Belgien, Frankreich und Italien beteiligt.
27
Unter anderem führte er im Auftrag des MOIS unter dem Decknamen "Daniël" die beiden Quellen S. und N. . Die in Antwerpen wohnhaften Eheleute haben die belgische Staatsangehörigkeit und sind iranischer Herkunft sowie Anhänger der MEK. Der Beschuldigte als ihr Führungsoffizier wies S. und N. an, Informationen über Aktivitäten der MEK sowie deren Mitglieder und Anhänger in Europa zu sammeln und an ihn weiterzugeben. Zu diesem Zweck traf er das Ehepaar im August 2015 persönlich erstmals in einem Hotel in München sowie nachfolgend alle drei bis vier Monate in Mailand, Venedig , Salzburg, Wien und Teheran zu mehreren Führungstreffen. Der Beschuldigte übergab seinen beiden Quellen bei den Treffen als Gegenleistung für deren Tätigkeit jeweils Bargeld in Höhe von 3.500 bis 4.000 €, insgesamt 35.000 €.
28
Im Zusammenhang mit einem Führungstreffen in Salzburg Ende März 2018 forderte der Beschuldigte S. und N. auf, sich zusammen mit anderen bisher nicht bekannten Personen an einem Sprengstoffanschlag am 30. Juni 2018 in Villepinte (Frankreich) auf die jährliche "Große Versammlung" der MEK und des NWRI zu beteiligen, wozu sich beide bereiterklärten. Am 28. Juni 2018 übergab der Beschuldigte S. und N. anlässlich eines Treffens in Luxemburg-Stadt, verpackt in einem Kulturbeutel, 500 Gramm des Sprengstoffs Triacetontriperoxid (TATP) sowie eine Zündvorrichtung mit Fernbedienung. Der von dem Beschuldigten erteilte Auftrag an die Eheleute war darauf gerichtet, die Sprengvorrichtung in einer gewissen räumlichen Nähe zur Veranstaltungshalle zu platzieren und per Fernbedienung zu zünden. Den Sprengstoff hatte der Beschuldigte - zum Zweck der Tarnung gemeinsam mit seiner Ehefrau und den beiden Söhnen - in einem gemieteten Pkw mit deutschem Kennzeichen von kommend durch die Bundesrepublik Deutschland zum Ort der Übergabe nach Luxemburg-Stadt transportiert. Nach der Übergabe hielt der Beschuldigte durch den Austausch von SMS unter Verwen- dung von Code-Begriffen weiterhin Kontakt zu S. und N. . Zu diesem Zweck hatte er ihnen bei dem Treffen in Luxemburg ein neues Mobiltelefon mit einer österreichischen SIM-Karte übergeben. Er hatte mit den beiden von ihm geführten Quellen vereinbart, dass diese ihn am Anschlagstag per SMS um 17.30 Uhr über den Anschlag informieren. Für den Folgetag, den 1. Juli 2018, war auf Weisung des Beschuldigten im Fall eines geglückten Anschlags ein gemeinsames persönliches Treffen in Köln vorgesehen.
29
Belgische Sicherheitsbehörden nahmen am 30. Juni 2018 in Brüssel die auf dem Weg nach Frankreich begriffenen S. und N. fest und stellten die Sprengvorrichtung sicher, wobei ein Teil der Substanz bei Berührung explodierte. Auf diese Weise wurde der geplante Anschlag vereitelt.
30
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten, insbesondere zum iranischen Nachrichtendienst MOIS, wird auf den aufgehobenen Haftbefehl verwiesen.
31
(2) Die den dringenden Tatverdacht begründenden Tatsachen ergeben sich aus den bisher übersandten Erkenntnissen der belgischen Ermittlungsbehörden , insbesondere den Vernehmungen der dortigen Beschuldigten S. und N. vom 30. Juni 2018, den polizeilichen Feststellungen im Zusammenhang mit der Verkehrskontrolle des Beschuldigten am 1. Juli 2018 sowie den Ermittlungen zu dessen Aufenthaltsorten im Zeitraum zwischen dem 27. Juni und dem 1. Juli 2018. Auf die Vernehmungsprotokolle betreffend S. und N. , den Europäischen Haftbefehl des Gerichts erster Instanz in Antwerpen vom 30. Juni 2018, das Schreiben des Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamts in Belgien vom 3. Juli 2018, den polizeilichen Ermittlungsbericht der Kriminalpolizeiinspektion Unterfranken vom 2. Juli 2018 und das von dieser erstellte Bewegungsprofil zum Beschuldigten wird Bezug genommen.
32
Zutreffend hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die gesondert Verfolgten S. und N. ausgesagt haben, sie seien davon ausgegangen, dass durch die geplante Sprengstoffexplosion die Versammlung in Villepinte nur gestört werde, indes keine Menschen verletzt bzw. gefährdet würden. Nach Aktenlage sind derzeit keine ausreichenden Erkenntnisse vorhanden , die belegen, dass S. und/oder N. sowie der Beschuldigte mit großer Wahrscheinlichkeit einen Tötungs- oder Gesundheitsschädigungsvorsatz hatten. Allerdings kommt es für die Haftfrage hierauf nicht an. Der in dem aufgehobenen Haftbefehl geschilderte Sachverhalt enthält ohnehin keine Angaben zu einem solchen Vorsatz.
33
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang den Wert der Aussagen der gesondert Verfolgten generell in Zweifel zieht, ist darauf hinzuweisen, dass noch weitere Erkenntnisse für eine Täterschaft des Beschuldigten sprechen und im hiesigen Beschwerdeverfahren eine individuelle Glaubhaftigkeitsanalyse weder rechtlich geboten noch tatsächlich möglich ist.
34
(3) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass der Beschuldigte jedenfalls dringend verdächtig war, sich wegen Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1, § 30 Abs. 2 StGB) in Tateinheit mit Vorbereitung eines Explosionsverbrechens (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und mit geheimdienstlicher Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 NTSG) strafbar gemacht zu haben. Hinsichtlich der Auslegung des Straftatbestands des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB, insbesondere des Merkmals "gegen die Bundesrepublik Deutschland", das durch § 1 Abs. 1 Nr. 4 NTSG auf nichtdeutsche Vertragsstaaten der NATO mit in Deutschland stationierten Truppen (hier Belgien, Frankreich, Italien) erweitert wird, nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in dem aufgehobenen Haftbefehl (zu den Konkurrenzen s. Fischer , StGB, 65. Aufl., § 99 Rn. 17 mwN). Die Anwendbarkeit deutschen Straf- rechts folgt für die Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und die Vorbereitung eines Explosionsverbrechens aus § 6 Nr. 2 StGB sowie für die geheimdienstliche Agententätigkeit aus § 5 Nr. 4 StGB und - da der Beschuldigte insoweit einen Teil der tatbestandlichen Handlungen im Inland vornahm - aus §§ 3, 9 Abs. 1 StGB.
35
Der Senat lässt es - wie dargelegt - dahinstehen, inwieweit ein dringender Tatverdacht auch hinsichtlich der Verabredung zum Mord (§§ 211, 30 Abs. 2 StGB), hinsichtlich der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1, 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 StGB) sowie hinsichtlich der Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion unter Gesundheitsschädigung einer großen Anzahl von Menschen und unter Verursachung des Todes eines anderen (§ 308 Abs. 2, 3, § 30 Abs. 2 StGB) gegeben war. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich einer Verabredung zum Mord überhaupt deutsches Strafrecht anwendbar wäre.
36
bb) Es bestand jedenfalls der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO).
37
Der Beschuldigte hatte im Fall seiner Verurteilung allein wegen der vom Senat als tragend erachteten Delikte mit einer empfindlichen Haftstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden erheblichen Fluchtanreiz standen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände entgegen. Der Beschuldigte ist iranischer Staatsangehöriger und dritter Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in . Bei seiner Festnahme hielt er sich nur vorübergehend im Bundesgebiet auf. Familiäre, soziale oder wirtschaftliche Bindungen an Deutschland hat er nicht. Vielmehr ist er - mit großer Wahrscheinlichkeit - als Führungsoffizier für den iranischen Geheimdienst MOIS tätig. Dies lässt auf ein hohes Interesse schließen, sich dem Strafverfahren und der damit verbundenen Aufklärung sei- nes mutmaßlich strafbaren Verhaltens zu entziehen. Die Annahme von Fluchtgefahr erfordert dabei kein sicheres Wissen um die sie begründenden Tatsachen ; insoweit genügt derselbe Wahrscheinlichkeitsgrad wie bei der Annahme des dringenden Tatverdachts (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2016 - StB 35/16, juris Rn. 11).
38
Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 Abs. 1 StPO) war unter den gegebenen Umständen nicht erfolgversprechend.
39
Es kann dahinstehen, ob, wie in dem Haftbefehl angenommen, daneben auch der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO) vorlag. Ebenso wenig kommt es auf den Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO) an, der nur zu prüfen wäre, wenn der Beschuldigte der Verabredung zum Mord dringend verdächtig gewesen sein sollte (vgl. Meyer-Goßner /Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 112 Rn. 36).
40
cc) Die Haftfortdauer stand nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe (§ 112 Abs. 1 Satz 2, § 120 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StPO).
41
c) Die Voraussetzungen für die Beschlagnahme der diversen elektronischen Geräte einschließlich Zubehör, die bei den Durchsuchungsmaßnahmen am 1. Juli 2018 sichergestellt worden sind, liegen vor.
42
Zumindest insoweit, als ein dringender Tatverdacht bestand, ist auch weiterhin ein die Beschlagnahme rechtfertigender tatsachengestützter Anfangsverdacht gegeben. Die Gegenstände, auf die sich die vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs getroffene Anordnung (§ 98 Abs. 1 StPO) bezieht, haben überdies potenzielle Bedeutung als Beweismittel im Sinne des § 94 Abs. 1 StPO, weil die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, sie im Verfahren zu Untersuchungszwecken in irgendeiner Weise zu verwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 - StB 13/18, juris Rn. 6; LR/Menges, StPO, 26. Aufl., § 94 Rn. 30 mwN). Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im angefochtenen Beschlagnahmebeschluss verwiesen. Die Beschlagnahme steht in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat und Stärke des Tatverdachts; sie ist für die Ermittlungen geeignet und notwendig (s. dazu LR/Menges aaO, Rn. 51 ff.), zumal in Ansehung des Verteidigerschriftsatzes vom 23. Juli 2018 dafür Sorge getroffen worden ist, dass dem Sohn des Beschuldigten von ihm benötigte Studienunterlagen zur Verfügung stehen.
Gericke Spaniol Berg

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(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 od

Strafprozeßordnung - StPO | § 98 Verfahren bei der Beschlagnahme


(1) Beschlagnahmen dürfen nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen ei

Strafprozeßordnung - StPO | § 306 Einlegung; Abhilfeverfahren


(1) Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt. (2) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheid

Strafprozeßordnung - StPO | § 94 Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken


(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. (2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwil

Strafgesetzbuch - StGB | § 9 Ort der Tat


(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte. (2) Die

Strafgesetzbuch - StGB | § 308 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion


(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter e

Strafgesetzbuch - StGB | § 3 Geltung für Inlandstaten


Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

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Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:1.(weggefallen)2.Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Ab

Strafgesetzbuch - StGB | § 310 Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens


(1) Wer zur Vorbereitung 1. eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,2. einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,3. einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder4. einer Straftat nach §

Strafgesetzbuch - StGB | § 99 Geheimdienstliche Agententätigkeit


(1) Wer 1. für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder2. gegenüber dem

Strafgesetzbuch - StGB | § 5 Auslandstaten mit besonderem Inlandsbezug


Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:1.(weggefallen)2.Hochverrat (§§ 81 bis 83);3.Gefährdung des demokratischen Rechtsstaatesa)in den Fällen des § 86 Absatz 1 und 2, wenn P

NATO-Truppen-Schutzgesetz - StrÄndG 4 | § 1 Anwendung von Strafvorschriften zum Schutz der Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes


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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer zur Vorbereitung

1.
eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,
2.
einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,
3.
einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder
4.
einer Straftat nach § 309 Abs. 6
Kernbrennstoffe, sonstige radioaktive Stoffe, Sprengstoffe oder die zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 und der Nummer 3 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 ist der Versuch strafbar.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt.

(2) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerdegericht vorzulegen.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für die Entscheidungen des Richters im Vorverfahren und des beauftragten oder ersuchten Richters.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 - 1 Ws 180/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Oberlandesgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Im übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob Art. 19 Abs. 4 GG das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO auch in Bezug auf einen bereits vor Erhebung des Rechtsmittels aufgehobenen Haftbefehl gewährleistet.

I.

2

Der Beschwerdeführer war Mitarbeiter in der Rechtsabteilung der D. in F. im Bereich "Litigation and Investigation". Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main führte am 28. April 2010 im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen mehrere Mitarbeiter der D. zahlreiche Durchsuchungen durch. Dabei wurden auch die Zentrale und mehrere Niederlassungen der D. durchsucht. Der Beschwerdeführer begleitete mit weiteren Mitarbeitern die Durchsuchung in den Räumlichkeiten der D. Bei der Durchsuchung wurden zahlreiche Unterlagen und Datenträger sichergestellt. Parallel führten Bundeskriminalamt und Steuerfahndung eine IT-Beweissicherung durch. Nach einem am 29. April 2010 erstellten Durchsuchungsprotokoll sollten den Ermittlungsbehörden seitens der D. bestimmte, näher bezeichnete IT-Beweismittel übergeben werden. Zu den IT-Beweismitteln zählten "Kommunikationsdaten" ("E-Mail Konten und Instant Messaging") sowie "Serverdaten" ("Persönliche Laufwerke und Gruppenlaufwerke"). Ausweislich des Protokolls befanden sich die Kommunikationsdaten beim Unternehmen I., die Serverdaten teilweise beim Unternehmen S.

3

Die D. benannte den Ermittlungsbehörden den Beschwerdeführer als Ansprechpartner. Für die Beschaffung und Zusammenstellung der Daten war der Bereich "d." verantwortlich, für die Koordination der Übergabe der Daten an die Ermittlungsbehörden Rechtsanwalt Dr. D. In einem an die Generalstaatsanwaltschaft übersandten Vermerk vom 27. Mai 2010 führte Rechtsanwalt Dr. D. unter anderem aus, dass Dateien, die mehr als 90 Tage vor dem 28. April 2010 gelöscht worden seien, nicht mehr verfügbar seien. Eine Beschaffung der Daten zu den im Durchsuchungsprotokoll genannten Stichtagen aus dem Jahre 2009 sei daher nicht möglich. Die Kommunikationsdaten lägen für 44 Personen - sieben Beschuldigte und 37 betroffene Zeugen - vor. Die Sicherung der "Shares" der Beschuldigten und der "Gruppenlaufwerke" (Zugriff durch Beschuldigte und andere Mitarbeiter) werde in den nächsten zwei bis drei Wochen abgeschlossen sein. Hinsichtlich der im Durchsuchungsprotokoll genannten Serverdaten der "betroffenen Personen" enthält der Vermerk keine Ausführungen. Die Daten wurden auf Festplatten gespeichert und am 30. Juni sowie am 7. und 8. Juli 2010 übergeben.

4

Mitte 2012 informierte der Mitbeschuldigte L., der die Rolle des Ansprech-partners vom Beschwerdeführer Ende 2010 übernommen hatte, diesen darüber, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Unvollständigkeit der gelieferten Daten beanstandet habe. Im Einzelnen seien die Serverdaten nur für die Beschuldigten und nur mit Stand der Durchsuchung gesichert worden. Bei den Kommunikationsdaten fehlten E-Mails aus den letzten Tagen vor der Durchsuchung, und es seien Löschungen erfolgt. Für die D. nahm Rechtsanwalt Dr. D. gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft mit Schriftsätzen vom 1. Juni und 18. Juli 2012 Stellung. Er verwies dabei unter anderem auf seinen Vermerk vom 27. Mai 2010; ergänzend führte er aus, dass die übermittelten Serverdaten auch Sicherungen zum Stand 1. Februar sowie 15. April 2010 enthielten. In Bezug auf die E-Mails sei die Sicherung durch I. nicht auf den Tag genau erfolgt, sondern lediglich ab der letzten Wochensicherung. Die Löschungen seien nicht nachvollziehbar.

5

Am 19. November 2012 beantragte die Generalstaatsanwaltschaft beim Amtsgericht Frankfurt am Main den Erlass von Haftbefehlen und Durchsuchungsbeschlüssen unter anderem gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der versuchten Strafvereitelung.

6

Die Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse wurden antragsgemäß am 23. November 2012 erlassen. Der hier angefochtene Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer gründete sich auf den dringenden Tatverdacht einer gemeinschaftlichen versuchten Strafvereitelung und den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr.

7

Die Durchsuchung wie auch die Vollstreckung des Haftbefehls wurden am 12. Dezember 2012 durchgeführt. Im Zuge dessen wurde der Beschwerdeführer unter Aushändigung einer Ausfertigung des Haftbefehls festgenommen, in Polizeigewahrsam verbracht und einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen.

8

Einen Tag später, am 13. Dezember 2012, beantragte die Verteidigung schriftsätzlich sowohl erstmalig Akteneinsicht als auch die Aufhebung, hilfsweise die Außervollzugsetzung des Haftbefehls.

9

Ebenfalls am 13. Dezember 2012 wurde der Beschwerdeführer der zuständigen Haftrichterin vorgeführt, die den Haftbefehl aufrechterhielt. Noch im Vorführungstermin legte der Beschwerdeführer hiergegen Beschwerde ein. Im Anschluss wurde der Beschwerdeführer in die Justizvollzugsanstalt W. verbracht.

10

Akteneinsicht wurde der Verteidigung am 14. Dezember 2012 gewährt.

11

Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 20. Dezember 2012 erfolgten die Aufhebung des Haftbefehls und die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Untersuchungshaft.

12

Mit Schriftsatz vom 30. November 2013 beantragte der Beschwerdeführer, die Beschwerde, über die bisher noch nicht entschieden worden war, als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde fortzuführen, mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit des Haftbefehls sowie von dessen Vollstreckung festzustellen. Zur Begründung führte er aus, ein dringender Tatverdacht und eine Verdunkelungsgefahr hätten nicht bestanden. Darüber hinaus sei die Anordnung von Untersuchungshaft unverhältnismäßig gewesen; den aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgenden Anforderungen würden die floskelhaften Ausführungen im Haftbefehl nicht gerecht. Überdies wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Vollstreckung des Haftbefehls. Die zunächst erfolgte Verbringung in den Polizeigewahrsam sei rechtswidrig gewesen. Die Vorführung sei verspätet erfolgt. Nach § 115 Abs. 1 StPO sei ein Beschuldigter unverzüglich dem Haftrichter vorzuführen. Warum die Vorführung nicht bereits am 12. Dezember 2012 erfolgt sei, sei nicht ersichtlich. Der zuständige Haftrichter sei erreichbar und nicht mit anderen Vorführungen ausgelastet gewesen. Überdies seien Durchsuchung und Festnahme vorab geplant gewesen. Durch die Vorführung erst am Folgetag sei dem Beschwerdeführer willkürlich der gesetzliche Richter entzogen worden. Die Gewährung von Akteneinsicht sei verspätet erfolgt. Der tatsächliche Verfahrensgang genüge weder den einfachgesetzlichen Anforderungen des § 147 Abs. 2 Satz 2 StPO noch den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 103 Abs. 1 GG. Der Haftbefehl und ihn bestätigende gerichtliche Entscheidungen dürften danach nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die dem Beschuldigten vorher bekannt gewesen seien. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Nachfragen im Vorführungstermin seien erfolglos geblieben, eine inhaltliche Erörterung der Beweismittel sei nicht erfolgt. Die Verteidigung habe am 13. Dezember sowie nochmals am 14. Dezember 2012 Akteneinsicht beantragt. Erst am 14. Dezember 2012 sei ihr eine digitale Akte überlassen worden. Diese sei jedoch unvollständig gewesen. Die Möglichkeit vollumfänglicher Akteneinsicht sei erst ab dem 14. Januar 2013 gewährt worden. Die Ermittlungsrichterin habe es versäumt, entlastende Umstände entsprechend § 115 Abs. 3, § 117 Abs. 3 StPO aufzuklären. Dass die Generalstaatsanwaltschaft den Haftgrund der Verdunklungsgefahr erst ab der Vernehmung des Mitbeschuldigten L. am 20. Dezember 2012 als ausgeräumt angesehen habe, sei verfehlt, da im Haftbefehl die Verdunklungsgefahr nicht im Hinblick auf den Mitbeschuldigten L. begründet oder erläutert worden sei. Das Amtsgericht Frankfurt am Main habe schließlich die Vorlagefrist des § 306 Abs. 2 StPO nicht beachtet.

13

Mit hier angefochtenem Beschluss vom 3. März 2014 verwarf das Landgericht Frankfurt am Main die als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde fortgeführte Beschwerde als unbegründet.

14

Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2014 legte der Beschwerdeführer weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main ein. Zur Begründung stellte er im Wesentlichen auf dieselben Gesichtspunkte ab, die er bereits im Beschwerdeverfahren vorgetragen hatte. In einem weiteren Schriftsatz vom 23. Dezember 2014 befasst sich der Beschwerdeführer mit der - seiner Auffassung nach gegebenen - Zulässigkeit der weiteren Beschwerde. Es bleibe festzustellen, dass sich das Bundesverfassungsgericht zu der Gewährung fachgerichtlichen Rechtschutzes in der vorliegenden Fallkonstellation bereits im Jahr 2005 geäußert und die Fachgerichte darauf verwiesen habe, den vorgesehenen Instanzenzug nicht zu verkürzen. Die Oberlandesgerichte München und Braunschweig hätten daraufhin den in §§ 304 ff. und § 310 StPO definierten, zweistufigen Instanzenzug gewährt. Aus diesem Grund sei auch seine weitere Beschwerde zulässig.

15

Mit hier ebenfalls angefochtenem Beschluss vom 18. November 2015 verwarf das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die weitere Beschwerde als unzulässig. Zur Begründung führte es aus, die weitere Beschwerde nach § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO sei nicht statthaft, weil - nach Aufhebung des Haftbefehls - keine "Verhaftung" im Sinne des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO betroffen sei, sondern es allein um die Feststellung der Rechtswidrigkeit gehe. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich nichts anderes. Danach solle lediglich verhindert werden, dass prozessual überholte schwerwiegende Maßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung nicht mehr zugänglich seien. Nicht gefordert sei, dass eine entsprechende Feststellungsentscheidung gerade mit der weiteren Beschwerde erreicht werden könne. Das Bundesverfassungsgericht habe es ausdrücklich als zweifelhaft angesehen, ob die weitere Beschwerde bei einem aufgehobenen Haftbefehl statthaft sei. Es habe nur ausgeführt, der Beschwerdeführer müsse nach dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde von diesem Rechtsmittel zunächst Gebrauch machen und sein Rechtschutzziel mit den ihm durch das Gesetz zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen zu erreichen suchen und damit den Rechtsweg erschöpfen, bevor er Verfassungsbeschwerde erhebe. Weil der Beschuldigte im vorliegenden Fall nicht mehr unter dem Verdikt der Untersuchungshaft stehe, erachtete das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Entscheidung über die Feststellung der Rechtswidrigkeit als keine die Verhaftung betreffende Entscheidung im Sinne des § 310 Abs. 1 StPO.

16

Der Beschluss ist der Verteidigung des Beschwerdeführers am 2. Dezember 2015 zugegangen.

II.

17

Mit seiner am 31. Dezember 2015 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer in Bezug auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 eine Verletzung seines Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 GG. Ferner rügt er - in Bezug auf die weiteren, im Rubrum im Einzelnen bezeichneten Hoheitsakte - eine Verletzung seines Grundrechts auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, seines Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 GG, seines Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, sowie seines Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

18

1. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sei zulässig, insbesondere sei der Beschwerdeführer - trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des Haftbefehls - nach wie vor beschwerdebefugt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei nunmehr die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen. Dies sei zur Rehabilitierung des Beschwerdeführers erforderlich, insbesondere auch deswegen, weil das Ermittlungsverfahren noch nicht eingestellt worden sei.

19

Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet, da der angegriffene Beschluss den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verletze. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiere Art. 19 Abs. 4 GG einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Dieser Schutz werde in erster Linie von den Prozessordnungen bewirkt. Art. 19 Abs. 4 GG fordere zwar keinen Instanzenzug. Wenn das Prozessrecht aber eine weitere Instanz eröffne, bestehe auch insoweit ein Anspruch auf wirksame gerichtliche Kontrolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hänge die Gewährung von Rechtsschutz bei freiheitsentziehenden Maßnahmen wegen des Rehabilitierungsinteresses insbesondere nicht vom Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme ab. Eine Beschwerde dürfe nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden, vielmehr sei die Rechtmäßigkeit einer zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen und nötigenfalls deren Rechtswidrigkeit festzustellen.

20

Diesen Vorgaben werde die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Diese sei bereits mit dem Wortlaut von § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO im Lichte des Verfassungsrechts unvereinbar. Im Beschwerdeverfahren gehe es immer um die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Haftbefehls, unabhängig von der Frage, ob dieser noch bestehe. Die Aufhebung des Haftbefehls habe daher keinen Einfluss auf die Frage, ob eine Verhaftung im Sinne des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO vorliege. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei aus der Schwere des Grundrechtseingriffs abzuleiten, dass auch nach Aufhebung eines Haftbefehls ein auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gehe im angegriffenen Beschluss hingegen davon aus, dass ab Aufhebung des Haftbefehls eine besondere Schwere des Eingriffs nicht mehr gegeben sei. Mit dem von Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch den Instanzenzug erfasse, soweit das Prozessrecht ihn eröffne, sei es unvereinbar, dass das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die weitere Beschwerde für unzulässig halte und damit ein und derselbe Grundrechtseingriff in unterschiedlichen Instanzen zu gegensätzlichen Ergebnissen über die Zulässigkeit des Rechtsmittels führe. Insoweit laufe der statthafte Rechtsbehelf entgegen den verfassungsrechtlichen Vorgaben leer. Die im angegriffenen Beschluss vertretene Auffassung, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lasse sich nur entnehmen, dass die weitere Beschwerde zur Rechtswegerschöpfung nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG gehöre, nicht aber, dass diese auch zwingend zulässig sei, sei verfehlt. Denn die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne nicht dahingehend interpretiert werden, dass das Bundesverfassungsgericht einen Beschwerdeführer auf einen nicht zweifelsfrei zulässigen Rechtsbehelf verweise. Andere Oberlandesgerichte hielten die weitere Beschwerde in Fällen wie dem vorliegenden überdies - teilweise unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - für zulässig.

21

2. Die Verfassungsbeschwerde sei auch im Übrigen zulässig und begründet.

22

Beantragung und Erlass des Haftbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2012 verletzten den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG. Die unterlassene unverzügliche Vorführung des Beschwerdeführers vor den zuständigen Haftrichter verletze den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG; überdies sei er seinem gesetzlichen Richter entzogen worden und in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt. Ferner verletze die Gewährung von Akteneinsicht erst am Tage nach der Vorführung den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Verweigerung der Vorlage oder Mitteilung der Beweismittel und ihrer Erörterung im Vorführungstermin sei darüber hinaus mit den Grundrechten des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, dem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar. Weiterhin verletze die Unterlassung einer Entscheidung über die Abhilfe der im Vorführungstermin eingelegten Haftbeschwerde den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2014 verletze den Beschwerdeführer zudem in seinen Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG.

III.

23

1. Nach Auffassung des Generalbundesanwalts muss die zulässig erhobene Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleiben.

24

a) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wende, sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die Entscheidung werde dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Maßstab gerecht.

25

Den Garantien des Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 104 Abs. 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse des vormals von einer Freiheitsentziehung Betroffenen auf eine weitere Gerichtsinstanz nicht entnehmen. Zwar dürfe die Gewährung von Rechtsschutz nicht von Zufälligkeiten des Verfahrensablaufs abhängen. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf eine weitere gerichtliche Prüfungsinstanz lasse sich daraus aber nicht zwingend ableiten. Denn dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen werde bereits durch die gerichtliche Prüfung des erledigten Grundrechtseingriffs Rechnung getragen. Der nachfolgenden Prüfung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main komme lediglich ein wiederholender Charakter zu. Obwohl es sich bei einer Freiheitsentziehung um einen besonders schwer wiegenden Grundrechtseingriff handle, lasse sich daraus gleichwohl ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf einen Instanzenzug zumindest bei vorheriger Erledigung des Eingriffs nicht ableiten. Dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen nach Erledigung der Haft werde aber jedenfalls durch die gerichtliche Prüfung im Beschwerdeverfahren hinreichend Rechnung getragen. Dem stehe auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen. Denn das Rechtsschutzbedürfnis eines Beschwerdeführers für die Feststellung einer etwaigen Verfassungswidrigkeit einer überholten freiheitsentziehenden Anordnung bestehe unabhängig von der Ausgestaltung des fachgerichtlichen Rechtsschutzes.

26

Die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main vorgenommene Auslegung des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO sei vor diesem Hintergrund insgesamt vertretbar und halte verfassungsrechtlicher Prüfung stand. Bei § 310 StPO handle es sich um eine eng auszulegende Ausnahme. Der Wortlaut der "Verhaftung" deute auf eine Tätigkeit und ein aktuelles Geschehen und damit auf das Erfordernis einer aktuell anhaltenden Haft hin. Dies lege die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main vertretene Interpretation nahe, dass der Gesetzgeber die Gewährung einer weiteren Gerichtsinstanz an den von Dringlichkeit geprägten Vollzug eines gravierenden Eingriffs geknüpft habe. Ungeachtet des noch nach Erledigung der Freiheitsentziehung bestehenden (und eine gerichtliche Überprüfung bedingenden) Rehabilitationsinteresses liege der Vorschrift des § 310 Abs. 1 StPO die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass im Falle einer aktuell andauernden Freiheitsentziehung - wie auch bei den anderen im Einzelnen genannten schwer wiegenden Grundrechtseingriffen - ein darüber hinausgehendes besonderes Rechtsschutzbedürfnis bestehe, das die Befassung eines weiteren Instanzgerichts rechtfertige. Ebenso trage die Auslegung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main der erkennbaren Ausnahmestellung des Rechtsbehelfs Rechnung. Zu beachten sei weiter, dass im Zeitpunkt der Einlegung der weiteren Beschwerde nicht nur der Haftbefehl aufgehoben gewesen sei, sondern für den betreffenden Zeitraum auch eine gerichtliche Beschwerdeentscheidung vorgelegen habe. Gegenstand der Prüfung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main habe somit nur noch die Ordnungsmäßigkeit der bereits erfolgten gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle sein können. Für die Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sprächen ferner systematische Erwägungen des Strafprozessrechts. Die weitere Beschwerde des § 310 StPO sei im Gegensatz zu sonstigen Rechtsbehelfen zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main nicht fristgebunden. Bei Vorliegen eines aktuell andauernden schweren Grundrechtseingriffs erscheine eine gesetzliche Fristsetzung schon deshalb entbehrlich, weil ohnehin anzunehmen sei, dass der Betroffene, sofern er eine nochmalige gerichtliche Prüfung wolle, alsbald den von der Strafprozessordnung angebotenen weiteren Rechtsschutz in Anspruch nehmen wolle. Bei einem bloßen Feststellungsinteresse sei dies nicht der Fall, vielmehr werde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit des taktischen Umgangs mit dem Rechtsmittel gegeben. Dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen könne im Übrigen auch bei Abschluss des Verfahrens Rechnung getragen werden. Einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO) oder einem das Verfahren abschließenden Freispruch könne sogar eine stärkere rehabilitierende Wirkung innewohnen. Aber auch im Falle einer Verurteilung werde zumindest insoweit ein Ausgleich geschaffen, als die erlittene Freiheitsentziehung durch die Anrechnung auf die Strafe berücksichtigt werde.

27

b) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main wende, sei sie ebenfalls nicht erfolgversprechend. Das Landgericht Frankfurt am Main habe sich mit den Beanstandungen des Beschwerdeführers sorgfältig und umfassend auseinandergesetzt. Die Entscheidung lasse einen Verstoß gegen Verfassungsrecht nicht erkennen.

28

c) Schließlich könne die Verfassungsbeschwerde auch keinen Erfolg haben, soweit sie einzelne Verfahrenshandlungen des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Frankfurt am Main beanstande. Insoweit dürfte die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig sein. Die beanstandeten Verfahrensweisen seien Gegenstand umfassender Prüfung durch das Landgericht Frankfurt am Main gewesen und deshalb prozessual überholt. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet; die Verfahrensweise des Amtsgerichts Frankfurt am Main halte verfassungsrechtlicher Nachprüfung stand.

29

2. Die Hessische Landesregierung hat von einer Stellungnahme zu dem Verfahren abgesehen.

30

3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens in elektronischer Form vorgelegen.

B.

31

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

32

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 - 1 Ws 180/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

33

1. Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Diese treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; 104, 220 <232>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <232>; BVerfGK 6, 303 <308>). Hiervon muss sich das Rechtsmittelgericht bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall für ein nach der Prozessordnung statthaftes Rechtsmittel ein Rechtsschutzinteresse besteht (BVerfGK 6, 303 <308>).

34

a) Mit der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sowie durch Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Effektivität des Rechtsschutzes ist es grundsätzlich vereinbar, ein Rechtsschutzinteresse nur solange als gegeben anzusehen, wie eine gegenwärtige Beschwer ausgeräumt, einer Wiederholungsgefahr begegnet oder eine fortwirkende Beeinträchtigung beseitigt werden kann (BVerfGK 6, 303<308>). Darüber hinaus kann aber ein Feststellungsinteresse vor allem bei schwerwiegenden, tatsächlich aber nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffen fortbestehen (BVerfGK 6, 303 <308>). Solche kommen vor allem bei Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz - wie in den Fällen des Art. 13 Abs. 2 GG und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG - vorbeugend dem Richter vorbehalten hat, so dass ein Feststellungsinteresse wegen des Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht auch bei der unter Beachtung der Unschuldsvermutung vollzogenen Untersuchungshaft zu bejahen ist (vgl. BVerfGE 9, 89 <93>; 53, 152 <157 f.>; BVerfGK 6, 303 <308 f.>). Auf diese Weise stehen Anordnungen einer Freiheitsentziehung (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 104 Abs. 2 und 3 GG) einer gerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Überprüfung offen, auch wenn die angeordnete Maßnahme inzwischen durchgeführt und beendet ist (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>; BVerfGK 6, 303 <309>).

35

b) Während früher generell eine nachträgliche gerichtliche Klärung schwerwiegender Grundrechtseingriffe davon abhängig gemacht wurde, dass deren direkte Belastung sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in dem von der maßgeblichen Prozessordnung vorgesehenen Verfahren kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <85 f.>), hängt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gewährung von Rechtsschutz im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse weder vom konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon ab, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann (vgl. BVerfGE 104, 220 <235>; BVerfGK 6, 303 <309>). Dies gilt sowohl für den Fall der strafrechtlichen Untersuchungshaft (vgl. BVerfGK 6, 303 <309>) als auch für die Konstellation eines Sitzungshaftbefehls (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Oktober 2006 - 2 BvR 473/06 -, juris, Rn. 17). Die Beschwerde darf in solchen Fällen nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden; vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen und gegebenenfalls deren Rechtswidrigkeit festzustellen (vgl. BVerfGE 96, 27 <41 f.>; 104, 220 <235 f.>; BVerfGK 6, 303 <309>; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2001 - 1 Ws 33/01 -, juris; OLG Celle, Beschluss vom 21. Februar 2003 - 2 Ws 39/03 -, juris; OLG München, Beschluss vom 31. Januar 2006 - 3 Ws 61/06 -, StV 2006, S. 317; OLG Braunschweig, Beschluss vom 20. Juni 2012 - Ws 162/12 -, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5. Januar 2015 - 1 Ws 166/14 -, juris). Besteht bei Freiheitsentziehungen durch Haft ein schutzwürdiges Interesse an der (nachträglichen) Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit auch dann, wenn sie erledigt sind, so müssen die Fachgerichte dies bei der Beantwortung der Frage nach einem Rechtsschutzinteresse gemäß Art. 19 Abs. 4 GG beachten (BVerfGE 104, 220<235 f.>). Insoweit kann dem Beschwerdeführer ein "subsidiärer" Charakter des Feststellungsbegehrens nicht entgegengehalten werden. Die Haftaufhebung ist das "wesensgleiche" Plus zur Feststellung, dass die Inhaftierung rechtswidrig ist; mit ihr wird die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit praktisch umgesetzt. Um die allgemeine prozessrechtliche "Subsidiarität" von Feststellungs- gegenüber Bewirkungsanträgen geht es hierbei nicht (BVerfGK 6, 303 <309 und 311>).

36

2. Diesen Maßstäben wird der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht gerecht.

37

a) Die Vorschrift des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO eröffnet für den Fall der "Verhaftung" eine weitere fachgerichtliche Überprüfungsinstanz. Gegen die Anordnung und Aufrechterhaltung einer Freiheitsentziehung statthafte Rechtsbehelfe dürfen nicht durch eine zu enge Anwendung der einschlägigen prozessualen Regeln "leerlaufen"; auch mit Rücksicht auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde haben die Fachgerichte die zuvörderst ihnen übertragene Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes sicherzustellen (vgl. BVerfGK 6, 303 <314 f.>). Eine Auslegung des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO, wonach die weitere Beschwerde nach Aufhebung des Haftbefehls nicht mehr zulässig ist, genügt diesen aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes nicht.

38

b) Eine nachträgliche gerichtliche Klärung schwerwiegender Grundrechtseingriffe - insbesondere des Rechts auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG) - darf nicht davon abhängig sein, ob deren direkte Belastung sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in dem von der maßgeblichen Prozessordnung vorgesehenen Verfahren kaum erlangen kann. Die zwischenzeitliche Aufhebung des Haftbefehls und die Freilassung des Beschwerdeführers führen angesichts der Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung für sich allein nicht dazu, dass sein Interesse an gerichtlichem Rechtsschutz hinter dem bei einer weiteren Inhaftierung gebotenen zurückbleibt oder gänzlich entfällt. Das ursprüngliche Interesse auf gerichtlichen Schutz gegen den vollzogenen Haftbefehl wandelt sich vielmehr in ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung (vgl. BVerfGK 6, 303 <308 ff.>). Die Gewährung von Rechtsschutz und die Eröffnung des nach der Prozessordnung dafür vorgesehenen Instanzenzuges hängen insbesondere nicht vom Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme ab (vgl. BVerfGK 6, 303 <309>). Unerheblich ist ferner, dass dem Beschwerdeführer bereits Rechtsschutz vor dem Landgericht Frankfurt am Main gewährt worden ist. Vor der Aufhebung des Haftbefehls und der Freilassung wäre ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers auch für die weitere Beschwerde zu bejahen gewesen. Dieses Rechtsschutzinteresse ist - wie ausgeführt - nicht entfallen, sondern besteht nunmehr als Feststellungsinteresse fort.

39

c) Der Begriff der "Verhaftung" in § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO ist bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen mithin dahin zu verstehen, dass auch nach Aufhebung des Haftbefehls und Freilassung des Beschwerdeführers eine Rechtmäßigkeitsprüfung im fachgerichtlichen Instanzenzug möglich bleiben muss. Einem solchen Verständnis stehen weder der Wortlaut des § 310 Abs. 1 StPO noch der Umstand entgegen, dass die weitere Beschwerde auf die in § 310 Abs. 1 StPO enumerativ aufgezählten Fälle (vgl. BVerfGE 48, 367 <376>) - wie hier den der "Verhaftung" - beschränkt bleibt. Diese Interpretation des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO entspricht zudem der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGK 6, 303 <314 f.> für den Fall der Untersuchungshaft; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Oktober 2006 - 2 BvR 473/06 -, juris, Rn. 9 und 17 für den Fall eines Sitzungshaftbefehls). Die genannten Entscheidungen betreffen im Übrigen nicht lediglich eine von den Fachgerichten zu beantwortende Frage der Auslegung von § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO im Hinblick auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, sondern statuieren aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgende Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes für den Fall eines aufgehobenen Haftbefehls. Der Umstand, dass es sich bei der weiteren Beschwerde um ein nicht fristgebundenes Rechtsmittel handelt, das die Möglichkeit eines taktischen Einsatzes eröffnet, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Ungeachtet dessen, dass eine solche Fallkonstellation vorliegend nicht gegeben ist, wäre ein (rein) taktischer Einsatz des Rechtsmittels ein bei der einzelfallbezogenen Prüfung des Feststellungsinteresses heranzuziehender Umstand. Aus diesem Gesichtspunkt können indes keine Rückschlüsse auf die von Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten generellen Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes gezogen werden.

II.

40

Es ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 - 1 Ws 180/14 - den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt. Der angegriffene Beschluss ist unter Zurückverweisung der Sache aufzuheben (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wird unter Beachtung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen erneut zu prüfen haben, ob die weitere Beschwerde vom 10. Oktober 2014 zulässig und begründet ist.

III.

41

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen; sie ist insoweit bereits unzulässig. Eine - über die behauptete Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hinausgehende - verfassungsgerichtliche Sachprüfung widerspräche dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, weil eine abschließende fachgerichtliche Prüfung der im Übrigen gerügten Hoheitsakte bislang - entgegen den Vorgaben von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - nicht erfolgt ist. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

IV.

42

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG.

V.

43

Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen und beträgt mindestens 5.000 Euro. Er liegt höher, wenn der Verfassungsbeschwerde aufgrund einer Entscheidung der Kammer stattgegeben wird. Im Hin-blick auf die objektive Bedeutung der Sache ist ein Gegenstandswert von 10.000 Euro angemessen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 7/17
vom
30. März 2017
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
alias:
alias:
alias:
wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen
Vereinigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:300317BSTB7.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie der Verteidiger des Beschwerdeführers am 30. März 2017 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 2016 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

1
Der 24-jährige Beschuldigte, ein tunesischer Staatsangehöriger, befand sich in dieser Sache auf Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 2016 in Untersuchungshaft vom 12. Januar bis zum 8. März 2017.
2
Gegenstand des mittlerweile - mit Beschluss des Ermittlungsrichters vom 10. März 2017 - aufgehobenen Haftbefehls war der Vorwurf, der Beschuldigte sei als Mitglied der außereuropäischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat Irak und Großsyrien (ISIG)" am 26. Oktober 2015 in das Bundesgebiet eingereist und habe sich in der Folgezeit bis zu seiner Festnahme in anderer Sache am 2. November 2016 in Berlin aufgehalten, um einen von der Vereinigung erteilten Auftrag auszuführen, strafbar als Mitgliedschaft in einer terroristi- schen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, 2, § 129b Abs. 1 Satz 1, 2 StGB). Der Haftbefehl war auf die Haftgründe der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) und der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO) gestützt.
3
Nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits mit - inzwischen bestandskräftigem - Bescheid vom 11. November 2016 die Anträge des Beschuldigten auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Asylanerkennung und subsidiären Schutz abgelehnt hatte, hat der Generalbundesanwalt mit Schreiben vom 2. Februar 2017 auf Anfrage des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) in Berlin die Zustimmung zur Abschiebung des Beschuldigten erteilt.
4
Mit Schriftsatz eines seiner beiden Verteidiger vom 5. März 2017 hat der Beschuldigte Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt. Nach Erteilung der Zustimmung zur Abschiebung diene die Untersuchungshaft nicht mehr der Sicherung des Strafverfahrens, sondern der Sicherung der Abschiebung. Dies sei unverhältnismäßig und daher grundsätzlich unzulässig.
5
Die Abschiebung des Beschuldigten fand am 8. März 2017 statt. Hierzu hatte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs auf Antrag des Generalbundesanwalts vom 1. März 2017 die Ausantwortung des Beschuldigten genehmigt.
6
Nach Aufhebung des Haftbefehls hat der Beschuldigte mit Schriftsatz des Verteidigers vom 15. März 2017 beantragt festzustellen, dass der Haftbefehl spätestens seit Eingang des Antrags des Generalbundesanwalts beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs, die Ausantwortung des Beschuldigten zu genehmigen, bis zur Aufhebung des Haftbefehls, rechtswidrig gewesen ist.

II.

7
1. Die Beschwerde des Beschuldigten ist zulässig (§ 304 Abs. 5, § 306 Abs. 1 StPO).
8
Dem steht nicht entgegen, dass der angefochtene Haftbefehl mittlerweile aufgehoben worden ist. Zwar kann der Wegfall einer angefochtenen Maßnahme mangels gegenwärtiger Beschwer zur Unstatthaftigkeit der dagegen erhobenen Beschwerde führen (sog. prozessuale Überholung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 31. Oktober 2005 - 2 BvR 2233/04, StraFo 2006, 20; ferner Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99 u.a., BVerfGE 104, 220, 235 f.; vom 8. April 2004 - 2 BvR 1811/03, NStZ-RR 2004, 252, 253; vom 9. September 2005 - 2 BvR 431/02, NJW 2006, 40 f.) besteht jedoch unter dem Gesichtspunkt eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses ein Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn sich die Beschwerde gegen einen Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschuldigten richtet, soweit der Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nicht anderweitig mit einem ordentlichen Rechtsmittel überprüfen lassen kann (s. hierzu Senat, Beschluss vom 4. Januar 2013 - StB 10/12 u.a., juris Rn. 4; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., vor § 296 Rn. 17 ff. mwN). So liegt der Fall hier.
9
2. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Insbesondere wurde der Haftbefehl nicht dadurch rechtswidrig, dass sich der Generalbundesanwalt mit der Abschiebung des Beschuldigten einverstanden erklärt und deren Durchführung gefördert hat.
10
a) Gegen den Angeklagten bestand der dringende Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, 2, § 129b Abs. 1 Satz 1, 2 StGB); ebenso lagen die Haftgründe der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) und der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO) vor. Insoweit kann der Senat nach eigener Überprüfung, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen in dem angefochtenen Haftbefehl und in der Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts vom 7. März 2017 Bezug nehmen; diesen ist der Beschuldigte auch nicht entgegengetreten.
11
b) Angesichts der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe war die Anordnung der Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO). Auch nach dem Erlass des Haftbefehls trat keine Unverhältnismäßigkeit ein (§ 120 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StPO). Insbesondere war der Vollzug der Untersuchungshaft bis zur erfolgreichen Durchführung der Abschiebung zulässig.
12
aa) Zwar weist die Beschwerde im rechtlichen Ansatz zutreffend darauf hin, dass die Untersuchungshaft - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 112a StPO - ausschließlich die Durchsetzung des Anspruchs der staatlichen Gemeinschaft auf vollständige Aufklärung der Tat und rasche Bestrafung des Täters bezweckt; sie soll die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens durch Verhinderung der Flucht und der Verdunkelung der Tat gewährleisten und die spätere Vollstreckung eines auf Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Sicherungsmaßregeln lautenden Urteils sicherstellen. Ist sie zur Erreichung eines dieser Zwecke nicht mehr nötig, ist ihre Anordnung oder Aufrechterhaltung unverhältnismäßig. Zu anderen Zwecken darf die Untersuchungshaft nicht missbraucht werden (vgl. LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., vor § 112 Rn. 1 ff.; BeckOK StPO/Krauß, § 112 Rn. 1c; Meyer-Goßner/Schmitt aaO, vor § 112 Rn. 4, jew. mwN).
13
bb) Dass die Abschiebung eines Untersuchungsgefangenen avisiert ist, führt jedoch nicht dazu, dass die Untersuchungshaft nicht mehr der Sicherung des Strafverfahrens dienen kann; denn das Verfahren wäre weiter zu betreiben, falls die Abschiebung praktisch scheitern sollte. Dann bestünde das Verfolgungsinteresse unvermindert fort. Für den Fall des Scheiterns der Abschiebung war hier weiterhin damit zu rechnen, dass sich der Beschuldigte unter Ausnutzung seiner Verbindungen zum ISIG dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzieht und unter konspirativen Umständen untertaucht.
14
Auch das Gesetz geht davon aus, dass die beabsichtigte Abschiebung des Beschuldigten der weiteren Untersuchungshaft nicht entgegensteht und daher grundsätzlich nicht zur Aufhebung des Haftbefehls zwingt. Anders lässt sich die Regelung des § 116b Satz 1 StPO, wonach die Vollstreckung der Untersuchungshaft der Vollstreckung der Abschiebungshaft vorgeht, nicht verstehen. Der Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2274) führt zu der damals neu geschaffenen Vorschrift des § 116b StPO aus, dass die "Untersuchungshaft... zur Sicherstellung der innerstaatlichen Strafverfolgung immer dann vorrangig zu vollstrecken (ist), wenn es um das Verhältnis ... zur Abschiebungshaft (§ 62 AufenthG)... geht" (BT-Drucks. 16/11644 S. 22). Hiermit bringt auch der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die beabsichtigte Abschiebung des Beschuldigten nicht zur Folge hat, dass die Untersuchungshaft nicht mehr dem - sie sachlich rechtfertigenden - Zweck der Sicherung der innerstaatlichen Strafverfolgung dienen kann.
15
cc) Ebenso wenig macht eine Förderung der Abschiebung durch die das Ermittlungsverfahren führende Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft unzulässig.
16
Nach der gesetzlichen Wertung folgt das bereits daraus, dass eine - gemäß § 116b Satz 1 StPO nachrangige - Abschiebungshaft im Fall eines gegen den Ausreisepflichtigen geführten Ermittlungsverfahrens das gegenüber der Ausländerbehörde erklärte Einverständnis der zuständigen Staatsanwaltschaft mit der Abschiebung (§ 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) zwingend voraussetzt (s. hierzu BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 - V ZB 224/10, NVwZ 2011, 767; Samel in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., § 72 AufenthG Rn. 15 f.). Des Weiteren legitimiert erst die tatsächlich durchgeführte Abschiebung des Beschuldigten das Absehen von der Strafverfolgung gemäß § 154b Abs. 3 StPO, mag im Einzelfall das Ermittlungsverfahren auch schon bei Vorliegen einer bestandskräftigen Ausweisungsverfügung (vorläufig) eingestellt werden.
17
dd) Die Zustimmung des Generalbundesanwalts zur Abschiebung des Beschuldigten und sein Antrag auf Genehmigung der Ausantwortung zu diesem Zweck wirkten sich auf die Rechtmäßigkeit der Untersuchungshaft danach nicht aus. Becker Spaniol Berg
4
I. Die Beschwerden gegen die Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 4. Juli 2012 sind gegenstandlos. Die Untersuchungshaft wird nicht mehr aufgrund dieser Haftbefehle vollzogen, sondern auf der Grundlage der diese um zusätzliche Tatvorwürfe erweiternden vom 23. Oktober 2012. Dies führt infolge prozessualer Überholung zur Unstatthaftigkeit der gegen die ursprünglichen Haftbefehle erhobenen Beschwerden (vgl. MeyerGoßner , StPO, 55. Aufl., vor § 296 Rn. 17). Da die Untersuchungshaft weiter vollzogen wird und die Beschuldigten die erweiterten Haftbefehle - wie geschehen - vollumfänglich angreifen können, besteht für die Beschwerden gegen die Haftbefehle vom 4. Juli 2012 auch unter dem Gesichtspunkt eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses kein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 6. November 2006 - 1 Ws 675/06 u. 676/06, OLGSt StPO § 117 Nr. 4). Da die Unzulässigkeit der Rechtsmittel erst nach ihrer Einlegung eingetreten ist, waren sie für gegenstandslos zu erklären (KK-Paul, StPO, 6. Aufl., vor § 296 Rn. 8; Meyer-Goßner, aaO Rn. 17).

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer zur Vorbereitung

1.
eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,
2.
einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,
3.
einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder
4.
einer Straftat nach § 309 Abs. 6
Kernbrennstoffe, sonstige radioaktive Stoffe, Sprengstoffe oder die zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 und der Nummer 3 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 ist der Versuch strafbar.

(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Zum Schutz der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes und ihrer in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen gelten die §§ 93 bis 97 und 98 bis 100 in Verbindung mit den §§ 101 und 101a des Strafgesetzbuches mit folgender Maßgabe:

1.
Den Staatsgeheimnissen im Sinne des § 93 des Strafgesetzbuches entsprechen militärische Geheimnisse der Vertragsstaaten. Militärische Geheimnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, welche die Verteidigung betreffen und von einer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes befindlichen Dienststelle eines Vertragsstaates mit Rücksicht auf dessen Sicherheit oder die Sicherheit seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen geheim gehalten werden. Ausgenommen sind Gegenstände, über deren Geheimhaltung zu bestimmen Angelegenheit der Bundesrepublik Deutschland ist, sowie Nachrichten darüber.
2.
In den Fällen des § 94 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Absicht, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen, die Absicht, den betroffenen Vertragsstaat oder seine in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen zu benachteiligen.
3.
In den Fällen der §§ 94 bis 97 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland die Gefahr eines schweren Nachteils für die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen.
4.
In den Fällen des § 99 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübten geheimdienstlichen Tätigkeit eine gegen den betroffenen Vertragsstaat oder seine in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen ausgeübte geheimdienstliche Tätigkeit.
5.
In den Fällen des § 100 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat.
6.
In den Fällen der §§ 94 bis 97 des Strafgesetzbuches ist die Strafverfolgung nur zulässig, wenn die oberste militärische Dienststelle der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des betroffenen Vertragsstaates oder der Leiter ihrer diplomatischen Vertretung erklärt, dass die Wahrung des Geheimnisses für die Sicherheit des Vertragsstaates oder seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen zur Zeit der Tat erforderlich war.
7.
An die Stelle der Ermächtigung der Bundesregierung nach § 97 Abs. 3 des Strafgesetzbuches tritt das Strafverlangen der obersten militärischen Dienststelle der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des betroffenen Vertragsstaates oder des Leiters ihrer diplomatischen Vertretung.

(2) Zum Schutz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, die sich zur Zeit der Tat im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, sind folgende Vorschriften des Strafgesetzbuches mit den in den Nummern 1 bis 10 bestimmten Besonderheiten anzuwenden:

1.
§ 87 in Verbindung mit den §§ 92a, 92b auf Taten, durch die sich der Täter wissentlich für Bestrebungen einsetzt, die gegen die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder die Sicherheit dieser Truppen gerichtet sind;
2.
§ 89 in Verbindung mit den §§ 92a, 92b auf Taten, die der Täter in der Absicht begeht, die pflichtmäßige Bereitschaft von Soldaten, Beamten oder Bediensteten dieser Truppen zum Dienst für die Verteidigung zu untergraben, und durch die er sich absichtlich für Bestrebungen einsetzt, die gegen die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder die Sicherheit dieser Truppen gerichtet sind;
3.
§ 90a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 92a, 92b auf Taten gegen die nationalen Symbole dieser Truppen;
4.
die §§ 109d bis 109g in Verbindung mit den §§ 109i, 109k auf Taten gegen diese Truppen, deren Soldaten, Wehrmittel, Einrichtungen, Anlagen oder militärische Vorgänge mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat, an die Stelle der Bundeswehr diese Truppen und an die Stelle der Landesverteidigung die Verteidigung der Vertragsstaaten treten;
5.
die §§ 113, 114, 115 Absatz 2, §§ 125 und 125a auf Straftaten gegen Soldaten oder Beamte dieser Truppen;
6.
§ 120 auf Taten gegen den Gewahrsam an Gefangenen dieser Truppen oder an Personen, die auf ihre Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind;
7.
die §§ 123 und 124 auf Taten gegen den Hausfrieden von Räumen, die zum öffentlichen Dienst oder Verkehr dieser Truppen bestimmt sind;
8.
§ 132 auf die Anmaßung dienstlicher Befugnisse von Soldaten oder Beamten dieser Truppen;
9.
§ 194 Abs. 3 auf Beleidigungen gegen eine Dienststelle, einen Soldaten oder einen Beamten dieser Truppen;
10.
§ 305a auf Straftaten der Zerstörung von Kraftfahrzeugen dieser Truppen.

(3) Zum Schutz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, die sich zur Zeit der Tat im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, sind ferner die §§ 16, 19 des Wehrstrafgesetzes und, in Verbindung mit diesen Vorschriften, § 111 des Strafgesetzbuches auf Taten gegen diese Truppen mit folgenden Besonderheiten anzuwenden:

1.
In den §§ 16, 19 des Wehrstrafgesetzes treten an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat und an die Stelle der Bundeswehr und ihrer Soldaten diese Truppen und deren Soldaten;
2.
strafbar ist nur, wer einen Soldaten dieser Truppen zu einer vorsätzlichen rechtswidrigen Tat nach § 16 oder § 19 des Wehrstrafgesetzes bestimmt oder zu bestimmen versucht oder ihm dazu Hilfe leistet oder wer nach § 111 des Strafgesetzbuches zu einer solchen Tat auffordert.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nur für Straftaten, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Zum Schutz der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes und ihrer in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen gelten die §§ 93 bis 97 und 98 bis 100 in Verbindung mit den §§ 101 und 101a des Strafgesetzbuches mit folgender Maßgabe:

1.
Den Staatsgeheimnissen im Sinne des § 93 des Strafgesetzbuches entsprechen militärische Geheimnisse der Vertragsstaaten. Militärische Geheimnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, welche die Verteidigung betreffen und von einer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes befindlichen Dienststelle eines Vertragsstaates mit Rücksicht auf dessen Sicherheit oder die Sicherheit seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen geheim gehalten werden. Ausgenommen sind Gegenstände, über deren Geheimhaltung zu bestimmen Angelegenheit der Bundesrepublik Deutschland ist, sowie Nachrichten darüber.
2.
In den Fällen des § 94 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Absicht, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen, die Absicht, den betroffenen Vertragsstaat oder seine in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen zu benachteiligen.
3.
In den Fällen der §§ 94 bis 97 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland die Gefahr eines schweren Nachteils für die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen.
4.
In den Fällen des § 99 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübten geheimdienstlichen Tätigkeit eine gegen den betroffenen Vertragsstaat oder seine in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen ausgeübte geheimdienstliche Tätigkeit.
5.
In den Fällen des § 100 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat.
6.
In den Fällen der §§ 94 bis 97 des Strafgesetzbuches ist die Strafverfolgung nur zulässig, wenn die oberste militärische Dienststelle der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des betroffenen Vertragsstaates oder der Leiter ihrer diplomatischen Vertretung erklärt, dass die Wahrung des Geheimnisses für die Sicherheit des Vertragsstaates oder seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen zur Zeit der Tat erforderlich war.
7.
An die Stelle der Ermächtigung der Bundesregierung nach § 97 Abs. 3 des Strafgesetzbuches tritt das Strafverlangen der obersten militärischen Dienststelle der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des betroffenen Vertragsstaates oder des Leiters ihrer diplomatischen Vertretung.

(2) Zum Schutz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, die sich zur Zeit der Tat im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, sind folgende Vorschriften des Strafgesetzbuches mit den in den Nummern 1 bis 10 bestimmten Besonderheiten anzuwenden:

1.
§ 87 in Verbindung mit den §§ 92a, 92b auf Taten, durch die sich der Täter wissentlich für Bestrebungen einsetzt, die gegen die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder die Sicherheit dieser Truppen gerichtet sind;
2.
§ 89 in Verbindung mit den §§ 92a, 92b auf Taten, die der Täter in der Absicht begeht, die pflichtmäßige Bereitschaft von Soldaten, Beamten oder Bediensteten dieser Truppen zum Dienst für die Verteidigung zu untergraben, und durch die er sich absichtlich für Bestrebungen einsetzt, die gegen die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder die Sicherheit dieser Truppen gerichtet sind;
3.
§ 90a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 92a, 92b auf Taten gegen die nationalen Symbole dieser Truppen;
4.
die §§ 109d bis 109g in Verbindung mit den §§ 109i, 109k auf Taten gegen diese Truppen, deren Soldaten, Wehrmittel, Einrichtungen, Anlagen oder militärische Vorgänge mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat, an die Stelle der Bundeswehr diese Truppen und an die Stelle der Landesverteidigung die Verteidigung der Vertragsstaaten treten;
5.
die §§ 113, 114, 115 Absatz 2, §§ 125 und 125a auf Straftaten gegen Soldaten oder Beamte dieser Truppen;
6.
§ 120 auf Taten gegen den Gewahrsam an Gefangenen dieser Truppen oder an Personen, die auf ihre Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind;
7.
die §§ 123 und 124 auf Taten gegen den Hausfrieden von Räumen, die zum öffentlichen Dienst oder Verkehr dieser Truppen bestimmt sind;
8.
§ 132 auf die Anmaßung dienstlicher Befugnisse von Soldaten oder Beamten dieser Truppen;
9.
§ 194 Abs. 3 auf Beleidigungen gegen eine Dienststelle, einen Soldaten oder einen Beamten dieser Truppen;
10.
§ 305a auf Straftaten der Zerstörung von Kraftfahrzeugen dieser Truppen.

(3) Zum Schutz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, die sich zur Zeit der Tat im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, sind ferner die §§ 16, 19 des Wehrstrafgesetzes und, in Verbindung mit diesen Vorschriften, § 111 des Strafgesetzbuches auf Taten gegen diese Truppen mit folgenden Besonderheiten anzuwenden:

1.
In den §§ 16, 19 des Wehrstrafgesetzes treten an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat und an die Stelle der Bundeswehr und ihrer Soldaten diese Truppen und deren Soldaten;
2.
strafbar ist nur, wer einen Soldaten dieser Truppen zu einer vorsätzlichen rechtswidrigen Tat nach § 16 oder § 19 des Wehrstrafgesetzes bestimmt oder zu bestimmen versucht oder ihm dazu Hilfe leistet oder wer nach § 111 des Strafgesetzbuches zu einer solchen Tat auffordert.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nur für Straftaten, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen werden.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Hochverrat (§§ 81 bis 83);
3.
Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates
a)
in den Fällen des § 86 Absatz 1 und 2, wenn Propagandamittel im Inland wahrnehmbar verbreitet oder der inländischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und der Täter Deutscher ist oder seine Lebensgrundlage im Inland hat,
b)
in den Fällen des § 86a Absatz 1 Nummer 1, wenn ein Kennzeichen im Inland wahrnehmbar verbreitet oder in einer der inländischen Öffentlichkeit zugänglichen Weise oder in einem im Inland wahrnehmbar verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet wird und der Täter Deutscher ist oder seine Lebensgrundlage im Inland hat,
c)
in den Fällen der §§ 89, 90a Abs. 1 und des § 90b, wenn der Täter Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, und
d)
in den Fällen der §§ 90 und 90a Abs. 2;
4.
Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 100a);
5.
Straftaten gegen die Landesverteidigung
a)
in den Fällen der §§ 109 und 109e bis 109g und
b)
in den Fällen der §§ 109a, 109d und 109h, wenn der Täter Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes hat;
5a.
Widerstand gegen die Staatsgewalt und Straftaten gegen die öffentliche Ordnung
a)
in den Fällen des § 111, wenn die Aufforderung im Inland wahrnehmbar ist und der Täter Deutscher ist oder seine Lebensgrundlage im Inland hat,
b)
in den Fällen des § 127, wenn der Zweck der Handelsplattform darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten im Inland zu ermöglichen oder zu fördern und der Täter Deutscher ist oder seine Lebensgrundlage im Inland hat, und
c)
in den Fällen des § 130 Absatz 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, wenn ein in Absatz 2 Nummer 1 oder Absatz 3 bezeichneter Inhalt (§ 11 Absatz 3) in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, im Inland wahrnehmbar verbreitet oder der inländischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und der Täter Deutscher ist oder seine Lebensgrundlage im Inland hat;
6.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit
a)
in den Fällen der §§ 234a und 241a, wenn die Tat sich gegen eine Person richtet, die zur Zeit der Tat Deutsche ist und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat,
b)
in den Fällen des § 235 Absatz 2 Nummer 2, wenn die Tat sich gegen eine Person richtet, die zur Zeit der Tat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, und
c)
in den Fällen des § 237, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist oder wenn die Tat sich gegen eine Person richtet, die zur Zeit der Tat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat;
7.
Verletzung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen eines im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes liegenden Betriebs, eines Unternehmens, das dort seinen Sitz hat, oder eines Unternehmens mit Sitz im Ausland, das von einem Unternehmen mit Sitz im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes abhängig ist und mit diesem einen Konzern bildet;
8.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des § 174 Absatz 1, 2 und 4, der §§ 176 bis 178 und des § 182, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist;
9.
Straftaten gegen das Leben
a)
in den Fällen des § 218 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und Absatz 4 Satz 1, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist, und
b)
in den übrigen Fällen des § 218, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im Inland hat;
9a.
Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit
a)
in den Fällen des § 226 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 bei Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist, und
b)
in den Fällen des § 226a, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist oder wenn die Tat sich gegen eine Person richtet, die zur Zeit der Tat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat;
10.
falsche uneidliche Aussage, Meineid und falsche Versicherung an Eides Statt (§§ 153 bis 156) in einem Verfahren, das im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem Gericht oder einer anderen deutschen Stelle anhängig ist, die zur Abnahme von Eiden oder eidesstattlichen Versicherungen zuständig ist;
10a.
Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben (§§ 265c und 265d), wenn sich die Tat auf einen Wettbewerb bezieht, der im Inland stattfindet;
11.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen der §§ 324, 326, 330 und 330a, die im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone begangen werden, soweit völkerrechtliche Übereinkommen zum Schutze des Meeres ihre Verfolgung als Straftaten gestatten;
11a.
Straftaten nach § 328 Abs. 2 Nr. 3 und 4, Abs. 4 und 5, auch in Verbindung mit § 330, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist;
12.
Taten, die ein deutscher Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter während eines dienstlichen Aufenthalts oder in Beziehung auf den Dienst begeht;
13.
Taten, die ein Ausländer als Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter begeht;
14.
Taten, die jemand gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht;
15.
Straftaten im Amt nach den §§ 331 bis 337, wenn
a)
der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist,
b)
der Täter zur Zeit der Tat Europäischer Amtsträger ist und seine Dienststelle ihren Sitz im Inland hat,
c)
die Tat gegenüber einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr begangen wird oder
d)
die Tat gegenüber einem Europäischen Amtsträger oder Schiedsrichter, der zur Zeit der Tat Deutscher ist, oder einer nach § 335a gleichgestellten Person begangen wird, die zur Zeit der Tat Deutsche ist;
16.
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern (§ 108e), wenn
a)
der Täter zur Zeit der Tat Mitglied einer deutschen Volksvertretung oder Deutscher ist oder
b)
die Tat gegenüber einem Mitglied einer deutschen Volksvertretung oder einer Person, die zur Zeit der Tat Deutsche ist, begangen wird;
17.
Organ- und Gewebehandel (§ 18 des Transplantationsgesetzes), wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

11
Auch das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit steht jedenfalls derzeit einer Reststrafenaussetzung entgegen; denn nach den Ausführungen des Kammergerichts war in der Hauptverhandlung nicht erkennbar, dass sich der Angeklagte von seiner jihadistischen Grundeinstellung wirklich distanziert hätte. Auf diese Beurteilung der Geisteshaltung des Angeklagten kommt es für den Senat als Beschwerdegericht in besonderer Weise an; denn der Senat selbst hat keinen unmittelbaren Eindruck vom Angeklagten in der Hauptverhandlung gewonnen. Hinzu kommt, dass die Annahme der Fluchtgefahr kein sicheres Wissen um die sie begründenden Tatsachen voraussetzt. Sie müssen gerade nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen; insoweit genügt derselbe Wahrscheinlichkeitsgrad wie bei der Annahme des dringenden Tatverdachts (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 112 Rn. 22 mwN).

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Beschlagnahmen dürfen nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen einer Redaktion, eines Verlages, einer Druckerei oder einer Rundfunkanstalt darf nur durch das Gericht angeordnet werden.

(2) Der Beamte, der einen Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat. Der Betroffene kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen. Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach § 162. Der Betroffene kann den Antrag auch bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat; dieses leitet den Antrag dem zuständigen Gericht zu. Der Betroffene ist über seine Rechte zu belehren.

(3) Ist nach erhobener öffentlicher Klage die Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft oder eine ihrer Ermittlungspersonen erfolgt, so ist binnen drei Tagen dem Gericht von der Beschlagnahme Anzeige zu machen; die beschlagnahmten Gegenstände sind ihm zur Verfügung zu stellen.

(4) Wird eine Beschlagnahme in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Beschlagnahme in Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

6
aa) Ein Gegenstand hat dann potenzielle Bedeutung als Beweismittel, wenn die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, ihn im Verfahren zu Untersuchungszwecken in irgendeiner Weise zu verwenden. Geboten ist eine Ex-antePrognose , weil sich die tatsächliche Beweisbedeutung erst nach der Sicherstellung bei der Auswertung ergibt und abschließend erst im Rahmen der Gesamtwürdigung der Beweise in der Hauptverhandlung beurteilt werden kann. In welcher Weise der Gegenstand Beweisbedeutung haben kann, braucht zur Zeit der Sicherstellung noch nicht festzustehen (vgl. LR/Menges, StPO, 26. Aufl., § 94 Rn. 30 mwN).