Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2014 - I ZR 228/12

bei uns veröffentlicht am18.12.2014
vorgehend
Landgericht Köln, 31 O 352/11, 19.01.2012
Oberlandesgericht Köln, 6 U 38/12, 09.11.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 228/12
vom
18. Dezember 2014
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Koch, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 18. September 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge der Beklagten ist nicht begründet. Zu Unrecht meint die Anhörungsrüge , das Senatsurteil stelle sich als eine das rechtliche Gehör der Beklagten verletzende Überraschungsentscheidung dar.
2
I. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewährleistet das Recht der Verfahrensbeteiligten, vor einer gerichtlichen Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (BVerfGE 84, 188, 190). Auf einen Gesichtspunkt , mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht, darf das Gericht ohne vorherigen Hinweis oder Erörterung mit den Parteien nicht abstellen (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfGE 98, 218, 263). Das Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, vor einer Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen (BVerfGE 74, 1, 6; 84, 188, 190). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZR 237/12, MarkenR 2014, 343 Rn. 2 - BAVARIA).
3
II. Eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
4
1. Entgegen der Meinung der Anhörungsrüge liegt keine das rechtliche Gehör der Beklagten verletzende Überraschungsentscheidung darin, dass der Senat zu der Auffassung gelangt ist, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft einer abstrakten Farbmarke sei nicht notwendige Voraussetzung für die Annahme einer markenmäßigen Verwendung des angegriffenen Farbtons. Für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten war erkennbar, dass es sich bei der Frage der markenmäßigen Verwendung um eine der zentralen Rechtsfragen des Verfahrens handelte. Hierzu haben sich die Parteien im gesamten Rechtsstreit umfassend geäußert. Der Senat war deshalb nicht gehalten , die Beklagte auf diesen Gesichtspunkt und die Bedeutung einer normalen Kennzeichnungskraft der Klagemarke für die Annahme einer markenmäßigen Benutzung der beanstandeten Benutzungsformen ausdrücklich hinzuweisen.
5
a) Das Berufungsgericht hat die Farbmarke Gelb der Klägerin als jedenfalls normal kennzeichnungskräftig angesehen. Auf der Grundlage normaler Kennzeichnungskraft der Klagemarke hat es eine markenmäßige Verwendung der gelben Farbe in den angegriffenen Verwendungsformen der Beklagten bejaht. Dabei hat es maßgeblich auf die Verkehrsauffassung abgestellt, die durch die Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Markt der Sprachlernprodukte und die Verwendung des gelben Farbtons durch die Beklagte in Art einer Hausfarbe bestimmt wird. Dem Umstand, dass es keine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke festgestellt hat, hat das Beru- fungsgericht dagegen keine streitentscheidende Bedeutung beigemessen. Danach musste die Beklagte im Revisionsverfahren von sich aus in die Beurteilung einbeziehen, dass auch ohne gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke eine markenmäßige Verwendung der angegriffenen Benutzungsformen in Betracht kam. Für dieses Ergebnis spricht weiter, dass die Frage der Maßgeblichkeit der Verkehrsauffassung und der sie beeinflussenden Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Markt für die Beurteilung der markenmäßigen Verwendung aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats zu den maßgeblichen Grundsätzen gehört (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2007 - C-48/05, GRUR 2007, 318 Rn. 23 = WRP 2007, 299 - Opel/Autec; vgl. zu Art. 3 Abs. 3 auch EuGH, Urteil vom 6. Mai 2003 - C-104/01, Slg. 2003, I-3793 = GRUR 2003, 604 Rn. 62 - Libertel; BGH, Urteil vom 4. September 2003 - I ZR 23/01, BGHZ 156, 126, 136 f. - Farbmarkenverletzung I), die die Beteiligten eines Rechtsstreits von sich aus in ihre Beurteilung einbeziehen müssen. Hiervon ausgehend haben die Parteien im Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren zu der Bedeutung der Kennzeichnungskraft der abstrakten Farbmarke im Zusammenhang mit der Frage der markenmäßigen Verwendung des angegriffenen Farbtons kontrovers vorgetragen. Die Beklagte konnte angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht sicher davon ausgehen, dass eine markenmäßige Verwendung der angegriffenen Farbe nur in Betracht kommt, wenn die Klagemarke über gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt.
6
b) Im Übrigen ist die Frage, ob die kennzeichenmäßige Verwendung der Farbe Gelb in den beanstandeten Verwendungsformen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft voraussetzt, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen. Der Senatsvorsitzende hat bei der Einführung in den Sach- und Streitstand in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Frage aufgeworfen, ob die Annahme einer markenmäßigen Verwen- dung des angegriffenen gelben Farbtons zwingend voraussetzt, dass die Klagemarke über gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, oder ob die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem betroffenen Warensektor auch bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft die Annahme einer markenmäßigen Verwendung der Farbe Gelb auf Seiten der Beklagten rechtfertigen können. Dabei sind auch Gegenstand der Erörterung die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gewesen, die Verkehrsgewohnheiten bei zweisprachigen Wörterbüchern strahlten auf den Markt der Sprachlernsoftware aus und die Beklagte habe die Farbe Gelb als Wiedererkennungszeichen verwendet. Hierzu haben sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung äußern können und haben dies auch getan.
7
2. Die Anhörungsrüge macht ohne Erfolg geltend, auch die Entscheidung , das markenrechtliche Verletzungsverfahren nicht bis zum Abschluss des beim Senat anhängigen Löschungsverfahrens (I ZB 61/13) auszusetzen, sei überraschend und verletze den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
8
a) Die mit dem Ziel der Fortführung des Verfahrens eingelegte Anhörungsrüge kann mit dieser Begründung schon deshalb keinen Erfolg haben, weil damit eine Entscheidung des Senates herbeigeführt werden soll, mit der das vorliegende Verfahren gemäß § 148 ZPO bis zur Erledigung des Löschungsverfahrens ausgesetzt wird. Das Löschungsverfahren ist zwischenzeitlich durch den die Rechtsbeschwerde der Beklagten zurückweisenden Beschluss des Senates vom 23. Oktober 2014 (I ZB 61/13 - Langenscheidt Gelb) beendet worden. Damit fehlt es an einem anderen anhängigen Verfahren, das Voraussetzung für eine Aussetzungsanordnung im vorliegenden Rechtsstreit wäre.
9
b) Im Übrigen liegt ein entscheidungserheblicher Gehörsverstoß nicht darin , dass der Senat die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union "Sparkassen-Rot" (Urteil vom 19. Juni 2014 - C-217/13 und C-218/13, GRUR 2014, 776 = WRP 2014, 940 - Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander) nicht zum Anlass genommen hat, den vorliegenden Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Löschungsantrag auszusetzen.
10
Voraussetzung für eine Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO ist, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Löschung der Marke im registerrechtlichen Verfahren besteht, die die mit der Aussetzung verbundene Prozessverzögerung rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 2003 - I ZR 257/00, BGHZ 156, 112, 119 - Kinder I). Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Löschungsentscheidung hat der Senat nicht feststellen können. Darauf, dass die Beklagte insoweit einen anderen Rechtsstandpunkt vertritt, kommt es nicht an. Das Verfahren der Anhörungsrüge nach § 321a ZPO dient nicht dazu, die Senatsentscheidung nochmals inhaltlich zur Überprüfung zu stellen oder einer Partei die Möglichkeit zu eröffnen, mit dem Senat nach dessen Entscheidung ihren gegenteiligen Rechtsstandpunkt zu diskutieren.
Büscher Schaffert Koch
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2012 - 31 O 352/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.11.2012 - 6 U 38/12 -

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

2
I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - I ZB 68/10, GRUR 2012, 314 Rn. 12 - Medicus.log).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 23/01 Verkündet am:
4. September 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Farbmarkenverletzung I
Ein Klageantrag, der auf das Verbot gerichtet ist, eine als Marke geschützte
Farbe "als Kennzeichnung" zu benutzen, ist nicht hinreichend bestimmt.

a) Das für den Erwerb einer Benutzungsmarke im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG
notwendige Maß an Verkehrsgeltung eines Zeichens kann nicht in der Weise
festgelegt werden, daß einem prozentmäßig bestimmten Anteil der angesprochenen
Verkehrskreise bekannt sein müsse, daß das Zeichen für bestimmte
Waren oder Dienstleistungen auf die Herkunft aus einem bestimmten
Unternehmen hinweist. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die Umstände
des Einzelfalls.

b) Für die Anerkennung einer Benutzungsmarke an einem Zeichen, das in einer
Farbe ohne räumliche Begrenzung besteht, ist ein hoher Grad an Verkehrsgeltung
zu fordern.
Bei einer Farbmarke kann eine Markenidentität nur bei völliger Farbidentität
angenommen werden.
Das Recht aus einer abstrakten Farbmarke kann durch die Verwendung der
Farbe in einer Werbeanzeige nur dann verletzt werden, wenn der Verkehr darin
auch unter Berücksichtigung der sonstigen Elemente der Anzeige einen Herkunftshinweis
sieht. Je höher der durch Benutzung erworbene Grad der Kennzeichnungskraft
der Farbmarke ist, um so eher wird die Verwendung der Farbe
in einer Anzeige als Herkunftshinweis verstanden und ihr auch eine selbständig
kennzeichnende Funktion beigemessen werden.
BGH, Urt. v. 4. September 2003 - I ZR 23/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Schaffert und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Dezember 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und im übrigen teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. April 2000 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen insoweit geändert, als die Beklagte nach dem Hauptteil des Unterlassungsantrags und den darauf bezogenen Anträgen auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Verurteilung zur Auskunftserteilung verurteilt worden ist. Die Klage wird insoweit als unzulässig abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht hat die Klägerin 59,5 %, die Beklagte 40,5 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin 55 %, der Beklagten 45 % zur Last.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien bieten als Wettbewerber Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation an.
Die Klägerin, die Deutsche Telekom AG, verwendet - wie (ab 1990) ihre Rechtsvorgängerin - die Farbe magenta (Farbton RAL 4010) zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen und in ihrer Werbung. Sie ist seit 12. September 2000 Inhaberin der Farbmarke Nr. 395 52 630 "magenta" (RAL 4010), die am 27. Dezember 1995 angemeldet und aufgrund des Beschlusses des Bundespatentgerichts vom 19. April 2000 im Hinblick auf die nachgewiesene Verkehrsdurchsetzung (u.a. für Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation ) eingetragen worden ist. Darüber hinaus ist die Klägerin Inhaberin einer am 3. August 2000 eingetragenen Gemeinschaftsfarbmarke "magenta".
Die Beklagte warb am 1., 5., 8. und 13. März 1999 mit Zeitungsanzeigen, die nachstehend im Klageantrag wiedergegeben sind, für ihre Dienstleistungen. In den Anzeigen sind die Werbeslogans (in der Anzeige vom 13.3.1999 statt dessen die Hauptaussage), die Preisangaben und die Netzbetreiberkennzahl 0 10 19 der Beklagten in einer magenta jedenfalls sehr ähnlichen Farbe, die
sonstigen Teile der Anzeigen (insbesondere die Bildbestandteile und die Texte) in schwarz/weiß oder weiß gehalten. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Rechte aus ihrer eingetragenen Marke Nr. 395 52 630 und für den Zeitraum vor deren Eintragung aus einer kraft Verkehrsgeltung erworbenen Farbmarke geltend.
Die Klägerin hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt ,
I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es bei Meidung der im einzelnen bezeichneten Ordnungsmittel zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr Telefondienstleistungen unter der Kennzeichnung Farbe "magenta" anzubieten, zu erbringen oder zu bewerben, insbesondere wenn dies geschieht wie in den nachfolgend in Farbe einkopierten Anzeigen:
2. Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte Handlungen gemäß vorstehend 1. begangen hat, und zwar jeweils unter Angabe der erzielten Umsätze und unter Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, letzteres unter Angabe der Werbeaufwendungen , aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungsgebiet und Verbreitungszeit; II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entsteht. Die Beklagte hat dagegen u.a. vorgebracht, bei den angegriffenen Anzeigen stehe die Farbe magenta nicht im Vordergrund. Die Voraussetzungen für einen Markenschutz kraft Verkehrsgeltung lägen nicht vor. In der Zeit vor der Eintragung der Farbmarke habe sie jedenfalls schuldlos gehandelt.
Das Landgericht hat der Klage im Umfang des vorstehend wiedergegebenen Klageantrags - unter Einschränkung der Umsatzauskunft auf ein Jahr nach Erscheinen der Anzeigen - stattgegeben. Es hat die Klage abgewiesen, soweit sie auch gegen die Verwendung der Farbkombination grau/magenta gerichtet war.
Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Die Klägerin hat beantragt, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß im vorliegenden Verfahren nicht über die Ansprüche entschieden werde, die Gegenstand des Verfahrens 12 O 40/99 LG Düsseldorf (= 27 U 26/00 OLG Düsseldorf) seien, nämlich die Ansprüche auf Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre Netzbetreiberkennzahl 0 10 19 in der Weise zu bewerben, daß die Ziffern blickfangartig in der Farbe magenta (mit oder ohne Rahmen um die einzelne Ziffer) dargestellt werden.
Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten insoweit stattgege- ben, als es den Antrag, sie zu verurteilen, Auskunft über die erzielten Umsätze zu erteilen, insgesamt abgewiesen hat. Die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen , daß es von dem Unterlassungsgebot in Ausspruch zu I.1. des angefochtenen Urteils die Fälle ausgenommen hat, "in denen die Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre Netzbetreiberkennzahl 0 10 19 in der Weise bewirbt, daß die Ziffern blickfangartig in der Farbe 'magenta' (mit oder ohne Rahmen um die einzelne Ziffer) dargestellt werden".
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Die Revision der Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung nach dem Hauptteil des Unterlassungsantrags und die darauf Bezug nehmenden Nebenansprüche wendet, da die Klage insoweit unzulässig ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptteil des Unterlassungsantrags als hinreichend bestimmt angesehen. Der Klageantrag richte sich entsprechend seinem Wortlaut und seiner Begründung nur gegen kennzeichenmäßige Benutzungen der Farbe magenta. Der Begriff "kennzeichenmäßig" möge zwar in Randbereichen unscharf sein, eine genauere Beschreibung sei der Klägerin jedoch nicht möglich. Der Streit der Parteien gehe auch nicht darüber, daß die
Beklagte die Farben, die Anlaß zu dem Rechtsstreit gegeben hätten, kennzeichenmäßig benutzt habe. Dem kann nicht zugestimmt werden. II. 1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 38/00, GRUR 2002, 1088, 1089 = WRP 2002, 1269 - Zugabenbündel; Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, WRP 2003, 1103, 1105 - Erbenermittler, jeweils m.w.N.). Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen).
2. Mit dem Hauptteil ihres Unterlassungsantrags hat die Klägerin vor dem Landgericht beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, "im geschäftlichen Verkehr Telefondienstleistungen unter der Kennzeichnung Farbe 'magenta' anzubieten, zu erbringen oder zu bewerben". Im Berufungsverfahren hat sie von diesem Antrag lediglich Fälle ausgenommen, in denen die Beklagte die Ziffern ihrer Netzbetreiberkennzahl in der Werbung blickfangartig in der Farbe magenta darstellt. Der gestellte Antrag ist unbestimmt, weil mit ihm nach seinem Wortlaut und nach der ausdrücklichen Erklärung der Klägerin im Berufungsverfahren jede kennzeichenmäßige Nutzung der durch RAL 4010 definierten Farbe magenta - auch unabhängig von den konkret angegriffenen Anzeigen - verboten werden soll.
Die Verwendung von Begriffen wie "markenmäßig" in einem Klageantrag zur Kennzeichnung der zu untersagenden Benutzungshandlung ist allerdings
vielfach nach den Umständen des Einzelfalls unbedenklich, wenn zum Verständnis der Begriffe auf die mit der Klage beanstandete konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegründung zurückgegriffen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 236/88, GRUR 1991, 138 - Flacon; Urt. v. 10.10.1991 - I ZR 136/89, GRUR 1992, 130, 131 = WRP 1992, 96 - Bally/ BALL). Es ist nicht grundsätzlich und generell unzulässig, in einem Klageantrag auslegungsbedürftige Begriffe zu verwenden. Es kommt vielmehr maßgeblich auch darauf an, ob sich der benutzte Begriff auf den Kern der mit dem begehrten Verbot zu treffenden Regelung bezieht oder nur auf mehr oder weniger theoretische Randfragen (vgl. BGH GRUR 2002, 1088, 1089 - Zugabenbündel, m.w.N.).
Im vorliegenden Fall bliebe aber bei einer Verurteilung nach dem Hauptteil des Unterlassungsantrags weitgehend offen, welche Formen der Verwendung der Farbe magenta als kennzeichenmäßig anzusehen sind. Die Klägerin stützt ihre Klage u.a. auf ihre Inhaberschaft an einer abstrakten Farbmarke, deren Schutzumfang eine unbestimmte Vielzahl konkreter Gestaltungen umfassen kann. Ein Markenschutz für eine Farbe ohne räumliche Begrenzung gibt keinen Schutz gegen deren Verwendung in jedweder Form. Eine rechtmäßige Farbverwendung bleibt in vielfältiger Art und Weise möglich. Die Abgrenzung zwischen einer in das Schutzrecht eingreifenden kennzeichenmäßigen Benutzung oder einer etwa nur dekorativen Verwendung der Farbe kann im Einzelfall schwierig sein. Sie darf nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 26.6.1997 - I ZR 14/95, GRUR 1998, 165, 167 = WRP 1998, 51 - RBB). Das schutzwürdige Interesse der Beklagten an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen überwiegt hier sehr deutlich das Interesse der Klägerin an einem wirksamen Rechtsschutz.
III. Aus den vorstehend dargelegten Gründen sind auch die auf den Hauptteil des Unterlassungsantrags bezogenen Anträge auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht nicht hinreichend bestimmt.
B. Die Revision der Beklagten ist jedoch zurückzuweisen, soweit sie sich auch gegen die Verurteilung nach dem "Insbesondere"-Teil des Unterlassungsantrags und der darauf Bezug nehmenden Nebenansprüche wendet. Insoweit richtet sich der Unterlassungsantrag gegen die konkret beanstandeten Verletzungsformen.
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag, soweit sich dieser auf die Verwendung der Farbe magenta in den konkret angegriffenen Werbeanzeigen der Beklagten bezieht, als begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt :
Die Klägerin sei nunmehr Inhaberin der eingetragenen Farbmarke "magenta". Werde die Farbe magenta von der Beklagten wie in den beanstandeten Anzeigen benutzt, um die eigenen Dienstleistungen zu kennzeichnen, werde die Klagemarke identisch verletzt. Dabei sei es unerheblich, ob die benutzte Farbe mit magenta identisch sei, weil sie dieser Farbe jedenfalls sehr ähnlich sei. Die Farbe magenta sei in den Anzeigen der Beklagten kennzeichenmäßig benutzt worden. Die großflächige, im Vordergrund stehende Gestaltung von Netzbetreiberkennzahl, Preisangaben und Werbeslogans in der Farbe magenta weise auf die eigenen Dienstleistungen der Beklagten hin.
Es bestehe Begehungsgefahr. Die Farbmarke der Klägerin sei zwar erst nach dem Erscheinen der Werbeanzeigen eingetragen worden; die Beklagte
habe jedoch eine Erstbegehungsgefahr begründet, weil sie ihre Anzeigen noch in der letzten mündlichen Verhandlung als rechtmäßig verteidigt habe.
Die Beklagte habe durch die angegriffenen Anzeigen zudem die Benutzungsmarke (§ 4 Nr. 2 MarkenG) verletzt, die der Klägerin schon vor der Eintragung der entsprechenden Farbmarke zugestanden habe. Durch Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil und ein eigenes, den Parteien bekanntes Urteil hat das Berufungsgericht dazu folgendes festgestellt: Eine im April/Mai 1998 durchgeführte Verkehrsbefragung habe ergeben, daß die Farbe magenta für 58 % der Bevölkerung bei Waren oder Dienstleistungen rund um das Telefon auf ein bestimmtes Unternehmen hinweise. Der Bekanntheitsgrad der Farbe als Kennzeichen der Klägerin sei bis zum Erscheinen der angegriffenen Werbung im März 1999 eher noch gewachsen. Nach einer Verkehrsbefragung im September 1999 hätten 68,4 % der Bevölkerung die Farbe magenta bei Waren und Dienstleistungen rund um das Telefon ausdrücklich der Klägerin zugeordnet. Die Verkehrsgeltung von magenta als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen habe damals 70,4 % betragen. Die kennzeichenmäßige Benutzung der Farbe magenta in den Anzeigen der Beklagten habe eine Wiederholungsgefahr begründet.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, es zu unterlassen, für Telefondienstleistungen unter Benutzung der Farbe magenta zu werben, wenn dies wie in den vier angegriffenen Anzeigen geschieht (§ 14 Abs. 5 MarkenG). Dieser Anspruch steht der Klägerin schon unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zu, weil die Beklagte durch die Anzeigen das Recht der Klä-
gerin an einer Benutzungsmarke (§ 4 Nr. 2 MarkenG) verletzt hat, die denselben Gegenstand wie die später eingetragene Farbmarke "magenta" hatte.

a) An einem Zeichen, das in einer Farbe ohne räumliche Begrenzung besteht , können nach § 4 Nr. 2 MarkenG die Rechte einer Benutzungsmarke erworben werden, wenn die allgemeinen Kriterien der Markenfähigkeit (§ 3 MarkenG) gegeben sind und für das Zeichen durch Benutzung Verkehrsgeltung erlangt worden ist (vgl. BGHZ 140, 193, 195 - Farbmarke gelb/schwarz; BGH, Beschl. v. 19.9.2001 - I ZB 3/99, GRUR 2002, 427, 428 = WRP 2002, 450 - Farbmarke gelb/grün, m.w.N.; vgl. weiter EuGH, Urt. v. 6.5.2003 - Rs. C-104/01, GRUR 2003, 604, 607 Tz. 42 und 67 = WRP 2003, 735 - Libertel; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 4 Rdn. 18 f.; Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 4 Rdn. 7). Dies ist bei der Farbe magenta bezogen auf Telekommunikationsdienstleistungen der Fall (BGH, Beschl. v. 25.3.1999 - I ZB 24/98, Umdruck S. 4).

b) Die Klägerin hatte bei Erscheinen der Anzeigen im März 1999 für die Farbe magenta als Kennzeichen ihrer Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation die erforderliche Verkehrsgeltung.
aa) Das für den Erwerb einer Benutzungsmarke im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG notwendige Maß an Verkehrsgeltung eines Zeichens kann nicht in der Weise festgelegt werden, daß einem prozentmäßig bestimmten Anteil der angesprochenen Verkehrskreise bekannt sein müsse, daß das Zeichen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinweist (vgl. Ströbele/Hacker aaO § 4 Rdn. 47 ff.; Ingerl/Rohnke aaO § 4 Rdn. 17 ff.). Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die Umstände des Einzelfalls.
Bei Farbzeichen gehört dazu insbesondere der Umstand, daß die Allgemeinheit angesichts der geringen Zahl der tatsächlich verfügbaren Farben ein Interesse daran hat, daß der Bestand an verfügbaren Farben nicht mit wenigen Markenrechten erschöpft wird (vgl. - zur Registermarke - EuGH GRUR 2003, 604, 607 f. Tz. 54 f., 60 - Libertel). Für die Anerkennung einer Benutzungsmarke an einem Zeichen, das in einer Farbe ohne räumliche Begrenzung besteht, ist deshalb grundsätzlich ein höherer Grad an Verkehrsgeltung zu fordern als bei normal kennzeichnungskräftigen Zeichen, bei denen kein besonderes Freihalteinteresse gegeben ist (vgl. dazu auch - noch zu § 25 WZG - BGH, Urt. v. 20.3.1997 - I ZR 246/94, GRUR 1997, 754, 755 = WRP 1997, 748 - grau/ magenta, m.w.N.; vgl. weiter Ströbele/Hacker aaO § 4 Rdn. 51 f.; Ingerl/Rohnke aaO § 4 Rdn. 21; v. Schultz, Markenrecht, § 4 Rdn. 10 ff.; Caldarola, Farbenschutz in Deutschland, den Vereinigten Staaten und Japan, 2001, S. 57).
bb) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen dafür, daß die Klägerin eine Benutzungsmarke erworben hat, rechtsfehlerfrei bejaht. Nach den getroffenen Feststellungen ist die Farbe magenta auf dem Gebiet der Telekommunikation ungewöhnlich; sie wird im wesentlichen nur von der Klägerin benutzt. Unter diesen besonderen Umständen war der Grad der Verkehrsgeltung in der Bevölkerung von zumindest 58 %, der für den Kollisionszeitraum festgestellt worden ist, für die Entstehung einer Benutzungsmarke ausreichend.

c) Die Beklagte hat die Benutzungsmarke der Klägerin - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht durch Benutzung eines identischen Zeichens verletzt (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Bei einer Farbmarke kann eine Markenidentität nur bei völliger Farbidentität angenommen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 57/98, GRUR 2001, 1154, 1156 = WRP 2001, 1198 - Farbmarke violettfarben; Ströbele, Festschrift für Erdmann, 2002, S. 491, 507;
Sack, WRP 2001, 1022, 1025). Eine Farbidentität ist jedoch nicht festgestellt. Das Berufungsgericht hat lediglich dargelegt, daß die Beklagte in ihrer Werbung für identische Dienstleistungen eine Farbe kennzeichenmäßig verwendet hat, die der Farbe magenta (RAL 4010) jedenfalls sehr ähnlich ist.

d) Die Beklagte hat jedoch die von der Klägerin für Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation erworbene Benutzungsmarke "magenta" dadurch verletzt, daß sie in den vier Werbeanzeigen für identische Dienstleistungen eine Farbe als Kennzeichen benutzt hat, die mit der als Marke geschützten Farbe magenta verwechslungsfähig ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 5 MarkenG).
aa) Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte in den angegriffenen Anzeigen die Farbe - einen magenta zumindest sehr ähnlichen Farbton - als solche kennzeichenmäßig benutzt hat.
(1) Das Recht aus einer abstrakten Farbmarke kann durch eine Werbeanzeige nur dann verletzt werden, wenn die Farbe darin als Herkunftshinweis verwendet wird. Für die Farbmarke gilt insoweit nichts anderes als für andere Markenformen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - Rs. C-206/01, GRUR 2003, 55, 57 f. Tz. 51 ff. = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club plc; BGH, Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 60/99, GRUR 2002, 809, 811 = WRP 2002, 982 - FRÜHSTÜCKS -DRINK I; Urt. v. 5.12.2002 - I ZR 91/00, GRUR 2003, 332, 333 f. = WRP 2003, 521 - Abschlußstück, zum Abdruck in BGHZ 153, 131 vorgesehen). Wird eine Farbe in einer Werbeanzeige verwendet, besteht allerdings besonderer Anlaß zu prüfen, ob dies herkunftshinweisend geschieht.
Bei dieser Prüfung ist auf das Verständnis des angesprochenen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 606, 608 Tz. 46, 63 - Libertel; BGH GRUR 2003, 332, 334 - Abschlußstück). Bei Dienstleistungen der Telekommunikation gehören alle Verbraucher zu den maßgeblichen Verkehrskreisen. Die Verbraucher sehen in einer Farbe nicht in erster Linie einen Herkunftshinweis. Sie sind es nicht gewohnt, der Verwendung einer Farbe in der Werbung ohne Hinzutreten von graphischen Elementen oder Wortelementen einen Herkunftshinweis zu entnehmen, da eine Farbe als solche - zumindest bisher - in der Regel nicht zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verwendet wird (vgl. - zur Verwendung von Farben auf Waren oder deren Verpackungen - EuGH GRUR 2003, 604, 606, 608 Tz. 27, 65 f. - Libertel

).


Nur ausnahmsweise kann angenommen werden, daß der Verkehr eine Farbe in einer Anzeige nicht nur als Gestaltungsmittel, sondern als Herkunftshinweis auffaßt. Dazu ist es erforderlich, daß die Farbe als solche im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, daß sie als Kennzeichnungsmittel verstanden wird (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 175 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; vgl. auch Ströbele aaO S. 503; Grabrucker, WRP 2000, 1331, 1341).
(2) Die Frage, ob eine kennzeichenmäßige Benutzung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, deren Beurteilung aber weitgehend von tatsächlichen Feststellungen über das Verkehrsverständnis abhängt, die vom Tatrichter zu treffen sind (vgl. Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rdn. 99).
Das Berufungsgericht hat - entgegen der Ansicht der Revision - dem Gesamtbild der angegriffenen Anzeigen zu Recht entnommen, daß der darin ver-
wendete, der Farbe magenta zumindest sehr ähnliche Farbton herkunftshinwei- send benutzt worden ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind insoweit allerdings knapp ausgefallen; sie können jedoch vom Senat auf der Grundlage des feststehenden Sachverhalts ohne weiteres ergänzt werden. Die Anzeigen unterscheiden sich in den hier maßgeblichen Gesichtspunkten nur unwesentlich voneinander. Eine Einzelbetrachtung ist daher ausnahmsweise entbehrlich.
Ein Verständnis, daß die Farbe in den angegriffenen Anzeigen zur Werbung für Telefondienstleistungen kennzeichenmäßig benutzt wurde, lag im Kollisionszeitraum ohnehin sehr nahe, weil magenta nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts eine ungewöhnliche Farbe ist, schon damals eine "Hausfarbe" der Klägerin mit einer Verkehrsgeltung von jedenfalls 58 % war und trotz der Eigenschaft als Signalfarbe auf dem Gebiet der Telekommunikation im wesentlichen nur von der Klägerin benutzt wurde. Die entsprechende Gewöhnung des Verkehrs, bei Telefondienstleistungen in der Farbe magenta einen Herkunftshinweis zu sehen, und die durch Benutzung erworbene Kennzeichnungskraft des Klagezeichens führen dazu, daß der Verkehr die Farbe auch bei einer Verwendung in einer Werbeanzeige für solche Dienstleistungen um so eher als Herkunftshinweis auffaßt und ihr eine selbständig kennzeichnende Funktion beimißt (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 21/98, GRUR 2001, 158, 160 = WRP 2001, 41 - Drei-StreifenKennzeichnung ; BGH GRUR 2002, 171, 173 - Marlboro-Dach; BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 122/00, GRUR 2003, 880, 881 = WRP 2003, 1228 - City Plus).
In den Anzeigen ist die verwendete Farbe, die magenta sehr ähnlich ist, nicht nur die einzige Farbe, sondern auch das wichtigste - und signalhaft eingesetzte - Gestaltungsmittel. Nicht nur der Blickfang ist jeweils in dieser Farbe gehalten (in den Anzeigen vom 1., 5. und 8.3.1999 die Werbeslogans, in der Anzeige vom 13.3.1999 die Hauptaussage); auch die Netzbetreiberkennzahl
und die in großer Schrift gedruckten Hauptaussagen, aus denen zugleich unmittelbar erkennbar ist, daß Telefondienstleistungen beworben werden, sind in dieser Farbe herausgestellt. Die anderen Elemente, die beim Betrachten der Anzeigen unmittelbar in den Blick treten, nehmen ihr nicht die Wirkung als Herkunftshinweis.
Die Herausstellung der Netzbetreiberkennzahl der Beklagten kann an der Annahme, daß die verwendete Farbe auf ein bestimmtes Unternehmen als Werbetreibenden hinweist, schon deshalb nichts ändern, weil nicht ersichtlich ist, daß der Verkehr die Netzbetreiberkennzahl einem anderen Unternehmen als demjenigen zuordnet, mit dem es die Farbe magenta verbindet. Für ihre gegenteilige Ansicht hat die Revision nicht - wie erforderlich - auf Vorbringen in den Vorinstanzen verwiesen.
Der Abdruck des Firmenschlagworts der Beklagten "MOBILCOM" auf den angegriffenen Anzeigen steht der Annahme einer kennzeichenmäßigen Benutzung der magenta sehr ähnlichen Farbe nicht entgegen. Das Firmenschlagwort wird erst bei näherer Betrachtung wahrgenommen, da es in schwarz/weiß und am unteren Rand der Anzeigen wiedergegeben ist, nur ein wenig die blickfangartig herausgestellte Netzbetreiberkennzahl abdeckend. Es ist daher nicht geeignet , den Herkunftshinweis zu beseitigen, der mit der Verwendung des Farbtons magenta gegeben wird. Gleiches gilt für sonstige Elemente der Anzeigen.
bb) Die Farbgestaltung der angegriffenen Anzeigen, die - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - vom Verkehr als selbständiges Kennzeichnungsmittel aufgefaßt wird, war mit der damals bereits bestehenden Benutzungsmarke der Klägerin verwechslungsfähig (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die Revision hat die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der Farbton in den Anzeigen der Beklagten dem Farbton magenta jedenfalls sehr ähnlich ist, nicht angegrif-
fen. Die Verwechslungsgefahr wird dadurch erhöht, daß die angesprochenen Verbraucher, wenn sie - wie hier - auf ihr Erinnerungsvermögen angewiesen sind, geringe Unterschiede in den Farbtönen kaum feststellen können (vgl. dazu auch EuGH GRUR 2003, 604, 607 Tz. 47 - Libertel).
2. Das Berufungsgericht hat danach auch rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den durch die Verletzung ihrer Benutzungsmarke entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 14 Abs. 6 MarkenG). Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verschulden sind nicht angegriffen. Der Auskunftsanspruch ist als Hilfsanspruch zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs gegeben.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Schaffert Asendorf

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I Z B 6 1 / 1 3 Verkündet am:
23. Oktober 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Langenscheidt-Gelb
a) Für eine markenmäßige Verwendung einer Farbe spricht deren langjährige und durchgängige
Verwendung durch den Marktführer im gesamten Produktsegment (hier: zweisprachige
Wörterbücher in Printform). In diesem Fall steht der Annahme einer markenmäßigen Verwendung
der Umstand nicht entgegen, dass die Farbe zusammen mit weiteren Kennzeichen
verwendet wird.
b) Ob der Verbraucher in einer konturlosen Farbmarke einen betrieblichen Herkunftshinweis
sieht, kann durch demoskopische Untersuchungen nur festgestellt werden, wenn Gegenstand
der Befragung ein Muster der Farbe und nicht die konkrete Form der Verwendung zusammen
mit weiteren Zeichen ist.
c) Für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten Farbmarke im Sinne von § 8
Abs. 3 MarkenG ist kein deutlich über 50% liegender Durchsetzungsgrad erforderlich.
d) Liegt zwischen Anmeldetag und Zeitpunkt der Fertigung eines demoskopischen Gutachtens
ein großer Zeitraum (hier: 13 Jahre), schließt dies grundsätzlich die Annahme aus, dass das
Ergebnis des Gutachtens auf den Anmeldetag bezogen werden kann. Etwas anderes kann
nur in besonderen, an strenge Voraussetzungen geknüpften Fallgestaltungen gelten. Von
einem solchen Ausnahmefall ist auszugehen, wenn in speziellen Warenbereichen die in
Frage stehenden Produkte sich nicht rasch ändern, die Marktentwicklung über lange Zeiträume
zuverlässig beurteilt werden kann und die für die Verkehrsdurchsetzung sprechenden
Umstände eindeutig sind.
BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2014 - I ZB 61/13 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher,
die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin
Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 5. August 2013 an Verkündungs Statt zugestellten Beschluss des 29. Senats (MarkenBeschwerdesenats ) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 500.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
A. Für die Markeninhaberin ist seit dem 4. Januar 2010 die abstrakte Farbmarke Nr. 396 12 858 "Gelb" (HKS 5) als verkehrsdurchgesetztes Zeichen für zweisprachige Wörterbücher in Printform mit Priorität vom 7. März 1996 eingetragen (vgl. BPatG, Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 29 W [pat] 1/09, juris).
2
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt, weil die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen und freihaltebedürftigen Marke nicht vorlägen.
3
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschluss vom 5. August 2013 - 29 W [pat] 90/12, juris). Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Markeninhaberin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
4
B. Das Bundespatentgericht hat angenommen, Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 MarkenG lägen nicht vor. Die angegriffene Marke habe die Schutzhindernisse der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und des Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens überwunden. Selbst wenn die Marke entgegen § 37 Abs. 2 MarkenG zu Unrecht mit Priorität des Anmeldetages eingetragen worden sein sollte, stelle dies keinen Löschungsgrund im Sinne des § 50 Abs. 1 MarkenG dar.
5
C. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg. Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen.

6
I. Die ohne Beschränkung auf einen abgrenzbaren Teil zugelassene Rechtsbeschwerde eröffnet dem Rechtsbeschwerdegericht die volle rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass es auf die Entscheidung der als Zulassungsgrund angeführten Rechtsfragen beschränkt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1995 - I ZB 27/93, BGHZ 130, 187, 191 - Füllkörper; Beschluss vom 16. Juli 2009 - I ZB 53/07, BGHZ 182, 325 Rn. 14 - Legostein; Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12, GRUR 2014, 483 Rn. 8 = WRP 2014, 438 - test).
7
II. Das Bundespatentgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (dazu II 1) im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden ist (dazu II 2).
8
1. Das Bundespatentgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, das angegriffene Zeichen habe von Haus aus nicht über die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft verfügt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
9
a) Gemäß § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke zu löschen, wenn ihr im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - C-398/08, Slg. 2010, I-535 = GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 8 = WRP 2012, 337 - Link economy; Beschluss vom 4. April 2012 - I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 Rn. 7 = WRP 2012, 1396 - Starsat; Beschluss vom 22. November2012 - I ZB 72/11, GRUR 2013, 731 Rn. 11 = WRP 2013, 909 - Kaleido). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Rn. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben; Beschluss vom 24. Juni 2010 - I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100 Rn. 10 = WRP 2010, 1504 - TOOOR!; Beschluss vom 10. Juli 2014 - I ZB 18/13, GRUR 2014, 872 = WRP 2014, 1062 - Gute Laune Drops).
10
b) Diese Grundsätze finden auch bei abstrakten Farbmarken Anwendung , bei denen kein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei anderen Markenformen (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - C-447/02, Slg. 2004, I-10107 = GRUR Int. 2005, 227 Rn. 78 - Farbe Orange). Allerdings ist bei bestimmten Markenkategorien zu beachten, dass sie vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie eine herkömmliche Wortoder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Häufig schließen Verbraucher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung oder aus der Farbe eines Produkts nicht auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen (EuGH, Urteil vom 6. Mai 2003 - C-104/01, Slg. 2003, I-3793 = GRUR 2003, 604 Rn. 65 - Libertel; Urteil vom 24. Juni 2004 - C-49/02, Slg. 2004, I-6129 = GRUR 2004, 858 Rn. 38 f. - Heidelberger Bauchemie; Urteil vom 7. Oktober 2004 - C-136/02, Slg. 2004, I-9165 = GRUR Int. 2005, 135 Rn. 30 - Mag Lite; EuGH, GRUR Int. 2005, 227 Rn. 78 - Farbe Orange). Zudem ist bei abstrakten Farbmarken auch im Rahmen der Prüfung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 - Libertel; GRUR 2004, 858 Rn. 41 - Heidelberger Bauchemie).
11
Dementsprechend ist bei abstrakten Farbmarken auch unter Zugrundelegung des beschriebenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon auszugehen, dass solchen Marken im Allgemeinen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt (BGH, Beschluss vom 19. November 2009 - I ZB 76/08, GRUR 2010, 637 Rn. 13 = WRP 2010, 888 - Farbegelb). Anhaltspunkte dafür, dass im hier zu entscheidenden Fall ausnahmsweise eine andere Beurteilung und die Annahme von originärer Unterscheidungskraft gerechtfertigt wären, sind nicht ersichtlich.
12
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft sei im Wege der Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden.
13
a) Zu Recht ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass die Markeninhaberin die gelbe Farbe markenmäßig benutzt hat.
14
aa) Eine Verkehrsdurchsetzung als Herkunftshinweis setzt grundsätzlich eine Verwendung der Kennzeichnung als Marke, also eine markenmäßige und damit nicht lediglich eine beschreibende Verwendung voraus. Die Tatsache, dass die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen herrührend erkannt wird, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke beruhen. Die Benutzung muss dazu dienen, dass die angesprochenen Verkehrs- kreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend identifizieren (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Rn. 64 - Philips/Remington; Urteil vom 19. Juni 2014 - C-217/13 und C-218/13, GRUR 2014, 776 Rn. 40 = WRP 2014, 940 - Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008 - I ZB 24/05, GRUR 2008, 710 Rn. 23 = WRP 2008, 1087 - VISAGE; Beschluss vom 23. Oktober 2008 - I ZB 48/07, GRUR 2009, 669 Tz. 18 = WRP 2009, 815 - POST II).
15
Bei der Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf der Ware oder deren Verpackung kann davon nur ausnahmsweise ausgegangen werden. Die angesprochenen Verkehrskreise sind es in vielen Produktbereichen und Dienstleistungssektoren nicht gewohnt, der Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf einer Warenverpackung ohne Hinzutreten von graphischen Elementen oder Wortelementen einen Herkunftshinweis zu entnehmen, weil eine Farbe als solche in der Regel nicht zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, sondern nur als Gestaltungsmittel verwendet wird (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 65 - Libertel; BGH, Urteil vom 4. September 2003 - I ZR 23/01, BGHZ 156, 126, 137 - Farbmarkenverletzung I; Urteil vom 4. September 2003 - I ZR 44/01, GRUR 2004, 154 = WRP 2004, 232 - Farbmarkenverletzung II; Urteil vom 7. Oktober 2004 - I ZR 91/02, GRUR 2005, 427, 428 = WRP 2005, 616 - Lila-Schokolade; Urteil vom 22. September 2005 - I ZR 188/02, BGHZ 164, 139, 145 - Dentale Abformmasse; BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 15 f. - Farbe gelb). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt aber in Betracht, wenn der Verkehr aufgrund von Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Warengebiet oder Dienstleistungssektor an die Verwendung von Farben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 28 - Farbe gelb), oder wenn die Farbe im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, dass die angesprochenen Verkehrs- kreise sie als Produktkennzeichen verstehen (vgl. BGH, GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade; BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 228/12, GRUR 2014, 1101 Rn. 23 = WRP 2014, 1314 - Gelbe Wörterbücher).
16
bb) Die Annahme des Bundespatentgerichts, dass die Farbe Gelb von der Markeninhaberin als Marke verwendet worden ist, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
17
(1) Maßgeblich für die Prüfung einer markenmäßigen Verwendung eines Zeichens sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem betroffenen Waren- oder Dienstleistungssektor , anhand derer die Funktion der benutzten Farbe zu bestimmen ist (vgl. zu § 14 MarkenG BGH, Versäumnisurteil vom 22. Juli 2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang; Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 92/08, GRUR 2010, 838 Rn. 20 = WRP 2010, 1043 - DDR-Logo; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 137 f.). Ist eine Gewöhnung des Verkehrs an Farben als Kennzeichnungsmittel eingetreten, wirkt die konkret beanspruchte Farbe regelmäßig herkunftshinweisend (vgl. BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 28 - Farbe gelb).
18
(2) Das Bundespatentgericht hat in der angefochtenen Entscheidung auf seinen im Eintragungsverfahren ergangenen Beschluss vom 28. Oktober 2009 (29 W [pat] 1/09, juris) Bezug genommen. Weiter hat es ausgeführt, die Markeninhaberin habe bereits im Jahr 2009 in der Branche der zweisprachigen Wörterbücher über einen herausragenden Marktanteil von 60% verfügt, in den vorangegangenen elf Jahren rund 21,4 Millionen zweisprachige Wörterbücher verkauft und in den acht Jahren vor der Eintragung jährlich für Werbung rund 1,4 Mio. € aufgewandt. Die Markeninhaberin sei in stets gleichbleibender Weise mit gelber Farbe und blauem "L" am Markt aufgetreten. Dies sei den Mitgliedern des Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts als Teil der angesprochenen Verkehrskreise bekannt. Die Markeninhaberin habe seit dem Jahr 1956 zweisprachige Wörterbücher zunächst in hellgelber Farbe und seit dem Jahr 1986 in dem Farbton der Marke vertrieben. Das Warensegment der Wörterbücher - wie im Übrigen die gesamte Branche der Druckereierzeugnisse "Bücher" - zeichne sich durch besondere Kennzeichnungsgewohnheiten aus. Das angesprochene Publikum sei bei Druckereierzeugnissen an die gleichzeitige Verwendung mehrerer Zeichen auf dem Einband wie Farben, Bildzeichen und Wortzeichen als Herkunftshinweis gewöhnt und könne daher auch die Farbe als selbständige Marke erkennen.
19
(3) Diese Feststellungen rechtfertigen die Annahme einer markenmäßigen Benutzung des angegriffenen Zeichens.
20
Ob den Feststellungen des Bundespatentgerichts, dass in dem gesamten Warenbereich der Druckereierzeugnisse "Bücher" der Verkehr die Umschlagfarbe als selbständige Marke erkennen könne, in dieser Allgemeinheit gefolgt werden kann, braucht nicht entschieden zu werden. Darauf kommt es vorliegend nicht an.
21
Jedenfalls auf dem Gebiet der zweisprachigen Wörterbücher kann angesichts der festgestellten Dauer der Verwendung der als Marke eingetragenen Farbe, der Zahl der verkauften Exemplare zweisprachiger Wörterbücher und des Werbeaufwands der Markeninhaberin davon ausgegangen werden, dass diese als Marktführerin mit einem Marktanteil von über 60% im engen Segment der zweisprachigen Wörterbücher in Printform die Kennzeichnungsgewohnheiten dahingehend geprägt hat, dass ein in gelber Farbe gestalteter Einband als Marke wahrgenommen wird.

22
Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Verkehr - etwa durch entsprechende Werbemaßnahmen - gerade auf die Herkunftsfunktion einer neben anderen Kennzeichen auf einer Ware verwendeten Farbe besonders hingewiesen wird, wenn sich aus den Umständen ein entsprechender normaler Prozess der Gewöhnung feststellen lässt (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 67 - Libertel; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. April 2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; BGH, GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; aA BPatG, GRUR 2005, 585, 590). Aus Rechtsgründen ist nicht zu beanstanden , dass das Bundespatentgericht angesichts der festgestellten Dauer, Reichweite und Regelmäßigkeit der Benutzung der in Rede stehenden Farbe durch die Markeninhaberin angenommen hat, der Verkehr verbinde damit die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft.
23
cc) Der Annahme des Bundespatentgerichts, die als Marke eingetragene Farbe werde markenmäßig verwendet, steht nicht entgegen, dass das angegriffene Zeichen ausschließlich in Kombination mit weiteren Kennzeichen der Markeninhaberin verwendet wird.
24
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats muss ein Zeichen für eine markenmäßige Verwendung nicht notwendig in Alleinstellung benutzt werden. Eine Marke kann vielmehr infolge ihrer Benutzung als Teil einer komplexen Kennzeichnung oder in Verbindung mit anderen Marken Unterscheidungskraft erlangen (EuGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - C-353/03, Slg. 2005, I-6135 = GRUR 2005, 763 Rn. 27 und 30 - Nestlé/Mars; Urteil vom 18. April 2013 - C-12/12, GRUR 2013, 722 Rn. 27 = WRP 2013, 761 - Colloseum/Levi Strauss; Urteil vom 18. Juli 2013 - C-252/13, GRUR 2013, 922 Rn. 23 = WRP 2013, 1314 - Specsavers/Asda; BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 38 - VISAGE; BGH, Beschluss vom 2. April 2009 - I ZB 94/06, GRUR 2009, 954 Rn. 19 und 22 = WRP 2009, 1250 - Kinder III; Beschluss vom 10. Juni 2010 - I ZB 39/09, GRUR 2011, 65 Rn. 23 = WRP 2011, 65 - Buchstabe T mit Strich). Eine markenmäßige Verwendung kann allerdings ausscheiden, wenn die Farbe durch herkömmliche Herkunftshinweise in den Hintergrund gedrängt wird (vgl. zu § 14 Abs. 2 MarkenG BGHZ 164, 139, 145 - Dentale Abformmasse, mwN).
25
(2) Von diesen Maßstäben ist auch das Bundespatentgericht ausgegangen. Es hat angenommen, einer markenmäßigen Verwendung der angegriffenen Marke stehe nicht entgegen, dass diese auf den Wörterbüchern der Markeninhaberin nur zusammen mit dem in blauer Farbe gehaltenen Buchstaben "L" und der Wortmarke "Langenscheidt" verwendet werde. Der angesprochene Verkehr sei bei Druckereierzeugnissen an die gleichzeitige Verwendung mehrerer Zeichen auf dem Einband wie Farben, Bildzeichen und Wortzeichen als betriebliche Herkunftshinweise gewöhnt und könne daher die Farbe als selbständige Marke erkennen. Da die isolierte Verwendung eines Zeichens auf einem Bucheinband nicht der Realität entspreche, könne in dieser Branche keine isolierte markenmäßige Benutzung der Farbe "Gelb" verlangt werden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
26
(3) Die Rechtsbeschwerde wendet hiergegen ohne Erfolg ein, gerade bei Wörterbüchern sei die Wahrnehmung der Farbe als betrieblicher Herkunftshinweis besonders zweifelhaft, weil hier nicht nur die dekorative Verwendung der Farbe zu berücksichtigen sei, sondern häufig Farben auf den Einbänden angebracht würden, um einen Bezug zu dem jeweiligen Land herzustellen, dessen Sprache in dem Wörterbuch wiedergegeben sei. So seien häufig etwa deutschschwedische Wörterbücher gelb-blau und deutsch-spanische Wörterbücher gelb-rot gestaltet.
27
Die Verwendung von Farbkombinationen als Hinweis auf Landessprachen steht der Annahme des Bundespatentgerichts nicht entgegen, der Verkehr fasse die isolierte Verwendung der Farbe Gelb als Herkunftshinweis auf.
28
b) Das Bundespatentgericht ist im Ergebnis auch mit Recht davon ausgegangen , dass das angegriffene Zeichen sich infolge seiner Benutzung in den maßgeblichen Verkehrskreisen durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 MarkenG).
29
aa) Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung im Verkehr im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH, Urteil vom 4. Mai 1999 - C-108/97 und C-109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Rn. 54 - Windsurfing Chiemsee; EuGH, GRUR 2014, 776 Rn. 40 f. - Deutscher Sparkassen - und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH, Beschluss vom 19. Januar 2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Rn. 20 = WRP 2006, 1130 - LOTTO; Beschluss vom 25. Oktober 2007 - I ZB 22/04, GRUR 2008, 510 Rn. 23 = WRP 2008, 791 - Milchschnitte). Die Verkehrsbefragung ist dabei nur eines von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung. Zu berücksichtigen sind weiter der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden (EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 51 - Windsurfing Chiemsee; GRUR 2014, 776 Rn. 41 - Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 28 - VISAGE).
30
Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten bereitet, verbietet es das Unionsrecht nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen (EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 53 - Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 Rn. 38 = WRP 2010, 260 - ROCHER-Kugel), die häufig das zuverlässigste Beweismittel zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung sein wird (vgl. BGH, GRUR 2014, 483 Rn. 32 - test). Daraus folgt weiter, dass die Verkehrsdurchsetzung im Einzelfall ohne Verkehrsbefragung festgestellt werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2014, 776 Rn. 42 - Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 8 Rn. 337).
31
Die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung wirft besondere Schwierigkeiten auf, wenn der Markenschutz für ein Zeichen beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Gestaltungsmerkmalen benutzt worden ist. In einem solchen Fall lassen die Umstände, die - wie Umsätze, Marktanteile und Werbeaufwendungen - sonst auf eine Verkehrsdurchsetzung hinweisen können, regelmäßig nur darauf schließen, dass die konkrete, durch mehrere Merkmale gekennzeichnete Gestaltung durchgesetzt ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 29 - VISAGE).
32
bb) Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, der Nachweis einer Durchsetzung der als Marke eingetragenen Farbe für die Waren "zweisprachige Wörterbücher in Printform" in den maßgeblichen Verkehrskreisen sei auch ohne ein demoskopisches Gutachten bereits aufgrund einer Gesamtschau der von der Markeninhaberin im Anmeldungsverfahren vorgelegten Unterlagen sowie gerichtsbekannter Umsätze erbracht. Zweisprachige Wörterbücher würden auf dem wirtschaftlich eigenständigen und eng umgrenzten Markt der Wörterbücher als Übersetzungshilfe angeboten. Wegen des herausragenden Marktanteils der Markeninhaberin in diesem Produktbereich, der Verkaufszahlen, des jährlichen Werbeaufwands und der Konstanz und Dauer der Benutzung der Farbe Gelb für die fraglichen Wörterbücher sei der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung erbracht. Jedenfalls sei die Durchsetzung der angegriffenen abstrakten Farbmarke für zweisprachige Wörterbücher in Printform in den maßgeblichen Verkehrskreisen durch das demoskopische Gutachten der G. P. S. Deutschland vom Juli 2009 belegt. Diesem Gutachten sei zu entnehmen, dass der Durchsetzungsgrad der eingetragenen Farbmarke innerhalb der beteiligten Verkehrskreise bei 66% liege. Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
33
cc) Die Zusammenschau der Beweismittel zur Marktführerschaft der Markeninhaberin im Produktsegment zweisprachiger Wörterbücher in Printform, zur Dauer der Benutzung der Farbe Gelb sowie die Ergebnisse des demoskopischen Gutachtens rechtfertigen die Annahme, die angegriffene Marke habe sich im Verkehr durchgesetzt.
34
(1) Allerdings rügt die Rechtsbeschwerde mit Recht, dass das Bundespatentgericht die Werbeaufwendungen der Markeninhaberin als Begründung für die Feststellung herangezogen hat, die angegriffene Marke habe sich im Verkehr durchgesetzt.
35
Die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung des angegriffenen Zeichens anhand der Umsätze und der Werbeaufwendungen der Markeninhaberin kommt vorliegend deshalb nicht in Betracht, weil der gelbe Farbton nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts für die zweisprachigen Wörterbücher nie isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit dem blauen Buchstaben "L" verwendet worden ist. Die vorgetragenen Umstände lassen in einer solchen Fallgestaltung allein den Schluss auf eine Verkehrsdurchsetzung dieser Ge- samtkombination zu (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Rn. 37 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; Beschluss vom 21. Februar 2008 - I ZB 70/07, MarkenR 2008, 176 Rn. 17 - Melissengeist; BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 37 - VISAGE; GRUR 2010, 138 Rn. 39 - ROCHERKugel ; GRUR 2011, 65 Rn. 23 f. - Buchstabe T mit Strich). Auf die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob das Bundespatentgericht näher hätte feststellen müssen, wie sich der Absatz der Markeninhaberin über den mitgeteilten Zeitraum von elf Jahren verteilt und entwickelt hat, weil nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten die Bedeutung von Wörterbüchern in Printform infolge der zunehmenden Konkurrenz elektronischer Übersetzungshilfen rückläufig sei, kommt es deshalb nicht an.
36
(2) Das Bundespatentgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht angenommen , dass sich die Verkehrsdurchsetzung des angegriffenen Zeichens aus dem Umstand ergibt, dass die Markeninhaberin über einen herausragenden Marktanteil von 60% verfügt, dass sie einen gelben Farbton für zweisprachige Wörterbücher seit 1956 und den gelben Farbton der angegriffenen Marke seit 1986 verwendet und außerdem erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs in der gelben Farbe einen Herkunftshinweis erkennen.
37
Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, die Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke ergebe sich aus dem von der Markeninhaberin bereits im Anmeldungsverfahren vorgelegten Gutachten der G. vom 28. Juli 2009 (nachfolgend : G. -Gutachten). Das Gutachten, das von einem anerkannten Institut zur Durchführung von Verkehrsbefragungen stamme, stelle Befragungsumfang, Repräsentativität der Stichproben sowie den Ablauf der Befragung nachvollziehbar dar. Die angesprochenen Verkehrskreise seien mit den Nutzern von zweisprachigen Wörterbüchern zutreffend bestimmt. Zweisprachige Wörterbücher gehörten nicht zu den Gegenständen des täglichen Bedarfs und sprächen nur einen Teil der Bevölkerung an. Der bei der Befragung verwendete Begriff der "zweisprachigen Wörterbücher" ohne den Zusatz "in Printform" entwerte das Ergebnis nicht. Es sei methodisch richtig, den Befragten nur ein Muster der Farbmarke vorzulegen. Der Durchsetzungsgrad betrage nach dem Ergebnis des Gutachtens bei einer statistischen Schwankungsbreite zwischen 66% und 72%. Damit sei die untere Grenzen von 50% überschritten, ein Anteil von 10 Prozentpunkten über der Mindestgrenze stelle einen für die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung erforderlichen erheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise dar. Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
38
dd) Die gegen das demoskopische Gutachten vorgebrachten Angriffe der Rechtsbeschwerde greifen nicht durch.
39
(1) Im Ansatz zutreffend beanstandet die Rechtsbeschwerde allerdings, dass in dem G. -Gutachten allein die Nutzer von zweisprachigen Wörterbüchern als die relevanten Verkehrskreise angesehen worden sind.
40
Zu den beteiligten Verkehrskreisen gehören in erster Linie die Endabnehmer der Waren. Neben den aktuellen Käufern sind auch die Personen einzubeziehen , die an den Waren interessiert sein können, ohne sie bisher erworben zu haben (BGH, GRUR 2006, 760 Rn. 22 - LOTTO). Da zumindest die englische Sprache in den allgemeinbildenden Schulen Pflichtfach ist und darüber hinaus alle Bevölkerungskreise mit der englischen Sprache oder einzelnen englischen Begriffen konfrontiert werden, die häufig Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben, kommt der Kauf oder Gebrauch eines englisch-deutschen Wörterbuchs, und sei es auch nur, um es an Dritte weiterzugeben (vgl. dazu BGH, GRUR 2010, 138 Rn. 38 - ROCHER-Kugel), für jedermann in Betracht. Es liegt deshalb nahe, zweisprachige Wörterbücher als Waren des Massenkon- sums anzusehen, bei denen die Gesamtbevölkerung zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt (vgl. BGH, GRUR 2007, 1066 Rn. 35 - Kinderzeit; GRUR 2009, 954 Rn. 26 - Kinder III).
41
Allerdings verhilft dies der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg, weil auch unter Einbeziehung der Befragten, die angegeben haben, nie ein zweisprachiges Wörterbuch zu benutzen, das Bundespatentgericht aufgrund der Ergebnisse des G. -Gutachtens von einem Durchsetzungsgrad von mehr als 50% und damit von einer Verkehrsdurchsetzung der Farbe "Gelb" ausgehen konnte. Ein höherer Durchsetzungsgrad ist nicht erforderlich.
42
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrads nicht von festen Prozentsätzen auszugehen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen nicht mehr nur als beschreibende oder übliche Angabe oder als dekoratives Element, sondern zumindest auch als Herkunftshinweis ansieht. Deshalb kann - sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen - die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung anhand eines Meinungsforschungsgutachtens nicht unterhalb von 50% angesetzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2001 - I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042, 1043 = WRP 2001, 1205 - REICH UND SCHOEN; BGH, GRUR 2008, 510 Rn. 24 - Milchschnitte; GRUR 2010, 138 Rn. 41 - ROCHER-Kugel). Die Berücksichtigung einer Fehlertoleranz zu Lasten der Markeninhaberin kommt dabei nicht in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2014, 483 Rn. 38 f. - test).
43
Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach es für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrads entscheidend ist, dass ein erheblicher Teil der betei- ligten Verkehrskreise das Zeichen zumindest auch als Herkunftshinweis ansieht (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 54 - Windsurfing Chiemsee) und insoweit auch bei einer konturlosen Farbmarke nicht von festen Prozentsätzen ausgegangen werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2014, 776 Rn. 48 f. - Deutscher Sparkassen - und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]).
44
Jedenfalls ist im Streitfall ein für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG ausreichender Durchsetzungsgrad nach dem G. -Gutachten gegeben. Von insgesamt 1.231 Befragten gaben 300 an, nie ein zweisprachiges Wörterbuch zu benutzen. Nur 931 Personen, die häufig, gelegentlich oder selten zweisprachige Wörterbücher benutzen, wurden weiter dazu befragt, ob sie in der Farbe "Gelb" einen Hinweis auf einen ganz bestimmten , solche Wörterbücher anbietenden Verlag sehen. Von diesen 931 Befragten sahen 778 - rund 63% aller Befragten - in der Farbe einen Hinweis auf einen ganz bestimmten Verlag. 645 Personen konnten darüber hinaus die Klägerin namentlich benennen. Dadamit 52% der insgesamt befragten 1.231 Personen im Zusammenhang mit zweisprachigen Wörterbüchern die Farbe "Gelb" als Hinweis auf die Klägerin angeben konnten, reicht dies im vorliegenden Fall für sich allein schon für die Annahme der Verkehrsdurchsetzung aus.
45
In diesem Zusammenhang ist ohne Bedeutung, dass in dem G. -Gutachten die Befragten zusammengefasst sind, die die Markeninhaberin nicht namentlich benennen konnten oder einen anderen Verlag angegeben haben. Von dieser Gruppe hatten nur diejenigen Personen außer Betracht zu bleiben, die einen anderen Verlag als denjenigen der Markeninhaberin angegeben haben. Dieser Fehler des Gutachtens wirkt sich jedoch ausschließlich zu Lasten der Markeninhaberin aus und steht der Annahme einer Verkehrsdurchsetzung daher nicht entgegen (vgl. BGH, GRUR 2014, 1110 Rn. 50 - Gelbe Wörterbücher

).



46
(2) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, den Befragten sei eine gelbe Farbfläche ohne Hinweis darauf vorgelegt worden, diese Farbfläche werde normalerweise nur in Verbindung mit dem blauen "L"-Logo der Markeninhaberin verwendet.
47
Ob der Verbraucher gerade in der Marke einen betrieblichen Herkunftshinweis sieht, kann durch demoskopische Untersuchungen nur festgestellt werden, wenn deren Gegenstand die isolierte Marke und nicht die zusammen mit weiteren Zeichen verwendete tatsächliche Benutzungsform ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 38 f. - VISAGE; GRUR 2009, 954 Rn. 32 - Kinder III; GRUR 2010, 138 Rn. 39 - ROCHER-Kugel; zu § 14 MarkenG auch BGH, Urteil vom 5. November 2008 - I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 Rn. 40 = WRP 2009, 831 - Stofffähnchen I). Die Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten Farbmarke kann deshalb nur festgestellt werden, wenn der Verkehr die Farbe an sich als Herkunftshinweis erkennt (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 585). Es ist deshalb richtig, dass den Befragten allein ein Muster der gelben Farbe gezeigt worden ist.
48
(3) Auch die weiteren Angriffe gegen das G. -Gutachten verhelfen der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg.
49
Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass für die Ermittlung der Verkehrsdurchsetzung eine Stichprobe mit einer Zahl von 1.231 befragten Personen als hinreichend repräsentativ angesehen werden kann (vgl. BGH, GRUR 2009, 954 Rn. 31 - Kinder III; Niedermann, GRUR 2006, 367, 373). Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Dass das Bundespatentgericht nur 931 Personen zu den Verwendern von zweisprachigen Wörterbüchern gezählt hat, steht der Repräsentativität der Stichprobe nicht entgegen.

50
Ebenso ist es unschädlich, dass nicht ausdrücklich nach Wörterbüchern in Printform, sondern allgemein nach der Nutzung oder Verwendung "von Wörterbüchern" gefragt worden ist. Selbst wenn man annähme, dass der Verkehr unter "Wörterbüchern" auch elektronische Wörterbücher versteht, wäre dies ein Fehler, der zu einer Erweiterung des Produktbereichs führen und sich im statistischen Ergebnis allenfalls zu Ungunsten der Markeninhaberin auswirken würde. Soweit die Rechtsbeschwerde in der Antwortmöglichkeit "Nein", "nie" zu der Frage "Nutzen bzw. verwenden Sie zweisprachige Wörterbücher?" eine übermäßige Einschränkung der angesprochenen Verkehrskreise sieht, gilt dasselbe, weil dieser Verkehrskreis von der weiteren Befragung ausgeschlossen worden ist.
51
Auch mit ihrer Rüge, die Interviewer seien in dem Fragebogen angewiesen worden, am Bildschirm ein "gelbes Kästchen/gelbes Buchcover" anzuzeigen , kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen. Wie sich aus dem Gutachten ergibt, ist den Befragten kein gelbes Buchcover, sondern die Abbildung eines gelben (HKS 5) Kästchens gezeigt worden. Damit ist von einer das Gutachtenergebnis nicht beeinträchtigenden neutralen Fragestellung auszugehen (vgl. hierzu Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rn. 689).
52
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist das Ergebnis des Gutachtens auch nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil in den Fragebögen die Frage gestellt wurde, ob in der gelben Farbe bei zweisprachigen Wörterbüchern ein "Hinweis" auf einen ganz bestimmten Verlag liegt. Die Wortwahl bei dieser Fragestellung ist nicht zu beanstanden (aA BPatG GRUR 2013, 844, 847); sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Marken die Funktion haben, auf die betriebliche Herkunft der durch sie gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung hinzuweisen.

53
Soweit die Rechtsbeschwerde die im Gutachten fehlende Aufschlüsselung der Befragungsergebnisse in Tabellen und Listen und die fehlende Beschreibung der Methodologie möglicher Fehlerquellen beanstandet, hat sie nicht dargelegt, inwieweit der Aussagewert des Gutachtens hierdurch beeinträchtigt wäre. Auch wenn dem Gutachten keine detaillierten Tabellen und Listen beigefügt sind, lassen sich der Ablauf und der Inhalt der Befragungen hinreichend deutlich nachvollziehen.
54
ee) Den Ergebnissen des G. -Gutachtens kann die Rechtsbeschwerde schließlich nicht die von der Antragstellerin vorgelegte Verkehrsbefragung der I. GmbH vom 27. Juli 2012 mit Erfolg entgegenhalten, da darin schon im methodischen Ansatz unzutreffend nach der tatsächlichen Verwendungsform ("blaues L auf gelbem Grund") gefragt worden ist, nicht hingegen isoliert nach der abstrakten Farbe "Gelb".
55
III. Die Rechtsbeschwerde kann auch nicht mit ihrer Auffassung durchdringen , die angegriffene Marke sei zu löschen, weil sie mit dem Zeitrang der Anmeldung im Jahr 1996 eingetragen worden sei, obwohl sich das demoskopische Gutachten auf eine Verkehrsdurchsetzung im Jahr 2009 beziehe.
56
1. Für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 MarkenG) und im Nichtigkeitsverfahren (§ 50 Abs. 1 MarkenG) vorzunehmende Prüfung, ob einem Zeichen für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt oder gefehlt hat und es daher von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausgeschlossen oder entgegen dieser Vorschrift eingetragen worden ist, ist auf das Verkehrsverständnis im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens abzustellen (BGH, Beschluss vom 18. April 2013 - I ZB 71/12, GRUR 2013, 1143 Rn. 15 = WRP 2013, 1478 - Aus Akten werden Fakten). Dasselbe gilt für die Prüfung, ob das Schutzhindernis durch Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden ist. Das folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 8 Abs. 3 MarkenG. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 3 MarkenRL. Nach Satz 1 dieser Bestimmung wird eine Marke nicht gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. b, c und d MarkenRL (= § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG) von der Eintragung ausgeschlossen oder für ungültig erklärt, wenn sie vor der Anmeldung infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 MarkenRL können die Mitgliedstaaten darüber hinaus vorsehen, dass die vorliegende Bestimmung auch dann gilt, wenn die Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde. Der deutsche Gesetzgeber hat von der Option des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 MarkenRL durch § 37 Abs. 2 MarkenG Gebrauch gemacht. Danach setzt die Eintragung einer Marke, bei der ein am Anmeldetag bestehendes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG später entfallen ist, ein Einverständnis des Anmelders zur Zeitrangverschiebung voraus. Zu den Gründen für einen Fortfall eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG zählt eine nach dem Anmeldetag erlangte Verkehrsdurchsetzung der Marke. Daraus folgt, dass die Eintragung eines originär nicht unterscheidungskräftigen Zeichens mit der Priorität des Anmeldetags eine Verkehrsdurchsetzung zu diesem Zeitpunkt erfordert. Andernfalls ist die Marke entgegen § 8 Abs. 2 und 3 MarkenG eingetragen worden (BGH, GRUR 2014, 483 Rn. 21 - test).
57
Nach § 50 Abs. 1 und 2 MarkenG kann eine Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft nur gelöscht werden, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht. Daraus folgt, dass eine Löschung der Marke nicht mehr in Betracht kommt, wenn die fehlende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG durch eine nachträgliche Ver- kehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag überwunden worden ist (vgl. BGH, GRUR 2009, 954 Rn. 12 und 18 - Kinder III; GRUR 2014, 483 Rn. 21 - test). Sofern dies der Fall ist, kann offen bleiben, ob die Marke im Zeitpunkt der Anmeldung zu Unrecht eingetragen worden ist (vgl. Ingerl/Rohnke aaO § 50 Rn. 16; Mühlendahl, GRUR 2013, 775, 779).
58
2. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft sei bereits bei Anmeldung des Zeichens auch ohne demoskopischen Nachweis überwunden gewesen. Dies ergebe sich aus dem jahrzehntelangen Marktauftritt der Markeninhaberin mit der Farbe Gelb und ihrer Stellung als Marktführerin für zweisprachige Wörterbücher. Jedenfalls ließen die Ergebnisse des Gutachtens aus dem Jahr 2009 Rückschlüsse auf den Durchsetzungsgrad der angegriffenen Marke im Zeitpunkt der Anmeldung im Jahr 1996 zu. Im vorliegenden Fall rechtfertigten konkrete Anhaltspunkte Schätzungen auch für den lange zurückliegenden Anmeldezeitpunkt. Der eng begrenzte inländische Markt der zweisprachigen Wörterbücher sei in den vergangenen Jahrzehnten durch eine langjährig gleichbleibende Präsenz weniger Anbieter geprägt gewesen. Die Markeninhaberin behaupte sich bereits seit 1956 mit gelben zweisprachigen Wörterbüchern auf diesem Markt. Ihre Wörterbücher würden seit Jahrzehnten im Sprachunterricht an deutschen Schulen verwendet. Seit der Verbreitung von mobilen Internetzugängen und der damit einhergehenden erleichterten Verfügbarkeit von elektronischen Wörterbüchern habe es einen Umsatzrückgang für gedruckte Wörterbücher gegeben. Deshalb sei davon auszugehen, dass die in der Verkehrsbefragung von 2009 festgestellte Bekanntheit auch schon im Zeitpunkt der Anmeldung bestanden habe und das Hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bereits zu jenem Zeitpunkt gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden gewesen sei. Eine Prioritätsverschiebung gemäß § 37 Abs. 2 MarkenG sei deshalb nicht notwendig gewesen. Diese Auffassung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

59
3. Die Annahme der Verkehrsdurchsetzung im Jahre 2009 kann ausnahmsweise auf den Tag der Anmeldung im Jahr 1996 zurückbezogen werden.
60
a) Zutreffend ist das Bundespatentgericht von dem Grundsatz ausgegangen , dass größere Zeiträume zwischen Anmeldetag und Zeitpunkt der Erstattung eines demoskopischen Gutachtens die Annahme ausschließen, das Gutachtenergebnis könne auf den Anmeldetag zurückbezogen werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 766 Rn. 40 - Stofffähnchen I). Jedenfalls in Warenbereichen , in denen der zwischen Anmeldung und Gutachtenerstellung liegende Zeitraum zu einer Änderung des Marktes und der Produkte und damit zur Benutzungslage des in Streit stehenden Zeichens führen kann, kommt eine Rückbeziehung über längere Zeit nicht in Betracht. Etwas anderes kann nur in besonderen , an strenge Voraussetzungen geknüpften Fallgestaltungen gelten. Davon ist auszugehen, wenn in speziellen Warenbereichen die in Frage stehenden Produkte sich nicht rasch ändern und die Marktentwicklung über längere Zeit zuverlässig beurteilt werden kann (Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rn. 662 f.).
61
b) Das Bundespatentgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, ein solcher Ausnahmefall liege vor. Diese Beurteilung liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann daher im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird. Das ist hier der Fall. Die Rechtsbeschwerde zeigt keinen Verstoß gegen die Denkgesetze und die allgemeine Lebenserfahrung auf. Ein solcher Verstoß ist auch nicht ersichtlich. Das Bundespatentgericht ist von seit vielen Jahren gleichbleibenden Marktverhältnissen und einer im Hin- blick auf das Aufkommen elektronischer Wörterbücher rückläufigen Marktentwicklung für zweisprachige Wörterbücher in Printform ausgegangen. Von Bedeutung für die Beurteilung ist weiter der hohe Marktanteil der Markeninhaberin, die außerordentlich lange Marktpräsenz mit gelben Wörterbüchern und der Anteil von mehr als 50% aller Befragten, die eine namentliche Zuordnung zur Markeninhaberin vornehmen konnten. Bei einer solchen Sachlage ist die Annahme nicht erfahrungswidrig, dass die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke im Jahr 2009 die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung schon im Jahr 1996 rechtfertigt.
62
4. Danach kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob der Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG entgegensteht, dass sich das Zeichen im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag bei den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hatte, und ob die nach dem G. - Gutachten im Juli 2009 festgestellte Verkehrsdurchsetzung auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundespatentgerichts im Jahr 2013 bestanden hat (vgl. hierzu BGH, GRUR 2009, 954 - Kinder III; GRUR 2010, 138 - ROCHERKugel ). Da die Voraussetzungen einer Eintragung der angegriffenen Marke mit Priorität des Anmeldezeitpunkts vorliegen, kommt es ferner nicht auf die Bedeutung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Juni 2014 (C-217/13 und C-218/13, GRUR 2014, 776 - Deutscher Sparkassen- und Giroverband /Banco Santander [Sparkassen-Rot]) für die Feststellungslast zur Verkehrsdurchsetzung im Löschungsverfahren an (vgl. Clark, GRUR-Prax 2014, 323; vgl. zu den Vorlageersuchen des Bundespatentgerichts auch v. Mühlendahl , GRUR 2013, 775, 779).
63
IV. Im vorliegenden Verfahren stellen sich keine entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union erfordern. Die im Streitfall maßgeblichen Kriterien für die Prüfung, ob das angegriffene Zeichen infolge Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat, sind durch die angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt. Die Beantwortung der Frage, ob die konkrete Streitmarke die entsprechenden Anforderungen erfüllt, ist Aufgabe der mit dem Eintragungs- und Löschungsverfahren befassten Ämter und Gerichte der Mitgliedstaaten (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 51 ff. - Windsurfing Chiemsee).
64
V. Danach ist die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Antragstellerin (§ 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) zurückzuweisen.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 05.08.2013 - 29 W(pat) 90/12 -

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 257/00 Verkündet am:
28. August 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Kinder
Nr. 3 und Abs. 2, § 51 Abs. 4 Nr. 2, § 54

a) Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG ist im Wege teleologischer
Reduktion einschränkend dahin auszulegen, daß im Verletzungsprozeß
das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses der prioritätsälteren
Marke nicht zur Überprüfung gestellt werden kann, wenn dies noch im Löschungsverfahren
vor dem Deutschen Patent- und Markenamt durch einen
Löschungsantrag und ein Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 MarkenG erfolgen
kann.

b) Entfallen nach Eintragung einer Marke gem. § 8 Abs. 3 MarkenG nachträglich
die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung, begründet dies keine
Löschungsreife der Marke wegen Verfalls.

c) Dem Wortbestandteil "Kinder" einer farbigen Wort-/Bildmarke fehlt für die
Ware "Schokolade" wegen der ausschließlichen Beschreibung der Abnehmerkreise
jegliche Unterscheidungskraft. Dieser Wortbestandteil kann da-
her aus Rechtsgründen keine Prägung des Gesamteindrucks der Wort-/
Bildmarke bewirken.

d) Aus einem rein beschreibenden Begriff (hier: "Kinder" für die Waren "Schokolade"
), dem jegliche Unterscheidungskraft fehlt, kann der Schutz des
Stammbestandteils einer Zeichenserie nur abgeleitet werden, wenn sich aufgrund
der wiederholten Verwendung des Stammbestandteils dieser im Verkehr
i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat.
BGH, Urteil vom 28. August 2003 - I ZR 257/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 5. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Oktober 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Herstellerin von Schokoladenprodukten. Sie vertreibt diese unter Verwendung von Marken, die mit dem Begriff "Kinder" beginnen. Sie ist Inhaberin der als durchgesetzte Zeichen am 11. August 1980 für "gefüllte Vollmilchschokolade" eingetragenen Wortmarke (Nr. 1006192) "Kinderschokolade" und der am 12. August 1991 für "Schokolade" eingetragenen nachfolgenden farbigen Wort-/Bildmarke "Kinder" (Nr. 1180071):

Die Beklagte stellt Süßwaren her. Sie ist Inhaberin der mit Priorität vom 6. Oktober 1998 am 18. Dezember 1998 für "Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren , nicht medizinische Kaugummis" eingetragenen Wortmarke "Kinder Kram".
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Markenrechte, daß die Beklagte die Marke "Kinder Kram" benutzt hat. Sie hat geltend gemacht, die Marken der Parteien seien verwechselbar. Aufgrund der Vielzahl der von ihr mit dem Zeichen "Kinder" vertriebenen Produkte und der großen Bekanntheit ihrer Marken erwarte der Verkehr, daß mit der Marke "Kinder Kram" gekennzeichnete Waren von ihr stammten.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten zu untersagen,
Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren und nicht-medizinische Kaugummis unter der Marke
"Kinder Kram",
wie sie im Markenblatt Heft 4 vom 28. Januar 1999 auf Seite 1051 unter der Nr. 398 57 206 (wie nachfolgend eingeblendet) veröffent- licht worden ist,

anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in Verkehr zu bringen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat bestritten, daß sich die Marke "Kinder" ohne die graphische Gestaltung durchgesetzt habe, und hat die Ansicht vertreten, die Schutzfähigkeit der Marke sei auf die konkrete Gestaltung beschränkt. An dem Zeichen bestehe ein hohes Freihaltebedürfnis.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2002, 7 = WRP 2001, 57).
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Die Marke "Kinder Kram" der Beklagten sei für den angemeldeten Warenbereich mit der Wort-/Bildmarke "Kinder" der Klägerin verwechselbar. Im Verletzungsprozeß sei von der Schutzfähigkeit der eingetragenen Marke "Kinder" auszugehen. Die Schutzfähigkeit sei durch den von der Beklagten gestellten Löschungsantrag nicht beseitigt. Ein etwaiges Freihaltebedürfnis an der Bezeichnung "Kinder" sei durch die im Eintragungsverfahren festgestellte Verkehrsdurchsetzung überwunden. Dies sei für das Verletzungsverfahren bindend. Entgegen ihrem Wortlaut eröffne die Bestimmung des § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG auch nicht die Möglichkeit, im Verletzungsverfahren zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Eintragung der prioritätsälteren Marke die Eintragungsvoraussetzungen vorgelegen hätten. Die Klägerin könne aus ihrer Marke "Kinder" nur dann gegen die Marke "Kinder Kram" keine Rechte herleiten, wenn am Tag der Veröffentlichung der Eintragung der Kollisionsmarke (28. Januar 1999) die Eintragungsvoraussetzungen für die Klagemarke wieder entfallen seien. Es könne aber keine Rede davon sein, daß die Klagemarke im Januar 1999 dem Verkehr wesentlich weniger bekannt gewesen sei als zum Zeitpunkt der Eintragung 1991. Die Marke "Kinder" verfüge wegen der in dem GfK-Gutachten angeführten hohen Bekanntheit über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Diese bestehe nicht nur für das Wort-/Bildzeichen in der farbigen Gestaltung, sondern auch für das reine Wortzeichen. Die Kritik der Beklagten an dem Gutachten sei
unberechtigt. Daß die im Jahre 1997 ermittelten Ergebnisse zwischenzeitlich überholt seien, mache die Beklagte selbst nicht geltend. Eine nachhaltige Schwächung durch Drittkennzeichen sei nicht gegeben.
Die von der Beklagten erhobene Einrede der Nichtbenutzung bleibe ohne Erfolg. Die Marke "Kinder" sei auch dann ausreichend benutzt, wenn die Verwendung nicht in Alleinstellung erfolgt sei. Die Klägerin habe die Bezeichnung "Kinder" vor und nach Eintragung als Marke in derselben Form benutzt. Die Weiterverwendung eines Zeichens in der Form, die zur Eintragung als durchgesetztes Zeichen geführt habe, könne keine Nichtbenutzung darstellen. Die Eintragung beruhe ersichtlich auf der Feststellung, daß der Bestandteil "Kinder" in der charakteristischen farbigen Ausgestaltung nach Art eines Serienzeichens herkunftshinweisend wirke.
Weiterhin sei von hoher Zeichenähnlichkeit und jedenfalls geringer Warenähnlichkeit auszugehen. Die Marke der Beklagten ähnele durch die entgegen den Regeln der deutschen Rechtschreibung vorgenommene Schreibweise in zwei Wörtern der Klagemarke, die regelmäßig durch einen weiteren Begriff individualisiert werde. An der erheblichen Ähnlichkeit ändere der Umstand nichts, daß das Klagezeichen eine Wort-/Bildmarke und das Kollisionszeichen eine Wortmarke sei. Der Verkehr werde sich an die Wortmarke aufgrund ihres Sinns erinnern. Der bildliche Teil der Klagemarke werde zudem bei einer akustischen Präsentation nicht wahrgenommen.
Die Waren Schokolade, Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren sowie nicht-medizinische Kaugummis seien in Anbetracht der hohen Kennzeich-
nungskraft und großer Zeichenähnlichkeit hinreichend ähnlich, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, es bestehe eine Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke "Kinder" und dem angegriffenen Zeichen "Kinder Kram" (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings im vorliegenden Verletzungsprozeß im Hinblick auf die Markeneintragung vom Bestand der Klagemarke ausgegangen.
aa) Ohne Erfolg beruft sich die Revision zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht, mit der sie die Löschungsreife der Marke "Kinder" im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der Kollisionsmarke "Kinder Kram" geltend macht, auf die Bestimmung des § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG. Nach dieser Vorschrift hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, die Benutzung einer Marke mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, wenn ein Antrag auf Löschung der Eintragung der prioritätsjüngeren Marke zurückzuweisen wäre, weil die ältere Marke am Tage der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke wegen absoluter Schutzhindernisse hätte gelöscht werden können (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, § 50 Abs. 1 Nr. 3, § 51 Abs. 4 Nr. 2 MarkenG). Nach seinem Wortlaut eröffnet § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG für den Inhaber der jüngeren eingetragenen Marke im Verletzungsverfahren die Möglichkeit, über das Vorliegen
absoluter Schutzhindernisse der prioritätsälteren Marke nach § 8 MarkenG eine (erneute) Prüfung herbeizuführen. Die Vorschrift ist jedoch im Wege teleologischer Reduktion einschränkend auszulegen. Danach kann im Verletzungsprozeß das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen der prioritätsälteren Marke nicht zur Überprüfung gestellt werden, wenn dies - wie im Streitfall - (noch) im Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt nach §§ 50, 54 MarkenG und im Verfahren vor dem Bundespatentgericht erfolgen kann (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 22 Rdn. 12; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 22 Rdn. 14; a.A. Rohnke, Festschrift für Hertin, S. 643, 657 ff. = GRUR 2001, 696, 701 ff.).
Unter Geltung des Warenzeichengesetzes entsprach es ständiger Rechtsprechung (vgl. RG GRUR 1934, 360, 361 - Antimott/Mott-Nie; GRUR 1943, 41, 43 - Strickende Hände; BGH, Urt. v. 15.4.1966 - Ib ZR 85/64, GRUR 1966, 495, 497 = WRP 1966, 369 - UNIPLAST; Urt. v. 25.5.1979 - I ZR 132/77, GRUR 1979, 853, 854 = WRP 1979, 780 - LILA) und einhelliger Ansicht im Schrifttum (vgl. Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 4. Aufl., Kap. 5 Rdn. 4 Anm. 3 b; Tetzner, Warenzeichengesetz, § 4 Rdn. 6; Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht, 12. Aufl., § 4 WZG Rdn. 32, m.w.N.; v. Gamm, Warenzeichengesetz, Einf. Rdn. 108 und 111; Busse/Starck, Warenzeichengesetz , 6. Aufl., § 4 Rdn. 3), daß die ordentlichen Gerichte an die Eintragungsentscheidung des Patentamts gebunden sind. Dieser Grundsatz sollte durch das Markengesetz keine Änderung erfahren (vgl. hierzu Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 12/6581, S. 57 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 51). Angesichts der Aufgabenverteilung zwischen den Eintragungsinstanzen und den Verletzungsgerichten ist nur den ersten die Zuständigkeit zur Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen zugewiesen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997
- I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 413 f. = WRP 1998, 373 - Analgin; Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 - ARD-1). Dadurch wird eine doppelte Inanspruchnahme des Deutschen Patent- und Markenamts und des Bundespatentgerichts einerseits und der ordentlichen Ge- richte andererseits zur Überprüfung der Löschungstatbestände gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3, § 51 Abs. 4 Nr. 2 MarkenG vermieden. Zudem werden die Aufstellung unterschiedlicher Maßstäbe bei der Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse durch die Eintragungsinstanzen und die Verletzungsgerichte und die Gefahr widersprechender Entscheidungen zu den tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen nach § 8 MarkenG bei derselben Marke ausgeschlossen.
Eine gegenteilige, ausschließlich am Wortlaut des Gesetzes ausgerichtete Auslegung des § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG würde die Rechtsdurchsetzung der älteren Marke zudem über Gebühr dadurch erschweren, daß in jedem Markenverletzungsverfahren bei entsprechendem Vortrag des Inhabers einer prioritätsjüngeren Marke das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen der Klagemarke erneut geprüft werden müßte.
Die Bestimmung des § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG ist danach auf Fälle beschränkt, in denen die Löschungsreife der prioritätsälteren Marke im Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt nach § 54 MarkenG nicht (mehr) geltend gemacht werden kann. Dies kommt einmal in Betracht, wenn die Zehnjahresfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG für die Antragstellung abgelaufen ist. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG ist weiterhin eröffnet, wenn am Tag der Veröffentlichung der prioritätsjüngeren Marke das absolute Schutzhindernis des § 50 Abs. 1 MarkenG nach wie vor bestand, nachfolgend jedoch entfallen ist und deshalb ein Lö-
schungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt erfolglos bleiben muß (§ 50 Abs. 2 Satz 1, § 54 MarkenG). Zur Darlegung dieses inter partes wirkenden Einwandes gehört nicht nur ein substantiierter Vortrag zur Fortdauer des von Anfang an bestehenden Schutzhindernisses bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der Marke mit jüngerem Zeitrang, sondern auch der substantiierte Hinweis auf solche später eingetretenen Umstände, derentwegen ein Wegfall des behaupteten Schutzhindernisses möglich erscheint (vgl. Ekey/Klippel/Bous, Markenrecht, § 22 MarkenG Rdn. 14) und deshalb ein Löschungsantrag keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Nur in einem solchen Fall darf der Inhaber der jüngeren Marke von der Einleitung des vorrangigen patentamtlichen Löschungsverfahrens absehen, um sich im Verhältnis zum Inhaber der prioritätsälteren Marke auf sein eingetragenes Zeichen als Zwischenrecht berufen zu können. Die Beklagte, die selbst das Löschungsverfahren betreibt, hat dahingehend nicht vorgetragen. Ein effektiver Rechtsschutz des Inhabers der jüngeren Marke gegen ein nur formal bestehendes älteres Recht wird dadurch nicht beeinträchtigt. Soweit der Inhaber der jüngeren Marke nicht ohnehin - im vorstehend ausgeführten Rahmen - die Möglichkeit hat, die Löschungsreife der älteren Klagemarke nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG im Verletzungsverfahren geltend zu machen, kann er neben dem Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt zugleich die Aussetzung des Verletzungsverfahrens nach § 148 ZPO anregen. Je nachdem, wie das Verletzungsgericht die Erfolgsaussichten des patentamtlichen Löschungsverfahrens und die mit der Aussetzung verbundene Prozeßverzögerung beurteilt, kann die Aussetzung des Verletzungsverfahrens geboten sein (vgl. auch BGH, Urt. v. 3.11.1999 - I ZR 136/97, GRUR 2000, 888, 889 = WRP 2000, 631 - MAG-LITE). Diese Verfahrensweise - Löschungsverfahren und Aussetzungsmöglichkeit des Verletzungsverfahrens bei durchgehender Löschungsreife - stellt wegen des wei-
terreichenden patentamtlichen Verfahrens mit der Folge der Löschung der Eintragung der älteren Marke gegenüber der nur zwischen den Prozeßbeteiligten wirkenden einredeweisen Geltendmachung der Löschungsreife im Verletzungsprozeß keine durchgreifende Einschränkung der Rechtsverteidigung für den Inhaber der jüngeren Marke dar.
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG könne die Klägerin aus ihrer Marke schon dann keine Rechte gegen die Marke "Kinder Kram" herleiten, wenn am Tage der Veröffentlichung der Eintragung der Kollisionsmarke am 28. Januar 1999 die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung (§ 4 Abs. 3 WZG, § 8 Abs. 3 MarkenG) nicht mehr bestanden hätten. Dem kann aus den dargelegten Gründen nicht beigetreten werden. Der Einwand weggefallener Verkehrsdurchsetzung ist der Beklagten auch nicht über § 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V. mit § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eröffnet (a.A. Ekey/Klippel/Bous aaO § 49 MarkenG Rdn. 15).
Entfallen nach Eintragung einer Marke aufgrund Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG nachträglich deren Voraussetzungen, so begründet dies keine Löschungsreife der Marke wegen Verfalls. Der Tatbestand der Verkehrsdurchsetzung ist in § 49 Abs. 2 MarkenG nicht angeführt. Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, die den Fall einer nachträglichen Umwandlung einer Marke zu einer gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen betrifft und dem absoluten Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entspricht, ist wegen der abschließenden Aufzählung in § 49 Abs. 2 MarkenG auf den Fortfall der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG nicht entsprechend anwendbar (vgl. auch Fezer, Markenrecht,
3. Aufl., § 49 Rdn. 25; Ingerl/Rohnke aaO § 49 Rdn. 29; v. Schultz/Stuckel, Markenrecht, § 49 Rdn. 11; Ströbele/Hacker aaO § 49 Rdn. 35 ff.).

b) Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte habe mit ihrer Marke "Kinder Kram" wegen einer Verwechslungsgefahr in den Schutzbereich der Klagemarke "Kinder" eingegriffen.
aa) Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2001 - I ZR 111/99, GRUR 2002, 542, 543 = WRP 2002, 534 - BIG; Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 235/00, GRUR 2003, 428, 431 f. = WRP 2003, 647 - BIG BERTHA).
bb) Zwischen "Schokolade" und "Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren , nicht-medizinischen Kaugummis" hat das Berufungsgericht eine Warenähnlichkeit angenommen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
cc) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klagemarke verfüge über eine hohe Kennzeichnungs-
kraft. Die Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht zu rechtfertigen.
Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage des von der Klägerin vorgelegten Privatgutachtens der GfK-Marktforschung für April 1997 davon ausgegangen , 71,6 % der Befragten, die sich zumindest gelegentlich mit Schokolade befaßten, seien der Meinung, "Kinder" deute im Zusammenhang mit Schokolade auf einen bestimmten Hersteller hin. Bezogen auf die Gesamtzahl der Befragten habe dieser Bekanntheitsgrad noch 63,6 % betragen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann aus der in dem Gutachten ermittelten Zahl derjenigen Personen, die von der Bezeichnung "Kinder" auf einen bestimmten Hersteller schließen, nicht auf die Bekanntheit der Klagemarke geschlossen werden. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß dadurch diejenigen Befragten in die Ermittlung des Bekanntheitsgrades des Klagezeichens einbezogen werden, die die Bezeichnung "Kinder" nicht der Klägerin, sondern anderen Unternehmen zuordnen. Vielmehr ergibt sich aus der Untersuchung der GfK-Marktforschung für April 1997 für die Gesamtheit der Befragten nur ein Bekanntheitsgrad von 48,5 % derjenigen, die die Bezeichnung "Kinder" der Klägerin unmittelbar oder mittelbar über andere Marken zuordnen (Frage 4, F. /F. -Marken). Dieser prozentuale Bekanntheitsgrad reicht für die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft im Streitfall nicht aus. Marken, die aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen sind, weisen, da sie die ihnen von Haus aus fehlende Unterscheidungskraft überwunden und sich als betriebliches Herkunftszeichen im Verkehr durchgesetzt haben, im Regelfall zunächst allein normale Kennzeichnungskraft auf (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 19/91, WRP 1993, 694, 696 - apetito/apitta, m.w.N.; Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn. 292).

Eine Kennzeichnungsschwäche kann für derartige Zeichen nur angenommen werden, wenn hierfür besondere tatsächliche Umstände vorliegen. In der Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, daß die Anlehnung des Zeichens an beschreibende Angaben die Kennzeichnungskraft schwächt (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 139/99, GRUR 2002, 626, 629 = WRP 2002, 705 - IMS, m.w.N.; Fezer aaO § 14 Rdn. 291; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rdn. 199). Diese liegen bei der Klagemarke, was das Berufungsgericht nicht näher untersucht hat, in der die Zielgruppe der Abnehmer der Produkte in besonderem Maße beschreibenden Bezeichnung von "Kinder" vor (vgl. auch Handelsgericht Wien WRP 2002, 349, 352 = MarkenR 2002, 211; OLG Wien WRP 2003, 109 = MarkenR 2002, 267; ÖOGH, Beschl. v. 16.7.2002 - 4 Ob 156/02 y). Die Klagemarke erhält ihre Kennzeichnungskraft gerade aus der Kombination der graphischen Elemente mit dem Wortbestandteil, während der Wortbestandteil - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - für sich genommen in bezug auf die in Rede stehenden Waren jegliche Unterscheidungskraft vermissen läßt.
dd) Das Berufungsgericht ist von einer großen Zeichenähnlichkeit ausgegangen. Es hat angenommen, auch das Klagezeichen werde, obwohl es sich um eine Wort-/Bildmarke handele, von seinem Sinn her als Wort der Umgangssprache verstanden und erinnert, während die farbliche Ausgestaltung lediglich als Individualisierung des Schriftzuges aufgefaßt werde. Zudem werde der bildliche Teil der Marke bei einer akustischen Präsentation nicht wahrgenommen. Das Kollisionszeichen passe in die Reihe von Produkten, für die die Klägerin das Zeichen "Kinder" als Serienzeichen verwende. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern.

(1) Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND; Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 21/98, GRUR 2001, 158, 160 = WRP 2001, 41 - Drei-Streifen-Kennzeichnung, jeweils m.w.N.).
(2) Den Gesamteindruck der farbigen Wort-/Bildmarke in schriftbildlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht nicht ermittelt. Es hat auch nicht festgestellt, daß dem Wortbestandteil in dem Klagezeichen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft zukommt (vgl. hierzu: BGH GRUR 2002, 542, 543 - BIG). Von der Annahme einer Markenähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht kann aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nicht ausgegangen werden. Es hat eine solche Markenähnlichkeit nicht ausdrücklich bejaht. In Anbetracht des begrifflichen Unterschieds von "Kinder" und "Kinderkram" liegt dies auch fern.
(3) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen auch eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht. Zwar stellt bei einer kombinierten Wort-/Bildmarke in der Regel der Wortbestandteil die einfachste Möglichkeit der Benennung der Marke dar (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 169 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud). Dies setzt allerdings die Feststellung voraus, daß dem Wortbestandteil - für sich genommen - nicht wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse jeglicher Markenschutz zu versagen ist (§ 8 Abs. 2 u. Abs. 3 MarkenG). Die Wortmarke "Kinder" ist für die in Rede stehenden Produkte schutzunfähig (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Der Wortbestandteil "Kinder" der kombinierten Wort-/Bildmarke kann daher ohne Verkehrsdurchsetzung aus
Rechtsgründen keine Prägung des Gesamteindrucks bewirken (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99, GRUR 2002, 814, 815 = WRP 2002, 987 - Festspielhaus).
(4) Daß der Wortbestandteil "Kinder" für sich die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG erfüllt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
(5) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Kollisionszeichen passe in die Reihe von Produkten der Klägerin, die das Zeichen "Kinder" als Serienzeichen tragen. Ob das Berufungsgericht damit eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens bejahen wollte (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 542, 544 - BIG), ist der Entscheidung nicht eindeutig zu entnehmen. Ohne nähere Feststellungen hierzu tragen die Ausführungen die Annahme dieser Art der Verwechslungsgefahr nicht.
Die Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens ist gegeben, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.2002 - I ZR 156/99, GRUR 2002, 544, 547 = WRP 2002, 537 - BANK 24). Aus einem rein beschreibenden Begriff, dem jegliche Unterscheidungskraft fehlt, kann der Schutz des Stammbestandteils einer Zeichenserie jedoch nur abgeleitet werden , wenn sich aufgrund der wiederholten Verwendung des Stammbestandteils dieser im Verkehr i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat. Denn der Verkehr wird einen nicht unterscheidungskräftigen Zeichenbestandteil einem be-
stimmten Unternehmen als Stamm einer Zeichenserie nur zuordnen, wenn dieser Teil des Zeichens die mangelnde Eignung, vom Verkehr als Unterschei- dungsmittel für die von dem Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, aufgrund Durchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen überwunden hat (vgl. auch BGH GRUR 2002, 542, 544 - BIG).
2. Das Berufungsurteil konnte daher keinen Bestand haben. Der Senat sieht sich nicht in der Lage, die Frage der Verwechslungsgefahr abschließend selbst zu beurteilen. Insbesondere müssen die Parteien zur Wahrung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs Gelegenheit erhalten, zu den für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in der Tatsacheninstanz vortragen zu können.

a) Im Rahmen des wiedereröffneten Berufungsrechtszugs wird das Berufungsgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien die erforderlichen Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Klagemarke nachzuholen haben. Für die Feststellung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt an, zu dem das Kollisionszeichen kennzeichenrechtlichen Schutz erlangt hat (6. Oktober 1998), wobei allerdings eine etwaige Schwächung der Kennzeichnungskraft bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu beachten ist (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 21.2.1975 - I ZR 18/74, GRUR 1975, 370, 371 = WRP 1975, 298 - Protesan; vgl. auch BGH GRUR 2003, 428, 433 - BIG BERTHA). Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft wird das Berufungsgericht weiter zu berücksichtigen haben, daß der Grad der Kennzeichnungskraft einer Marke nicht allein
durch die Ermittlung eines bestimmten prozentualen Bekanntheitsgrades als erfüllt angesehen werden kann, sondern eine Beurteilung unter Heranziehung aller relevanten Umstände erforderlich ist, insbesondere der Eigenschaften, die die Marke von Hause aus besitzt, des Marktanteils der mit der Marke versehenen Waren, der Intensität, der geographischen Ausdehnung und der Dauer der Benutzung sowie des Werbeaufwandes (vgl. EuGH, Urt. v. 14.9.1999 - Rs. C-375/97, Slg. 1999, I-5421 = GRUR Int. 2000, 73, 75 Tz. 27 = WRP 1999, 1130 - Chevy; BGH, Beschl. v. 8.5.2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1069 = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV).

b) Sollte es im weiteren Verfahren auf das Vorliegen einer Verkehrsdurchsetzung des reinen Wortzeichens "Kinder" ankommen, wird das Berufungsgericht hierzu von der Notwendigkeit einer nahezu einhelligen Verkehrsbekanntheit auszugehen haben, weil "Kinder" die Abnehmerkreise der in Rede stehenden Waren glatt beschreibt (vgl. auch EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - Rs. C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2799 = GRUR 1999, 723, 727 Tz. 50 = WRP 1999, 629 - Chiemsee).

c) Die Klägerin hat eine Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch zwischen ihrer Wortmarke "Kinderschokolade" und dem Kollisionszeichen "Kinder Kram" der Beklagten geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt folgerichtig - hierzu keine Feststellungen getroffen. Sollte es auf diesen Punkt ankommen, wird von folgendem auszugehen sein:
Die Wortmarke "Kinderschokolade" wird durch den Wortbestandteil "Kinder" nicht derart geprägt, daß der weitere Bestandteil "Schokolade" der Marke
der Klägerin dahinter so weit zurücktritt, daß er den Gesamteindruck der Wortmarke nicht mehr mitbestimmt (vgl. BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2002, 542, 543 - BIG). Denn die Wortbestandteile "Kinder" und "Schokolade" der Wortmarke Nr. 1006192 der Klägerin bezeichnen die Zielgruppe und das Produkt. Keiner dieser beschreibenden Wortbestandteile prägt das Gesamtzeichen allein. Gleiches gilt für das Gesamtzeichen "Kinder Kram" der Beklagten.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.